Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 27. Aug. 2014 - 2 L 118/13

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2014:0827.2L118.13.0A
bei uns veröffentlicht am27.08.2014

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen eine wasserrechtliche Verfügung des Beklagten, mit der dem Kläger (nachträglich) auferlegt wurde, eine bereits im Jahr 1996 auf dem Grundstück des Klägers verlegte Schmutzwasserleitung zu dulden.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Auf der Grundlage des § 93 Satz 1 WHG könne die zuständige Behörde u.a. Eigentümer von Grundstücken verpflichten, das Durchleiten von Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Abwasserbeseitigung erforderlich sei. Eine solche Maßnahme sei gemäß § 93 Satz 2 i.V.m. § 92 Satz 2 WHG nur dann erforderlich, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werde und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer sei als der Nachteil des Betroffenen. Daher kämen wasserbehördliche Zwangsanordnungen nur in Betracht, wenn sich der Träger der wasserwirtschaftlichen Maßnahme und der betroffene Grundstückseigentümer nicht über die Einräumung eines Leitungsrechts durch die Einräumung einer Grunddienstbarkeit einigen könnten. Solche Vorverhandlungen hätten hier nicht bzw. nicht in umfassendem Umfang stattgefunden, da die Schmutzwasserleitung bereits im Jahr 1996 verlegt worden sei. Die Erteilung eines Zwangsleitungsrechts sei aber auch nachträglich möglich, um so einen formell rechtswidrigen Zustand nachträglich zu legalisieren. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer solchen nachträglichen Bestellung eines Zwangsrechts sei darauf abzustellen, ob bei einer fiktiven Neuverlegung auf der bisherigen Trasse zum jetzigen Zeitpunkt die Anordnung eines Zwangsrechts statthaft wäre. Dem entsprechend komme es nicht darauf an, ob die Verlegung im Jahr 1996 auf einem Verschulden des Beigeladenen oder seines Rechtsvorgängers beruhe. Das Durchleiten von Abwasser über das Grundstück des Klägers sei erforderlich. Es reiche aus, dass die Inanspruchnahme des Grundstücks für die Durchführung des Vorhabens vernünftig und sinnvoll sei. Es bestehe keine Alternative für die Verlegung der Abwasserleitung. Die Behörde habe Alternativplanungen berücksichtigt und diese wegen des erheblichen Mehraufwandes verworfen. Sie habe für die bestehende Leitungsführung im Jahr 2012 Kosten in Höhe von 42.553,20 € veranschlagt und für die Alternativlösung in Form der Verlegung als Druckrohleitung DN 80 Kosten in Höhe von 139.144,32 € ermittelt. Darüber hinaus falle die flächenmäßige Inanspruchnahme des klägerischen Grundstücks von insgesamt 260 m² im Vergleich zur Größe des gesamten Grundstücks von 5.737 m² nicht wesentlich ins Gewicht. Aufgrund der Größe und des Zuschnitts des Grundstücks würden baulichen Maßnahmen nicht ausgeschlossen oder unzumutbar erschwert, zumal die unterirdische Leitungsführung der bisher ausgeübten Nutzung als Wiese nicht entgegenstehe und diese Nutzung weiterhin problemlos möglich sei. Sogar eine Bebauung über der Leitung – wenn auch ohne Kellergeschoss – sei nach den Angaben des Beigeladenen möglich. Der pauschale Einwand des Klägers, dass eine andere Verlegung über das Grundstück möglich gewesen wäre, genüge nicht. Der von der PWU Planungsgesellschaft mbH Wasser- und Umwelttechnik (PWU) ermittelte Kostenansatz sei nicht zu beanstanden und werde auch vom Kläger nicht substantiiert bestritten.

II.

3

A. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

4

Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 –, NVwZ-RR 2011, 546, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

5

1. Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe den nicht schlüssigen Vortrag des Beklagten und des Beigeladenen übernommen, dass ein anderweitiges Verlegen der Abwasserleitung auf dem betroffenen Grundstück nicht zweckmäßig sei bzw. nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden könne. Es sei indes nicht ermittelt worden, welche Kosten entstanden wären, wenn die Leitung über sein Grundstück an anderer Stelle in offener Bauweise verlegt worden wäre, was – anders als bei der in der Vergleichsberechnung dargestellten Variante – nicht die Errichtung eines weiteren Pumpwerks erfordert hätte. Damit vermag der Kläger nicht durchzudringen.

6

Eine Duldungsverpflichtung nach § 93 i.V.m. § 92 Satz 2 WHG ist nicht nur dann erforderlich, wenn das Vorhaben anders nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann. Vielmehr genügt es nach diesen Regelungen, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer ist als der Nachteil des Betroffenen. Die Merkmale der Zweckmäßigkeit und des Mehraufwandes stehen in einem Alternativverhältnis, so dass die Befugnis der Behörde, den Eigentümer oder Nutzungsberechtigten zur Duldung zu verpflichten, eröffnet ist, wenn eine der beiden Voraussetzungen erfüllt ist (vgl. OVG NW, Beschl. v. 21.01.2005 – 20 A 157/04 –, juris, RdNr. 10; VG Schwerin, Urt. v. 29.06.2012 – 7 B 280/12 –, juris, RdNr. 19, m.w.N.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl., § 92 RdNr. 12).

7

Das Verwaltungsgericht hat sich in Bezug auf die Zweckmäßigkeit der Zwangsmaßnahme auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden gestützt. Im Ausgangsbescheid führte der Beklagte aus, die gewählte Variante sei auch unter Berücksichtigung der Standortverhältnisse (Geländetiefpunkt, Nähe zum Gewässer, Grundverhältnisse) die zweckmäßigste Variante. Im Widerspruchsbescheid heißt es (vgl. Seite 4, erster Absatz), die Maßnahme habe in nicht offener Bauweise (Vortriebsverfahren Flow-Tex) durchgeführt werden können, wodurch die Verlegung der Druckrohrleitung und des Entwässerungskanals in offener Bauweise unter schwierigen Baugrundbedingungen (hohe Grundwasserstände, instabiler Baugrund, hohe Aufwendungen für Wasserhaltung und Baugrubensicherung) in der Bachniederung parallel zum Zapfenbach umgangen worden sei. Die Widerspruchsbehörde bezog sich in der weiteren Begründung (vgl. Seite 6, 2. Absatz) ferner auf die Stellungnahme des Beigeladenen vom 24.11.2009 (Bl. 148 des Verwaltungsvorgangs). Darin heißt es, der Kanal habe nach der ursprünglichen Ausführungsplanung ufernah am Zapfenbach verlegt werden sollen, um die Grundstücksinanspruchnahme so gering wie möglich zu halten. Hierzu wäre es jedoch erforderlich gewesen, mindestens einen Schacht zu setzen, da der Trassenverlauf dem Bogen des Baches folge. Während der Bauphase habe sich herausgestellt, dass eine Verlegung des Entwässerungskanals mit Schachtbauwerken in offener Bauweise nicht möglich sei. Unter den vorliegenden Bodenverhältnissen sei auf dem Grundstück des Klägers in der Bachniederung parallel zum Zapfenbach jeglicher Tiefbau unmöglich gewesen. Daher sei der Kanal mit dem grabenlosen Vortriebsverfahren Flow-Tex hergestellt worden. Ziel- und Startgrube hätten das Grundstück nicht berührt. Im Widerspruchsbescheid heißt es weiter, die Leitung habe das Grundstück des Klägers diagonal durchqueren müssen, weil das Vortriebsverfahren nur für geradlinige Trassenverläufe anwendbar sei.

8

Diese schlüssigen Erwägungen hat der Kläger weder in der Klagebegründung noch im Zulassungsantrag substantiiert angegriffen. Insbesondere hat er keine Anhaltspunkte vorgetragen, die Zweifel daran aufkommen lassen, dass die vom Beigeladenen gegeben Darstellung der Grundverhältnisse unzutreffend sein könnten. Woraus der Kläger herleitet, das Verwaltungsgericht habe nicht erkannt, dass das Pumpwerk 2 nicht mehr auf dem Grundstück des Klägers sondern in der Straße „Am B. “ errichtet wurde, erschließt sich dem Senat nicht. Im Tatbestand des Urteils wird die Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegeben, in der u.a. ausgeführt wird, dass das Pumpwerk 2 nicht auf dem Grundstück des Klägers habe ausgeführt werden können und im Ergebnis der Umplanung das erforderliche Pumpwerk 2 in der Straße „Am B. “ errichtet worden sei.

9

2. Ohne Erfolg wendet der Kläger ein, falsch sei der im Widerspruchsbescheid wiedergegebene Vortrag des Beigeladenen, dass auf seinem Grundstück nach den ursprünglichen Planungen ein Pumpwerk habe errichtet werden sollen und die Voreigentümerin ihr Einverständnis dazu erklärt habe. Unabhängig davon, dass sowohl die Widerspruchsbehörde (vgl. Seite 3 des Widerspruchsbescheides) als auch der Beigeladene (vgl. Schreiben vom 26.06.2008) davon ausgegangen sind, dass gerade keine Einverständniserklärung der Voreigentümerin zur Errichtung eines Pumpwerks auf dem Grundstück des Klägers vorlag, ist für das Verwaltungsgericht nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung gewesen, ob ursprünglich ein Pumpwerk auf dem Grundstück errichtet werden sollte und ob die Voreigentümerin hierzu ihr Einverständnis abgegeben hatte. Der Kläger legt auch nicht dar, inwieweit diese Umstände entscheidungserheblich sein sollen.

10

3. Ebenfalls ohne Erfolg beanstandet der Kläger, sein Grundstück sei im Jahr 1996 in rechtswidriger Weise ohne Vorankündigung in Anspruch genommen worden. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt hat, kann eine Duldungsverfügung auch zulässig sein, wenn dadurch ein formell rechtswidriger Zustand nachträglich legalisiert werden soll (BVerwG, Beschl. v. 16.02.2007 – 7 B 8.07 –, NVwZ 2007, 707, RdNr. 16 in juris). Es wäre wirtschaftlich sinnlos und wird durch die schutzwürdigen Belange nicht gefordert, eine für das Durchleiten schon vorhandene Anlage zunächst von dem Grundstück zu entfernen, um sodann in einer neuerlichen Planungsphase darüber zu entscheiden, ob die Anlage mit dem Mittel einer Duldungsverfügung erneut und ggf. sofort in das Grundstück eingebracht, also der frühere Zustand wieder hergestellt werden darf (OVG NW, Urt. v. 09.11.2006 – 20 A 2136/05 –, juris, RdNr. 31). Der Kläger legt nicht dar, aus welchen Gründen diese Rechtsprechung unzutreffend sein soll. Zwar hatte in dem vom OVG NW entschiedenen Fall der Voreigentümer des betroffenen Grundstücks – anders als hier – vertraglich gestattet, die Leitung zu verlegen. Aber auch in den Fällen, in denen im Zeitpunkt der Verlegung der Leitung kein Einverständnis des Voreigentümers vorgelegen hat, ist eine nachträgliche Legalisierung des rechtswidrigen Zustandes zulässig. Auch in diesen Fällen ist es sachgerecht, dass unter den Voraussetzungen des § 93 i.V.m. § 92 Satz 2 WHG nachträglich eine Duldungsanordnung erlassen werden kann. Auch hier kann der Grundstückseigentümer nicht fordern, eine für das Durchleiten schon vorhandene Anlage zunächst von seinem Grundstück zu entfernen, wenn feststeht, dass die Anlage mit dem Mittel einer Duldungsverfügung erneut in das Grundstück eingebracht werden darf. Auch dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.02.2007 (a.a.O.) lässt sich nicht entnehmen, dass die Möglichkeit, nachträglich eine Duldungsverfügung zu erlassen, nur in den Fällen möglich sein soll, in denen Leitungen – etwa aufgrund einer schuldrechtlichen Gestattung – zunächst rechtmäßigerweise verlegt wurden und erst nachträglich ein rechtswidriger Zustand entstanden ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dieser Entscheidung lediglich betont, dass die Aussage, eine Duldungsverfügung könne auch nachträglich zur Legalisierung eines formell rechtswidrigen Zustandes erlassen werden, in diesen Fällen „umso mehr“ gelte.

11

Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, Beschl. v. 07.08.2006 – 4 ZB 05.1984 – BayVBl 2007, 309). Streitgegenstand jenes Verfahrens war ein Anspruch des Grundstückseigentümers gegen die (abwasserbeseitigungspflichtige) Gemeinde auf Entfernung eines von ihr ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers und ohne Duldungsverfügung neu verlegten Entwässerungskanals. In dieser Entscheidung hat der BayVGH klargestellt, dass die Gemeinde vor der Neuverlegung des Kanals durch Privatgrund ohne Zustimmung der betroffenen Eigentümer eine Duldungsanordnung zur Konkretisierung der abstrakt-generellen Voraussetzungen der Befugnisnorm sowie als Vollstreckungsgrundlage benötige. In dem Verwaltungsverfahren seien Varianten der Kanalführung – ggf. unter Hinzuziehung fremden technischen Sachverstands – zu untersuchen. In dem Duldungsbescheid habe die Gemeinde konkret zu belegen, dass sie zwingend darauf angewiesen sei, Privatgrund in Anspruch zu nehmen. Führe sie das Vorhaben ohne eine solche Duldungsanordnung aus, handele sie rechtswidrig. Aus dieser Entscheidung folgt indes nicht, dass eine nachträgliche Duldungsanordnung zur Legalisierung eines bereits vorhandenen rechtswidrigen Zustandes ausgeschlossen ist.

12

4. Nicht stichhaltig ist auch der Einwand des Klägers, die vom Verwaltungsgericht herangezogenen fehlerhaften Vergleichsberechnungen seien erst viele Jahre nach der Entscheidungsfindung erstellt worden. Die Vorinstanz hat hierzu in Übereinstimmung mit bereits vorliegender Rechtsprechung ausgeführt, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer solchen nachträglichen Bestellung eines Zwangsrechts darauf abzustellen sei, ob bei einer fiktiven Neuverlegung auf der bisherigen Trasse zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung die Anordnung eines Zwangsrechts statthaft wäre. Der Vergleich der Kosten, die bei einer fiktiven Neuverlegung der zu duldenden Leitung entstehen, vermeidet, dass die Duldungspflicht maßgeblich wegen des tatsächlichen Vorhandenseins der Einrichtungen entstehen kann (vgl. OVG NW, Urt. v. 09.11.2006, a.a.O. RdNr. 49). Auch diese Rechtsprechung hat der Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt. Nicht nachzuvollziehen vermag der Senat die Argumentation des Klägers, nur durch einen Vergleich der Kosten, die im Jahr 1995/96 entstanden wären, werde die Erkenntnis berücksichtigt, dass die Kosten der bereits vorgenommenen Kanalverlegung unberücksichtigt zu bleiben haben. Auch und gerade wenn die Kosten für die Kanalherstellung im Zeitpunkt der nachträglich ergangenen Duldungsanordnung zugrunde gelegt werden, können die Kosten für den bereits verlegten Kanal und für dessen Beseitigung unberücksichtigt bleiben.

13

B. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da er auch im Zulassungsverfahren einen Sachantrag gestellt und sich so dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

14

C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 1 GKG. Die sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebende Bedeutung der Sache bemisst der Senat nach dem Wert der Belastung, die nach dem vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgelegten Sachverständigengutachten vom 18.01.2006 bei Bestellung eines Leitungsrechts etwa 10.000,00 € beträgt.


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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

2. ...

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, mit dem sein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil zurückgewiesen wurde. Im erstinstanzlichen Verfahren hatte er eine Reduzierung der von ihm für das Jahr 2001 geforderten Abgaben für ein ärztliches Versorgungswerk angestrebt.

2

1. § 20 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Berliner Ärzteversorgung in der Fassung vom 1. April 2000 verpflichtet jedes Mitglied zur Leistung von Versorgungsabgaben, sofern Einkünfte aus ärztlicher Berufsausübung erzielt werden. Als allgemeine Versorgungsabgabe ist eine "Normalabgabe" zu zahlen, die gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 der Satzung dem höchsten Pflichtbeitrag zur Angestelltenversicherung im gleichen Jahr entspricht. Als Mindestabgabe ist der 0,2-fache Betrag der Normalabgabe zu zahlen. In ständiger Verwaltungspraxis mussten im streitgegenständlichen Zeitraum Mitglieder, deren Einkommen 2.000 DM pro Monat unterschritt, nur einen reduzierten Versorgungsbeitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes der Rentenversicherung der Angestellten erbringen (im Folgenden: Härtefallregelung).

3

Im Jahr 2001 belief sich der höchste Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung der Angestellten auf 1.661,70 DM (849,61 €).

4

2. Der Beschwerdeführer ist Arzt und war aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Ärztekammer, der Beklagten des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagte) auch Mitglied der von ihr eingerichteten Ärzteversorgung.

5

Auf Grundlage eines Honorarvertrags war der Beschwerdeführer ab Juli 2000 als Bereitschaftsarzt für eine Privatklinik tätig. Da er zunächst weniger als 2.000 DM pro Monat verdiente, beantragte er bei der Beklagten eine Beitragsreduzierung auf Basis der Härtefallregelung, die diese mit Bescheid von Februar 2001 ab Januar 2000 gewährte. Für den Zeitraum ab Januar 2001 setzte die Beklagte gegenüber dem Beschwerdeführer unter Zugrundelegung der Härtefallregelung einen monatlichen Beitrag von 81,20 DM fest. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Bereitschaftsarzt endete mit Ablauf des Monats Oktober 2001. Das letzte Honorar wurde im November 2001 ausgezahlt. Für den Rest des Jahres 2001 erzielte der Beschwerdeführer keine Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit mehr.

6

a) Nachdem der Beschwerdeführer den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 vorgelegt hatte, aus dem sich Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 20.291 DM (10.374,62 €) ergaben, setzte die Beklagte im Mai 2003 für das Jahr 2001 bezüglich der Monate Januar bis Oktober 2001, ausgehend vom 0,2-fachen der Normalabgabe, einen monatlichen Beitrag von jeweils 169,92 € fest. Unter Berücksichtigung bereits gezahlter Beiträge und vorhandener Guthaben forderte sie vom Beschwerdeführer zugleich eine Nachzahlung in Höhe von 1.206,79 €. Der gegen die Höhe der Abgabe gerichtete Widerspruch des Beschwerdeführers blieb erfolglos.

7

b) Mit seiner daraufhin erhobenen Klage verlangte der Beschwerdeführer eine Reduzierung des Nachzahlungsbetrags auf 485,52 €, weil er der Härtefallregelung unterfalle. Sein monatliches Einkommen unterschreite die Grenze von 2.000 DM, weil das erst im November 2001 ausgezahlte Honorar nicht mehr als Einkommen berücksichtigt werden dürfe.

8

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Beklagte habe die Versorgungsabgaben für 2001 in der zutreffenden Höhe festgesetzt. Die Härtefallregelung könnte nicht zugunsten des Beschwerdeführers angewendet werden, weil sein monatliches Einkommen mehr als 2.000 DM pro Monat betragen habe. Abzustellen sei auf das Einkommen, das sich aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebe. Weder habe der Beschwerdeführer belegen können, dass in den im Steuerbescheid ausgewiesenen Einkünften auch Einkommen aus dem Jahr 2000 enthalten sei, noch komme es für das von Januar bis Oktober 2001 erarbeitete Einkommen auf den Zeitpunkt des Zuflusses an. Da nur für die Dauer der ärztlichen Tätigkeit Abgaben zu leisten seien, habe die Beklagte den 2001 verdienten Betrag auch richtigerweise lediglich auf 10 statt auf 12 Monate verteilt.

9

c) Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beantragte der Beschwerdeführer die Zulassung der Berufung. Er berief sich hierbei ausdrücklich auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das Verwaltungsgericht sei nicht befugt gewesen, das ihm erst im November zugeflossene Einkommen zu berücksichtigten, weil es auf den Zufluss des Entgelts während der Dauer der Beschäftigung ankomme. Weiter sei zu erwähnen, dass die Beklagte ihre Forderung auch bei Anwendung des Entstehungsprinzips nicht begründen könne; denn in diesem Fall müssten von seinen einkommensteuerrechtlich für das Jahr 2001 ermittelten Einkünften aus selbständiger Arbeit seine während der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschafteten Honorare in Höhe von 985,50 DM abgezogen werden, wodurch nur noch Jahreseinkünfte von 19.305 DM verblieben. Dies führe ebenfalls zur Anwendung der Härtefallregelung. Der Beschwerdeführer bezog sich dabei auf bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Unterlagen. Seinem Schriftsatz war darüber hinaus als Anlage ein von Januar 2010 datierendes Schreiben der Rechtsnachfolgerin der Klinik, für die er tätig gewesen war, beigefügt, aus dem sich ergab, dass der Beschwerdeführer im Monat Dezember 2000 am 2., 9., 25., 28. und 31. Dezember Dienste absolviert hatte.

10

d) Das Oberverwaltungsgericht wies den Zulassungsantrag zurück. Die Berufung sei nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, weil ein Divergenzfall nicht gegeben sei. Auch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils in Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden nicht. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts sei sowohl mit Wortlaut als auch mit Sinn und Zweck der Satzung vereinbar. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, die sein Einkommen im Jahr 2001 beträfen, seien in Bezug auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht entscheidungserheblich. Nichts anderes ergebe sich, wenn man zu seinen Gunsten unterstelle, dass er insoweit ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung habe geltend machen wollen; denn in diesem Fall sei durch die bloße Vorlage eines Honorarvertrags nicht nachgewiesen, dass im Januar 2001 Honorare für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit gezahlt worden seien.

11

3. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG.

12

a) Die Nichtzulassung der Berufung verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG, hilfsweise gegen Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG als allgemeines Prozessgrundrecht auf ein faires Gerichtsverfahren. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sei erfüllt, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Falsch sei schon, dass das Gericht auf das Entstehungsprinzip abgestellt habe, denn maßgebend sei das Zuflussprinzip. Das ihm erst im November 2001 zugegangene Honorar dürfe daher nicht mitberücksichtigt werden. Selbst bei Anwendung des Entstehungsprinzips müsse aber zu seinen Gunsten die Härtefallregelung eingreifen; auch dann liege sein durchschnittliches Monatseinkommen während des maßgeblichen Zeitraums unter der Grenze von 2.000 DM. Es müsse nämlich das Honorar, das in der zweiten Dezemberhälfte des Jahres 2000 von ihm erwirtschaftet worden sei, aus dem Einkommen, das sich aus dem Steuerbescheid 2001 ergebe, herausgerechnet werden.

13

b) Auch die Ablehnung der weiteren Zulassungsgründe verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Im Übrigen verletze die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Art. 3 Abs. 1 GG als Gleichbehandlungsgebot und Willkürverbot.

14

4. Der Senatsverwaltung für Justiz des Landes Berlin und der Ärztekammer Berlin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.

II.

15

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Die Verfassungsbeschwerde ist zudem offensichtlich begründet.

16

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2010 verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG.

17

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; stRspr). Die Vorschrift erfordert zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; stRspr); eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Sehen die prozessrechtlichen Vorschriften - wie §§ 124, 124a VwGO - die Möglichkeit vor, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, so verbietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>). Vor diesem Hintergrund dürfen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Insbesondere ist der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO enthaltene Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils immer schon dann erfüllt, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15).

18

b) Diese Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht verkannt und den Zugang des Beschwerdeführers zur Berufungsinstanz dadurch in unzumutbarer Weise verkürzt.

19

aa) Verfassungsrechtlich nicht haltbar ist schon der rechtliche Ausgangspunkt des Oberverwaltungsgerichts, eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO komme nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer nicht "nachgewiesen" habe, dass im Januar 2001 gezahltes Honorar auch Einkommen für eine im Dezember 2000 ausgeübte ärztliche Tätigkeit enthalte. Des Nachweises einer solchen Behauptung durch den Antragsteller bedarf es im Berufungszulassungsverfahren gerade nicht. Schlüssige Gegenargumente liegen vielmehr bereits dann vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist. Ob tatsächliche Umstände, die ein Antragsteller schlüssig behauptet, auch wirklich gegeben sind, muss bei Unklarheiten nach Zulassung der Berufung während des sich anschließenden Berufungsverfahrens im Rahmen der Amtsermittlung geklärt werden. Es ist nicht zulässig, diese Prüfung ins Zulassungsverfahren vorzuverlagern und damit die eigentlich erforderliche Beweisaufnahme zu umgehen (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, juris, Rn. 22).

20

bb) Der fehlerhafte rechtliche Ansatz des Oberverwaltungsgerichts führt auch zu einem verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Ergebnis. Das Gericht hätte die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zulassen müssen, weil der Beschwerdeführer im Berufungszulassungsverfahren eine das verwaltungsgerichtliche Urteil tragende Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat.

21

(1) Das Verwaltungsgericht geht, unter Zugrundelegung der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten, davon aus, dass ein Kammermitglied Anspruch auf einen (reduzierten) Beitrag in Höhe des hälftigen Beitragssatzes zur Rentenversicherung der Angestellten hat, sofern es einen Monatsverdienst von weniger als 2.000 DM erzielt. Für den Beschwerdeführer verneint das Gericht dann einen solchen, die 2.000 DM-Grenze unterschreitenden Verdienst pro Monat, weil die von ihm im Jahr 2001 erzielten Einnahmen von 20.291 DM auf 10 Monate, nämlich den Zeitraum von Januar bis einschließlich Oktober 2001, zu verteilen seien. Denn die Einnahmen könnten nur auf die Monate verteilt werden, in denen sie erarbeitet worden seien; auf den Zeitpunkt des Zuflusses komme es nicht an. Für die Höhe der Einnahmen stützt sich das Verwaltungsgericht auf die aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ergebende Einkommenshöhe, unterstellt also, dass die sich aus dem Einkommensteuerbescheid ergebenden Einnahmen vom Beschwerdeführer in dem Zeitraum von Januar bis Oktober 2001 erarbeitet worden sind und stützt seine Entscheidung auf diese Annahme.

22

(2) Demgegenüber hat der Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung eingewandt, in den Einnahmen, die in dem Einkommensteuerbescheid 2001 ausgewiesen seien, seien auch Verdienste aus dem Jahr 2000 enthalten, und zwar Honorare in Höhe von 985,50 DM, die er durch seine ärztliche Tätigkeit in der zweiten Dezemberhälfte 2000 erwirtschaftet habe. Zum Beleg seiner Behauptung hat er das Schreiben von Januar 2010, wonach er im Dezember 2000 an fünf Tagen Dienste wahrgenommen hat, vorgelegt. Darüber hinaus hat er vorgetragen, aufgrund des klinikinternen Abrechnungsmodus sei das Honorar während seiner Tätigkeit immer jeweils von Monatsmitte zu Monatsmitte berechnet und anschließend ausgezahlt worden. Da hiernach für die Monate Januar bis Oktober 2001 nur noch ein Einkommen von 19.305 DM verbleibe - also weniger als 2.000 DM monatlich - sei die Härtefallklausel schon aus diesem Grunde auf ihn anzuwenden.

23

(3) Damit hat der Beschwerdeführer die Prämisse des Verwaltungsgerichts, in dem aus dem Steuerbescheid ergebenden Einkommen seien keine Einnahmen aus dem Jahre 2000 enthalten, mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt. Denn auf Grundlage der Behauptungen des Beschwerdeführers, die er zudem mit dem Schreiben von Januar 2010 belegt hat, erscheint es nicht lediglich als möglich, sondern sogar als nahe liegend, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts im Steuerbescheid des Jahres 2001 als Einkommen auch Honorar berücksichtigt war, das der Beschwerdeführer im Dezember 2000 erarbeitet hatte. Dafür spricht nicht nur das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach sein Honorar in einem Abrechnungsmodus von Monatsmitte bis Monatsmitte berechnet und ausbezahlt wurde. Auch aus verwaltungspraktischen Gründen erscheint es wenig wahrscheinlich, dass insbesondere für eine ab dem 25. Dezember 2000, also während der Weihnachtsfeiertage und danach, geleistete Arbeit die Vergütung noch im selben Monat überwiesen werden konnte. Anhaltspunkte für eine Zahlung des Honorars im Voraus oder für Abschlagszahlungen gibt es nicht.

24

(4) Die Tatsachenfeststellungen, die der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen in Frage stellt, sind auch rechtlich erheblich. Denn das Verwaltungsgericht hätte, wären die Behauptungen des Beschwerdeführers zutreffend, seiner Klage jedenfalls teilweise stattgeben müssen. In diesem Fall hätte sich nämlich für 2001 ein in diesem Jahr "erarbeitetes" Honorar von lediglich 19.305,50 DM ergeben, weil 985,50 DM als Honorar für Dienste im Dezember 2000 von dem im Steuerbescheid 2001 ausgewiesenen Einkommen von 20.291 DM abzuziehen gewesen wären. Für die zehnmonatige ärztliche Tätigkeit des Beschwerdeführers im Jahr 2001 hätte sein monatlicher Verdienst folglich nur noch 1.930,55 DM betragen und damit die 2.000 DM-Grenze unterschritten. Nach der vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Rechtsauffassung - die vom Oberverwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss auch nicht in Zweifel gezogen wird - wäre bei diesem geringen Einkommen die Härtefallregelung anzuwenden gewesen. Da sich die monatlichen Abgaben dementsprechend nur nach dem hälftigen Beitragssatz der Rentenversicherung für Angestellte, also der Hälfte von damals 19,1 %, errechnen würden, hätten sich diese nicht wie von der Beklagten festgesetzt auf - umgerechnet - 169,92 € belaufen, sondern lediglich auf 94,27 €. Auch die geltend gemachte Nachforderung würde sich entsprechend verringern.

25

cc) Dem Beschwerdeführer kann auch nicht entgegengehalten werden, er habe den Zulassungsgrund im Berufungszulassungsverfahren nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere ist es unschädlich, dass er in dem Zulassungsschriftsatz die von ihm vorgebrachten Argumente keinem beziehungsweise jedenfalls nicht dem zutreffenden Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugeordnet hat. Denn für eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung eines oder mehrerer Berufungszulassungsgründe ist es nicht notwendig, dass der Antragsteller ausdrücklich einen der in § 124 Abs. 2 VwGO normierten Zulassungsgründe oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen benennt. Ebenso ist es kein Hindernis, wenn der Antragsteller sein Vorbringen unter dem falschen Berufungszulassungsgrund erörtert oder verschiedene Gesichtspunkte, die bei unterschiedlichen Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO relevant sein können, miteinander vermengt. Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet das den Zulassungsantrag prüfende Gericht nämlich dazu, den Vortrag des jeweiligen Antragstellers angemessen zu würdigen und durch sachgerechte Auslegung selbstständig zu ermitteln, welche Zulassungsgründe der Sache nach geltend gemacht werden und welche Einwände welchen Zulassungsgründen zuzuordnen sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 - 1 BvR 2309/09 -, juris, Rn. 13; vgl. insoweit auch BVerfGK 5, 369 <375 f.>). Erst dann, wenn aus einer nicht auf einzelne Zulassungsgründe zugeschnittenen Begründung auch durch Auslegung nicht eindeutig ermittelt werden kann, auf welchen Zulassungsgrund der Antrag gestützt wird, stellt die Verwerfung des Antrags als unzulässig keine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zur Berufungsinstanz dar (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010, a.a.O., Rn. 13). Dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers ohne Schwierigkeiten dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuordnen lässt, folgt hier schon daraus, dass es vom Oberverwaltungsgericht unter diesem Gesichtspunkt geprüft wurde. Eine solche Zuordnung lag im Übrigen auch auf der Hand, weil die Ausführungen des Beschwerdeführers nur zu diesem Zulassungsgrund passen.

26

c) Die weiteren Argumente, die der Beschwerdeführer gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils vorgebracht hat, sind allerdings nicht geeignet, einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG zu begründen. Dass das Oberverwaltungsgericht im Hinblick auf diese Einwände das Vorliegen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verneint hat, lässt keine Grundrechtsverletzung erkennen. Der Beschwerdeführer hat schon nicht nachvollziehbar dargelegt, warum die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Zufluss des Einkommens erst nach dem Ablauf des Zeitraums der Tätigkeit sei unschädlich - maßgeblich sei vielmehr der Zeitpunkt des Erarbeitens -, fehlerhaft sein sollte. Der Ansatz des Gerichts, allein an den Tätigkeitszeitraum anzuknüpfen und den Zuflusszeitpunkt als unerheblich anzusehen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

27

Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) sei nicht gegeben, gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen könnte. Die Gründe, mit denen das Gericht das Vorliegen des Zulassungsgrundes ablehnt, sind gut nachvollziehbar. Dass sie den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG nicht genügen könnten, ist nicht zu erkennen.

28

Eine Berufung auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) scheitert schließlich unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität schon daran, dass sich der Beschwerdeführer auf diesen Grund im Berufungszulassungsverfahren weder ausdrücklich noch der Sache nach berufen hat.

29

2. Die angegriffene Entscheidung beruht auf dem festgestellten Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Ob der Beschluss auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG beziehungsweise Art. 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verstößt, kann daher offenbleiben.

30

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte oberirdischer Gewässer sowie der Grundstücke, deren Inanspruchnahme für die Durchführung des Vorhabens erforderlich ist, verpflichten, Gewässerveränderungen, insbesondere Vertiefungen und Verbreiterungen, zu dulden, die der Verbesserung des Wasserabflusses dienen und zur Entwässerung von Grundstücken, zur Abwasserbeseitigung oder zur besseren Ausnutzung einer Triebwerksanlage erforderlich sind. Satz 1 gilt nur, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens aus einem Streitwert von 5.000 Euro.

Zum Verfahren beigeladen werden

1) Herr A., A-Straße, A-Stadt,

und

2) Frau B., B-Straße, B-Stadt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Vollziehbarkeit einer Verfügung, mit der ihr aufgegeben wurde, das Durchleiten von Abwässern eines Nachbargrundstücks sowie die mit Errichtung und Wartung der hierfür erforderlichen Anlagen verbundenen Handlungen auf ihrem Grundstück zu dulden.

2

Sie ist Eigentümerin des 1.042 m² großen unbebauten Grundstücks Flurstück x/22 (vormals x/4 und x/6) der Flur y von F-Stadt, laut ihren Angaben mit der Anschrift F-Straße 53, derzeit genutzt als Grünanlage. Das Grundstück ist in dem früher das Flurstück x/4 bildenden Hauptteil laut Grundbuch belastet mit einem ursprünglich 1973 bestellten Wegerecht zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks x/5 (nunmehr x/18). Der städtische Bebauungsplan Nr. y „…“ von 2009 sieht für den Hauptteil des Flurstücks x/22 dessen Zugehörigkeit zu einem allgemeinen Wohngebiet und die Grundflächenzahl 0,25 vor. Nach weiteren Festlegungen ist das Grundstück innerhalb eines Baufensters mit Einzel- oder Doppelhäusern bebaubar.

3

Im nordöstlichen Teil des früheren Flurstücks x/4 steht ein Mammutbaum, der dem gesetzlichen Schutz nach § 18 des Naturschutzausführungsgesetzes unterliegt. Im Bereich von dessen Wurzelwerk verläuft eine mit staatlicher Genehmigung von 1974 errichtete, mittlerweile schadhafte Abwasserleitung. Diese dient (allein) dem Transport des Abwassers, das im auf den Flurstücken x/18 und z/2 stehenden Wohnhaus der Familie A., F-Straße 51, anfällt, zur zentralen öffentlichen Abwasserleitung in der F-Straße. Grundstück und Haus gehören den Kindern A. und B.; den Eltern X. und Y. A. ist ein dingliches Wohnrecht bestellt. Das Grundstück liegt südöstlich desjenigen der Antragstellerin und hat keine Verbindung zum öffentlichen Straßenraum; es wird unter Ausnutzung des Wegerechts über das Grundstück der Antragstellerin angefahren, über das auch die Ver- und Entsorgungsleitungen verlaufen.

4

Die Abwasserleitung wurde 2010 Gegenstand eines Zivilrechtsstreits zwischen Familie A. und der Antragstellerin, die den Betrieb der Leitung zunächst weiter duldete. Sie ermittelte im September 2011, dass die Leitung defekt und undicht ist. Verhandlungen über die Erneuerung der bestehenden oder die Errichtung einer neuen Abwasserleitung scheiterten. Der Antragsgegner forderte die Antragstellerin im Oktober 2011 zum Grundwasserschutz (Trinkwasserschutzzone IIIb) zur Stilllegung der über ihr Grundstück verlaufenden Leitung auf; die Frist hierzu verlängerte er zuletzt bis Ende Juni 2012, hob seine Verfügung jedoch auf den Widerspruch der Eheleute A. hin auf, da die Leitung nicht der Antragstellerin gehöre. Das Amtsgericht G-Stadt hatte der Antragstellerin durch einstweilige Verfügung untersagt, X. und Y. A. bis Ende Juni 2012 in der Benutzung der bestehenden Abwasserleitung zu beeinträchtigen, es sei denn, jene hätten eine andere wasserrechtlich zulässige Möglichkeit der Abwasserentsorgung für das Flurstück x/18 geschaffen (Urteil vom 13. April 2012 – n C p/12 –). Im März 2012 erhoben die Eheleute A. gegen die Antragstellerin zivilrechtliche Klage auf Duldung der Erneuerung der Abwasserleitung und brachten vor, das von ihnen beauftragte Bauunternehmen werde von der Antragstellerin an der Ausführung der Arbeiten gehindert. Zwischenzeitlich hatte die Stadt F-Stadt mit Satzung vom 23. Mai 2011 ihren Bebauungsplan Nr. y, soweit es das Grundstück der Antragstellerin betrifft, dahingehend geändert, dass der Mammutbaum als zu erhalten festgesetzt, das Baufenster von diesem weg leicht nach Südwesten „verschoben“ und nordöstlich des Mammutbaums, ungefähr auf der bisherigen Fahrspur zum Anwesen A., eine „mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Flurstücke x/18 und z/2 der Flur y, Gemarkung F-Stadt, zu belastende Fläche“ festgesetzt wurde.

5

Nach Anhörung der Eigentümer des Grundstücks A. und der Antragstellerin mit Schreiben vom 2. Mai 2012 erließ der Antragsgegner an erstere eine gewässeraufsichtliche Anordnung vom 31. Mai 2012, die sie unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verpflichtete, bis zum 31. August 2012 über das Flurstück x/22 der Flur y von F-Stadt eine neue Schmutzwasserleitung bis zum Anschlusspunkt der zentralen Schmutzwasserleitung zu errichten und dabei im Wurzelbereich des Mammutbaums die Verlegung im Horizontalbohrverfahren in geschlossener Bauweise vorzunehmen, soweit keine „örtliche Alternative“ gefunden werde. Unter dem gleichen Datum erließ er die streitgegenständliche Verfügung an die Antragstellerin. Hiermit nahm er auch gegenüber der Antragstellerin die Stilllegungsverfügung vom Oktober 2011 zurück. Unter gesondert begründeter Anordnung der sofortigen Vollziehung verpflichtete er die Antragstellerin, die „Erneuerung der schadhaften Abwasserleitung“ durch die Eigentümer des Flurstücks „x/13“ „und das damit verbundene Durchleiten von Abwässern über [i]hr Grundstück“ zu dulden, wobei die Duldungsverpflichtung auch „die mit der Errichtung und dem Betrieb der Abwasserleitung verbundenen Anlagen [umfasse]“, auch spätere Wartungs- und Reparaturarbeiten sowie das Betreten und Befahren des Grundstücks und die vorübergehende Lagerung von Erdaushub einschließe.

6

Die Antragstellerin erhob mit Anwaltsschreiben vom 4. Juni 2012 am Folgetag Widerspruch gegen die Duldungsverfügung; hierüber ist noch nicht entschieden.

7

Am 7. Juni 2012 hat sie sich wegen einstweiligen Rechtsschutzes mit einem „Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und Aufhebung der Vollziehung“ an das Gericht gewandt. Sie macht geltend: Die geplante Trassenführung der Abwasserleitung, auf deren Führung über das Nachbargrundstück die Familie A. keinen Anspruch habe, beeinträchtige die von der Antragstellerin dort in Umsetzung des Bebauungsplans Nr. y beabsichtigte Wohnbebauung erheblich. Der Antragsteller habe es unterlassen, sich aufdrängende Alternativen in Erwägung zu ziehen. Insbesondere die benachbarten Flurstücke z/10, z/11 oder z/6 kämen ebenfalls für eine Durchleitung des Abwassers in Betracht, da sie auch über Anschlüsse an die zentrale Kanalisation verfügten. Die Eigentümer des Nachbargrundstücks Flurstück x/21 hätten sich ausweislich eines der Antragsschrift beigefügten Schreibens bereits im Februar 2011 bereit erklärt, den nördlichen Grenzbereich ihres Grundstücks für sämtliche Hausanschlussleitungen der Familie A. zur Verfügung zu stellen. Als milderes Mittel käme auch das Sammeln des Abwassers auf dem Anwesen A. in einer mit Pumpfahrzeugen zu entsorgenden geschlossenen Grube in Betracht. Die Antragstellerin beantragt,

8

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage gegen die Duldungsverfügung des Antragsgegners vom 31. Mai 2012 wiederherzustellen.

9

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,

10

den Antrag abzulehnen,

11

und verteidigt seine Verfügung.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die vom Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsvorgänge (eine Heftung), ferner auf die vom Gericht gefertigten Ausdrucke aus der Automatisierten Liegenschaftskarte und dem Geoinformationssystem „GAIA M-V“ sowie auf die von der Stadt F-Stadt elektronisch veröffentlichte Ursprungsfassung des Bebauungsplans Nr. y und die diesen betreffenden Veröffentlichungen im H-Blatt Nr. 9 und 12/2008, 6 und 12/2010 sowie 3 und 5/2011, schließlich das Protokoll der Stadtvertreterversammlung vom 19. Mai 2011 Bezug genommen.

II.

13

Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 der VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –, sinngemäß gerichtet auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung schon des fristgemäßen Widerspruchs, die wegen der wirksam getroffenen Anordnung der sofortigen Vollziehung entfiel, ist zulässig. Bei einer Stattgabe träte die aufschiebende Wirkung mit der die erste gerichtliche Instanz überdauernden zeitlichen Wirkung gemäß § 80b Abs. 1 VwGO ein, wobei ihr Träger durchweg der sie nach § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich auslösende statthafte Rechtsbehelf, hier also der Widerspruch, wäre (vgl. das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 1987 – 1 C 19.85 –, amtliche Entscheidungssammlung BVerwGE Bd. 78, S. 192 [208 ff.]). Unabhängig vom Stand der vom Antragsgegner angeordneten Bauarbeiten, die die Eigentümer des (auslegbar) begünstigten Grundstücks Flurstücke x/18 und z/2 wohl schon mindestens in Angriff genommen haben, besteht bereits wegen der dauerhaften Regelung von Duldungspflichten ersichtlich noch ein der Kammer die Sachentscheidung eröffnendes Rechtsschutzinteresse für die Antragstellerin; darauf, ob bezogen auf den angegriffenen Bescheid im Sinne von § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO entsprechend der Betreffs-Angabe der Antragsschrift eine „Aufhebung der Vollziehung“ angeordnet werden könnte, kommt es insoweit nicht an.

14

Der Eilantrag ist aber unbegründet und daher abzulehnen.

15

Dem Widerspruch der Antragstellerin dürfte nämlich aus Rechtsgründen der Erfolg versagt bleiben; angesichts dessen würde es die Grundstückseigentümerposition der Antragstellerin nicht rechtfertigen, sie für die ungewisse Dauer ihres Rechtsbehelfsverfahrens vor einer Befolgung der Duldungsverfügung zu verschonen. Diese stellt sich bei der gebotenen summarischen Betrachtung nämlich als rechtmäßig dar.

16

Der angegriffene Bescheid begegnet zunächst keinen formellen Bedenken.

17

Der Antragsgegner durfte, wie er es in seiner Verfügung ausführt, diese gemäß § 93 des WasserhaushaltsgesetzesWHG – treffen. Nach Satz 1 der Vorschrift kann die zuständige Behörde u. a. Eigentümer von Grundstücken verpflichten, das Durchleiten u. a. von Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies u. a. zur Entwässerung von Grundstücken oder zur Abwasserbeseitigung erforderlich ist. Nach § 92 Satz 2 in Verbindung mit § 93 Satz 2 WHG gilt dies nur, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist. Diese Voraussetzungen einer gesetzlichen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Grundstückseigentums der Antragstellerin (vgl. Weber, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2011, Rdnr. 5 zu § 93 m. w. Nachw.) erscheinen der Kammer bei der gebotenen summarischen Prüfung im Streitfall erfüllt.

18

Zutreffend nahm der Antragsgegner als gemäß § 107 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 106 Abs. 1 Satz 1 des Wassergesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern – LWaG – zuständige untere Wasserbehörde an, dass das Durchleiten des Abwassers vom Anwesen A. durch das Grundstück der Antragstellerin für die Abwasserentsorgung und für die Entwässerung des Anwesens A. erforderlich ist. Denn hierfür genügt es zunächst, dass das Vorhaben gemessen an den wasserwirtschaftlichen Zwecken des § 93 WHG vernünftig und sinnvoll ist (vgl. Durinke, Niedersächsische Verwaltungsblätter 2011, S. 239 [240 m. w. Nachw.]; zu § 128 des Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen – LWG – s. das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen – OVG N-W – vom 9. November 2006 – 20 A 2136/05 –, juris Rdnr. 47). Das Grundstück mit dem Anwesen A. verfügt über keinen eigenen Zugang zum öffentlichen Straßennetz mit der öffentlichen Abwassersammelleitung; auch Grundstücke der öffentlichen Hand stehen nicht für eine Durchleitung zur Verfügung. Es bedarf für das Vorhaben also des Zugriffs auf ein benachbartes privates Grundstück, hier das der Antragstellerin.

19

Der Begriff der Erforderlichkeit wird weiter konkretisiert durch § 92 Satz 2 in Verbindung mit § 93 Satz 2 WHG (so zu § 125 Abs. 2 in Verbindung mit § 128 Abs. 3 LWG das OVG N-W a. a. O.). Die Merkmale, dass das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann, führen alternativ jeweils zur grundsätzlichen Rechtfertigung der Inanspruchnahme des betroffenen Rechts (vgl. den Beschluss des OVG N-W vom 21. Januar 2005 – 20 A 157/04 –, juris Rdnr. 10, zust. Durinke, a. a. O.; Weber, a. a. O., Rdnr. 30 m. w. Nachw.); von dieser ist auch im Streitfall auszugehen. Vorzugswürdige Alternativlösungen sind nicht erkennbar. Denn die Abwasserentsorgung des Anwesens A. und die Grundstücksentwässerung ist zunächst weder zweckmäßig noch ohne Mehraufwand in der Weise zu bewerkstelligen, dass das Abwasser gesammelt und von einem Pumpfahrzeug abgefahren wird; die Methode ist teuer, mit Geruchsbelastungen verbunden und für ein Trinkwasserschutzgebiet zu störanfällig. Schon weil die Abwasserleitung auf dem Grundstück A. ihren Ausgangspunkt an der Nordecke des Wohnhauses hat, von wo die Verbindung zur öffentlichen Sammelleitung in der F-Straße am kürzesten ist, bedeuten auch alle von der Antragstellerin angesonnenen Alternativlösungen erkennbar einen erheblichen Mehraufwand; nicht nur das Grundstück A., sondern auch andere private Grundstücke wären auf deutlich längeren Strecken zu durchörtern, was auch die Zweckmäßigkeit der der Antragstellerin vorschwebenden Alternativlösungen in Frage stellt. Dies betont zutreffend auch der Antragsgegner.

20

Dieser kann sein Auswahl- und Planungsermessen, soweit es entsprechend der Rüge der Antragstellerin im angegriffenen Duldungsbescheid als defizitär (dargestellt) erscheinen mag, im Widerspruchsverfahren pflichtgemäß (weiter) ausüben und tut dies ausweislich der Antragserwiderung auch; aus der dem Gericht durch § 114 Satz 1 VwGO eröffneten Perspektive ist hiergegen nichts zu erinnern. Insbesondere gilt dies für seine Würdigung des Anfang 2011 abgegebenen und im vorliegenden Antragsverfahren bruchstückhaft dokumentierten Angebots der Eigentümer des Nachbargrundstücks Flurstück x/21; auch soweit der Familie A. die dort begehrte „Gegenleistung“ möglich wäre, wäre immer noch die Rohrleitung in nahezu doppelter Länge herzustellen und damit mit erheblichem Mehraufwand verbunden. Das Ermessen des Antragsgegners ist vor allem, wie er zutreffend ausführt, gelenkt durch den ausdrücklich für das Entsorgungsprojekt abgeänderten Bebauungsplan. Dessen — offenbar auch nicht angegriffene — Festlegungen begegnen keinen Wirksamkeitsbedenken.

21

Den Anforderungen an die durch § 92 Satz 2 BNatSchG gleichfalls geforderte Verhältnismäßigkeit der Heranziehung des Grundstücks der Antragstellerin ist ebenfalls Genüge getan. Die Festlegung der zu duldenden Maßnahmen hält sich im Rahmen, den früher § 100 LWaG eröffnete. Der Einwand der Antragstellerin, dass die Bebaubarkeit ihres Grundstücks beeinträchtigt werde, ist nicht nachvollziehbar. Die Grundflächenzahl blieb bei der Überplanung des Grundstücks ebenso wie die Größe des Baufensters erhalten; entgegen ihrem Vorbringen führt die Leitungs-( und Wege-)Trasse nicht mitten über das Grundstück, sondern — von einer zulässigen zukünftigen Bebauung aus gesehen — jenseits des Mammutbaums über dessen nordöstlichen Teil, nahezu in dem auch von der Antragstellerin präferierten Randbereich. Der unterirdische Verlauf der künftigen Leitung dürfte auch sonstige Beeinträchtigungen der Grundstücksnutzung nahezu ausschließen.

22

Nach den oben berichteten Rechtsstreitigkeiten erscheint auch die weitere Voraussetzung für das behördliche Eingreifen (Werner, a. a. O., Rdnr. 18) erfüllt, dass eine Einigung der Antragstellerin und der Familie A. auch mit ernsthaftem Bemühen nicht zu erzielen ist.

23

Die Kostenentscheidung zu Lasten der unterlegenen Antragstellerin beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

24

Die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren liegt § 63 Abs. 2 Satz 1 und § 52 Abs. 2 in Verbindung mit § 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes zugrunde.

25

Die Beiladung der durch die Duldungsverfügung begünstigten Adressaten der gewässeraufsichtlichen Anordnung von 31. Mai 2012 erfolgt gemäß § 65 Abs. 2 VwGO.

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte oberirdischer Gewässer sowie der Grundstücke, deren Inanspruchnahme für die Durchführung des Vorhabens erforderlich ist, verpflichten, Gewässerveränderungen, insbesondere Vertiefungen und Verbreiterungen, zu dulden, die der Verbesserung des Wasserabflusses dienen und zur Entwässerung von Grundstücken, zur Abwasserbeseitigung oder zur besseren Ausnutzung einer Triebwerksanlage erforderlich sind. Satz 1 gilt nur, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.