Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 10. Sept. 2015 - 4 KN 1/14

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2015:0910.4KN1.14.0A
10.09.2015

Tenor

Es wird festgestellt, dass § 4 Abs.2 und 3 Buchstabe a, b und c sowie § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz
(„und ist grundsätzlich in halbjährigen Teilbeträgen am 15.03. und 15.09. eines jeden Jahres, spätestens vier Wochen nach Bekanntgabe des Bescheides fällig")
der Gebührensatzung des Antragsgegners in der Fassung der 3. Nachtragssatzung v. 11.12.2013 unwirksam sind.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner zu 1/3, der Antragsteller zu 2/3.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller begehrt zum einen die Feststellung der Nichtigkeit der Abfallgebührensatzung des Antragsgegners für die Jahre 2014 bis 2016 in der am 11. Dezember 2013 beschlossenen Fassung. Wegen des Wortlautes der Satzung wird auf die Gebührensatzung zur Satzung über die Entsorgung von Abfällen im Kreis Ostholstein (Abfallwirtschaftssatzung) vom 17. März 2005 in der am 17. Dezember 2013 bekanntgemachten Fassung des 3. Nachtrages (vgl. Bl. 158 ff. der Beiakte A) Bezug genommen.

2

Desweiteren begehrt der Antragsteller - im Wege der Antragserweiterung - die Feststellung der Nichtigkeit des § 18 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 lit. c Satz 3 der Abfallwirtschaftssatzung des Antragsgegners in der von der Verbandsversammlung am 11. Dezember 2014 verabschiedeten Fassung. Die Verbandsversammlung verabschiedete folgenden am 12. Dezember 2014 bekanntgemachten 7. Nachtrag zur Abfallwirtschaftssatzung:

3

Artikel I

4
1) § 18 Abs. 2 Satz 2 wird wie folgt ergänzt:
5

„Auf jedem bewohnten Grundstück muss mindestens ein fester Abfallbehälter für Siedlungsabfälle (ohne Bioabfälle) bereitstehen. Für jeden Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Betrieb muss grundsätzlich mindestens ein fester Abfallbehälter im Sinne von § 18 Abs. 1 Ziffer 1, 2 oder 5 im Rahmen der Regelabfuhr für überlassungspflichtige Abfälle zur Beseitigung im Sinne des § 17 KrWG bereitstehen. Der ZVO stellt den Anschlusspflichtigen die erforderlichen Abfallbehälter und Abfallsäcke zur Verfügung. Dies gilt nicht nur für Müllpresscontainer.“

6
2) § 18 Abs. 4 lit. c wird um folgenden Satz 3 ergänzt:
7

„Abweichend von den unter Abs. 4 a ermittelten Werten kann bei nachgewiesener Nutzung von Vermeidungs- und Verwertungsmaßnahmen auf schriftlichen Antrag ein geringeres Mindestbehältervolumen zugelassen werden. Aufgrund der vorgelegten Nachweise und gegebenenfalls eigenen Ermittlungen legt der Zweckverband Ostholstein dann das zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Entsorgung erforderliche Behältervolumen fest. Bei Nachweis einer dauerhaft ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung aller anfallenden Abfälle nach den geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften besteht keine Mindestbehälternutzungspflicht“

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Dieser 7. Nachtrag trat am 1. Januar 2015 in Kraft.

9

Der Antragsteller ist Eigentümer verschiedener Grundstücke in Ostholstein und Mitglied des Ostholsteiner Kreistages sowie der Verbandsversammlung und des Abfallwirtschaftsausschusses des Antragsgegners.

10

Im Hinblick auf die Abfallwirtschaftssatzung des Antragsgegners in der am 11. Dezember 2014 verabschiedeten Fassung macht er geltend:

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Aufgrund der Ergänzung des § 18 Abs. 2 und Abs. 4 enthalte die Abfallwirtschaftsatzung nunmehr eine mit Art. 3 GG nicht zu vereinbarende Privilegierung für Gewerbebetriebe, welche nur noch „grundsätzlich“ Müllbehälter vorhalten müssten und bei Nachweis einer anderweitigen ordnungsgemäßen Entsorgung - zum Beispiel durch Beauftragung privater Entsorger - von der Verpflichtung zur Mindestbehälterausstattung befreit seien und damit zu Lasten der sonstigen Gebührenzahler privilegiert würden, was zu weiteren Kostenüberschreitungen für die Bürger führen werde.

12

Im Hinblick auf die Abfallgebührensatzung macht er geltend:

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Die ZVO Entsorgung GmbH habe seit 2005 rund 16 Mio. Euro Gewinn erwirtschaftet, die an den Antragsgegner und an die privaten Mitgesellschafter ausgeschüttet worden seien. Beim Antragsgegner seien die Gewinne in den allgemeinen Haushalt geflossen. Aus diesem Grunde sei die Kalkulationsgrundlage hinfällig und die Satzung nichtig. Im Übrigen sei der Vertrag von 23. Juni 2004 / 30. Juni 2004, mit dem die Durchführung der Abfallbeseitigung und das entsprechende Satzungsrecht vom Kreis Ostholstein auf den Antragsgegner übertragen worden sei, missachtet worden, was auf die Gültigkeit der Abfallgebührensatzung durchschlagen müsse. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 des Vertrages habe sich der Antragsgegner verpflichtet, vor abschließenden Beschlussfassungen über den Erlass, die Änderung oder Aufhebung von Abfallgebührensatzungen beziehungsweise Entgeltordnungen dem Landrat den Entwurf der zugrundeliegenden Kalkulation zu übermitteln, um der zuständigen Stelle der Kreisverwaltung innerhalb einer Frist von 20 Werktagen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Gemäß § 2 Abs. 6 des Vertrages gehen die Vertragsparteien übereinstimmend davon aus, dass die vom Kreistag entsandten Mitglieder des Abfallwirtschaftsausschusses berechtigt und aufgrund der entsprechenden Beschlussfassung des Kreistages vom 9. März 2004 verpflichtet sind, in der jeweils nächsten Kreistagssitzung über sämtliche Beschlüsse des Ausschusses zu berichten, welche den Erlass, die Änderung oder Aufhebung von Abfallwirtschafts- und Abfallgebührensatzungen zum Gegenstand haben. Ungeachtet dessen sei eine ordnungsgemäße Stellungnahme des Landrates nicht eingeholt worden. Die streitgegenständliche Satzung sei im Ausschuss als Beschlussempfehlung am 14. November 2013 beschlossen worden. Auf der folgenden Kreistagsitzung habe es keinen Tagungsordnungspunkt zu diesem Thema gegeben. Das Mitspracherecht der Kreistagsabgeordneten und das Informationsrecht der Öffentlichkeit seien ignoriert worden. Trotz seines Protestes und Hinweises auf diese Verfahrensfehler habe die Verbandsversammlung des Antragsgegners die Satzung am 4. Dezember 2013 (richtig: 11. Dezember 2013) beschlossen. Die angesprochenen Regelungen seien auch nicht nur reine Formvorschriften. Die Satzung sei deshalb unter Verletzung der Ermächtigungsgrundlage zustande gekommen, was zu ihrer Nichtigkeit führen müsse. Der vom Antragsgegner vorgelegte E-Mail-Verkehr zwischen ihm und dem Kreis Ostholstein (E-Mail v. 05.11.2013 und Antwort-E-Mail vom 07.11.2013) genüge der vertraglichen Verpflichtung des § 2 Abs. 2 Satz 2 nicht. Damit sei die angegriffene Gebührensatzung unter Verletzung der Ermächtigungsgrundlage zustande gekommen.

14

Lediglich ergänzend und vorsorglich ist der Antragsteller der Auffassung, dass das gesamte Privilegierungsgeschehen, welches Grundlage für die Gebührenkalkulation sei, mangelbehaftet sei. Der Antragsgegner habe im Jahr 2004 mit Wirkung zum 1. Januar 2005 seine Aufgaben auf die ZVO Entsorgung GmbH, eine von ihm zu 50,1 % und von einer Hamburger Investorengruppe (NAD) zu 49,9 % gehaltenen Gesellschaft übertragen. Das Ausschreibungsverfahren sei durch die Vergabekammer des Landes in einem Beschluss vom August 2004 (VK-SH 20/04) als rechtswidrig beanstandet worden. Dies habe sich jedoch nur für den beschwerdeführenden Mitbewerber im Sinne einer Wiederzulassung ausgewirkt, nicht jedoch für die zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeschiedenen anderen Bieter. Er - der Antragsteller - habe den Verdacht, dass es im Vergabeverfahren zu erheblichen Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Er könne nicht recht an den Zufall glauben, dass ausgerechnet die vom heutigen Kreispräsidenten und damaligen Abfallwirtschaftsausschussvorsitzenden als Unternehmensberater beratene Bietergemeinschaft NAD die Ausschreibung gewonnen habe. Hätten andere Mitbewerber von der Abänderung der Höchstpreisgrenze im Vergabeverfahren erfahren, hätten sie ihr Angebot nachbessern können.

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Der Antragsteller beantragt,

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1. festzustellen, dass die Gebührensatzung des Antragsgegners in der Fassung des 3. Nachtrages vom 11. Dezember 2013 (Datum der Beschlussfassung) nichtig ist,
17
2. festzustellen, dass § 18 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 lit. c Satz 3 der Abfallwirtschaftssatzung in der Fassung des 7. Nachtrages v. 11. Dezember 2014 nichtig sind.
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Der Antragsgegner beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

20

Er erwidert:

21

Die Abfallgebührensatzung und die Abfallwirtschaftssatzung seien formell rechtmäßig am 1. Januar 2014 in Kraft getreten. Auch der Abfallwirtschaftsausschuss sei beteiligt worden. Der Kreis Ostholstein sei gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 des Vertrages über die Änderung der Abfallgebührensatzungen informiert worden und habe auch Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Zum einen seien die Verpflichtungen aus dem Vertrag erfüllt worden. Zum anderen würde aber eine Verletzung des genannten Vertrages den Umstand, dass das Satzungsrecht übertragen wurde und der Antragsgegner die Satzungskompetenz habe, nicht entfallen lassen. Die Berichtspflicht der Abfallwirtschaftsausschussmitglieder (und Kreistagsabgeordneten) gegenüber dem Kreistag über die Änderungen von Abfall- und Abfallgebührensatzungen sei Innenrecht des Kreises. Die Erfüllung derartiger Berichtspflichten sei nicht Bedingung für die Übertragung der Satzungskompetenz.

22

Die Vergabekammer habe die europaweite Ausschreibung und Vergabe förmlich überprüft. Das Ausschreibungsverfahren sei seinerzeit zwar beanstandet worden, als Sanktion sei jedoch lediglich das Verfahren auf einen früheren Stand zurückversetzt worden. Danach habe es keine weiteren Beanstandungen mehr gegeben. Das Verfahren sei ordnungsgemäß beendet worden. Gegen den Zuschlag sei kein erneutes Nachprüfungsverfahren angestrengt worden. Die Änderung der Höchstpreisgrenze im Verfahren habe dem erforderlichen Schutz der Gebührenzahler gedient.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten, insbesondere auch auf den Schriftsatz des Beklagten v. 12. August 2015 betreffend die Aufklärungsverfügung vom 29. Juli 2015 sowie auf den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft und auch sonst zulässig, soweit sich der Antrag gegen die Gebührensatzung des Antragsgegners richtet. Soweit der Antrag sich gegen die Abfallwirtschaftssatzung (7. Nachtrag) richtet, fehlt es an der erforderlichen Antragsbefugnis.

25

Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 5 VwGO AG entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit einer anderen im Range unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift. Hierunter fällt sowohl die vom Antragsteller angegriffene Gebührensatzung in der Fassung des seit dem 1. Januar 2014 in Kraft getretenen 3. Nachtrages als auch die vom Antragsteller angegriffene Regelung des § 18 der Abfallwirtschaftssatzung des Antragsgegners in der Fassung des 7. Nachtrages (in Kraft ab dem 01. Januar 2015).

26

Gemäß § 47 Abs. 2 VwGO kann den Normenkontrollantrag jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Anwendung der Rechtsvorschriften in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Diese Voraussetzungen liegen bezüglich der Gebührensatzung vor, da der Antragsteller als Eigentümer eines beziehungsweise mehrerer Grundstück im Kreis Ostholstein geltend machen kann, Adressat von Gebührenbescheiden zu sein, für welche die angefochtene Gebührensatzung als Rechtsgrundlage herangezogen worden ist. Der Antragsteller ist daher in seinen Rechten verletzt, wenn der in der angefochtenen Gebührensatzung festgelegte Gebührensatz rechtswidrig ist.

27

Eine Antragsbefugnis hinsichtlich der angegriffenen Regelung des § 18 der Abfallwirtschaftssatzung (7. Nachtrag) ist hingegen zu verneinen. Durch den 7. Nachtrag hat der Antragsgegner § 18 Abs. 2 Satz 2 der Abfallwirtschaftssatzung durch Einfügen des Wortes „grundsätzlich“ dahingehend geändert, dass für Gewerbe/Industrie- und sonstige Betriebe nur noch grundsätzlich mindestens ein fester Abfallbehälter für überlassungspflichtige Abfälle zur Beseitigung im Sinne des § 17 KrWG bereitstehen muss. Durch Anfügen des Satzes 2 in § 18 Abs. 4 lit. c ist neu geregelt worden, dass für die genannten Betriebe bei Nachweis einer dauerhaft ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung aller anfallenden Abfälle nach den geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften keine Mindestbehälternutzungspflicht besteht.

28

Der Antragsteller trägt vor, dass aufgrund der Neuregelung in vielen Fällen die Mindestbehälternutzungspflicht für Gewerbebetriebe entfalle und damit zu Lasten der übrigen Gebührenzahler das Gebührenaufkommen sinke. Dies reicht für eine Bejahung der Antragsbefugnis nicht aus.

29

Der Antragsteller kann nicht geltend machen, in seinen Rechten verletzt zu seinen. Die beanstandete Regelung ist keine Gebührenregelung, sondern eine Regelung hinsichtlich der Überlassungspflicht für gewerbliche Abfallbesitzer. Ein „Gebührenausfall“ bei der Beseitigung gewerblicher Abfälle wirkt sich allenfalls im Rahmen der Verteilung von Kosten auf die unterschiedlichen Kostenträger ( Abfall aus privaten Haushalten, Bioabfall, gewerblicher Abfall) als Reflex, nicht aber in einer Weise auf die Gebühr für die Entsorgung von Abfall aus privaten Haushaltungen aus, dass von einer Rechtsverletzung eigener Rechte des Antragstellers gesprochen werden könnte.

30

Eine Antragsbefugnis kann auch nicht aus Art. 3 GG mit der Erwägung hergeleitet werden, die Privilegierung nur der gewerblichen Abfallbesitzer verletze den Gleichbehandlungsgrundsatz. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt es nicht. Der Antragsteller ist überlassungspflichtig gem. § 17 Abs. 1 S.1 KrWG. Eine Gleichbehandlung mit den seiner Ansicht nach zu Unrecht privilegierten Besitzern von gewerblichen Abfällen kann er nicht beanspruchen.

31

Abgesehen hiervon bestehen an der Rechtmäßigkeit der geänderten Satzungsregelung auch keine Bedenken. Bei richtigem Verständnis der Norm deckt § 18 der Abfallwirtschaftssatzung in der Fassung der 7. Nachtragssatzung den vom Antragsteller angesprochenen Fall der Überlassung gewerblicher Abfälle an Dritte nicht ab. Die Satzungsregelung gibt vielmehr lediglich die Rechtslage wieder, indem sie das Entfallen der Mindestbehälternutzungspflicht vom Nachweis einer dauerhaft ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung aller anfallenden Abfälle nach den geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften abhängig macht. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Für Gewerbebetriebe gilt, dass die Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen die gleiche Verpflichtung trifft, soweit sie die Abfälle nicht in eigenen Anlagen beseitigen oder überwiegende öffentliche Interessen eine Überlassung erfordern. Bei Einhaltung der genannten öffentlich-rechtlichen Vorschriften, das heißt bei einer ordnungsgemäßen Beseitigung gewerblicher Abfälle in eigenen Anlagen, besteht die Überlassungspflicht mithin nicht, es sei denn dass überwiegende öffentliche Interessen eine Überlassung erfordern. Dieser gesetzlichen Bestimmung trägt die angefochtene Satzungsregelung - klarstellend - Rechnung.

32

Der - zulässige - Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Gebührensatzung ist begründet.

33

Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Satzung bestehen allerdings nicht. Eine Unwirksamkeit der Satzung kann nicht mit dem vom Antragsteller behaupteten Verstoß gegen § 2 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 6 des zwischen dem Kreis Ostholstein und dem Zweckverband Ostholstein geschlossenen Vertrages vom 23. Juni / 30. Juni 2004 hergeleitet werden. In diesem Vertrag hat der Kreis Ostholstein dem Beklagten - in Ersetzung des Beitrittsvertrages vom 3./16. Mai 1994 - auf der rechtlichen Grundlage der §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 S. 1, 18 Abs. 1 GkZ, § 3 Abs. 4 S. 1 LAbfWG die Aufgabe der öffentlichen Abfallentsorgung im Kreis Ostholstein übertragen sowie nunmehr mit Wirkung vom 1. Januar 2005 auch das Satzungsrecht. Der Zweckverband wurde insoweit öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger. Gemäß § 2 Abs. 2 des Vertrages erfolgte die Übertragung des Satzungsrechts - insbesondere das Recht zum Erlass, zur Änderung und Aufhebung von Abfallwirtschafts- und Abfallgebührensatzungen - mit Wirkung zum 1. Januar 2005. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 des Vertrages verpflichtet sich der Antragsgegner, vor abschließenden Beschlussfassungen über den Erlass, die Änderung oder Aufhebung von Abfallgebührensatzungen beziehungsweise Entgeltordnungen dem Landrat die dem Entwurf zugrunde liegenden Kalkulation zu übermitteln, um der zuständigen Stelle der Kreisverwaltung innerhalb einer Frist von 20 Werktagen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Übertragung des Satzungsrechtes in § 2 Abs. 2 Satz 1 des Vertrages erfolgte - insbesondere hinsichtlich des Rechts zum Erlass, zur Änderung und Aufhebung von Abfallwirtschafts- und Abfallgebührensatzungen - ohne Einschränkungen. Das entsprechende Satzungsrecht ist damit mit Wirkung zum 1. Januar 2005 übergegangen, unabhängig davon, ob die in § 2 Abs. 2 Satz 3 des Vertrages eingegangene Verpflichtung erfüllt wird. Die Frage, ob vorliegend vor Beschlussfassung über die 3. Nachtragssatzung zur Gebührensatzung dem Landrat des Kreises Ostholstein die zugrundeliegende Kalkulation übermittelt wurde, um der zuständigen Stelle der Kreisverwaltung innerhalb einer Frist von 20 Werktagen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ist für das wirksame Zustandekommen der vorliegenden Satzung mithin unerheblich.

34

Der Gebührensatz in § 4 Abs. 2 und Abs. 3 Buchstabe a und b in der Fassung der 3. Nachtragssatzung ist rechtswidrig. Zum einen ist der Gebührensatz rechtswidrig, weil er fehlerhaft kalkuliert wurde (siehe dazu unten).

35

Zum anderen führt die unzulässige kumulative Erhebung einer zur Abdeckung von 30% der Gesamtkosten erhobenen Behältergebühr (Sockelgebühr) neben einer Jahresbehältergebühr zur Unwirksamkeit des in § 4 Abs. 2 und Abs. 3 Buchstabe a und b geregelten Gebührensatzes. Der Senat hat zur Frage der Wirksamkeit des Gebührensatzes in der für das Erhebungsjahr 2011 maßgeblichen zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Gebührensatzung vom 24. Oktober 2010 im zeitgleich verhandelten Verfahren 4 LB 45/14 zu dieser Problematik folgendes entschieden:

36

„Die Erhebung sogenannter „Jahresmindestgebühren“ gemäß § 4 Abs. 2 AGS verstößt gegen höherrangiges Recht. Die Satzungsregelung ist daher insoweit nichtig und die darauf beruhende Veranlagung rechtswidrig.

37

Der Senat teilt die Auffassung des Beklagten, dass es sich bei der „Jahresmindestgebühr“ gemäß § 4 Abs. 2 AGS nicht um eine Mindestgebühr im Rechtssinne handelt. Die Mindestgebühr ist eine Benutzungsgebühr, die sich - anders als die Grundgebühr - jeweils insoweit am Maß der Inanspruchnahme orientiert, als bis zu einer bestimmten Grenze, die nach der (durchschnittlichen) Mindestinanspruchnahme zu bemessen ist, eine Pauschalgebühr erhoben wird, die dem Abgabengläubiger die Feststellung der Verbrauchs- oder Leistungsmenge in den betroffenen Fällen und insoweit die Berechnung der Gebühr erspart (BVerwG, Urt. v. 01.08.1986 - 8 C 120.84 -, NVwZ 1987, 79, s. auch Urt. v. 01.12.2005 - 10 C 4.04 -, NVwZ 2006, 589). Eine solche, nur für Kleinsthaushalte geltende Mindestgebühr erhebt der Beklagte nicht, sondern eine Teil-Behältergebühr, gestaffelt nach dem Behältervolumen. Da es auf die Bezeichnung nach dem Wortlaut der Gebührensatzung nicht ankommt, kann dahinstehen, ob Mindestgebühren nach dem Abfallgebührenrecht des Landes Schleswig-Holstein erhoben werden dürfen. Der Senat merkt gleichwohl an, dass schon § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG der Erhebung von Mindestgebühren entgegenstehen dürfte.

38

Nach § 5 Abs. 2 LAbfWG richtet sich die Erhebung von Abfallgebühren nach dem KAG Schleswig-Holstein mit verschiedenen Maßgaben. Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG können im Rahmen des Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzips entsprechend den Abfallmengen gestaffelte Gebühren erhoben werden. Diese Maßgabe wäre überflüssig, wenn damit nur das Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzip als maßgeblich für das Abfallgebührenrecht bestimmt werden sollte. Das Äquivalenzprinzip ist als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dem Begriff der Gebühr immanent (BVerfG, Beschl. v. 11.10.1966 - 2 BvR 179/64 u.a. -, BVerfGE 20, 247, 270 u. Beschl. v. 07.02.1991 - 2 BvR 24/84 -, BVerfGE 83, 363, 392). Das Kostendeckungsprinzip ist ausdrücklich in § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG als Bemessungsgrundlage für die Benutzungsgebühr festgelegt. Demnach bleibt als Maßgabe nur die Erhebung entsprechend den Abfallmengen gestaffelter Gebühren. Da die Mindestgebühr sich an der durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme der Einrichtung zu orientieren hat (BVerwG, Urt. v. 01.08.1986 - 8 C 112.84 -, KStZ 1987, 11), mithin eine Pauschalgebühr ist, ist sie jedenfalls als solche keine nach Abfallmengen gestaffelte Gebühr. Dem Wortlaut der Maßgabe des § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG kann nicht entnommen werden, dass - abweichend von § 6 KAG - im Abfallgebührenrecht die Erhebung einer Mindestgebühr zulässig sein soll. Die Maßgabe war bereits in der Ursprungsfassung des § 5 Abs. 2 (seinerzeit Nr. 1) des LAbfWG von 1991 enthalten. In der Begründung (LT-Drs. 12/1432 S. 39 f.) heißt es, Nr. 1 stelle klar, dass zur Schaffung von Anreizen zur dringend gebotenen Abfallvermeidung eine Staffelung der Benutzungsgebühren in Abhängigkeit zur Menge der der entsorgungspflichtigen Körperschaft jeweils überlassenen Abfälle zulässig ist. Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze seien so zu staffeln, dass sie den unterschiedlichen Ausmaßen der erbrachten Leistung Rechnung tragen. Von der Zulässigkeit einer Mindestgebühr, die der Abfallvermeidung entgegenwirkt, ist nicht die Rede.

39

Aus der Maßgabe des § 5 Abs. 2 Nr. 3 LAbfWG lässt sich Gegenteiliges nicht entnehmen. Danach können u.a. benutzungsunabhängige Betriebskosten (Fixkosten) der vorgehaltenen Bioabfallentsorgung in die Bemessung von Abfallentsorgungsgebühren einbezogen werden. Können danach - ohne tatsächliche Inanspruchnahme der Bioabfallentsorgung - die Fixkosten in die Bemessung der (allgemeinen) Abfallgebühr einbezogen werden, lässt sich daraus nur der Schluss ziehen, dass nach der später in das Gesetz aufgenommenen Maßgabe Nr. 3 im Rahmen der Bioabfallentsorgung neben der Einbeziehung von Fixkosten der Bioabfallentsorgung in die allgemeine Gebühr noch eine Zusatzgebühr (Leistungsgebühr) im Fall der tatsächlichen Inanspruchnahme erhoben werden kann (muss).

40

Selbst wenn man die Auffassung, dass schon gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 LAbfWG die Erhebung einer Mindestgebühr ausgeschlossen ist, nicht teilt, weil die Mindestgebühr nicht isoliert zu betrachten sei, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Dann findet gemäß § 5 Abs. 2 LAbfWG § 6 KAG - insoweit ohne Maßgabe - Anwendung. Nach § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG sind Benutzungsgebühren grundsätzlich nach dem Umfang und der Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zu erheben. Abweichend von diesem Grundsatz können gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG Benutzungsgebühren (auch) als Grundgebühren und Zusatzgebühren erhoben werden. Die Mindestgebühr findet auch hier keine Erwähnung. Richtig ist, dass die Mindestgebühr eine Leistungsgebühr ist. Sie ist aber eine Pauschalgebühr, die sich als solche nicht nach dem Umfang der Inanspruchnahme richtet. Soweit der früher für das Gebührenrecht zuständige 2. Senat des OVG Schleswig die Auffassung vertreten hat, dass Benutzungsgebühren auch in Gestalt von Mindestgebühren erhoben werden können (vgl. Urt. v. 02.09.2010 - 2 LB 8/10 - zur Schmutzwassergebühr unter Bezugnahme auf eine ältere Entscheidung des OVG Lüneburg, Urt. v. 17.08.1977 - III C 4/77 -, Die Gemeinde 1977, 401 zur Abfallgebühr), vermag der erkennende Senat dem nicht zu folgen. Die dafür gegebene Begründung, auch unter der Geltung des Preußischen KAG seien Gemeinden zur Erhebung von Grund-, Zusatz- und Mindestgebühren ohne spezielle gesetzliche Ermächtigung befugt gewesen, überzeugt nicht. Gesetzesänderungen bringen Rechtsänderungen mit sich. Der Landesgesetzgeber hat für die Erhebung von Benutzungsgebühren eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage geschaffen und speziell geregelt, in welcher Form Benutzungsgebühren erhoben werden dürfen, für die Erhebung einer Mindestgebühr aber - anders als andere Landesgesetzgeber - keine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, obwohl ihm die Rechtslage nach dem Preußischen KAG bekannt gewesen sein dürfte. In der Gesetzesbegründung (LT-Drs. VI/920 S. 25) wird zwar nicht ausdrücklich ausgeführt, dass neben der sogenannten Anschlussgebühr auch die Möglichkeit der Erhebung der Mindestgebühr entfällt. Zur Grundgebühr wird aber ausführlich Stellung genommen, während die Mindestgebühr, die ebenfalls der Rechtfertigung und der Erörterung bedurft hätte, auch in der Gesetzesbegründung keine Erwähnung findet. Auch die Behauptung, die Aufzählung in § 6 Abs. 4 KAG sei lediglich beispielhaft, steht weder mit dem Wortlaut des Gesetzes noch mit der Begründung im Einklang. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG können in Abweichung von dem Grundsatz der Bemessung der Gebühr nach Umfang und Art der Inanspruchnahme Benutzungsgebühren als Grund- und Zusatzgebühren erhoben werden. Dem Wortlaut fehlt jeder Zusatz, der eine erweiternde Auslegung eröffnen und Anhaltspunkte für eine nur beispielhafte Aufzählung sein könnte. Der Wortlaut ist vielmehr abschließend. Auch die Gesetzesbegründung spricht nur davon, dass Satz 1 die Erhebung von Benutzungsgebühren in Form von Grundgebühren und Zusatzgebühren gestatte.

41

Im Übrigen besteht für die Erhebung von Mindestgebühren regelmäßig kein Bedürfnis. Mindestgebühren ersparen dem Abgabengläubiger bei geringfügiger Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung die Messung der Verbrauchs- und Leistungsmenge. Für die Erhebung einer Mindestgebühr ist kein Raum, wenn auch geringe Verbrauchsmengen - wie zum Beispiel bei der Wasserversorgung - gemessen werden oder wenn - wie bei der Abwasserbeseitigung - Maßstab die bezogene Frischwassermenge ist. Im Abfallgebührenrecht findet regelmäßig der Behältermaßstab Anwendung. Insoweit wirkt sich die Bemessung der Gebühr nach dem geringsten Behältervolumen im Zusammenhang mit dem längsten Abfuhrrhythmus wie eine Mindestgebühr aus (siehe OVG Schleswig, Urt. v. 09.11.1991 - 2 L 149/91 -, Die Gemeinde 1992, 160). Eine solche „faktische Mindestgebühr“ ist unvermeidliche Folge der Wahl eines zulässigen Maßstabes und deshalb auch nicht zu beanstanden, wenn das Landesrecht die Erhebung einer Mindestgebühr nicht vorsieht.

42

Die sogenannte „Jahresmindestgebühr“ des § 4 Abs. 2 AGS ist keine Grundgebühr. Der Beklagte führt selbst aus, dass der Begriff „Jahresmindestgebühr“ vom Satzungsgeber in Abgrenzung zur Grundgebühr gewählt wurde. Die Erhebung einer Grundgebühr wäre auch deshalb rechtswidrig, weil die Grundgebühr eine spezielle Gebühr für die Inanspruchnahme der Vorhalteleistung ist (OVG Schleswig, Beschl. v. 24.08.2001 - 2 M 65/01 -, NordÖR 2001, 403 u. Urt. v. 17.01.2001 - 2 L 9/00 -, NordÖR 2001, 307), die der Abdeckung nicht variabler Kosten dient. Die „Jahresmindestgebühr“ des § 4 Abs. 2 AGS soll dagegen einen bestimmten Prozentsatz (ca. 30 %) der Gesamtkosten abdecken, die wesentlich durch Fremdleistungskosten bestimmt werden, die keine variablen Kosten sind (siehe OVG Schleswig, Urt. v. 15.03.2006 - 2 LB 9/05 -, NordÖR 2006, 263).

43

Die vom Beklagten nach § 4 Abs. 2 AGS erhobene „Jahresmindestgebühr“ ist eine Teil-Behältergebühr, die - wie der Beklagte in der Berufungserwiderung zutreffend ausgeführt hat - schlicht der Deckung eines Teils (ca. 30 %) des Gebührenbedarfs dient, bemessen nach dem Nennvolumen des zur Verfügung gestellten Behälters. Es handelt sich mithin um eine Art „Sockelgebühr“, für die die vorstehenden Ausführungen zur Mindestgebühr erst recht gelten und die weder im LAbfWG noch im KAG eine Grundlage findet.

44

Soweit das Verwaltungsgericht ausführt, dass nach den Regelungen der Gebührensatzung bei einem Ein-Personen-Haushalt im Ergebnis (gemeint ist die Gesamtbelastung durch die Jahresmindestgebühr und die Zusatzgebühr bei vierwöchentlicher Abfuhr) zu einer (faktischen) Mindestgebühr in Höhe von jährlich 89,98 Euro führe, die nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum Maßstab der tatsächlichen Inanspruchnahme stehe, spricht es nur das Äquivalenzprinzip an, dem jede Gebührenbelastung genügen muss. Auch die (faktische) Mindestgebühr muss aber der anzunehmenden durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme entsprechen. Dem steht die Erhebung einer Einheitsgebühr für das 80-Liter-Gefäß für Ein- bis Vier-Personenhaushalte entgegen (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 09.11.1991, a.a.O.), auch wenn damit nur ein prozentualer Anteil des Gesamtgebührenbedarfs gedeckt werden soll (siehe hierzu auch die nachfolgenden Ausführungen).

45

Der Entsorgungsträger ist allerdings nicht gehindert, den zulässigen Behältermaßstab zu modifizieren. Es trifft nicht zu, dass die Gebührensatzung grundsätzlich keine kleinere Leistungseinheit als Maßstab für die Gebührenbemessung wählen kann als den kleinsten zur Verfügung gestellten Behälter. Der Beklagte selbst hat in der Vergangenheit bei Zurverfügungstellung eines 80-Liter-Gefäßes als kleinsten Behälter eine (weitere) Differenzierung der Gebühr nach der Anzahl der auf dem Grundstück lebenden Personen durch Satzung geregelt. Dagegen lassen sich Bedenken nicht erheben. Ob die seinerzeitigen Abschläge nach dem alten Gebührensystem für Ein- bis Dreipersonenhaushalte den überlassenen Abfallmengen entsprochen haben, ist eine andere Frage, die hier keiner Erörterung bedarf. Der Entsorgungsträger wäre auch nicht gehindert, Einheitsbehälter für Haushalte zur Verfügung zu stellen und die Gebühr nach der „gebuchten“ beziehungsweise der unter Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten anfallenden Abfallmenge zu bemessen, wobei durch Markierung am Gefäß deutlich gemacht wird, bis zu welchem Verfüllungsgrad die Abfallentsorgung (ohne Gebührenmehrbelastung) in Anspruch genommen werden kann. In dieser Weise wird von anderen Entsorgungsträgern (z.B. dem Kreis Rendsburg-Eckernförde) verfahren. Die Frage nach der Zurverfügungstellung eines 40-Liter-Behälters stellt sich daher nicht. Dem Entsorgungsträger ist auch nicht verwehrt, die Gebühr kostenorientiert zu bemessen, das heißt nach Leistungsbereichen (Entleerung, Transport und Beseitigung) zu unterscheiden, um so dem Umfang und der Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung bei der Gebührenbemessung in besonderer Weise Rechnung zu tragen. Allerdings kommt eine solche differenzierte kostenorientierte Gebührenbemessung nur in Betracht, soweit dem Entsorgungsträger nach Leistungsbereichen zu unterscheidende Kosten entstehen, die eine Zuordnung allein nach dem Behältervolumen nicht als verursachungsgerecht erscheinen lassen.

46

Der Beklagte hat mehr oder weniger willkürlich die „Jahresmindestgebühr“ auf der Grundlage eines Anteils am Gesamtaufwand in Höhe von ca. 30 % kalkuliert. Für den Senat ist nicht ersichtlich, wie der Beklagte den Prozentsatz ermittelt hat. In der Sitzungsvorlage der Verbandsversammlung vom 24. Juni 2010 (zum Tagesordnungspunkt 7 b, S. 4) heißt es dazu: Die Mindestgebühr richte sich nicht an dem absoluten Minimum einer Inanspruchnahme der Einrichtung, sondern an der durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme aus. Sie finanziere demgemäß ca. 30 % der Gesamtkosten der Einrichtung. Letzteres macht nur das Fehlverständnis des Beklagten vom Wesen der Mindestgebühr deutlich. Die nach § 4 Abs. 2 AGS von allen Benutzern der Restabfallentsorgung zu erhebende „Sockelgebühr“ steht mit der durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung durch Kleinsthaushalte in keinem sachlichen Zusammenhang.

47

Den jährlichen Gebührenbedarf für die Entsorgung des Restabfalls (ohne Bedarfs- und Mehrfachabfuhr) in Höhe von ca. 13,7 Mio Euro hat der Beklagte nach einem Durchschnitt für drei Jahre abzüglich einer Dividende in Höhe von 400.000,-- Euro errechnet. Der danach durch die „Jahresmindestgebühr“ zu deckende Kostenanteil beträgt 4.092.253,-- Euro. Dieser Betrag wird durch sogenannte Mindestgebühreneinheiten geteilt. Die Mindestgebühreneinheiten (65.386) errechnen sich aus einem Faktor (0,8 für 80-Liter-Gefäße bzw. 1,0 - 5,0 für die 120-Liter-Gefäße bis 1.100-Liter- Gefäße) multipliziert mit der Anzahl der Behälter. Ergebnis ist ein Betrag in Höhe von 62,59 Euro pro Mindestgebühreneinheit. Dieser Betrag wird in einem 2. Schritt wieder mit dem Faktor der jeweiligen Behältergröße multipliziert, sodass sich (in etwa) die in der Gebührensatzung festgelegten „Jahresmindestgebühren“ errechnen. Danach wird der durch die „Mindestgebühr“ zu deckende Gebührenbedarf von den Grundstückseigentümern, denen ein 80-Liter-Gefäß zur Verfügung gestellt wird, in Höhe eines Betrages von 2.720.975,04 Euro (54.376 Behälter x 50,04 Euro) gedeckt. Dies sind ca. 66,5 % des durch die Mindestgebühr zu deckenden Gebührenbedarfs, während die Behälterkapazität der 80-Liter-Gefäße nur bei 53,41 % der gesamten Behälterkapazitäten liegt.

48

Die Anwendung von Faktoren zur Ermittlung der Mindestgebühreneinheit und die damit verbundene degressive Steigerung der „Mindestgebühr“ begründet der Beklagte damit, dass der spezifische Aufwand, zum Beispiel die in etwa gleich hohen Anfahrkosten unabhängig von der Behältergröße, pro entsorgtem Liter abnehme. Die vorgenommene Behältergrößenfaktorisierung erfolge gemäß anerkannter Literatur- und Branchenwerte. Nach überschlägigen Überprüfungen lägen auch keine Erkenntnisse vor, die ein Abweichen von diesen Werten in Ostholstein begründen würden (S. 3 der Sitzungsvorlage zur Verbandsversammlung zum Tagesordnungspunkt Nr. 7 b). Erstinstanzlich hat der Beklagte ergänzend vorgetragen, ein 80-Liter-Gefäß sei nicht für 2/3 des Anschaffungsaufwandes eines 120-Liter-Gefäßes zu erwerben. Der zeitliche Aufwand für eine Leerung und die Anschaffung entspreche vielmehr dem typischen Verhältnis von 80 % im Vergleich zu einem 120-Liter-Gefäß. Für den Senat ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass aus den vorgenannten Gründen der Entsorgungsaufwand der ZVO Entsorgung GmbH pro Liter überlassenen Abfalls mit zunehmender Behältergröße abnimmt, dies hat jedoch keine entsprechende Auswirkung auf die Fremdleistungskosten, die der Beklagte pro Liter zu tragen hat und die anteilig durch die „Mindestgebühr“ gedeckt werden sollen, weil nach dem Entsorgungsvertrag pro Liter gleich hohe Beträge in Rechnung gestellt werden (im Kalkulationsjahr 2010 ca. 1,51 Euro pro Liter sowohl für das 80-Liter-Gefäß als auch für das 120-Liter-Gefäß). Entstehen beim Entsorgungsträger gleich hohe Kosten pro Liter des zur Verfügung gestellten Behälters, kann der unterschiedliche Entsorgungsaufwand des Fremdleisters pro Liter eine Gebührendifferenzierung aus Kostengründen nicht rechtfertigen. Die Anschaffungskosten für Behälter dürften kaum ins Gewicht fallen, sie sind zudem entsprechend ihrer Lebensdauer kalkulatorisch auf mehrere Jahre zu verteilen.

49

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts lässt sich die relative Mehrbelastung der Benutzer, denen ein 80-Liter-Gefäß zur Verfügung gestellt wird, auch nicht mit unterschiedlichen Vorteilen begründen. Richtig ist, dass die Gebühr ein Vorteilsentgelt ist. Die Bemessung der Gebühr hat sich aber gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG nach der überlassenen Abfallmenge beziehungsweise gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG grundsätzlich nach dem Umfang und der Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zu richten. Führt die Inanspruchnahme der Einrichtung über ein 80-Liter- Gefäß beim Entsorgungsträger nicht zu höheren Kosten pro Liter, besteht auch kein Grund für eine weitere Gebührendifferenzierung.

50

Die Mehrbelastung der Nutzer von 80-Liter-Gefäßen kann auch nicht mit dem Füllgrad gerechtfertigt werden. Vielmehr liegt der Füllgrad nach der vom Beklagten in Auftrag gegebenen Untersuchung bei den 120-Liter- und 240-Liter-Behältern über dem der 80-Liter-Gefäße (eine Ausnahme besteht bei Grundstücken, die von mehr als 3 Personen bewohnt werden und denen nur ein 80-Liter-Gefäß zur Verfügung gestellt wird). Etwas anders stellt sich die Sachlage beim Vergleich der Schütt- und Raumdichte dar. Jedenfalls dann, wenn auch eine Biotonne vorhanden ist, ist die Schütt- und Raumdichte bei den 120-Liter- und 240-Liter-Behältern regelmäßig geringer als bei den Haushalten, die über einen 80-Liter-Behälter verfügen. Die Füllgrade und die Schüttdichte beziehungsweise Raumdichte bei Verwendung von 770-Liter- und 1. 100-Liter- Behältern wurden von dem Beklagten nicht untersucht, sodass sich insoweit keine Aussage treffen lässt, ob insbesondere im Hinblick auf die Menge des überlassenen Abfalls pro Liter Gefäßinhalt wesentliche Abweichungen bestehen.

51

Die relative Mehrbelastung der Grundstückseigentümer, denen ein 80-Liter-Gefäß zur Verfügung gestellt wird, findet demnach weder aus Kostengründen noch wegen des Umfangs und der Art der überlassenen Abfallmenge eine Rechtfertigung. Entscheidend kommt hinzu, dass die Mindestgebühr für die 80-Liter-Gefäße unterschiedslos erhoben wird, unabhängig davon, welcher Abfuhrrhythmus gewählt wird und wie viele Personen auf dem Grundstück wohnen. Füllgrade, Schütt- und Raumdichte liegen bei vierwöchiger Leerung häufig sogar unter den Werten der zweiwöchigen Leerung. Schließlich steigt der Abfall mit der zunehmenden Zahl der auf dem Grundstück lebenden Personen. Insoweit ist allerdings keine lineare Steigerung festzustellen, gleichwohl wirkt sich die undifferenzierte „Mindestgebühr“ für Grundstücke mit 80- Liter-Gefäßen zum Nachteil der Ein- und Zwei-Personen-Haushalte aus (insbesondere bei Wahl des vierwöchentlichen Abfuhrrhythmus). Eine Ermäßigung der „Mindestgebühr“ für Grundstücke, auf denen nur eine Person wohnt, sieht die Satzung nicht vor. Gemäß § 4 Abs. 3 letzter Absatz wird nur die Leistungsgebühr bei vierwöchiger Leerung bei einem Ein-Personen-Haushalt um 20 % ermäßigt. Nach § 18 Abs. 6 Satz 1 der Abfallwirtschaftssatzung des Beklagten in der Fassung der 3. Nachtragssatzung können für maximal zwei benachbarte anschlusspflichtige Grundstücke auf schriftlichen Antrag ein oder mehrere gemeinsame Abfallbehälter (Nachbarschaftstonne) mit ausreichenden Kapazitäten gemäß Abs. 4 und 5 zugelassen werden. Diese Ausnahmeregelung auf Antrag und im Einvernehmen mit einem Nachbarn ändert aber nichts an der unverhältnismäßigen Mehrbelastung der übrigen mit 80-Liter-Gefäßen ausgestatteten Grundstücken, deren Eigentümer zu einer Einheitsgebühr für die Inanspruchnahme von 80-Liter-Gefäßen zur Finanzierung des 30%igen Gebührenbedarfs herangezogen werden.

52

Als Grund für die Einführung des neuen Gebührensystems ab 2011 wird in der Sitzungsvorlage für die Verbandsversammlung am 24. Juni 2010 die demographische Entwicklung angeführt. Die Anzahl kleiner Haushalte werde stark zunehmen, während die Anzahl der großen Haushalte abnehme. Bereits heute (Stand: 2010) seien 78,46 % aller Restabfallbehälter 80-Liter-Behälter. Auf die Gruppe der Ein- bis Zwei- Personen-Haushalte entfielen 44,5 %. Verändere der Kunde sein Leistungsintervall von zweiwöchiger auf vierwöchentliche Abfuhr oder reduziere sich die Zahl der auf dem Grundstück angeschlossenen Personen, führe dieser Umstand (nach dem alten Gebührensystem) zu einer Gebührenreduzierung bei dem Kunden, der ZVO zahle aber trotzdem weiterhin den gleichen Preis nach dem Entsorgungsvertrag an die ZVO Entsorgung GmbH, weil danach unabhängig vom Leerungsintervall und den angeschlossenen Personen ein Entgelt lediglich abhängig vom bereitgestellten Volumen (80- oder 120-Liter) zu zahlen sei. Dies macht deutlich, dass der wesentliche Grund für die befürchtete zukünftige Unterdeckung der Fremdleistungskosten nicht das Gebührensystem als solches ist, sondern die Entgeltregelung des Entsorgungsvertrages. Der Entsorgungsvertrag ist allein maßgeblich für die Bemessung der (erforderlichen) Fremdleistungen und vermag die Einführung einer „Sockelgebühr“ nicht zu begründen. Die Bemessung der Gebühr hat sich nach dem Gesetz zu richten. § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG schreibt in Verbindung mit dem KAG - wie ausgeführt - die Erhebung gestaffelter Gebühren entsprechend den Abfallmengen beziehungsweise nach Umfang und Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung vor. Dem entsprach das alte Gebührensystem, nachdem die Gebühr nach der Größe des Behälters mit Abschlägen für Ein- bis Drei-Personen-Haushalte bei Verwendung eines 80- Liter-Gefäßes zu bemessen war. Der Umstand, dass nach der vom Beklagten in Auftrag gegebenen Untersuchung die Abschläge nicht den überlassenen Abfallmengen entsprochen haben dürften, rechtfertigt nicht die (teilweise) Abkehr von einem nach Abfallmengen gestaffelten Gebührenmaßstab und die Einführung von (Teil-)Einheitsgebühren, je nach Behältergröße.“

53

Diese Überlegungen gelten hier entsprechend.

54

Der einzige Unterschied zwischen den Regelungen der im Verfahren 4 LB 45/14 maßgeblichen und der im vorliegenden Normenkontrollverfahren angegriffenen Gebührensatzung sind terminologischer Art: Statt „Mindestgebühr“ verwendet die vorliegend zu beurteilende Satzung den Begriff „Behältergebühr“ und statt des Begriffes „Jahresmindestgebühren“ den Begriff „Jahresbehältergebühren“. Im Übrigen sind die Regelungen im jeweiligen §4 Abs. 2 der Satzungen „baugleich“. Die terminologische Vermeidung der Begriffe „Mindestgebühr“ und „Jahresmindestgebühren“ vermag nichts daran zu ändern, dass eine (Teil-)Einheitsgebühr zur Finanzierung des 30prozentigen Gebührenbedarfs erhoben wird, ohne Berücksichtigung der Zahl der auf dem Grundstück lebenden Personen und des Abfuhrrhythmus. Unbeschadet der verwendeten Begrifflichkeit liegt keine an der „durchschnittlichen“ Mindestinanspruchnahme der Abfallbeseitigung orientierte Gebühr vor, sondern die Einführung einer (Teil)Einheitsgebühr unter Abkehr von einem nach Abfallmengen gestaffelten Gebührenmaßstab.

55

Die Unzulässigkeit der Erhebung der „Einheitsgebühr“ in § 4 Abs. 2 der Gebührensatzung wirkt sich auf die Rechtmäßigkeit der Jahresbehältergebühr in § 4 Abs. 3 Buchstabe a und b aus. Zwar könnte dem entgegengehalten werden, die Zusatzgebühr, mit der nur 70 % der Gesamtkosten abgedeckt werden sollen, sei nicht überhöht, sodass der Gebührenschuldner durch die Erhebung nur der Zusatzgebühr nicht in einen Rechten verletzt werde. Auch lässt sich im vorliegenden Fall die Rechtswidrigkeit der Zusatzgebühr nicht damit begründen, dass es dem Satzungsgeber überlassen bleiben müsse, ob er künftig eine einheitliche Benutzungsgebühr erhebt oder welchen Deckungsgrad er gegebenenfalls für die „Sockelgebühr“ vorsehen will (siehe hierzu OVG Schleswig, Urt. v. 24.11.1999 - 2 K 19/97 -, Die Gemeinde 2000, 46 zum Verhältnis von Grund- und Zusatzgebühr), weil die Erhebung der Sockelgebühr unzulässig ist. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Entsorgungsträger die Gesamtkosten kumulativ durch den Sockelbetrag und Leistungsgebühren decken wollte. Nach dem entsprechend anzuwendenden § 139 BGB ist die Gesamtnichtigkeit des Maßstabes anzunehmen, weil ohne die „Sockelgebühr“ die Zusatzgebühr ihren Sinn verliert.

56

Anders verhält es sich mit der Jahresgebühr für die 14tägige Abfuhr der Biotonne, §4 Abs. 3 Buchstabe c GS. Diese Gebühr wird als selbstständige Gebühr erhoben. Die Unwirksamkeit der Behältergebühr und der Jahresleistungsgebühr führt deshalb für sich genommen nicht zur Unwirksamkeit auch der Gebühr für die Abfuhr der Biotonne. Die Satzungsbestimmung in § 4 Abs. 3 Buchstabe c ist gleichwohl unwirksam, weil die der Gebühr in § 4 Abs. 2 und Abs. 3 Buchstabe a, b und c zugrundeliegende Gebührenkalkulation fehlerhaft ist. Der Senat hat im bereits angesprochenen Verfahren 4 LB 45/14 zu dieser Problematik folgendes ausgeführt:

57

„Die Gebührensätze des § 4 Abs. 2 und 3 AGS sind überhöht. Sie beruhen auf einer fehlerhaften Kalkulation.

58

Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG sollen Benutzungsgebühren so bemessen werden, dass sie die erforderlichen Kosten der öffentlichen Einrichtung decken (Kostendeckungsprinzip). Das Kostendeckungsprinzip beinhaltet einerseits das Kostendeckungsgebot und andererseits das Kostenüberschreitungsverbot. Ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot führt nach ständiger Rechtsprechung zur Nichtigkeit des Gebührensatzes (siehe nur OVG Schleswig, Urt. v. 24.06.1998 - 2 L 113/97 -, NordÖR 1998, 135).

59

Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG gehören zu den erforderlichen Kosten auch Entgelte für die zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe in Anspruch genommenen Leistungen Dritter, soweit die Beauftragung Dritter unter Beachtung der Vorschriften des Vergaberechts erfolgt ist. Die ZVO Entsorgung GmbH ist Dritter in diesem Sinne.

60

Zu der in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG enthaltenen Befugnis der eigenverantwortlichen Führung kommunaler Geschäfte gehört auch die Organisationshoheit. Diese umfasst die Befugnis, die Art und Weise der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben zu organisieren. Dabei verpflichtet der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit die Kommune, ihre Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen (BVerfG, Urt. v. 20.02.2007 - 2 BvR 2433/04 u.a. -, BVerfGE 119, 331, 367; BVerwG, Urt. v. 23.08.2011 - 9 C 2.11 -, BVerwGE 140, 245, 249; OVG Weimar, Beschl. v. 23.02.2012 - 4 ZKO 711/11 -, ThürVBl. 2012, 279; VGH Mannheim, Urt. v. 16.02.2009 - 1 S 3263/08 -, ESVGH 60, 160). Hinsichtlich der Reichweite und Modalitäten der Einschaltung privater Dritter Näheres zu bestimmen, unterliegt (regelmäßig) der Regelung durch den Landesgesetzgeber. Das lässt indes die Aufgabenträgerschaft der Kommune als solche grundsätzlich unberührt. Die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgte Organisationshoheit erlaubt der Kommune jedenfalls nicht, sich einer ihr gesetzlich zugewiesenen öffentlichen Aufgabe ohne gleichermaßen gesetzliche Ermächtigung mit „schuldbefreiender“ - besser pflichtenbefreiender - Wirkung zu entledigen (BVerwG, Beschl. v. 28.02.2013 - 8 B 60.12 -, Juris). Entsprechendes gilt für den Beklagten, dem der Kreis Ostholstein die Aufgabe der Abfallbeseitigung übertragen hat.

61

Nach § 22 KrWG (früher § 16 KrW/AbfG) darf der Entsorgungsträger Dritte mit der Erfüllung seiner Pflichten beauftragen. Weder das Bundes- noch das Landesrecht enthalten oder enthielten Einschränkungen hinsichtlich des Umfangs der Beauftragung.

62

Deshalb hat das Oberverwaltungsgericht Schleswig (Urt. v. 24.06.1998, a.a.O.) auch die umfängliche Übertragung der Aufgabenerfüllung der Abfallentsorgung auf einen privaten Dritten als zulässig erachtet. Es hat aber im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Kosten bei umfänglicher Beauftragung Dritter gefordert, dass die entsorgungspflichtige Körperschaft, bevor sie Dritte mit der Erfüllung der Aufgabe der Abfallbeseitigung beauftragt, grundsätzlich prüft, ob sie ihre Aufgabe nicht in eigener Regie kostengünstiger erfüllen könnte (sog. Regiekostenvergleich) und entschieden, dass eine Auftragsvergabe unter Verstoß gegen das Ausschreibungsgebot des §29 GemHVO a.F. dann das Kostenüberschreitungsverbot verletzt, wenn dadurch Mehrkosten (z.B. schon wegen des vom Dritten einkalkulierten Gewinns oder anfallender Steuern, die bei Wahrnehmung der Aufgabe in Eigenregie nicht anfallen) entstehen. Der Entsorgungsträger könne (im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Entsorgungskosten) nur so gestellt werden, als erfülle er die Aufgabe ohne die (umfängliche) Inanspruchnahme eines Dritten.

63

Der Gesetzgeber hat in Reaktion auf diese Entscheidung den § 6 KAG geändert und eine der heutigen Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG entsprechende Regelung (§ 6 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F.) in das Gesetz eingefügt (GVOBl. 1998, 345). Die Rechtsprechung zum sogenannten Regiekostenvergleich hat sich durch diese Gesetzesänderung erledigt (OVG Schleswig, Urt. v. 16.02.2005 - 2 LB 109/03 -, Juris). Der Gesetzgeber hat billigend in Kauf genommen, dass insbesondere bei umfänglicher Vergabe der Entsorgungsleistungen an private Dritte schon deshalb, weil diese im Gegensatz zur öffentlichen Hand nicht steuerbegünstigt sind, die Gebührenbelastung der Gebührenschuldner erheblich steigen kann, weil nunmehr Entgelte für in Anspruch genommene Leistungen Dritter - wenn die Vorschriften des Vergaberechts beachtet werden - kraft gesetzlicher Regelung erforderliche Kosten im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG sind. Auf die von den Klägern angesprochenen Mehrkosten der sogenannten „Privatisierung“ der Abfallentsorgung wegen anfallender Mehrwertsteuer und Mehrwertsteuererhöhungen kommt es daher nicht entscheidungserheblich an.

64

Die Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG kann nicht dahingehend verstanden werden, dass - im Umkehrschluss - bei Missachtung von Vergabevorschriften die infolge der Vergabe an private Dritte entstandenen Fremdleistungskosten keine erforderlichen Kosten sind. Der früher für das Gebührenrecht zuständige 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Schleswig hat hierzu bereits ausgeführt, dass eine derartige Rechtsfolge nicht mit dem Selbstfinanzierungsprinzip vollkostenrechnender Einrichtungen und dem Entgeltcharakter der Benutzungsgebühren als adäquater Gegenleistung für in Anspruch genommene Leistungen einer öffentlichen Einrichtung vereinbar wären (Urt. v. 13.02.2008 - 2 KN 3/06 -, NordÖR 2008, 236). Daran hält der erkennende Senat mit der klarstellenden Ergänzung fest, dass sowohl die Fremdleistungen als auch die Fremdleistungskosten zur Erfüllung der Aufgabe erforderlich sein müssen. Die Missachtung von Vergabevorschriften ist nur dann unbeachtlich, wenn auszuschließen ist, dass auch bei Einhaltung der Vorschriften Leistungen nicht kostengünstiger hätten erbracht werden können. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

65

Die Kläger machen geltend, die Vergabekammer habe in ihrem Beschluss vom 17. August 2004 (VK-SH 20/04) eine Reihe gravierender Verstöße gegen Vorschriften des Vergaberechts festgestellt, die nicht durch die Vergabekammer geheilt worden seien. Dies trifft zu, denn die Vergabekammer hat ungeachtet der auch nach ihrer Auffassung dem Grunde nach gebotenen Rückversetzung des Verfahrens (s. S. 31 des Umdrucks des Beschlusses) von einer Rückversetzung abgesehen, weil nach Einlassung des Beklagten die nach der Zulassung zum Verhandlungsverfahren freiwillig ausgeschiedenen fünf Bewerber aufgrund anderer als kalkulatorischer Erwägungen auf eine weitere Teilnahme am Verhandlungsverfahren verzichtet hätten und Gegenteiliges aus den Vergabeakten nicht zu entnehmen sei. Eingedenk dessen wäre es unter Berücksichtigung des berechtigten Interesses der Beteiligten an einem zügigen Fortgang des Verfahrens wohl unverhältnismäßig, alle für das Verhandlungsverfahren qualifizierten Bieter am weiteren Verfahren zu beteiligen. Die Einzelheiten der Gründe des Ausscheidens der fünf Bieter hatte der Beklagte wegen des noch laufenden Verhandlungsverfahrens nicht offenbart. Das Vergabeverfahren ist dann unter Beteiligung der Antragstellerin des Nachprüfungsverfahrens entsprechend der Entscheidung der Kammer fortgesetzt worden, weil der Beklagte jedenfalls den Ausschluss der Antragstellerin vom weiteren Verfahren - falls ein solcher überhaupt vorgelegen habe - aufgehoben hat. Der Umstand, dass ein weiteres Nachprüfungsverfahren nicht stattgefunden hat, macht die objektiv gegebenen Verfahrensverstöße nicht ungeschehen. Die Vergabekammer hat vielmehr allein im Hinblick auf die Antragstellerin des Nachprüfungsverfahrens keinen Verfahrensverstoß mehr gesehen, weil das Verfahren unter ihrer Beteiligung weiterzuführen war.

66

Gleichwohl sind die von der Vergabekammer festgestellten Verfahrensverstöße nur von sekundärer Bedeutung (siehe dazu unten), weil Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens die Ausschreibung des Erwerbs von Geschäftsanteilen an einer noch zu gründenden ZVO Abfallwirtschafts-GmbH (ZAG) war und nicht die Vergabe eines öffentlichen Auftrags, für den Beklagten die Abfallentsorgung durchzuführen.

67

Die Vergabe des Dienstleistungsauftrags nicht an die Bieter des durchgeführten Vergabeverfahrens, sondern an die zu gründende oder in Gründung befindliche Eigengesellschaft des Beklagten (ZAG) stand von vornherein fest. Zwar heißt es in der Vergabebekanntmachung vom 20. Februar 2004 unter Bezeichnung des Auftrags durch den Auftraggeber (Abschnitt II, 1.5): „Erwerb von 49,9 % der Geschäftsanteile an einer Eigengesellschaft des Auftragsgebers in Verbindung mit Abfallentsorgungsdienstleistungen“, unter 1.6 wird aber der Gegenstand des Auftrags näher beschrieben. Danach sollte mit der Anteilsveräußerung die Eigengesellschaft mit bestimmten Entsorgungsleistungen beauftragt werden. Die Anteilsveräußerung und die Auftragsvergabe sind insoweit verschiedene Vorgänge. Die Gesellschaftsanteile sollte einer der Bieter erwerben, während der Entsorgungsvertrag mit der ZAG ohne Beteiligung anderer Unternehmen an einem Vergabeverfahren geschlossen werden sollte. So ist auch verfahren worden. Der Beklagte hat durch Vertrag vom 15. Oktober 2004 seine Eigengesellschaft (ZAG) mit der Abfallentsorgung beauftragt. Der Vertrag trat gemäß § 15 am 1. Januar 2005 in Kraft. Daneben ist wie in der Präambel des Entsorgungsvertrages vorgesehen, in einem 2. Schritt die NAD-GmbH & Co. KG durch Veräußerung von Geschäftsanteilen auf der Grundlage des im Nachprüfungsverfahren streitgegenständlichen Vergabeverfahrens mit 49,9% ab dem 1. Januar 2005 an der ZAG beteiligt worden.

68

Die Vergabe des Dienstleistungsauftrags an die seinerzeitige 100%ige Tochter des Beklagten ist eine sogenannte de-facto-Vergabe. Nach der Richtlinie 92/50/EWG ist eine europaweite Ausschreibung eines öffentlichen Dienstleistungsvertrages grundsätzlich immer erforderlich, wenn der Schwellenwert - wie hier - überschritten ist. Demgegenüber kann der Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Abschluss eines Entsorgungsvertrages mit der ZAG zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, als deren Geschäftsanteile noch vollständig vom Beklagten gehalten wurden, die Vergabe mithin ein zulässiges „In-house-Geschäft“ gewesen sei. Zwar ist die Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, eine Ausschreibung vorzunehmen, aus Gründen der Rechtssicherheit normalerweise anhand der Bedingungen zu prüfen, die zum Zeitpunkt der Vergabe des fraglichen öffentlichen Auftrags vorlagen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Auftrag - wie hier - über eine mehrere gesonderte Schritte umfassende künstliche Konstruktion, nämlich die Gründung zunächst einer Eigengesellschaft, den Abschluss des Entsorgungsvertrages mit ihr und die Veräußerung von 49,9 % ihrer Anteile an die NAD GmbH, letztlich an ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen vergeben wurde; denn mit dem operativen Geschäft sollte erst am 1. Januar begonnen werden, d.h. zu dem Zeitpunkt, zu dem die NAD GmbH in die ZAG eingetreten ist. Die Vergabe eines solchen Auftrags ist dann unter Berücksichtigung der Gesamtheit dieser Schritte sowie ihrer Zielsetzung zu prüfen (EuGH, Urt. v. 10.11.2005 - RS C-29/04 -, Juris).

69

Die Ausschreibung der Veräußerung der Geschäftsanteile vermag die Ausschreibung des Dienstleistungsauftrags nicht zu ersetzen, auch wenn bei der Vergabe maßgeblich auf ein sogenanntes verbindliches Angebot zum Abschluss eines Entsorgungsvertrages auf der Basis eines nicht disponiblen Vertragsentwurfs abgestellt worden sein sollte. Abgesehen davon, dass die Bieter nicht Vertragspartei des Entsorgungsvertrages werden sollten, sondern nach Abschluss des Entsorgungsvertrages mit der ZAG zu einem späteren Zeitpunkt nur Minderheitsgesellschafter werden konnten, ist die Veräußerung von Geschäftsanteilen eines öffentlichen Auftragsgebers an privatrechtlich organisierte Gesellschaften (materielle Privatisierung) grundsätzlich vergaberechtsneutral. Etwas anderes kann nur in Ausnahmefällen - wie etwa bei Manipulation zur Umgehung vergaberechtlicher Gemeinschaftsvorschriften gelten (OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 29.04.2010 - 1 Verg 3/10 -, VergabeR 2010, 979 unter Bezugnahme auf EuGH, Urt. v. 19.06.2008, C-454/06, NJW2008, 3341 ff.). Demnach kann die Veräußerung von Geschäftsanteilen, wenn es sich um eine tatsächliche Änderung des Vertragspartners handelt, eine neue Auftragsvergabe bedeuten, mit der Folge, dass eine erneute Ausschreibung des Dienstleistungsvertrages erforderlich wird (siehe hierzu auch OLG Düsseldorf, Beschl. vom 28.07.2011- VII-Verg 20/11 -, KommJur 2012, 143).

70

Die Ausschreibung von Geschäftsanteilen statt der Ausschreibung des öffentlichen Dienstleistungsauftrags stellt sich demzufolge als eine versuchte Umgehung der Regelungen der Richtlinie 92/50/EWG dar.

71

Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen hat der erkennende Senat nach Landesrecht zu prüfen, ob die Ausschreibung und Veräußerung von Geschäftsanteilen in Verbindung mit dem Abschluss eines Entsorgungsvertrages, dessen Kriterien für die Vergabe ausschlaggebend sind, der Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 S. 3 KAG unterfällt. Dies ist zu verneinen.

72

Schon der Wortlaut der Regelung stellt darauf ab, dass die Beauftragung des Dritten (hier der ZAG) mit Leistungen zur Erbringung öffentlicher Aufgaben unter Beachtung des Vergaberechts erfolgt sein muss. Dass der Landesgesetzgeber nur die Ausschreibung und Vergabe von Aufträgen im Blick hatte, macht auch die Historie der Einführung der Regelung deutlich. Daraus folgt aber nicht ohne Weiteres, dass die der ZVO für Fremdleistungen der ZVO Entsorgung GmbH in Rechnung gestellten Entgelte nicht erforderlich sind. Wie ausgeführt, können Entgelte für Leistungen Dritter selbst dann erforderlich sein, wenn keine Ausschreibung stattgefunden hat.

73

Die Ausschreibung von Geschäftsanteilen bietet keine Gewähr dafür, dass Fremdleistungskosten erforderlich sind, selbst wenn bei der Vergabe maßgeblich auf ein sogenanntes „verbindliches“ Angebot zum Abschluss eines Entsorgungsvertrages abgestellt wird.

74

Schon die Bekanntgabe der Ausschreibung von Geschäftsanteilen in Verbindung mit Abfallentsorgungsdienstleistungen schließt potentielle Bieter aus, die nur an der Erbringung der Dienstleistung als solcher, nicht aber am Erwerb von Geschäftsanteilen interessiert sind. Der Beklagte hat zutreffend dargestellt, dass eine Wechselwirkung zwischen der Bereitschaft des Dritten, einen hohen Kaufpreis für vom öffentlichen Auftraggeber zu übernehmende Anlagegüter zu zahlen und dem Entsorgungsentgelt besteht. Entsprechendes gilt für die Bereitschaft, auf Geschäftsanteile zu bieten, wenn der Gewinn nach dem Entsorgungsvertrag entsprechend hoch ist. Jedenfalls ist das für den Geschäftsanteil zu leistende Entgelt eine zusätzliche finanzielle Belastung neben den Selbstkosten der Leistungserbringung. Hinzu kommt, dass der erwirtschaftete Gewinn der Gesellschaft bei einer 50%igen Beteiligung mit dem ZVO zu teilen ist. Desweiteren wechselte bisheriges Personal des ZVO zur ZAG. Im Rahmen der Wahrung der Arbeitnehmerinteressen sollte der zukünftige strategische Partner unter anderem dazu beitragen, dass die zusätzliche Altersvorsorge der derzeit beschäftigten Mitglieder mindestens gleichwertig und ohne Belastung des Beklagten gewährleistet ist (Bekanntmachung vom 28.02.2004 Abs. 4 des Abschnittes VI). Das sogenannte „erste Angebot“ sollte unter anderem eine verbindliche Erklärung beinhalten, dass die Regelung von Mindestbedingungen des Schutzes der Arbeitnehmer des Beklagten anlässlich der Umstrukturierung von Betriebsteilen der AG (sog. „Mindestkatalog") als verbindlich anerkannt wird. Schließlich hat sich einer der fünf Bieter, die nach Zulassung zum Verhandlungsverfahren vor Erhöhung des ursprünglichen, angeblich verbindlichen Höchstpreises um ca. 1,35 Millionen Euro, das heißt um mehr als 10%, ausgeschieden sind, deshalb nicht mehr am weiteren Vergabeverfahren beteiligt, weil durch die im Grundsatz bindend vorgegebene Transaktionsstruktur mit dem im Wesentlichen verbindlichen Vertragswerk und den vorgeschriebenen institutionellen Bindungen keine Wirtschaftlichkeit zu erwarten sei. Insbesondere die beim ZVO künftig verbleibenden enormen Personalanteile und Servicefunktionen, die zudem durch den noch zu schließenden Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen ZVO und ZAG mitfinanziert werden müssten, seien ein entscheidendes Argument. Die Annahme der Vergabekammer, dass die freiwillig ausgeschiedenen Bieter aus anderen als kalkulatorischen Gründen nicht weiter am Vergabeverfahren teilgenommen haben, trifft daher jedenfalls im Hinblick auf einen der ausgeschiedenen Bieter nicht zu. Welche Gründe die übrigen Bieter bewogen haben, am Verhandlungsverfahren nicht mehr teilzunehmen, kann dem im vorliegenden Verfahren vorgelegten Schriftverkehr nicht entnommen werden. Es bleibt aber die Frage, ob jedenfalls ein Bieter, wenn ihm nach Erhöhung des angeblich verbindlichen Höchstpreises die Abgabe eines ersten Angebotes (wieder) ermöglicht worden wäre, sich nicht doch am weiteren Verfahren beteiligt hätte.

75

Der Beklagte hat seine während des Vergabeverfahrens getroffene Entscheidung, den „verbindlichen“ Höchstpreis zu erhöhen, damit begründet, dass sich eine Planungsannahme als unzutreffend erwiesen habe und die ursprünglich vereinbarten Höchstpreise nicht auskömmlich gewesen seien. Daher stellt sich die Wirtschaftlichkeit der Beteiligung an der Entsorgungsgesellschaft nach der Korrektur des Höchstpreises entscheidend anders dar.

76

Nach alledem steht für den Senat außer Zweifel, dass der letztlich im Entsorgungsvertrag vereinbarte Preis (99 % des korrigierten Höchstpreises) überhöht ist. Jedenfalls hätte ein Dienstanbieter, der nur mit Entsorgungsleistungen beauftragt wird, ein deutlich günstigeres Angebot abgeben können.

77

Die Richtigkeit der Annahme, dass die Fremdleistungen nicht im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG erforderlich sind, wird bestätigt durch einen Vergleich der Entsorgungskosten im Entsorgungsbereich des ZVO mit denen in anderen Kreisen und die Höhe der von diesen Kreisen beziehungsweise Abfallwirtschaftsgesellschaften verlangten Entgelte. Entsorgungsleistungen sind im Wesentlichen marktgängige Leistungen, so- dass grundsätzlich eine Vergleichbarkeit besteht.

78

In seiner Entscheidung vom 13. Februar 2008 (a.a.O.) hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Schleswig die Erforderlichkeit der Fremdleistungskosten mit Preisvergleichen begründet. Angesprochen wurden auch die Entsorgungskosten im Gebiet des Beklagten, die mit 192,00 Euro pro Mg um 90 % über den der seinerzeitigen Antragsgegnerin lagen. Richtig ist, dass maßgeblich für die Erforderlichkeit der Kosten die tatsächlichen Verhältnisse im Entsorgungsgebiet sind. Einem Preisvergleich kommt daher nur indizielle Bedeutung zu. Anhaltspunkte dafür, dass der Entsorgungspreis pro Mg aufgrund besonderer Verhältnisse im Kreis Ostholstein im vorgenannten Ausmaß gerechtfertigt ist, hat der Senat nicht. Vielmehr rechtfertigt der Beklagte in seinem „Faktenheft Abfallgebühren“, das in der mündlichen Verhandlung eingeführt wurde, auf Seite 6 die Ostholsteinische Abfallgebühr, die der Höhe nach im Landesvergleich relativ weit oben rangiere, vor allem unter anderem mit der Bewahrung der Unabhängigkeit von großen Müllkonzernen. Dies macht deutlich, dass auch er davon ausgeht, dass bei Beauftragung anderer Dienstleister die Entsorgungskosten geringer wären. Die Ausschreibung dient dem Wettbewerb und soll gebührenrechtlich gewährleisten, dass keine vermeidbaren Mehrkosten entstehen. Das Bestreben des Beklagten, den Dienstleistungsauftrag - ungeachtet möglicherweise entstehender Mehrkosten - nur an einen Anbieter zu vergeben, der mehrheitlich von ihm beherrscht wird, steht dazu im Widerspruch. Auch die übrigen, zur Rechtfertigung der Gebührenhöhe angegebenen Gründe, wie Betrieb eines Müllheizkraftwerkes, Angebot eines alle Abfallarten umfassenden Sammelsystems, Gewährleistung qualifizierter und auskömmlicher Arbeit (Zahlung von Tariflöhnen) sowie Einhaltung hoher technischer und ökologischer Standards, betreffen ebenfalls keine besonderen Verhältnisse im Kreis Ostholstein. Angemerkt sei insoweit nur, dass das Müllheizkraftwerk als Anlagegut dem Dritten (der ZAG) übertragen wurde und damit kein eigenes des ZVO (mehr) ist. Sollte es unrentabel sein, wie es in der mündlichen Verhandlung angeklungen ist, ist der Weiterbetrieb im Kosteninteresse einzustellen. Auch andere Anbieter müssen gemäß § 22 Satz 3 KrWG über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen. Auch bei ihrer Beauftragung hätte das TarifTreueG SH Anwendung finden müssen.

79

Der Höchstpreis, der nach wie vor - abzüglich eines Prozentsatzes von einem Prozent - Grundlage der Berechnung der Fremdleistungen der ZVO Entsorgung GmbH ist, wurde im Jahre 2004 kalkuliert. Die Umfrage des Schleswig-Holsteinischen Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, auf die der 2. Senat seine Entscheidung gestützt hat, datiert von Dezember 2005. Auch gegenwärtig liegen die Entsorgungspreise in anderen Kreisen deutlich niedriger. Nach dem abfallwirtschaftlichen Preis-/Leistungsvergleich Schleswig-Holstein/Hamburg für das Gebühren-/Entgeltjahr 2014 (Informationsmaterial des Kreises Rendsburg-Eckernförde), der ebenfalls in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, rangiert der Kreis Ostholstein an letzter Stelle. Inwieweit es sich insoweit nur um einen „Daumenvergleich“ handelt, mag dahinstehen. Der Senat hat selbst Vergleiche vorgenommen. Die für den Kreis Rendsburg-Eckernförde tätige Abfallwirtschaftgesellschaft (AWR) hat zum Beispiel im Streitjahr 2011 für die Entsorgung des Restabfalls über ein 80-Liter-Gefäß, bei 14tägiger Leerung, einen Betrag von jährlich 110,40 Euro in Rechnung gestellt. Die von den Klägern verlangte Gebühr beträgt demgegenüber 149,88 Euro. Ab 2015 hat die AWR die Entsorgungskosten für Bioabfall bis zu 120 Liter in das sogenannte „Grundentgelt Haushalte“ eingepreist und dieses Grundentgelt gegenüber 2011 um 30,-- Euro erhöht, während von den Klägern für 2011 für die Entsorgung von Bioabfall über ein 80-Liter- Gefäß ein Betrag von 63,96 Euro gefordert wird. Auch die übrigen Entsorgungspreise für 120-Liter bis 1.100-Liter-Behälter lagen bei dem Beklagten im Jahre 2011 um 90 % über denen der AWR im Jahr 2015 (einschließlich Bioabfall). Im Kreis Plön sind die Gebühren ebenfalls erheblich niedriger. Für die 14-tägliche Leerung der Restmülltonne (80 l) werden 99,60 Euro erhoben. Auch die Gebühren für die Leerung der Biotonne (120 l; 14-tägliche Leerung) sind - wenn auch geringfügig - niedriger; sie betragen 55,20 Euro im Jahr. Ebenso verhält es sich im Kreis Schleswig-Flensburg (54,-- Euro).

80

Dies lässt den Rückschluss zu, dass auch in dem Kalkulationszeitraum 2011 bis 2013 die kalkulierten Entsorgungskosten des ZVO allein im Hinblick auf Fremdleistungen der ZVO Entsorgung GmbH deutlich über den Entsorgungskosten anderer Kreise lagen. Dafür spricht auch, dass nach den Angaben des Beklagten (Sitzungsvorlage zum Tagesordnungspunkt 7) 2004 das jährliche Abfallaufkommen für den Restabfall bei ca. 42.400 Mg lag. Die Restabfallmenge dürfte sich in den Folgejahren - wenn überhaupt - nicht wesentlich erhöht haben. In der Kalkulation für das Jahr 2011 werden die Fremdleistungskosten allein aus dem Entsorgungsvertrag mit der ZVO Entsorgung GmbH mit 12.984.510,-- Euro angegeben. Daraus errechnet sich ein Preis von über 305,-- Euro pro Mg, der noch einmal um mehr als 110,-- Euro über dem der Preisumfrage vom Dezember 2005 liegt.“

81

Diese Ausführungen gelten entsprechend auch für den hier jeweils zu beurteilenden Gebührensatz, welcher identisch ist. In der Sitzungsvorlage des Antragsgegners für die Sitzung der Verbandsversammlung am 12. November 2013 heißt es zur Gebührenkalkulation 2014 - 2016 insoweit zur Begründung: „Mit Wirkung ab 1. Januar 2011 wurde für den Kreis Ostholstein eine neue Gebührenstruktur umgesetzt. Die Kalkulationsperiode 2011 bis 2013 wurde im Sinne der Gebührenstabilität für drei Jahre festgelegt. Die Ergebnisse für die nahezu beendete Kalkulationsperiode werden inklusive einer Prognose für den Abschluss des Jahres 2013 in der neuen Kalkulationsperiode berücksichtigt. Die neue Kalkulationsperiode soll wieder für drei Jahre, also für 2014 - 2016 festgelegt werden, um die Gebühren für einen möglichst langen Zeitraum planbar und stabil zu halten. Weiter sollen, soweit möglich, keine neuen Gebührensätze ermittelt werden, sondern die bisher ermittelten Gebührensätze weiter fortgeführt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen Beträge, die zur Kostendeckung erforderlich sind, nicht durch Gebühreneinnahmen, sondern über die Beteiligungserlöse der ZVO Entsorgung GmbH sowie aus einer Entnahme aus der allgemeinen Rücklage finanziert werden.

82

Die Überlegungen des Senats dazu, dass die Gebührensätze überhöht sind, greifen ebenso im vorliegenden Falle. Von einer Erforderlichkeit der Fremdleistungskosten kann nicht ausgegangen werden. Die in die Kalkulation 2014- 2016 eingestellten Fremdleistungskosten haben sich gegenüber der vorangegangenen Kalkulationsperiode noch erhöht, so dass - bei unterstellter im wesentlich gleichgebliebener Abfallmenge - sich ein Preis von 320 Euro pro Mg ergibt, welcher noch einmal um mehr als 125 Euro über der Preisumfrage vom Dezember 2005 liegt.

83

Bezüglich der übrigen Satzungsbestimmungen gilt folgendes:

84

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG muss die Gebührensatzung unter anderem den Zeitpunkt der Entstehung der Gebühr und ihrer Fälligkeit angeben. Die Entstehung der Gebührenschuld ist vorliegend in § 2 Abs. 1 GS geregelt, wonach die Gebührenpflicht für zu entleerende Abfallbehälter grundsätzlich mit der Überlassung der zugelassenen Abfallbehälter entsteht, soweit nicht nachfolgend andere oder ergänzende Regelungen getroffen sind. Eine ausdrückliche Fälligkeitsregelung enthält § 2 der Satzung nicht. Aus der Festsetzung als Jahresgebühr folgt jedoch - dem Wesen der Jahresgebühr entsprechend - zugleich deren Fälligkeit zum 31. Dezember eines Jahres.

85

Im Widerspruch hierzu bestimmt die Satzung in §11 Abs. 1, dass die Jahresgebühr grundsätzlich in halbjährigen Teilbeträgen am 15. März und 15. September eines jeden Jahres fällig wird. Insoweit ist die Regelung für unwirksam zu erklären, weil sie auf die Festsetzung einer vor Ablauf des Jahres fälligen - mithin antizipierten - Jahresgebühr hinausläuft, was dem Schleswig-Holsteinischen Kommunalabgabenrecht fremd ist. Dieses kennt bei Gebühren die Möglichkeit, vom Beginn des Erhebungszeitraumes an angemessene Vorauszahlungen bis zur Höhe der voraussichtlichen entstehenden Gebühr zu fordern (§6 Abs. 4 Satz 4 KAG), nicht jedoch eine Teilzahlung der Jahresleistungsgebühr vor ihrer Entstehung. Hierauf läuft aber die Fälligkeitsbestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz hinaus.

86

Die Unwirksamkeit des 2. Halbsatzes von § 11 Abs. 1(„und ist grundsätzlich in halbjährigen Teilbeträgen am 15.03. und 15.09. eines jeden Jahres, spätestens vier Wochen nach Bekanntgabe des Bescheides fällig“) führt für sich genommen nicht zur Unwirksamkeit der Gebührensatzung insgesamt. Die Satzung ist insoweit teilbar. Eine Teilbarkeit ist unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 139 BGB dann zu verneinen, wenn der fehlerbehaftete Teil mit dem übrigen Normgefüge - beziehungsweise einem wiederum abtrennbaren Teil davon - so verflochten ist, dass die Restbestimmung ohne den nichtigen Teil nicht sinnvoll bestehen bleiben kann. Das ist etwa dann der Fall, wenn der verbleibende Teil der Rechtsordnung nicht entspricht, etwa eine unter Gleichheitsaspekten unzureichende Regelung darstellt oder den gesetzlichen Regelungsauftrag verfehlt. So darf bei Bebauungsplänen kein „Planungstorso“ entstehen, der eine sinnvolle städtebauliche Ordnung gemäß § 1 BauGB nicht bewirken kann. Dabei ist auf den (objektivierten) mutmaßlichen Willen des Normgebers abzustellen (BVerwG, Urt. v. 02.08.2012 - 7 CN 1.11 -, NVwZ 2013, 227). Ohne den bezeichneten zweiten Teil des § 11 Abs. 1 Satz 1 - das heißt ohne die zu beanstandende Fälligkeitsregelung - verbleibt es bei der Bestimmung, wonach die entsprechende Gebühr jeweils als Jahresgebühr festgesetzt wird, was eine Fälligkeit mit Ablauf des jeweiligen Jahres impliziert. Die Gebührensatzung behält ihre „Lebensfähigkeit“ auch bei Unwirksamkeit der beanstandeten Teilregelung.

87

Rechtliche Bedenken gegen die Satzungsbestimmungen im Übrigen sind für den Senat nicht ersichtlich und werden vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht.

88

Die Entscheidungsformel ist nach § 47 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO im Amtsblatt zu veröffentlichen.

89

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.

90

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

91

Gründe die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor


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(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Das Verwaltungsgericht besteht aus dem Präsidenten und aus den Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern in erforderlicher Anzahl.

(2) Bei dem Verwaltungsgericht werden Kammern gebildet.

(3) Die Kammer des Verwaltungsgerichts entscheidet in der Besetzung von drei Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern, soweit nicht ein Einzelrichter entscheidet. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden (§ 84) wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2013 geändert.

Der Bescheid des Beklagten vom 3. Februar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2011 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zur Abfallgebühr für das Jahr 2011.

2

Der Kreis Ostholstein hat mit Beitrittsvertrag vom 3./16. Mai 1994 und erneut mit Vertrag vom 23./30. Juni 2004 dem beklagten Zweckverband die Aufgabe der Abfallbeseitigung, sowie nunmehr mit Wirkung vom 1. Januar 2005 auch das Satzungsrecht übertragen.

3

Der Beklagte setzte gegenüber den Klägern als Eigentümer eines Grundstücks in B-Stadt mit Bescheid vom 3. Februar 2011 Abfallgebühren in Höhe von 63,96 Euro für die Bioabfallentsorgung sowie eine Mindestgebühr in Höhe von 50,04 Euro zuzüglich einer Leistungsgebühr in Höhe von 99,94 Euro fest und verlangte die Zahlung von insgesamt 213,84 Euro ratenweise zu bestimmten Terminen.

4

Den Widerspruch der Kläger wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 6. September 2011 als unbegründet zurück.

5

Die Kläger haben am 22. September 2011 Klage erhoben.

6

Sie haben die Rechtmäßigkeit der sogenannten Privatisierung der Abfallbeseitigung durch den Beklagten, das heißt die Rechtmäßigkeit der Gründung einer Entsorgungsgesellschaft, an der der Beklagte mehrheitlich beteiligt ist, und deren umfängliche Beauftragung mit der Abfallbeseitigung bezweifelt. Außerdem sei die Erhebung einer Mindestgebühr unzulässig. Zu beanstanden sei auch die Staffelung der Mindestgebühr nach der Behältergröße. Die Erhebung einer Mindestgebühr für 80-Liter-Gefäße sei zu beanstanden, weil diese Gefäßgröße für Kleinsthaushalte nicht erforderlich sei. Für einen 1-Personen- Haushalt reiche ein 40-Liter-Gefäß aus. Selbst wenn man die Mindestgebühr als besondere Zusatzgebühr für zulässig halte, könnten nicht 30 % der Gesamtkosten, die zu 90 % auf Fremdleistungskosten beruhten, die nach dem Entsorgungsvertrag allein nach der Literzahl der Abfallbehälter zu berechnen seien, über diese Zusatzgebühr gedeckt werden.

7

Desweiteren seien die in § 4 Abs. 2 der Gebührensatzung festgelegten Gebührensätze überhöht. Die in die Gebührenkalkulation eingestellten Fremdleistungskosten seien nicht in vollem Umfang erforderlich. Das Vergabeverfahren sei mit gebührenrechtlich relevanten Fehlern behaftet. Der Beklagte habe während des Verfahrens die Höchstpreise geändert. Dies habe an sich die Rückversetzung des Verfahrens in den Stand vor Abgabe des sogenannten „ersten Angebots" erfordert. Der Beklagte habe das Gebot, privatisierungsbedingte Mehrkosten zu unterlassen, nicht beachtet. Im Rahmen der Privatisierung habe der Beklagte unzulässigerweise öffentliches Vermögen entschädigungslos auf die Entsorgungsgesellschaft übertragen. Im Übrigen seien Zinserträge infolge der Erhebung der Gebühr während des Veranlagungsjahres in die Kalkulation einzustellen. Die Kosten von Serviceleistungen, insbesondere die Personalkosten für eine 0,7-Juristenstelle, seien der Abfallentsorgung nicht im veranschlagten Umfang zuzuordnen.

8

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht haben die Kläger schließlich geltend gemacht, dass unklar sei, welches Satzungsrecht anzuwenden sei. Der Beklagte habe im Sommer 2010 verschiedene Gebührensatzungen beschlossen, die allesamt für das Erhebungsjahr 2011 Geltung beanspruchen könnten.

9

Die Kläger haben beantragt,

10

den Abfallgebührenbescheid des Beklagten vom 3. Februar 2011 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2011 aufzuheben.

11

Der Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er hat erwidert:

14

Die Kläger stellten pauschal die Rechtmäßigkeit der Organisationsstruktur des Beklagten in Frage. Der Vortrag sei in seiner Pauschalität zu unsubstantiiert, als dass seitens des Beklagten hierzu Stellung genommen werden könne.

15

Die Übertragung von öffentlichem Betriebs- und Anlagevermögen auf die Entsorgungsgesellschaft sei nicht entschädigungslos erfolgt, vielmehr habe der Beklagte entsprechende werthaltige Geschäftsanteile an der GmbH erworben.

16

Die Erhebung der Mindestgebühr sei zulässig. Dabei handele es sich nur um eine besondere Erhebung einer Leistungsgebühr. Eine Grundgebühr werde nicht erhoben. Ein Anspruch auf Bereitstellung von kleineren Behältern als 80-Liter-Gefäße bestehe nicht. Sei kein kleineres Gefäß vorhanden, könne die Gebührensatzung grundsätzlich keine kleinere Leistungseinheit als Maßstab wählen.

17

Zinserträge seien nicht angefallen. Die Kosten der Serviceeinheiten seien der Abfallbeseitigung nach sachgerechten Kriterien zugeordnet worden. Es treffe nicht zu, dass in die Gebührenkalkulation des Streitjahres eine Juristenstelle einbezogen worden sei. Es seien keine Stellen angesetzt worden, sondern die Kosten der Leistung von Abteilungen seien der Abfallbeseitigung anteilig zugeordnet worden.

18

Die Fremdleistungskosten seien erforderlich. Dies folge grundsätzlich bereits daraus, dass der Entsorgungsvertrag aufgrund einer öffentlichen Ausschreibung geschlossen worden sei. Die Bestimmungen des Vergaberechts seien eingehalten worden. Das Vergabeverfahren sei entsprechend dem Beschluss der Vergabekammer vom 19. August 2004 in einen früheren Stand zurückgesetzt worden und unter Beachtung der Vorschriften des Vergaberechts beendet worden.

19

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 20. Dezember 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

20

Der Beklagte habe in der mündlichen Verhandlung unter Vorlage von Abrechnungen der Jahre 2007 und 2011 überzeugend dargelegt, dass seine Prognoseentscheidung, dass Zinserträge infolge von Zahlungen der Gebührenschuldner an den Beklagten einerseits und Zahlungen des Beklagten an die ZVO Entsorgung GmbH andererseits nicht entstehen werden, stichhaltig gewesen sei.

21

Ob der verwandte Verteilungsschlüssel zur Aufteilung von Serviceleistungen in jeder Hinsicht überzeuge, könne dahinstehen, weil sich eine dadurch etwaig bewirkte Fehlerhaftigkeit der Kalkulation innerhalb der 5%igen Toleranzgrenze bewege.

22

Der Wegfall der 2-Personen-Privilegierung nach dem neuen Gebührensystem sei nicht zu beanstanden. Der von dem Beklagten in Auftrag gegebenen Untersuchung sei zu entnehmen, dass die auf 80-Liter-Behälter entfallende Ermäßigung zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung geführt habe.

23

Entgegen der Auffassung der Kläger sei auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte neben Jahresleistungsgebühren auch als Jahresmindestgebühren bezeichnete Behältergebühren erhebe. Eine Einschränkung der ortsgesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit sei der Vorschrift des § 6 Abs. 4 KAG, in der Mindestgebühren nicht genannt seien, nicht zu entnehmen. Die dort vorgenommene Aufzählung sei nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig nur beispielhaft. Die Regelungen des § 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 Satz 1 der Gebührensatzung des Beklagten führe zu einer Mindestgebühr von 89,98 Euro. Es sei nichts dafür erkennbar, dass die Höhe dieser Mindestgebühr in einem offensichtlichen Missverhältnis zum Maß der tatsächlichen Inanspruchnahme stehe. Dies ziehe nach sich, dass der Beklagte nicht gehalten sei, ein 40-Liter-Gefäß zur Verfügung zu stellen.

24

Die Kläger könnten auch nichts daraus herleiten, dass die Abfallentsorgung in Ostholstein teurer sei als anderenorts. Mit Blick auf das Kostenüberschreitungsverbot komme es auf die konkret zu beurteilende öffentliche Einrichtung und die ihr eigentümlichen Verhältnisse an.

25

Der Umstand, dass die ZVO Entsorgung GmbH Gewinne erwirtschafte sei unergiebig. Denn diese Gewinne seien ebenso wenig wie die Erträge des Beklagten aus dem Geschäftsanteil an der ZVO Entsorgung GmbH Einnahmen aus dem Betrieb der gebührenfinanzierten Abfallbeseitigung.

26

Der Vorteilsgerechtigkeit der Gebühren stehe auch nicht entgegen, dass sie sich nicht an der Kostenstruktur des Entsorgungsvertrages mit der ZVO Entsorgung GmbH orientierten. Der Vorteil der unschädlichen Abfallbeseitigung werde weder durch die Einschaltung Dritter zur Leistungserbringung noch durch den Inhalt des mit dem Dritten geschlossenen Vertrages geändert.

27

Die Kritik der Kläger an der Höhe der in die Kalkulation eingestellten Kosten der Fremdleistungen der ZVO Entsorgung GmbH sei unberechtigt. Denn ungeachtet dessen, dass die öffentliche Hand steuerbegünstigt und deshalb möglicherweise in der Lage sei, die Entsorgungsleistung in Eigenregie für den Gebührenschuldner kostengünstiger zu erbringen, seien diese Kosten nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KAG ansatzfähig, soweit die Beauftragung des Dritten unter Beachtung der Vorschriften des Vergaberechts erfolgt sei, woran vorliegend kein Zweifel bestehe. Gegenteiliges lasse sich auch nicht aus der Entscheidung der Vergabekammer vom 17. August 2004 herleiten. Aus vergaberechtlichen Bedenken könne der Schluss, dass Kosten nicht erforderlich seien, nicht gezogen werden, wenn feststehe, dass die Inanspruchnahme der Leistung selbst erforderlich sei. Die letztlich von der Vergabekammer verworfene Rückversetzung des Verfahrens sei kein belastbares Indiz für die Annahme, dass eine kostengünstigere Lösung für die Erfüllung der Aufgabe hätte gefunden werden können. Damit lasse sich aus dem Beschluss der Vergabekammer unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt ein fortwirkender Verstoß gegen das Vergaberecht herleiten.

28

Schließlich bestünden auch keine Zweifel daran, dass die Gebührensatzung vom 24. Juni 2010, die zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten sei, im vorliegenden Fall maßgeblich sei. Die am selben Tag rückwirkend zum 1. Januar 2008 erlassene weitere Gebührensatzung entfalte für den hier in Rede stehenden Gebührenzeitraum ab 2011 keine Wirkung mehr, auch wenn die ab dem 1. Januar 2011 geltende Satzung, die rückwirkend zum 1. Januar 2008 erlassene Satzung nicht ausdrücklich aufgehoben oder geändert habe.

29

Der Senat hat durch Beschluss vom 31. Juli 2014 auf Antrag der Kläger die Berufung zugelassen. Zur Begründung der Berufung wiederholen und vertiefen die Kläger ihr erstinstanzliches Vorbringen.

30

Sie tragen ergänzend vor:

31

Die Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Zwar habe es eine Ausschreibung gegeben, die ZVO Entsorgung GmbH sei aber an der Ausschreibung und an dem Vergabeverfahren nicht beteiligt gewesen. Im Übrigen habe die Vergabekammer in ihrem Beschluss vom 17. August 2004 gravierende Verstöße gegen das Vergaberecht festgestellt, die - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht in vollem Umfang geheilt worden seien.

32

Die Kläger beantragen,

33

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 22. Dezember 2013 abzuändern und den Abfallgebührenbescheid des Beklagten vom 3. Februar 2011 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2011 aufzuheben.

34

Der Beklagte beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil, wiederholt und vertieft seinerseits sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor:

37

Wenn die Erhebung einer Mindestgebühr aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen wäre, wäre auch der sogenannte Behältermaßstab denklogisch ausgeschlossen. Zudem liege im vorliegenden Rechtsstreit eine Mindestgebühr im juristischen Sinne gar nicht vor. Der Begriff der Jahresmindestgebühr sei im Vorfeld des Erlasses der Satzung geprägt worden, weil gerade keine Grundgebühr habe geschaffen werden sollen. Tatsächlich handele es sich nicht um eine Mindestgebühr, sondern um eine Behältergebühr zur Finanzierung eines Teils des Gebührenbedarfs nach dem Nennvolumen der genutzten Abfallbehälter.

38

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

39

Die zulässige Berufung ist begründet.

40

Der Abfallgebührenbescheid des Beklagten vom 3. Februar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2011 ist rechtswidrig, weil der Beklagte eine sogenannte „Jahresmindestgebühr“ erhebt (1.) und die Gebührensätze des §4 Abs. 2 und 3 der Abfallgebührensatzung des Beklagten (AGS) vom 24. Juni 2010 in der für das Streitjahr 2011 geltenden Fassung überhöht und damit nichtig sind (2.).

41

1. Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Gebührenbescheides für das Erhebungsjahr 2011 ist §5 Abs. 2 LAbfWG (in der bis zum 24.04.2014 geltenden Fassung) i.V.m. § 6 KAG und der maßgeblichen Gebührensatzung des Beklagten.

42

Maßgeblich für das Erhebungsjahr 2011 ist die von der Verbandsversammlung des Beklagten am 24. Juni 2010 beschlossene und gemäß § 13 AGS am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Satzung. Die zeitgleich am 24. Juni 2010 ebenfalls beschlossenen Abfallgebührensatzungen, die sich von der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen insbesondere im Hinblick auf die Gebührensätze unterscheiden, sind zu verschiedenen Zeitpunkten rückwirkend in Kraft getreten. Dies zwingt zu dem Schluss, dass diese weiteren Satzungen jeweils nur eine zeitlich begrenzte Geltungsdauer haben (sollten) und mit Ablauf des Jahres 2010 nur noch die ab dem 1. Januar 2011 in Kraft getretene Satzung Geltung beanspruchen kann. Dass der Satzungsgeber nur das Inkrafttreten der Satzungen der für vergangene Zeiträume geltenden Satzungen und nicht deren Außerkrafttreten geregelt hat, was wünschenswert gewesen wäre, führt zu keinen Unklarheiten. Eine zu einem früheren Zeitpunkt in Kraft getretene Satzung verliert ihre Gültigkeit ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einer zeitlich nachfolgenden Satzung, die die Erhebung einer gleichen oder gleichartigen Abgabe regelt. § 2 KAG erfordert nicht, dass eine Satzung, die sich keine Rückwirkung beimisst, das Außerkrafttreten einer „Vorgängersatzung“ ausdrücklich regelt. Der Beklagte hat allerdings in der Folgezeit am 11. Dezember 2013 eine weitere Gebührensatzung beschlossen, die rückwirkend zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist. Diese später beschlossene rückwirkende Satzung wäre im vorliegenden Fall maßgeblich, wenn sie sich auch auf das Erhebungsjahr 2011 bezöge. Das ist jedoch nicht der Fall. Mit dem Inkrafttreten dieser Satzung sollte gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 nur die Gebührensatzung für das Abrechnungsjahr 2010 außer Kraft treten, nicht dagegen die hier für das streitgegenständliche Erhebungsjahr 2011 geltende Satzung. Auch trifft § 13 Abs. 2 dieser Satzung im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot des § 2 Abs. 2 KAG nur eine Regelung für das Erhebungsjahr 2010. Den Klägern ist einzuräumen, dass infolge des rückwirkenden Erlasses mehrerer Satzungen nicht auf Anhieb erkennbar ist, welche Satzung für welches Erhebungsjahr gilt, Zweifel lassen sich jedoch bei näherer Betrachtung ausräumen, sodass der Grundsatz der Rechtsklarheit (noch) nicht verletzt ist. Der Beklagte hat auf Anfrage des Gerichts mitgeteilt, dass nach Erlass der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Satzung vom 24. Juni 2010 zwar noch später rückwirkende Satzungen beschlossen worden seien, die allerdings ausdrücklich nur den Zeitraum 2007 bis 2010 betroffen hätten. Gegenteiliges ist für den Senat nicht ersichtlich.

43

Formelle Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der danach maßgeblichen Satzung erheben die Kläger nicht. Für den Senat sind solche auch nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen für den Senat keine Zweifel, dass die Verbandsversammlung zum Erlass der Satzung berechtigt war. Der Kreis Ostholstein als gemäß § 3 Abs. 1 LAbfWG zuständiger Entsorgungsträger hat die Aufgabe der Abfallentsorgung bereits 1994, erneuert durch Vertrag vom 23./30. Juni 2004, nunmehr einschließlich der Satzungsbefugnis mit Wirkung zum 1. Januar 2005 auf den Beklagten übertragen.

44

Die Erhebung sogenannter „Jahresmindestgebühren“ gemäß § 4 Abs. 2 AGS verstößt gegen höherrangiges Recht. Die Satzungsregelung ist daher insoweit nichtig und die darauf beruhende Veranlagung rechtswidrig.

45

Der Senat teilt die Auffassung des Beklagten, dass es sich bei der „Jahresmindestgebühr“ gemäß § 4 Abs. 2 AGS nicht um eine Mindestgebühr im Rechtssinne handelt. Die Mindestgebühr ist eine Benutzungsgebühr, die sich - anders als die Grundgebühr- jeweils insoweit am Maß der Inanspruchnahme orientiert, als bis zu einer bestimmten Grenze, die nach der (durchschnittlichen) Mindestinanspruchnahme zu bemessen ist, eine Pauschalgebühr erhoben wird, die dem Abgabengläubiger die Feststellung der Verbrauchs- oder Leistungsmenge in den betroffenen Fällen und insoweit die Berechnung der Gebühr erspart (BVerwG, Urt. v. 01.08.1986 - 8 C 120.84 -, NVwZ 1987, 79, s. auch Urt. v. 01.12.2005 - 10 C 4.04 -, NVwZ 2006, 589). Eine solche, nur für Kleinsthaushalte geltende Mindestgebühr erhebt der Beklagte nicht, sondern eine Teil-Behältergebühr, gestaffelt nach dem Behältervolumen. Da es auf die Bezeichnung nach dem Wortlaut der Gebührensatzung nicht ankommt, kann dahinstehen, ob Mindestgebühren nach dem Abfallgebührenrecht des Landes Schleswig-Holstein erhoben werden dürfen. Der Senat merkt gleichwohl an, dass schon § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG der Erhebung von Mindestgebühren entgegenstehen dürfte.

46

Nach § 5 Abs. 2 LAbfWG richtet sich die Erhebung von Abfallgebühren nach dem KAG Schleswig-Holstein mit verschiedenen Maßgaben. Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG können im Rahmen des Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzips entsprechend den Abfallmengen gestaffelte Gebühren erhoben werden. Diese Maßgabe wäre überflüssig, wenn damit nur das Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzip als maßgeblich für das Abfallgebührenrecht bestimmt werden sollte. Das Äquivalenzprinzip ist als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dem Begriff der Gebühr immanent (BVerfG, Beschl. v. 11.10.1966 - 2 BvR 179/64 u.a. -, BVerfGE 20, 247, 270 u. Beschl. v. 07.02.1991 - 2 BvR 24/84 -, BVerfGE 83, 363, 392). Das Kostendeckungsprinzip ist ausdrücklich in § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG als Bemessungsgrundlage für die Benutzungsgebühr festgelegt. Demnach bleibt als Maßgabe nur die Erhebung entsprechend den Abfallmengen gestaffelter Gebühren. Da die Mindestgebühr sich an der durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme der Einrichtung zu orientieren hat (BVerwG, Urt. v. 01.08.1986 - 8 C 112.84 -, KStZ 1987, 11), mithin eine Pauschalgebühr ist, ist sie jedenfalls als solche keine nach Abfallmengen gestaffelte Gebühr. Dem Wortlaut der Maßgabe des § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG kann nicht entnommen werden, dass - abweichend von § 6 KAG - im Abfallgebührenrecht die Erhebung einer Mindestgebühr zulässig sein soll. Die Maßgabe war bereits in der Ursprungsfassung des § 5 Abs. 2 (seinerzeit Nr. 1) des LAbfWG von 1991 enthalten. In der Begründung (LT-Drs. 12/1432 S. 39 f.) heißt es, Nr. 1 stelle klar, dass zur Schaffung von Anreizen zur dringend gebotenen Abfallvermeidung eine Staffelung der Benutzungsgebühren in Abhängigkeit zur Menge der der entsorgungspflichtigen Körperschaft jeweils überlassenen Abfälle zulässig ist. Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze seien so zu staffeln, dass sie den unterschiedlichen Ausmaßen der erbrachten Leistung Rechnung tragen. Von der Zulässigkeit einer Mindestgebühr, die der Abfallvermeidung entgegenwirkt, ist nicht die Rede.

47

Aus der Maßgabe des § 5 Abs. 2 Nr. 3 LAbfWG lässt sich Gegenteiliges nicht entnehmen. Danach können u.a. benutzungsunabhängige Betriebskosten (Fixkosten) der vorgehaltenen Bioabfallentsorgung in die Bemessung von Abfallentsorgungsgebühren einbezogen werden. Können danach - ohne tatsächliche Inanspruchnahme der Bioabfallentsorgung - die Fixkosten in die Bemessung der (allgemeinen) Abfallgebühr einbezogen werden, lässt sich daraus nur der Schluss ziehen, dass nach der später in das Gesetz aufgenommenen Maßgabe Nr. 3 im Rahmen der Bioabfallentsorgung neben der Einbeziehung von Fixkosten der Bioabfallentsorgung in die allgemeine Gebühr noch eine Zusatzgebühr (Leistungsgebühr) im Fall der tatsächlichen Inanspruchnahme erhoben werden kann (muss).

48

Selbst wenn man die Auffassung, dass schon gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 LAbfWG die Erhebung einer Mindestgebühr ausgeschlossen ist, nicht teilt, weil die Mindestgebühr nicht isoliert zu betrachten sei, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Dann findet gemäß § 5 Abs. 2 LAbfWG § 6 KAG - insoweit ohne Maßgabe - Anwendung. Nach § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG sind Benutzungsgebühren grundsätzlich nach dem Umfang und der Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zu erheben. Abweichend von diesem Grundsatz können gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG Benutzungsgebühren (auch) als Grundgebühren und Zusatzgebühren erhoben werden. Die Mindestgebühr findet auch hier keine Erwähnung. Richtig ist, dass die Mindestgebühr eine Leistungsgebühr ist. Sie ist aber eine Pauschalgebühr, die sich als solche nicht nach dem Umfang der Inanspruchnahme richtet. Soweit der früher für das Gebührenrecht zuständige 2. Senat des OVG Schleswig die Auffassung vertreten hat, dass Benutzungsgebühren auch in Gestalt von Mindestgebühren erhoben werden können (vgl. Urt. v. 02.09.2010 - 2 LB 8/10 - zur Schmutzwassergebühr unter Bezugnahme auf eine ältere Entscheidung des OVG Lüneburg, Urt. v. 17.08.1977 - III C 4/77 -, Die Gemeinde 1977, 401 zur Abfallgebühr), vermag der erkennende Senat dem nicht zu folgen. Die dafür gegebene Begründung, auch unter der Geltung des Preußischen KAG seien Gemeinden zur Erhebung von Grund-, Zusatz- und Mindestgebühren ohne spezielle gesetzliche Ermächtigung befugt gewesen, überzeugt nicht. Gesetzesänderungen bringen Rechtsänderungen mit sich. Der Landesgesetzgeber hat für die Erhebung von Benutzungsgebühren eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage geschaffen und speziell geregelt, in welcher Form Benutzungsgebühren erhoben werden dürfen, für die Erhebung einer Mindestgebühr aber - anders als andere Landesgesetzgeber - keine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, obwohl ihm die Rechtslage nach dem Preußischen KAG bekannt gewesen sein dürfte. In der Gesetzesbegründung (LT-Drs. VI/920 S. 25) wird zwar nicht ausdrücklich ausgeführt, dass neben der sogenannten Anschlussgebühr auch die Möglichkeit der Erhebung der Mindestgebühr entfällt. Zur Grundgebühr wird aber ausführlich Stellung genommen, während die Mindestgebühr, die ebenfalls der Rechtfertigung und der Erörterung bedurft hätte, auch in der Gesetzesbegründung keine Erwähnung findet. Auch die Behauptung, die Aufzählung in § 6 Abs. 4 KAG sei lediglich beispielhaft, steht weder mit dem Wortlaut des Gesetzes noch mit der Begründung im Einklang. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG können in Abweichung von dem Grundsatz der Bemessung der Gebühr nach Umfang und Art der Inanspruchnahme Benutzungsgebühren als Grund- und Zusatzgebühren erhoben werden. Dem Wortlaut fehlt jeder Zusatz, der eine erweiternde Auslegung eröffnen und Anhaltspunkte für eine nur beispielhafte Aufzählung sein könnte. Der Wortlaut ist vielmehr abschließend. Auch die Gesetzesbegründung spricht nur davon, dass Satz 1 die Erhebung von Benutzungsgebühren in Form von Grundgebühren und Zusatzgebühren gestatte.

49

Im Übrigen besteht für die Erhebung von Mindestgebühren regelmäßig kein Bedürfnis. Mindestgebühren ersparen dem Abgabengläubiger bei geringfügiger Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung die Messung der Verbrauchs- und Leistungsmenge. Für die Erhebung einer Mindestgebühr ist kein Raum, wenn auch geringe Verbrauchsmengen - wie zum Beispiel bei der Wasserversorgung - gemessen werden oder wenn - wie bei der Abwasserbeseitigung - Maßstab die bezogene Frischwassermenge ist. Im Abfallgebührenrecht findet regelmäßig der Behältermaßstab Anwendung. Insoweit wirkt sich die Bemessung der Gebühr nach dem geringsten Behältervolumen im Zusammenhang mit dem längsten Abfuhrrhythmus wie eine Mindestgebühr aus (siehe OVG Schleswig, Urt. v. 09.11.1991 - 2 L 149/91 -, Die Gemeinde 1992, 160). Eine solche „faktische Mindestgebühr“ ist unvermeidliche Folge der Wahl eines zulässigen Maßstabes und deshalb auch nicht zu beanstanden, wenn das Landesrecht die Erhebung einer Mindestgebühr nicht vorsieht.

50

Die sogenannte „Jahresmindestgebühr“ des § 4 Abs. 2 AGS ist keine Grundgebühr. Der Beklagte führt selbst aus, dass der Begriff „Jahresmindestgebühr“ vom Satzungsgeber in Abgrenzung zur Grundgebühr gewählt wurde. Die Erhebung einer Grundgebühr wäre auch deshalb rechtswidrig, weil die Grundgebühr eine spezielle Gebühr für die Inanspruchnahme der Vorhalteleistung ist (OVG Schleswig, Beschl. v. 24.08.2001 - 2 M 65/01 -, NordÖR 2001, 403 u. Urt. v. 17.01.2001 - 2 L 9/00 -, NordÖR 2001, 307), die der Abdeckung nicht variabler Kosten dient. Die „Jahresmindestgebühr“ des § 4 Abs. 2 AGS soll dagegen einen bestimmten Prozentsatz (ca. 30 %) der Gesamtkosten abdecken, die wesentlich durch Fremdleistungskosten bestimmt werden, die keine variablen Kosten sind (siehe OVG Schleswig, Urt. v. 15.03.2006 - 2 LB 9/05 -, NordÖR 2006, 263).

51

Die vom Beklagten nach § 4 Abs. 2 AGS erhobene „Jahresmindestgebühr“ ist eine Teil-Behältergebühr, die - wie der Beklagte in der Berufungserwiderung zutreffend ausgeführt hat - schlicht der Deckung eines Teils (ca. 30 %) des Gebührenbedarfs dient, bemessen nach dem Nennvolumen des zur Verfügung gestellten Behälters. Es handelt sich mithin um eine Art „Sockelgebühr“, für die die vorstehenden Ausführungen zur Mindestgebühr erst recht gelten und die weder im LAbfWG noch im KAG eine Grundlage findet.

52

Soweit das Verwaltungsgericht ausführt, dass nach den Regelungen der Gebührensatzung bei einem Ein-Personen-Haushalt im Ergebnis (gemeint ist die Gesamtbelastung durch die Jahresmindestgebühr und die Zusatzgebühr bei vierwöchentlicher Abfuhr) zu einer (faktischen) Mindestgebühr in Höhe von jährlich 89,98 Euro führe, die nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum Maßstab der tatsächlichen Inanspruchnahme stehe, spricht es nur das Äquivalenzprinzip an, dem jede Gebührenbelastung genügen muss. Auch die (faktische) Mindestgebühr muss aber der anzunehmenden durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme entsprechen. Dem steht die Erhebung einer Einheitsgebühr für das 80-Liter-Gefäß für Ein- bis Vier-Personenhaushalte entgegen (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 09.11.1991, a.a.O.), auch wenn damit nur ein prozentualer Anteil des Gesamtgebührenbedarfs gedeckt werden soll (siehe hierzu auch die nachfolgenden Ausführungen).

53

Der Entsorgungsträger ist allerdings nicht gehindert, den zulässigen Behältermaßstab zu modifizieren. Es trifft nicht zu, dass die Gebührensatzung grundsätzlich keine kleinere Leistungseinheit als Maßstab für die Gebührenbemessung wählen kann als den kleinsten zur Verfügung gestellten Behälter. Der Beklagte selbst hat in der Vergangenheit bei Zurverfügungstellung eines 80-Liter-Gefäßes als kleinsten Behälter eine (weitere) Differenzierung der Gebühr nach der Anzahl der auf dem Grundstück lebenden Personen durch Satzung geregelt. Dagegen lassen sich Bedenken nicht erheben.

54

Ob die seinerzeitigen Abschläge nach dem alten Gebührensystem für Ein- bis Dreipersonenhaushalte den überlassenen Abfallmengen entsprochen haben, ist eine andere Frage, die hier keiner Erörterung bedarf. Der Entsorgungsträger wäre auch nicht gehindert, Einheitsbehälter für Haushalte zur Verfügung zu stellen und die Gebühr nach der „gebuchten“ beziehungsweise der unter Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten anfallenden Abfallmenge zu bemessen, wobei durch Markierung am Gefäß deutlich gemacht wird, bis zu welchem Verfüllungsgrad die Abfallentsorgung (ohne Gebührenmehrbelastung) in Anspruch genommen werden kann. In dieser Weise wird von anderen Entsorgungsträgern (z.B. dem Kreis Rendsburg-Eckernförde) verfahren. Die Frage nach der Zurverfügungstellung eines 40-Liter-Behälters stellt sich daher nicht. Dem Entsorgungsträger ist auch nicht verwehrt, die Gebühr kostenorientiert zu bemessen, das heißt nach Leistungsbereichen (Entleerung, Transport und Beseitigung) zu unterscheiden, um so dem Umfang und der Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung bei der Gebührenbemessung in besonderer Weise Rechnung zu tragen. Allerdings kommt eine solche differenzierte kostenorientierte Gebührenbemessung nur in Betracht, soweit dem Entsorgungsträger nach Leistungsbereichen zu unterscheidende Kosten entstehen, die eine Zuordnung allein nach dem Behältervolumen nicht als verursachungsgerecht erscheinen lassen.

55

Der Beklagte hat mehr oder weniger willkürlich die „Jahresmindestgebühr“ auf der Grundlage eines Anteils am Gesamtaufwand in Höhe von ca. 30 % kalkuliert. Für den Senat ist nicht ersichtlich, wie der Beklagte den Prozentsatz ermittelt hat. In der Sitzungsvorlage der Verbandsversammlung vom 24. Juni 2010 (zum Tagesordnungspunkt 7 b, S. 4) heißt es dazu: Die Mindestgebühr richte sich nicht an dem absoluten Minimum einer Inanspruchnahme der Einrichtung, sondern an der durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme aus. Sie finanziere demgemäß ca. 30 % der Gesamtkosten der Einrichtung. Letzteres macht nur das Fehlverständnis des Beklagten vom Wesen der Mindestgebühr deutlich. Die nach § 4 Abs. 2 AGS von allen Benutzern der Restabfallentsorgung zu erhebende „Sockelgebühr“ steht mit der durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung durch Kleinsthaushalte in keinem sachlichen Zusammenhang.

56

Den jährlichen Gebührenbedarf für die Entsorgung des Restabfalls (ohne Bedarfsund Mehrfachabfuhr) in Höhe von ca. 13,7 Mio Euro hat der Beklagte nach einem Durchschnitt für drei Jahre abzüglich einer Dividende in Höhe von 400.000,-- Euro errechnet. Der danach durch die „Jahresmindestgebühr“ zu deckende Kostenanteil beträgt 4.092.253,-- Euro. Dieser Betrag wird durch sogenannte Mindestgebühreneinheiten geteilt. Die Mindestgebühreneinheiten (65.386) errechnen sich aus einem Faktor (0,8 für 80-Liter-Gefäße bzw. 1,0 - 5,0 für die 120-Liter-Gefäße bis 1.100-Liter- Gefäße) multipliziert mit der Anzahl der Behälter. Ergebnis ist ein Betrag in Höhe von 62,59 Euro pro Mindestgebühreneinheit. Dieser Betrag wird in einem 2. Schritt wieder mit dem Faktor der jeweiligen Behältergröße multipliziert, sodass sich (in etwa) die in der Gebührensatzung festgelegten „Jahresmindestgebühren“ errechnen. Danach wird der durch die „Mindestgebühr“ zu deckende Gebührenbedarf von den Grundstückseigentümern, denen ein 80-Liter-Gefäß zur Verfügung gestellt wird, in Höhe eines Betrages von 2.720.975,04 Euro (54.376 Behälter x 50,04 Euro) gedeckt. Dies sind ca. 66,5 % des durch die Mindestgebühr zu deckenden Gebührenbedarfs, während die Behälterkapazität der 80-Liter-Gefäße nur bei 53,41 % der gesamten Behälterkapazitäten liegt.

57

Die Anwendung von Faktoren zur Ermittlung der Mindestgebühreneinheit und die damit verbundende degressive Steigerung der „Mindestgebühr“ begründet der Beklagte damit, dass der spezifische Aufwand, zum Beispiel die in etwa gleich hohen Anfahrkosten unabhängig von der Behältergröße, pro entsorgtem Liter abnehme. Die vorgenommene Behältergrößenfaktorisierung erfolge gemäß anerkannter Literatur- und Branchenwerte. Nach überschlägigen Überprüfungen lägen auch keine Erkenntnisse vor, die ein Abweichen von diesen Werten in Ostholstein begründen würden (S. 3 der Sitzungsvorlage zur Verbandsversammlung zum Tagesordnungspunkt Nr. 7 b). Erstinstanzlich hat der Beklagte ergänzend vorgetragen, ein 80-Liter-Gefäß sei nicht für 2/3 des Anschaffungsaufwandes eines 120-Liter-Gefäßes zu erwerben. Der zeitliche Aufwand für eine Leerung und die Anschaffung entspreche vielmehr dem typischen Verhältnis von 80 % im Vergleich zu einem 120-Liter-Gefäß. Für den Senat ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass aus den vorgenannten Gründen der Entsorgungsaufwand der ZVO Entsorgung GmbH pro Liter überlassenen Abfalls mit zunehmender Behältergröße abnimmt, dies hat jedoch keine entsprechende Auswirkung auf die Fremdleistungskosten, die der Beklagte pro Liter zu tragen hat und die anteilig durch die „Mindestgebühr“ gedeckt werden sollen, weil nach dem Entsorgungsvertrag pro Liter gleich hohe Beträge in Rechnung gestellt werden (im Kalkulationsjahr 2010 ca. 1,51 Euro pro Liter sowohl für das 80-Liter-Gefäß als auch für das 120-Liter-Gefäß). Entstehen beim Entsorgungsträger gleich hohe Kosten pro Liter des zur Verfügung gestellten Behälters, kann der unterschiedliche Entsorgungsaufwand des Fremdleisters pro Liter eine Gebührendifferenzierung aus Kostengründen nicht rechtfertigen.

58

Die Anschaffungskosten für Behälter dürften kaum ins Gewicht fallen, sie sind zudem entsprechend ihrer Lebensdauer kalkulatorisch auf mehrere Jahre zu verteilen.

59

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts lässt sich die relative Mehrbelastung der Benutzer, denen ein 80-Liter-Gefäß zur Verfügung gestellt wird, auch nicht mit unterschiedlichen Vorteilen begründen. Richtig ist, dass die Gebühr ein Vorteilsentgelt ist. Die Bemessung der Gebühr hat sich aber gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG nach der überlassenen Abfallmenge beziehungsweise gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG grundsätzlich nach dem Umfang und der Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zu richten. Führt die Inanspruchnahme der Einrichtung über ein 80-Liter- Gefäß beim Entsorgungsträger nicht zu höheren Kosten pro Liter, besteht auch kein Grund für eine weitere Gebührendifferenzierung.

60

Die Mehrbelastung der Nutzer von 80-Liter-Gefäßen kann auch nicht mit dem Füllgrad gerechtfertigt werden. Vielmehr liegt der Füllgrad nach der vom Beklagten in Auftrag gegebenen Untersuchung bei den 120-Liter- und 240-Liter-Behältern über dem der 80-Liter-Gefäße (eine Ausnahme besteht bei Grundstücken, die von mehr als 3 Personen bewohnt werden und denen nur ein 80-Liter-Gefäß zur Verfügung gestellt wird). Etwas anders stellt sich die Sachlage beim Vergleich der Schütt- und Raumdichte dar. Jedenfalls dann, wenn auch eine Biotonne vorhanden ist, ist die Schütt- und Raumdichte bei den 120-Liter- und 240-Liter-Behältern regelmäßig geringer als bei den Haushalten, die über einen 80-Liter-Behälter verfügen. Die Füllgrade und die Schüttdichte beziehungsweise Raumdichte bei Verwendung von 770-Liter- und 1. 100-Liter- Behältern wurden von dem Beklagten nicht untersucht, sodass sich insoweit keine Aussage treffen lässt, ob insbesondere im Hinblick auf die Menge des überlassenen Abfalls pro Liter Gefäßinhalt wesentliche Abweichungen bestehen.

61

Die relative Mehrbelastung der Grundstückseigentümer, denen ein 80-Liter-Gefäß zur Verfügung gestellt wird, findet demnach weder aus Kostengründen noch wegen des Umfangs und der Art der überlassenen Abfallmenge eine Rechtfertigung. Entscheidend kommt hinzu, dass die Mindestgebühr für die 80-Liter-Gefäße unterschiedslos erhoben wird, unabhängig davon, welcher Abfuhrrhythmus gewählt wird und wie viele Personen auf dem Grundstück wohnen. Füllgrade, Schütt- und Raumdichte liegen bei vierwöchiger Leerung häufig sogar unter den Werten der zweiwöchigen Leerung.

62

Schließlich steigt der Abfall mit der zunehmenden Zahl der auf dem Grundstück lebenden Personen. Insoweit ist allerdings keine lineare Steigerung festzustellen, gleichwohl wirkt sich die undifferenzierte „Mindestgebühr“ für Grundstücke mit 80- Liter-Gefäßen zum Nachteil der Ein- und Zwei-Personen-Haushalte aus (insbesondere bei Wahl des vierwöchentlichen Abfuhrrhythmus). Eine Ermäßigung der „Mindestgebühr“ für Grundstücke, auf denen nur eine Person wohnt, sieht die Satzung nicht vor. Gemäß § 4 Abs. 3 letzter Absatz wird nur die Leistungsgebühr bei vierwöchiger Leerung bei einem Ein-Personen-Haushalt um 20 % ermäßigt. Nach § 18 Abs. 6 Satz 1 der Abfallwirtschaftssatzung des Beklagten in der Fassung der 3. Nachtragssatzung können für maximal zwei benachbarte anschlusspflichtige Grundstücke auf schriftlichen Antrag ein oder mehrere gemeinsame Abfallbehälter (Nachbarschaftstonne) mit ausreichenden Kapazitäten gemäß Abs. 4 und 5 zugelassen werden. Diese Ausnahmeregelung auf Antrag und im Einvernehmen mit einem Nachbarn ändert aber nichts an der unverhältnismäßigen Mehrbelastung der übrigen mit 80-Liter-Gefäßen ausgestatteten Grundstücken, deren Eigentümer zu einer Einheitsgebühr für die Inanspruchnahme von 80-Liter-Gefäßen zur Finanzierung des 30%igen Gebührenbedarfs herangezogen werden.

63

Als Grund für die Einführung des neuen Gebührensystems ab 2011 wird in der Sitzungsvorlage für die Verbandsversammlung am 24. Juni 2010 die demographische Entwicklung angeführt. Die Anzahl kleiner Haushalte werde stark zunehmen, während die Anzahl der großen Haushalte abnehme. Bereits heute (Stand: 2010) seien 78,46 % aller Restabfallbehälter 80-Liter-Behälter. Auf die Gruppe der Ein- bis Zwei- Personen-Haushalte entfielen 44,5 %. Verändere der Kunde sein Leistungsintervall von zweiwöchiger auf vierwöchentliche Abfuhr oder reduziere sich die Zahl der auf dem Grundstück angeschlossenen Personen, führe dieser Umstand (nach dem alten Gebührensystem) zu einer Gebührenreduzierung bei dem Kunden, der ZVO zahle aber trotzdem weiterhin den gleichen Preis nach dem Entsorgungsvertrag an die ZVO Entsorgung GmbH, weil danach unabhängig vom Leerungsintervall und den angeschlossenen Personen ein Entgelt lediglich abhängig vom bereitgestellten Volumen (80- oder 120-Liter) zu zahlen sei. Dies macht deutlich, dass der wesentliche Grund für die befürchtete zukünftige Unterdeckung der Fremdleistungskosten nicht das Gebührensystem als solches ist, sondern die Entgeltregelung des Entsorgungsvertrages. Der Entsorgungsvertrag ist allein maßgeblich für die Bemessung der (erforderlichen) Fremdleistungen und vermag die Einführung einer „Sockelgebühr“ nicht zu begründen. Die Bemessung der Gebühr hat sich nach dem Gesetz zu richten. § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG schreibt in Verbindung mit dem KAG - wie ausgeführt - die Erhebung gestaffelter Gebühren entsprechend den Abfallmengen beziehungsweise nach Umfang und Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung vor. Dem entsprach das alte Gebührensystem, nachdem die Gebühr nach der Größe des Behälters mit Abschlägen für Ein- bis Drei-Personen-Haushalte bei Verwendung eines 80- Liter-Gefäßes zu bemessen war. Der Umstand, dass nach der vom Beklagten in Auftrag gegebenen Untersuchung die Abschläge nicht den überlassenen Abfallmengen entsprochen haben dürften, rechtfertigt nicht die (teilweise) Abkehr von einem nach Abfallmengen gestaffelten Gebührenmaßstab und die Einführung von (Teil-)Einheitsgebühren, je nach Behältergröße.

64

Neben der „Jahresmindestgebühr“ wird in dem streitgegenständlichen Gebührenbescheid eine Zusatzgebühr (Leistungsgebühr) für den Restabfall sowie eine Gebühr für die Entsorgung von Bioabfällen festgesetzt. Insoweit ist zu unterscheiden.

65

Die Unzulässigkeit der Erhebung der „Jahresmindestgebühr“ wirkt sich auch auf die Rechtmäßigkeit der Zusatzgebühr für Restabfall aus. Zwar könnte dem entgegengehalten werden, die Zusatzgebühr, mit der nur 70 % der Gesamtkosten abgedeckt werden sollen, sei nicht überhöht, sodass der Gebührenschuldner durch die Erhebung nur der Zusatzgebühr nicht in seinen Rechten verletzt werde. Auch lässt sich im vorliegenden Fall die Rechtswidrigkeit der Zusatzgebühr nicht damit begründen, dass es dem Satzungsgeber überlassen bleiben müsse, ob er künftig eine einheitliche Benutzungsgebühr erhebt oder welchen Deckungsgrad er gegebenenfalls für die „Sockelgebühr“ vorsehen will (siehe hierzu OVG Schleswig, Urt. v. 24.11.1999 - 2 K 19/97 -, Die Gemeinde 2000, 46 zum Verhältnis von Grund- und Zusatzgebühr), weil die Erhebung der Sockelgebühr unzulässig ist. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Entsorgungsträger die Gesamtkosten kumulativ durch „Mindestgebühren“ und Leistungsgebühren decken wollte. Nach dem entsprechend anzuwendenden § 139 BGB ist die Gesamtnichtigkeit des Maßstabes anzunehmen, weil ohne die „Sockelgebühr“ die Zusatzgebühr ihren Sinn verliert. Ist der fehlerbehaftete Teil einer Maßstabsregelung mit dem übrigen Normgefüge - beziehungsweise einem wiederum abtrennbaren Teil davon - so verflochten, dass die Restbestimmung ohne den nichtigen Teil nicht sinnvoll bestehen bleiben kann, führt dies zur Gesamtnichtigkeit einer Maßstabsregelung.

66

Die Gebühr für die Entsorgung von Bioabfällen ist dagegen eine selbstständige Gebühr gemäß § 4 Abs. 3 Buchstabe c AGS. Eine Mindestgebühr wird insoweit nicht erhoben. Die Erhebung dieser Gebühr ist daher nur rechtswidrig, wenn der Gebührensatz fehlerhaft kalkuliert wurde.

67

2. Die Gebührensätze des § 4 Abs. 2 und 3 AGS sind überhöht. Sie beruhen auf einer fehlerhaften Kalkulation.

68

Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG sollen Benutzungsgebühren so bemessen werden, dass sie die erforderlichen Kosten der öffentlichen Einrichtung decken (Kostendeckungsprinzip). Das Kostendeckungsprinzip beinhaltet einerseits das Kostendeckungsgebot und andererseits das Kostenüberschreitungsverbot. Ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot führt nach ständiger Rechtsprechung zur Nichtigkeit des Gebührensatzes (siehe nur OVG Schleswig, Urt. v. 24.06.1998 - 2 L 113/97 -, NordÖR 1998, 135).

69

Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG gehören zu den erforderlichen Kosten auch Entgelte für die zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe in Anspruch genommenen Leistungen Dritter, soweit die Beauftragung Dritter unter Beachtung der Vorschriften des Vergaberechts erfolgt ist. Die ZVO Entsorgung GmbH ist Dritter in diesem Sinne.

70

Zu der in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG enthaltenen Befugnis der eigenverantwortlichen Führung kommunaler Geschäfte gehört auch die Organisationshoheit. Diese umfasst die Befugnis, die Art und Weise der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben zu organisieren. Dabei verpflichtet der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit die Kommune, ihre Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen (BVerfG, Urt. v. 20.02.2007 - 2 BvR 2433/04 u.a. -, BVerfGE 119, 331, 367; BVerwG, Urt. v. 23.08.2011 - 9 C 2.11 -, BVerwGE 140, 245, 249; OVG Weimar, Beschl. v. 23.02.2012 - 4 ZKO 711/11 -, ThürVBl. 2012, 279; VGH Mannheim, Urt. v. 16.02.2009 - 1 S 3263/08 -, ESVGH 60, 160). Hinsichtlich der Reichweite und Modalitäten der Einschaltung privater Dritter Näheres zu bestimmen, unterliegt (regelmäßig) der Regelung durch den Landesgesetzgeber. Das lässt indes die Aufgabenträgerschaft der Kommune als solche grundsätzlich unberührt. Die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgte Organisationshoheit erlaubt der Kommune jedenfalls nicht, sich einer ihr gesetzlich zugewiesenen öffentlichen Aufgabe ohne gleichermaßen gesetzliche Ermächtigung mit „schuldbefreiender“ - besser pflichtenbefreiender - Wirkung zu entledigen (BVerwG, Beschl. v. 28.02.2013 - 8 B 60.12 -, Juris). Entsprechendes gilt für den Beklagten, dem der Kreis Ostholstein die Aufgabe der Abfallbeseitigung übertragen hat.

71

Nach § 22 KrWG (früher § 16 KrW/AbfG) darf der Entsorgungsträger Dritte mit der Erfüllung seiner Pflichten beauftragen. Weder das Bundes- noch das Landesrecht enthalten oder enthielten Einschränkungen hinsichtlich des Umfangs der Beauftragung.

72

Deshalb hat das Oberverwaltungsgericht Schleswig (Urt. v. 24.06.1998, a.a.O.) auch die umfängliche Übertragung der Aufgabenerfüllung der Abfallentsorgung auf einen privaten Dritten als zulässig erachtet. Es hat aber im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Kosten bei umfänglicher Beauftragung Dritter gefordert, dass die entsorgungspflichtige Körperschaft, bevor sie Dritte mit der Erfüllung der Aufgabe der Abfallbeseitigung beauftragt, grundsätzlich prüft, ob sie ihre Aufgabe nicht in eigener Regie kostengünstiger erfüllen könnte (sog. Regiekostenvergleich) und entschieden, dass eine Auftragsvergabe unter Verstoß gegen das Ausschreibungsgebot des §29 GemHVO a.F. dann das Kostenüberschreitungsverbot verletzt, wenn dadurch Mehrkosten (z.B. schon wegen des vom Dritten einkalkulierten Gewinns oder anfallender Steuern, die bei Wahrnehmung der Aufgabe in Eigenregie nicht anfallen) entstehen. Der Entsorgungsträger könne (im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Entsorgungskosten) nur so gestellt werden, als erfülle er die Aufgabe ohne die (umfängliche) Inanspruchnahme eines Dritten.

73

Der Gesetzgeber hat in Reaktion auf diese Entscheidung den § 6 KAG geändert und eine der heutigen Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG entsprechende Regelung (§ 6 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F.) in das Gesetz eingefügt (GVOBl. 1998, 345). Die Rechtsprechung zum sogenannten Regiekostenvergleich hat sich durch diese Gesetzesänderung erledigt (OVG Schleswig, Urt. v. 16.02.2005 - 2 LB 109/03 -, Juris). Der Gesetzgeber hat billigend in Kauf genommen, dass insbesondere bei umfänglicher Vergabe der Entsorgungsleistungen an private Dritte schon deshalb, weil diese im Gegensatz zur öffentlichen Hand nicht steuerbegünstigt sind, die Gebührenbelastung der Gebührenschuldner erheblich steigen kann, weil nunmehr Entgelte für in Anspruch genommene Leistungen Dritter - wenn die Vorschriften des Vergaberechts beachtet werden - kraft gesetzlicher Regelung erforderliche Kosten im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG sind. Auf die von den Klägern angesprochenen Mehrkosten der sogenannten „Privatisierung“ der Abfallentsorgung wegen anfallender Mehrwertsteuer und Mehrwertsteuererhöhungen kommt es daher nicht entscheidungserheblich an.

74

Die Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG kann nicht dahingehend verstanden werden, dass - im Umkehrschluss - bei Missachtung von Vergabevorschriften die infolge der Vergabe an private Dritte entstandenen Fremdleistungskosten keine erforderlichen Kosten sind. Der früher für das Gebührenrecht zuständige 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Schleswig hat hierzu bereits ausgeführt, dass eine derartige Rechtsfolge nicht mit dem Selbstfinanzierungsprinzip vollkostenrechnender Einrichtungen und dem Entgeltcharakter der Benutzungsgebühren als adäquater Gegenleistung für in Anspruch genommene Leistungen einer öffentlichen Einrichtung vereinbar wären (Urt. v. 13.02.2008 - 2 KN 3/06 -, NordÖR 2008, 236). Daran hält der erkennende Senat mit der klarstellenden Ergänzung fest, dass sowohl die Fremdleistungen als auch die Fremdleistungskosten zur Erfüllung der Aufgabe erforderlich sein müssen. Die Missachtung von Vergabevorschriften ist nur dann unbeachtlich, wenn auszuschließen ist, dass auch bei Einhaltung der Vorschriften Leistungen nicht kostengünstiger hätten erbracht werden können. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

75

Die Kläger machen geltend, die Vergabekammer habe in ihrem Beschluss vom 17. August 2004 (VK-SH 20/04) eine Reihe gravierender Verstöße gegen Vorschriften des Vergaberechts festgestellt, die nicht durch die Vergabekammer geheilt worden seien. Dies trifft zu, denn die Vergabekammer hat ungeachtet der auch nach ihrer Auffassung dem Grunde nach gebotenen Rückversetzung des Verfahrens (s. S. 31 des Umdrucks des Beschlusses) von einer Rückversetzung abgesehen, weil nach Einlassung des Beklagten die nach der Zulassung zum Verhandlungsverfahren freiwillig ausgeschiedenen fünf Bewerber aufgrund anderer als kalkulatorischer Erwägungen auf eine weitere Teilnahme am Verhandlungsverfahren verzichtet hätten und Gegenteiliges aus den Vergabeakten nicht zu entnehmen sei. Eingedenk dessen wäre es unter Berücksichtigung des berechtigten Interesses der Beteiligten an einem zügigen Fortgang des Verfahrens wohl unverhältnismäßig, alle für das Verhandlungsverfahren qualifizierten Bieter am weiteren Verfahren zu beteiligen. Die Einzelheiten der Gründe des Ausscheidens der fünf Bieter hatte der Beklagte wegen des noch laufenden Verhandlungsverfahrens nicht offenbart. Das Vergabeverfahren ist dann unter Beteiligung der Antragstellerin des Nachprüfungsverfahrens entsprechend der Entscheidung der Kammer fortgesetzt worden, weil der Beklagte jedenfalls den Ausschluss der Antragstellerin vom weiteren Verfahren - falls ein solcher überhaupt vorgelegen habe - aufgehoben hat. Der Umstand, dass ein weiteres Nachprüfungsverfahren nicht stattgefunden hat, macht die objektiv gegebenen Verfahrensverstöße nicht ungeschehen. Die Vergabekammer hat vielmehr allein im Hinblick auf die Antragstellerin des Nachprüfungsverfahrens keinen Verfahrensverstoß mehr gesehen, weil das Verfahren unter ihrer Beteiligung weiterzuführen war.

76

Gleichwohl sind die von der Vergabekammer festgestellten Verfahrensverstöße nur von sekundärer Bedeutung (siehe dazu unten), weil Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens die Ausschreibung des Erwerbs von Geschäftsanteilen an einer noch zu gründenden ZVO Abfallwirtschafts-GmbH (ZAG) war und nicht die Vergabe eines öffentlichen Auftrags, für den Beklagten die Abfallentsorgung durchzuführen.

77

Die Vergabe des Dienstleistungsauftrags nicht an die Bieter des durchgeführten Vergabeverfahrens, sondern an die zu gründende oder in Gründung befindliche Eigengesellschaft des Beklagten (ZAG) stand von vornherein fest. Zwar heißt es in der Vergabebekanntmachung vom 20. Februar 2004 unter Bezeichnung des Auftrags durch den Auftraggeber (Abschnitt II, 1.5): „Erwerb von 49,9 % der Geschäftsanteile an einer Eigengesellschaft des Auftragsgebers in Verbindung mit Abfallentsorgungsdienstleistungen“, unter 1.6 wird aber der Gegenstand des Auftrags näher beschrieben. Danach sollte mit der Anteilsveräußerung die Eigengesellschaft mit bestimmten Entsorgungsleistungen beauftragt werden. Die Anteilsveräußerung und die Auftragsvergabe sind insoweit verschiedene Vorgänge. Die Gesellschaftsanteile sollte einer der Bieter erwerben, während der Entsorgungsvertrag mit der ZAG ohne Beteiligung anderer Unternehmen an einem Vergabeverfahren geschlossen werden sollte. So ist auch verfahren worden. Der Beklagte hat durch Vertrag vom 15. Oktober 2004 seine Eigengesellschaft (ZAG) mit der Abfallentsorgung beauftragt. Der Vertrag trat gemäß § 15 am 1. Januar 2005 in Kraft. Daneben ist wie in der Präambel des Entsorgungsvertrages vorgesehen, in einem 2. Schritt die NAD-GmbH & Co. KG durch Veräußerung von Geschäftsanteilen auf der Grundlage des im Nachprüfungsverfahren streitgegenständlichen Vergabeverfahrens mit 49,9% ab dem 1. Januar 2005 an der ZAG beteiligt worden.

78

Die Vergabe des Dienstleistungsauftrags an die seinerzeitige 100%ige Tochter des Beklagten ist eine sogenannte de-facto-Vergabe. Nach der Richtlinie 92/50/EWG ist eine europaweite Ausschreibung eines öffentlichen Dienstleistungsvertrages grundsätzlich immer erforderlich, wenn der Schwellenwert - wie hier - überschritten ist. Demgegenüber kann der Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Abschluss eines Entsorgungsvertrages mit der ZAG zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, als deren Geschäftsanteile noch vollständig vom Beklagten gehalten wurden, die Vergabe mithin ein zulässiges „In-house-Geschäft“ gewesen sei. Zwar ist die Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, eine Ausschreibung vorzunehmen, aus Gründen der Rechtssicherheit normalerweise anhand der Bedingungen zu prüfen, die zum Zeitpunkt der Vergabe des fraglichen öffentlichen Auftrags vorlagen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Auftrag - wie hier - über eine mehrere gesonderte Schritte umfassende künstliche Konstruktion, nämlich die Gründung zunächst einer Eigengesellschaft, den Abschluss des Entsorgungsvertrages mit ihr und die Veräußerung von 49,9 % ihrer Anteile an die NAD GmbH, letztlich an ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen vergeben wurde; denn mit dem operativen Geschäft sollte erst am 1. Januar begonnen werden, d.h. zu dem Zeitpunkt, zu dem die NAD GmbH in die ZAG eingetreten ist. Die Vergabe eines solchen Auftrags ist dann unter Berücksichtigung der Gesamtheit dieser Schritte sowie ihrer Zielsetzung zu prüfen (EuGH, Urt. v. 10.11.2005 - RS C-29/04 -, Juris).

79

Die Ausschreibung der Veräußerung der Geschäftsanteile vermag die Ausschreibung des Dienstleistungsauftrags nicht zu ersetzen, auch wenn bei der Vergabe maßgeblich auf ein sogenanntes verbindliches Angebot zum Abschluss eines Entsorgungsvertrages auf der Basis eines nicht disponiblen Vertragsentwurfs abgestellt worden sein sollte. Abgesehen davon, dass die Bieter nicht Vertragspartei des Entsorgungsvertrages werden sollten, sondern nach Abschluss des Entsorgungsvertrages mit der ZAG zu einem späteren Zeitpunkt nur Minderheitsgesellschafter werden konnten, ist die Veräußerung von Geschäftsanteilen eines öffentlichen Auftragsgebers an privatrechtlich organisierte Gesellschaften (materielle Privatisierung) grundsätzlich vergaberechtsneutral. Etwas anderes kann nur in Ausnahmefällen - wie etwa bei Manipulation zur Umgehung vergaberechtlicher Gemeinschaftsvorschriften gelten (OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 29.04.2010 - 1 Verg 3/10 -, VergabeR 2010, 979 unter Bezugnahme auf EuGH, Urt. v. 19.06.2008, C-454/06, NJW2008, 3341 ff.). Demnach kann die Veräußerung von Geschäftsanteilen, wenn es sich um eine tatsächliche Änderung des Vertragspartners handelt, eine neue Auftragsvergabe bedeuten, mit der Folge, dass eine erneute Ausschreibung des Dienstleistungsvertrages erforderlich wird (siehe hierzu auch OLG Düsseldorf, Beschl. vom 28.07.2011- VII-Verg 20/11 -, KommJur 2012, 143).

80

Die Ausschreibung von Geschäftsanteilen statt der Ausschreibung des öffentlichen Dienstleistungsauftrags stellt sich demzufolge als eine versuchte Umgehung der Regelungen der Richtlinie 92/50/EWG dar.

81

Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen hat der erkennende Senat nach Landesrecht zu prüfen, ob die Ausschreibung und Veräußerung von Geschäftsanteilen in Verbindung mit dem Abschluss eines Entsorgungsvertrages, dessen Kriterien für die Vergabe ausschlaggebend sind, der Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 S. 3 KAG unterfällt. Dies ist zu verneinen.

82

Schon der Wortlaut der Regelung stellt darauf ab, dass die Beauftragung des Dritten (hier der ZAG) mit Leistungen zur Erbringung öffentlicher Aufgaben unter Beachtung des Vergaberechts erfolgt sein muss. Dass der Landesgesetzgeber nur die Ausschreibung und Vergabe von Aufträgen im Blick hatte, macht auch die Historie der Einführung der Regelung deutlich. Daraus folgt aber nicht ohne Weiteres, dass die der ZVO für Fremdleistungen der ZVO Entsorgung GmbH in Rechnung gestellten Entgelte nicht erforderlich sind. Wie ausgeführt, können Entgelte für Leistungen Dritter selbst dann erforderlich sein, wenn keine Ausschreibung stattgefunden hat.

83

Die Ausschreibung von Geschäftsanteilen bietet keine Gewähr dafür, dass Fremdleistungskosten erforderlich sind, selbst wenn bei der Vergabe maßgeblich auf ein sogenanntes „verbindliches“ Angebot zum Abschluss eines Entsorgungsvertrages abgestellt wird.

84

Schon die Bekanntgabe der Ausschreibung von Geschäftsanteilen in Verbindung mit Abfallentsorgungsdienstleistungen schließt potentielle Bieter aus, die nur an der Erbringung der Dienstleistung als solcher, nicht aber am Erwerb von Geschäftsanteilen interessiert sind. Der Beklagte hat zutreffend dargestellt, dass eine Wechselwirkung zwischen der Bereitschaft des Dritten, einen hohen Kaufpreis für vom öffentlichen Auftraggeber zu übernehmende Anlagegüter zu zahlen und dem Entsorgungsentgelt besteht. Entsprechendes gilt für die Bereitschaft, auf Geschäftsanteile zu bieten, wenn der Gewinn nach dem Entsorgungsvertrag entsprechend hoch ist. Jedenfalls ist das für den Geschäftsanteil zu leistende Entgelt eine zusätzliche finanzielle Belastung neben den Selbstkosten der Leistungserbringung. Hinzu kommt, dass der erwirtschaftete Gewinn der Gesellschaft bei einer 50%igen Beteiligung mit dem ZVO zu teilen ist. Desweiteren wechselte bisheriges Personal des ZVO zur ZAG. Im Rahmen der Wahrung der Arbeitnehmerinteressen sollte der zukünftige strategische Partner unter anderem dazu beitragen, dass die zusätzliche Altersvorsorge der derzeit beschäftigten Mitglieder mindestens gleichwertig und ohne Belastung des Beklagten gewährleistet ist (Bekanntmachung vom 28.02.2004 Abs. 4 des Abschnittes VI). Das sogenannte „erste Angebot“ sollte unter anderem eine verbindliche Erklärung beinhalten, dass die Regelung von Mindestbedingungen des Schutzes der Arbeitnehmer des Beklagten anlässlich der Umstrukturierung von Betriebsteilen der AG (sog. „Mindestkatalog") als verbindlich anerkannt wird. Schließlich hat sich einer der fünf Bieter, die nach Zulassung zum Verhandlungsverfahren vor Erhöhung des ursprünglichen, angeblich verbindlichen Höchstpreises um ca. 1,35 Millionen Euro, das heißt um mehr als 10%, ausgeschieden sind, deshalb nicht mehr am weiteren Vergabeverfahren beteiligt, weil durch die im Grundsatz bindend vorgegebene Transaktionsstruktur mit dem im Wesentlichen verbindlichen Vertragswerk und den vorgeschriebenen institutionellen Bindungen keine Wirtschaftlichkeit zu erwarten sei. Insbesondere die beim ZVO künftig verbleibenden enormen Personalanteile und Servicefunktionen, die zudem durch den noch zu schließenden Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen ZVO und ZAG mitfinanziert werden müssten, seien ein entscheidendes Argument. Die Annahme der Vergabekammer, dass die freiwillig ausgeschiedenen Bieter aus anderen als kalkulatorischen Gründen nicht weiter am Vergabeverfahren teilgenommen haben, trifft daher jedenfalls im Hinblick auf einen der ausgeschiedenen Bieter nicht zu. Welche Gründe die übrigen Bieter bewogen haben, am Verhandlungsverfahren nicht mehr teilzunehmen, kann dem im vorliegenden Verfahren vorgelegten Schriftverkehr nicht entnommen werden. Es bleibt aber die Frage, ob jedenfalls ein Bieter, wenn ihm nach Erhöhung des angeblich verbindlichen Höchstpreises die Abgabe eines ersten Angebotes (wieder) ermöglicht worden wäre, sich nicht doch am weiteren Verfahren beteiligt hätte.

85

Der Beklagte hat seine während des Vergabeverfahrens getroffene Entscheidung, den „verbindlichen“ Höchstpreis zu erhöhen, damit begründet, dass sich eine Planungsannahme als unzutreffend erwiesen habe und die ursprünglich vereinbarten Höchstpreise nicht auskömmlich gewesen seien. Daher stellt sich die Wirtschaftlichkeit der Beteiligung an der Entsorgungsgesellschaft nach der Korrektur des Höchstpreises entscheidend anders dar.

86

Nach alledem steht für den Senat außer Zweifel, dass der letztlich im Entsorgungsvertrag vereinbarte Preis (99 % des korrigierten Höchstpreises) überhöht ist. Jedenfalls hätte ein Dienstanbieter, der nur mit Entsorgungsleistungen beauftragt wird, ein deutlich günstigeres Angebot abgeben können.

87

Die Richtigkeit der Annahme, dass die Fremdleistungen nicht im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG erforderlich sind, wird bestätigt durch einen Vergleich der Entsorgungskosten im Entsorgungsbereich des ZVO mit denen in anderen Kreisen und die Höhe der von diesen Kreisen beziehungsweise Abfallwirtschaftsgesellschaften verlangten Entgelte. Entsorgungsleistungen sind im Wesentlichen marktgängige Leistungen, so- dass grundsätzlich eine Vergleichbarkeit besteht.

88

In seiner Entscheidung vom 13. Februar 2008 (a.a.O.) hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Schleswig die Erforderlichkeit der Fremdleistungskosten mit Preisvergleichen begründet. Angesprochen wurden auch die Entsorgungskosten im Gebiet des Beklagten, die mit 192,00 Euro pro Mg um 90 % über den der seinerzeitigen Antragsgegnerin lagen. Richtig ist, dass maßgeblich für die Erforderlichkeit der Kosten die tatsächlichen Verhältnisse im Entsorgungsgebiet sind. Einem Preisvergleich kommt daher nur indizielle Bedeutung zu. Anhaltspunkte dafür, dass der Entsorgungspreis pro Mg aufgrund besonderer Verhältnisse im Kreis Ostholstein im vorgenannten Ausmaß gerechtfertigt ist, hat der Senat nicht. Vielmehr rechtfertigt der Beklagte in seinem „Faktenheft Abfallgebühren“, das in der mündlichen Verhandlung eingeführt wurde, auf Seite 6 die Ostholsteinische Abfallgebühr, die der Höhe nach im Landesvergleich relativ weit oben rangiere, vor allem unter anderem mit der Bewahrung der Unabhängigkeit von großen Müllkonzernen. Dies macht deutlich, dass auch er davon ausgeht, dass bei Beauftragung anderer Dienstleister die Entsorgungskosten geringer wären. Die Ausschreibung dient dem Wettbewerb und soll gebührenrechtlich gewährleisten, dass keine vermeidbaren Mehrkosten entstehen. Das Bestreben des Beklagten, den Dienstleistungsauftrag - ungeachtet möglicherweise entstehender Mehrkosten - nur an einen Anbieter zu vergeben, der mehrheitlich von ihm beherrscht wird, steht dazu im Widerspruch. Auch die übrigen, zur Rechtfertigung der Gebührenhöhe angegebenen Gründe, wie Betrieb eines Müllheizkraftwerkes, Angebot eines alle Abfallarten umfassenden Sammelsystems, Gewährleistung qualifizierter und auskömmlicher Arbeit (Zahlung von Tariflöhnen) sowie Einhaltung hoher technischer und ökologischer Standards, betreffen ebenfalls keine besonderen Verhältnisse im Kreis Ostholstein. Angemerkt sei insoweit nur, dass das Müllheizkraftwerk als Anlagegut dem Dritten (der ZAG) übertragen wurde und damit kein eigenes des ZVO (mehr) ist. Sollte es unrentabel sein, wie es in der mündlichen Verhandlung angeklungen ist, ist der Weiterbetrieb im Kosteninteresse einzustellen. Auch andere Anbieter müssen gemäß § 22 Satz 3 KrWG über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen. Auch bei ihrer Beauftragung hätte das TarifTreueG SH Anwendung finden müssen.

89

Der Höchstpreis, der nach wie vor - abzüglich eines Prozentsatzes von einem Prozent - Grundlage der Berechnung der Fremdleistungen der ZVO Entsorgung GmbH ist, wurde im Jahre 2004 kalkuliert. Die Umfrage des Schleswig-Holsteinischen Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, auf die der 2. Senat seine Entscheidung gestützt hat, datiert von Dezember 2005. Auch gegenwärtig liegen die Entsorgungspreise in anderen Kreisen deutlich niedriger. Nach dem abfallwirtschaftlichen Preis-/Leistungsvergleich Schleswig-Holstein/Hamburg für das Gebühren-/Entgeltjahr 2014 (Informationsmaterial des Kreises Rendsburg-Eckernförde), der ebenfalls in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, rangiert der Kreis Ostholstein an letzter Stelle. Inwieweit es sich insoweit nur um einen „Daumenvergleich“ handelt, mag dahinstehen. Der Senat hat selbst Vergleiche vorgenommen. Die für den Kreis Rendsburg-Eckernförde tätige Abfallwirtschaftgesellschaft (AWR) hat zum Beispiel im Streitjahr 2011 für die Entsorgung des Restabfalls über ein 80-Liter-Gefäß, bei 14tägiger Leerung, einen Betrag von jährlich 110,40 Euro in Rechnung gestellt. Die von den Klägern verlangte Gebühr beträgt demgegenüber 149,88 Euro. Ab 2015 hat die AWR die Entsorgungskosten für Bioabfall bis zu 120 Liter in das sogenannte „Grundentgelt Haushalte“ eingepreist und dieses Grundentgelt gegenüber 2011 um 30,-- Euro erhöht, während von den Klägern für 2011 für die Entsorgung von Bioabfall über ein 80-Liter- Gefäß ein Betrag von 63,96 Euro gefordert wird. Auch die übrigen Entsorgungspreise für 120-Liter bis 1.100-Liter-Behälter lagen bei dem Beklagten im Jahre 2011 um 90 % über denen der AWR im Jahr 2015 (einschließlich Bioabfall). Im Kreis Plön sind die Gebühren ebenfalls erheblich niedriger. Für die 14-tägliche Leerung der Restmülltonne (80 l) werden 99,60 Euro erhoben. Auch die Gebühren für die Leerung der Biotonne (120 l; 14-tägliche Leerung) sind - wenn auch geringfügig - niedriger; sie betragen 55,20 Euro im Jahr. Ebenso verhält es sich im Kreis Schleswig-Flensburg (54,-- Euro).

90

Dies lässt den Rückschluss zu, dass auch in dem Kalkulationszeitraum 2011 bis 2013 die kalkulierten Entsorgungskosten des ZVO allein im Hinblick auf Fremdleistungen der ZVO Entsorgung GmbH deutlich über den Entsorgungskosten anderer Kreise lagen. Dafür spricht auch, dass nach den Angaben des Beklagten (Sitzungsvorlage zum Tagesordnungspunkt 7) 2004 das jährliche Abfallaufkommen für den Restabfall bei ca. 42.400 Mg lag. Die Restabfallmenge dürfte sich in den Folgejahren - wenn überhaupt - nicht wesentlich erhöht haben. In der Kalkulation für das Jahr 2011 werden die Fremdleistungskosten allein aus dem Entsorgungsvertrag mit der ZVO Entsorgung GmbH mit 12.984.510,-- Euro angegeben. Daraus errechnet sich ein Preis von über 305,-- Euro pro Mg, der noch einmal um mehr als 110,-- Euro über dem der Preisumfrage vom Dezember 2005 liegt.

91

Auf weitere Kalkulationsmängel kommt es nach dem vorher Gesagten nicht mehr an. Gleichwohl sei hierzu folgendes kurz ausgeführt:

92

Der Beklagte hat eingeräumt, dass im Streitjahr die kalkulatorische Verzinsung in Höhe von 214.696,-- Euro zu hoch angesetzt war. Dieser fehlerhafte Kalkulationsansatz fällt nicht unter die sogenannte Toleranz- oder Bagatellgrenze. Zwar führt nicht jede geringfügige Kostenüberdeckung, die aus der Einbeziehung nicht gebührenfähiger Kosten resultiert, zur Nichtigkeit des Gebührensatzes (OVG Schleswig, Urt. v. 24.06.1998 - 2 L 22/96 -, NordÖR 1998, 351). Etwas anderes gilt allerdings bei Überschüssen (Gewinn) oder bei der Einbeziehung von Kosten, die offenkundig weder leis- tungs- noch einrichtungsbezogen sind (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 24.06.1998, a.a.O.). Bei einem Fall wie dem vorliegenden, in dem rechtsirrig nicht einrichtungsbezogene Kosten in die Kalkulation eingeflossen sind, führen daher auch geringfügige Auswirkungen auf den Gebührensatz zu dessen Unwirksamkeit (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 04.09.2014 - 4 KN 1/13 -, Juris). Daran ändert auch der Ausgleich von Über- und Unterdeckungen in nachfolgenden Kalkulationsperioden gemäß § 6 Abs. 2 Satz 9 KAG nichts.

93

Der Wert des Betriebs- und Anlagevermögens, das der ZVO in die ZAG eingebracht hat, ist nicht als Ertrag in die Gebührenkalkulation einzustellen. Die Einrichtung der Abfallbeseitigung ist nicht beitragsfinanziert. Der Gebührenschuldner wird nur über die Gebühr in Höhe der Abschreibungen wegen des Werteverzehrs und die Einstellung kalkulatorischer Zinsen in die Gebührenbedarfsberechnung belastet. Die Veräußerung oder die Übertragung eines noch nicht abgeschriebenen Anlagegutes auf eine Gesellschaft wirkt sich daher bei Abschreibung vom Anschaffungs- oder Herstellungswert regelmäßig nicht gebührenmindernd aus. Ist dagegen in der Vergangenheit vom Wiederbeschaffungszeitwert abgeschrieben worden, hätten nach Ablauf der Nutzungsdauer Gebührenmehreinnahmen zur Finanzierung der Re-Investition zur Verfügung gestanden. Diese Mehreinnahmen dürfen dem Gebührenhaushalt nicht entzogen werden, wenn der Vermögensgegenstand der Einrichtung veräußert wird und eine Re-Investition nicht mehr beabsichtigt ist. Entsprechendes mag gelten, wenn vor Ablauf der tatsächlichen Nutzungsdauer der Vermögensgegenstand vollständig abgeschrieben ist oder der tatsächliche Wert den Restbuchwert zum Zeitpunkt der Veräußerung übersteigt. In diesem Fall wird der Vermögensgegenstand der (unmittelbaren) Nutzung durch die Einrichtung entzogen, obwohl der Gebührenzahler für die Restnutzungsdauer bereits durch Gebührenzahlungen in Vorlage getreten ist. Dies rechtfertigt die Forderung, den Restbuchwert des Vermögensgegenstandes, soweit er den buchmäßigen Restwert übersteigt, dem Gebührenhaushalt gutzubringen (OVG Schleswig, Urt. v. 16.02.2005- 2 LB 109/03 -, Juris).

94

Ob Letzteres auch für den Fall der umfänglichen Beauftragung eines Dritten, verbunden mit Veräußerung beziehungsweise Übertragung von Anlagegütern auf diesen Dritten, gilt, erscheint fraglich. Denn in diesem Fall ist der Gebührenschuldner dadurch geschützt, dass der Entsorgungsvertrag mit dem Dritten wegen des Ausschreibungsgebots nur geschlossen werden kann, wenn er das günstigste Angebot abgegeben hat. Im Übrigen ist für den Senat nicht ersichtlich, dass vorliegend nach Wiederbeschaffungszeitwerten abgeschrieben wurde, Verkaufserlöse über dem Restbuchwert erzielt wurden oder vollständig abgeschriebene Anlagegüter in die ZAG eingebracht wurden, die noch zur Leistungserbringung zur Verfügung standen.

95

Die in die Kalkulation eingestellten Personalkosten in Höhe von 694.290,-- Euro (für 2011) sind nach den Angaben des Beklagten Personalkosten die unmittelbar der Abfallentsorgung zuzurechnen sind. Insoweit stellt sich nur die Frage nach der Zuordnung dieser Kosten zu den einzelnen Kostenträgern (Rest-, Bio-Abfall usw.). Der Beklagte hat die Zuordnung nach der Anzahl der Bescheide vorgenommen, was - gegenüber einer Erfassung von Beschäftigungszeiten - ein grober Zuordnungsschlüssel ist, in Anbetracht der Höhe der Kosten und der nur geringfügigen Auswirkung auf die Gebührensätze aber akzeptabel erscheint.

96

Querschnittskosten, darunter fällt auch die von den Klägern wiederholt angesprochene 0,7 Juristenstelle, sind in der Kalkulationsposition „Interne Leistungsverrechnungen“ enthalten. Welchen Verteilungsschlüssel der Beklagte insoweit gewählt hat, ist für den Senat nicht ersichtlich, mag aber dahinstehen, denn der Beklagte hat bereits 2006 selbst Zweifel an der Richtigkeit der Zuordnung von Personalkosten zur Einrichtung Abfallbeseitigung gehabt und deshalb den ermittelten Gesamtbetrag der Querschnittskosten in Höhe von 1.177.000,-- Euro (davon 682.000,-- Euro Personalkosten) auf 526.000,-- Euro gekürzt. Nach der hier maßgeblichen Kalkulation sind 335.000,-- Personalkosten als Querschnittskosten in Ansatz gebracht worden. Den Gesamtbetrag von 732.000,-- Euro hat der Beklagte auf den 2006 in Ansatz gebrachten Betrag von 526.000,-- Euro gekürzt, Tarifsteigerungen in Höhe von 9,9 % berücksichtigt und so einen Gesamtbetrag in Höhe von 584.570.-- Euro (für 2011) errechnet und in die Kalkulation eingestellt. In welcher Höhe Personalkosten als Querschnittskosten in die Kalkulation eingestellt worden sind, ist demzufolge nicht exakt nachzuvollziehen. Da die übrigen Querschnittskosten aber (wohl) nicht zu beanstanden sein dürften, dürfte die Kürzung um ca. 150.000,-- Euro im Wesentlichen auf Personalkosten entfallen und deshalb dieser Ansatz nicht überhöht sein.

97

Schließlich ist auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte keine Zinserträge in die Kalkulation eingestellt hat. Bei rechtmäßiger Handhabung der Veranlagung dürfen Zinserträge in Folge von Gebührenzahlungen und Zahlungen an Fremddienstleister nicht entstehen. Die Gebühr entsteht mit der Verwirklichung des Gebührentatbestandes. Der Beklagte erhebt eine Jahresgebühr, die regelmäßig (Ausnahme siehe § 12 KAG) erst nach Ablauf des Erhebungsjahres festgesetzt, jedenfalls aber nicht vor Ablauf des Erhebungsjahres erhoben werden kann (siehe zur Abwassergebühr: OVG Schleswig, Urt. v. 22.02.2003 - 2 K 1/01 -, SchlHA 2003, 255). Das KAG kennt keine sogenannte „antizipierte“ Benutzungsgebühr, vielmehr können gemäß § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG auf Benutzungsgebühren (nur) vom Beginn des Erhebungszeitraums an (angemessene) Vorauszahlungen bis zur Höhe der voraussichtlich entstehenden Gebühr gefordert werden. Etwaige Zinserträge, die der Beklagte erzielt, weil er nach § 11 AGS - entgegen § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG - die Zahlung der noch nicht entstandenen Jahresgebühr schon während des Erhebungsjahres in halbjährlichen Teilbeträgen am 15. März und 15. September verlangt, sind deshalb nur im Rahmen des Ausgleichs von Über- und Unterdeckungen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 9 KAG zu berücksichtigen.

98

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

99

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2013 geändert.

Der Bescheid des Beklagten vom 3. Februar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2011 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zur Abfallgebühr für das Jahr 2011.

2

Der Kreis Ostholstein hat mit Beitrittsvertrag vom 3./16. Mai 1994 und erneut mit Vertrag vom 23./30. Juni 2004 dem beklagten Zweckverband die Aufgabe der Abfallbeseitigung, sowie nunmehr mit Wirkung vom 1. Januar 2005 auch das Satzungsrecht übertragen.

3

Der Beklagte setzte gegenüber den Klägern als Eigentümer eines Grundstücks in B-Stadt mit Bescheid vom 3. Februar 2011 Abfallgebühren in Höhe von 63,96 Euro für die Bioabfallentsorgung sowie eine Mindestgebühr in Höhe von 50,04 Euro zuzüglich einer Leistungsgebühr in Höhe von 99,94 Euro fest und verlangte die Zahlung von insgesamt 213,84 Euro ratenweise zu bestimmten Terminen.

4

Den Widerspruch der Kläger wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 6. September 2011 als unbegründet zurück.

5

Die Kläger haben am 22. September 2011 Klage erhoben.

6

Sie haben die Rechtmäßigkeit der sogenannten Privatisierung der Abfallbeseitigung durch den Beklagten, das heißt die Rechtmäßigkeit der Gründung einer Entsorgungsgesellschaft, an der der Beklagte mehrheitlich beteiligt ist, und deren umfängliche Beauftragung mit der Abfallbeseitigung bezweifelt. Außerdem sei die Erhebung einer Mindestgebühr unzulässig. Zu beanstanden sei auch die Staffelung der Mindestgebühr nach der Behältergröße. Die Erhebung einer Mindestgebühr für 80-Liter-Gefäße sei zu beanstanden, weil diese Gefäßgröße für Kleinsthaushalte nicht erforderlich sei. Für einen 1-Personen- Haushalt reiche ein 40-Liter-Gefäß aus. Selbst wenn man die Mindestgebühr als besondere Zusatzgebühr für zulässig halte, könnten nicht 30 % der Gesamtkosten, die zu 90 % auf Fremdleistungskosten beruhten, die nach dem Entsorgungsvertrag allein nach der Literzahl der Abfallbehälter zu berechnen seien, über diese Zusatzgebühr gedeckt werden.

7

Desweiteren seien die in § 4 Abs. 2 der Gebührensatzung festgelegten Gebührensätze überhöht. Die in die Gebührenkalkulation eingestellten Fremdleistungskosten seien nicht in vollem Umfang erforderlich. Das Vergabeverfahren sei mit gebührenrechtlich relevanten Fehlern behaftet. Der Beklagte habe während des Verfahrens die Höchstpreise geändert. Dies habe an sich die Rückversetzung des Verfahrens in den Stand vor Abgabe des sogenannten „ersten Angebots" erfordert. Der Beklagte habe das Gebot, privatisierungsbedingte Mehrkosten zu unterlassen, nicht beachtet. Im Rahmen der Privatisierung habe der Beklagte unzulässigerweise öffentliches Vermögen entschädigungslos auf die Entsorgungsgesellschaft übertragen. Im Übrigen seien Zinserträge infolge der Erhebung der Gebühr während des Veranlagungsjahres in die Kalkulation einzustellen. Die Kosten von Serviceleistungen, insbesondere die Personalkosten für eine 0,7-Juristenstelle, seien der Abfallentsorgung nicht im veranschlagten Umfang zuzuordnen.

8

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht haben die Kläger schließlich geltend gemacht, dass unklar sei, welches Satzungsrecht anzuwenden sei. Der Beklagte habe im Sommer 2010 verschiedene Gebührensatzungen beschlossen, die allesamt für das Erhebungsjahr 2011 Geltung beanspruchen könnten.

9

Die Kläger haben beantragt,

10

den Abfallgebührenbescheid des Beklagten vom 3. Februar 2011 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2011 aufzuheben.

11

Der Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er hat erwidert:

14

Die Kläger stellten pauschal die Rechtmäßigkeit der Organisationsstruktur des Beklagten in Frage. Der Vortrag sei in seiner Pauschalität zu unsubstantiiert, als dass seitens des Beklagten hierzu Stellung genommen werden könne.

15

Die Übertragung von öffentlichem Betriebs- und Anlagevermögen auf die Entsorgungsgesellschaft sei nicht entschädigungslos erfolgt, vielmehr habe der Beklagte entsprechende werthaltige Geschäftsanteile an der GmbH erworben.

16

Die Erhebung der Mindestgebühr sei zulässig. Dabei handele es sich nur um eine besondere Erhebung einer Leistungsgebühr. Eine Grundgebühr werde nicht erhoben. Ein Anspruch auf Bereitstellung von kleineren Behältern als 80-Liter-Gefäße bestehe nicht. Sei kein kleineres Gefäß vorhanden, könne die Gebührensatzung grundsätzlich keine kleinere Leistungseinheit als Maßstab wählen.

17

Zinserträge seien nicht angefallen. Die Kosten der Serviceeinheiten seien der Abfallbeseitigung nach sachgerechten Kriterien zugeordnet worden. Es treffe nicht zu, dass in die Gebührenkalkulation des Streitjahres eine Juristenstelle einbezogen worden sei. Es seien keine Stellen angesetzt worden, sondern die Kosten der Leistung von Abteilungen seien der Abfallbeseitigung anteilig zugeordnet worden.

18

Die Fremdleistungskosten seien erforderlich. Dies folge grundsätzlich bereits daraus, dass der Entsorgungsvertrag aufgrund einer öffentlichen Ausschreibung geschlossen worden sei. Die Bestimmungen des Vergaberechts seien eingehalten worden. Das Vergabeverfahren sei entsprechend dem Beschluss der Vergabekammer vom 19. August 2004 in einen früheren Stand zurückgesetzt worden und unter Beachtung der Vorschriften des Vergaberechts beendet worden.

19

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 20. Dezember 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

20

Der Beklagte habe in der mündlichen Verhandlung unter Vorlage von Abrechnungen der Jahre 2007 und 2011 überzeugend dargelegt, dass seine Prognoseentscheidung, dass Zinserträge infolge von Zahlungen der Gebührenschuldner an den Beklagten einerseits und Zahlungen des Beklagten an die ZVO Entsorgung GmbH andererseits nicht entstehen werden, stichhaltig gewesen sei.

21

Ob der verwandte Verteilungsschlüssel zur Aufteilung von Serviceleistungen in jeder Hinsicht überzeuge, könne dahinstehen, weil sich eine dadurch etwaig bewirkte Fehlerhaftigkeit der Kalkulation innerhalb der 5%igen Toleranzgrenze bewege.

22

Der Wegfall der 2-Personen-Privilegierung nach dem neuen Gebührensystem sei nicht zu beanstanden. Der von dem Beklagten in Auftrag gegebenen Untersuchung sei zu entnehmen, dass die auf 80-Liter-Behälter entfallende Ermäßigung zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung geführt habe.

23

Entgegen der Auffassung der Kläger sei auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte neben Jahresleistungsgebühren auch als Jahresmindestgebühren bezeichnete Behältergebühren erhebe. Eine Einschränkung der ortsgesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit sei der Vorschrift des § 6 Abs. 4 KAG, in der Mindestgebühren nicht genannt seien, nicht zu entnehmen. Die dort vorgenommene Aufzählung sei nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig nur beispielhaft. Die Regelungen des § 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 Satz 1 der Gebührensatzung des Beklagten führe zu einer Mindestgebühr von 89,98 Euro. Es sei nichts dafür erkennbar, dass die Höhe dieser Mindestgebühr in einem offensichtlichen Missverhältnis zum Maß der tatsächlichen Inanspruchnahme stehe. Dies ziehe nach sich, dass der Beklagte nicht gehalten sei, ein 40-Liter-Gefäß zur Verfügung zu stellen.

24

Die Kläger könnten auch nichts daraus herleiten, dass die Abfallentsorgung in Ostholstein teurer sei als anderenorts. Mit Blick auf das Kostenüberschreitungsverbot komme es auf die konkret zu beurteilende öffentliche Einrichtung und die ihr eigentümlichen Verhältnisse an.

25

Der Umstand, dass die ZVO Entsorgung GmbH Gewinne erwirtschafte sei unergiebig. Denn diese Gewinne seien ebenso wenig wie die Erträge des Beklagten aus dem Geschäftsanteil an der ZVO Entsorgung GmbH Einnahmen aus dem Betrieb der gebührenfinanzierten Abfallbeseitigung.

26

Der Vorteilsgerechtigkeit der Gebühren stehe auch nicht entgegen, dass sie sich nicht an der Kostenstruktur des Entsorgungsvertrages mit der ZVO Entsorgung GmbH orientierten. Der Vorteil der unschädlichen Abfallbeseitigung werde weder durch die Einschaltung Dritter zur Leistungserbringung noch durch den Inhalt des mit dem Dritten geschlossenen Vertrages geändert.

27

Die Kritik der Kläger an der Höhe der in die Kalkulation eingestellten Kosten der Fremdleistungen der ZVO Entsorgung GmbH sei unberechtigt. Denn ungeachtet dessen, dass die öffentliche Hand steuerbegünstigt und deshalb möglicherweise in der Lage sei, die Entsorgungsleistung in Eigenregie für den Gebührenschuldner kostengünstiger zu erbringen, seien diese Kosten nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KAG ansatzfähig, soweit die Beauftragung des Dritten unter Beachtung der Vorschriften des Vergaberechts erfolgt sei, woran vorliegend kein Zweifel bestehe. Gegenteiliges lasse sich auch nicht aus der Entscheidung der Vergabekammer vom 17. August 2004 herleiten. Aus vergaberechtlichen Bedenken könne der Schluss, dass Kosten nicht erforderlich seien, nicht gezogen werden, wenn feststehe, dass die Inanspruchnahme der Leistung selbst erforderlich sei. Die letztlich von der Vergabekammer verworfene Rückversetzung des Verfahrens sei kein belastbares Indiz für die Annahme, dass eine kostengünstigere Lösung für die Erfüllung der Aufgabe hätte gefunden werden können. Damit lasse sich aus dem Beschluss der Vergabekammer unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt ein fortwirkender Verstoß gegen das Vergaberecht herleiten.

28

Schließlich bestünden auch keine Zweifel daran, dass die Gebührensatzung vom 24. Juni 2010, die zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten sei, im vorliegenden Fall maßgeblich sei. Die am selben Tag rückwirkend zum 1. Januar 2008 erlassene weitere Gebührensatzung entfalte für den hier in Rede stehenden Gebührenzeitraum ab 2011 keine Wirkung mehr, auch wenn die ab dem 1. Januar 2011 geltende Satzung, die rückwirkend zum 1. Januar 2008 erlassene Satzung nicht ausdrücklich aufgehoben oder geändert habe.

29

Der Senat hat durch Beschluss vom 31. Juli 2014 auf Antrag der Kläger die Berufung zugelassen. Zur Begründung der Berufung wiederholen und vertiefen die Kläger ihr erstinstanzliches Vorbringen.

30

Sie tragen ergänzend vor:

31

Die Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Zwar habe es eine Ausschreibung gegeben, die ZVO Entsorgung GmbH sei aber an der Ausschreibung und an dem Vergabeverfahren nicht beteiligt gewesen. Im Übrigen habe die Vergabekammer in ihrem Beschluss vom 17. August 2004 gravierende Verstöße gegen das Vergaberecht festgestellt, die - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht in vollem Umfang geheilt worden seien.

32

Die Kläger beantragen,

33

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 22. Dezember 2013 abzuändern und den Abfallgebührenbescheid des Beklagten vom 3. Februar 2011 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2011 aufzuheben.

34

Der Beklagte beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil, wiederholt und vertieft seinerseits sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor:

37

Wenn die Erhebung einer Mindestgebühr aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen wäre, wäre auch der sogenannte Behältermaßstab denklogisch ausgeschlossen. Zudem liege im vorliegenden Rechtsstreit eine Mindestgebühr im juristischen Sinne gar nicht vor. Der Begriff der Jahresmindestgebühr sei im Vorfeld des Erlasses der Satzung geprägt worden, weil gerade keine Grundgebühr habe geschaffen werden sollen. Tatsächlich handele es sich nicht um eine Mindestgebühr, sondern um eine Behältergebühr zur Finanzierung eines Teils des Gebührenbedarfs nach dem Nennvolumen der genutzten Abfallbehälter.

38

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

39

Die zulässige Berufung ist begründet.

40

Der Abfallgebührenbescheid des Beklagten vom 3. Februar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. September 2011 ist rechtswidrig, weil der Beklagte eine sogenannte „Jahresmindestgebühr“ erhebt (1.) und die Gebührensätze des §4 Abs. 2 und 3 der Abfallgebührensatzung des Beklagten (AGS) vom 24. Juni 2010 in der für das Streitjahr 2011 geltenden Fassung überhöht und damit nichtig sind (2.).

41

1. Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Gebührenbescheides für das Erhebungsjahr 2011 ist §5 Abs. 2 LAbfWG (in der bis zum 24.04.2014 geltenden Fassung) i.V.m. § 6 KAG und der maßgeblichen Gebührensatzung des Beklagten.

42

Maßgeblich für das Erhebungsjahr 2011 ist die von der Verbandsversammlung des Beklagten am 24. Juni 2010 beschlossene und gemäß § 13 AGS am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Satzung. Die zeitgleich am 24. Juni 2010 ebenfalls beschlossenen Abfallgebührensatzungen, die sich von der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen insbesondere im Hinblick auf die Gebührensätze unterscheiden, sind zu verschiedenen Zeitpunkten rückwirkend in Kraft getreten. Dies zwingt zu dem Schluss, dass diese weiteren Satzungen jeweils nur eine zeitlich begrenzte Geltungsdauer haben (sollten) und mit Ablauf des Jahres 2010 nur noch die ab dem 1. Januar 2011 in Kraft getretene Satzung Geltung beanspruchen kann. Dass der Satzungsgeber nur das Inkrafttreten der Satzungen der für vergangene Zeiträume geltenden Satzungen und nicht deren Außerkrafttreten geregelt hat, was wünschenswert gewesen wäre, führt zu keinen Unklarheiten. Eine zu einem früheren Zeitpunkt in Kraft getretene Satzung verliert ihre Gültigkeit ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einer zeitlich nachfolgenden Satzung, die die Erhebung einer gleichen oder gleichartigen Abgabe regelt. § 2 KAG erfordert nicht, dass eine Satzung, die sich keine Rückwirkung beimisst, das Außerkrafttreten einer „Vorgängersatzung“ ausdrücklich regelt. Der Beklagte hat allerdings in der Folgezeit am 11. Dezember 2013 eine weitere Gebührensatzung beschlossen, die rückwirkend zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist. Diese später beschlossene rückwirkende Satzung wäre im vorliegenden Fall maßgeblich, wenn sie sich auch auf das Erhebungsjahr 2011 bezöge. Das ist jedoch nicht der Fall. Mit dem Inkrafttreten dieser Satzung sollte gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 nur die Gebührensatzung für das Abrechnungsjahr 2010 außer Kraft treten, nicht dagegen die hier für das streitgegenständliche Erhebungsjahr 2011 geltende Satzung. Auch trifft § 13 Abs. 2 dieser Satzung im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot des § 2 Abs. 2 KAG nur eine Regelung für das Erhebungsjahr 2010. Den Klägern ist einzuräumen, dass infolge des rückwirkenden Erlasses mehrerer Satzungen nicht auf Anhieb erkennbar ist, welche Satzung für welches Erhebungsjahr gilt, Zweifel lassen sich jedoch bei näherer Betrachtung ausräumen, sodass der Grundsatz der Rechtsklarheit (noch) nicht verletzt ist. Der Beklagte hat auf Anfrage des Gerichts mitgeteilt, dass nach Erlass der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Satzung vom 24. Juni 2010 zwar noch später rückwirkende Satzungen beschlossen worden seien, die allerdings ausdrücklich nur den Zeitraum 2007 bis 2010 betroffen hätten. Gegenteiliges ist für den Senat nicht ersichtlich.

43

Formelle Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der danach maßgeblichen Satzung erheben die Kläger nicht. Für den Senat sind solche auch nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen für den Senat keine Zweifel, dass die Verbandsversammlung zum Erlass der Satzung berechtigt war. Der Kreis Ostholstein als gemäß § 3 Abs. 1 LAbfWG zuständiger Entsorgungsträger hat die Aufgabe der Abfallentsorgung bereits 1994, erneuert durch Vertrag vom 23./30. Juni 2004, nunmehr einschließlich der Satzungsbefugnis mit Wirkung zum 1. Januar 2005 auf den Beklagten übertragen.

44

Die Erhebung sogenannter „Jahresmindestgebühren“ gemäß § 4 Abs. 2 AGS verstößt gegen höherrangiges Recht. Die Satzungsregelung ist daher insoweit nichtig und die darauf beruhende Veranlagung rechtswidrig.

45

Der Senat teilt die Auffassung des Beklagten, dass es sich bei der „Jahresmindestgebühr“ gemäß § 4 Abs. 2 AGS nicht um eine Mindestgebühr im Rechtssinne handelt. Die Mindestgebühr ist eine Benutzungsgebühr, die sich - anders als die Grundgebühr- jeweils insoweit am Maß der Inanspruchnahme orientiert, als bis zu einer bestimmten Grenze, die nach der (durchschnittlichen) Mindestinanspruchnahme zu bemessen ist, eine Pauschalgebühr erhoben wird, die dem Abgabengläubiger die Feststellung der Verbrauchs- oder Leistungsmenge in den betroffenen Fällen und insoweit die Berechnung der Gebühr erspart (BVerwG, Urt. v. 01.08.1986 - 8 C 120.84 -, NVwZ 1987, 79, s. auch Urt. v. 01.12.2005 - 10 C 4.04 -, NVwZ 2006, 589). Eine solche, nur für Kleinsthaushalte geltende Mindestgebühr erhebt der Beklagte nicht, sondern eine Teil-Behältergebühr, gestaffelt nach dem Behältervolumen. Da es auf die Bezeichnung nach dem Wortlaut der Gebührensatzung nicht ankommt, kann dahinstehen, ob Mindestgebühren nach dem Abfallgebührenrecht des Landes Schleswig-Holstein erhoben werden dürfen. Der Senat merkt gleichwohl an, dass schon § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG der Erhebung von Mindestgebühren entgegenstehen dürfte.

46

Nach § 5 Abs. 2 LAbfWG richtet sich die Erhebung von Abfallgebühren nach dem KAG Schleswig-Holstein mit verschiedenen Maßgaben. Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG können im Rahmen des Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzips entsprechend den Abfallmengen gestaffelte Gebühren erhoben werden. Diese Maßgabe wäre überflüssig, wenn damit nur das Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzip als maßgeblich für das Abfallgebührenrecht bestimmt werden sollte. Das Äquivalenzprinzip ist als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dem Begriff der Gebühr immanent (BVerfG, Beschl. v. 11.10.1966 - 2 BvR 179/64 u.a. -, BVerfGE 20, 247, 270 u. Beschl. v. 07.02.1991 - 2 BvR 24/84 -, BVerfGE 83, 363, 392). Das Kostendeckungsprinzip ist ausdrücklich in § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG als Bemessungsgrundlage für die Benutzungsgebühr festgelegt. Demnach bleibt als Maßgabe nur die Erhebung entsprechend den Abfallmengen gestaffelter Gebühren. Da die Mindestgebühr sich an der durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme der Einrichtung zu orientieren hat (BVerwG, Urt. v. 01.08.1986 - 8 C 112.84 -, KStZ 1987, 11), mithin eine Pauschalgebühr ist, ist sie jedenfalls als solche keine nach Abfallmengen gestaffelte Gebühr. Dem Wortlaut der Maßgabe des § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG kann nicht entnommen werden, dass - abweichend von § 6 KAG - im Abfallgebührenrecht die Erhebung einer Mindestgebühr zulässig sein soll. Die Maßgabe war bereits in der Ursprungsfassung des § 5 Abs. 2 (seinerzeit Nr. 1) des LAbfWG von 1991 enthalten. In der Begründung (LT-Drs. 12/1432 S. 39 f.) heißt es, Nr. 1 stelle klar, dass zur Schaffung von Anreizen zur dringend gebotenen Abfallvermeidung eine Staffelung der Benutzungsgebühren in Abhängigkeit zur Menge der der entsorgungspflichtigen Körperschaft jeweils überlassenen Abfälle zulässig ist. Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze seien so zu staffeln, dass sie den unterschiedlichen Ausmaßen der erbrachten Leistung Rechnung tragen. Von der Zulässigkeit einer Mindestgebühr, die der Abfallvermeidung entgegenwirkt, ist nicht die Rede.

47

Aus der Maßgabe des § 5 Abs. 2 Nr. 3 LAbfWG lässt sich Gegenteiliges nicht entnehmen. Danach können u.a. benutzungsunabhängige Betriebskosten (Fixkosten) der vorgehaltenen Bioabfallentsorgung in die Bemessung von Abfallentsorgungsgebühren einbezogen werden. Können danach - ohne tatsächliche Inanspruchnahme der Bioabfallentsorgung - die Fixkosten in die Bemessung der (allgemeinen) Abfallgebühr einbezogen werden, lässt sich daraus nur der Schluss ziehen, dass nach der später in das Gesetz aufgenommenen Maßgabe Nr. 3 im Rahmen der Bioabfallentsorgung neben der Einbeziehung von Fixkosten der Bioabfallentsorgung in die allgemeine Gebühr noch eine Zusatzgebühr (Leistungsgebühr) im Fall der tatsächlichen Inanspruchnahme erhoben werden kann (muss).

48

Selbst wenn man die Auffassung, dass schon gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 LAbfWG die Erhebung einer Mindestgebühr ausgeschlossen ist, nicht teilt, weil die Mindestgebühr nicht isoliert zu betrachten sei, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Dann findet gemäß § 5 Abs. 2 LAbfWG § 6 KAG - insoweit ohne Maßgabe - Anwendung. Nach § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG sind Benutzungsgebühren grundsätzlich nach dem Umfang und der Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zu erheben. Abweichend von diesem Grundsatz können gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG Benutzungsgebühren (auch) als Grundgebühren und Zusatzgebühren erhoben werden. Die Mindestgebühr findet auch hier keine Erwähnung. Richtig ist, dass die Mindestgebühr eine Leistungsgebühr ist. Sie ist aber eine Pauschalgebühr, die sich als solche nicht nach dem Umfang der Inanspruchnahme richtet. Soweit der früher für das Gebührenrecht zuständige 2. Senat des OVG Schleswig die Auffassung vertreten hat, dass Benutzungsgebühren auch in Gestalt von Mindestgebühren erhoben werden können (vgl. Urt. v. 02.09.2010 - 2 LB 8/10 - zur Schmutzwassergebühr unter Bezugnahme auf eine ältere Entscheidung des OVG Lüneburg, Urt. v. 17.08.1977 - III C 4/77 -, Die Gemeinde 1977, 401 zur Abfallgebühr), vermag der erkennende Senat dem nicht zu folgen. Die dafür gegebene Begründung, auch unter der Geltung des Preußischen KAG seien Gemeinden zur Erhebung von Grund-, Zusatz- und Mindestgebühren ohne spezielle gesetzliche Ermächtigung befugt gewesen, überzeugt nicht. Gesetzesänderungen bringen Rechtsänderungen mit sich. Der Landesgesetzgeber hat für die Erhebung von Benutzungsgebühren eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage geschaffen und speziell geregelt, in welcher Form Benutzungsgebühren erhoben werden dürfen, für die Erhebung einer Mindestgebühr aber - anders als andere Landesgesetzgeber - keine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, obwohl ihm die Rechtslage nach dem Preußischen KAG bekannt gewesen sein dürfte. In der Gesetzesbegründung (LT-Drs. VI/920 S. 25) wird zwar nicht ausdrücklich ausgeführt, dass neben der sogenannten Anschlussgebühr auch die Möglichkeit der Erhebung der Mindestgebühr entfällt. Zur Grundgebühr wird aber ausführlich Stellung genommen, während die Mindestgebühr, die ebenfalls der Rechtfertigung und der Erörterung bedurft hätte, auch in der Gesetzesbegründung keine Erwähnung findet. Auch die Behauptung, die Aufzählung in § 6 Abs. 4 KAG sei lediglich beispielhaft, steht weder mit dem Wortlaut des Gesetzes noch mit der Begründung im Einklang. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG können in Abweichung von dem Grundsatz der Bemessung der Gebühr nach Umfang und Art der Inanspruchnahme Benutzungsgebühren als Grund- und Zusatzgebühren erhoben werden. Dem Wortlaut fehlt jeder Zusatz, der eine erweiternde Auslegung eröffnen und Anhaltspunkte für eine nur beispielhafte Aufzählung sein könnte. Der Wortlaut ist vielmehr abschließend. Auch die Gesetzesbegründung spricht nur davon, dass Satz 1 die Erhebung von Benutzungsgebühren in Form von Grundgebühren und Zusatzgebühren gestatte.

49

Im Übrigen besteht für die Erhebung von Mindestgebühren regelmäßig kein Bedürfnis. Mindestgebühren ersparen dem Abgabengläubiger bei geringfügiger Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung die Messung der Verbrauchs- und Leistungsmenge. Für die Erhebung einer Mindestgebühr ist kein Raum, wenn auch geringe Verbrauchsmengen - wie zum Beispiel bei der Wasserversorgung - gemessen werden oder wenn - wie bei der Abwasserbeseitigung - Maßstab die bezogene Frischwassermenge ist. Im Abfallgebührenrecht findet regelmäßig der Behältermaßstab Anwendung. Insoweit wirkt sich die Bemessung der Gebühr nach dem geringsten Behältervolumen im Zusammenhang mit dem längsten Abfuhrrhythmus wie eine Mindestgebühr aus (siehe OVG Schleswig, Urt. v. 09.11.1991 - 2 L 149/91 -, Die Gemeinde 1992, 160). Eine solche „faktische Mindestgebühr“ ist unvermeidliche Folge der Wahl eines zulässigen Maßstabes und deshalb auch nicht zu beanstanden, wenn das Landesrecht die Erhebung einer Mindestgebühr nicht vorsieht.

50

Die sogenannte „Jahresmindestgebühr“ des § 4 Abs. 2 AGS ist keine Grundgebühr. Der Beklagte führt selbst aus, dass der Begriff „Jahresmindestgebühr“ vom Satzungsgeber in Abgrenzung zur Grundgebühr gewählt wurde. Die Erhebung einer Grundgebühr wäre auch deshalb rechtswidrig, weil die Grundgebühr eine spezielle Gebühr für die Inanspruchnahme der Vorhalteleistung ist (OVG Schleswig, Beschl. v. 24.08.2001 - 2 M 65/01 -, NordÖR 2001, 403 u. Urt. v. 17.01.2001 - 2 L 9/00 -, NordÖR 2001, 307), die der Abdeckung nicht variabler Kosten dient. Die „Jahresmindestgebühr“ des § 4 Abs. 2 AGS soll dagegen einen bestimmten Prozentsatz (ca. 30 %) der Gesamtkosten abdecken, die wesentlich durch Fremdleistungskosten bestimmt werden, die keine variablen Kosten sind (siehe OVG Schleswig, Urt. v. 15.03.2006 - 2 LB 9/05 -, NordÖR 2006, 263).

51

Die vom Beklagten nach § 4 Abs. 2 AGS erhobene „Jahresmindestgebühr“ ist eine Teil-Behältergebühr, die - wie der Beklagte in der Berufungserwiderung zutreffend ausgeführt hat - schlicht der Deckung eines Teils (ca. 30 %) des Gebührenbedarfs dient, bemessen nach dem Nennvolumen des zur Verfügung gestellten Behälters. Es handelt sich mithin um eine Art „Sockelgebühr“, für die die vorstehenden Ausführungen zur Mindestgebühr erst recht gelten und die weder im LAbfWG noch im KAG eine Grundlage findet.

52

Soweit das Verwaltungsgericht ausführt, dass nach den Regelungen der Gebührensatzung bei einem Ein-Personen-Haushalt im Ergebnis (gemeint ist die Gesamtbelastung durch die Jahresmindestgebühr und die Zusatzgebühr bei vierwöchentlicher Abfuhr) zu einer (faktischen) Mindestgebühr in Höhe von jährlich 89,98 Euro führe, die nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum Maßstab der tatsächlichen Inanspruchnahme stehe, spricht es nur das Äquivalenzprinzip an, dem jede Gebührenbelastung genügen muss. Auch die (faktische) Mindestgebühr muss aber der anzunehmenden durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme entsprechen. Dem steht die Erhebung einer Einheitsgebühr für das 80-Liter-Gefäß für Ein- bis Vier-Personenhaushalte entgegen (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 09.11.1991, a.a.O.), auch wenn damit nur ein prozentualer Anteil des Gesamtgebührenbedarfs gedeckt werden soll (siehe hierzu auch die nachfolgenden Ausführungen).

53

Der Entsorgungsträger ist allerdings nicht gehindert, den zulässigen Behältermaßstab zu modifizieren. Es trifft nicht zu, dass die Gebührensatzung grundsätzlich keine kleinere Leistungseinheit als Maßstab für die Gebührenbemessung wählen kann als den kleinsten zur Verfügung gestellten Behälter. Der Beklagte selbst hat in der Vergangenheit bei Zurverfügungstellung eines 80-Liter-Gefäßes als kleinsten Behälter eine (weitere) Differenzierung der Gebühr nach der Anzahl der auf dem Grundstück lebenden Personen durch Satzung geregelt. Dagegen lassen sich Bedenken nicht erheben.

54

Ob die seinerzeitigen Abschläge nach dem alten Gebührensystem für Ein- bis Dreipersonenhaushalte den überlassenen Abfallmengen entsprochen haben, ist eine andere Frage, die hier keiner Erörterung bedarf. Der Entsorgungsträger wäre auch nicht gehindert, Einheitsbehälter für Haushalte zur Verfügung zu stellen und die Gebühr nach der „gebuchten“ beziehungsweise der unter Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten anfallenden Abfallmenge zu bemessen, wobei durch Markierung am Gefäß deutlich gemacht wird, bis zu welchem Verfüllungsgrad die Abfallentsorgung (ohne Gebührenmehrbelastung) in Anspruch genommen werden kann. In dieser Weise wird von anderen Entsorgungsträgern (z.B. dem Kreis Rendsburg-Eckernförde) verfahren. Die Frage nach der Zurverfügungstellung eines 40-Liter-Behälters stellt sich daher nicht. Dem Entsorgungsträger ist auch nicht verwehrt, die Gebühr kostenorientiert zu bemessen, das heißt nach Leistungsbereichen (Entleerung, Transport und Beseitigung) zu unterscheiden, um so dem Umfang und der Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung bei der Gebührenbemessung in besonderer Weise Rechnung zu tragen. Allerdings kommt eine solche differenzierte kostenorientierte Gebührenbemessung nur in Betracht, soweit dem Entsorgungsträger nach Leistungsbereichen zu unterscheidende Kosten entstehen, die eine Zuordnung allein nach dem Behältervolumen nicht als verursachungsgerecht erscheinen lassen.

55

Der Beklagte hat mehr oder weniger willkürlich die „Jahresmindestgebühr“ auf der Grundlage eines Anteils am Gesamtaufwand in Höhe von ca. 30 % kalkuliert. Für den Senat ist nicht ersichtlich, wie der Beklagte den Prozentsatz ermittelt hat. In der Sitzungsvorlage der Verbandsversammlung vom 24. Juni 2010 (zum Tagesordnungspunkt 7 b, S. 4) heißt es dazu: Die Mindestgebühr richte sich nicht an dem absoluten Minimum einer Inanspruchnahme der Einrichtung, sondern an der durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme aus. Sie finanziere demgemäß ca. 30 % der Gesamtkosten der Einrichtung. Letzteres macht nur das Fehlverständnis des Beklagten vom Wesen der Mindestgebühr deutlich. Die nach § 4 Abs. 2 AGS von allen Benutzern der Restabfallentsorgung zu erhebende „Sockelgebühr“ steht mit der durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung durch Kleinsthaushalte in keinem sachlichen Zusammenhang.

56

Den jährlichen Gebührenbedarf für die Entsorgung des Restabfalls (ohne Bedarfsund Mehrfachabfuhr) in Höhe von ca. 13,7 Mio Euro hat der Beklagte nach einem Durchschnitt für drei Jahre abzüglich einer Dividende in Höhe von 400.000,-- Euro errechnet. Der danach durch die „Jahresmindestgebühr“ zu deckende Kostenanteil beträgt 4.092.253,-- Euro. Dieser Betrag wird durch sogenannte Mindestgebühreneinheiten geteilt. Die Mindestgebühreneinheiten (65.386) errechnen sich aus einem Faktor (0,8 für 80-Liter-Gefäße bzw. 1,0 - 5,0 für die 120-Liter-Gefäße bis 1.100-Liter- Gefäße) multipliziert mit der Anzahl der Behälter. Ergebnis ist ein Betrag in Höhe von 62,59 Euro pro Mindestgebühreneinheit. Dieser Betrag wird in einem 2. Schritt wieder mit dem Faktor der jeweiligen Behältergröße multipliziert, sodass sich (in etwa) die in der Gebührensatzung festgelegten „Jahresmindestgebühren“ errechnen. Danach wird der durch die „Mindestgebühr“ zu deckende Gebührenbedarf von den Grundstückseigentümern, denen ein 80-Liter-Gefäß zur Verfügung gestellt wird, in Höhe eines Betrages von 2.720.975,04 Euro (54.376 Behälter x 50,04 Euro) gedeckt. Dies sind ca. 66,5 % des durch die Mindestgebühr zu deckenden Gebührenbedarfs, während die Behälterkapazität der 80-Liter-Gefäße nur bei 53,41 % der gesamten Behälterkapazitäten liegt.

57

Die Anwendung von Faktoren zur Ermittlung der Mindestgebühreneinheit und die damit verbundende degressive Steigerung der „Mindestgebühr“ begründet der Beklagte damit, dass der spezifische Aufwand, zum Beispiel die in etwa gleich hohen Anfahrkosten unabhängig von der Behältergröße, pro entsorgtem Liter abnehme. Die vorgenommene Behältergrößenfaktorisierung erfolge gemäß anerkannter Literatur- und Branchenwerte. Nach überschlägigen Überprüfungen lägen auch keine Erkenntnisse vor, die ein Abweichen von diesen Werten in Ostholstein begründen würden (S. 3 der Sitzungsvorlage zur Verbandsversammlung zum Tagesordnungspunkt Nr. 7 b). Erstinstanzlich hat der Beklagte ergänzend vorgetragen, ein 80-Liter-Gefäß sei nicht für 2/3 des Anschaffungsaufwandes eines 120-Liter-Gefäßes zu erwerben. Der zeitliche Aufwand für eine Leerung und die Anschaffung entspreche vielmehr dem typischen Verhältnis von 80 % im Vergleich zu einem 120-Liter-Gefäß. Für den Senat ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass aus den vorgenannten Gründen der Entsorgungsaufwand der ZVO Entsorgung GmbH pro Liter überlassenen Abfalls mit zunehmender Behältergröße abnimmt, dies hat jedoch keine entsprechende Auswirkung auf die Fremdleistungskosten, die der Beklagte pro Liter zu tragen hat und die anteilig durch die „Mindestgebühr“ gedeckt werden sollen, weil nach dem Entsorgungsvertrag pro Liter gleich hohe Beträge in Rechnung gestellt werden (im Kalkulationsjahr 2010 ca. 1,51 Euro pro Liter sowohl für das 80-Liter-Gefäß als auch für das 120-Liter-Gefäß). Entstehen beim Entsorgungsträger gleich hohe Kosten pro Liter des zur Verfügung gestellten Behälters, kann der unterschiedliche Entsorgungsaufwand des Fremdleisters pro Liter eine Gebührendifferenzierung aus Kostengründen nicht rechtfertigen.

58

Die Anschaffungskosten für Behälter dürften kaum ins Gewicht fallen, sie sind zudem entsprechend ihrer Lebensdauer kalkulatorisch auf mehrere Jahre zu verteilen.

59

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts lässt sich die relative Mehrbelastung der Benutzer, denen ein 80-Liter-Gefäß zur Verfügung gestellt wird, auch nicht mit unterschiedlichen Vorteilen begründen. Richtig ist, dass die Gebühr ein Vorteilsentgelt ist. Die Bemessung der Gebühr hat sich aber gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG nach der überlassenen Abfallmenge beziehungsweise gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG grundsätzlich nach dem Umfang und der Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zu richten. Führt die Inanspruchnahme der Einrichtung über ein 80-Liter- Gefäß beim Entsorgungsträger nicht zu höheren Kosten pro Liter, besteht auch kein Grund für eine weitere Gebührendifferenzierung.

60

Die Mehrbelastung der Nutzer von 80-Liter-Gefäßen kann auch nicht mit dem Füllgrad gerechtfertigt werden. Vielmehr liegt der Füllgrad nach der vom Beklagten in Auftrag gegebenen Untersuchung bei den 120-Liter- und 240-Liter-Behältern über dem der 80-Liter-Gefäße (eine Ausnahme besteht bei Grundstücken, die von mehr als 3 Personen bewohnt werden und denen nur ein 80-Liter-Gefäß zur Verfügung gestellt wird). Etwas anders stellt sich die Sachlage beim Vergleich der Schütt- und Raumdichte dar. Jedenfalls dann, wenn auch eine Biotonne vorhanden ist, ist die Schütt- und Raumdichte bei den 120-Liter- und 240-Liter-Behältern regelmäßig geringer als bei den Haushalten, die über einen 80-Liter-Behälter verfügen. Die Füllgrade und die Schüttdichte beziehungsweise Raumdichte bei Verwendung von 770-Liter- und 1. 100-Liter- Behältern wurden von dem Beklagten nicht untersucht, sodass sich insoweit keine Aussage treffen lässt, ob insbesondere im Hinblick auf die Menge des überlassenen Abfalls pro Liter Gefäßinhalt wesentliche Abweichungen bestehen.

61

Die relative Mehrbelastung der Grundstückseigentümer, denen ein 80-Liter-Gefäß zur Verfügung gestellt wird, findet demnach weder aus Kostengründen noch wegen des Umfangs und der Art der überlassenen Abfallmenge eine Rechtfertigung. Entscheidend kommt hinzu, dass die Mindestgebühr für die 80-Liter-Gefäße unterschiedslos erhoben wird, unabhängig davon, welcher Abfuhrrhythmus gewählt wird und wie viele Personen auf dem Grundstück wohnen. Füllgrade, Schütt- und Raumdichte liegen bei vierwöchiger Leerung häufig sogar unter den Werten der zweiwöchigen Leerung.

62

Schließlich steigt der Abfall mit der zunehmenden Zahl der auf dem Grundstück lebenden Personen. Insoweit ist allerdings keine lineare Steigerung festzustellen, gleichwohl wirkt sich die undifferenzierte „Mindestgebühr“ für Grundstücke mit 80- Liter-Gefäßen zum Nachteil der Ein- und Zwei-Personen-Haushalte aus (insbesondere bei Wahl des vierwöchentlichen Abfuhrrhythmus). Eine Ermäßigung der „Mindestgebühr“ für Grundstücke, auf denen nur eine Person wohnt, sieht die Satzung nicht vor. Gemäß § 4 Abs. 3 letzter Absatz wird nur die Leistungsgebühr bei vierwöchiger Leerung bei einem Ein-Personen-Haushalt um 20 % ermäßigt. Nach § 18 Abs. 6 Satz 1 der Abfallwirtschaftssatzung des Beklagten in der Fassung der 3. Nachtragssatzung können für maximal zwei benachbarte anschlusspflichtige Grundstücke auf schriftlichen Antrag ein oder mehrere gemeinsame Abfallbehälter (Nachbarschaftstonne) mit ausreichenden Kapazitäten gemäß Abs. 4 und 5 zugelassen werden. Diese Ausnahmeregelung auf Antrag und im Einvernehmen mit einem Nachbarn ändert aber nichts an der unverhältnismäßigen Mehrbelastung der übrigen mit 80-Liter-Gefäßen ausgestatteten Grundstücken, deren Eigentümer zu einer Einheitsgebühr für die Inanspruchnahme von 80-Liter-Gefäßen zur Finanzierung des 30%igen Gebührenbedarfs herangezogen werden.

63

Als Grund für die Einführung des neuen Gebührensystems ab 2011 wird in der Sitzungsvorlage für die Verbandsversammlung am 24. Juni 2010 die demographische Entwicklung angeführt. Die Anzahl kleiner Haushalte werde stark zunehmen, während die Anzahl der großen Haushalte abnehme. Bereits heute (Stand: 2010) seien 78,46 % aller Restabfallbehälter 80-Liter-Behälter. Auf die Gruppe der Ein- bis Zwei- Personen-Haushalte entfielen 44,5 %. Verändere der Kunde sein Leistungsintervall von zweiwöchiger auf vierwöchentliche Abfuhr oder reduziere sich die Zahl der auf dem Grundstück angeschlossenen Personen, führe dieser Umstand (nach dem alten Gebührensystem) zu einer Gebührenreduzierung bei dem Kunden, der ZVO zahle aber trotzdem weiterhin den gleichen Preis nach dem Entsorgungsvertrag an die ZVO Entsorgung GmbH, weil danach unabhängig vom Leerungsintervall und den angeschlossenen Personen ein Entgelt lediglich abhängig vom bereitgestellten Volumen (80- oder 120-Liter) zu zahlen sei. Dies macht deutlich, dass der wesentliche Grund für die befürchtete zukünftige Unterdeckung der Fremdleistungskosten nicht das Gebührensystem als solches ist, sondern die Entgeltregelung des Entsorgungsvertrages. Der Entsorgungsvertrag ist allein maßgeblich für die Bemessung der (erforderlichen) Fremdleistungen und vermag die Einführung einer „Sockelgebühr“ nicht zu begründen. Die Bemessung der Gebühr hat sich nach dem Gesetz zu richten. § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG schreibt in Verbindung mit dem KAG - wie ausgeführt - die Erhebung gestaffelter Gebühren entsprechend den Abfallmengen beziehungsweise nach Umfang und Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung vor. Dem entsprach das alte Gebührensystem, nachdem die Gebühr nach der Größe des Behälters mit Abschlägen für Ein- bis Drei-Personen-Haushalte bei Verwendung eines 80- Liter-Gefäßes zu bemessen war. Der Umstand, dass nach der vom Beklagten in Auftrag gegebenen Untersuchung die Abschläge nicht den überlassenen Abfallmengen entsprochen haben dürften, rechtfertigt nicht die (teilweise) Abkehr von einem nach Abfallmengen gestaffelten Gebührenmaßstab und die Einführung von (Teil-)Einheitsgebühren, je nach Behältergröße.

64

Neben der „Jahresmindestgebühr“ wird in dem streitgegenständlichen Gebührenbescheid eine Zusatzgebühr (Leistungsgebühr) für den Restabfall sowie eine Gebühr für die Entsorgung von Bioabfällen festgesetzt. Insoweit ist zu unterscheiden.

65

Die Unzulässigkeit der Erhebung der „Jahresmindestgebühr“ wirkt sich auch auf die Rechtmäßigkeit der Zusatzgebühr für Restabfall aus. Zwar könnte dem entgegengehalten werden, die Zusatzgebühr, mit der nur 70 % der Gesamtkosten abgedeckt werden sollen, sei nicht überhöht, sodass der Gebührenschuldner durch die Erhebung nur der Zusatzgebühr nicht in seinen Rechten verletzt werde. Auch lässt sich im vorliegenden Fall die Rechtswidrigkeit der Zusatzgebühr nicht damit begründen, dass es dem Satzungsgeber überlassen bleiben müsse, ob er künftig eine einheitliche Benutzungsgebühr erhebt oder welchen Deckungsgrad er gegebenenfalls für die „Sockelgebühr“ vorsehen will (siehe hierzu OVG Schleswig, Urt. v. 24.11.1999 - 2 K 19/97 -, Die Gemeinde 2000, 46 zum Verhältnis von Grund- und Zusatzgebühr), weil die Erhebung der Sockelgebühr unzulässig ist. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Entsorgungsträger die Gesamtkosten kumulativ durch „Mindestgebühren“ und Leistungsgebühren decken wollte. Nach dem entsprechend anzuwendenden § 139 BGB ist die Gesamtnichtigkeit des Maßstabes anzunehmen, weil ohne die „Sockelgebühr“ die Zusatzgebühr ihren Sinn verliert. Ist der fehlerbehaftete Teil einer Maßstabsregelung mit dem übrigen Normgefüge - beziehungsweise einem wiederum abtrennbaren Teil davon - so verflochten, dass die Restbestimmung ohne den nichtigen Teil nicht sinnvoll bestehen bleiben kann, führt dies zur Gesamtnichtigkeit einer Maßstabsregelung.

66

Die Gebühr für die Entsorgung von Bioabfällen ist dagegen eine selbstständige Gebühr gemäß § 4 Abs. 3 Buchstabe c AGS. Eine Mindestgebühr wird insoweit nicht erhoben. Die Erhebung dieser Gebühr ist daher nur rechtswidrig, wenn der Gebührensatz fehlerhaft kalkuliert wurde.

67

2. Die Gebührensätze des § 4 Abs. 2 und 3 AGS sind überhöht. Sie beruhen auf einer fehlerhaften Kalkulation.

68

Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG sollen Benutzungsgebühren so bemessen werden, dass sie die erforderlichen Kosten der öffentlichen Einrichtung decken (Kostendeckungsprinzip). Das Kostendeckungsprinzip beinhaltet einerseits das Kostendeckungsgebot und andererseits das Kostenüberschreitungsverbot. Ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot führt nach ständiger Rechtsprechung zur Nichtigkeit des Gebührensatzes (siehe nur OVG Schleswig, Urt. v. 24.06.1998 - 2 L 113/97 -, NordÖR 1998, 135).

69

Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG gehören zu den erforderlichen Kosten auch Entgelte für die zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe in Anspruch genommenen Leistungen Dritter, soweit die Beauftragung Dritter unter Beachtung der Vorschriften des Vergaberechts erfolgt ist. Die ZVO Entsorgung GmbH ist Dritter in diesem Sinne.

70

Zu der in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG enthaltenen Befugnis der eigenverantwortlichen Führung kommunaler Geschäfte gehört auch die Organisationshoheit. Diese umfasst die Befugnis, die Art und Weise der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben zu organisieren. Dabei verpflichtet der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit die Kommune, ihre Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen (BVerfG, Urt. v. 20.02.2007 - 2 BvR 2433/04 u.a. -, BVerfGE 119, 331, 367; BVerwG, Urt. v. 23.08.2011 - 9 C 2.11 -, BVerwGE 140, 245, 249; OVG Weimar, Beschl. v. 23.02.2012 - 4 ZKO 711/11 -, ThürVBl. 2012, 279; VGH Mannheim, Urt. v. 16.02.2009 - 1 S 3263/08 -, ESVGH 60, 160). Hinsichtlich der Reichweite und Modalitäten der Einschaltung privater Dritter Näheres zu bestimmen, unterliegt (regelmäßig) der Regelung durch den Landesgesetzgeber. Das lässt indes die Aufgabenträgerschaft der Kommune als solche grundsätzlich unberührt. Die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgte Organisationshoheit erlaubt der Kommune jedenfalls nicht, sich einer ihr gesetzlich zugewiesenen öffentlichen Aufgabe ohne gleichermaßen gesetzliche Ermächtigung mit „schuldbefreiender“ - besser pflichtenbefreiender - Wirkung zu entledigen (BVerwG, Beschl. v. 28.02.2013 - 8 B 60.12 -, Juris). Entsprechendes gilt für den Beklagten, dem der Kreis Ostholstein die Aufgabe der Abfallbeseitigung übertragen hat.

71

Nach § 22 KrWG (früher § 16 KrW/AbfG) darf der Entsorgungsträger Dritte mit der Erfüllung seiner Pflichten beauftragen. Weder das Bundes- noch das Landesrecht enthalten oder enthielten Einschränkungen hinsichtlich des Umfangs der Beauftragung.

72

Deshalb hat das Oberverwaltungsgericht Schleswig (Urt. v. 24.06.1998, a.a.O.) auch die umfängliche Übertragung der Aufgabenerfüllung der Abfallentsorgung auf einen privaten Dritten als zulässig erachtet. Es hat aber im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Kosten bei umfänglicher Beauftragung Dritter gefordert, dass die entsorgungspflichtige Körperschaft, bevor sie Dritte mit der Erfüllung der Aufgabe der Abfallbeseitigung beauftragt, grundsätzlich prüft, ob sie ihre Aufgabe nicht in eigener Regie kostengünstiger erfüllen könnte (sog. Regiekostenvergleich) und entschieden, dass eine Auftragsvergabe unter Verstoß gegen das Ausschreibungsgebot des §29 GemHVO a.F. dann das Kostenüberschreitungsverbot verletzt, wenn dadurch Mehrkosten (z.B. schon wegen des vom Dritten einkalkulierten Gewinns oder anfallender Steuern, die bei Wahrnehmung der Aufgabe in Eigenregie nicht anfallen) entstehen. Der Entsorgungsträger könne (im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Entsorgungskosten) nur so gestellt werden, als erfülle er die Aufgabe ohne die (umfängliche) Inanspruchnahme eines Dritten.

73

Der Gesetzgeber hat in Reaktion auf diese Entscheidung den § 6 KAG geändert und eine der heutigen Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG entsprechende Regelung (§ 6 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F.) in das Gesetz eingefügt (GVOBl. 1998, 345). Die Rechtsprechung zum sogenannten Regiekostenvergleich hat sich durch diese Gesetzesänderung erledigt (OVG Schleswig, Urt. v. 16.02.2005 - 2 LB 109/03 -, Juris). Der Gesetzgeber hat billigend in Kauf genommen, dass insbesondere bei umfänglicher Vergabe der Entsorgungsleistungen an private Dritte schon deshalb, weil diese im Gegensatz zur öffentlichen Hand nicht steuerbegünstigt sind, die Gebührenbelastung der Gebührenschuldner erheblich steigen kann, weil nunmehr Entgelte für in Anspruch genommene Leistungen Dritter - wenn die Vorschriften des Vergaberechts beachtet werden - kraft gesetzlicher Regelung erforderliche Kosten im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG sind. Auf die von den Klägern angesprochenen Mehrkosten der sogenannten „Privatisierung“ der Abfallentsorgung wegen anfallender Mehrwertsteuer und Mehrwertsteuererhöhungen kommt es daher nicht entscheidungserheblich an.

74

Die Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG kann nicht dahingehend verstanden werden, dass - im Umkehrschluss - bei Missachtung von Vergabevorschriften die infolge der Vergabe an private Dritte entstandenen Fremdleistungskosten keine erforderlichen Kosten sind. Der früher für das Gebührenrecht zuständige 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Schleswig hat hierzu bereits ausgeführt, dass eine derartige Rechtsfolge nicht mit dem Selbstfinanzierungsprinzip vollkostenrechnender Einrichtungen und dem Entgeltcharakter der Benutzungsgebühren als adäquater Gegenleistung für in Anspruch genommene Leistungen einer öffentlichen Einrichtung vereinbar wären (Urt. v. 13.02.2008 - 2 KN 3/06 -, NordÖR 2008, 236). Daran hält der erkennende Senat mit der klarstellenden Ergänzung fest, dass sowohl die Fremdleistungen als auch die Fremdleistungskosten zur Erfüllung der Aufgabe erforderlich sein müssen. Die Missachtung von Vergabevorschriften ist nur dann unbeachtlich, wenn auszuschließen ist, dass auch bei Einhaltung der Vorschriften Leistungen nicht kostengünstiger hätten erbracht werden können. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

75

Die Kläger machen geltend, die Vergabekammer habe in ihrem Beschluss vom 17. August 2004 (VK-SH 20/04) eine Reihe gravierender Verstöße gegen Vorschriften des Vergaberechts festgestellt, die nicht durch die Vergabekammer geheilt worden seien. Dies trifft zu, denn die Vergabekammer hat ungeachtet der auch nach ihrer Auffassung dem Grunde nach gebotenen Rückversetzung des Verfahrens (s. S. 31 des Umdrucks des Beschlusses) von einer Rückversetzung abgesehen, weil nach Einlassung des Beklagten die nach der Zulassung zum Verhandlungsverfahren freiwillig ausgeschiedenen fünf Bewerber aufgrund anderer als kalkulatorischer Erwägungen auf eine weitere Teilnahme am Verhandlungsverfahren verzichtet hätten und Gegenteiliges aus den Vergabeakten nicht zu entnehmen sei. Eingedenk dessen wäre es unter Berücksichtigung des berechtigten Interesses der Beteiligten an einem zügigen Fortgang des Verfahrens wohl unverhältnismäßig, alle für das Verhandlungsverfahren qualifizierten Bieter am weiteren Verfahren zu beteiligen. Die Einzelheiten der Gründe des Ausscheidens der fünf Bieter hatte der Beklagte wegen des noch laufenden Verhandlungsverfahrens nicht offenbart. Das Vergabeverfahren ist dann unter Beteiligung der Antragstellerin des Nachprüfungsverfahrens entsprechend der Entscheidung der Kammer fortgesetzt worden, weil der Beklagte jedenfalls den Ausschluss der Antragstellerin vom weiteren Verfahren - falls ein solcher überhaupt vorgelegen habe - aufgehoben hat. Der Umstand, dass ein weiteres Nachprüfungsverfahren nicht stattgefunden hat, macht die objektiv gegebenen Verfahrensverstöße nicht ungeschehen. Die Vergabekammer hat vielmehr allein im Hinblick auf die Antragstellerin des Nachprüfungsverfahrens keinen Verfahrensverstoß mehr gesehen, weil das Verfahren unter ihrer Beteiligung weiterzuführen war.

76

Gleichwohl sind die von der Vergabekammer festgestellten Verfahrensverstöße nur von sekundärer Bedeutung (siehe dazu unten), weil Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens die Ausschreibung des Erwerbs von Geschäftsanteilen an einer noch zu gründenden ZVO Abfallwirtschafts-GmbH (ZAG) war und nicht die Vergabe eines öffentlichen Auftrags, für den Beklagten die Abfallentsorgung durchzuführen.

77

Die Vergabe des Dienstleistungsauftrags nicht an die Bieter des durchgeführten Vergabeverfahrens, sondern an die zu gründende oder in Gründung befindliche Eigengesellschaft des Beklagten (ZAG) stand von vornherein fest. Zwar heißt es in der Vergabebekanntmachung vom 20. Februar 2004 unter Bezeichnung des Auftrags durch den Auftraggeber (Abschnitt II, 1.5): „Erwerb von 49,9 % der Geschäftsanteile an einer Eigengesellschaft des Auftragsgebers in Verbindung mit Abfallentsorgungsdienstleistungen“, unter 1.6 wird aber der Gegenstand des Auftrags näher beschrieben. Danach sollte mit der Anteilsveräußerung die Eigengesellschaft mit bestimmten Entsorgungsleistungen beauftragt werden. Die Anteilsveräußerung und die Auftragsvergabe sind insoweit verschiedene Vorgänge. Die Gesellschaftsanteile sollte einer der Bieter erwerben, während der Entsorgungsvertrag mit der ZAG ohne Beteiligung anderer Unternehmen an einem Vergabeverfahren geschlossen werden sollte. So ist auch verfahren worden. Der Beklagte hat durch Vertrag vom 15. Oktober 2004 seine Eigengesellschaft (ZAG) mit der Abfallentsorgung beauftragt. Der Vertrag trat gemäß § 15 am 1. Januar 2005 in Kraft. Daneben ist wie in der Präambel des Entsorgungsvertrages vorgesehen, in einem 2. Schritt die NAD-GmbH & Co. KG durch Veräußerung von Geschäftsanteilen auf der Grundlage des im Nachprüfungsverfahren streitgegenständlichen Vergabeverfahrens mit 49,9% ab dem 1. Januar 2005 an der ZAG beteiligt worden.

78

Die Vergabe des Dienstleistungsauftrags an die seinerzeitige 100%ige Tochter des Beklagten ist eine sogenannte de-facto-Vergabe. Nach der Richtlinie 92/50/EWG ist eine europaweite Ausschreibung eines öffentlichen Dienstleistungsvertrages grundsätzlich immer erforderlich, wenn der Schwellenwert - wie hier - überschritten ist. Demgegenüber kann der Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Abschluss eines Entsorgungsvertrages mit der ZAG zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, als deren Geschäftsanteile noch vollständig vom Beklagten gehalten wurden, die Vergabe mithin ein zulässiges „In-house-Geschäft“ gewesen sei. Zwar ist die Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, eine Ausschreibung vorzunehmen, aus Gründen der Rechtssicherheit normalerweise anhand der Bedingungen zu prüfen, die zum Zeitpunkt der Vergabe des fraglichen öffentlichen Auftrags vorlagen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Auftrag - wie hier - über eine mehrere gesonderte Schritte umfassende künstliche Konstruktion, nämlich die Gründung zunächst einer Eigengesellschaft, den Abschluss des Entsorgungsvertrages mit ihr und die Veräußerung von 49,9 % ihrer Anteile an die NAD GmbH, letztlich an ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen vergeben wurde; denn mit dem operativen Geschäft sollte erst am 1. Januar begonnen werden, d.h. zu dem Zeitpunkt, zu dem die NAD GmbH in die ZAG eingetreten ist. Die Vergabe eines solchen Auftrags ist dann unter Berücksichtigung der Gesamtheit dieser Schritte sowie ihrer Zielsetzung zu prüfen (EuGH, Urt. v. 10.11.2005 - RS C-29/04 -, Juris).

79

Die Ausschreibung der Veräußerung der Geschäftsanteile vermag die Ausschreibung des Dienstleistungsauftrags nicht zu ersetzen, auch wenn bei der Vergabe maßgeblich auf ein sogenanntes verbindliches Angebot zum Abschluss eines Entsorgungsvertrages auf der Basis eines nicht disponiblen Vertragsentwurfs abgestellt worden sein sollte. Abgesehen davon, dass die Bieter nicht Vertragspartei des Entsorgungsvertrages werden sollten, sondern nach Abschluss des Entsorgungsvertrages mit der ZAG zu einem späteren Zeitpunkt nur Minderheitsgesellschafter werden konnten, ist die Veräußerung von Geschäftsanteilen eines öffentlichen Auftragsgebers an privatrechtlich organisierte Gesellschaften (materielle Privatisierung) grundsätzlich vergaberechtsneutral. Etwas anderes kann nur in Ausnahmefällen - wie etwa bei Manipulation zur Umgehung vergaberechtlicher Gemeinschaftsvorschriften gelten (OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 29.04.2010 - 1 Verg 3/10 -, VergabeR 2010, 979 unter Bezugnahme auf EuGH, Urt. v. 19.06.2008, C-454/06, NJW2008, 3341 ff.). Demnach kann die Veräußerung von Geschäftsanteilen, wenn es sich um eine tatsächliche Änderung des Vertragspartners handelt, eine neue Auftragsvergabe bedeuten, mit der Folge, dass eine erneute Ausschreibung des Dienstleistungsvertrages erforderlich wird (siehe hierzu auch OLG Düsseldorf, Beschl. vom 28.07.2011- VII-Verg 20/11 -, KommJur 2012, 143).

80

Die Ausschreibung von Geschäftsanteilen statt der Ausschreibung des öffentlichen Dienstleistungsauftrags stellt sich demzufolge als eine versuchte Umgehung der Regelungen der Richtlinie 92/50/EWG dar.

81

Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen hat der erkennende Senat nach Landesrecht zu prüfen, ob die Ausschreibung und Veräußerung von Geschäftsanteilen in Verbindung mit dem Abschluss eines Entsorgungsvertrages, dessen Kriterien für die Vergabe ausschlaggebend sind, der Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 S. 3 KAG unterfällt. Dies ist zu verneinen.

82

Schon der Wortlaut der Regelung stellt darauf ab, dass die Beauftragung des Dritten (hier der ZAG) mit Leistungen zur Erbringung öffentlicher Aufgaben unter Beachtung des Vergaberechts erfolgt sein muss. Dass der Landesgesetzgeber nur die Ausschreibung und Vergabe von Aufträgen im Blick hatte, macht auch die Historie der Einführung der Regelung deutlich. Daraus folgt aber nicht ohne Weiteres, dass die der ZVO für Fremdleistungen der ZVO Entsorgung GmbH in Rechnung gestellten Entgelte nicht erforderlich sind. Wie ausgeführt, können Entgelte für Leistungen Dritter selbst dann erforderlich sein, wenn keine Ausschreibung stattgefunden hat.

83

Die Ausschreibung von Geschäftsanteilen bietet keine Gewähr dafür, dass Fremdleistungskosten erforderlich sind, selbst wenn bei der Vergabe maßgeblich auf ein sogenanntes „verbindliches“ Angebot zum Abschluss eines Entsorgungsvertrages abgestellt wird.

84

Schon die Bekanntgabe der Ausschreibung von Geschäftsanteilen in Verbindung mit Abfallentsorgungsdienstleistungen schließt potentielle Bieter aus, die nur an der Erbringung der Dienstleistung als solcher, nicht aber am Erwerb von Geschäftsanteilen interessiert sind. Der Beklagte hat zutreffend dargestellt, dass eine Wechselwirkung zwischen der Bereitschaft des Dritten, einen hohen Kaufpreis für vom öffentlichen Auftraggeber zu übernehmende Anlagegüter zu zahlen und dem Entsorgungsentgelt besteht. Entsprechendes gilt für die Bereitschaft, auf Geschäftsanteile zu bieten, wenn der Gewinn nach dem Entsorgungsvertrag entsprechend hoch ist. Jedenfalls ist das für den Geschäftsanteil zu leistende Entgelt eine zusätzliche finanzielle Belastung neben den Selbstkosten der Leistungserbringung. Hinzu kommt, dass der erwirtschaftete Gewinn der Gesellschaft bei einer 50%igen Beteiligung mit dem ZVO zu teilen ist. Desweiteren wechselte bisheriges Personal des ZVO zur ZAG. Im Rahmen der Wahrung der Arbeitnehmerinteressen sollte der zukünftige strategische Partner unter anderem dazu beitragen, dass die zusätzliche Altersvorsorge der derzeit beschäftigten Mitglieder mindestens gleichwertig und ohne Belastung des Beklagten gewährleistet ist (Bekanntmachung vom 28.02.2004 Abs. 4 des Abschnittes VI). Das sogenannte „erste Angebot“ sollte unter anderem eine verbindliche Erklärung beinhalten, dass die Regelung von Mindestbedingungen des Schutzes der Arbeitnehmer des Beklagten anlässlich der Umstrukturierung von Betriebsteilen der AG (sog. „Mindestkatalog") als verbindlich anerkannt wird. Schließlich hat sich einer der fünf Bieter, die nach Zulassung zum Verhandlungsverfahren vor Erhöhung des ursprünglichen, angeblich verbindlichen Höchstpreises um ca. 1,35 Millionen Euro, das heißt um mehr als 10%, ausgeschieden sind, deshalb nicht mehr am weiteren Vergabeverfahren beteiligt, weil durch die im Grundsatz bindend vorgegebene Transaktionsstruktur mit dem im Wesentlichen verbindlichen Vertragswerk und den vorgeschriebenen institutionellen Bindungen keine Wirtschaftlichkeit zu erwarten sei. Insbesondere die beim ZVO künftig verbleibenden enormen Personalanteile und Servicefunktionen, die zudem durch den noch zu schließenden Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen ZVO und ZAG mitfinanziert werden müssten, seien ein entscheidendes Argument. Die Annahme der Vergabekammer, dass die freiwillig ausgeschiedenen Bieter aus anderen als kalkulatorischen Gründen nicht weiter am Vergabeverfahren teilgenommen haben, trifft daher jedenfalls im Hinblick auf einen der ausgeschiedenen Bieter nicht zu. Welche Gründe die übrigen Bieter bewogen haben, am Verhandlungsverfahren nicht mehr teilzunehmen, kann dem im vorliegenden Verfahren vorgelegten Schriftverkehr nicht entnommen werden. Es bleibt aber die Frage, ob jedenfalls ein Bieter, wenn ihm nach Erhöhung des angeblich verbindlichen Höchstpreises die Abgabe eines ersten Angebotes (wieder) ermöglicht worden wäre, sich nicht doch am weiteren Verfahren beteiligt hätte.

85

Der Beklagte hat seine während des Vergabeverfahrens getroffene Entscheidung, den „verbindlichen“ Höchstpreis zu erhöhen, damit begründet, dass sich eine Planungsannahme als unzutreffend erwiesen habe und die ursprünglich vereinbarten Höchstpreise nicht auskömmlich gewesen seien. Daher stellt sich die Wirtschaftlichkeit der Beteiligung an der Entsorgungsgesellschaft nach der Korrektur des Höchstpreises entscheidend anders dar.

86

Nach alledem steht für den Senat außer Zweifel, dass der letztlich im Entsorgungsvertrag vereinbarte Preis (99 % des korrigierten Höchstpreises) überhöht ist. Jedenfalls hätte ein Dienstanbieter, der nur mit Entsorgungsleistungen beauftragt wird, ein deutlich günstigeres Angebot abgeben können.

87

Die Richtigkeit der Annahme, dass die Fremdleistungen nicht im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG erforderlich sind, wird bestätigt durch einen Vergleich der Entsorgungskosten im Entsorgungsbereich des ZVO mit denen in anderen Kreisen und die Höhe der von diesen Kreisen beziehungsweise Abfallwirtschaftsgesellschaften verlangten Entgelte. Entsorgungsleistungen sind im Wesentlichen marktgängige Leistungen, so- dass grundsätzlich eine Vergleichbarkeit besteht.

88

In seiner Entscheidung vom 13. Februar 2008 (a.a.O.) hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Schleswig die Erforderlichkeit der Fremdleistungskosten mit Preisvergleichen begründet. Angesprochen wurden auch die Entsorgungskosten im Gebiet des Beklagten, die mit 192,00 Euro pro Mg um 90 % über den der seinerzeitigen Antragsgegnerin lagen. Richtig ist, dass maßgeblich für die Erforderlichkeit der Kosten die tatsächlichen Verhältnisse im Entsorgungsgebiet sind. Einem Preisvergleich kommt daher nur indizielle Bedeutung zu. Anhaltspunkte dafür, dass der Entsorgungspreis pro Mg aufgrund besonderer Verhältnisse im Kreis Ostholstein im vorgenannten Ausmaß gerechtfertigt ist, hat der Senat nicht. Vielmehr rechtfertigt der Beklagte in seinem „Faktenheft Abfallgebühren“, das in der mündlichen Verhandlung eingeführt wurde, auf Seite 6 die Ostholsteinische Abfallgebühr, die der Höhe nach im Landesvergleich relativ weit oben rangiere, vor allem unter anderem mit der Bewahrung der Unabhängigkeit von großen Müllkonzernen. Dies macht deutlich, dass auch er davon ausgeht, dass bei Beauftragung anderer Dienstleister die Entsorgungskosten geringer wären. Die Ausschreibung dient dem Wettbewerb und soll gebührenrechtlich gewährleisten, dass keine vermeidbaren Mehrkosten entstehen. Das Bestreben des Beklagten, den Dienstleistungsauftrag - ungeachtet möglicherweise entstehender Mehrkosten - nur an einen Anbieter zu vergeben, der mehrheitlich von ihm beherrscht wird, steht dazu im Widerspruch. Auch die übrigen, zur Rechtfertigung der Gebührenhöhe angegebenen Gründe, wie Betrieb eines Müllheizkraftwerkes, Angebot eines alle Abfallarten umfassenden Sammelsystems, Gewährleistung qualifizierter und auskömmlicher Arbeit (Zahlung von Tariflöhnen) sowie Einhaltung hoher technischer und ökologischer Standards, betreffen ebenfalls keine besonderen Verhältnisse im Kreis Ostholstein. Angemerkt sei insoweit nur, dass das Müllheizkraftwerk als Anlagegut dem Dritten (der ZAG) übertragen wurde und damit kein eigenes des ZVO (mehr) ist. Sollte es unrentabel sein, wie es in der mündlichen Verhandlung angeklungen ist, ist der Weiterbetrieb im Kosteninteresse einzustellen. Auch andere Anbieter müssen gemäß § 22 Satz 3 KrWG über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen. Auch bei ihrer Beauftragung hätte das TarifTreueG SH Anwendung finden müssen.

89

Der Höchstpreis, der nach wie vor - abzüglich eines Prozentsatzes von einem Prozent - Grundlage der Berechnung der Fremdleistungen der ZVO Entsorgung GmbH ist, wurde im Jahre 2004 kalkuliert. Die Umfrage des Schleswig-Holsteinischen Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, auf die der 2. Senat seine Entscheidung gestützt hat, datiert von Dezember 2005. Auch gegenwärtig liegen die Entsorgungspreise in anderen Kreisen deutlich niedriger. Nach dem abfallwirtschaftlichen Preis-/Leistungsvergleich Schleswig-Holstein/Hamburg für das Gebühren-/Entgeltjahr 2014 (Informationsmaterial des Kreises Rendsburg-Eckernförde), der ebenfalls in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, rangiert der Kreis Ostholstein an letzter Stelle. Inwieweit es sich insoweit nur um einen „Daumenvergleich“ handelt, mag dahinstehen. Der Senat hat selbst Vergleiche vorgenommen. Die für den Kreis Rendsburg-Eckernförde tätige Abfallwirtschaftgesellschaft (AWR) hat zum Beispiel im Streitjahr 2011 für die Entsorgung des Restabfalls über ein 80-Liter-Gefäß, bei 14tägiger Leerung, einen Betrag von jährlich 110,40 Euro in Rechnung gestellt. Die von den Klägern verlangte Gebühr beträgt demgegenüber 149,88 Euro. Ab 2015 hat die AWR die Entsorgungskosten für Bioabfall bis zu 120 Liter in das sogenannte „Grundentgelt Haushalte“ eingepreist und dieses Grundentgelt gegenüber 2011 um 30,-- Euro erhöht, während von den Klägern für 2011 für die Entsorgung von Bioabfall über ein 80-Liter- Gefäß ein Betrag von 63,96 Euro gefordert wird. Auch die übrigen Entsorgungspreise für 120-Liter bis 1.100-Liter-Behälter lagen bei dem Beklagten im Jahre 2011 um 90 % über denen der AWR im Jahr 2015 (einschließlich Bioabfall). Im Kreis Plön sind die Gebühren ebenfalls erheblich niedriger. Für die 14-tägliche Leerung der Restmülltonne (80 l) werden 99,60 Euro erhoben. Auch die Gebühren für die Leerung der Biotonne (120 l; 14-tägliche Leerung) sind - wenn auch geringfügig - niedriger; sie betragen 55,20 Euro im Jahr. Ebenso verhält es sich im Kreis Schleswig-Flensburg (54,-- Euro).

90

Dies lässt den Rückschluss zu, dass auch in dem Kalkulationszeitraum 2011 bis 2013 die kalkulierten Entsorgungskosten des ZVO allein im Hinblick auf Fremdleistungen der ZVO Entsorgung GmbH deutlich über den Entsorgungskosten anderer Kreise lagen. Dafür spricht auch, dass nach den Angaben des Beklagten (Sitzungsvorlage zum Tagesordnungspunkt 7) 2004 das jährliche Abfallaufkommen für den Restabfall bei ca. 42.400 Mg lag. Die Restabfallmenge dürfte sich in den Folgejahren - wenn überhaupt - nicht wesentlich erhöht haben. In der Kalkulation für das Jahr 2011 werden die Fremdleistungskosten allein aus dem Entsorgungsvertrag mit der ZVO Entsorgung GmbH mit 12.984.510,-- Euro angegeben. Daraus errechnet sich ein Preis von über 305,-- Euro pro Mg, der noch einmal um mehr als 110,-- Euro über dem der Preisumfrage vom Dezember 2005 liegt.

91

Auf weitere Kalkulationsmängel kommt es nach dem vorher Gesagten nicht mehr an. Gleichwohl sei hierzu folgendes kurz ausgeführt:

92

Der Beklagte hat eingeräumt, dass im Streitjahr die kalkulatorische Verzinsung in Höhe von 214.696,-- Euro zu hoch angesetzt war. Dieser fehlerhafte Kalkulationsansatz fällt nicht unter die sogenannte Toleranz- oder Bagatellgrenze. Zwar führt nicht jede geringfügige Kostenüberdeckung, die aus der Einbeziehung nicht gebührenfähiger Kosten resultiert, zur Nichtigkeit des Gebührensatzes (OVG Schleswig, Urt. v. 24.06.1998 - 2 L 22/96 -, NordÖR 1998, 351). Etwas anderes gilt allerdings bei Überschüssen (Gewinn) oder bei der Einbeziehung von Kosten, die offenkundig weder leis- tungs- noch einrichtungsbezogen sind (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 24.06.1998, a.a.O.). Bei einem Fall wie dem vorliegenden, in dem rechtsirrig nicht einrichtungsbezogene Kosten in die Kalkulation eingeflossen sind, führen daher auch geringfügige Auswirkungen auf den Gebührensatz zu dessen Unwirksamkeit (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 04.09.2014 - 4 KN 1/13 -, Juris). Daran ändert auch der Ausgleich von Über- und Unterdeckungen in nachfolgenden Kalkulationsperioden gemäß § 6 Abs. 2 Satz 9 KAG nichts.

93

Der Wert des Betriebs- und Anlagevermögens, das der ZVO in die ZAG eingebracht hat, ist nicht als Ertrag in die Gebührenkalkulation einzustellen. Die Einrichtung der Abfallbeseitigung ist nicht beitragsfinanziert. Der Gebührenschuldner wird nur über die Gebühr in Höhe der Abschreibungen wegen des Werteverzehrs und die Einstellung kalkulatorischer Zinsen in die Gebührenbedarfsberechnung belastet. Die Veräußerung oder die Übertragung eines noch nicht abgeschriebenen Anlagegutes auf eine Gesellschaft wirkt sich daher bei Abschreibung vom Anschaffungs- oder Herstellungswert regelmäßig nicht gebührenmindernd aus. Ist dagegen in der Vergangenheit vom Wiederbeschaffungszeitwert abgeschrieben worden, hätten nach Ablauf der Nutzungsdauer Gebührenmehreinnahmen zur Finanzierung der Re-Investition zur Verfügung gestanden. Diese Mehreinnahmen dürfen dem Gebührenhaushalt nicht entzogen werden, wenn der Vermögensgegenstand der Einrichtung veräußert wird und eine Re-Investition nicht mehr beabsichtigt ist. Entsprechendes mag gelten, wenn vor Ablauf der tatsächlichen Nutzungsdauer der Vermögensgegenstand vollständig abgeschrieben ist oder der tatsächliche Wert den Restbuchwert zum Zeitpunkt der Veräußerung übersteigt. In diesem Fall wird der Vermögensgegenstand der (unmittelbaren) Nutzung durch die Einrichtung entzogen, obwohl der Gebührenzahler für die Restnutzungsdauer bereits durch Gebührenzahlungen in Vorlage getreten ist. Dies rechtfertigt die Forderung, den Restbuchwert des Vermögensgegenstandes, soweit er den buchmäßigen Restwert übersteigt, dem Gebührenhaushalt gutzubringen (OVG Schleswig, Urt. v. 16.02.2005- 2 LB 109/03 -, Juris).

94

Ob Letzteres auch für den Fall der umfänglichen Beauftragung eines Dritten, verbunden mit Veräußerung beziehungsweise Übertragung von Anlagegütern auf diesen Dritten, gilt, erscheint fraglich. Denn in diesem Fall ist der Gebührenschuldner dadurch geschützt, dass der Entsorgungsvertrag mit dem Dritten wegen des Ausschreibungsgebots nur geschlossen werden kann, wenn er das günstigste Angebot abgegeben hat. Im Übrigen ist für den Senat nicht ersichtlich, dass vorliegend nach Wiederbeschaffungszeitwerten abgeschrieben wurde, Verkaufserlöse über dem Restbuchwert erzielt wurden oder vollständig abgeschriebene Anlagegüter in die ZAG eingebracht wurden, die noch zur Leistungserbringung zur Verfügung standen.

95

Die in die Kalkulation eingestellten Personalkosten in Höhe von 694.290,-- Euro (für 2011) sind nach den Angaben des Beklagten Personalkosten die unmittelbar der Abfallentsorgung zuzurechnen sind. Insoweit stellt sich nur die Frage nach der Zuordnung dieser Kosten zu den einzelnen Kostenträgern (Rest-, Bio-Abfall usw.). Der Beklagte hat die Zuordnung nach der Anzahl der Bescheide vorgenommen, was - gegenüber einer Erfassung von Beschäftigungszeiten - ein grober Zuordnungsschlüssel ist, in Anbetracht der Höhe der Kosten und der nur geringfügigen Auswirkung auf die Gebührensätze aber akzeptabel erscheint.

96

Querschnittskosten, darunter fällt auch die von den Klägern wiederholt angesprochene 0,7 Juristenstelle, sind in der Kalkulationsposition „Interne Leistungsverrechnungen“ enthalten. Welchen Verteilungsschlüssel der Beklagte insoweit gewählt hat, ist für den Senat nicht ersichtlich, mag aber dahinstehen, denn der Beklagte hat bereits 2006 selbst Zweifel an der Richtigkeit der Zuordnung von Personalkosten zur Einrichtung Abfallbeseitigung gehabt und deshalb den ermittelten Gesamtbetrag der Querschnittskosten in Höhe von 1.177.000,-- Euro (davon 682.000,-- Euro Personalkosten) auf 526.000,-- Euro gekürzt. Nach der hier maßgeblichen Kalkulation sind 335.000,-- Personalkosten als Querschnittskosten in Ansatz gebracht worden. Den Gesamtbetrag von 732.000,-- Euro hat der Beklagte auf den 2006 in Ansatz gebrachten Betrag von 526.000,-- Euro gekürzt, Tarifsteigerungen in Höhe von 9,9 % berücksichtigt und so einen Gesamtbetrag in Höhe von 584.570.-- Euro (für 2011) errechnet und in die Kalkulation eingestellt. In welcher Höhe Personalkosten als Querschnittskosten in die Kalkulation eingestellt worden sind, ist demzufolge nicht exakt nachzuvollziehen. Da die übrigen Querschnittskosten aber (wohl) nicht zu beanstanden sein dürften, dürfte die Kürzung um ca. 150.000,-- Euro im Wesentlichen auf Personalkosten entfallen und deshalb dieser Ansatz nicht überhöht sein.

97

Schließlich ist auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte keine Zinserträge in die Kalkulation eingestellt hat. Bei rechtmäßiger Handhabung der Veranlagung dürfen Zinserträge in Folge von Gebührenzahlungen und Zahlungen an Fremddienstleister nicht entstehen. Die Gebühr entsteht mit der Verwirklichung des Gebührentatbestandes. Der Beklagte erhebt eine Jahresgebühr, die regelmäßig (Ausnahme siehe § 12 KAG) erst nach Ablauf des Erhebungsjahres festgesetzt, jedenfalls aber nicht vor Ablauf des Erhebungsjahres erhoben werden kann (siehe zur Abwassergebühr: OVG Schleswig, Urt. v. 22.02.2003 - 2 K 1/01 -, SchlHA 2003, 255). Das KAG kennt keine sogenannte „antizipierte“ Benutzungsgebühr, vielmehr können gemäß § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG auf Benutzungsgebühren (nur) vom Beginn des Erhebungszeitraums an (angemessene) Vorauszahlungen bis zur Höhe der voraussichtlich entstehenden Gebühr gefordert werden. Etwaige Zinserträge, die der Beklagte erzielt, weil er nach § 11 AGS - entgegen § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG - die Zahlung der noch nicht entstandenen Jahresgebühr schon während des Erhebungsjahres in halbjährlichen Teilbeträgen am 15. März und 15. September verlangt, sind deshalb nur im Rahmen des Ausgleichs von Über- und Unterdeckungen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 9 KAG zu berücksichtigen.

98

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

99

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 9. September 2008 - 3 K 571/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu den Kosten eines abgebrochenen Abschleppvorgangs.
Die Firma ... ... ... führte am Dienstag, den 24.04.2007, einen Umzug in der ... ... in Karlsruhe durch. Sie verfügte zum damaligen Zeitpunkt über eine von der Beklagten am 12.07.2006 erteilte und bis zum 31.07.2007 gültige Erlaubnis, „bei durchzuführenden Umzügen Halteverbote nach Zeichen 283 StVO im Stadtkreis Karlsruhe aufzustellen“. Diese sogenannte Jahresdauergenehmigung war auf § 45 StVO gestützt. Unter den ihr beigefügten Bedingungen und Auflagen war unter anderem vermerkt, dass der Anfang und das Ende der Halteverbotszone durch Zeichen 283-10 und 283-20 StVO anzuzeigen sei. Die Halteverbotszone sei auf die Länge des Umzugswagens mit entsprechendem Arbeits- und Rangierabstand einzurichten. Die Verkehrszeichen seien in der Regel an drei aufeinander folgenden Tagen vor dem Geltungszeitraum aufzustellen. Tag und Uhrzeit der Aufstellung der Verkehrszeichen und die Kennzeichen der Fahrzeuge, die bei Aufstellung der Verkehrszeichen bereits geparkt gewesen seien, seien schriftlich festzuhalten. Diese Aufzeichnungen seien sechs Monate lang aufzubewahren und bei Abschleppmaßnahmen der Polizei zur Verfügung zu stellen.
Dementsprechend fertigte ein Mitarbeiter der Firma ... am Freitag, den 20.04.2007, ein Protokoll, wonach er an diesem Tag zwischen 11:00 Uhr 12:45 Uhr Schilder zur Errichtung einer am 24.04.2007 gültigen Halteverbotszone vor dem Anwesen ... ... aufgestellt habe. In dem Protokoll sind die amtlichen Kennzeichen der zu diesem Zeitpunkt dort parkenden Kraftfahrzeuge notiert. Am Vormittag des 24.04.2007 verständigte ein Mitarbeiter des Umzugsunternehmens die Polizei darüber, dass der auf den Kläger zugelassene Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ... ... in der Halteverbotszone abgestellt war. Nachdem die Polizei nach einer Halterfeststellung vergeblich versucht hatte, den Kläger telefonisch zu erreichen, ordnete die Beklagte das Abschleppen des Fahrzeugs an. Zum Abschleppen kam es dann aber nicht, da der Kläger sein Fahrzeug vorher weggefahren hatte.
Mit Bescheid vom 31.05.2007 setzte die Beklagte die für den begonnenen Abschleppvorgang entstandenen Kosten nebst Gebühren in Höhe von 154,57 EUR gegenüber dem Kläger fest. Der Kläger erhob Widerspruch und machte insbesondere unter Verweis auf das Zeugnis seiner Ehefrau geltend, dass diese den Pkw am Vortag des Umzugs gegen 18:30 Uhr abgestellt habe; zu diesem Zeitpunkt habe dort ein Halteverbotsschild nicht gestanden. Das Regierungspräsidium Karlsruhe wies den Widerspruch mit Bescheid vom 25.02.2008 zurück.
Mit seiner zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhobenen Klage hat der Kläger des Weiteren geltend gemacht, dass das vom Umzugsunternehmen aufgrund der rechtswidrigen Jahresdauergenehmigung aufgestellte Halteverbotsschild offensichtlich rechtswidrig und damit nichtig gewesen sei. Nach Beweisaufnahme durch Vernehmung eines Mitarbeiters der Firma ..., des beim Abschleppen anwesenden Polizeibeamten und der Ehefrau des Klägers als Zeugen hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 09.09.2008 der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Abschleppanordnung sei zwar rechtmäßig gewesen. Ihr habe am Tag des Abschleppversuchs ein wirksamer und vollstreckbarer Verwaltungsakt zugrunde gelegen. Das Halteverbot, das zugleich ein Wegfahrgebot anordne, sei infolge der Bekanntgabe wirksam geworden; die Wirksamkeit hänge nicht von der subjektiven Kenntnisnahme des Verkehrsteilnehmers ab. Anhaltspunkte für die Nichtigkeit der Verkehrsschilder als Verwaltungsakte bestünden nicht. Sie seien nicht ohne Anordnung der Straßenverkehrsbehörde aufgestellt worden; vielmehr beruhten sie auf der von der Beklagten erteilten Jahresgenehmigung. Eine wesentliche Abweichung von der behördlichen Anordnung liege nicht vor; die Aufstellung der Verkehrsschilder parallel zur Fahrbahn führe nicht zu ihrer Nichtigkeit. Das Abschleppen sei auch frei von Ermessensfehlern angeordnet worden. Hinsichtlich der Kostenanforderung sei das Ermessen aber nicht ordnungsgemäß ausgeübt worden. Es könne nicht festgestellt werden, dass das Halteverbot gegenüber dem Kläger gegolten habe, als der Pkw abgestellt worden sei. Aufgrund der Zeugenaussagen sei davon auszugehen, dass die Halteverbotsschilder am 20.04.2007 aufgestellt worden seien und dort am 24.07.2007 gestanden hätten. Der daraus folgende Anscheinsbeweis, dass die Schilder sich auch in der Zwischenzeit am Aufstellort befunden hätten, sei jedoch durch die Aussagen des Klägers und seiner als Zeugin vernommenen Ehefrau erschüttert worden. Die Zeugin habe ausgeführt, dass sie bei der Suche nach einem Parkplatz ein Halteverbotsschild nicht gesehen habe. Auch beim Entladen des PKW sei ihr ein Schild nicht aufgefallen, obwohl sie mehrmals die Stelle habe passieren müssen, an der am nächsten Tag das Verbotsschild gestanden habe. Das Gericht sei zwar nicht davon überzeugt, dass am Parkplatz des Klägers beim Abstellen des Pkw kein Halteverbotsschild gestanden habe. Das sei für die Erschütterung des Anscheinsbeweises nicht erforderlich. Den Beweis, dass die Halteverbotsschilder ununterbrochen am Aufstellort gestanden hätten, habe die Beklagte nicht führen können. Denn weder sie noch das Umzugsunternehmen hätten Kontrollen durchgeführt. Das Gericht müsse deshalb davon ausgehen, dass die Halteverbotsschilder zu einem Zeitpunkt zwischen dem Abend des 23.04.2007 und dem Morgen des 24.04.2007 (wieder) angebracht worden seien. Die damit für den Kläger gegebene „Vorlaufzeit“ von allenfalls einem halben Tag rechtfertige seine Heranziehung zu den Kosten der Ersatzvornahme nicht.
Zur Begründung ihrer Berufung, die der Senat mit Beschluss vom 16.12.2008 - 1 S 2795/08 - wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zugelassen hat, trägt die Beklagte vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei davon auszugehen, dass das Halteverbotsschild zum Zeitpunkt des Abstellens des Pkw vorhanden gewesen sei. Es habe auch beachtet werden müssen. Die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts sei nicht nachvollziehbar. Sie sei widersprüchlich. Der Anscheinsbeweis sei aufgrund eines rein subjektiven Zeugnisses nicht erschüttert, wenn das Gericht nicht zur Überzeugung gelange, dass das Schild zum fraglichen Zeitpunkt nicht dort gestanden habe. Für die Annahme eines atypischen Ablaufs, nämlich dass das Schild nach dem 20.04.2007 entfernt, danach aber wieder zum selben Standort zurückgebracht worden sei, spreche gar nichts. Schließlich stehe diese Beweiswürdigung auch im Widerspruch zur Auffassung des Gerichts, dass die Wirksamkeit eines Verkehrsschildes nicht von der subjektiven Kenntnisnahme des Verkehrsteilnehmers abhänge. Die Jahresdauergenehmigung, aufgrund derer die Unternehmen ein Halteverbotsschild aufstellten, sei rechtmäßig. Denn sie unterwerfe die Firmen genauen Auflagen; sie sei befristet und stets widerruflich, so dass der Einfluss der Straßenverkehrsbehörde gesichert sei. Eine andere Praxis, die eine dauernde Einbindung der Straßenverkehrsbehörde voraussetze, sei mit einem unrealistischen Aufwand verbunden. Schließlich seien auch rechtswidrig aufgestellte Verkehrsschilder aufgrund der sofortigen Vollziehbarkeit zu befolgen. Das Halteverbotsschild sei auch nicht nichtig gewesen, denn es sei für jedermann als ein solches zu erkennen gewesen. Eine abweichende Rechtsauffassung, die die Befolgung von Verkehrsschildern letztlich dem Gutdünken der Verkehrsteilnehmer anheimstelle, hätte gravierende Auswirkungen auf die allgemeine Verkehrssicherheit.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 9. September 2008 - 3 K 571/08 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Er verteidigt das angefochtene Urteil im Ergebnis und führt aus: Die von der Beklagten erteilte Jahresdauergenehmigung sei rechtswidrig und nichtig. Die StVO enthalte keine Ermächtigung, nach der der Erlass von straßenverkehrsrechtlichen Allgemeinverfügungen auf einen Privaten übertragen werden dürfe. Die zuständige Behörde dürfe sich lediglich der Hilfe von Privaten bedienen. Aus der Nichtigkeit der Jahresdauergenehmigung folge die Nichtigkeit der von der Umzugsfirma eingerichteten Halteverbotszone. Darüber hinaus seien jedenfalls die Auflagen und Bedingungen der Jahresdauergenehmigung angesichts der Größe der eingerichteten Halteverbotszone nicht beachtet worden. Auch seien die Schilder bereits am 20.04.2007 nicht den rechtlichen Vorgaben entsprechend, sondern parallel zur Fahrbahn aufgestellt worden; am 24.04.2007 sei das in Fahrtrichtung erste Schild um 180° gedreht gewesen. Die Regeln des Anscheinsbeweises könnten hier nicht gelten. Weder seien die Schilder zwischenzeitlich kontrolliert worden, noch sei durch Sicherheitsbolzen o.ä. ein Verstellen durch Dritte verhindert oder zumindest erschwert worden.
12 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und die Gerichtsakten aus dem Klageverfahren vor. Sie waren Gegen- stand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Denn der angefochtene Bescheid sowie der Widerspruchsbescheid sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
14 
Der Kostenbescheid ist durch die Ermächtigungsgrundlage des § 49 Abs. 1 PolG i.V.m. § 31 Abs. 1, § 25 LVwVG nicht gedeckt. Die Kosten, die bei einer Ersatzvornahme angefallen sind, können nur dann gegenüber dem Polizeipflichtigen geltend gemacht werden, wenn diese Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung rechtmäßig war (vgl. Urteil des erk. Senats vom 20.03.1986 - 1 S 2654/85 -, VBlBW 1986, 299 <302>). Das ist hier nicht der Fall. Denn der abgebrochene Abschleppvorgang als Teil einer Ersatzvornahme erweist sich als rechtswidrig. Ihr liegt ein vollstreckbarer Verwaltungsakt (§ 2 LVwVG) als Voraussetzung jeglicher Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung nicht zugrunde.
15 
Eine Halteverbotszone mit dem damit verbundenen – sofort vollziehbaren (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO; § 2 Nr. 2 LVwVG) - Wegfahrgebot (vgl. Urteil des erk. Senats vom 27.06.2002 - 1 S 1531/01 -, ESVGH 52, 232 m.N.) ist durch das Aufstellen der entsprechenden Verkehrszeichen nicht wirksam eingerichtet worden. Dem Vorgehen des Umzugsunternehmens lag eine verkehrsrechtliche Anordnung, die die Merkmale eines Verwaltungsakts in Gestalt einer Allgemeinverfügung nach § 35 Satz 2 LVwVfG erfüllt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.1979 - 7 C 46.78 -, BVerwGE 59, 221), nicht zugrunde. Es fehlt bereits am Handeln einer Behörde (§ 1 Abs. 4 LVwVfG). Die Verkehrszeichen sind deswegen als bloße Schein-Verwaltungsakte (Nichtakte) einzustufen, die jedenfalls insoweit rechtliche Wirkungen nicht entfalten (vgl. etwa Bettermann in: Bachof u.a. , Festgabe BVerwG, 1978, S. 61 <69>; v. Mutius, VerwArch 62 <1971> 300 <304>; U. Stelkens in: Stelkens u.a. , VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 62; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16.03.1976 – Ss 53/76 -, VerkMitt 1977, Nr. 5). Auf die im erstinstanzlichen Verfahren aufgeworfenen Fragen, wann und wie im Einzelnen die Verkehrszeichen aufgestellt worden sind und ob sie als nichtig i.S.v. § 44 LVwVfG einzustufen wären (siehe dazu Janker in: Jagow/Burmann/Heß, Straßenverkehrsrecht, 20. Aufl. 2008, § 39 StVO Rn. 10 f.; König in: ders./Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 39 StVO Rn. 31, § 41 Rn. 246 , jeweils m.N.), kommt es demnach nicht an.
16 
Für den Erlass verkehrsregelnder Anordnungen sind nach § 45 Abs. 1 bis Abs. 1 e StVO in erster Linie die Straßenverkehrsbehörden, daneben auch die Straßenbaubehörden (§ 45 Abs. 2 StVO), zuständig. Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken beschränken oder verbieten. Nach dem Grundsatz der Selbstorganschaft muss die zuständige Behörde die ihr zugewiesenen Aufgaben grundsätzlich durch eigene Bedienstete erfüllen (vgl. U. Stelkens in: Stelkens u.a. , VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 60 m.w.N.). Dieser Vorgabe entspricht das auf einer offenbar langjährigen Praxis beruhende Vorgehen der Beklagten als der gemäß § 44 Abs. 1 StVO i.V.m. § 1 StVOZuG, § 13 Abs. 1 Nr. 2 LVG a.F. (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 LVG n.F.) zuständigen Straßenverkehrsbehörde nicht. Denn der Einrichtung der Halteverbotszone im Interesse der Ermöglichung reibungsloser Be- und Entladungsarbeiten beim Umzug lag eine nach Ort und Zeit individualisierte und konkretisierte Anordnung der Beklagten nicht zugrunde. Vielmehr hat darüber allein - und ohne jegliche vorherige Ab- oder Rücksprache mit der Beklagten - das Umzugsunternehmen gemäß seinen betrieblichen Erfordernissen, wenn auch in dem durch die Jahresdauergenehmigung gesetzten allgemeinen Rechtsrahmen, entschieden.
17 
Dieses Vorgehen ist nicht etwa durch § 45 Abs. 6 StVO gedeckt. Danach müssen die Unternehmer vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken von der zuständigen Behörde Anordnungen nach Absatz 1 bis 3 u.a. darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind. Denn diese Bestimmung, die zwar grundsätzlich für alle Arbeiten anwendbar ist, die den Straßenraum in Anspruch nehmen (vgl. König, a.a.O., § 45 StVO, Rn. 45), verlagert nach ihrem eindeutigen Wortlaut nicht etwa die Entscheidungskompetenz auf den privaten Unternehmer. Der Private wird nicht aufgrund ihm übertragener hoheitlicher Befugnisse eigenständig regelnd tätig. Vielmehr obliegt ihm - insoweit als einem bloßen Verwaltungshelfer – lediglich die tatsächliche Umsetzung der zuvor von der zuständigen Behörde getroffenen Entscheidung, indem er deren Anordnungen mittels der Verkehrszeichen gemäß § 39 Abs. 2, § 45 Abs. 4 StVO bekanntgibt (vgl. bereits zur Vorgängervorschrift des § 3 Abs. 3a StVO a.F. BVerwG, Urteil vom 26.06.1970 - VII C 10.70 -; BVerwGE 35, 334 <336 ff.>; zu § 45 Abs. 6 etwa BayObLG, Beschluss vom 23.03.1977 - 1 Ob OWi 64/77 -, BayObLGSt 1977, 47 ; König, a.a.O., § 45 StVO, Rn. 45).
18 
Aus der dem Umzugsunternehmen erteilten Jahresdauergenehmigung folgt keine andere rechtliche Bewertung. Sie hat nicht zur Folge, dass das Unternehmen selbst als Behörde im Sinne von § 1 Abs. 4 LVwVfG anzusehen ist, deren Handeln der Beklagten zuzurechnen wäre, oder doch jedenfalls rechtliche Wirksamkeit zukommt.
19 
Die Jahresdauergenehmigung zielt der Sache nach darauf ab, dem Umzugsunternehmen im Interesse der Verwaltungsvereinfachung die Entscheidung über die Einrichtung von Halteverbotszonen zu überlassen. Damit sollen ihm öffentlich-rechtliche Befugnisse zur eigenverantwortlichen Ausübung übertragen werden. Dies kennzeichnet das Rechtsinstitut der Beleihung. Infolge der Beleihung wird der Beliehene aber nicht zum Organ des beleihenden Verwaltungsträgers, so dass diesem die vom beliehenen Privaten entfaltete (Verwaltungs-)Tätigkeit nicht unmittelbar zugerechnet wird (siehe Burgi in: Erichsen/Ehlers , AllgVerwR, 13. Aufl. 2006, § 9 Rn. 24, 29 f.; Jestaedt in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle , GVwR I, 2006, § 14 Rn. 31, jeweils m.N.; a.A. Stelkens, NVwZ 2004, 304 <307 f.>). Vielmehr wird mit der Beleihung ein eigenständiger Verwaltungsträger geschaffen, dessen Entscheidungen als Verwaltungsakte - nach Einordnung als rechtmäßig oder (bloß) rechtswidrig, nicht aber nichtig - im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt werden können.
20 
Durch die Jahresdauergenehmigung sind dem Umzugsunternehmen indessen hoheitliche Befugnisse nicht wirksam übertragen worden. Denn die Beleihung ist rechtswidrig, weil sie sich nicht auf eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage stützen kann, die nach den Grundsätzen des institutionellen Gesetzesvorbehalts erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 – 7 C 31.87 -, BVerwGE 81, 185 <188>; Burgi, a.a.O., § 7 Rn. 4, Jestaedt, a.a.O., § 14 Rn. 30; F. Reimer in: GVwR I, 2006, § 9 Rn. 37). Eine rechtsfehlerhafte Beleihung kann zwar grundsätzlich Grundlage für den Erlass von - rechtswidrigen oder auch nichtigen - Verwaltungsakten durch den rechtswidrig Beliehenen sein (vgl. Stelkens, NVwZ 2004, 305 <308>; ders. in: Stelkens u.a. , VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 65 m.w.N.). Im vorliegenden Falle erweist sich die völlig gesetzlose Beleihung jedoch gem. § 44 Abs. 1 LVwVfG als nichtig, so dass - in Ermangelung einer Sonderregelung wie in § 15 Satz 3 BBG - kein Anlass besteht, das Umzugsunternehmen zumindest bis zur abschließenden Klärung der Rechtslage als Behörde im Sinne von § 1 Abs. 4 LVwVfG anzusehen. Nach § 44 Abs. 1 LVwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Hiernach ist zwar davon auszugehen, dass die mangelnde Übereinstimmung eines Bescheids mit der anzuwendenden Rechtsgrundlage regelmäßig nur seine Rechtswidrigkeit, nicht aber seine Nichtigkeit nach sich zieht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.04.1997 – 3 C 3.95 -, BVerwGE 104, 289 <296>; Beschluss vom 28.02.2000 – 1 B 78.99 -, Buchholz 316 § 44 VwVfG Nr. 11). Hier fehlt es aber an jeglicher Rechtsgrundlage für das Vorgehen der Beklagten, die ohne normativen Ansatzpunkt die Zuständigkeitsordnung ändern will. Sie setzt sich damit in einen unübersehbaren Widerspruch zu § 45 Abs. 6 StVO, der das Zusammenwirken von Behörden und Privaten auf dem Gebiet straßenverkehrsrechtlicher Anordnungen gerade in einem anderen Sinn regelt. Auch deswegen ist der der Beleihung anhaftende Rechtsfehler offensichtlich; ihr steht die Rechtswidrigkeit auf die Stirn geschrieben.
21 
Ob das Handeln des Unternehmens der Straßenverkehrsbehörde jedenfalls dann zuzurechnen ist, wenn die Behörde diesem Vorgehen - gegebenenfalls konkludent durch widerspruchslose Hinnahme nach einer Anzeige seitens des Privaten - zugestimmt hat, kann dahinstehen (vgl. etwa VG Köln, Urteil vom 05.02.2009 – 20 K 3610/07 - , im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 26.06.1970 - VII C 10.70 -; BVerwGE 35, 334 <343 f.>; sowie VG Berlin, Gerichtsbescheid vom 30.11.1989 – 18 A 105.87 -, NZV 1990, 248; BayVGH, Beschluss vom 17.12.1991 – 11 B 91.2603 -, NZV 1992, 382 <383>; OVG SH, Urteil vom 15.03.2008 – 2 LB 8/05 -, NordÖR 2006, 263 <265>; a.A. Bettermann, a.a.O., S.69 f.). Denn eine solche Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Das Unternehmen war hier nach den Auflagen und Bedingungen zur Jahresdauergenehmigung nicht zur Anzeige der von ihr eingerichteten Halteverbotszonen gegenüber der Behörde verpflichtet und hat dies auch nicht getan. In der Anordnung des Abschleppens seitens eines Behördenmitarbeiters kann eine - nachträgliche - Zustimmung zur Errichtung der Halteverbotszone nicht gesehen werden. Eine diesbezügliche Überprüfung wurde hier nämlich ersichtlich nicht vorgenommen; vielmehr ging es hier nur um eine Vollstreckungsmaßnahme.
22 
Die mit dieser Rechtsansicht verbundene zurückhaltende Bewertung allein des Rechtsscheins eines Verkehrsschildes führt nicht zu dem von der Beklagten befürchteten unzuträglichen Folgen für die Sicherheit des Straßenverkehrs. Zum einen ist hier nur der ruhende Verkehr betroffen. Zum anderen sind alle Verkehrsteilnehmer an die allgemeine Rücksichtnahmepflicht nach § 1 Abs. 2 StVO gebunden. Somit muss jeder Verkehrsteilnehmer davon ausgehen, dass andere Verkehrsteilnehmer ein als solches Geltung beanspruchendes Verkehrsschild als verbindlich beachtet; darauf muss sich der Verkehrsteilnehmer einstellen, wenn ansonsten eine Gefahrensituation droht (so schon BayObLG, Urteil vom 30.03.1965 – RReg. 2b St 224/64 a-c – NJW 1965, 1973 <1977>). Der Verkehrsteilnehmer, der meint, ein Verkehrsschild bewusst missachten zu können, handelt dabei letztlich immer auf eigenes Risiko, soweit es - wie letztlich zumeist - um kostenrechtliche Folgen geht.
23 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
24 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen.
25 
Beschluss vom 16. Dezember 2009
26 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 154,47 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 und § 63 Abs. 2 GKG).
27 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
13 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Denn der angefochtene Bescheid sowie der Widerspruchsbescheid sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
14 
Der Kostenbescheid ist durch die Ermächtigungsgrundlage des § 49 Abs. 1 PolG i.V.m. § 31 Abs. 1, § 25 LVwVG nicht gedeckt. Die Kosten, die bei einer Ersatzvornahme angefallen sind, können nur dann gegenüber dem Polizeipflichtigen geltend gemacht werden, wenn diese Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung rechtmäßig war (vgl. Urteil des erk. Senats vom 20.03.1986 - 1 S 2654/85 -, VBlBW 1986, 299 <302>). Das ist hier nicht der Fall. Denn der abgebrochene Abschleppvorgang als Teil einer Ersatzvornahme erweist sich als rechtswidrig. Ihr liegt ein vollstreckbarer Verwaltungsakt (§ 2 LVwVG) als Voraussetzung jeglicher Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung nicht zugrunde.
15 
Eine Halteverbotszone mit dem damit verbundenen – sofort vollziehbaren (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO; § 2 Nr. 2 LVwVG) - Wegfahrgebot (vgl. Urteil des erk. Senats vom 27.06.2002 - 1 S 1531/01 -, ESVGH 52, 232 m.N.) ist durch das Aufstellen der entsprechenden Verkehrszeichen nicht wirksam eingerichtet worden. Dem Vorgehen des Umzugsunternehmens lag eine verkehrsrechtliche Anordnung, die die Merkmale eines Verwaltungsakts in Gestalt einer Allgemeinverfügung nach § 35 Satz 2 LVwVfG erfüllt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.1979 - 7 C 46.78 -, BVerwGE 59, 221), nicht zugrunde. Es fehlt bereits am Handeln einer Behörde (§ 1 Abs. 4 LVwVfG). Die Verkehrszeichen sind deswegen als bloße Schein-Verwaltungsakte (Nichtakte) einzustufen, die jedenfalls insoweit rechtliche Wirkungen nicht entfalten (vgl. etwa Bettermann in: Bachof u.a. , Festgabe BVerwG, 1978, S. 61 <69>; v. Mutius, VerwArch 62 <1971> 300 <304>; U. Stelkens in: Stelkens u.a. , VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 62; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16.03.1976 – Ss 53/76 -, VerkMitt 1977, Nr. 5). Auf die im erstinstanzlichen Verfahren aufgeworfenen Fragen, wann und wie im Einzelnen die Verkehrszeichen aufgestellt worden sind und ob sie als nichtig i.S.v. § 44 LVwVfG einzustufen wären (siehe dazu Janker in: Jagow/Burmann/Heß, Straßenverkehrsrecht, 20. Aufl. 2008, § 39 StVO Rn. 10 f.; König in: ders./Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 39 StVO Rn. 31, § 41 Rn. 246 , jeweils m.N.), kommt es demnach nicht an.
16 
Für den Erlass verkehrsregelnder Anordnungen sind nach § 45 Abs. 1 bis Abs. 1 e StVO in erster Linie die Straßenverkehrsbehörden, daneben auch die Straßenbaubehörden (§ 45 Abs. 2 StVO), zuständig. Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken beschränken oder verbieten. Nach dem Grundsatz der Selbstorganschaft muss die zuständige Behörde die ihr zugewiesenen Aufgaben grundsätzlich durch eigene Bedienstete erfüllen (vgl. U. Stelkens in: Stelkens u.a. , VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 60 m.w.N.). Dieser Vorgabe entspricht das auf einer offenbar langjährigen Praxis beruhende Vorgehen der Beklagten als der gemäß § 44 Abs. 1 StVO i.V.m. § 1 StVOZuG, § 13 Abs. 1 Nr. 2 LVG a.F. (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 LVG n.F.) zuständigen Straßenverkehrsbehörde nicht. Denn der Einrichtung der Halteverbotszone im Interesse der Ermöglichung reibungsloser Be- und Entladungsarbeiten beim Umzug lag eine nach Ort und Zeit individualisierte und konkretisierte Anordnung der Beklagten nicht zugrunde. Vielmehr hat darüber allein - und ohne jegliche vorherige Ab- oder Rücksprache mit der Beklagten - das Umzugsunternehmen gemäß seinen betrieblichen Erfordernissen, wenn auch in dem durch die Jahresdauergenehmigung gesetzten allgemeinen Rechtsrahmen, entschieden.
17 
Dieses Vorgehen ist nicht etwa durch § 45 Abs. 6 StVO gedeckt. Danach müssen die Unternehmer vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken von der zuständigen Behörde Anordnungen nach Absatz 1 bis 3 u.a. darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind. Denn diese Bestimmung, die zwar grundsätzlich für alle Arbeiten anwendbar ist, die den Straßenraum in Anspruch nehmen (vgl. König, a.a.O., § 45 StVO, Rn. 45), verlagert nach ihrem eindeutigen Wortlaut nicht etwa die Entscheidungskompetenz auf den privaten Unternehmer. Der Private wird nicht aufgrund ihm übertragener hoheitlicher Befugnisse eigenständig regelnd tätig. Vielmehr obliegt ihm - insoweit als einem bloßen Verwaltungshelfer – lediglich die tatsächliche Umsetzung der zuvor von der zuständigen Behörde getroffenen Entscheidung, indem er deren Anordnungen mittels der Verkehrszeichen gemäß § 39 Abs. 2, § 45 Abs. 4 StVO bekanntgibt (vgl. bereits zur Vorgängervorschrift des § 3 Abs. 3a StVO a.F. BVerwG, Urteil vom 26.06.1970 - VII C 10.70 -; BVerwGE 35, 334 <336 ff.>; zu § 45 Abs. 6 etwa BayObLG, Beschluss vom 23.03.1977 - 1 Ob OWi 64/77 -, BayObLGSt 1977, 47 ; König, a.a.O., § 45 StVO, Rn. 45).
18 
Aus der dem Umzugsunternehmen erteilten Jahresdauergenehmigung folgt keine andere rechtliche Bewertung. Sie hat nicht zur Folge, dass das Unternehmen selbst als Behörde im Sinne von § 1 Abs. 4 LVwVfG anzusehen ist, deren Handeln der Beklagten zuzurechnen wäre, oder doch jedenfalls rechtliche Wirksamkeit zukommt.
19 
Die Jahresdauergenehmigung zielt der Sache nach darauf ab, dem Umzugsunternehmen im Interesse der Verwaltungsvereinfachung die Entscheidung über die Einrichtung von Halteverbotszonen zu überlassen. Damit sollen ihm öffentlich-rechtliche Befugnisse zur eigenverantwortlichen Ausübung übertragen werden. Dies kennzeichnet das Rechtsinstitut der Beleihung. Infolge der Beleihung wird der Beliehene aber nicht zum Organ des beleihenden Verwaltungsträgers, so dass diesem die vom beliehenen Privaten entfaltete (Verwaltungs-)Tätigkeit nicht unmittelbar zugerechnet wird (siehe Burgi in: Erichsen/Ehlers , AllgVerwR, 13. Aufl. 2006, § 9 Rn. 24, 29 f.; Jestaedt in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle , GVwR I, 2006, § 14 Rn. 31, jeweils m.N.; a.A. Stelkens, NVwZ 2004, 304 <307 f.>). Vielmehr wird mit der Beleihung ein eigenständiger Verwaltungsträger geschaffen, dessen Entscheidungen als Verwaltungsakte - nach Einordnung als rechtmäßig oder (bloß) rechtswidrig, nicht aber nichtig - im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt werden können.
20 
Durch die Jahresdauergenehmigung sind dem Umzugsunternehmen indessen hoheitliche Befugnisse nicht wirksam übertragen worden. Denn die Beleihung ist rechtswidrig, weil sie sich nicht auf eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage stützen kann, die nach den Grundsätzen des institutionellen Gesetzesvorbehalts erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 – 7 C 31.87 -, BVerwGE 81, 185 <188>; Burgi, a.a.O., § 7 Rn. 4, Jestaedt, a.a.O., § 14 Rn. 30; F. Reimer in: GVwR I, 2006, § 9 Rn. 37). Eine rechtsfehlerhafte Beleihung kann zwar grundsätzlich Grundlage für den Erlass von - rechtswidrigen oder auch nichtigen - Verwaltungsakten durch den rechtswidrig Beliehenen sein (vgl. Stelkens, NVwZ 2004, 305 <308>; ders. in: Stelkens u.a. , VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 65 m.w.N.). Im vorliegenden Falle erweist sich die völlig gesetzlose Beleihung jedoch gem. § 44 Abs. 1 LVwVfG als nichtig, so dass - in Ermangelung einer Sonderregelung wie in § 15 Satz 3 BBG - kein Anlass besteht, das Umzugsunternehmen zumindest bis zur abschließenden Klärung der Rechtslage als Behörde im Sinne von § 1 Abs. 4 LVwVfG anzusehen. Nach § 44 Abs. 1 LVwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Hiernach ist zwar davon auszugehen, dass die mangelnde Übereinstimmung eines Bescheids mit der anzuwendenden Rechtsgrundlage regelmäßig nur seine Rechtswidrigkeit, nicht aber seine Nichtigkeit nach sich zieht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.04.1997 – 3 C 3.95 -, BVerwGE 104, 289 <296>; Beschluss vom 28.02.2000 – 1 B 78.99 -, Buchholz 316 § 44 VwVfG Nr. 11). Hier fehlt es aber an jeglicher Rechtsgrundlage für das Vorgehen der Beklagten, die ohne normativen Ansatzpunkt die Zuständigkeitsordnung ändern will. Sie setzt sich damit in einen unübersehbaren Widerspruch zu § 45 Abs. 6 StVO, der das Zusammenwirken von Behörden und Privaten auf dem Gebiet straßenverkehrsrechtlicher Anordnungen gerade in einem anderen Sinn regelt. Auch deswegen ist der der Beleihung anhaftende Rechtsfehler offensichtlich; ihr steht die Rechtswidrigkeit auf die Stirn geschrieben.
21 
Ob das Handeln des Unternehmens der Straßenverkehrsbehörde jedenfalls dann zuzurechnen ist, wenn die Behörde diesem Vorgehen - gegebenenfalls konkludent durch widerspruchslose Hinnahme nach einer Anzeige seitens des Privaten - zugestimmt hat, kann dahinstehen (vgl. etwa VG Köln, Urteil vom 05.02.2009 – 20 K 3610/07 - , im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 26.06.1970 - VII C 10.70 -; BVerwGE 35, 334 <343 f.>; sowie VG Berlin, Gerichtsbescheid vom 30.11.1989 – 18 A 105.87 -, NZV 1990, 248; BayVGH, Beschluss vom 17.12.1991 – 11 B 91.2603 -, NZV 1992, 382 <383>; OVG SH, Urteil vom 15.03.2008 – 2 LB 8/05 -, NordÖR 2006, 263 <265>; a.A. Bettermann, a.a.O., S.69 f.). Denn eine solche Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Das Unternehmen war hier nach den Auflagen und Bedingungen zur Jahresdauergenehmigung nicht zur Anzeige der von ihr eingerichteten Halteverbotszonen gegenüber der Behörde verpflichtet und hat dies auch nicht getan. In der Anordnung des Abschleppens seitens eines Behördenmitarbeiters kann eine - nachträgliche - Zustimmung zur Errichtung der Halteverbotszone nicht gesehen werden. Eine diesbezügliche Überprüfung wurde hier nämlich ersichtlich nicht vorgenommen; vielmehr ging es hier nur um eine Vollstreckungsmaßnahme.
22 
Die mit dieser Rechtsansicht verbundene zurückhaltende Bewertung allein des Rechtsscheins eines Verkehrsschildes führt nicht zu dem von der Beklagten befürchteten unzuträglichen Folgen für die Sicherheit des Straßenverkehrs. Zum einen ist hier nur der ruhende Verkehr betroffen. Zum anderen sind alle Verkehrsteilnehmer an die allgemeine Rücksichtnahmepflicht nach § 1 Abs. 2 StVO gebunden. Somit muss jeder Verkehrsteilnehmer davon ausgehen, dass andere Verkehrsteilnehmer ein als solches Geltung beanspruchendes Verkehrsschild als verbindlich beachtet; darauf muss sich der Verkehrsteilnehmer einstellen, wenn ansonsten eine Gefahrensituation droht (so schon BayObLG, Urteil vom 30.03.1965 – RReg. 2b St 224/64 a-c – NJW 1965, 1973 <1977>). Der Verkehrsteilnehmer, der meint, ein Verkehrsschild bewusst missachten zu können, handelt dabei letztlich immer auf eigenes Risiko, soweit es - wie letztlich zumeist - um kostenrechtliche Folgen geht.
23 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
24 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen.
25 
Beschluss vom 16. Dezember 2009
26 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 154,47 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 und § 63 Abs. 2 GKG).
27 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Die zur Verwertung und Beseitigung Verpflichteten können Dritte mit der Erfüllung ihrer Pflichten beauftragen. Ihre Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Pflichten bleibt hiervon unberührt und so lange bestehen, bis die Entsorgung endgültig und ordnungsgemäß abgeschlossen ist. Die beauftragten Dritten müssen über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen.

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt vom 23. Dezember 2009, Geschäftszeichen 1 VK LVwA 54/09, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin zu tragen.

Gründe

A.

1

Die Antragstellerin, ein Unternehmen der privaten Entsorgungswirtschaft, das einem bundesweit agierenden Entsorgungskonzern angehört, begehrt im Wege des Nachprüfungsverfahrens die Feststellung der Nichtigkeit des zwischen dem Antragsgegner und der Beigeladenen am 29. November 2002 abgeschlossenen Entsorgungsvertrages.

2

Der Antragsgegner ist eine entsorgungspflichtige kommunale Körperschaft für die in ihrem Gebiet anfallenden, überlassungspflichtigen Abfälle. Er ist gemäß § 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Kreisgebietsneuregelung im Zuge der Kreisgebietsreform vom 01. Juli 2007 aus der Zusammenlegung der Landkreise M. L. und S. hervor gegangen und nach § 9 des Gesetzes zur Kreisgebietsneuregelung Rechtsnachfolger dieser Altkreise geworden.

3

Mit Vertrag über die Teilübertragung der Abfallentsorgung vom 29. November 2002 hatte der Altkreis S. die Verwertung und Beseitigung der in seinem Gebiet anfallenden Abfälle ohne vorherige Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens der Beigeladenen (W. GmbH , im Folgenden: W.) übertragen. Gemäß § 5 Abs. 1 des Vertrages ist eine Vertragslaufzeit bis zum 31. Dezember 2015 vorgesehen mit einer Verlängerungsoption um fünf Jahre.

4

Die Beigeladene war durch Gesellschaftsvertrag vom 29. Mai 2002 von der E. GmbH S. (im Folgenden: E.), einer 100%-gen Tochtergesellschaft des Antragsgegners, und der N. GmbH (im Folgenden: N. gegründet worden. Während die E. als Mehrheitsgesellschafterin 51 % der Geschäftsanteile am Stammkapital hielt, hatte die N. 49 % der Anteile inne. An der Mitgesellschafterin N. waren neben der E. , die 51 % der Geschäftsanteile hielt, als weitere Gesellschafterin die Rn. GmbH und Co KG, eine Rechtsvorgängerin der Antragstellerin, mit einem Anteil von 49 % an dem Gesellschaftskapital beteiligt. Mit Vertrag vom 31. Dezember 2006 übertrug die Antragstellerin die von ihr bis dahin gehaltenen Geschäftsanteile an der N. innerhalb des eigenen Konzerns an die K. GmbH (im Folgenden: K.), deren alleinige Gesellschafterin wiederum die Antragstellerin ist. Über das Vermögen der N. hat das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – Halle mit Beschluss vom 04. Juni 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die E. befindet sich seit 27.10.2009 in Insolvenz.

5

Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen ist die Erfüllung von Entsorgungsaufgaben in Bezug auf andienungspflichtige Haus- und Gewerbeabfälle, deren Aufbereitung durch mechanische Behandlung zu Ersatzbrennstoffen und die anschließende Zuführung zur Verbrennung in Kraftwerken. Der mit dem Antragsgegner abgeschlossene Entsorgungsvertrag macht dabei einen allenfalls untergeordneten Teil der Entsorgungstätigkeit der W. aus. Rund 21 % der Gesamtkapazität der Beigeladenen entfallen auf die für den Antragsgegner auf der Grundlage der Kommunalaufträge vom 29. November 2002 (Altkreis S.) und vom 25. Mai 2005 (Altkreis M. L.) entsorgten Abfallmengen. Im übrigen erzielt die Beigeladene ihre Umsatzerlöse durch Drittaufträge.

6

In der Sitzung des Kreistages vom 24. Juni 2009 beschloss der Antragsgegner die Veräußerung der über seine Tochtergesellschaft E. gehaltenen Geschäftsanteile von 51 % an der Beigeladenen. Die E. übertrug darauf hin mit dem vor dem Notar U. B. zur Urkundenrollennummer 900/2009 am 04.Juli 2009 beurkundeten Anteilskauf- und –Abtretungsvertrag ihre Anteile an der Beigeladenen auf die R. - GmbH (i. F. R.) als Käuferin.

7

Da die Antragstellerin die Ansicht vertrat, dass die Anteilsveräußerung an die R. - GmbH dem Vergaberechtsregime nach §§ 97 ff GWB unterliegt, rügte sie das beabsichtigte Vorgehen des Antragsgegners mit Schreiben vom 23. Juni 2009 als vergaberechtswidrig und bekundete zugleich Interesse an dem Erwerb der Beteiligung sowie an einem Auftrag über die Erbringung von Entsorgungsleistungen.

8

Unter dem 10. Juli 2009 strengte die Antragstellerin ein Nachprüfungsverfahren (Geschäftszeichen 1 VK LVwA 48/09) gegen die E. vor der Vergabekammer an, das darauf abzielte, die E. zu verpflichten, die von ihr gehaltenen Geschäftsanteile an der W. nur nach Durchführung eines vorherigen förmlichen Vergabeverfahrens zu verkaufen und hilfsweise festzustellen, dass der zwischen der E. und der R. am 04. Juli 2009 geschlossene Geschäftsanteilskauf-und Abtretungsvertrag unwirksam sei.

9

Mit Anwaltsschriftsatz vom 29. September 2009 erweiterte die Antragstellerin das Nachprüfungsverfahren auf den Antragsgegner und hat wegen des zwischenzeitlich bei der W. eingetretenen Gesellschafterwechsels nunmehr auch die Nichtigkeit des Entsorgungsvertrages vom 29. November 2002 geltend gemacht.

10

Sie hat die Ansicht vertreten, dass der zwischen der W. und dem Antragsgegner am 29. November 2002 zustande gekommenen Entsorgungsvertrag aufgrund des notariell- beurkundeten Geschäftsanteilskaufs- und Übertragungsvertrages vom 04. Juli 2009 und des damit bei der W. einher gehenden Gesellschafterwechsels hätte neu ausgeschrieben werden müssen. Denn die Tatsache, dass innerhalb der Geltungsdauer des ursprünglichen Entsorgungsvertrages privates Kapital, nämlich hier die R. , zur Beteiligung am gemischtwirtschaftlichen Grundkapital der W. zugelassen worden sei, sei als eine eine Neuausschreibung gebietende wesentliche Änderung einer grundlegenden Bedingung des Auftrages zu werten. Auf einen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Auftragsvergabe und der Anteilsveräußerung komme es dabei nicht an. Alleinige Voraussetzung für das Entstehen einer Ausschreibungspflicht sei vielmehr die innerhalb der Vertragslaufzeit vorgenommene Öffnung des vornehmlich von der öffentlichen Hand gehaltenen Gesellschaftskapitals für privates Vermögen. Denn dies sei einem Vertragspartnerwechsel und insoweit einer Neuvergabe des Auftrages gleich zu erachten. Der Antragsgegner habe hier jedoch gleichwohl von der Einleitung eines offenen Vergabeverfahrens abgesehen. Die Fortsetzung des Entsorgungsverhältnisses zwischen der Beigeladenen und dem Antragsgegner ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens sei daher als unzulässige de facto - Vergabe anzusehen, deren Unwirksamkeit nach § 101 b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 GWB festzustellen sei.

11

Von dem Vergaberechtsverstoß habe die Antragstellerin erstmals aufgrund des am 10. September 2009 verkündeten Urteils des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache „Sea Srl“ (Geschäftszeichen C-573/07) Kenntnis erlangt. Bis zu diesem Urteil des EuGH habe nämlich in der vergaberechtlichen Rechtsprechung und Rechtsliteratur die allgemeine Auffassung vorgeherrscht, dass Änderungen in der Gesellschafterzusammensetzung des Auftragnehmers während der Vertragslaufzeit keine vergaberechtlich relevante Leistungsänderung darstellen könnten. In Abweichung von der bislang herrschenden Meinung habe der EuGH in seiner Entscheidung vom 10. September 2009 nunmehr jedoch klargestellt, dass im Falle der Vergabe eines Auftrages ohne Ausschreibung an eine Gesellschaft, bei der das Grundkapital ausschließlich aus öffentlichen Kapital bestehe und kein konkreter Hinweis auf eine baldige Öffnung für private Teilnehmer vorliege (sog. In-house-Vergabe), die eine Ausschreibung erfordernde Änderung der grundlegenden Bedingungen des Auftrages anzunehmen sei, wenn innerhalb der Geltungsdauer des Vertrages privates Kapital zugelassen würde. Erst auf der Grundlage des Urteils des EuGH sei die bislang unsichere Rechtslage für die Antragstellerin so eindeutig geklärt worden, dass sie von einem Vergaberechtsverstoß des Antragsgegners habe ausgehen müssen und deshalb binnen der 30 Tage – Frist des § 101 b Abs.2 GWB den Nachprüfungsantrag angebracht habe.

12

Die Antragstellerin hat beantragt,

13

festzustellen, dass der zwischen dem Antragsgegner und der W. GmbH (W.) abgeschlossene Entsorgungsvertrag vom 29. November 2002 betreffend die Entsorgung der im Altkreis S. anfallenden Abfälle nichtig ist.

14

Der Antragsgegner ist dem Nachprüfungsantrag entgegen getreten.

15

Er ist der Meinung gewesen, dass der am 29. September 2009 anhängig gemachte Nachprüfungsantrag verfristet sei, weil die Antragstellerin versäumt habe, den Antrag binnen der 30-Tage-Frist des § 101 b Abs. 2 GWB bei der Vergabekammer anzubringen. Insoweit hat er vorgetragen, dass die Antragstellerin spätestens mit Zustellung des Erwiderungsschriftsatzes der E. vom 21. Juli 2009 in dem Parallelverfahren 1 VK LVwA 48/09 von der Beurkundung des Anteilskaufvertrages vom 04. Juli 2009 Kenntnis erlangt habe. Sie hätte daher bis spätestens 20. August 2009 in einem Nachprüfungsverfahren geltend machen müssen, dass sie hierin eine vergaberechtswidrige Änderung des Vertrages erblicke. Der Nachprüfungsantrag entbehre aber auch deshalb der Zulässigkeit, weil der bei der W. eingetretene Gesellschafterwechsel schon keinen vergaberechtsrelevanten Beschaffungsvorgang darstellen würde, der das Vergaberechtsregime der §§ 97 ff GWB eröffnen könnte. Denn im Unterschied zu dem vom EuGH in der Rechtssache SEA Srl entschiedenen Sachverhalt hätten die Voraussetzungen einer In-house-Vergabe im Streitfall von Anfang an wegen der Minderheitenbeteiligung der Antragstellerin bzw. deren Rechtsvorgängerin an der Beigeladenen nicht vorgelegen. Dementsprechend könne aber von einer wesentlichen Änderung einer grundlegenden Bedingung des zugrunde liegenden Auftrages im Sinne der zitierten Rechtsprechung des EuGH zur Rechtssache „Sea Srl“ nicht ausgegangen werden.

16

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag von dem Verfahren 1 VK LVwA 48/09 abgetrennt, unter dem Aktenzeichen 1 VK LVwA 54/09 geführt und mit Beschluss vom 23. Dezember 2009 als unzulässig verworfen.

17

Zur Begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt, dass der Antrag verspätet, nämlich nicht innerhalb der Frist von 30 Tagen nach § 101 b Abs. 2 S. 1, Abs. 1 Nr. 2 GWB angebracht worden sei. Der Entsorgungsvertrag vom 29. November 2002 habe zwar aufgrund des bei der W. eingetretenen Gesellschafterwechsels seine Wirksamkeit verloren. Denn die Privilegierung eines „In-house-Geschäfts“ sei mit dem teilweisen Wechsel der an der W. beteiligten Anteilseigner entfallen. Auch wenn die privilegierenden Voraussetzungen eines In-house-Geschäftes bei Vertragsabschluss am 29. November 2002 tatsächlich nicht vorgelegen hätten, müsse sich der Antragsgegner aber gleichwohl so behandeln lassen mit der Folge einer Neuausschreibungspflicht des Entsorgungsvertrages. Die Nichtigkeitsfolge aufgrund des Wegfalls der dem Vertragsabschluss zugrunde gelegten Privilegierung müsse nämlich erst Recht auch dann gelten, wenn sich der Auftraggeber seinerzeit lediglich rechtsirrig eines privilegierten Eingeschäfts berühmt habe. Der ursprünglich fälschlich eine Privilegierung annehmende öffentliche Auftraggeber dürfe nicht besser gestellt werden als derjenige, der sich mit Recht auf die Privilegierung eines In-house-Geschäftes berufen habe, die erst während der Vertragslaufzeit aufgrund eines Anteilsverkaufs entfallen sei. Im Fortgang des Leistungsaustausches über den 04. Juli 2009 hinaus liege daher hier eine im Wege eines Nachprüfungsverfahrens angreifbare de facto Vergabe. Spätestens mit Zugang des Schriftsatzes der Antragsgegnerseite (E.) vom 21. Juli 2009 am 23. Juli 2009 in dem Parallelverfahren 1 VK LVwA 48/09 habe die Antragstellerin von der Anteilsübertragung Kenntnis erlangt und zugleich über ein hinreichend gesichertes Wissen zu dem gerügten Vergaberechtsverstoß verfügt. Dass die Antragstellerin die Schlussfolgerung, dass eine vergaberechtskonforme Leistungserbringung nach dem Gesellschafterwechsel nicht mehr möglich sei, bereits vor Verkündung des Urteils des EuGH vom 10. September 2009 gezogen habe, gehe auch aus dem weiteren Schriftverkehr der Antragstellerin bzw. deren Tochtergesellschaft K. ohne weiteres hervor.

18

Gegen diesen, der Antragstellerin am 28. Dezember 2009 zugestellten Beschluss richtet sich ihre bei dem Oberlandesgericht am 30. Dezember 2009 eingegangene sofortige Beschwerde, mit der sie – unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens – ihren erstinstanzlichen Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Entsorgungsvertrages vom 29. November 2002 weiter verfolgt.

19

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass der angefochtene Beschluss der Vergabekammer mit einem wesentlichen Verfahrensfehler behaftet sei, denn die Vergabekammer habe das hier streitgegenständliche Nachprüfungsbegehren zu Unrecht von dem Ursprungsverfahren 1 VK LVwA 48/09 abgetrennt und die Verfahrensgegenstände in mehrere Nachprüfungsverfahren aufgesplittet. Dies sei schon deshalb unzulässig, weil sie die von ihr angestrengten Nachprüfungsverfahren in ein Eventualverhältnis gestellt habe. Außerdem sei ihr das rechtliche Gehör zu der von der Vergabekammer beabsichtigten, sachlich nicht veranlassten Verfahrenstrennung versagt worden.

20

In der Sache meint sie, dass die Vergabekammer mit Recht die Statthaftigkeit des Nachprüfungsantrags bejaht habe, weil die Veräußerung der Geschäftsanteile der E. an der Beigeladenen zu einer wesentlichen Änderung einer grundlegenden Bedingung des bestehenden Entsorgungsvertrages geführt habe, die einer Neuvergabe gleich komme. Der den Bestimmungen des Vergaberechts zugrunde liegende Schutzzweck gebiete, dass die mit der Veräußerung der mehrheitlichen Beteiligung an der Beigeladenen verbundene Partizipation der R. an den der Beigeladenen vergebenen öffentlichen Aufträgen eine Neuausschreibungspflicht auslöse. Denn immer dann, wenn der öffentliche Auftraggeber seine Beteiligung an der rechtswidrig außerhalb eines förmlichen Vergabeverfahrens beauftragten Gesellschaft veräußere, werde der Schutzzweck des Vergaberechts verletzt. Zwar sei der Auftrag seinerzeit nicht im Wege eines vergaberechtsfreien Eigengeschäfts erteilt worden, die von dem EuGH in der „Sea Srl“-Entscheidung zum Wegfall einer In-house-Privilegierung entwickelten Rechtsgrundsätze müssten hierauf bei einer schutzzweckbezogenen, funktionalen Betrachtung zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen jedoch erst Recht angewandt werden, denn auch hier führe der Gesellschafterwechsel letztlich dazu, dass ein privates Unternehmen durch seine Beteiligung am Kapital des vergabefrei beauftragten Auftragnehmers einen Vorteil im Hinblick auf die bestehenden öffentlichen Aufträge gegenüber seinen Konkurrenten erlange. Im übrigen dürfe der rechtskonform handelnde Auftraggeber nicht schlechter gestellt werden als derjenige, der schon von Anfang an, nämlich bei der Auftragsvergabe gegen das Vergaberecht verstoßen habe. Das zwischen dem Antragsgegner, der E. und der R. abgestimmte Verhalten im Zusammenhang mit der Veräußerung der Anteile an der W. habe letztlich darauf abgezielt, den Entsorgungsvertrag auf die Anteilserwerberin, die R. , faktisch überzuleiten, was im wirtschaftlichen Ergebnis einer vergabepflichtigen Vertragsübernahme gleich komme und ersichtlich allein der Umgehung vergaberechtlicher Bestimmungen gedient habe. Wie die Informationsvorlage des Antragsgegners vom 23. März 2009 belege, habe die Privatisierung der Beigeladenen einerseits über den Erwerb der Geschäftsanteile durch die R. und andererseits durch Einzug der bisher von der N. gehaltenen Geschäftsanteile nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens realisiert werden sollen.

21

Weiterhin rügt die Beschwerdeführerin, dass die Vergabekammer ihren Nachprüfungsantrag zu Unrecht als nach § 101 b Abs. 2 S. 1 GWB verfristet angesehen habe. Sie habe frühestens mit der Verkündung des Urteils des EuGH in der Rechtssache „Sea Srl“ vom 10. September 2009 die für den Fristbeginn nach § 101 b Abs. 2 S. 1 GWB erforderliche positive Kenntnis von der nunmehr geklärten, vergaberechtlich relevanten Rechtslage erlangt. Sie ist zudem der Ansicht, dass sich die Regelung des § 101 b Abs. 2 GWB als gemeinschaftsrechtswidrig erweise, da sie entgegen der Rechtsmittelrichtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates im Hinblick auf die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge, ABl. EU Nr. L 335 vom 20. Dezember 2007, 31 ff) den Lauf der 30-Tage-Frist nicht an die Bekanntgabe der Auftragsvergabe durch den öffentlichen Auftraggeber bzw. der Information der betroffenen Bieter und Bewerber über den Vertragsabschluss durch den öffentlichen Auftraggeber knüpft, sondern an die positive Kenntnis von dem Vergaberechtsverstoß. Im übrigen meint sie, dass die in das Vergaberecht neu eingeführte Fristenregelung des § 101 b Abs. 2 GWB auf das streitgegenständliche Vergabeverfahren gemäß der Überleitungsvorschrift des § 131 Abs. 8 GWB keine Anwendung finden könne, da die Vorbereitungen zu der Geschäftsanteilveräußerung im Streitfall schon weit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts am 24. April 2009 angesetzt hätten.

22

Die Antragstellerin beantragt zuletzt,

23

den Beschluss der 1. Vergabekammer des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 23. Dezember 2009 aufzuheben und festzustellen, dass der zwischen dem ehemaligen Landkreis S. , dessen Rechtsnachfolger der Antragsgegner ist, und der Beigeladenen abgeschlossene Vertrag zur Teilübertragung der Abfallentsorgung vom 29. November 2002 unwirksam ist;

24

hilfsweise,

25

die zwischen dem ehemaligen Landkreis S. , dessen Rechtsnachfolger der Antragsgegner ist, und der Beigeladenen abgeschlossene Vereinbarung zur Teilübertragung der Abfallentsorgung vom 29. November 2002 für unwirksam zu erklären.

26

Der Antragsgegner beantragt,

27

die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurück zu weisen.

28

Der Antragsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluss der Vergabekammer und wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

29

Er hält an seiner Ansicht fest, dass die Veräußerung der Geschäftsanteile der E. an der Beigeladenen schon keine wesentliche, eine Neuausschreibungspflicht begründende Vertragsänderung im Sinne der neueren Rechtsprechung des EuGH darstelle, die einer Neuvergabe eines öffentlichen Auftrages im Sinne des § 99 GWB gleich zu erachten sei. Die W. sei bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Entsorgungsvertrages ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen gewesen, das sowohl aus öffentlichem als auch aus privatem Kapital bestanden habe. Die privilegierenden Voraussetzungen eines In-house-Geschäftes hätten daher von Anfang an nicht vorgelegen, so dass durch die Anteilsveräußerung auch keine besondere Privilegierung habe entfallen können. Soweit die Vergabekammer die von dem EuGH in der Rechtssache Sea Srl entwickelten Rechtsgrundsätze dagegen auf den hier vorliegenden Fall einer vergaberechtswidrigen ad-hoc Vergabe eines öffentlichen Auftrages an ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen im Wege eines Erst- Recht Schlusses übertragen habe und in diesem Zusammenhang davon ausgehe, dass bei Zulassung weiteren privaten Kapitals eine wesentliche Änderung der grundlegenden Bedingung des Auftrages selbst dann gegeben sei, wenn der Auftraggeber seinerzeit auch nur rechtsirrig die zur Direktvergabe berechtigende Privilegierung angenommen habe, könne ihr nicht gefolgt werden. Denn für die Frage einer der Neuvergabe gleich zu erachtenden Vertragsänderung dürfe nicht allein auf subjektive Vorstellungen und Erwägungen der Vergabestelle bei Vertragsschluss abgestellt werden. Der von der Vergabekammer vorgenommene Erst-Recht-Schluss sei auch nicht zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen geboten gewesen. Denn der vergaberechtswidrig erteilte Auftrag habe hier zunächst unter dem Vorbehalt der Anfechtbarkeit gestanden.

30

Im übrigen hält sie an ihrer Ansicht fest, dass der Nachprüfungsantrag jedenfalls verspätet angebracht worden sei. Die Vorschrift des § 101 b Abs. 2 S. 1 GWB verstoße auch keineswegs gegen Art. 2 lit. f Abs. 1 der Richtlinie 89/665/EWG und sei daher nicht als gemeinschaftswidrig zu betrachten. Der deutsche Gesetzgeber habe sich mit der Ausgestaltung des § 101 b Abs.2 UWG vielmehr im Rahmen seines Umsetzungsspielraumes bewegt.

31

Er ist zudem der Ansicht, dass der angefochtene Beschluss nicht an einem Verfahrensfehler leide. Eine Verfahrenstrennung sei hier angezeigt gewesen, da sich die gewillkürte Parteierweiterung als unzulässig dargestellt habe.

32

Wegen des weitergehenden Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

33

Der Senat hat das Gesuch der Antragstellerin, die sofortige Beschwerde mit dem unter dem Geschäftszeichen 1 Verg 11/09 geführten Beschwerdeverfahren zu verbinden, mit Beschluss vom 23. Februar 2010 abgelehnt. Die mit Beschluss vom gleichen Tage zu dem gerichtlichen Beschwerdeverfahren als weitere Beteiligte beigeladene Firma W. GmbH (W.) hat von einer eigenen Antragstellung abgesehen.

B.

34

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist nach §§ 116, 117 GWB zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht (§ 117 Abs. 1 bis 3 GWB) bei dem nach § 116 Abs. 3 S. 1 GWB zuständigen Gericht eingelegt und begründet worden.

35

Das Rechtsmittel der Antragstellerin bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

I.

36

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin beruht die Entscheidung der Vergabekammer nicht auf einem wesentlichen Verfahrensmangel.

37

Insbesondere ist die von der Vergabekammer entsprechend § 93 S. 2 VwGO angeordnete Verfahrenstrennung von dem Nachprüfungsverfahren 1 VK LVwA 48/09 nicht zu beanstanden und rechtfertigt keine Abänderung des angefochtenen Beschlusses. Die Vergabekammer hat bei ihrer Entscheidung über die Trennung der Nachprüfungsverfahren das ihr nach § 93 S. 2 GWB eingeräumte Ermessen vielmehr pflichtgemäß gehandhabt.

38

Auf das Verfahren vor der Vergabekammer werden im wesentlichen – soweit der vierte Teil des GWB nichts anderes vorschreibt – die Vorschriften der VwGO analog angewendet (vgl. BGH VergabeR 2004, 201 f; OLG Düsseldorf NZBau 2008, 461 – 465 zitiert nach juris).

39

a)§ 64 VwGO in Verbindung mit § 60 ZPO lässt eine subjektive Klagehäufung zwar grundsätzlich zu, wenn auf im wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Gründen beruhende Ansprüche den Gegenstand des Rechtsstreites bilden, wobei diese Begriffe – wie die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde zutreffend ausführt – weit auszulegen sind(vgl. OLG Düsseldorf NZBau 2008, 461 – 465 zitiert nach juris).

40

b) Bedenken begegnet allerdings bereits, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klageänderung nach § 91 VwGO für die gewillkürte Parteierweiterung auf Antragsgegnerseite vorgelegen haben. Der Antragsgegner hat seine Zustimmung zur Parteierweiterung jedenfalls versagt. Ob die Klageänderung in Gestalt einer gewillkürten Parteierweiterung sich unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie als sachdienlich erwiesen hätte, erscheint zweifelhaft. Denn der Sachdienlichkeit könnte hier das dem Nachprüfungsverfahren nach §§ 102 ff GWB immanente Beschleunigungsbedürfnis entgegen stehen (vgl. hierzu: OLG Düsseldorf NZBau 2008, 461 – 465 zitiert nach juris), zumal das ursprünglich gegen die E. angestrengte Nachprüfungsverfahren 1 VK LVwA 48/09 bei Eingang der Antragserweiterung am 29. September 2009 bereits entscheidungsreif gewesen ist, was die Daten der jeweiligen Beschlüsse deutlich machen. Diese Frage kann der Senat im Ergebnis aber auch dahin gestellt sein lassen.

41

c) Es ist der Vergabekammer aus Gründen der Verfahrensökonomie und -beschleunigung unbenommen geblieben, das neu angestrengte Nachprüfungsverfahren entsprechend § 93 S. 2 VwGO von dem seinerzeit entscheidungsreifen Verfahren 1 VK LwVA 48/09 abzutrennen (vgl. OLG Düsseldorf NZBau 2008, 461 – 465 zitiert nach juris). Die mit Schriftsatz vom 29. September 2009 angebrachte Antragserweiterung hätte nämlich zu einer nicht unerheblichen weiteren Verfahrensverzögerung geführt, die gerade auch mit Blick auf den für das Nachprüfungsverfahren geltenden Beschleunigungsgrundsatz nicht mehr hinzunehmen war.

42

Im übrigen hat die Verfahrenstrennung hier auch - als Mittel der materiellen Sachleitung - der Übersichtlichkeit der Verfahren gedient. Die Tatsache, dass sich eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung für die Antragstellerin als kostengünstiger dargestellt hätte, rechtfertigt im Rahmen des § 93 S. 2 VwGO keine abweichende Beurteilung. Denn anerkannt ist, dass die im pflichtgemäßen Ermessen der erkennenden Vergabekammer stehende Entscheidung über die Trennung der Verfahren selbst unter dem Gesichtspunkt eines mit der Trennung verbundenen erhöhten Kostenrisikos für die Antragstellerin nicht gegen das Fairnessgebot verstößt (vgl. BrandVerfG NVwZ-RR 2003, 469 zitiert nach juris; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 93 VwGO Rdn. 3).

43

Eine Trennung hätte sich nach der Natur der Sache nur dann verboten, wenn die Antragstellerin den nachträglich angebrachten Nachprüfungsantrag in ein Eventualverhältnis zu dem in der Hauptsache verfolgten Antrag gestellt hätte (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 93 VwGO Rdn. 3 m.w.N.). Dies ist hier jedoch – entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin in ihrer Beschwerdeschrift – nicht der Fall gewesen. Die Antragstellerin hat das gegen den Antragsgegner gerichtete Nachprüfungsverfahren keineswegs in erster Instanz nur hilfsweise unter der prozessualen Bedingung angestrengt, dass sie mit ihrem Hauptantrag nicht durchzudringen vermag. Aus der Vergabeakte und insbesondere aus dem Erweiterungsschriftsatz vom 29. September 2009 geht eine Hilfsantragstellung jedenfalls nicht hervor. Die Antragstellerin hat ihren weiteren Nachprüfungsantrag vielmehr unbedingt in Form einer kumulativen Klagehäufung angebracht.

44

Dass die Vergabekammer davon abgesehen hat, die Verfahrensbeteiligten zu der beabsichtigten Verfahrenstrennung zuvor anzuhören, ist ebenfalls unschädlich gewesen. Der Trennungsbeschluss kann nämlich nach § 93 VwGO auch ohne vorherige Anhörung und mündliche Verhandlung ergehen. Selbst eine stillschweigende Trennung ist im allgemeinen grundsätzlich zulässig (vgl. Kopp / Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 93 VwGO Rdn. 3).

45

Nach alledem ist gegen das Vorgehen der Vergabekammer in verfahrensrechtlicher Hinsicht nichts einzuwenden.

II.

46

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist unzulässig.

47

Er ist nicht nach § 102 GWB in Verbindung mit §§ 101 b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 99 GWB statthaft. Die Fortsetzung des Entsorgungsvertrages durch die W. nach Verkauf der Geschäftsanteile, die die E. an ihr hielt ohne Neuausschreibung der streitgegenständlichen Entsorgungsleistungen unterliegt nicht den Bestimmungen des Kartellvergaberechts nach §§ 97 ff GWB.

48

1. Wie die Vergabekammer in dem angefochtenen Beschluss zutreffend festgestellt hat, findet auf das vorliegende Nachprüfungsverfahren gemäß der Übergangsbestimmung des § 131 Abs. 8 GWB das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in seiner Neufassung gemäß dem mit Wirkung zum 24. April 2009 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009 (BGBl. I 2009, S. 790 ff) Anwendung.

49

Nach der Übergangsbestimmung des § 131 Abs. 8 GWB ist auf den Beginn eines Vergabeverfahrens, einschließlich der sich anschließenden Nachprüfungsverfahren, abzustellen. Liegt dieser vor dem 24. April 2009, ist die bis zum 23. April 2009 geltende alte Fassung des GWB anzuwenden.

50

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin kann hier nicht davon ausgegangen werden, dass die hier als Vergabe streitgegenständlichen Vorgänge schon vor dem insoweit für die Anwendung des Rechts maßgeblichen Stichtag am 24. April 2009 begonnen habe, so dass das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in seiner Neufassung durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz vom 20. April 2009 zugrunde zu legen ist. Verfahrensgegen-stand bildet die Fortsetzung des ursprünglichen Entsorgungsvertragsverhältnisses trotz zwischenzeitlicher Geschäftsanteilsveräußerung. Die Beschwerdeführerin rügt also gewissermaßen eine Vergabe ohne förmliches Vergabeverfahren.

51

In so einem Fall ist die Ermittlung des Anfangszeitpunktes zwar mit größeren Schwierigkeiten verbunden als bei einem förmlichen Vergabeverfahren. Es ist eine materielle Betrachtung anzustellen und dabei an diejenigen Maßnahmen anzuknüpfen, mit der der erste Schritt zur Herbeiführung eines konkreten Vertragsabschlusses unternommen wird und die deshalb einer förmlichen Einleitung eines Vergabeverfahrens gleich zu erachten sind (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 08. Oktober 2010, 1 Verg9/09, VergR 2010, 219, 221).

52

Sofern in der Veräußerung der Geschäftsanteile an der Beigeladenen durch die E. eine zur Neuausschreibung verpflichtenden wesentliche Änderung einer grundlegenden Bedingung des Entsorgungsvertrages gesehen würde, würde der Anteilsverkauf auch den wesentlichen Zeitpunkt für die Feststellung des Beginns des nicht förmlichen Vergabevorgangs markieren. Der Antragstellerin kann zwar darin beigepflichtet werden, dass die Verhandlungen über den Abschluss des Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrages vor der Beurkundung des Vertrages am 04. Juli 2009 aufgenommen worden sind. Bloße Vorbereitungen der Geschäftsanteilsveräußerung stellen allerdings noch nicht ohne weiteres den Beginn im o. a. Sinn dar.

53

Durch bloße Vorbereitungshandlungen, wie Maßnahmen zur Markterkundung, Machbarkeitsstudien, interne Beratungen einschließlich der Erstbefassung der späteren Entscheidungsgremien oder vergleichende Wirtschaftlichkeitsberechnungen wird ein Vergabeverfahren ebensowenig begonnen wie durch Selbstauskünfte der Vergabestelle über künftige Beschaffungsvorhaben oder etwaige Vorinformationen (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 08. Oktober 2010, 1 Verg9/09, VergR 2010, 219, 221). Dementsprechend vermag auch die hier in Rede stehende, interne Informationsvorlage vom 23. März 2009 noch nicht zu genügen, um hieran den Beginn eines de facto-Vergabevorgangs anzuknüpfen, zumal aus der Vorlage keineswegs hervorgeht, dass der Landrat seinerzeit bereits ermächtigt war, die bisher von dem Antragsgegner gehaltenen Geschäftsanteile an der Beigeladenen zu einem bestimmten Kaufpreis veräußern zu können. Denn in der Informationsvorlage ist ausdrücklich aufgeführt, dass es sich hierbei lediglich um einen Beschlussentwurf zur Vorlage an die zuständigen Entscheidungsgremien handelt, die hierüber zu befinden haben. Dementsprechend ist die Regelung über die Vollmachtserteilung auch lediglich als Beschlussentwurf gekennzeichnet.

54

Der Zeitpunkt für die Einleitung des Vergabeverfahrens liegt jedenfalls nicht vor der internen Entscheidung der maßgeblichen Entscheidungsgremien des Antragsgegners über eine Anteilsveräußerung unter gleichzeitiger Fortsetzung des Entsorgungsvertrages. Diese interne Entscheidung über die Veräußerung der Geschäftsanteile ist aber unstreitig erst in der Sitzung des Kreistages vom 24. Juni 2009 getroffen worden und damit zeitlich nach Inkrafttreten der Neuregelungen des GWB am 24. April 2009.

55

2. Der vergaberechtliche Primärrechtsschutz ist im Streitfall – entgegen der Ansicht der Antragstellerin – indessen nicht nach § 101 b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 GWB eröffnet.

56

Nach § 101 b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 GWB kann die Unwirksamkeit eines de facto Vertrages, bei dem eine Ausschreibung rechtswidrig unterblieben ist, innerhalb bestimmter Fristen in einem Nachprüfungsverfahren geltend gemacht werden.

57

a) Der Antragsgegner ist als kommunale Gebietskörperschaft Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB.

58

b) Es fehlt hier allerdings an einem selbständigen, vergaberechtsrelevanten Beschaffungsvorgang im Sinne des § 99 GWB. Vielmehr ist von einer vergaberechtsneutralen Fortsetzung des bereits seit dem Jahre 2002 bestehenden Entsorgungsverhältnisses auszugehen.

59

Der ursprüngliche Entsorgungsvertrag vom 29. November 2002 stellt unzweifelhaft einen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB dar, da er auf die Beschaffung von Dienstleistungen gerichtet war. Der Vertragsabschluss vom 29. November 2002 über die Teilübertragung der Abfallentsorgung bildet allerdings nicht den Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens der Antragstellerin, diese wendet sich mit ihrem Nachprüfungsantrag vielmehr allein gegen die vergaberechtswidrige Fortsetzung des Vertrages nach Veräußerung der Geschäftsanteile der E. an der Beigeladenen mit Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom 04. Juli 2009.

60

aa) Ein Beschaffungsakt eines öffentlichen Auftraggebers kann zwar nicht nur in dem Abschluss eines neuen Vertrages liegen. Auch die Änderung des bestehenden Vertragsverhältnisses kann unter Umständen in wirtschaftlicher Hinsicht bei wertender Betrachtung den Wirkungen einer Neuvergabe gleichkommen und eine Neuausschreibungspflicht begründen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 29. Oktober 2009, 13 Verg 8/09, IBR 2009, 732 zitiert nach juris; Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, Bearbeitung 2006, § 99 GWB Rdn. 67 ff; Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, 2. Aufl., § 99 GWB Rdn. 35; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, Bearbeitung 2007, § 99 GWB Rdn. 47).

61

Der Europäische Gerichtshof hat in der „Pressetext Nachrichtenagentur GmbH/Republik Österreich“ - Entscheidung vom 19. Juni 2008 (C-454/06, NJW 2008, 3341 ff zitiert nach juris) hierzu ausgeführt, dass die Sicherstellung der Transparenz der Verfahren und die Gleichbehandlung der Bieter im Sinne der Richtlinie 92/50/EWG gebiete, dass Änderungen der Bestimmungen eines öffentlichen Auftrages während seiner Geltungsdauer stets dann als vergaberechtsrelevante Neuvergabe des Auftrages anzusehen seien, wenn sie wesentlich andere Merkmale aufweisen als der ursprüngliche Auftrag und damit den Willen der Parteien zur Neuverhandlung wesentlicher Bestimmungen dieses Vertrages erkennen lassen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, C-454/ 06 zitiert nach juris). Ausgehend von dem Ziel der Gemeinschaftsvorschriften, die Grundfreiheiten und einen unverfälschten Wettbewerb zu gewährleisten, ist - dem EuGH zufolge - eine Änderung eines öffentlichen Auftrages während seiner Laufzeit insbesondere dann als wesentlich anzusehen, wenn sie Bedingungen einführt, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebotes erlaubt hätten, sofern sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären. Desgleichen kann eine Änderung des ursprünglichen Auftrags als wesentlich eingestuft werden, wenn sie den Auftrag in großem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen erweitert oder das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zugunsten des Auftragnehmers ändert (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, C-454/06, Pressetext Nachrichtenagentur GmbH/Republik Österreich, NJW 2008, 3341 ff, zitiert nach juris).

62

bb) Gemessen an diesen vom EuGH aufgestellten Kriterien ist hier von einer eine Neuausschreibung erfordernden wesentlichen Vertragsänderung aufgrund der Abtretung der Geschäftsanteile der E. an der Beigeladenen auf die R. auf der Grundlage des Anteilskauf- und Abtretungsvertrages vom 04. Juli 2009 indessen nicht auszugehen.

63

(1) Ein im Wege der Vertragsübernahme erfolgter Auftragnehmerwechsel hätte den zugrunde liegenden Vertrag im Sinne der Rechtsprechung des EuGH zwar wesentlich ändern können. Die Ersetzung des Vertragspartners, dem der öffentliche Auftraggeber den Auftrag ursprünglich erteilt hat, durch einen neuen berührt die Grundlagen des betreffenden öffentlichen Dienstleistungsvertragsverhältnisses (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, C-454/06, Pressetext Nachrichtenagentur GmbH/Republik Österreich, NJW 2008, 3341 ff, zitiert nach juris). Ein solcher Wechsel in der Person des Vertragspartners liegt hier indessen nicht vor. Die Beigeladene ist als Dienstleistungserbringerin vielmehr als solche erhalten geblieben. Durch den Anteilsverkauf hat sich lediglich an ihrem Gesellschafterbestand etwas verändert. Die Vertragspartner sind jedoch dieselben geblieben.

64

Der Verkauf von Geschäftsanteilen eines öffentlichen Auftraggebers an privatrechtlich organisierte Gesellschaften (materielle Privatisierung) stellt sich dagegen grundsätzlich als vergaberechtsneutral dar und vermag insbesondere noch keine wesentliche Änderung des zugrunde liegenden Auftrages herbei zu führen. Der Ansicht der Antragstellerin, Anteilsabtretungen der öffentlichen Hand seien stets beschaffungsrechtlich relevante Vorgänge, wenn das Unternehmen Dienstleistungen für einen öffentlichen Auftraggeber erbringe, vermag der Senat so nicht zu folgen.

65

(a) Einer Veränderung im Kreise der Anteilseigner an einer juristischen Person kann eine vergaberechtliche Bedeutung im allgemeinen nicht beigemessen werden. Es ist vielmehr grundsätzlich vergaberechtlich hinzunehmen, wenn sich die Beteiligungsverhältnisse an einem Auftragnehmer ändern, der einen öffentlichen Auftrag hält.

66

Der EuGH hat in der „Pressetext Nachrichtenagentur GmbH/Republik Österreich“ - Entscheidung vom 19.Juni 2008 (C-454/06, NJW 2008, 3341 ff zitiert nach juris) hierzu festgestellt, dass eine Änderung in der Mitgliederzusammensetzung des ursprünglich beauftragten Dienstleistungserbringers während der Vertragslaufzeit die Gültigkeit der Vergabe eines öffentlichen Auftrages an eine solche Gesellschaft nicht in Frage stellt und dementsprechend nicht grundsätzlich zu einer wesentlichen Änderung des an die Gesellschaft vergebenen Auftrages führt. Werde ein öffentlicher Auftrag – wie auch hier –an eine juristische Person vergeben, so ergebe sich schon aus deren Wesen selbst, dass sich die Besitzverhältnisse jederzeit ändern könnten. Etwas anderes könne nur in Ausnahmefällen wie etwa bei Manipulationen zur Umgehung vergaberechtlicher Gemeinschaftsvorschriften gelten (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2008, C-454/06 zitiert nach juris).

67

Die von dem EuGH im Hinblick auf die Beteiligungsverhältnisse an einer börsenorientierten Aktiengesellschaft und ebenso an einer registrierten Genossenschaft mit beschränkter Haftung entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze beanspruchen in gleicher Weise bei einer Änderung des Gesellschafterbestandes einer in der Rechtsform einer GmbH betriebenen Gesellschaft Geltung (vgl. Niestedt/Hölzl, NJW 2008, 3321, 3323). Es ist kein sachlich gerechtfertigter Grund ersichtlich, warum bei der Frage, ob eine Veränderung der Besitzverhältnisse an einer Gesellschaft zu einer Ausschreibungspflicht der von dieser gehaltenen Verträge führt, zwischen dem Wechsel eines Anteilseigners an einer börsenorientierten Aktiengesellschaft einerseits und der Zusammensetzung von Personen- oder Kapitalgesellschaften andererseits differenziert werden sollte. Eine börsenorientierte Aktiengesellschaft sowie eine eingetragene Genossenschaft, auf die sich die Ausführungen des EuGH in der Rechtssache Pressetext Nachrichtenagentur GmbH/Republik Österreich in erster Linie bezogen, mögen zwar nach ihrer Gesellschaftsstruktur stärker auf eine Veränderung im Bestand der Gesellschafter angelegt sein als dies bei einer GmbH der Fall ist. Die GmbH ist als Kapitalgesellschaft aber gleichfalls körperschaftlich organisiert und damit vom Mitgliederbestand grundsätzlich unabhängig, ihre Geschäftsanteile sind frei veräußerbar. Wollte man eine Veränderung in den Beteiligungsverhältnissen einer juristischen Person zum Anlass nehmen, ein neues Vergabeverfahren durchzuführen, würde dies die Fungibilität der Geschäftsanteile wesentlich einschränken und die Vergabe öffentlicher Aufträge an Kapitalgesellschaften nahezu unmöglich machen (vgl. Niestedt/Hölzl, NJW 2008, 3321, 3323). Es ließe sich - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - mithin in vergaberechtlicher Hinsicht nicht darstellen, die Änderung der Zusammensetzung der Gesellschafter einer GmbH dem Vergaberechtsregime der §§ 97 ff GWG zu unterstellen, während der Wechsel eines Anteilseigners an einer börsenrechtlich orientierten Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft keine Ausschreibungspflicht auslöst.

68

(b) Der Antragstellerin ist zuzugeben, dass sich der Sachverhalt in der Entscheidung des EuGH vom 19. Juni 2008 in der Rechtssache „Pressetext Nachrichtenagentur GmbH/Republik Österreich“ von dem vorliegenden Fall darin unterscheidet, dass in dem vom EuGH entschiedenen Fall an dem ursprünglichen Dienstleistungserbringer, an dem der öffentliche Auftrag erteilt wurde, der öffentliche Auftraggeber nicht selbst mit eigenen Geschäftsanteilen mehrheitlich beteiligt war. Dass der Antragsgegner bislang in öffentlicher Hand gehaltene Geschäftsanteile an dem Dienstleistungserbringer an einen Privaten veräußert hat, der dadurch an der Gesellschaft beteiligt wird, die entgeltliche Leistungen für die öffentliche Hand erbringt, führt hier jedoch zu keiner abweichenden Beurteilung. Die Veräußerung von Geschäftsanteilen durch die öffentliche Hand an privatrechtlich organisierte Gesellschaften ist – isoliert gesehen - nicht ausschreibungspflichtig, so lange sie nicht mit der Vergabe eines hierin eingekapselten Beschaffungsverhältnis verbunden ist. Soweit sich die Anteilsveräußerung in einem bloßen Verkauf staatlichen Vermögens erschöpft, kein zeitlicher Zusammenhang mit einer Auftragsvergabe besteht, der Auftrag vielmehr – wie auch hier – vor Anteilsübertragung begonnen wurde und sich auch keine Indizien für eine künstliche Konstruktion ergeben, unterfallen Anteilsverkäufe der öffentlichen Hand nicht dem Vergaberecht. Es fehlt ihnen der Beschaffungscharakter, welcher aber Wesensmerkmal des öffentlichen Auftrages im Sinne von § 99 GWB ist (vgl. EuGH, Urteil vom 10. November 2005, C-29/04 – Stadt Mödling, zitiert nach juris; Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, GWB, Bearbeitung 2006, § 99 GWB Rdn. 271; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 99 UWG Rdn. 82; Drügemöller/Conrad, VergabeR 2008, 651, 653; Jasper/Arnold, NZBau 2006, 24, 25).

69

Wenn der EuGH die Veräußerung von Geschäftsanteilen an einem Dienstleistungserbringer durch die öffentliche Hand schlechthin als eine vergaberechtsrelevante Vertragsänderung angesehen hätte, hätte er sein Urteil in der Rechtssache Stadt Mödling vom 10. November 2005 (C-29/ 04, Slg. 2005, I – 09705 zitiert nach juris) allein hierauf stützen können. So hat er seine Entscheidung aber nicht begründet. Er hat aber in dem Urteil gerade nicht festgestellt, dass Anteilsverkäufe der öffentlichen Hand stets vergabepflichtige Beschaffungsvorgänge darstellen, wenn dadurch private Unternehmen an Gesellschaften beteiligt werden, die entgeltliche Leistungen für öffentliche Auftraggeber erbringen. Er hat vielmehr eine Gesamtbetrachtung unterschiedlicher Indizien im konkreten Einzelfall vorgenommen, was aber darauf schließen lässt, dass Anteilsabtretungen der öffentlichen Hand, die nicht unmittelbar mit einer Auftragsvergabe zusammen hängen, aus Sicht des Vergaberechts nicht per se ausschreibungspflichtig sind (vgl. EuGH, Urteil vom 10. November 2005, Stadt Mödling, C-29/04, Slg. 2005, I-09705 zitiert nach juris; Jasper/Arnold, NZBau 2006, 24, 26; Drügemöller/Conrad, VergabeR 2008, 651, 653) und damit auch keine wesentliche Vertragsänderung für ein zugrunde liegendes Vertragsverhältnis begründen können.

70

Der Veräußerung von Geschäftsanteilen eines öffentlichen Auftraggebers an privatrechtlich organisierten Gesellschaften (materielle Privatisierung) kann danach aber im allgemeinen keine vergaberechtliche Bedeutung beigemessen werden.

71

(2) Eine andere vergaberechtliche Beurteilung ist allerdings dann geboten, wenn dem Auftrag eine In-house-Vergabe zugrunde lag.

72

Auch wenn die Anteilsveräußerung durch die öffentliche Hand nicht dazu führt, dass die zu erbringenden Dienstleistungen auf einen neuen Dienstleistungsträger übertragen werden, ließe sie aber jedenfalls die Voraussetzungen der Privilegierung des In-house-Geschäftes entfallen und führt damit – im Sinne der in der Pressetext-Nachrichtenagentur GmbH/Republik Österreich -Entscheidung des EuGH vom 19. Juni 2008 (C-454/06) aufgestellten Grundsätze zu der einer Neuvergabe gleichgestellten wesentlichen Vertragsänderung – in das bestehende Vertragsverhältnis nachträglich neue Bedingungen ein, die zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebots erlaubt und geboten hätten, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären. Der Auftrag wäre unter diesen Bedingungen nämlich mangels Vorliegens eines In-house-Geschäftes ausschreibungspflichtig gewesen. Eine solche vertragswesentliche Änderung des bestehenden Auftrages muss aber zu einer Ausschreibungspflicht führen.

73

Der EuGH hat in der Rechtssache „Sea Srl/Comune di Ponte Nossa“ mit Urteil vom 10. September 2009 (C-573/07) dementsprechend in einem obiter dictum festgestellt, dass im Falle einer In-house-Vergabe eines Auftrages an eine Gesellschaft mit öffentlichem Kapital, bei der das Grundkapital vollständig aus öffentlichen Mitteln besteht und kein konkreter Hinweis auf eine baldige Öffnung des Grundkapitals dieser Gesellschaft für private Teilhaber vorliegt, eine eine Ausschreibung erfordernde Änderung einer grundlegenden Bedingung dieses Auftrages dann anzunehmen ist, wenn zu einem späteren Zeitpunkt, aber immer noch innerhalb der Gültigkeitsdauer des Auftrages, Privatpersonen zur Beteiligung am Grundkapital der genannten Gesellschaft zugelassen werden.

74

Mit dem gesellschaftsrechtlichen Transfergeschäft wandelt sich das ursprüngliche Eigengeschäft in eine Fremdleistung um. Damit aber ist die vergaberechtliche Zulässigkeit der In-house-Vergabe, die allein im Falle einer Eigenleistung des öffentlichen Auftraggebers gerechtfertigt erscheint, entfallen. Die bei einer In-house-Vergabe vorliegende wirtschaftliche Identität zwischen Auftraggeber und Dienstleistungserbringer ist nach Anteilsabtretung aufgehoben, so dass es faktisch zu einer Neuvergabe des Auftrages kommt. Der öffentliche Auftraggeber und die durch Anteilsveräußerung entstandene gemischtwirtschaftliche Gesellschaft mit gemischt öffentlichem und privatem Kapital sind nämlich nunmehr rechtlich und wirtschaftlich zwei unterschiedliche Rechtsträger, und es hat sich im Hinblick auf die ursprünglich vorliegende In-house-Situation materiell gewissermaßen ein Vertragspartnerwechsel vollzogen (vgl. Shirvani, Vergaberechtliche Relevanz von öffentlich-privaten Partnerschaften nach der „pressetext Nachrichtenagentur“-Entscheidung des EuGH, VergabeR 2010, 21, 28; Bultmann/Hölzl, Rspr.-Anmerkung, VergabeR 2009, 893, 897; Klein, Veräußerung öffentlichen Anteils- und Grundstücksvermögens nach dem Vergaberecht, VergabeR 2005, 22, 28; Eilmannsberger, JurBl. 2001, 562, 574 ff). Wird die Gesellschaft privaten Anteilseignern geöffnet, so liegt hierin eine Wettbewerbsverfälschung und Diskriminierung potenzieller Bieter, die sich ursprünglich um den Auftrag wegen dessen In-house-Charakters nicht bewerben konnten (vgl. Shirvani, Vergaberechtliche Relevanz von öffentlich-privaten Partnerschaften nach der „pressetext Nachrichtenagentur“-Entscheidung des EuGH, VergabeR 2010, 21, 28).

75

Eine Teilprivatisierung einer auftragsausführenden Gesellschaft, deren Anteile bis dato vollständig von der öffentlichen Hand gehalten wurden, stellt sich danach in Bezug auf das vorausgehende In-house-Geschäft als eine wesentliche Vertragsänderung dar und löst die Pflicht zur Neuvergabe des betreffenden Auftrages aus.

76

(3) Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von der der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Sea Srl/Comune di Ponte Nossa vom 10. September 2009 zugrunde liegenden Sachverhaltskonstellation vielmehr dadurch, dass hier schon bei Abschluss des Entsorgungsvertrages am 29. November 2002 die Voraussetzungen einer In-house-Vergabe nicht vorgelegen haben, der Antragsgegner vielmehr zu Unrecht von einem vergaberechtsfreien Eigengeschäft ausgegangen ist, so dass von einer nachträglichen Änderung einer grundlegenden Bedingung des Auftrages im eigentlichen Sinne nicht die Rede sein kann.

77

Der öffentliche Auftrag vom 29. November 2002 hätte nicht ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens nach §§ 97 ff GWB an die gemischt wirtschaftlich geführte Beigeladene vergeben werden dürfen.

78

(a) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH setzt ein vergaberechtsfreies In-house-Geschäft, das bereits tatbestandlich nicht dem Anwendungsbereich des EG-Vergaberechts unterfällt, voraus, dass die den Auftrag erteilende Körperschaft der öffentlichen Hand über die betreffende Einrichtung eine Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle ausübt und die Einrichtung ihre Tätigkeit im wesentlichen für die öffentliche Stelle verrichtet, die ihre Anteile inne hat (vgl. EuGH, Urteil vom 18. November 1999, C-107/98, Teckal, Slg. 1999, I-8121; EuGH, Urteil vom 11. Januar 2005, C-26/03 – Stadt Halle und RPL Lochau – zitiert nach juris; EuGH, Urteil vom 10. November 20054, C-29/04, Stadt Modling, zitiert nach juris; EuGH, Urteil vom 10. September 2009, C-573/07, Sea-Srl und Comune di Ponte Nossa, zitiert nach juris). In der Rechtssache „Stadt Halle“ und RPL Recyclingpark Lorchau GmbH vom 1. Januar 2005 (C-26/03) hat der EuGH überdies klar gestellt, dass die auch nur minderheitliche Beteiligung eines privaten Unternehmens am Kapital einer Gesellschaft, an der auch der betreffende öffentliche Auftraggeber beteiligt ist, es auf jeden Fall ausschließt, dass der öffentliche Auftraggeber über diese Gesellschaft eine ähnliche Kontrolle ausübt wie über seine eigenen Dienststellen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die Beziehung zwischen einer öffentlichen Stelle, die ein öffentlicher Auftraggeber ist, und ihren Dienststellen vornehmlich durch Überlegungen und Erfordernisse bestimmt wird, die mit der Verfolgung von allein im öffentlichen Interesse liegenden Zielen zusammen hängen, während die Anlage von privatem Kapital in einem Unternehmen auf Überlegungen beruht, bei denen private Interessen vorherrschen und daher andere Ziele verfolgt. Im übrigen würde die Vergabe eines öffentlichen Auftrages an ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen ohne Ausschreibung das Ziel eines freien und unverfälschten Wettbewerbs und den in der Richtlinie 92/50 genannten Grundsatz der Gleichbehandlung der Interessen beeinträchtigen, insbesondere weil ein solches Verfahren einem am Kapital dieses Unternehmen beteiligten privaten Unternehmen einen Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten verschaffen würde (EuGH, Urteil vom 11. Januar 2005, C-26/03, Stadt Halle, NZBau 2005, 111, 114 f, zitiert nach juris). Allein eine 100%-ige Beherrschung des Auftragnehmers durch den öffentlichen Auftraggeber kann danach die Annahme eines vergaberechtsfreien In-house-Geschäfts rechtfertigen.

79

(b) An dieser Voraussetzung fehlt es hier bereits. Das Kapital an der Beigeladenen stand zur Zeit der Auftragsvergabe keineswegs ausschließlich dem öffentlichen Auftraggeber allein bzw. zusammen mit weiteren öffentlichen Stellen zu. Die Beigeladene war vielmehr bereits im Jahre 2002 ein gemischt wirtschaftliches Unternehmen, an dem die öffentliche Hand als Mehrheitsgesellschafter einen Anteil hielt. An der Auftragnehmerin war daneben mittelbar über deren Mitgesellschafterin N. , die 49 % der Geschäftsanteile hielt, auch privates Kapital an der Gesellschaft beteiligt. Das Grundkapital der N. stand nämlich zu 49 % der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu. Diese mittelbare Beteiligung eines privaten Unternehmens hat es aber von Anfang an ausgeschlossen, dass der Antragsgegner über die W. eine ähnliche Kontrolle ausüben konnte, wie über eine seiner Dienststellen.

80

Auch die zweite Voraussetzung für die Annahme eines In-house-Geschäftes liegt hier nicht vor. Das Erfordernis, im wesentlichen nur für die öffentlichen Auftraggeber tätig zu sein, die sie kontrollieren, soll nach der Rechtsprechung des EuGH sicher stellen, dass die Gemeinschaftsvorschriften über das öffentliche Auftragswesen anwendbar bleiben, wenn ein von einer oder mehreren Körperschaften kontrolliertes Unternehmen auf dem Markt tätig ist und daher mit anderen Unternehmen in den Wettbewerb treten kann. Ist das Unternehmen auf dem Markt tätig und erhielte es ohne Ausschreibung an sich dem Vergaberecht unterliegende Aufträge, träte eine Verfälschung des Wettbewerbs ein. Um dies zu verhindern, setzt ein vergaberechtsfreies Eigengeschäft des weiteren voraus, dass das Unternehmen hauptsächlich für die öffentliche Körperschaft, die seine Anteile innehaben, tätig wird und jede andere Tätigkeit allenfalls rein nebensächlich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. April 2007, C-295/05 – Asemfo und Tragsa - zitiert nach juris; OLG Celle, Urteil vom 29. Oktober 2009, 13 Verg 8/ 09, IBR 2009, 732 zitiert nach juris).

81

Der Antragsgegner hat – unbestritten – vorgetragen, dass die öffentlichen Aufträge des Altkreises S. sowie des Altkreises M. L. tatsächlich nur einen untergeordneten Teil der Entsorgungstätigkeit der Beigeladenen ausmachen würden und diese im übrigen ihre Aufträge auf dem privatwirtschaftlichen Markt einholt. So habe sich der Anteil der von der Beigeladenen auf der Grundlage der mit dem Antragsgegner abgeschlossenen Entsorgungsverträge aus den Jahren 2002 und 2004 entsorgten Abfallmengen in den letzten drei Jahren auf lediglich durchschnittlich 21 % belaufen (Blatt 65 der Vergabeakte 1 VK LvwA 54/ 09); die Kommunalaufträge hätten in den vergangenen Jahren an den Umsätzen der Beigeladenen zwischen 18,1 % und 29,7 % beigetragen. Im übrigen erwirtschaftet die Beigeladene ihre Umsätze durch Drittaufträge. Danach aber kann nicht die Rede davon sein, dass die W. hauptsächlich für die öffentliche Körperschaft, die ihre Anteile hält, tätig wird und jede andere Tätigkeit nur rein nebensächlicher Natur sei(vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 19. April 2007, C-295/ 05 – Asemfo und Tragsa – zitiert nach juris; OLG Celle, Urteil vom 29. Oktober 2009, 13 Verg 8/09, IBR 2009, 732 zitiert nach juris).

82

Durch die Veräußerung der Geschäftsanteile der E. an der Beigeladenen konnte nach alledem eine In-house-Privilegierung nicht in Wegfall geraten, weil ein solcher Privilegierungstatbestand von Anbeginn an nicht vorgelegen hat. Die Anteilsübertragung hat den Anteil an privatem Kapital an der Beigeladenen vielmehr lediglich erhöht und damit den bereits bei Auftragsvergabe vorliegenden Zustand eines gemischt wirtschaftlichen Unternehmens perpetuiert, die Beschaffungsvoraussetzungen aber als solches nicht verändert.

83

(4) Soweit die Vergabekammer die hier in Rede stehende Fallkonstellation der Situation bei Vorliegen eines vergaberechtsfreien Eigengeschäftes, dessen Privilegierung durch die Anteilsveräußerung entfallen ist, aus allgemeinen Gerechtigkeitserwägungen im Wege eines Erst-Recht- Schlusses gleich erachtet, weil sie dafür hält, dass der Antragsgegner, der die Vorzüge einer In-house-Privilegierung bei Vergabe der Entsorgungsleistungen im Jahre 2002 zunächst rechtsirrig für sich in Anspruch genommen hat, nicht besser gestellt werden dürfe als derjenige Auftraggeber, der die engen Voraussetzungen eines In-house- Geschäftes bei Vergabe des öffentlichen Auftrages tatsächlich erfüllt hat und sich damit rechtstreu verhalten hat, folgt der Senat dem nicht.

84

Für den von der Vergabekammer vollzogenen Erst-Recht-Schluss ist in dem für Beschaffungsvorhaben im Sinne des § 99 GWB eröffneten, formalisierten und justizförmlich ausgestalteten Nachprüfungsverfahren nach §§ 102 ff GWB auch aufgrund einer schutzzweckorientierten, funktionalen Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der gesetzlichen Schutzzwecke des Vergaberechts, nämlich der Gewährleistung eines freien Dienstleistungsverkehrs, dem Schutz eines freien und unverfälschten Wettbewerbs und der Gleichbehandlung, kein Raum. Mit der Anwendung des Erst-Recht-Schlusses ginge ein Verlust an Rechtssicherheit einher.

85

Für die Beurteilung einer eine Ausschreibungspflicht nach §§ 97 ff GWB auslösenden wesentlichen Änderung einer grundlegenden Bedingung des zugrunde legenden Auftrages muss im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit vielmehr grundsätzlich an objektive Kriterien angeknüpft werden. Ob ein ausschreibungspflichtiger Vorgang vorliegt, ist aus Gründen der Rechtssicherheit daher in der Regel anhand der objektiven Verhältnissen und Bedingungen zu prüfen, die zum Zeitpunkt der fraglichen Vergabe des öffentlichen Auftrages vorlagen (vgl. EuGH, Urteil vom 10. November 2005, C-29/ 04 – Stadt Mödling – Sgl. 2005, I – 09705 zitiert nach juris). Allein die rechtsirrige Vorstellung des Auftraggebers vom Vorliegen eines vergaberechtsfreien Eigengeschäftes kann einer auf objektive Gegebenheiten beruhenden, tatsächlichen Änderung der Vertragssituation durch Entfallen des Privilegierungstatbestandes bei erstmaliger Zulassung privater Investoren an einer Gesellschaft, deren gesamtes Grundkapital ursprünglich von dem öffentlichen Auftraggeber gehalten wurde, dagegen nicht gleich gestellt werden.

86

Die Eröffnung des Vergaberechtsweges darf nicht von den subjektiven Vorstellungen der Vergabestelle bei Auftragserteilung abhängen.

87

Deshalb kommt es für die Frage einer vertragswesentlichen Änderung des Auftrages durch Veräußerung der Geschäftsanteile an der Dienstleistungserbringerin nicht auf die seinerzeitigen subjektiven Erwägungen der Vergabestelle bei Vergabe des ursprünglichen Auftrages an.

88

Die Erforschung der subjektiven Motivlage der Vergabestelle bei Direktvergabe des Auftrages an ein gemischt wirtschaftliches Unternehmen durch die Nachprüfungsinstanz wird im übrigen allenfalls mit Schwierigkeiten möglich sein. Zudem handelt es sich bei den in § 97 GWB statuierten Zielen des Kartellvergaberechts um rein objektive Rechtsgewährleistungen, die mit einer Motiverforschung nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen sind (vgl. Klein, VergabeR 2005, 22, 27; Shirvani, VergabeR 2010, 21, 25 m.w.N.). Der Begriff des öffentlichen Auftrages darf über den gesetzlichen Wortlaut hinaus deshalb allenfalls mit großer Zurückhaltung ausgedehnt werden, was in jedem Fall sorgsam zu begründen wäre (vgl. Klein, VergabeR 2005, 22, 29).

89

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin gebietet eine an den gesetzlichen Schutzzwecken des Vergaberechts orientierte funktionale Betrachtung keine abweichende Beurteilung.

90

Zu Recht weist die Antragstellerin zwar darauf hin, dass die Vergabe eines öffentlichen Auftrages an ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen ohne Ausschreibung mit den vergaberechtlichen Zielen eines freien und unverfälschten Wettbewerbs und den in der Richtlinie 92/ 50 genannten Grundsatz der Gleichbehandlung der Interessenten nicht vereinbar wäre, weil dem am Kapital dieses Unternehmens beteiligten privaten Unternehmen hierdurch ein Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten erwachsen würde (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Januar 2005, C-26/03 – Stadt Halle und RPL Recyclingpark Lorchau GmbH, Slg. 2005, I-00001 zitiert nach juris; Shirvani, VergabeR 2010, 21, 28).

91

Vergaberechtlicher Primärrechtsschutz stand den an dem Auftrag ebenfalls interessierten Bietern aber seinerzeit durchaus offen. Der durch die Direktvergabe der Entsorgungsleistungen im Jahre 2002 an die als gemischt wirtschaftliches Unternehmen geführte Beigeladene insoweit begangene Vergaberechtsverstoß hätte nämlich ohne weiteres einer Nachprüfung nach Maßgabe der §§ 97 ff GWB unterzogen werden können. Der im Wege einer de facto-Vergabe erteilte öffentliche Auftrag vom 29. November 2002 war nach Maßgabe des § 13 VgV in der bis zum 23. April 2009 gültigen alten Fassung zweifellos ursprünglich angreifbar. Eine vergaberechtliche Nachprüfung der Vergabe des ursprünglichen Entsorgungsvertrages ist jedoch unterblieben, und deren Nachholung wäre nunmehr in jedem Fall unzulässig. Dabei kann der Senat dahin gestellt sein lassen, ob der Zulässigkeit eines nachgeholten Nachprüfungsbegehrens bereits die Präklusionsvorschrift des § 107 Abs. 3 GWB a.F. entgegen stehen würde oder ob bei einer de facto- Vergabe auch schon nach alter Rechtslage eine Rügepräklusion von vorneherein ausgeschlossen war, so wie es nunmehr die Neufassung des § 107 Abs. 3 GWB aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009 nunmehr ausdrücklich vorsieht (vgl. OLG Celle Urteil vom 29. Oktober 2009, 13 Verg 8/09, IBR 2009, 732 zitiert nach juris). Denn jedenfalls ist das Nachprüfungsrecht der Antragstellerin in jedem Fall wegen Zeitablaufs nach § 242 BGB verwirkt und der Entsorgungsvertrag aus dem Jahre 2002 damit letztlich „bestandskräftig“ geworden.

92

Die Antragstellerin, die seinerzeit davon absah, ein Nachprüfungsverfahren wegen des Vergaberechtsverstoßes anzustrengen, obwohl sie von dem Fehlen einer In-house-Privilegierung damals unstreitig Kenntnis hatte und als Anteilseignerin an der N. von dem Eigengeschäft selbst profitierte, kann nun nicht aufgrund des als solchen ausschreibungsfreien Anteilsverkauf der E. an der Beigeladenen, der den Anteil privaten Kapitals an dem Dienstleistungserbringer lediglich weiter erhöht hat, den vergangenen Vergabefehler wieder aufgreifen und zumindest mittelbar im Wege eines Erst-Recht-Schlusses zum Gegenstand eines neuen Nachprüfungsverfahrens machen. Ist der ursprüngliche Auftrag - wie hier - vergaberechtswidrig ohne Ausschreibung und ohne gesetzliche Rechtfertigung durch eine In-house-Konstellation direkt an eine gemischtwirtschaftliche Gesellschaft vergeben worden, kann es nicht angehen, dass dieser Rechtsanwendungsfehler nun dadurch geheilt werden soll, dass eine sehr viel spätere Anteilsveräußerung als mittelbarer Beschaffungsakt gedeutet und damit dem Vergaberecht unterworfen wird (vgl. Klein, VergabeR 2005, 22, 29; Shirvani, VergabeR 2010, 21, 29).

93

Auch nach dem Sinn und Zweck des Vergaberechts, die Grundfreiheiten und den unverfälschten Wettbewerb im Bereich des öffentlichen Auftragswesens zu gewährleisten, ist eine erneute Ausschreibung nicht mehr erforderlich.

94

(5) Eine Ausschreibungspflicht kann sich hier schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Umgehung der vergaberechtlichen Schutzbestimmungen ergeben.

95

Einen Umgehungstatbestand vermag der Senat nicht zu erkennen. Soweit die Antragstellerin meint, der Antragsgegner habe durch die Veräußerung der Geschäftsanteile der E. an der Beigeladenen die vollständige Privatisierung der Beigeladenen befördert und in wirtschaftlicher Hinsicht damit letztlich eine faktische Vertragsübernahme durch die R. - GmbH bewirkt, kann der Senat dem so nicht folgen. Für das Vorliegen einer entsprechenden Manipulation durch den Antragsgegner zur Umgehung vergaberechtlicher Bestimmungen bestehen - bei funktionaler Gesamtbetrachtung des der Anteilsveräußerung zugrunde liegenden Sachverhaltes – nach Lage der Akten keine hinreichenden Anhaltspunkte. Eine auf Umgehung der vergaberechtlichen Bestimmungen und Verschleierung einer tatsächlich bestehenden Ausschreibungspflicht abzielende künstliche Konstruktion, wie sie der EuGH in dem in der Rechtssache Stadt Mödling getroffenen Urteil vom 10. November 2005 (C-29/04, Sgl. 2005, I – 09705 zitiert nach juris) dargestellt hat, ist im Streitfall nicht feststellbar. Der zeitliche Abstand zwischen der Vergabe des öffentlichen Auftrages im Jahre 2002 und der hier in Rede stehenden Anteilsveräußerung vom 04. Juli 2009 spricht bei der insoweit gebotenen gesamtwirtschaftlichen Betrachtung vielmehr gegen die Annahme eines einheitlichen Vorgangs mit Umgehungsabsicht. Inzwischen hatte sich die Situation für alle Beteiligten nämlich nicht unwesentlich verändert. Die beiden Landkreise S. und M. L. waren zum Landkreis M. zusammen gelegt worden. Der neue Landkreis hatte die bislang unterschiedlichen Organisationsstrukturen der Abfallwirtschaft aus den beiden früheren Landkreisen neu auszurichten. Gleichzeitig veränderten sich die Rahmenbedingungen der Abfallwirtschaft insgesamt.

96

Dass der Veräußerungszweck allein darin bestand, der R. den Zugriff auf die öffentlichen Aufträge zu ermöglichen bzw. diese faktisch auf die R. überzuleiten, kann weder der zur Akte gereichten Beschlussvorlage des Antragsgegners vom 23. März 2009, noch dem Geschäftsanteilskaufvertrag vom 04. Juli 2009 selbst zweifelsfrei entnommen werden.

97

In der Beschlussvorlage des Landkreises M. vom 23.03.2009 für die Kreistagssitzung vom 01.04.2009 werden umfangreich die wirtschaftlichen Folgen einer Insolvenz der W. für den Landkreis unter verschiedenen Gesichtspunkten, z.B. auch hinsichtlich einer von der Sparkasse M. gestellten Bürgschaft und hinsichtlich ihrer Konsequenzen für die E. dargestellt. Auch die Auswirkungen auf die R. Gruppe aufgrund der mit dieser bestehenden laufenden Geschäftsverbindung werden dargestellt. Anschließend wird die später vollzogene Lösung u.a. durch den Verkauf der Geschäftsanteile vorgeschlagen. Nachdem die vergaberechtlichen „Risiken“ auch unter dem Gesichtspunkt dargestellt werden, dass von Seiten eines angerufenen Gerichtes ein Umgehungsgeschäft angenommen werden könnte, wird vorgeschlagen, für einen solchen Fall die einvernehmliche Aufhebung der bei der W. bestehenden Dienstleistungsverträge vorzusehen. Es heißt hierzu wörtlich: „“Für den Fall, dass ein Gericht feststellen sollte, dass der Kauf- und Abtretungsvertrag zwischen der E. GmbH und R. über die Geschäftsanteile der E. GmbH (51 %) an der W. GmbH, deshalb (vergabe)rechtswidrig ist, weil hiermit auch die Verträge des Landkreises M. zur „Teilübertragung der Abfallwirtschaft“ vom 29.11.2002 und zur „Entsorgung der Restabfälle des Landkreises M. L. ab 01.06.2005“ vom 25.05.2004 übergegangen sind, verpflichten sich der Käufer und der Landkreis M. zur Sicherung des Anteilsverkaufs die vorgenannten Dienstleistungsverträge einvernehmlich aufzuheben. Der Landkreis M. wird die Verträge sodann unverzüglich neue ausschreiben, sodass auch der Käufer Gelegenheit erhält hierzu ein Angebot abzugeben.“ Mit der Aufnahme einer solchen Klausel signalisieren die Vertragsparteien, dass nicht die Dienstleistungsverträge im Mittelpunkt des Kauf- und Abtretungsvertrages stehen, sondern die Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz der W. GmbH“ Diese in der Informationsvorlage nieder gelegten Erwägungen machen deutlich, dass die Veräußerung der Geschäftsanteile keineswegs wirtschaftlich in eine Gesamtkonstruktion eingebettet ist, deren Z i e l die Umgehung des Vergaberechts ist. Dass der neue Gesellschafter nunmehr anstelle des alten an den vorhandenen längerfristigen Entsorgungsverträgen mitverdient, reicht für sich allein genommen für eine solche Annahme nicht aus. Die in der Beschlussvorlage angestellten Überlegungen zeigen vielmehr, dass man die Anteilsveräußerung auch ohne die vorhandenen o.a. Entsorgungsverträge gewollt hat. Der Formulierungsvorschlag hat zwar dann in den Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrag vor dem Notar B. am 04. Juli 2009 keinen Eingang gefunden. Dieser Umstand kann aber nicht schon als Beleg dafür dienen, dass die gewählte Vertragskonstruktion – entgegen den in der Beschlussvorlage angestellten Erwägungen – nun doch auf Umgehung einer Neuausschreibung angelegt war.

98

Gemäß Abschnitt II) des notariell beurkundeten Anteilskaufvertrages waren sich die Vertragsparteien darüber einig, dass die Veräußerung der Geschäftsanteile der E. der Sanierung der Gesellschaft und damit der Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Beigeladenen dienen sollte.

99

Dass sich die R. als Anteilserwerberin nach Abschnitt XIII Ziffer 1 lit.a) des Vertrages ein Rücktrittsrecht für den Fall vorbehalten hat, dass der Antragsgegner die Entsorgungsverträge aus den Jahren 2002 und 2005 vorzeitig beendet, ist aus ihrer Sicht wirtschaftlich verständlich. Gleichwohl ist es kein Indiz dafür, dass es ihr in erster Linie um den Erwerb dieser Entsorgungsverträge ging. Dagegen spricht bereits, dass diese Kommunalaufträge unstreitig nur circa ein Viertel der durch die Beigeladene erwirtschafteten Umsätzen ausmachen und für deren Unternehmenserfolg dementsprechend nicht allein entscheidend sind.

100

Die R. hat zwar auch die Geschäftsanteile der N. vom Insolvenzverwalter erworben und diesen Erwerb und den der Geschäftsanteile der E. an der W. im Zusammenhang gesehen, was die in Abschnitt XIII Ziffer 1 lit.b) vereinbarte Rücktrittsklausel deutlich macht. Dabei ist jedoch wiederum zu bedenken, dass mit dem Erwerb der Geschäftsanteile der E. sowohl der Antragsgegner als auch die Käuferin verschiedene Interessen verfolgten und sich keineswegs allein auf das Schicksal der beiden Entsorgungsverträge fokussierten.

101

Der Senat vermag daher auch in der Gesamtschau der Verträge keine gezielte Umgehung der vergaberechtlichen Bestimmungen hinsichtlich der Entsorgungsverträge anzunehmen. werden.

102

Der vergaberechtliche Primärrechtsschutz ist nach alledem hier mangels eines entgeltlichen Beschaffungsvorganges im Sinne des § 99 GWB nicht eröffnet, denn in der Veräußerung der Geschäftsanteile der E. an der Beigeladenen liegt keine eine Ausschreibungspflicht auslösende, wesentliche Änderung des bestehenden Entsorgungsvertrages vom 29. November 2002.

103

Auf die von der Vergabekammer verneinte Frage, ob die Antragstellerin den Nachprüfungsantrag gemäß § 101 b Abs. 2 S. 1 GWB rechtzeitig binnen 30 Tagen ab Kenntnis des Vergabeverstoßes angebracht hat, kommt es unter diesen Umständen nicht mehr streitentscheidend an.

III.

104

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 97 Abs. 1 ZPO.


Die zur Verwertung und Beseitigung Verpflichteten können Dritte mit der Erfüllung ihrer Pflichten beauftragen. Ihre Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Pflichten bleibt hiervon unberührt und so lange bestehen, bis die Entsorgung endgültig und ordnungsgemäß abgeschlossen ist. Die beauftragten Dritten müssen über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.