Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 26. Mai 2014 - 2 O 31/13

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2014:0526.2O31.13.0A
bei uns veröffentlicht am26.05.2014

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 6. Kammer - vom 26.05.2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners sind nicht erstattungsfähig.

Gründe

1

Die Beschwerde bleibt erfolglos, denn das Verwaltungsgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag zu Recht abgelehnt.

2

Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

3

Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass der Kläger für seine verstorbene Mutter bestattungspflichtig ist und seine Heranziehung zu den Beisetzungskosten keine unbillige Härte bedeutet. Der Vortrag des Klägers lässt keine Anhaltspunkte für eine solche Annahme erkennen. Der Senat folgt den Darlegungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Beschluss und stellt dies fest (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

4

Im Hinblick auf das Vorliegen einer unbilligen Härte ist auszuführen: Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass gestörte familiäre Verhältnisse im Ausnahmefall dazu führen können, dass der gem. § 13 Abs. 2 i.V.m. § 2 Nr. 12 BestattG und §§ 230, 238 LVwG Pflichtige nicht zur Erstattung aufgewandter Bestattungskosten herangezogen werden soll. Die Voraussetzungen dafür sind von den Verwaltungsgerichten aller Bundesländer jedoch äußerst eng geschnitten worden.

5

Eine unbillige Härte wird in Nordrhein-Westfalen in Anlehnung an die unterhaltsrechtlichen Bestimmungen in § 1611 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1579 BGB z.B. dann gesehen, wenn der Verstorbene sich eines schweren Vergehens gegen den Pflichtigen schuldig gemacht hat (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 15.10.2001 – 19 A 571/00 -; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urt. v. 18.02.2009 – 23 K 1676/08 -). Eine Verpflichtung des Angehörigen zur Bestattung würde dessen Menschenwürde beeinträchtigen (so jedenfalls Verwaltungsgericht Köln, Urt. v. 20.03.2009 – 27 K 5617/07 -), dies allerdings nur dann, wenn der Verstorbene nachweislich schwere Straftaten gegen die körperliche Integrität des Bestattungspflichtigen begangen hat. Eine unbillige Härte liegt nach dieser Rechtsprechung z.B. vor, wenn der Verstorbene einen tätlichen Angriff auf seine Ehefrau und seinen Sohn verübt hatte und beide dadurch, dass sie für finanzielle Forderungen gegen den Verstorbenen in Anspruch genommen wurden, an den Rand des Existenzminimums getrieben worden sind (VG Düsseldorf, Urt. v. 22.10.2010 – 23 K 3310/08 -).

6

In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hingewiesen werden, dass die Anknüpfung an die unterhaltsrechtlichen Ausschlusstatbestände des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 1611 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1579 BGB) eine Besonderheit des nordrhein-westfälischen Landesrechts ist und nicht verallgemeinernd auch auf die rechtliche Lage in den anderen Landesrechten übertragen werden sollte.

7

Gänzlich anders stellt sich nämlich die Rechtslage oder doch zumindest die Rechtsprechung im Bundesland Bayern dar. Nach den Ausführungen des Verwaltungsgericht Ansbach (Urt. vom 07.07.2005 – AN 4 K 05.02104 -) sieht das bayerische Landesrecht keine Möglichkeit vor, bei der Heranziehung eines Bestattungspflichtigen zu seinen Gunsten – etwa als unbillige Härte – gestörte Familienverhältnisse zu berücksichtigen.

8

Umstände, die die Annahme eines besonderen Ausnahmefalls und damit eine Befreiung von der Bestattungspflicht rechtfertigen, können nur bei schweren Straftaten des Verstorbenen zulasten des an sich Bestattungspflichtigen angenommen werden. Dies entspreche erkennbar auch dem in Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Leitbild der Familie als Solidargemeinschaft (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 09.06.2008 – 4 Z.B. 07.2815 –).

9

Die Rechtsprechung in Hamburg ist noch strenger. Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgericht Hamburg vom 26.05.2010 (– 5 Bf 34/10 -, NordÖR 2011, 43) enthält der strikte Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 7 BestG keinen Ansatz für die Interpretation, die seine Geltung in Fällen angeblicher Unzumutbarkeit ausschließt. Gegen die fallweise Nichtanwendung einer einschränkungslos formulierten gesetzlichen Regelung im Wege der „verfassungskonform einschränkenden Auslegung“ würden vor dem Hintergrund der Rechtsprechung erhebliche Bedenken geltend gemacht. Eine aus verfassungsrechtlichen Gründen in bestimmten Fällen für zu strikt gehaltene Gesetzesvorschrift dürfe nicht einfach unangewandt bleiben. Vielmehr sei die alleinige Verwerfungskompetenz des Landes- bzw. des Bundesverfassungsgerichts zu beachten.

10

Dem mag man in dieser keine Ausnahmemöglichkeit zulassenden Strenge nicht folgen. So hat sich deshalb die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Hamburg in dem vom Kläger in seiner Klagschrift auszugsweise zitierten Urteil vom 16.12.2009 – 9 K 280/09 – nicht angeschlossen und angenommen, dass der verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in krassen Ausnahmesituationen ein Absehen von der Erstattungspflicht fordere. Allerdings ist zu beachten, dass es in jenem Verfahren – insoweit vom Kläger in seiner Klagschrift nicht wiedergegeben - um einen 36 Jährigen ging, bei dem das Verhältnis zu seinen Eltern, insbesondere zu seinem verstorbenen Vater, in Kindheit und Jugend gerade nicht von menschlicher Nähe und elterlicher Fürsorge, sondern im Gegenteil von extremer Gleichgültigkeit und, wenn auch nicht körperlicher Gewalt, so doch seelischer Grausamkeit geprägt war. Nach der Trennung der Eltern war der Kläger als Zehnjähriger zunächst bei seiner Mutter geblieben, die sich wegen wechselnder Männerbekanntschaften allerdings nicht nur nicht um ihn kümmerte, sondern auch häufig aus der Wohnung aussperrte. Der Kläger zog darauf zu seinem Vater, der jedoch wegen seiner Alkoholsucht die Miete nicht zahlte, so dass sie die Wohnung verloren und ein Zimmer auf dem Kiez beziehen mussten. Auch der Vater war nicht in der Lage, für seinen Sohn zu sorgen. Dies führte zur Überzeugung des Gerichts sogar dazu, dass der Kläger nicht nur elterliche Fürsorge und Unterhalt entbehren, sondern vielmehr schon als 12- oder 13-jähriger mit seinem Einkommen zum Lebensunterhalt seines Vaters in der Weise mit beitragen musste, dass sein eigenes Einkommen auf die Sozialhilfe angerechnet wurde. Ebenso war das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger – wie von ihm geschildert – bereits als 14-jähriger seinen Vater und das gemeinsam bewohnte Zimmer nach einem Wutanfall seines Vaters verließ. Er fand zunächst in einer Einrichtung des betreuten Wohnens und dann in einer Jugendwohnung Betreuung, die ihm seine eigene Familie in keinster Weise hatte geben können. Seitdem bestand zwischen dem Kläger und seinem Vater kein Kontakt mehr. Nach dem persönlichen Eindruck, den das Gericht in der mündlichen Verhandlung von dem Kläger gewonnen hatte, habe der Kläger, obwohl er inzwischen 36 Jahre alt sei, auch heute noch unter dieser Missachtung und dem völligen Fehlen jeglicher Fürsorge seiner Eltern gelitten.

11

Die vom Kläger in Anspruch genommene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg öffnet somit lediglich die Möglichkeit, dass in Härtefällen von der Kostenerstattung Abstand genommen wird, gibt für das Vorliegen einer solchen Härte im gegebenen Sachverhalt nichts her.

12

Die Gründe für die Annahme einer öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht naher Angehöriger rechtfertigen es regelmäßig, die Pflicht zur Kostentragung an die Bestattungspflicht zu koppeln. Bei Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls kann das grundsätzliche Interesse der Allgemeinheit an der Übernahme der Bestattungskosten durch die Angehörigen hinter das Interesse des bestattungspflichtigen Angehörigen, von der Heranziehung zu den Kosten verschont zu bleiben, zurücktreten. Die Heranziehung des eigentlichen Bestattungspflichtigen zu den Bestattungskosten nach § 13 Abs. 5 FBG i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 1 HSOG kann bei schwerwiegenden Verfehlungen, wie sie sich in Straftaten von erheblichem Gewicht (Mord, Totschlag, Vergewaltigung, sexueller Missbrauch) realisieren, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzen (Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 26.10.2011 – 4 A 1245/11 –, LKRZ 2012, 56 = HGZ 2012, 110).

13

Von der Erstattungsforderung ist abzusehen, wenn der Verstorbene schwere Straftaten zulasten des an sich Bestattungspflichtigen begangen hatte (Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 13.07.2005; VG Stade, Urteil vom 27.07.2006 – 1 A 539/05 –).

14

Ein Absehen von der Erhebung der Kosten für ein Notbegräbnis entsprechend § 12 Abs. 2 Satz 2 VwKostG LSA aus Billigkeitsgründen kommt nur in extremen Ausnahmesituationen in Betracht, in denen einem Angehörigen die Kostentragung nicht zugemutet werden kann. Die Kostenerstattung ist nur bei schweren Straftaten des Verstorbenen zu Lasten des An-sich-Bestattungspflichtigen oder bei einem vergleichbaren besonders schwerwiegenden elterlichen Fehlverhalten und einer daraus folgenden beiderseitigen grundlegenden Zerstörung des Eltern-Kind-Verhältnisses unzumutbar (VG Halle, Urt. v. 20.11.2009 – 4 A 318/09 -).

15

Die Kostentragungspflicht ist unzumutbar, wenn die Hinterbliebene im Alter von vier Jahren Opfer eines von Vater gehabt und es hatte keinerlei Anzeichen für eine Aussöhnung zwischen Opfer und Täter oder eine wie auch immer geartete, ggf. nur aufseiten des Opfers feststellbare Befriedung der Folgen der Straftat und der familiären Verhältnisse (VG Karlsruhe, Urteil vom 16.01.2007 – 11 K 1326/06 –).

16

Die Unzumutbarkeit einer Heranziehung kann nur bei schweren Straftaten des Verstorbenen zu Lasten des an sich Bestattungspflichtigen, die zu einer Verurteilung des Verstorbenen geführt haben, angenommen werden (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urt. v. 09.06.2008 – 4 Z.B. 07.2815 -; VG Würzburg, Urt. v. 05.09.2012 – W 2 K 11.132 -; VG Ansbach, Urt. v. 09.11.2010 – AN 4 K 10.00736 -).

17

Allen Entscheidungen ist zu entnehmen, dass das Vorliegen einer unbilligen Härte nur dann angenommen werden kann, wenn der Verstorbene gegen den bestattungspflichtigen Hinterbliebenen sehr schwere Straftaten begangen hatte (Tötungsversuch, Vergewaltigung, sexueller Missbrauch). Davon kann angesichts des vorgetragenen Sachverhaltes keine Rede sein. Es kann auch keine Rede sein, dass der Kläger – wie es in dem von ihm zitierten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Hamburg der Fall war, von seinen Eltern in seiner Kindheit und Jugend vernachlässigt worden wäre und er dadurch schweren immer noch andauernden seelischen Schaden erlitten hätte. Zu den innerfamiliären Auseinandersetzungen, von welcher Intensität sie auch gewesen sein mochten, war es erst gekommen, als der Kläger erwachsen und bereits psychisch stabil gewesen war.

18

Nach dem Vortrag in der Klagschrift haben der Kläger mit seiner Ehefrau und seine Eltern nach der Hofübergabe in einem gemeinsamen Gebäude in jeweils weitgehend selbständigen Wohnbereichen gelebt. Es sei dann zu Meinungsverschiedenheiten über die Nutzung der gemeinsamen Flächen und über das Heizverhalten gekommen, die schließlich zur Einschaltung von Rechtsanwälten, zu polizeilichen Anzeigen und zu einem Rechtsstreit beim Amtsgericht Rendsburg führten. Dieses Verfahren endete schließlich mit der Rückübertragung des Hofes.

19

Soweit der Kläger nunmehr in der Beschwerdeschrift vorträgt, die Zerrüttung des familiären Verhältnisses zeige sich darin, dass seine Eltern Ihm gegenüber einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt hätten, ist dem ebensowenig zu folgen. Die mit dem vorläufigen Zahlungsverbot zu sichernde Forderung war offenkundig vom Kläger zuvor nicht beglichen worden und rührte aus einem vor dem AG Rendsburg geschlossenen gerichtlichen Vergleich, also einem im Übereinkommen entstandenen Titel.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die Nichterstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners ergibt sich aus § 127 Abs. 4 ZPO.

21

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


ra.de-Urteilsbesprechung zu Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 26. Mai 2014 - 2 O 31/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 26. Mai 2014 - 2 O 31/13

Referenzen - Gesetze

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 26. Mai 2014 - 2 O 31/13 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 122


(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1579 Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit


Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes gro

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1611 Beschränkung oder Wegfall der Verpflichtung


(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterh

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 26. Mai 2014 - 2 O 31/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 26. Mai 2014 - 2 O 31/13 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 16. Jan. 2007 - 11 K 1326/06

bei uns veröffentlicht am 16.01.2007

Tenor 1. Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2004 durch Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde und dass die aus dem Bescheid vom 02.09.2004 abgeleitete Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskost
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 26. Mai 2014 - 2 O 31/13.

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 27. Apr. 2015 - 2 LB 27/14

bei uns veröffentlicht am 27.04.2015

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts - Einzelrichter - vom 16.10.2014 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig voll

Referenzen

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil

1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann,
2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt,
3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat,
5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,
6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,
7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder
8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil

1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann,
2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt,
3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat,
5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,
6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,
7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder
8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2004 durch Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde und dass die aus dem Bescheid vom 02.09.2004 abgeleitete Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters rechtswidrig war.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Bestattungskosten ihres Vaters.
Die Klägerin ist die Tochter des am 20.04.2004 Verstorbenen (...), der noch einen Sohn (...) hinterlässt. Durch Urteil des Landgerichts Konstanz (...) wurde der Verstorbene wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes, der Klägerin im Alter von vier Jahren, rechtskräftig verurteilt.
Mit Leistungsbescheid vom 02.09.2004 wurde der Klägerin aufgegeben, der Stadt Mannheim die Kosten der Bestattung von ... kraft öffentlichen Rechts im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft mit ... in Höhe von EUR 2.110,53 zu erstatten. Der Bescheid wurde ihrem damaligen Bevollmächtigten (...) mit Postzustellungsurkunde am 10.09.2004 zugestellt. Eine schriftliche Vollmacht für die „Vertretung in der Nachlassangelegenheit ...“ vom 07.05.2004 lag beim Notariat - VIII Mannheim - Nachlassgericht unter dem Geschäftszeichen .... Am 02.09.2004 erging auch ein Leistungsbescheid an ihren Bruder.
Nachdem die Vollstreckung ergebnislos verlief, teilte der neue Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 30.01.2006 unter „Bezug auf die heute geführten Telefonate“ mit, „wir kamen überein, dass der Bescheid vom 02.04.2004 ... nicht wirksam“ der Klägerin „zugestellt wurde“; die Vollstreckung sei deshalb unzulässig.
Daraufhin erließ die Beklagte (Friedhöfe Mannheim) am 30.01.2006 einen (zweiten) Leistungsbescheid, in dem der Klägerin aufgegeben wurde, der Stadt Mannheim die Kosten der Bestattung von ... im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft mit ... in Höhe von 2.110,53 EUR zu erstatten. Des Weiteren wurde darin eine Zahlungsfrist bis spätestens zum 28.02.2006 gesetzt. Zur Begründung ist ausgeführt, sie sei als Tochter des Verstorbenen gesamtschuldnerisch mit ihrem Bruder dazu verpflichtet, den Friedhöfen Mannheim die Bestattungskosten zu erstatten. Die Verfügung wurde der Klägerin am 03.02.2006 zugestellt. Mit dem am 09.02.2006 eingegangenen Widerspruch vom 07.02.2006 „gegen den Bescheid vom 30.01.2006“ machte die Klägerin geltend: Der Erlass des Bescheides sei unzulässig, weil ein gleichlautender Bescheid bereits am 02.09.2004 erlassen und bislang nicht zurückgenommen worden sei. Die Höhe der Kosten sei unverhältnismäßig. Schließlich liege ein Verstoß gegen das Auswahlermessen vor. Der Verstorbene habe sie als vierjähriges Kind sexuell missbraucht. Noch heute leide sie unter den verübten Straftaten des Verstorbenen. Es sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar, sie zu den Beerdigungskosten für eine Person heranzuziehen, welche an ihr Straftaten gemäß § 176 StGB verübt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2006 hob das Regierungspräsidium Karlsruhe den Leistungsbescheid der Stadt Mannheim vom 30.01.2006 auf. Zugleich traf es folgende Feststellung: Der gleichlautende Bescheid vom 02.09.2004 ist rechtmäßig und bestandskräftig. Zur Begründung ist ausgeführt: Rechtsgrundlage für die Rücknahme sei § 48 Abs. 1 LVwVfG. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 29.04.2006 zugestellt.
Am 22.05.2006 hat die Klägerin Klage erhoben; in der mündlichen Verhandlung beantragte sie,
festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2004 durch deren Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde und dass der Bescheid vom 02.09.2004 rechtswidrig war.
Zur Begründung trägt sie ergänzend vor: Streitgegenstand sei ausschließlich gewesen, dass bereits ein gleich lautender Bescheid, nämlich jener vom 02.09.2004, bestanden habe. Der Bescheid vom 02.09.2004 sei ... nicht wirksam zugestellt worden.
10 
In der mündlichen Verhandlung trug der Vertreter der Klägerin vor, aufgrund der Verurteilung ihres Vaters sei die Ehe ihrer Eltern letztlich geschieden worden. Das Sorgerecht für die Klägerin sei mit Beschluss des Amtsgerichts Konstanz vom 07.10.1976 an die Mutter übertragen worden, die sie, die Klägerin, in der Folgezeit in ein Kinderheim abgegeben habe, in dem sie bis zu ihrer Volljährigkeit gelebt habe. Mit dem Vater sei es zu keinerlei Kontakt mehr gekommen, mit ihrer Mutter nur sporadisch; ihre Mutter weise ihr die „Schuld“ zu. Sie leide heute noch unter den Folgen des Sexualdelikts und des Auseinanderbrechens der Familie. Jede Berührung mit dem Geschehen belaste sie.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Sie ist der Ansicht, die Klägerin sei zu Recht zu den Kosten der Bestattung ihres Vaters herangezogen worden. Die Regelungen über die Bestattungspflicht und die daraus folgende Kostentragungspflicht seien mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch insoweit vereinbar, als sie keine Ausnahme vorsehen, wenn die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheine. Insoweit werde auf die Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (Urt. v. 19.10.2004 - 1 S 681/04 -) verwiesen. § 15 BSHG bzw. nunmehr § 74 SGB XII stelle hinsichtlich der Kostentragungspflicht für Bestattungskosten eine einfach gesetzliche Ausformung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar.
14 
Dem Gericht liegen die Verwaltungsakten der Beklagten (1 Heft) einschließlich der Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe (1 Heft) vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf deren Inhalt und den der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist zulässig und begründet.
16 
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Unter einem Rechtsverhältnis in diesem Sinne sind „die aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm (des öffentlichen Rechts) sich ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder einer Sache“ zu verstehen (Kopp/ Schenke, VwGO, Kommentar, 14. Aufl., § 43 Rdnr. 11 m.w.N.). Die Feststellung der Rechtswidrigkeit oder Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes kann mit der Klage nach § 43 VwGO ebenso wenig begehrt werden wie die Klärung der Frage, ob überhaupt ein Verwaltungsakt vorliegt. Grundsätzlich nicht ausgeschlossen wird durch § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO im Hinblick auf die Möglichkeit des Rechtsschutzes gegen einen Verwaltungsakt eine Klage, die nicht die Berechtigung zu dessen Erlass zum Gegenstand hat, sondern ein durch den Verwaltungsakt begründetes, verändertes oder aufgehobenes Rechtsverhältnis. Ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts kann jederzeit dahin ausgelegt werden, die Rechtswidrigkeit der aufgrund des Verwaltungsakts den Betroffenen treffenden Belastungen festzustellen (Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 7, 11, 26, 31 m.w.N.; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 43 Rdnr. 16; Pietzcker in: Schoch/Schmitt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 13. Aufl., 2006, § 43 VwGO Rdnr. 46 m.w.N.). Es kann auch die Frage der Unzulässigkeit der Vollstreckung eines inzwischen erledigten Grundverwaltungsakts begehrt werden, da mit der Anfechtung des Grundverwaltungsakts nicht seine Erledigung geltend gemacht werden kann (Pietzcker, a.a.O., § 43 Rdnr. 46 f.; vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 26).
17 
Im vorliegenden Verfahren besteht Streit darüber, ob der erste Leistungsbescheid vom 02.09.2004 überhaupt wirksam zugestellt und damit wirksam (§ 43 Abs. 1 u. 2 LVwVfG) wurde und falls ja, ob er durch einen zweiten Leistungsbescheid (vom 30.01.2006) aufgehoben wurde und deshalb von der Beklagten nicht mehr als Vollstreckungsgrundlage gegen die Klägerin herangezogen werden kann. In der Sache geht es den Beteiligten darum, ob die Kostentragungspflicht aus dem Leistungsbescheid vom 02.09.2004 rechtmäßig ist. Der erste Teil des Feststellungsantrags betrifft die Frage der Wirksamkeit (§§ 41, 43 Abs. 1 u. 2 LVwVfG) und die des Fortbestehens des Bescheids vom 02.09.2004, der wegen der Aufhebung des zweiten Leistungsbescheids (v. 30.01.2006) durch den Widerspruchsbescheid als alleinige Vollstreckungsgrundlage in Betracht kommt. Letztlich geht es um das feststellungsfähige Rechtsverhältnis, ob die Erstattungspflicht durch den Bescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist, was insbesondere dessen ordnungsgemäße Zustellung voraussetzt, und ob eine Erstattungspflicht aufgrund dieses Bescheids fortbesteht oder durch den zweiten Bescheid (v. 30.01.2006) aufgehoben wurde. Wegen der Aufhebung des Leistungsbescheides vom 30.01.2006 durch den Widerspruchsbescheid ist unter den Beteiligten klärungsbedürftig, ob die sich aus dem Bescheid vom 02.09.2004 ergebende Kostentragungspflicht der Klägerin (zu Recht) fortbesteht, weil die Beklagte daraus zu vollstrecken beabsichtigt.
18 
Der Antrag auf Feststellung, dass der Bescheid vom 02.09.2004 rechtmäßig ist, ist mit Rücksicht auf die Spezialität der Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) in einen Antrag auf Feststellung auszulegen (§ 88 VwGO), dass die im Bescheid vom 02.09.2004 festgesetzte Kostentragungspflicht für die Bestattungskosten ihres Vaters rechtswidrig ist.
19 
Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung dieser Rechtsverhältnisse. Ein berechtigtes Interesse ist insbesondere gegeben, wenn die Rechtslage unklar ist, die zuständige Behörde insoweit anderer Auffassung als der Kläger ist und der Kläger sein künftiges Verhalten an der Feststellung orientieren will, oder er Grund zur Besorgnis der Gefährdung seiner Rechte hat (Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 24 m.w.N.). Ein Interesse daran, festzustellen, ob der Erstbescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist und noch fortbesteht oder durch den (zweiten) Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde, besteht deshalb, weil die Beklagte, wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht hat, nach wie vor diesen Bescheid als wirksam zugestellt wertet und daraus gegen die Klägerin auch künftig zu vollstrecken beabsichtigt. In dieser Ansicht sieht sich die Beklagte durch Ziff. 1 des Tenors im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27.04.2006 bestätigt, mit dem der (zweite) (Leistungs-)Bescheid vom 30.01.2006 aufgehoben und die Rechtmäßigkeit des (ersten) Leistungsbescheids vom 02.09.2004 bestätigt wurde. Ein Interesse daran, zu klären, ob der Erstbescheid vom 02.09.2004 durch den (zweiten) Bescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde, besteht - trotz und wegen der Aufhebung des die Klägerin belastenden Teils des zweiten Leistungsbescheids durch den Widerspruchsbescheid - deshalb, weil die Klägerin mit dem Erlass eines neuen Leistungsbescheids rechnen müsste, wenn der erste Leistungsbescheid (v. 02.09.2004) nicht (mehr) mehr fortbestehen würde und deshalb keine wirksame Vollstreckungsgrundlage wäre. Wenn der zweite Bescheid vom 30.01.2006 den ersten Bescheid aufgehoben hätte, wäre dieser die Klägerin begünstigende Teil des zweiten Bescheids von der Widerspruchsbehörde nicht aufgehoben worden.
20 
Die Rechtsunsicherheit bezüglich der Vollstreckungsgrundlage rechtfertigt es auch, ein Feststellungsinteresse für den Antrag zu bejahen, festzustellen, ob die sich aus dem Bescheid vom 02.09.2004 ergebende Kostentragungspflicht der Klägerin rechtswidrig oder rechtmäßig war. Für die Vollstreckung ist zwar nur ein wirksamer Grundverwaltungsakt erforderlich, auf dessen Rechtmäßigkeit kommt es nicht an. Um weitere Rechtsstreitigkeiten in der Vollstreckung zu vermeiden, ist es aber sachdienlich, die unter den Beteiligten streitige Kostentragungspflicht aus dem Bescheid vom 02.09.2004 im Wege der Feststellungsklage zu klären. Es soll geklärt werden, ob ein neuer inhaltsgleicher Bescheid erlassen werden könnte, falls der Erstbescheid nicht mehr besteht.
21 
Dem Feststellungsantrag steht § 43 Abs. 2 VwGO nicht entgegen. Die Spezialität der Anfechtungsklage tritt nur hervor, wenn sich die Feststellungsklage unmittelbar gegen den Verwaltungsakt richtet. Insoweit sind nur Gesichtspunkte der Subsidiarität oder der Umgehung der Vorschriften der Anfechtungsklage von Bedeutung (Schoch/Schmitt-Aßmann/ Pietzner, a.a.O., § 43 Rdnr. 46 f.; vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 26, § 167 Rdnr. 19 m.w.N.). Wie bereits ausgeführt, richtet sich der Feststellungsantrag bei sachdienlicher Auslegung (§ 88 VwGO) nicht gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 02.09.2004. Der Erstbescheid vom 02.09.2004 hätte zwar nach Einlegung eines Widerspruchs angefochten werden können. Nach Ergehen des zweiten Bescheides vom 30.01.2006 war dies aber entbehrlich, und zwar ungeachtet einer eventuellen Aufhebung des Bescheids vom 02.09.2004 durch den zweiten Bescheid, weil in der Folgezeit unter den Beteiligten die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides vom 30.01.2006 streitig war, gegen den die Klägerin am 07.02.2006 Widerspruch einlegte, woraufhin dieser mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2006 aufgehoben wurde. Hierdurch und durch die weitere Feststellung im Widerspruchsbescheid, der Bescheid vom 02.09.2004 sei rechtmäßig und bestandskräftig, entstand erneut Streit darüber, ob der (erste) Bescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist und, falls ja, ob er durch Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde und ob ersterer eine geeignete Vollstreckungsgrundlage bietet oder aus Sicht der Beklagten gar der Erlass eines neuen Leistungsbescheids geboten ist bzw. dies aus Sicht der Klägerin zu befürchten ist. Eine Umgehung der Vorschriften der Anfechtungsklage ist darin nicht zu sehen.
22 
Die Feststellungsklage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2004 ist ordnungsgemäß zugestellt worden und wirksam geworden (1.). Er wurde durch Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben (2.). Die im Bescheid vom 02.09.2004 angeordnete Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig (3.).
23 
1. Wie bereits im Beschluss des erkennenden Gerichts über die Gewährung von Prozesskostenhilfe vom 21.11.2006 ausgeführt worden ist, wurde der Bescheid vom 02.09.2004 ordnungsgemäß dem ehemaligen Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt, womit er wirksam geworden ist (§ 43 Abs. 1 S. 1 LVwVfG). Nach § 8 Abs. 1 S. 1 LVwZG können Zustellungen an den allgemein oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Vertreter gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat (S. 2). Der Wortlaut von S. 2 dieser Vorschrift und ihr Schutzzweck sind auch in Fällen wie hier erfüllt, wenn der Bevollmächtigte die schriftliche Vollmacht zwar nicht bei der die streitige Zustellung veranlassenden Behörde vorgelegt hat, sondern bei einer anderen Behörde, und erstere aufgrund anderer Anhaltspunkte, insbesondere eines Hinweises des Bevollmächtigten Kenntnis von der schriftlichen Vollmacht hat. Der Schutzzweck des § 8 Abs. 1 S. 2 LVwVfG geht dahin, die Partei vor Zustellungen zu schützen, wenn sie einem Bevollmächtigten schriftliche Vollmacht erteilt hat und der Behörde dies durch Vorlage der schriftlichen Vollmacht bekannt ist. Dieser Schutzzweck ist auch dann erfüllt, wenn überhaupt eine schriftliche Vollmacht für das Verfahren vorliegt, in dem die Zustellung bewirkt werden soll, die schriftliche Vollmacht bei einer Behörde oder wie hier bei einem Notariat vorgelegt wird und die die Zustellung veranlassende Behörde aufgrund äußerer Umstände auf das Vorhandensein einer schriftlichen Vollmacht schließen konnte. Letzteres ist hier der Fall. Beim Notariat - VIII Mannheim - Nachlassgericht lag unter der Geschäftsnummer ... eine schriftliche Vollmacht der Klägerin vom 07.05.2004 für ... „in der Nachlassangelegenheit ...“ vor. Diese Vollmacht bezieht sich nach ihrem Sinn und Zweck auf alle Verfahren, die mit der „Nachlassangelegenheit“ des Vaters der Klägerin zusammenhängen, auch auf das Verfahren wegen der Heranziehung zu den Bestattungskosten. In der Vollmacht ist ausdrücklich ausgeführt, sie umfasse insbesondere die Befugnis, Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen. Waren hiernach Wortlaut und Schutzzweck des § 8 Abs. 1 S. 2 LVwVfG gewahrt, so musste die Zustellung an den damaligen Bevollmächtigten (...) erfolgen. Der Bescheid vom 02.09.2004 ist durch die nach Aktenlage ordnungsgemäß erfolgte Zustellung an ... wirksam geworden (§ 43 Abs. 1 S. 1 LVwVfG).
24 
2. Durch Bescheid vom 30.01.2006 wurde der Erstbescheid vom 02.09.2004 konkludent aufgehoben, auch wenn dies nicht ausdrücklich aus dem (zweiten) Leistungsbescheid vom 30.01.2006 hervorgeht. Die Aufhebung des ersten Bescheids hätte zwar durch einen Hinweis auf § 48 LVwVfG ausdrücklich zum Ausdruck gebracht werden können, was mit keinem Wort geschehen ist, weder im Bescheid noch in sonstiger Weise, etwa durch Aktenvermerke. Für die Auslegung von Willensäußerungen der Verwaltung, auch in Form von Verwaltungsakten, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gemäß der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB nicht der innere, sondern der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.06.1980 - 6 C 55/79 - unter Hinweis auf BVerwGE 29, 310 ff.; 41, 305 ff.). Unklarheiten müssen hierbei zu Lasten der Verwaltung gehen (vgl. BVerwGE 41, 305, 306; 48, 279, 281 f.). Für den Empfängerhorizont erkennbare Anhaltspunkte dafür, dass der als „Leistungsbescheid“ gekennzeichnete Bescheid vom 30.01.2006 die Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters eigenständig und damit neu regelt, ergeben sich aus den aktualisierten Daten im „Leistungsbescheid“ vom „30.01.2006“, der Zahlungsfrist bis „spätestens 28.02.2006“ sowie aus dem per Telefax an die Friedhöfe Mannheim übermittelten Schreiben des zweiten Bevollmächtigten der Klägerin vom 30.01.2006. Aus letzterem geht hervor, dass im Hinblick auf die Rechtsunsicherheit über den Bestand des Bescheids vom 02.09.2004 und der drohenden Vollstreckung am Tage des Erlasses des Leistungsbescheids vom 30.01.2006 Telefongespräche stattfanden und man dabei „übereinkam“, wie es im Schreiben vom 30.01.2006 heißt, „dass der Bescheid vom 02.09.2004, welcher Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens gegen unsere Mandantin ist, nicht wirksam an unsere Mandantin zugestellt wurde“. Um die Rechtsunsicherheit über die ordnungsgemäße Zustellung des Erstbescheids auszuräumen, erließ die Beklagte einen Leistungsbescheid unter dem Datum vom „30.01.2006“, mit dem inhaltsgleich mit dem Erstbescheid der Klägerin aufgegeben wurde, der Stadt Mannheim die Kosten der Bestattung ihres Vaters in Höhe von 2.110,53 EUR zu erstatten. In Abänderung zum Ausgangsbescheid wurde eine neue Zahlungsfrist festgesetzt, nämlich bis spätestens zum 28.02.2006. Die Begründung ist inhaltlich gleich wie im Erstbescheid. Vor dem Hintergrund der Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit (§ 43 Abs. 1 LVwVfG) des (ersten) Bescheids vom 02.09.2004 und mit Rücksicht auf die aktualisierten Daten des Erlasses und der Zahlungsfrist im Leistungsbescheid vom „30.01.2006“, ist der Leistungsbescheid vom 30.01.2006 von dem für die Auslegung maßgeblichen Empfängerhorizont aus nur dahin zu verstehen, dass damit eine neue Zahlungspflicht begründet und der Erstbescheid (v. 02.09.2004) konkludent aufgehoben wurde. Von der Möglichkeit, den Erstbescheid neu zuzustellen, hat die Beklagte abgesehen.
25 
3. Die im Gebührenbescheid vom 02.09.2004 festgesetzte Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig.
26 
Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs ist § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG. Danach haften die Bestattungspflichtigen in der in § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG genannten Reihenfolge ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles, die eine Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen als Härte erscheinen lassen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004 - 1 S 681/04 - m.w.N.). Für die Kostentragungspflicht kommt es nicht auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen an, da die öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Bestattung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch ist, die Beerdigungskosten zu tragen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O., m.w.N.).
27 
Nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg verstoßen die Regelungen über die Bestattungspflicht und daraus folgend über die Kostentragungspflicht auch insoweit nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, als die maßgeblichen Bestimmungen auch dann keine Ausnahme vorsehen, wenn die Durchführung der Bestattung bzw. die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O.,). Diese Auffassung teilt das erkennende Gericht im Grundsatz.
28 
Ein Leistungsbescheid auf der Grundlage der § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG muss sich aber in jedem Einzelfall wie jeder andere belastende Verwaltungsakt am verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfGE 19, 342ff.) messen lassen. Er kann im Einzelfall trotz gesetzlicher Ausgleichsansprüche, die im Einzelfall die persönlichen Verhältnisse zwischen dem Verstorbenen und dem Pflichtigen berücksichtigen, unverhältnismäßig und deshalb rechtswidrig sein. Demgegenüber kann nicht unter Hinweis auf § 15 BSHG a.F. bzw. § 74 SGB XII i.d.F. v. 27.12.2003, gültig ab 01.01.2005 (BGBl. I. S. 3022), eingewendet werden, ein Anspruch nach diesen Bestimmungen sei hinsichtlich der Kostentragungspflicht für Bestattungskosten eine einfach gesetzliche Ausformung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der für die Kostentragungspflicht nach § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG keinen Raum mehr für eine darüber hinausgehende Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulasse. In Fällen, in denen Ausgleichsansprüche nicht gegeben sind, insbesondere wenn der Betroffene völlig mittellos verstirbt, bestand nach § 15 BSHG die Möglichkeit, die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger des Bestattungsortes zu verlangen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Das selbe regelt § 74 SGB XII in der ab 01.01.2005 gültigen Fassung vom 27.12.2003. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des § 11 BSHG war. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt es sich hierbei um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch, dessen Bedarfsstruktur sich wesentlich von derjenigen sonstiger Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet. Der Anspruch aus § 15 BSHG sollte eine würdige Bestattung eines Toten gewährleisten. Die Verpflichtung kann auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren. Wie das Kriterium der „Zumutbarkeit“ zeigt, soll durch die Vorschrift nicht eine aktuelle sozialhilferechtliche Notlage des „Verpflichteten“ behoben werden, vielmehr wird an die „fürsorgerechtliche Verantwortung (der Sozialhilfe) für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger“ angeknüpft, deren Maß von der nach der Besonderheit des Einzelfalles zu beurteilenden Frage abhängt, ob und inwieweit die Kostentragung dem vorrangig hier zu Verpflichteten zuzumuten ist. Der Begriff der „Zumutbarkeit“ im Sinne von § 15 BSHG ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auslegungsbedürftig. Das dem Kostentragungspflichtigen aus der Sicht des § 15 BSHG zumutbare Gewicht der Kostenbelastung wird insbesondere von der Nähe und Beziehung zum Verstorbenen abhängen (BVerwG, Urt. v. 29.01.2004 - 5 C 2/03 - ; BVerwGE 116, 287 - 290). Im vorliegenden Fall bestehen unter Umständen Ausgleichsansprüche der Klägerin gegen ihren Bruder, weshalb ein Anspruch der Klägerin aus § 15 BSHG bzw. § 74 SGB XII mittlerweile von der Beklagten abgelehnt wurde. § 74 SGB XII gewährt aber nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten, sondern sieht von vornherein die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vor. Deshalb kann ein etwaiger Anspruchsinhaber nicht auf einen „vermutlich“ bestehenden, aber ungewissen Anspruch aus § 74 SGB XII verwiesen werden (OVG Saarland, Urt. v. 25.08.2003 - 2 R 18/03 - ). Ein auf § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG beruhender Leistungsbescheid kann deshalb im Einzelfall trotz der gesetzlichen Regelung von Ausgleichsansprüchen unverhältnismäßig sein (OVG Saarland, Urt. v. 25.08.2003 - 2 R 18/03 - ; vgl. VG Stade, Urt. v. 27.07.2006 - 1 A 539/05 - ; im Ergebnis ebenso OVG NW, Beschl. v. 02.02.1996 - 19 A 3802/95 -, NVwZ-RR 1997, 99 ff.; a.A. für Bayerisches Landesrecht VG Ansbach, Urt. v. 07.07.2005 - AN 4 K 05.02104 - ).
29 
Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss jede Einschränkung des Grundrechts in materieller Hinsicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren (BVerfGE 75, 108 <154 f.>; 80, 137 <153>; 90, 145 <172>). Voraussetzung hierfür ist, dass sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich sind und eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe ergibt, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (BVerfGE 68, 155 <171>; 71, 183 <196 f.>; 72, 26 <31>; 77, 308 <332>; 81, 156 <189>). Grundrechtseingriffe dürfen nicht weiter gehen als es ihr Grund, der Schutz des Gemeinwohls, erfordert (vgl. BVerfGE 20, 351 <361>; 52, 1 <29 f.>), und sie dürfen insbesondere auch nicht im Blick auf den Regelungszweck zu einer übermäßigen Belastung führen (BVerfGE 110, 1, 33 ff.).
30 
Gründe des Allgemeinwohls rechtfertigen es zwar grundsätzlich, die Bestattungs- und Kostentragungspflicht ohne Rücksicht auf die familiären Verhältnisse zu regeln, solange ein Bestattungspflichtiger für die Kostentragung erreichbar ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O.,). Die Bestattungspflicht dient in erster Linie der Gefahrenabwehr und lässt damit innerhalb der kurz bemessenen Frist des § 37 Abs. 1 BestattG keine längeren Untersuchungen der zuständigen Behörde über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen zu. Vielmehr müssen objektive Maßstäbe eingreifen, um eine zügige Bestattung zu gewährleisten. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung ihrer Reihenfolge sowie die daran anknüpfende Kostentragungspflicht beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen und nur der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers unterliegenden öffentlich-rechtlichen Rechtsgrund (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O., unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 19.08.1994, NVwZ-RR 1995, 283). Dieser rechtfertigt es grundsätzlich, die Kosten der Bestattung dem nach Landesrecht Pflichtigen aufzuerlegen und nicht andere, insbesondere die öffentliche Hand damit zu belasten. Der Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr gebietet aber nicht ausnahmslos, den zur Gefahrenabwehr Verpflichteten auch mit den entstandenen Kosten zu belasten, wenn die Kostentragung für ihn unzumutbar ist.
31 
Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles kann das Interesse des Bestattungspflichtigen, von der Heranziehung zu den Bestattungskosten verschont zu bleiben, so gewichtig sein, dass es das öffentliche Interesse an der ausnahmslosen Bestattungs- und Kostentragungspflicht überwiegt. Dies ist dann der Fall, wenn der Bestattungspflichtige durch die Heranziehung zu den Bestattungskosten unzumutbar belastet wird. Unzumutbar ist eine durch Leistungsbescheid festgesetzte Kostentragungspflicht für das Opfer eines vom Bestatteten begangenen Sexualdelikts dann, wenn das Opfer durch die Kostentragungspflicht in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG unangemessen belastet wird oder die auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhende konkrete Gefahr besteht, dass das Opfer eines Sexualdelikts durch den Erlass eines Leistungsbescheids in einem Fall wie hier in seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 1 S. 1 GG) verletzt wird. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles.
32 
Solche besonderen Umstände sind hier gegeben. Der Leistungsbescheid vom 02.09.2004 stellt aufgrund der Besonderheiten des Falles eine unverhältnismäßige Belastung der Klägerin in ihrer Rechtsstellung aus Art. 2 Abs. 1 S. 1 GG dar, die durch das mit der gesetzlichen Regelung der Kostentragungspflicht verbundene Ziel der §§ 37 Abs. 1, 31, 21 BestattG nicht mehr gerechtfertigt ist. Die Klägerin war im Alter von vier Jahren Opfer eines von ihrem verstorbenen Vater begangenen Sexualdelikts. Sie hatte seit der Tat keinerlei Kontakt mehr zu ihrem Vater und es gibt keinerlei Anzeichen für eine Aussöhnung zwischen Opfer und Täter oder eine wie auch immer geartete, gegebenenfalls nur auf Seiten des Opfers feststellbare, Befriedung der Folgen der Straftat und der familiären Verhältnisse. Die Unverhältnismäßigkeit lässt sich nicht deshalb verneinen, weil bereits geraume Zeit seit Begehung der Straftat vergangen ist, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine Aussöhnung oder Befriedung vorliegen und plausible Gründe dafür geltend gemacht werden, dass das Opfer durch den Erlass des Leistungsbescheids unverhältnismäßig schwer belastet wird, weil es zu den Kosten der Bestattung für den Täter herangezogen wird. Die Klägerin war im Alter von vier Jahren nicht nur Opfer eines von ihrem Vater begangenen Sexualdelikts, sie trafen auch die weiteren Folgen daraus, sie verlor hierdurch ihre Familie. Die Ehe ihrer Eltern wurde in der Folgezeit geschieden und sie wurde von ihrer allein erziehungsberechtigten Mutter in ein Kinderheim gegeben, in dem sie bis zu ihrer Volljährigkeit lebte. Mit ihrem Vater hatte sie nach dessen Verurteilung keinerlei Kontakt mehr, mit ihrer Mutter ihrem glaubhaften Vorbringen zufolge „nur sporadisch“. Eine Aussöhnung zwischen Opfer und Täter gab es nicht, auch keine dahingehenden Versuche eines der Beteiligten. Die Klägerin ließ durch ihren Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vortragen, jegliche Berührung mit dem begangenen Sexualdelikt, auch die Klärung ihrer Pflicht zur Kostentragung durch das Gericht, belaste sie schwer; dies ist nachvollziehbar und bedarf keiner weiteren Beweiserhebung. Als nachteilige Folgen des Sexualdelikts betrachtet sie auch ihre unzureichenden Ausbildungschancen und ihre derzeitige Arbeitslosigkeit. Die geltend gemachte Belastung hinderte sie den Angaben ihres Vertreters zufolge auch daran, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Aufgrund dieser Besonderheiten ist der auf die §§ 31, 21 BestattG gestützte Leistungsbescheid vom 02.09.2004 unverhältnismäßig und rechtswidrig. Die daraus abgeleitete Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig. Dem diesbezüglichen Feststellungsantrag war stattzugeben.
33 
Es bedarf deshalb keiner Entscheidung darüber, ob der Gebührenbescheid gegen Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verstößt oder deshalb unverhältnismäßig ist, weil er wegen der Missachtung des zerrütteten Verhältnisses zwischen dem Bestatteten und dem an sich Kostentragungspflichtigen Ausdruck einer Behandlung ist, die die Subjektqualität des Kostentragungspflichtigen prinzipiell in Frage stellt, oder weil in der Behandlung im konkreten Fall eine willkürliche Missachtung der Würde des Menschen liegt (BVerfG, Urt. v. 15.02.2006 - 1 BvR 357/05 -, NJW 2006, 751 ff. m.w.N.; BVerfGE 30, 1 <26>).
34 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
35 
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 i.V.m. § 124a Abs. 1 VwGO gegeben ist.
36 
Beschluss
37 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf EUR 2.110,53 festgesetzt.
38 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Gründe

 
15 
Die Klage ist zulässig und begründet.
16 
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Unter einem Rechtsverhältnis in diesem Sinne sind „die aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm (des öffentlichen Rechts) sich ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder einer Sache“ zu verstehen (Kopp/ Schenke, VwGO, Kommentar, 14. Aufl., § 43 Rdnr. 11 m.w.N.). Die Feststellung der Rechtswidrigkeit oder Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes kann mit der Klage nach § 43 VwGO ebenso wenig begehrt werden wie die Klärung der Frage, ob überhaupt ein Verwaltungsakt vorliegt. Grundsätzlich nicht ausgeschlossen wird durch § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO im Hinblick auf die Möglichkeit des Rechtsschutzes gegen einen Verwaltungsakt eine Klage, die nicht die Berechtigung zu dessen Erlass zum Gegenstand hat, sondern ein durch den Verwaltungsakt begründetes, verändertes oder aufgehobenes Rechtsverhältnis. Ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts kann jederzeit dahin ausgelegt werden, die Rechtswidrigkeit der aufgrund des Verwaltungsakts den Betroffenen treffenden Belastungen festzustellen (Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 7, 11, 26, 31 m.w.N.; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 43 Rdnr. 16; Pietzcker in: Schoch/Schmitt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 13. Aufl., 2006, § 43 VwGO Rdnr. 46 m.w.N.). Es kann auch die Frage der Unzulässigkeit der Vollstreckung eines inzwischen erledigten Grundverwaltungsakts begehrt werden, da mit der Anfechtung des Grundverwaltungsakts nicht seine Erledigung geltend gemacht werden kann (Pietzcker, a.a.O., § 43 Rdnr. 46 f.; vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 26).
17 
Im vorliegenden Verfahren besteht Streit darüber, ob der erste Leistungsbescheid vom 02.09.2004 überhaupt wirksam zugestellt und damit wirksam (§ 43 Abs. 1 u. 2 LVwVfG) wurde und falls ja, ob er durch einen zweiten Leistungsbescheid (vom 30.01.2006) aufgehoben wurde und deshalb von der Beklagten nicht mehr als Vollstreckungsgrundlage gegen die Klägerin herangezogen werden kann. In der Sache geht es den Beteiligten darum, ob die Kostentragungspflicht aus dem Leistungsbescheid vom 02.09.2004 rechtmäßig ist. Der erste Teil des Feststellungsantrags betrifft die Frage der Wirksamkeit (§§ 41, 43 Abs. 1 u. 2 LVwVfG) und die des Fortbestehens des Bescheids vom 02.09.2004, der wegen der Aufhebung des zweiten Leistungsbescheids (v. 30.01.2006) durch den Widerspruchsbescheid als alleinige Vollstreckungsgrundlage in Betracht kommt. Letztlich geht es um das feststellungsfähige Rechtsverhältnis, ob die Erstattungspflicht durch den Bescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist, was insbesondere dessen ordnungsgemäße Zustellung voraussetzt, und ob eine Erstattungspflicht aufgrund dieses Bescheids fortbesteht oder durch den zweiten Bescheid (v. 30.01.2006) aufgehoben wurde. Wegen der Aufhebung des Leistungsbescheides vom 30.01.2006 durch den Widerspruchsbescheid ist unter den Beteiligten klärungsbedürftig, ob die sich aus dem Bescheid vom 02.09.2004 ergebende Kostentragungspflicht der Klägerin (zu Recht) fortbesteht, weil die Beklagte daraus zu vollstrecken beabsichtigt.
18 
Der Antrag auf Feststellung, dass der Bescheid vom 02.09.2004 rechtmäßig ist, ist mit Rücksicht auf die Spezialität der Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) in einen Antrag auf Feststellung auszulegen (§ 88 VwGO), dass die im Bescheid vom 02.09.2004 festgesetzte Kostentragungspflicht für die Bestattungskosten ihres Vaters rechtswidrig ist.
19 
Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung dieser Rechtsverhältnisse. Ein berechtigtes Interesse ist insbesondere gegeben, wenn die Rechtslage unklar ist, die zuständige Behörde insoweit anderer Auffassung als der Kläger ist und der Kläger sein künftiges Verhalten an der Feststellung orientieren will, oder er Grund zur Besorgnis der Gefährdung seiner Rechte hat (Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 24 m.w.N.). Ein Interesse daran, festzustellen, ob der Erstbescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist und noch fortbesteht oder durch den (zweiten) Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde, besteht deshalb, weil die Beklagte, wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht hat, nach wie vor diesen Bescheid als wirksam zugestellt wertet und daraus gegen die Klägerin auch künftig zu vollstrecken beabsichtigt. In dieser Ansicht sieht sich die Beklagte durch Ziff. 1 des Tenors im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27.04.2006 bestätigt, mit dem der (zweite) (Leistungs-)Bescheid vom 30.01.2006 aufgehoben und die Rechtmäßigkeit des (ersten) Leistungsbescheids vom 02.09.2004 bestätigt wurde. Ein Interesse daran, zu klären, ob der Erstbescheid vom 02.09.2004 durch den (zweiten) Bescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde, besteht - trotz und wegen der Aufhebung des die Klägerin belastenden Teils des zweiten Leistungsbescheids durch den Widerspruchsbescheid - deshalb, weil die Klägerin mit dem Erlass eines neuen Leistungsbescheids rechnen müsste, wenn der erste Leistungsbescheid (v. 02.09.2004) nicht (mehr) mehr fortbestehen würde und deshalb keine wirksame Vollstreckungsgrundlage wäre. Wenn der zweite Bescheid vom 30.01.2006 den ersten Bescheid aufgehoben hätte, wäre dieser die Klägerin begünstigende Teil des zweiten Bescheids von der Widerspruchsbehörde nicht aufgehoben worden.
20 
Die Rechtsunsicherheit bezüglich der Vollstreckungsgrundlage rechtfertigt es auch, ein Feststellungsinteresse für den Antrag zu bejahen, festzustellen, ob die sich aus dem Bescheid vom 02.09.2004 ergebende Kostentragungspflicht der Klägerin rechtswidrig oder rechtmäßig war. Für die Vollstreckung ist zwar nur ein wirksamer Grundverwaltungsakt erforderlich, auf dessen Rechtmäßigkeit kommt es nicht an. Um weitere Rechtsstreitigkeiten in der Vollstreckung zu vermeiden, ist es aber sachdienlich, die unter den Beteiligten streitige Kostentragungspflicht aus dem Bescheid vom 02.09.2004 im Wege der Feststellungsklage zu klären. Es soll geklärt werden, ob ein neuer inhaltsgleicher Bescheid erlassen werden könnte, falls der Erstbescheid nicht mehr besteht.
21 
Dem Feststellungsantrag steht § 43 Abs. 2 VwGO nicht entgegen. Die Spezialität der Anfechtungsklage tritt nur hervor, wenn sich die Feststellungsklage unmittelbar gegen den Verwaltungsakt richtet. Insoweit sind nur Gesichtspunkte der Subsidiarität oder der Umgehung der Vorschriften der Anfechtungsklage von Bedeutung (Schoch/Schmitt-Aßmann/ Pietzner, a.a.O., § 43 Rdnr. 46 f.; vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 26, § 167 Rdnr. 19 m.w.N.). Wie bereits ausgeführt, richtet sich der Feststellungsantrag bei sachdienlicher Auslegung (§ 88 VwGO) nicht gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 02.09.2004. Der Erstbescheid vom 02.09.2004 hätte zwar nach Einlegung eines Widerspruchs angefochten werden können. Nach Ergehen des zweiten Bescheides vom 30.01.2006 war dies aber entbehrlich, und zwar ungeachtet einer eventuellen Aufhebung des Bescheids vom 02.09.2004 durch den zweiten Bescheid, weil in der Folgezeit unter den Beteiligten die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides vom 30.01.2006 streitig war, gegen den die Klägerin am 07.02.2006 Widerspruch einlegte, woraufhin dieser mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2006 aufgehoben wurde. Hierdurch und durch die weitere Feststellung im Widerspruchsbescheid, der Bescheid vom 02.09.2004 sei rechtmäßig und bestandskräftig, entstand erneut Streit darüber, ob der (erste) Bescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist und, falls ja, ob er durch Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde und ob ersterer eine geeignete Vollstreckungsgrundlage bietet oder aus Sicht der Beklagten gar der Erlass eines neuen Leistungsbescheids geboten ist bzw. dies aus Sicht der Klägerin zu befürchten ist. Eine Umgehung der Vorschriften der Anfechtungsklage ist darin nicht zu sehen.
22 
Die Feststellungsklage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2004 ist ordnungsgemäß zugestellt worden und wirksam geworden (1.). Er wurde durch Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben (2.). Die im Bescheid vom 02.09.2004 angeordnete Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig (3.).
23 
1. Wie bereits im Beschluss des erkennenden Gerichts über die Gewährung von Prozesskostenhilfe vom 21.11.2006 ausgeführt worden ist, wurde der Bescheid vom 02.09.2004 ordnungsgemäß dem ehemaligen Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt, womit er wirksam geworden ist (§ 43 Abs. 1 S. 1 LVwVfG). Nach § 8 Abs. 1 S. 1 LVwZG können Zustellungen an den allgemein oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Vertreter gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat (S. 2). Der Wortlaut von S. 2 dieser Vorschrift und ihr Schutzzweck sind auch in Fällen wie hier erfüllt, wenn der Bevollmächtigte die schriftliche Vollmacht zwar nicht bei der die streitige Zustellung veranlassenden Behörde vorgelegt hat, sondern bei einer anderen Behörde, und erstere aufgrund anderer Anhaltspunkte, insbesondere eines Hinweises des Bevollmächtigten Kenntnis von der schriftlichen Vollmacht hat. Der Schutzzweck des § 8 Abs. 1 S. 2 LVwVfG geht dahin, die Partei vor Zustellungen zu schützen, wenn sie einem Bevollmächtigten schriftliche Vollmacht erteilt hat und der Behörde dies durch Vorlage der schriftlichen Vollmacht bekannt ist. Dieser Schutzzweck ist auch dann erfüllt, wenn überhaupt eine schriftliche Vollmacht für das Verfahren vorliegt, in dem die Zustellung bewirkt werden soll, die schriftliche Vollmacht bei einer Behörde oder wie hier bei einem Notariat vorgelegt wird und die die Zustellung veranlassende Behörde aufgrund äußerer Umstände auf das Vorhandensein einer schriftlichen Vollmacht schließen konnte. Letzteres ist hier der Fall. Beim Notariat - VIII Mannheim - Nachlassgericht lag unter der Geschäftsnummer ... eine schriftliche Vollmacht der Klägerin vom 07.05.2004 für ... „in der Nachlassangelegenheit ...“ vor. Diese Vollmacht bezieht sich nach ihrem Sinn und Zweck auf alle Verfahren, die mit der „Nachlassangelegenheit“ des Vaters der Klägerin zusammenhängen, auch auf das Verfahren wegen der Heranziehung zu den Bestattungskosten. In der Vollmacht ist ausdrücklich ausgeführt, sie umfasse insbesondere die Befugnis, Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen. Waren hiernach Wortlaut und Schutzzweck des § 8 Abs. 1 S. 2 LVwVfG gewahrt, so musste die Zustellung an den damaligen Bevollmächtigten (...) erfolgen. Der Bescheid vom 02.09.2004 ist durch die nach Aktenlage ordnungsgemäß erfolgte Zustellung an ... wirksam geworden (§ 43 Abs. 1 S. 1 LVwVfG).
24 
2. Durch Bescheid vom 30.01.2006 wurde der Erstbescheid vom 02.09.2004 konkludent aufgehoben, auch wenn dies nicht ausdrücklich aus dem (zweiten) Leistungsbescheid vom 30.01.2006 hervorgeht. Die Aufhebung des ersten Bescheids hätte zwar durch einen Hinweis auf § 48 LVwVfG ausdrücklich zum Ausdruck gebracht werden können, was mit keinem Wort geschehen ist, weder im Bescheid noch in sonstiger Weise, etwa durch Aktenvermerke. Für die Auslegung von Willensäußerungen der Verwaltung, auch in Form von Verwaltungsakten, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gemäß der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB nicht der innere, sondern der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.06.1980 - 6 C 55/79 - unter Hinweis auf BVerwGE 29, 310 ff.; 41, 305 ff.). Unklarheiten müssen hierbei zu Lasten der Verwaltung gehen (vgl. BVerwGE 41, 305, 306; 48, 279, 281 f.). Für den Empfängerhorizont erkennbare Anhaltspunkte dafür, dass der als „Leistungsbescheid“ gekennzeichnete Bescheid vom 30.01.2006 die Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters eigenständig und damit neu regelt, ergeben sich aus den aktualisierten Daten im „Leistungsbescheid“ vom „30.01.2006“, der Zahlungsfrist bis „spätestens 28.02.2006“ sowie aus dem per Telefax an die Friedhöfe Mannheim übermittelten Schreiben des zweiten Bevollmächtigten der Klägerin vom 30.01.2006. Aus letzterem geht hervor, dass im Hinblick auf die Rechtsunsicherheit über den Bestand des Bescheids vom 02.09.2004 und der drohenden Vollstreckung am Tage des Erlasses des Leistungsbescheids vom 30.01.2006 Telefongespräche stattfanden und man dabei „übereinkam“, wie es im Schreiben vom 30.01.2006 heißt, „dass der Bescheid vom 02.09.2004, welcher Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens gegen unsere Mandantin ist, nicht wirksam an unsere Mandantin zugestellt wurde“. Um die Rechtsunsicherheit über die ordnungsgemäße Zustellung des Erstbescheids auszuräumen, erließ die Beklagte einen Leistungsbescheid unter dem Datum vom „30.01.2006“, mit dem inhaltsgleich mit dem Erstbescheid der Klägerin aufgegeben wurde, der Stadt Mannheim die Kosten der Bestattung ihres Vaters in Höhe von 2.110,53 EUR zu erstatten. In Abänderung zum Ausgangsbescheid wurde eine neue Zahlungsfrist festgesetzt, nämlich bis spätestens zum 28.02.2006. Die Begründung ist inhaltlich gleich wie im Erstbescheid. Vor dem Hintergrund der Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit (§ 43 Abs. 1 LVwVfG) des (ersten) Bescheids vom 02.09.2004 und mit Rücksicht auf die aktualisierten Daten des Erlasses und der Zahlungsfrist im Leistungsbescheid vom „30.01.2006“, ist der Leistungsbescheid vom 30.01.2006 von dem für die Auslegung maßgeblichen Empfängerhorizont aus nur dahin zu verstehen, dass damit eine neue Zahlungspflicht begründet und der Erstbescheid (v. 02.09.2004) konkludent aufgehoben wurde. Von der Möglichkeit, den Erstbescheid neu zuzustellen, hat die Beklagte abgesehen.
25 
3. Die im Gebührenbescheid vom 02.09.2004 festgesetzte Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig.
26 
Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs ist § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG. Danach haften die Bestattungspflichtigen in der in § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG genannten Reihenfolge ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles, die eine Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen als Härte erscheinen lassen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004 - 1 S 681/04 - m.w.N.). Für die Kostentragungspflicht kommt es nicht auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen an, da die öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Bestattung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch ist, die Beerdigungskosten zu tragen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O., m.w.N.).
27 
Nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg verstoßen die Regelungen über die Bestattungspflicht und daraus folgend über die Kostentragungspflicht auch insoweit nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, als die maßgeblichen Bestimmungen auch dann keine Ausnahme vorsehen, wenn die Durchführung der Bestattung bzw. die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O.,). Diese Auffassung teilt das erkennende Gericht im Grundsatz.
28 
Ein Leistungsbescheid auf der Grundlage der § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG muss sich aber in jedem Einzelfall wie jeder andere belastende Verwaltungsakt am verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfGE 19, 342ff.) messen lassen. Er kann im Einzelfall trotz gesetzlicher Ausgleichsansprüche, die im Einzelfall die persönlichen Verhältnisse zwischen dem Verstorbenen und dem Pflichtigen berücksichtigen, unverhältnismäßig und deshalb rechtswidrig sein. Demgegenüber kann nicht unter Hinweis auf § 15 BSHG a.F. bzw. § 74 SGB XII i.d.F. v. 27.12.2003, gültig ab 01.01.2005 (BGBl. I. S. 3022), eingewendet werden, ein Anspruch nach diesen Bestimmungen sei hinsichtlich der Kostentragungspflicht für Bestattungskosten eine einfach gesetzliche Ausformung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der für die Kostentragungspflicht nach § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG keinen Raum mehr für eine darüber hinausgehende Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulasse. In Fällen, in denen Ausgleichsansprüche nicht gegeben sind, insbesondere wenn der Betroffene völlig mittellos verstirbt, bestand nach § 15 BSHG die Möglichkeit, die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger des Bestattungsortes zu verlangen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Das selbe regelt § 74 SGB XII in der ab 01.01.2005 gültigen Fassung vom 27.12.2003. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des § 11 BSHG war. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt es sich hierbei um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch, dessen Bedarfsstruktur sich wesentlich von derjenigen sonstiger Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet. Der Anspruch aus § 15 BSHG sollte eine würdige Bestattung eines Toten gewährleisten. Die Verpflichtung kann auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren. Wie das Kriterium der „Zumutbarkeit“ zeigt, soll durch die Vorschrift nicht eine aktuelle sozialhilferechtliche Notlage des „Verpflichteten“ behoben werden, vielmehr wird an die „fürsorgerechtliche Verantwortung (der Sozialhilfe) für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger“ angeknüpft, deren Maß von der nach der Besonderheit des Einzelfalles zu beurteilenden Frage abhängt, ob und inwieweit die Kostentragung dem vorrangig hier zu Verpflichteten zuzumuten ist. Der Begriff der „Zumutbarkeit“ im Sinne von § 15 BSHG ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auslegungsbedürftig. Das dem Kostentragungspflichtigen aus der Sicht des § 15 BSHG zumutbare Gewicht der Kostenbelastung wird insbesondere von der Nähe und Beziehung zum Verstorbenen abhängen (BVerwG, Urt. v. 29.01.2004 - 5 C 2/03 - ; BVerwGE 116, 287 - 290). Im vorliegenden Fall bestehen unter Umständen Ausgleichsansprüche der Klägerin gegen ihren Bruder, weshalb ein Anspruch der Klägerin aus § 15 BSHG bzw. § 74 SGB XII mittlerweile von der Beklagten abgelehnt wurde. § 74 SGB XII gewährt aber nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten, sondern sieht von vornherein die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vor. Deshalb kann ein etwaiger Anspruchsinhaber nicht auf einen „vermutlich“ bestehenden, aber ungewissen Anspruch aus § 74 SGB XII verwiesen werden (OVG Saarland, Urt. v. 25.08.2003 - 2 R 18/03 - ). Ein auf § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG beruhender Leistungsbescheid kann deshalb im Einzelfall trotz der gesetzlichen Regelung von Ausgleichsansprüchen unverhältnismäßig sein (OVG Saarland, Urt. v. 25.08.2003 - 2 R 18/03 - ; vgl. VG Stade, Urt. v. 27.07.2006 - 1 A 539/05 - ; im Ergebnis ebenso OVG NW, Beschl. v. 02.02.1996 - 19 A 3802/95 -, NVwZ-RR 1997, 99 ff.; a.A. für Bayerisches Landesrecht VG Ansbach, Urt. v. 07.07.2005 - AN 4 K 05.02104 - ).
29 
Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss jede Einschränkung des Grundrechts in materieller Hinsicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren (BVerfGE 75, 108 <154 f.>; 80, 137 <153>; 90, 145 <172>). Voraussetzung hierfür ist, dass sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich sind und eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe ergibt, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (BVerfGE 68, 155 <171>; 71, 183 <196 f.>; 72, 26 <31>; 77, 308 <332>; 81, 156 <189>). Grundrechtseingriffe dürfen nicht weiter gehen als es ihr Grund, der Schutz des Gemeinwohls, erfordert (vgl. BVerfGE 20, 351 <361>; 52, 1 <29 f.>), und sie dürfen insbesondere auch nicht im Blick auf den Regelungszweck zu einer übermäßigen Belastung führen (BVerfGE 110, 1, 33 ff.).
30 
Gründe des Allgemeinwohls rechtfertigen es zwar grundsätzlich, die Bestattungs- und Kostentragungspflicht ohne Rücksicht auf die familiären Verhältnisse zu regeln, solange ein Bestattungspflichtiger für die Kostentragung erreichbar ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O.,). Die Bestattungspflicht dient in erster Linie der Gefahrenabwehr und lässt damit innerhalb der kurz bemessenen Frist des § 37 Abs. 1 BestattG keine längeren Untersuchungen der zuständigen Behörde über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen zu. Vielmehr müssen objektive Maßstäbe eingreifen, um eine zügige Bestattung zu gewährleisten. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung ihrer Reihenfolge sowie die daran anknüpfende Kostentragungspflicht beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen und nur der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers unterliegenden öffentlich-rechtlichen Rechtsgrund (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O., unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 19.08.1994, NVwZ-RR 1995, 283). Dieser rechtfertigt es grundsätzlich, die Kosten der Bestattung dem nach Landesrecht Pflichtigen aufzuerlegen und nicht andere, insbesondere die öffentliche Hand damit zu belasten. Der Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr gebietet aber nicht ausnahmslos, den zur Gefahrenabwehr Verpflichteten auch mit den entstandenen Kosten zu belasten, wenn die Kostentragung für ihn unzumutbar ist.
31 
Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles kann das Interesse des Bestattungspflichtigen, von der Heranziehung zu den Bestattungskosten verschont zu bleiben, so gewichtig sein, dass es das öffentliche Interesse an der ausnahmslosen Bestattungs- und Kostentragungspflicht überwiegt. Dies ist dann der Fall, wenn der Bestattungspflichtige durch die Heranziehung zu den Bestattungskosten unzumutbar belastet wird. Unzumutbar ist eine durch Leistungsbescheid festgesetzte Kostentragungspflicht für das Opfer eines vom Bestatteten begangenen Sexualdelikts dann, wenn das Opfer durch die Kostentragungspflicht in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG unangemessen belastet wird oder die auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhende konkrete Gefahr besteht, dass das Opfer eines Sexualdelikts durch den Erlass eines Leistungsbescheids in einem Fall wie hier in seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 1 S. 1 GG) verletzt wird. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles.
32 
Solche besonderen Umstände sind hier gegeben. Der Leistungsbescheid vom 02.09.2004 stellt aufgrund der Besonderheiten des Falles eine unverhältnismäßige Belastung der Klägerin in ihrer Rechtsstellung aus Art. 2 Abs. 1 S. 1 GG dar, die durch das mit der gesetzlichen Regelung der Kostentragungspflicht verbundene Ziel der §§ 37 Abs. 1, 31, 21 BestattG nicht mehr gerechtfertigt ist. Die Klägerin war im Alter von vier Jahren Opfer eines von ihrem verstorbenen Vater begangenen Sexualdelikts. Sie hatte seit der Tat keinerlei Kontakt mehr zu ihrem Vater und es gibt keinerlei Anzeichen für eine Aussöhnung zwischen Opfer und Täter oder eine wie auch immer geartete, gegebenenfalls nur auf Seiten des Opfers feststellbare, Befriedung der Folgen der Straftat und der familiären Verhältnisse. Die Unverhältnismäßigkeit lässt sich nicht deshalb verneinen, weil bereits geraume Zeit seit Begehung der Straftat vergangen ist, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine Aussöhnung oder Befriedung vorliegen und plausible Gründe dafür geltend gemacht werden, dass das Opfer durch den Erlass des Leistungsbescheids unverhältnismäßig schwer belastet wird, weil es zu den Kosten der Bestattung für den Täter herangezogen wird. Die Klägerin war im Alter von vier Jahren nicht nur Opfer eines von ihrem Vater begangenen Sexualdelikts, sie trafen auch die weiteren Folgen daraus, sie verlor hierdurch ihre Familie. Die Ehe ihrer Eltern wurde in der Folgezeit geschieden und sie wurde von ihrer allein erziehungsberechtigten Mutter in ein Kinderheim gegeben, in dem sie bis zu ihrer Volljährigkeit lebte. Mit ihrem Vater hatte sie nach dessen Verurteilung keinerlei Kontakt mehr, mit ihrer Mutter ihrem glaubhaften Vorbringen zufolge „nur sporadisch“. Eine Aussöhnung zwischen Opfer und Täter gab es nicht, auch keine dahingehenden Versuche eines der Beteiligten. Die Klägerin ließ durch ihren Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vortragen, jegliche Berührung mit dem begangenen Sexualdelikt, auch die Klärung ihrer Pflicht zur Kostentragung durch das Gericht, belaste sie schwer; dies ist nachvollziehbar und bedarf keiner weiteren Beweiserhebung. Als nachteilige Folgen des Sexualdelikts betrachtet sie auch ihre unzureichenden Ausbildungschancen und ihre derzeitige Arbeitslosigkeit. Die geltend gemachte Belastung hinderte sie den Angaben ihres Vertreters zufolge auch daran, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Aufgrund dieser Besonderheiten ist der auf die §§ 31, 21 BestattG gestützte Leistungsbescheid vom 02.09.2004 unverhältnismäßig und rechtswidrig. Die daraus abgeleitete Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig. Dem diesbezüglichen Feststellungsantrag war stattzugeben.
33 
Es bedarf deshalb keiner Entscheidung darüber, ob der Gebührenbescheid gegen Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verstößt oder deshalb unverhältnismäßig ist, weil er wegen der Missachtung des zerrütteten Verhältnisses zwischen dem Bestatteten und dem an sich Kostentragungspflichtigen Ausdruck einer Behandlung ist, die die Subjektqualität des Kostentragungspflichtigen prinzipiell in Frage stellt, oder weil in der Behandlung im konkreten Fall eine willkürliche Missachtung der Würde des Menschen liegt (BVerfG, Urt. v. 15.02.2006 - 1 BvR 357/05 -, NJW 2006, 751 ff. m.w.N.; BVerfGE 30, 1 <26>).
34 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
35 
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 i.V.m. § 124a Abs. 1 VwGO gegeben ist.
36 
Beschluss
37 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf EUR 2.110,53 festgesetzt.
38 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.