Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 12. Aug. 2016 - 1 M 99/16

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2016:0812.1M99.16.0A
12.08.2016

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Halle - 5. Kammer - vom 7. Juli 2016, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, hat in der Sache keinen Erfolg. Die von der Antragstellerin vorgebrachten Einwendungen rechtfertigen die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht.

2

Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 LBG LSA, wonach eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen im Sinne der Verbotsnorm des § 76 Abs. 1 Satz 1 LBG LSA insbesondere dann vorliegt, wenn eine Nebentätigkeit dem Ansehen der Verwaltung abträglich sein kann, nicht erfüllt. Dass Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Betreiben einer Gaststätte durch die Antragstellerin angesichts deren längerfristigen Krankschreibung bei verständiger Würdigung der Umstände des Einzelfalls eine Beeinträchtigung des Ansehens der Polizei ernstlich möglich erscheinen lässt. Die ernsthafte Möglichkeit ansehensmindernder Auswirkungen infolge der ausgeübten Nebentätigkeit genügt, um nach dem Wortlaut des § 76 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nr. 6 LBG LSA ein Nebentätigkeitsverbot zu begründen (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2005 - 2 C 32.04 -, juris Rn. 15, und vom 26. Juni 2014 - 2 C 23.13 -, juris Rn. 23, jew. m. w. N.).

3

Nach gefestigter Rechtsprechung zeigt ein Beamter, der aufgrund einer Erkrankung außerstande ist, Dienst zu verrichten, dennoch aber in dieser Zeit der Dienstunfähigkeit einer privaten Erwerbstätigkeit nachgeht, regelmäßig ein Verhalten, das auf kein Verständnis stößt und geeignet ist, das Vertrauen in die Loyalität der Beamtenschaft zu beeinträchtigen. Der Dienstherr alimentiert Beamte auch bei Dienstunfähigkeit und stellt so sicher, dass sich ein Beamter schonen kann, um seine Genesung bestmöglich zu fördern, und nicht gezwungen ist, eine anderweitige Tätigkeit aufzunehmen, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Wenn ein Beamter zu Erwerbszwecken aus Eigennutz einer privaten Nebentätigkeit nachgeht, erweckt er den Eindruck, nicht so krank zu sein, dass er zur Dienstleistung außerstande ist, dass er also seine Dienstbezüge erhält, ohne zugleich seine Arbeitskraft seinem Dienstherrn zur Verfügung zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 1999 - 1 D 49.97 -, juris Rn. 58; OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2010 - 6 B 1057/10 -, juris Rn. 11; OVG RP, Beschluss vom 20. November 1998 - 10 A 10013/98 -, juris Rn. 2; NdsOVG, Urteil vom 11. Juni 2013 - 6 LD 1/13 -, juris Rn. 60; s. auch OVG LSA, Urteil vom 5. Juni 2012 - 10 L 2/12 -, juris Rn. 73). Im vorliegenden Fall entstünde bei Fortsetzung der Nebentätigkeit der ansehensschädliche Eindruck, dass - einerseits - die Antragstellerin ihrer Tätigkeit als verantwortliche Alleingeschäftsführerin eines Gaststättenbetriebs einen höheren Stellenwert beimisst als ihrem Dienst als Polizeibeamtin bzw. der Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit und - andererseits - der Dienstherr dies tatenlos hinnimmt. Die behördliche Besorgnis nachteiliger Auswirkungen ist umso mehr veranlasst und gerechtfertigt, als die Nebentätigkeit der Antragstellerin in besonderer Weise öffentlichkeitswirksam ist und diese Öffentlichkeitswirkung gerade auch von ihr angestrebt wird, wie nicht zuletzt ihr mehrstündiges Auftreten bei der am (…) 2016 stattgefundenen Eröffnungsveranstaltung mit 130 Besuchern sowie die Bewerbung und nachträgliche Aufbereitung dieses Ereignisses durch das Einstellen von Bildern und eines Videos ins Internet zeigen.

4

Soweit die Beschwerde demgegenüber auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 1976 - VI C 46.74 - (juris, dort Rn. 24 und 29) verweist, lag dieser Entscheidung keine vergleichbare Fallkonstellation eines seit längerem krangeschriebenen Polizeibeamten zugrunde. Die in dieser Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht hervorgehobene rechtliche Irrelevanz einer aus „sonstigen unsachlichen“, mit der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbarenden Erwägungen resultierenden „Einbuße“ an Vertrauen und Ansehen vermag die Einschätzung des Verwaltungsgerichts zur Rechtmäßigkeit der Anwendung des § 76 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 LBG LSA auf die Antragstellerin deshalb nicht - wie die Beschwerde meint - in Frage zu stellen. Ebenso wenig hilft der Antragstellerin der Einwand, sie sei trotz ihrer (psychischen) Erkrankung durchaus zur Ausübung der Nebentätigkeit in der Lage und fördere damit nach Auskunft ihres Arztes sogar den Genesungsprozess. Auf diese Gesichtspunkte kommt es nicht an. Denn auch das Verwaltungsgericht hat nicht etwa darauf abgestellt, dass die Antragstellerin mit ihrer Nebentätigkeit (zusätzlich) gegen die aus § 34 Satz 1 BeamtStG abzuleitende Pflicht der Beamtinnen und Beamten zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung ihrer Gesundheit verstoßen würde. Dass die Ausübung der Nebentätigkeit in der Gaststätte zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Gesundheit der Antragstellerin zwingend erforderlich wäre, wird auch von der Beschwerde nicht behauptet.

5

Liegen bereits aus den vorgenannten Gründen die Voraussetzungen für den Erlass des angegriffenen Nebentätigkeitsverbots vor, kommt es nicht mehr darauf an, ob darüber hinaus - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - die Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBG gegeben sind, wonach eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen auch dann vorliegt, wenn die Nebentätigkeit nach Art und Umfang die Arbeitskraft so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten behindert werden kann. Allerdings spricht auch insoweit bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung des Sachverhalts in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Würdigung Überwiegendes dafür, dass die zeitliche Beanspruchung der Antragstellerin durch die in Rede stehende Nebentätigkeit in der Woche ein Fünftel der wöchentlichen Arbeitszeit gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 LBG LSA - also einen Zeiteinsatz von 8 Stunden - überschreitet (§ 76 Abs. 1 Satz 3 LBG LSA). Den diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts setzt die Antragstellerin nichts Durchgreifendes entgegen. Insbesondere hat die Antragstellerin (nach wie vor) keine nachvollziehbare und glaubhafte Aufstellung ihrer zeitlichen Beanspruchung durch die Tätigkeit als Geschäftsführerin der Gaststätte vorgelegt. Die der Beschwerdebegründung als Anlage beigefügte „Stundenabrechnung“ reicht dafür nicht aus. Die darin enthaltenen zeitlichen Angaben und schlagwortartigen Tätigkeitsumschreibungen (wie „Prüfung Bestand“, „Restarbeiten“, Neueröffnung“) sind schon derart ungenau und unspezifisch, dass sie sich einer objektiven (Plausibilitäts-) Kontrolle weitgehend entziehen. Auch eine Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherung (§ 294 Abs. 1 ZPO) der Antragstellerin und namentlich dritter Personen ist nicht erfolgt. Es kommt hinzu, dass in der Auflistung Zeiträume (bis zum (…) 2016) erfasst werden, in denen der Antragstellerin durch die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärte Verfügung der Antragsgegnerin vom 10. Juni 2016 (am selben Tag zugestellt) die Nebentätigkeit bereits untersagt war und sie nur noch auf deren Abwicklung gerichtete Handlungen vornehmen durfte. Dies legt - wollte man der Antragstellerin nicht ein möglicherweise bewusst verbotswidriges Verhalten unterstellen - die Annahme eines jedenfalls im Umfang erheblich reduzierten Betriebs der Gaststätte nahe. Ferner ist der Vortrag der Antragstellerin zum Ausmaß ihrer Tätigkeit als Gaststättenbetreiberin nicht widerspruchsfrei. So heißt es in der Beschwerdebegründung, die Antragstellerin sei am Abend der Gaststätteneröffnung „nicht durchgängig tätig“ gewesen, wohingegen im Schriftsatz vom 29. Juni 2016 vor dem Verwaltungsgericht nachdrücklich betont worden war, dass die Antragstellerin an diesem Abend überhaupt nicht gearbeitet habe (GA Bl. 43 f.). Ist in Anbetracht dessen unklar und zweifelhaft, unter welchen Maßgaben die Antragstellerin ihre Anwesenheit in der Gaststätte und ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Gaststättenbetrieb als eine der Nebentätigkeit zuzuordnende Arbeit begreift, fehlt es einer Grundvoraussetzung für einen schlüssigen Nachweis über die in ihre Sphäre fallenden Umstände der zeitlichen Beanspruchung im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 3 LBG LSA. Eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedarf es hiernach nicht.

6

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

7

Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren folgt aus den §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 GKG. In Anlehnung an die Ziffern 1.5 Satz 1 und 10.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) bemisst der Senat das Interesse der Antragstellerin in der Hauptsache mit 10.000 €. Dieser Betrag war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 17. November 2010 - 1 M 142/10 -, juris Rn. 21).

8

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

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(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. W

Zivilprozessordnung - ZPO | § 294 Glaubhaftmachung


(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 34 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild


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Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1957 in Kraft.

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Für Klagen wegen nachträglicher Festsetzung einer Entschädigung (§ 55) gelten §§ 59 und 60 entsprechend. Die Klage ist innerhalb einer Frist von zwei Monaten seit Zustellung des Festsetzungsbescheids zu erheben; die Frist ist eine Notfrist im Sinne d

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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 05. Juni 2012 - 10 L 2/12

bei uns veröffentlicht am 05.06.2012

Tatbestand 1 Der jetzt 46 Jahre alte Beklagte trat zum (…) 1989 in den Dienst der Volkspolizei und wurde mit Beginn des Jahres 1991 in den Polizeidienst des Landes Sachsen-Anhalt übernommen. Seit dem (…) 1993 ist dem Beklagten das Amt eines Polize

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1957 in Kraft.

Tatbestand

1

Der jetzt 46 Jahre alte Beklagte trat zum (…) 1989 in den Dienst der Volkspolizei und wurde mit Beginn des Jahres 1991 in den Polizeidienst des Landes Sachsen-Anhalt übernommen. Seit dem (…) 1993 ist dem Beklagten das Amt eines Polizeimeisters übertragen; zum (…) 1996 erfolgte seine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Der Beklagte ist geschieden und Vater von zwei erwachsenen Söhnen.

2

Der Beklagte wurde im Wesentlichen als Sachbearbeiter im Bundesautobahnrevier B-Stadt eingesetzt. Die letzte über ihn dort erstellte Regelbeurteilung für den Zeitraum Juni 2005 bis August 2007 schloss mit dem Gesamturteil „gut“. Der Beklagte ist disziplinarrechtlich vorbelastet. Mit Disziplinarverfügung vom (…) 2009 - welche auch den Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens vor dem erkennenden Senat (10 L 5/10) bildete - wurde gegen ihn eine Geldbuße in Höhe von 150,00 € verhängt. Gegenstand der Disziplinarverfügung war der Vorwurf, der Beklagte habe im Rahmen seiner Dienstausübung Ladung aus einem verunfallten LKW für den privaten Gebrauch an sich genommen.

3

Wegen der Vorwürfe, welche den Gegenstand dieses Disziplinarverfahrens betreffen, war der Beklagte seit dem (…)2010 gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 DG LSA vorläufig des Dienstes enthoben. Mit Wirkung vom (…) 2012 wurde die Suspendierungsverfügung aufgehoben; seitdem wird der Beklagte im Revierkommissariat D. verwendet.

4

Der Beklagte entwickelte bereits als Kind ein - schon bei seinen Eltern vorhandenes - Interesse an dem Sammeln von Zeitschriften aus der ehemaligen DDR. Seine Sammelleidenschaft bezog sich insbesondere auf die Zeitschriften „Mosaik A.“ und „Mosaik B.“. Der Beklagte erweiterte seine Sammelleidenschaft aber auch auf andere Zeitschriften, etwa die Zeitschrift „C...“, „D...“ sowie auf Ansichtskarten aus DDR-Zeiten. Bis zum Jahr 2002 war bereits eine erhebliche Menge an Zeitschriften, Heften und sonstigen Artikeln zusammen gekommen, welche in dem vom Beklagten bewohnten Einfamilienhaus erheblichen Platz beanspruchten. Der Beklagte trägt dazu vor, es seien viele Zimmer, der Dachboden und eine Garage mit dem Sammelgut voll bepackt gewesen. Er bezeichnet die obere Etage des Einfamilienhauses als „DDR-Museum“.

5

Im Jahr 2002 beabsichtigte der Beklagte, das Sammelgut wegen der räumlichen Situation, vor allem aber wegen finanzieller Engpässe zu veräußern, denn er sah sich hohen Zahlungsverpflichtungen für Unterhaltsleistungen sowie für die Finanzierung des Einfamilienhauses ausgesetzt.

6

Zur Veräußerung der Gegenstände richtete der Beklagte ab dem (…) 2002 bei dem Internetportal „eBay“ einen account mit der Bezeichnung „(E...) 2002“ ein. Am (…) 2008 eröffnete er einen weiteren account bei „eBay“ mit dem Namen „(F...)“ und schließlich am (…) 2009 einen dritten account unter dem Namen „(G...)“, wobei der Umsatzschwerpunkt weiter auf dem „(E...)“ lag.

7

In dem Zeitraum vom (…) 2002 bis zum (...) 2010 wickelte der Beklagte über die Verkaufsplattform „eBay“ insgesamt 22.733 Verkäufe ab, wobei er einen Gesamtumsatz von 130.422,99 € erzielte. Die Entwicklung der Umsätze zeigt die nachfolge Aufstellung:

8

 Mitgliedsname         

  2002 in €         

  2003 in €         

  2004 in €         

  2005 in €         

  2006 in €         

 (F...)

                                            

 (E...)

  3.208,65

  21.122,05

  8.963,01

  15.582,45

  21.140,18

 (G...)

                                            

 Gesamtergebnis         

  3.208,65         

  21.122.05         

  8.963,01         

  15.582,45         

  21.140,18         

        

 Mitgliedsname         

  2007 in €         

  2008 in €         

  2009 in €         

  2010 in €         

  gesamt in €         

 (F...)

        

   917,28

  2.377,64

        

  3.294,92

 (E...)

  23.812,65

  16.797,24

  14.037,69

  1.201,54

  125.865,46

 (G...)

                 

   1.262,61

        

  1.262,61

 Gesamtergebnis         

  23.812,65         

  17.714,52         

  17.677,94         

  1.201,54         

  130.422,99         

9

Aus den von „eBay“ vorgelegten Aufstellungen ergibt sich, dass der Beklagte dort in dem Zeitraum vom (…) 2002 bis (…) 2010 22.733 Verkäufe tätigte; die Zahl der Einstellungen in das Verkaufsportal lag um ein Mehrfaches höher. Allein im Jahr 2008, in welchem er am 204 Tagen dienstunfähig erkrankt war, nahm er 12.733 Einstellungen vor und tätigte insgesamt 2365 Verkäufe; im Jahr 2009, welches ebenfalls durch krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit an 194 Tagen geprägt war, waren es bei 3.942 Einstellungen insgesamt 1.057 Verkäufe.

10

Die Angebote des Beklagten bei „eBay“ waren in professioneller Weise gestaltet und mit Fotos der Verkaufsexemplare versehen. Für seinen account erhielt der Beklagte durchweg positive Bewertungen durch die Käufer. Zudem hatte er den Status als sogenannter „PowerSeller“; dies sind nach den Bedingungen von „eBay“ professionelle gewerbliche Verkäufer, die ein hohes Handelsvolumen nachweisen können.

11

In der Erkenntnis, dass der Verkauf von Heft-Serien, d. h. eine wirtschaftliche Verwertung überhaupt nur möglich war, wenn diese als Serien vollständig angeboten würden, tätigte der Beklagte insoweit auch Zukäufe. Zur Unterstützung seiner Verkaufsaktivitäten fotografierte er große Teile seiner Sammlung, erstellte für eine Vielzahl von Heften bzw. Serien Angebotslisten und hielt diese Listen stets auf einem aktuellen Stand.

12

Für seine Aktivitäten hatte der Kläger jedenfalls bis zum (…) 2009 zu keinem Zeitpunkt die Genehmigung einer Nebentätigkeit beantragt. Einen derartigen Antrag stellte er erstmals am (…) 2009. In dem Antrag heißt es wie folgt:

13

„Ich beabsichtige Teile meiner privaten Sammlung an Ansichtskarten und DDR-Zeitschriften online zu veräußern.

14

Dies ist an sich beim Dienstherrn in Bezug auf eine Nebentätigkeit nicht genehmigungspflichtig, da es keine ist.

15

Diese Tätigkeit ist nicht gewinn orientiert. Im günstigsten Falle steht nach einer Ausgabe-/Einnahmerechnung eine schwarze Null zu Buche. Somit ist sie auch nicht steuerpflichtig. Nach Rücksprache mit dem hiesigen Finanzamt wird eine solche Tätigkeit regelmäßig als „Liebhaberei“ oder auch „Hobby“ eingestuft.

16

Das (D.) Gewerbeamt teilte mir auf Anfrage mit, dass ein Gewerbeschein nicht nötig sei und eher auch unsinnig, weil die Ansprüche „Dauerhaftigkeit“ und “Gewinnerzielungsabsicht“ fehlen.

17

Ich beabsichtige trotzdem, ein Gewerbe anzumelden (wenn dies nach rechtlicher Beratung überhaupt noch als notwendig erachtet wird). Dann auch nur, nicht weil ich es müsste, sondern um mich rechtlich abzusichern.

18

Leider hat sich die Rechtsprechung in Deutschland so wesensfremd entwickelt, dass man durchaus schon wettbewerbsrechtlich abgemahnt wird, wenn man online monatlich mehr als 20 oder 30 Artikel als Privatperson veräußert. Im ungünstigsten Falle findet sich sofort ein Rechtsanwalt, der gewerbliche Tätigkeit unterstellt und weiterhin feststellt, dass man deswegen verschiedenste Fehler in seinen Auktionen hätte. Eine Kostennote des Anwalts liegt dann zumeist schon dem Anwaltsschreiben bei.

19

Somit will ich mich, trotz dass ich als Privatperson in Erscheinung trete, rechtlich absichern und mich online nicht als privat, sondern als gewerblich darstellen. Dies steht jeder Privatperson zu und wird absehbar immer öfter in Anspruch genommen werden.

20

Meine Tätigkeit zieht keine körperliche oder sonstige Belastung mit sich, die sich negativ auf meine Arbeit auswirken könnte; es ist eher vom Gegenteil auszugehen.“

21

Weder in dem Antrag noch an anderer Stelle wies der Beklagte darauf hin, dass er bereits seit dem Jahr 2002 in ganz erheblichem Umfang „Ansichtskarten und DDR-Zeitschriften online“ veräußert hatte.

22

In dem eBay-Auftritt des „(E...)“ am (…) 2010 wurde unter „Verkäuferinformationen“ darauf hingewiesen, dass der Betreiber des Shops, mithin der Beklagte „angemeldet als gewerblicher Verkäufer“ sei; zudem wurde auf mehr als 9.000 positive Bewertungen durch die Käufer verwiesen. Auf der Internet-Seite vom (…) 2010 bot der „(E...)“ 1.150 Artikel zum Verkauf an.

23

Als die Klägerin davon Kenntnis erlangt hatte, dass der Beklagte bereits seit dem Oktober 2002 unter dem eBay-Mitgliedsnamen „(E...)“ registriert war und seit diesem Zeitpunkt bereits umfangreiche Verkaufsaktivitäten unternommen hatte, leitete sie mit Verfügung vom (…) 2010 gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein und enthob mit weiterer Verfügung vom (…) 2010 den Beklagten vorläufig des Dienstes.

24

Im behördlichen Ermittlungsverfahren äußerte sich der Beklagte lediglich dahin gehend, dass es sich bei den eBay-Verkäufen um ein Hobby gehandelt habe.

25

Mit der am (…) 2010 beim Verwaltungsgericht Magdeburg eingegangenen Disziplinarklage begehrt die Klägerin die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Gegenstand der Disziplinarklage ist der Vorwurf folgender Dienstpflichtverletzungen:

26

1.Betreiben eines gewerblichen Internethandels und dadurch Ausübung einer gewerblichen Nebentätigkeit in erheblichem zeitlichen wie inhaltlichen Umfang ohne die erforderliche Genehmigung des Dienstherrn,

27

2.Betreiben dieser Nebentätigkeit - insbesondere auch in Zeiten von Krankheit - in einem Umfang, der der Pflicht zum Erhalt und der Wiederherstellung der Arbeitskraft (Gesundheitswiederherstellungspflicht) in außergewöhnlichem Maße entgegensteht,

28

3.Verstoß gegen die Wahrheitspflicht, weil der eBay-Account schon seit dem Jahre 2002 besteht bzw. weil der Beamte der beantragten Nebentätigkeit schon seit 2002 nachgegangen ist und somit im Antrag auf Genehmigung der Nebentätigkeit vom (…) 2009 falsche Angaben getätigt wurden.

29

Zur Begründung der Disziplinarklage hat die Klägerin ausgeführt, der Beklagte habe seine Dienstpflichten in einem Kernbereich so erheblich verletzt, dass das Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört sei. Die vom Beklagten ausgeübte Nebentätigkeit sei genehmigungspflichtig, aber nicht genehmigungsfähig gewesen. Der Beklagte habe sich auch während seiner Arbeitsunfähigkeit durch gewerbliches Handeln neben seiner Besoldung ein zweites wirtschaftliches Standbein verschafft. Ein Versagungsgrund sei schon deswegen gegeben gewesen, weil der zeitliche Umfang des Handelns die Arbeitskraft des Beklagten so sehr in Anspruch genommen habe, dass die ordnungsgemäße Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten behindert würde. Der Beklagte habe gewerbsmäßig, d. h. mit Regelmäßigkeit und Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Er habe sich bewusst für einen gewerbsmäßigen Auftritt als „PowerSeller“ entschieden und hiermit auch nach außen Dritten gegenüber sichtbar dokumentiert, dass er als gewerblicher Händler auftrete. Er habe seine Verkaufsaktivitäten wegen der guten Verdienstmöglichkeiten im Laufe der Jahre bewusst ausgedehnt und gesteigert. Damit habe er alles getan, um sich außerdienstlich ein zweites berufliches Standbein aufzubauen. Schließlich habe der Beklagte seine Pflicht zur Abgabe wahrheitsgemäßer Angaben verletzt, indem er in seinem Antrag auf Genehmigung einer Nebentätigkeit vom (…) 2009 wider besseres Wissen angegeben habe, dass er erst voraussichtlich ab Anfang 2010 den Online-Verkauf (nur) einer privaten Sammlung vornehmen werde.

30

Der Klägerin hat beantragt,

31

den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

32

Der Beklagte hat beantragt,

33

die Klage abzuweisen.

34

Er hat sich im Wesentlichen wie folgt eingelassen:

35

Der Verkauf der Hefte habe nur einen geringen zeitlichen Aufwand erfordert. Er habe sich kein zweites wirtschaftliches Standbein geschaffen; vielmehr sei es so gewesen, dass er sich in einer Situation befunden habe, in welcher er „am Monatsanfang manchmal nur 50 bis 60 € zum Leben“ gehabt habe. Wenn man die Gesamtzahl der Verkäufe auf die Zahl der Tage herunterrechne, komme man lediglich auf 6 Verkäufe, was nur einen geringen zeitlich Aufwand erfordert habe. Der An- und Verkauf der Hefte sei eine Beschäftigung gewesen, welche ihm Ruhe und Ausgeglichenheit gegeben habe.

36

Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat mit Urteil vom 1. Dezember 2011 auf die Kürzung der Dienstbezüge des Beklagten auf die Dauer von drei Jahren um ein Fünftel seiner monatlichen Dienstbezüge erkannt.

37

Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht zunächst festgestellt, der Beklagte habe ein Dienstvergehen begangen, indem er über Jahre ohne Nebentätigkeitsgenehmigung einer Nebentätigkeit, und zwar auch in Zeiten der Erkrankung, nachgegangen sei und indem er bei seinem Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung falsche Angaben gemacht habe. Für den Zeitraum der Jahre 2002 bis 2007 lasse sich nicht mehr mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Beklagte mehr als nur seine private Sammlung veräußert habe. Für den Zeitraum 2008 bis Anfang 2010 sei davon auszugehen, dass der Beklagte auch in diesem Zeitraum im wesentlichen nur das veräußert habe, was er in den Jahren bis 2002 gesammelt und nur unwesentliche Zukäufe getätigt habe, die dem Zweck der Komplettierung gedient hätten.

38

Gleichwohl habe der Beklagte vorsätzlich über einen Zeitraum von acht Jahren eine Nebentätigkeit ohne die erforderliche Genehmigung ausgeübt, indem er im Internet als gewerblicher Händler aufgetreten sei. Dadurch habe er gegen die sich aus § 54 BG LSA (§ 34 Satz 3 BeamtStG) ergebende Pflicht verstoßen, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen und der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf fordere. Zudem habe er gegen die Pflicht zur Gesunderhaltung verstoßen. Ein weiterer Verstoß gegen Dienstpflichten liege darin, dass er in seinem Antrag auf Genehmigung von Nebentätigkeiten aus dem (…) 2009 verschwiegen habe, in welchem Umfang er bereits tätig gewesen sei. In beiden Taten liege ein einheitliches Dienstvergehen.

39

Dem Beklagten sei es um die Erzielung eines größtmöglichen Gewinns gegangen. Dies ergebe sich zum einen aus der ursprünglichen Motivation, die ihn belastenden Unterhaltsansprüche begleichen zu können; zum Anderen spreche dafür auch sein Geschäftsgebaren. So habe der Beklagte, um Serien verkaufen zu können, Zukäufe getätigt und den Verkauf sehr professionell gestaltet. Im Hinblick darauf, dass es sich bei der Sammlung des Beklagten um eine solche mit mehr als 100.000 Einzelstücken gehandelt habe, sei sein Vorgehen vergleichbar demjenigen, welcher einen Gewerbebetrieb mit einem großen Warenlager erbe und diesen dann weiter betreibe. Zugunsten des Beklagten sei allerdings davon auszugehen, dass die von ihm ausgeübte Tätigkeit als Verkäufer seiner privaten Sammlung bei eBay „in gewissem Umfang auch genehmigungsfähig gewesen sein“ dürfte. Dies ergebe sich daraus, dass die Tätigkeit des Beklagten jedenfalls nicht mehr als ein Fünftel seiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit betragen habe. Allerdings sei davon auszugehen, dass dem Beklagten die Notwendigkeit der Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung bekannt war. Hierfür spreche bereits die Begründung seines im Dezember 2009 gestellten Antrages.

40

Es liege auch ein vorsätzlicher Verstoß des Beklagten gegen seine Verpflichtung zur Gesunderhaltung und Wiedergenesung vor. Ein Beamter sei im Falle krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit gehalten, alles ihm Zumutbare zu unternehmen, um eine rasche Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit zu erreichen. Gegen diese Verpflichtung habe der Beklagte durch seine in einem erheblichen zeitlichen Umfang getätigten Verkaufsaktivitäten verstoßen.

41

Allerdings sei im Rahmen einer Gesamtwürdigung nicht davon auszugehen, dass der Beklagte ein schweres Dienstvergehen begangen habe. Es sei nicht zu erwarten, dass der Beklagte auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen werde; er habe durch sein Fehlverhalten auch keine erhebliche, nicht wieder gut zu machende Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums herbeigeführt. Zwar sei erschwerend zu berücksichtigen, dass der Beklagte über einen Zeitraum von mehr als acht Jahren ohne Genehmigung in erheblichem Umfang gewerblich tätig gewesen sei; zudem sei auch zu berücksichtigen, dass er disziplinarrechtlich vorbelastet sei. Zu seinen Gunsten sei indes die „stetig besser werdende Arbeitsleistung“ des Beklagten in den vergangenen Jahren zu berücksichtigen.

42

Gegen das erstinstanzliche Urteil hat der Beklagte fristgerecht Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er aus, das Urteil beruhe auf fehlerhafter Rechtsanwendung. Die den Gegenstand des Verfahrens bildenden, dem Urteil zugrunde gelegten Handlungen rechtfertigten nicht die disziplinaren Vorwürfe. Die Verwaltung und insbesondere auch Nutznießung eigenen Vermögens stelle keine Nebentätigkeit dar und sei daher auch genehmigungsfrei. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht von einer auf Gewinn gerichteten gewerbemäßigen Tätigkeit aus; es lasse auch außer Betracht, dass ein gegen ihn geführtes steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei. Seine das Verfahren einleitende Anzeige einer Nebentätigkeit verstoße nicht gegen die Wahrheitspflicht. Er habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er bei der „im Grunde richtig wiedergegebenen Veräußerung seines Vermögens“ nicht von einer Nebentätigkeit ausgehe. Der Gesetzgeber habe keine Regelung für den zulässigen Umfang und den Zeitaufwand bei der Befassung mit der Verwaltung eigenen Vermögens getroffen. Das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit einem bei Richtigkeit seiner Auffassung zu würdigenden Subsumtionsirrtum seinerseits befasst, sondern zu Unrecht einen vorsätzlichen Verstoß gegen Dienstpflichten unterstellt. Er habe durch „das Befassen mit seinem eBay-Account“ auch nicht seine Gesundheit beeinträchtigt oder seine Genesung gefährdet. Selbst bei Vorliegen eines Dienstvergehens verstoße die ausgesprochene Disziplinarstrafe gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, denn das Verwaltungsgericht habe nicht hinreichend die besondere Wirkung der Gehaltskürzung im Eingangsamt berücksichtigt.

43

Der Beklagte beantragt,

44

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 1. Dezember 2011 die dort erkannte Disziplinarmaßnahme aufzuheben.

45

Die Klägerin hat gegen das Urteil rechtzeitig Anschlussberufung eingelegt. Sie beantragt,

46

die Berufung zurückzuweisen und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

47

Die Klägerin geht davon aus, dass der Beklagte ein schweres Dienstvergehen begangen habe, was zu einem vollständigen Vertrauensverlust geführt habe. Mit seiner auf Dauer angelegten und auf Erzielung des größtmöglichen Gewinns ausgerichteten - ungenehmigten - Nebentätigkeit habe der Beklagte gegen die aus § 54 Satz 1 BG LSA (§ 34 Satz 1 BeamtStG) folgende Pflicht verstoßen, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen und zudem auch die ihm obliegende Pflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten gemäß § 54 Satz 3 BG LSA (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verletzt. Zudem habe der Beklagte in seinem Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung vom (…) 2009 bewusst verschwiegen, in welchem Umfang er bereits tätig gewesen sei. Dem Beklagten sei die Notwendigkeit der Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung durchaus bekannt gewesen, weshalb er vorsätzlich gehandelt habe. Im Hinblick darauf, dass der Beklagte über einen Zeitraum von mehr als acht Jahren eine nicht genehmigungsfähige und gewerbliche Nebentätigkeit in erheblichem Umfang auch in Zeiten von Krankheit (fast 400 Tage) ausgeübt habe, sei - auch unter Berücksichtigung, dass der Beklagte bereits disziplinarrechtlich vorbelastet sei - davon auszugehen, dass ein endgültiger Vertrauensverlust gegenüber dem Dienstherrn eingetreten sei. Als angemessene Disziplinarmaßnahme komme daher nur die Entfernung aus dem Dienst in Betracht.

48

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Beklagte wie folgt eingelassen:

49

Er habe mit den Verkäufen lediglich sein Vermögen verwaltet, also weder einen Handel noch gar ein Gewerbe betrieben, sondern die Verkaufsgegenstände „privat“ in das Internet gestellt. Hierzu habe er keine Nebentätigkeitsgenehmigung benötigt und deshalb seinen Dienstherrn auch zu keinem Zeitpunkt getäuscht.

50

Zu den Veräußerungen sei es gekommen, weil er Geld benötigt habe: das Wohnhaus sei im Zuge der Überschwemmungen im Jahr 2002 beschädigt worden; dazu seien Kreditverpflichtungen und Unterhaltszahlungen gekommen, für die seine Beamtenbezüge nicht ausgereicht hätten. Daher habe er sich entschlossen, die gesammelten Gegenstände aus seinem Haus über „eBay“ zu verkaufen.

51

Ein großer Zeitaufwand sei mit dem Betreiben des „(E...)“ nicht verbunden gewesen, was auch daran gelegen habe, dass er zunehmend Routine im Einstellen der Artikel und im Versand entwickelt habe.

52

Die Anmeldung seines „shops“ als Gewerbe sei schließlich erfolgt, weil er nicht Probleme mit den „Abmahn-Anwälten“ habe bekommen wollen. Was den Vorwurf der Nebentätigkeit während seiner Erkrankung in den Jahren 2008/2009 betreffe, so hätten seine Aktivitäten seine Genesung nicht beeinträchtigt, sondern eher gefördert.

Entscheidungsgründe

53

Die Berufung des Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil ist zulässig, jedoch unbegründet; demgegenüber ist die von der Klägerin erhobene Anschlussberufung sowohl zulässig als auch begründet.

54

Zur Überzeugung des Senats steht zunächst fest, dass der Beklagte während des Zeitraums von (…) 2002 bis (…) 2010 eine gemäß § 65 BG LSA in der bis zum 1. Februar 2010 maßgeblichen Fassung genehmigungspflichtige Nebentätigkeit ausgeübt hat, ohne im Besitz der dafür erforderlichen Genehmigung gewesen zu sein. Der Senat geht zudem davon aus, dass der Beklagte bei wahrheitsgemäßer Angabe über den Umfang seiner An- und Verkaufsaktivitäten über das Verkaufsportal „eBay“ keine Nebentätigkeitsgenehmigung erhalten hätte, weil die Versagungsgründe des § 65 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 6 BG LSA vorgelegen haben. Es wäre nämlich davon auszugehen gewesen, dass die Nebentätigkeit nach Art und Umfang den Beklagten so stark in Anspruch genommen hat, dass die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten behindert werden konnte (Nr.1) und dass vor allem die exzessive Nebentätigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich ist (Nr. 6).

55

Entgegen der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gegebenen Einlassung handelte es sich bei seinen Aktivitäten auch nicht um die bloße Verwaltung eigenen Vermögens, die als solche gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1 BG LSA genehmigungsfrei war. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich der Beklagte über nahezu acht Jahre in zunehmendem Umfang in einer Weise wirtschaftlich betätigt hat, die nach Art, Umfang, Dauer, Häufigkeit und Zielrichtung eindeutig als nicht genehmigungsfähige Ausübung eines Zweitberufes anzusehen ist.

56

Der Beklagte hat am (…) 2002 den eBay-Account „(E...) 2002“ eröffnet und allein über dieses Verkaufsportal bis zum Jahr 2010 einen Gesamtumsatz von 125.865,46 Euro erzielt. Er hat zudem in den Jahren 2008/2009 zusätzlich die eBay-Account „(F...)“ und „(G...)“ eröffnet und auch hierüber Verkäufe mit einem Gesamtumsatz von über 4.500,00 Euro getätigt. Insgesamt hat der Beklagte über „eBay“ 22.733 Artikel verkauft, wobei die Zahl der Einstellungen von zu verkaufenden Waren erheblich höher war, wie allein die Zahl der vorgenommenen Einstellungen im Jahr 2008 (12.733 Einstellungen) und im Jahr 2009 (3.942 Einstellungen) zeigt.

57

Zeigt schon die Zahl der vorgenommenen Transaktionen, dass der Beklagte in einem Maße tätig war, welches weit über die Zahl von Verkäufen hinaus geht, welche üblicherweise im Zuge einer Haushaltsauflösung erfolgen, so sprechen insbesondere Folgeumstände für ein gewerbliches, gewinnorientiertes Vorgehen des Beklagten:

58

Bereits die vom Beklagten gewählte Bezeichnung seines Verkaufsportals als „(E...) 2002“ sollte den möglichen Kunden ganz offensichtlich suggerieren, dass sie es mit einem Versender zu tun haben, welcher - als „Kioskbetreiber“ - Zeitschriften in größerem Umfang im Angebot vorhält. Für ein gewerbliches Handeln des Beklagten spricht im Übrigen auch, dass er - wie er selbst eingeräumt hat - seinen Warenbestand fortlaufend durch Einkäufe ergänzte und deshalb nicht lediglich seinen Privatbesitz auflöste.

59

Bezeichnend ist auch die Beschreibung, welche der Beklagte im (…) 2010 selbst seinem „(E...)“ gegeben hat:

60

„In meinem Shop gibt es alles, was es bis 1989 in einem Zeitungskiosk der DDR gab (oder nicht gab): Armeerundschau, Atze, Bummi, Eulenspiegel, Frösi, Fachzeitschriften, Für Dich, GST-Zeitschriften, KFT, Mosaik, M&R, NBI, Technicus, Straßenverkehr, Tageszeitungen, Trommel, URANIA, Wochenpost, AK u. a. ...

61

Hallo ebayer! Ich darf mich kurz vorstellen. Ich (Name siehe Impressum) sammele seit über 30 Jahren alles, das nur annähernd nach DDR riecht und aus Papier ist. Inzwischen habe ich so ziemlich alles komplett, was ich jemals suchte. Dabei haben sich auch einige 100 kg Papier als Doppelt- oder Mehrfachexemplare angesammelt, die ich nun nach und nach zur Versteigerung bringen werde. Leider ist das normale Leben in Deutschland aufgrund der Umsetzung von EU-Richtlinien soweit den Bach herunter gegangen, dass ich mich nunmehr entschloss, hier als gewerblicher Käufer aufzutreten“.

62

Schon daraus ergibt sich mit aller Deutlichkeit, dass der Beklagte sich nicht nur darauf beschränkt hat, die in den Räumlichkeiten des von ihm bewohnten Hauses liegenden Zeitschriften und sonstigen Erinnerungsstücke aus DDR-Zeiten zu veräußern, sondern dass er auch Zukäufe getätigt hat, um etwa Zeitschriftenreihen zu dem Zweck zu komplettieren, sie dann als gewerblicher Verkäufer gewinnbringend verkaufen zu können. So kaufte der Beklagte im (…) 2008 den kompletten Jahrgang 1976 der Zeitschrift Mosaik, im (…) 2008 den kompletten Jahrgang 1978 der Zeitschrift Mosaik B. sowie im (…) 2008 erneut den kompletten Jahrgang 1976 der Zeitschrift Mosaik.

63

Demgegenüber verkaufte der Beklagte mehrfach komplette Sätze von Zeitschriften, allein in den Jahren 2008/2009 mindestens 20 x entweder die komplette, aus 168 bzw. 178 Heften bestehende „Top- Sammlung Mosaik B. 1976 – 1989 bzw. 1990“ . Entsprechendes gilt für die ebenfalls mehr als 20-fache Veräußerung der Zeitschriften- Serie „Mosaik A.“ im Jahr 2009. Es ist kein vernünftiger Grund für die Annahme ersichtlich, dass der Beklagte bzw. dessen Eltern diese Serien im vorbeschriebenen Umfang mehrfach gesammelt haben; vielmehr ist der Senat davon überzeugt, dass sich der Beklagte Doppel-Exemplare beschafft hat, um sie überhaupt gewinnbringend und gewinnmaximierend zu veräußern.

64

Dass die Aktivitäten des Beklagten weit über eine übliche Haushaltsauflösung hinausgingen, zeigt auch der Umstand, dass er von dem Verkaufsportal eBay als „PowerSeller“ geführt worden ist. Die Selbstdarstellung von eBay-Deutschland auf der Internetseite „PowerSeller Portal“: www://eBay.de/services definiert PowerSeller unzweideutig als professionelle gewerbliche Verkäufer, die kontinuierlich ein hohes Handelsvolumen vorweisen können. Um „PowerSeller“ zu werden, müssen Verkäufer im Übrigen bei eBay als gewerbliche Verkäufer angemeldet sein. Verkäufer, die sich für den Status eines „PowerSellers“ qualifizieren möchten, müssen kontinuierlich große Mengen an Artikeln verkaufen und dabei ihren Käufern einen besonders guten Kundenservice bieten.

65

Für den verlangten „besonders guten Kundenservice“, welchen der Beklagte zu bieten hatte, sprechen die professionelle Gestaltung seines „(E...)“, verbunden mit einer bildlichen Darstellung der zum Verkauf anstehenden Artikel, aber auch der professionelle Versand der Artikel. Auf der Homepage „(E...)“ wurde er zudem durch ein Sternchen-Symbol ausdrücklich als „PowerSeller“ bezeichnet, wobei der zusätzliche Hinweis auf eine hohe Zahl der von ihm bereits getätigten Transaktionen den professionellen Verkäufer-Status des Beklagten noch verdeutlichte. Im Übrigen wurde er - wie sich jedenfalls noch aus seinem eBay-Auftritt vom (…) 2010 ergibt - ausdrücklich als „angemeldet als gewerblicher Verkäufer“ bezeichnet.

66

Die Aktivitäten des Beklagten stellen sich danach hinsichtlich Art, Umfang, Dauer, Häufigkeit und Zielrichtung, vor allem auch unter Berücksichtigung der erzielten Jahresumsätze von bis zu ca. 23.800,00 Euro, als Ausübung eines Zweitberufes i. S. eines „zweiten beruflichen Standbeins“ neben seinem Beamtenverhältnis dar. Der Beklagte hat gewerbsmäßig, d. h. mit Regelmäßigkeit und Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Er hat zudem die Aktivitäten wegen der von ihm erkannten guten Verdienstmöglichkeiten im Laufe der Zeit bewusst ausgedehnt, indem er zusätzlich die accounts „(F...)“ und „(G...)“ eingerichtet hat.

67

Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass sich der Beklagte als langjährig erfahrener Polizeibeamter darüber im Klaren war, dass er für den von ihm durchgeführten professionellen Handel mit einem Umsatzvolumen, welches einem ganz erheblichen Teil seiner Dienstbezüge entsprach, einer Genehmigung bedurfte. Es ist im Übrigen davon auszugehen, dass dem Beklagten eine beantragte Nebentätigkeitsgenehmigung nicht erteilt worden wäre, wenn er seinen Dienstherrn wahrheitsgemäß über den tatsächlichen Umfang seiner An- und Verkaufsaktivitäten unterrichtet hätte. Dass der Beklagte dies selbst so gesehen hat, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass er in seinem schließlich am (…) 2009 gestellten Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung wahrheitswidrig angegeben hat, er „beabsichtige“, Teile seiner privaten Sammlung an Ansichtskarten und DDR-Zeitschriften online zu veräußern, und damit bewusst verschwiegen hat, dass er derartige - und darüber hinausgehende - Aktivitäten bereits seit dem Jahr 2002 umfänglich betrieben hat.

68

In der Ausübung von Nebentätigkeiten ohne Einholung der erforderlichen Genehmigung bzw. dem vorsätzlichen Unterlassen eines entsprechenden Antrags liegt ein Verstoß gegen die dem Beklagten aus seinem Beamtenverhältnis obliegende Pflicht gemäß § 54 Satz 3 BG LSA, wonach sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf als Polizeibeamter erfordert und damit ein schuldhaftes Dienstvergehen gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 BG LSA.

69

Für die Ahndung ungenehmigter Nebentätigkeiten steht wegen der Vielfalt der möglichen Pflichtverstöße grundsätzlich der gesamte disziplinarrechtliche Maßnahmenkatalog zur Verfügung. Es kommt auf Dauer, Häufigkeit und Umfang der Nebentätigkeiten an. Zudem muss berücksichtigt werden, ob der Ausübung der Nebentätigkeiten gesetzliche Versagungsgründe entgegenstehen. Erschwerend wirkt sich aus, wenn ein Beamter ungenehmigte Nebentätigkeiten in Zeiten der Krankschreibung wahrnimmt (so BVerwG, Urt. v. 11. Januar 2007, 1 D 16.05).

70

Welche Disziplinarmaßnahme angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten (§ 13 Abs. 1 Satz 2 und 3 DG LSA). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, nach den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, darüber nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, a. a. O., RdNr. 55).

71

Unter Zugrundelegung der vorgenannten Kriterien ist hier von einem schwerwiegenden Dienstvergehen gem. § 77 Abs. 1 Satz 1 BG LSA auszugehen. Hierfür sprechen einerseits der ganz erhebliche Umfang der An- und Verkaufsaktivitäten des Beklagten und der dabei erzielte sehr hohe Gesamtumsatz, andererseits das strategische, auf eine Steigerung der Erlöse ausgerichtete Gesamtverhalten des Beklagten und sein offenkundiges Bestreben, Gewinne zu erzielen.

72

Ein besonderes disziplinarisches Gewicht erhält die Ausübung der ungenehmigten und nicht genehmigungsfähigen Nebentätigkeit des Beklagten dadurch, dass er mit seinen umfangreichen Aktivitäten während der Jahre 2008 und 2009, mithin während der Zeit, in welcher er an insgesamt nahezu 400 Tagen dienstunfähig erkrankt war, gegen die ihm obliegende Pflicht zur Gesunderhaltung verstoßen hat. Eines konkreten Nachweises, dass die Nebentätigkeit den Gesundheitsprozess konkret behindert oder verzögert hat, bedarf es dabei nicht. Es reicht vielmehr aus, wenn die Nebentätigkeit generell geeignet ist, die alsbaldige und nachhaltige Genesung zu beeinträchtigen (BVerwG, Urt. v. 1. Juni 1999, 1 D 49.97, RdNr. 51 [m. w. N.], ebenso BVerwG, Urt. v. 14. November 2001, 1 D 60.00). Ein Internethandel in dem Umfang, wie ihn der Beklagte in den Jahren 2008 und 2009 - mit mehr als 16.500 Einstellungen von Produkten sowie mehr als 3.400 Verkäufen, die nicht nur den eigentlichen Handel auf der eBay-Plattform, sondern dazu Verpackung, Versand und Abrechnung erforderten, betrieben hat, war ohne Zweifel der Wiederherstellung der Gesundheit und damit der vollen Dienstfähigkeit nicht zuträglich. Der Senat sieht danach davon ab, den Minutenaufwand für jede einzelne Transaktion des Beklagten zu errechnen. Ein Beamter, der in einem besonderen Treueverhältnis zu seinem Dienstherrn steht, ist im Falle krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit gehalten, alles ihm Zumutbare zu tun, um eine rasche Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit herbeizuführen. Dazu gehört, dass er seine Kräfte schont und hier nicht vorzeitig, insbesondere nicht zu Erwerbszwecken, einsetzt. Fühlt er sich bereits imstande, Dienstleistungen auch nur in beschränktem Umfang zu erbringen, so handelt er pflichtwidrig, wenn er sie nicht seinem Dienstherrn anbietet, der ihm das Gehalt weiterzahlt und ihm aus Anlass der Krankheit soziale Vorteile gewährt (BVerwG, a. a. O., RdNr. 54 [m. w. N.]).

73

Danach kommt der vom Beklagten auch während der Zeit seiner Dienstunfähigkeit in nahezu unvermindertem Umfang verbotswidrig durchgeführten, gewerblich ausgerichteten Nebentätigkeit ein ganz erhebliches disziplinarrechtliches Gewicht zu, was bereits für sich genommen durchaus geeignet ist, das Ansehen der Polizei in der Öffentlichkeit erheblich zu beeinträchtigen. Die Bevölkerung hätte keinerlei Verständnis dafür, dass ein Beamter - noch dazu während der Zeit seiner gesundheitsbedingten Dienstunfähigkeit - in einen derartigen Umfang einer nicht genehmigten und auch nicht genehmigungsfähigen Nebentätigkeit nachgeht.

74

Bei der Würdigung des Gesamtverhaltens des Beklagten ist zudem zu berücksichtigen, dass er in seinem Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung vom 11. Dezember 2009 vorsätzlich falsche Angaben gemacht und damit gegen die ihm gem. § 54 Satz 3 BG LSA obliegende Wahrheitspflicht, mithin die Verpflichtung zu vollständigen und richtigen Angaben, bewusst verstoßen hat. Die dem Antrag gegebene Begründung, die weitgehend durch Geschwätzigkeit und Rechthaberei geprägt ist, lässt unschwer die Motivation erkennen, dass es dem Beklagten vorrangig darum ging, seine bisherigen verbotswidrigen Tätigkeiten zu kaschieren. Zwar mag das Gewicht einer Wahrheitspflichtverletzung im Verhältnis zu dem geleugneten Dienstvergehen regelmäßig gering sein (vgl. Hummel/Köhler/Meier, BDG, 4. Aufl., S. 248); indes stellt sich die Erklärung des Beklagten in seiner Antragsbegründung nicht nur als bewusstes Leugnen seiner bisherigen Aktivitäten dar, sondern enthält jedenfalls mit der Angabe, die „beabsichtigte“ Veräußerung von Teilen seiner privaten Sammlung sei nicht gewinnorientiert, eine erneute objektiv falsche Erklärung.

75

Mit seinem im Sinne der Einheitlichkeit des Dienstvergehens zu betrachtenden Gesamtverhalten hat der Beklagte ein schweres Dienstvergehen begangen, wodurch er das Vertrauen nicht nur des Dienstherrn, sondern auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 DG LSA).

76

Im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts vermag der Senat nicht davon auszugehen, dass der Beklagte die Gewähr dafür bietet, künftig uneingeschränkt seinen Dienstpflichten nachzukommen. Dass dem Beklagten eine derartige Prognose nicht gestellt werden kann, ergibt sich zum Einen daraus, dass er - wie er nicht zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gezeigt hat - offensichtlich über keinerlei Unrechtseinsicht verfügt, welche eine wesentliche Voraussetzung für ein zukünftiges pflichtgemäßes Verhalten darstellt. Zu Lasten des Beklagten war zum Anderen zu berücksichtigen, dass er bereits wegen eines erheblichen Verstoßes gegen seine Dienstpflichten - verbotene Mitnahme von Waren aus einem verunfallten LKW - disziplinarisch zur Rechenschaft zu ziehen war. Auch in dem diesbezüglichen Disziplinarverfahren vor dem erkennenden Senat (10 L 5/10) war der Kläger - wie der Senat in seinem Beschluss vom 17. Juni 2010 ausdrücklich hervorgehoben hat - in keiner Weise bereit, das Unrecht seines Handelns zu erkennen.

77

Danach ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung des Dienstvergehens des Beklagten und aus seiner Persönlichkeit nur der Schluss, dass der Beklagte auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen wird und dass er zudem durch sein Fehlverhalten eine erhebliche, nicht wieder gut zu machende Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums herbeigeführt hat. Vor allem kann aufgrund seines Gesamtverhaltens nicht die Prognose getroffen werden, er werde künftig auf Dauer Gelegenheiten zur Ausübung ungenehmigter Nebentätigkeiten verstreichen lassen (vgl. zu diesem Kriterium: BVerwG, Urt. v. 11. Januar 2007, a. a. O., RdNr. 64). Unter diesen Umständen ist er als Beamter nicht länger tragbar mit der Folge, dass aufgrund der Schwere des Dienstvergehens die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§§ 10 Abs. 1, 13 Abs. 2 DG LSA) indiziert ist.

78

Der Senat vermag auch keine Umstände zu erkennen, die ausnahmsweise die nach der Schwere der Dienstpflichtverletzungen indizierte Verhängung der Höchstmaßnahme ausschließen lassen könnten. Der Umstand, dass der Beklagte im Dienst gute Leistungen erbracht hat, vermag sein Versagen in den Bereichen, welche nicht unmittelbar zur Dienstausübung gehören, nicht zu kompensieren. Es besteht auch kein Anlass zu der Annahme, dass sich der Beklagte etwa in einer besonderen, dazu unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage befunden hat, welche ihm zudem nur den „Ausweg“ des verbotswidrigen Betreibens eines Internethandels ermöglicht hat. Sein dazu in der Gerichtsverhandlung erster Instanz gegebener pauschaler Hinweis, er habe manchmal am Monatsanfang „nur 50 bis 60 Euro zum Leben“ gehabt, ist schon nicht geeignet, eine derartige, nicht anders lösbare Notsituation darzutun. Es besteht im Übrigen auch kein Grund für die Annahme, dass sich der Beklagte etwa in der Situation einer psychischen Bedrängnis befunden hat, die es ihm verwehrt hätte, sich im Hinblick auf die geplante Veräußerung der „DDR-Sammlung“ bereits im Jahr 2002 vertrauensvoll und mit wahrheitsgemäßen Angaben an seinen Dienstherrn zu wenden und die Frage des Erfordernisses und - vor allem der Möglichkeit - einer Nebentätigkeitsgenehmigung klären zu lassen, anstatt ohne Weiteres einen gewerblichen Handel zu betreiben.

79

Nach dem Bild, welches der Senat im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Beklagten gewonnen hat, besteht bei ihm offensichtlich der sich zunehmend verfestigende Eindruck, als würden seine Leistungen völlig verkannt, was sich schon daran zeige, dass er nach über zwanzigjährigem Dienst in der Polizei immer noch nicht befördert werde. Man dürfe „nicht durch Leistung auffallen“, dann werde man schon etwas. Diese Einstellung verkennt völlig, dass sich der Beklagte den Umstand, dass er bei der nunmehr anstehenden Beförderungsrunde 2012 nicht beteiligt werden kann, letztlich selbst zuzuschreiben hat. Auch seine in der Berufungsverhandlung zum Ausdruck gebrachte Distanz zu Kollegen (“Spießrutenlauf“ in D.) sowie zu Vorgesetzten lässt nicht erkennen, dass sich der Beklagte ernsthaft um eine Wiederherstellung verlorenen Vertrauens bemüht, vor allem nicht, dass er sein Verhalten in Zukunft ändern wird. Dafür spricht bereits seine Ankündigung, auch künftig weiter die Verkaufsplattform bei eBay für die Veräußerung von - offensichtlich noch in großer Anzahl vorhandenen - „DDR-Artikeln“ nutzen zu wollen.

80

Auch sonst sind keine entlastenden Umstände ersichtlich, die für sich genommen oder in einer Gesamtschau eine andere als die ausgesprochene Maßnahme als ausreichend erscheinen ließen.

81

Danach muss es dabei bleiben, dass der Beklagte gemäß §§ 13 Abs. 3, 10 Abs. 1 DG LSA aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist. Die damit verbundenen, insbesondere wirtschaftlichen Konsequenzen hat der Beklagte zu tragen, denn er hat die Ursache für diese Maßnahme mit seinem massivem Fehlverhalten und seiner Uneinsichtigkeit selbst gesetzt.

82

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 72 Abs. 1 und 4 DG LSA, 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtsgebührenfreiheit des Verfahrens ergibt sich aus § 73 Abs. 1 Satz 1 DG LSA.

83

Diese Entscheidung ist unanfechtbar, denn das Disziplinargesetz Sachsen-Anhalt lässt in seinem Anwendungsbereich eine Revision gegen Urteile des Oberverwaltungsgerichts in Disziplinarsachen nicht zu (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31. Januar 2012, 2 B 132.11).


Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1957 in Kraft.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1957 in Kraft.

Für Klagen wegen nachträglicher Festsetzung einer Entschädigung (§ 55) gelten §§ 59 und 60 entsprechend. Die Klage ist innerhalb einer Frist von zwei Monaten seit Zustellung des Festsetzungsbescheids zu erheben; die Frist ist eine Notfrist im Sinne der Zivilprozeßordnung. Die Klage kann auch erhoben werden, wenn die Enteignungsbehörde über einen Festsetzungsantrag innerhalb von sechs Monaten eine Entscheidung nicht getroffen hat. § 62 gilt sinngemäß.

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1957 in Kraft.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1957 in Kraft.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.