Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 17. Juli 2012 - 1 MB 23/12

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2012:0717.1MB23.12.0A
17.07.2012

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsgegnerin und des Beigeladenen wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 27. April 2012 geändert. Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 08. März 2012 und vom 23. März 2012 wird abgelehnt.

Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Streitwert beträgt 22.500,00 Euro.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks … in …, das z. T. an eine Privatschule vermietet ist. Der Beigeladene ist Miteigentümer des Nachbargrundstücks …, das im rückwärtigen Bereich mit vier - grenzständig errichteten - Werkhallen bebaut ist. Die Grundstücke liegen in einem nicht überplanten Bereich.

2

Auf den Antrag des Beigeladenen erteilte die Antragsgegnerin am 08.03.2012 eine Baugenehmigung für einen Tischlereibetrieb in den Hallen („Gebäudeteile B und C“). Nach der Betriebsbeschreibung sollen dort Klein- und Einbaumöbel gefertigt werden. Einer - als „Anlage“ der Baugenehmigung beigefügten - Schalltechnischen Untersuchung vom 21.02.2012 zufolge sind - bei Zugrundelegung der Vorgaben der TA Lärm für Mischgebiete - Immissionsrichtwertüberschreitungen durch den beabsichtigten Tischlereibetrieb nicht zu erwarten. Darin (S. 9 der Untersuchung) und in Ziff. 28 der Baugenehmigung wird gefordert, dass in den Hallen 1 und 2 „beim Betrieb aller oder einzelner stationärer Holzbearbeitungsmaschinen die Fenster, Tore/Türen geschlossen zu halten“ sind.

3

Die Antragstellerin hat gegen die Baugenehmigung Widerspruch eingelegt und zugleich bauaufsichtliches Einschreiten gegen den Tischlereibetrieb beantragt. Nach Zurückweisung des Widerspruchs durch Widerspruchsbescheid vom 23.03.2012 hat sie Klage erhoben (VG 8 A 64/12).

4

Dem Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24.04.2012 stattgegeben und zugleich die beantragte einstweilige Anordnung auf bauaufsichtliches Einschreien abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, in dem einem Mischgebiet entsprechenden Bereich seien „wesentlich“ störende Betriebe nicht zulässig; von einem solchen Betrieb sei hier - typisierend - auszugehen. Nach einem Brand 1989 sei ein früherer Bestandsschutz erloschen.

5

Dagegen haben sowohl die Antragsgegnerin als auch der Beigeladene Beschwerde eingelegt.

6

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, das als „Mischgebiet“ einzuordnende Baugebiet sei durch einen deutlichen Gewerbeanteil geprägt. Die Tischlerei füge sich hier ein, zumal immissionsintensive Arbeitsschritte ohne Zugang nach außen erfolgten und Schallschutzvorkehrungen ein äußerst geringes Emissionsniveau sicherstellten. Der Tischlereibetrieb könne bei geschlossenen Fenstern und Türen betrieben werden. Der Anlieferverkehr unterscheide sich nicht von der sonst prägenden gewerblichen Nutzung.

7

Die Antragstellerin hat Anschlussbeschwerde erhoben und beantragt, die Nutzung der Hofgebäude als Tischlerei zu untersagen. Sie ist der Ansicht, die Nutzungsänderung der rückwärtigen Hallen werfe die Frage der Abstandsflächenwahrung neu auf; wegen des massiven Abstandsflächenverstoßes sei das Ermessen zum bauaufsichtlichen Einschreiten auf Null reduziert.

II.

8

Die zulässigen Beschwerden der der Antragsgegnerin und des Beigeladenen sind begründet (unten 1. - 6.). Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin ist unbegründet (unten 7.).

9

a) 1. Die Antragstellerin kann die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 08.03.2012 und vom 23.03.2012 nicht beanspruchen. Die genehmigte Nutzung der Werkhallen des Beigeladenen auf dem Nachbargrundstück … wäre als baurechtswidrig zu verwerfen, wenn sie - eindeutig - dem planungsrechtlichen Charakter des Baugebiets im Bereich zwischen der …, dem … und der Bahnstrecke widerspräche. Das ist im vorliegenden - summarischen - Verfahren nicht festzustellen.a) 2. Bei Zugrundelegung der tatsächlichen Angaben zur Nutzung der Grundstücke in dem o. g. „Quartier“ begegnet es Zweifeln, ob die - bisher - angenommene Einordnung als „Mischgebiet“ richtig ist.

10

b) Von den 14 Grundstücken in diesem Baugebiet sind (nur) 3 Grundstücke rein wohngenutzt, dagegen sind 4 rein gewerblich genutzte und 7 gemischt gewerblich/wohngenutzte Grundstücke vorhanden. Bezogen auf die im beschriebenen Bereich anzutreffenden Nutzungseinheiten dominieren nach der von der Antragsgegnerin übermittelten „Liste“ 36 gewerbliche Nutzungen gegenüber 15 Wohnnutzungen. Diese Zahlenangaben sprechen gegen ein „gleichberechtigtes Nebeneinander“ von Wohnen und Gewerbe, wie es für Mischgebiete kennzeichnend ist (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 2008, § 6 Rn. 1). Ein anderes Bild kann sich - möglicherweise - ergeben, wenn die Nutzeinheiten nicht nur ihrer Anzahl, sondern auch ihrer (Nutz-)Fläche nach erfasst werden; weiter kann die entlang der …in den Obergeschossen dominierende Wohnbebauung eine Bewertung rechtfertigen, die - noch - eine Mischgebietszuordnung gestattet, der auch der „Blockinnenbereich“ zuzuordnen ist.

11

Bliebe es auch nach einer dergestalt differenzierten Erfassung bei dem Befund, dass das Baugebiet ein Konglomerat unterschiedlicher Nutzungen aufweist, wäre - planungsrechtlich - von einer Gemengelage auszugehen. In einer solchen städtebaulichen Situation könnte die Antragstellerin sich nicht mit Erfolg auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen, denn ein solcher Anspruch setzt voraus, dass das „Gebiet“ eindeutig einem der Baugebietstypen der BauNVO zugeordnet werden kann. In einer Gemengelage beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens allein nach § 34 Abs. 1 BauGB und dem dieser Bestimmung innewohnenden Gebot der Rücksichtnahme (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.02.2007, 4 B 55.07, NVwZ 2008, 427; vgl. Beschluss des Senats vom 22.07.2009, 1 MB 14/09, zu II.3 der Gründe).

12

c) Eine Rücksichtslosigkeit der dem Beigeladenen genehmigten Nutzung ist nicht festzustellen. Anhaltspunkte für unzumutbare Staub- oder Geruchsimmissionen bestehen nicht. Soweit es um Lärmwirkungen des Tischlereibetriebes geht, wären die Richtwerte der TA Lärm für Mischgebiete maßgebend. Nach der Schalltechnischen Untersuchung (STU) vom 21.02.2012 ist nicht damit zu rechnen, dass die nach Ziff. 6.1 c TA Lärm tagsüber einzuhaltenden Immissionsrichtwerte (60 dB(A)) überschritten werden; das Gleiche gilt für die zulässigen kurzzeitigen Geräuschspitzen. Die Prognosewerte der STU liegen weit unterhalb der Richtwerte der TA Lärm für Mischgebiete (Unterschreitung von 9 - 15 dB(A), S. 8 STU); sie unterschreiten z. T. die Richtwerte für Reine Wohngebiete (tags 50 dB(A)) und durchweg diejenigen für Allgemeine Wohngebiete (tags 55 dB(A)). Entsprechendes gilt für die - eine Vorbelastung berücksichtigende - Relevanzgrenze von 54 dB(A) (Ziff. 3.2.1 [Satz 3] TA Lärm), die um mindestens 3 db(A) unterschritten wird. Eine unzumutbare - und damit rücksichtslose - Lärmbelastung geht damit von der genehmigten Nutzung nicht aus.

13

1. Die Antragstellerin könnte die dem Beigeladenen genehmigte Nutzung auch dann nicht - zweifelsfrei - abwehren, wenn das o. g. „Quartier“ (der bisherigen Annahme der Beteiligten folgend) planungsrechtlich als ein Mischgebiet i. S. d. § 6 BauNVO einzustufen wäre.

14

Das Verwaltungsgericht ist - im Ausgangspunkt - zutreffend davon ausgegangen, dass „bei typisierender Betrachtungsweise“ in einem Mischgebiet Betriebe, die das Wohnen wesentlich stören, unzulässig sind (S. 5 des erstinstanzl. Beschl.-Abdr.). Für das „branchenübliche“ Erscheinungsbild von Tischlereien, die „mit Kreissägen, Nagelpistolen oder Gabelstaplern ausgestattet“ sind, ist dies angenommen worden (VGH München, Urt. v. 08.05.2000, 1 B 97.2860, Juris [Tn. 18]; s. a. OVG Saarlouis, Urt. v. 30.11.1999, 2 R 2/99, [bei Juris Tn. 48], OVG Münster, Urt. v. 27.11.1967, X A 1153/67, BRS 18 Nr. 13 sowie Urt. v. 21.03.1995, 11 A 1089/91, NVwZ 1996, 921 [bei Juris Tn. 16 ff.]).

15

Eine typisierende Betrachtungsweise ist grundsätzlich sachgerecht, um bei der Beurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens eine klarere Unterscheidung der (ihrer „Art“ nach) unzulässigen Vorhaben von den zulässigen Vorhaben zu ermöglichen. Die Grenze der zulässigen und typisierenden Betrachtungsweise wird erreicht, wenn „das in Rede stehende Vorhaben von dem typischen Erscheinungsbild der Betriebsart abweicht und nicht zu erwarten ist, dass der Charakter des Betriebes sich künftig in Richtung auf den typischen, in der Umgebung grundsätzlich wesensfremden Betrieb hin verändern wird“ (OVG Münster, Urt. v. 21.03.1995, a.a.O., bei Juris Tn. 18). Tischlereien, die nach ihrer baulichen Konzeption von vornherein geringe oder nur Immissionen in einem Maße verursachen, das in einem Mischgebiet - allgemein - zumutbar und (verlässlich) zulässig ist, können das Wohnen nicht (mehr) wesentlich stören. Solche Betriebe können sogar in Wohngebieten (§ 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO; vgl. BVerwG, Urt. v. 07.05.1971, IV C 76,68, NJW 1971, 1626 [Ls. 4]); und - bei verlässlicher Einhaltung der der gleichrangigen Wohnnutzung zumutbaren Belastungswerte - auch in einem Mischgebiet zulässig sein (vgl. VGH München, Beschl. v. 11.10.2007, 1 CS 07.1658, Juris [Tn. 19]).

16

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe spricht Vieles für eine Gebietsverträglichkeit der dem Beigeladenen genehmigten Nutzung: Die Tischlerei weist - zwar - einen „branchentypischen“ Maschinenpark auf (s. den „Maschinenaufstellplan“ [Bl. 24 d. Beiakte B]). Nach ihrer räumlichen Unterbringung (in vorhandenen Werkhallen), ihrer Produktpalette (Klein- und Einbaumöbel) und nach den - durch ein sachverständiges Büro prognostizierten - Lärmwirkungen kann sie jedoch nicht als ein für die hier betroffene Umgebung „grundsätzlich wesensfremder“ Betrieb eingestuft werden. Das „Quartier“ zwischen …, … und Bahnstrecke weist Nutzungen auf, deren Störpotenzial nicht von vornherein geringer anzusetzen ist, als das einer „Indoor“ betriebenen Tischlerei (z. B. Autowerkstätten, Maschinenbaubetrieb, Lagerplatz, Kabelmontagen, Zelt- u. Planenherstellung u.a.).

17

2. Eine abschließende Klärung der Frage, ob die (Möbel-)Tischlerei des Beigeladenen planungsrechtlich zulässig ist, ist im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht möglich. In einer solchen Situation sind im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO die Interessen der Antragstellerin - einerseits - an einer das Maß des (ihr) Zumutbaren wahrenden Immissionsbelastung und - andererseits - des Beigeladenen an der Fortsetzung der genehmigten Nutzung gegeneinander abzuwägen.

18

Diese Abwägung geht zu Gunsten des Beigeladenen aus. Das folgt - entscheidend - aus dem Ergebnis der in der Schalltechnischen Untersuchung (STU) vom 21.02.2012 (S. 8/9) begründeten Immissionsprognose. Danach ist bei Zugrundelegung des genehmigten Betriebs der Tischlerei - mit geschlossenen Fenstern, Toren und Türen beim „Betrieb aller oder einzelner stationärer Holzbearbeitungsmaschinen“ (Ziff. 28 der Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung) - nicht damit zu rechnen, dass die die nach Ziff. 6.1 c TA Lärm in einem Mischgebiet einzuhaltenden Immissionsrichtwerte (60 dB(A) tags, 45 dB(A) nachts) überschritten werden (s. o. 2 b). Die prognostizierten Lärmwirkungen der genehmigten Nutzung liegen so weit auf der „sicheren“ Seite des Zumutbaren, dass der Antragstellerin deren Hinnahme bis zu einer abschließenden Klärung im Hauptsacheverfahren zugemutet werden kann.

19

Dafür spricht - zusätzlich -, dass die Einhaltung der prognostizierten Lärmwirkungen nicht allein durch die in Ziff. 28 der angefochtenen Genehmigung enthaltene Nebenbestimmung (geschlossene Fenster etc. bei Maschinenbetrieb), sondern auch dadurch sichergestellt ist, dass die „Betriebsbeschreibung“ (Bl. 7- 8R der Beiakte B) Bestandteil der Baugenehmigung ist und nach den Ziff. 4, 27 und 29 der Nebenbestimmungen Schallmessungen verlangt werden können einschließlich der Forderung, die „Werkstatt schallschutztechnisch nachzurüsten“ (vgl. dazu § 24 BImSchG, Ziff. 5.2 TA Lärm). Eine Veränderung der Produktpalette oder der Betriebsweise würde den Rahmen der genehmigten Nutzung verlassen. Da die Anforderung, Tore/Türen und Fenster beim Betrieb der Maschinen zu schließen, Bestandteil der Baugenehmigung ist, ist - mit anderen Worten - ein anderer Betrieb nicht genehmigt. Die Antragsgegnerin könnte bei Maschinenbetrieb und geöffneten Toren/Türen bzw. Fenstern gegen den insoweit nicht genehmigten Betrieb einschreiten und müsste dies ggf. auf Antrag betroffener Dritter (vgl. OVG Weimar, Urt. v. 06.07.2011, 1 KO 1461/10, Juris [Tn. 45]).

20

Unabhängig von der Möglichkeit (und ggf. Pflicht) der Antragsgegnerin zur Überwachung und zum Einschreiten wird die Verlässlichkeit der Lärmprognose auch durch die bauliche Situation gestützt: Nach der angefochtenen Baugenehmigung vom 08.03.2012 liegen die maßgeblichen Geräuschquellen (Plattensäge, Fräse, Schleifmaschine, Kreissäge, CNC-Anlage, Hobel-, Abrichtmaschine, Bandschleifer) innerhalb der Werkhallen. Die Schallausbreitung wird nicht nur durch die (verhaltensabhängige) Anforderung, „Fenster, Tore und Türen ... geschlossen zu halten“, gemindert, sondern auch durch die Dämmung der Hallendecke und die durchgängig geschlossene grenzständige Hallenwand in „Richtung“ des Grundstücks der Antragstellerin. Dadurch werden auch Lärmwirkungen infolge von An- und Abtransporten auf der befestigten Hoffläche abgeschirmt. Im Hinblick auf diese Anordnungen und Gegebenheiten erscheint die Einhaltung der prognostizierten Lärmwerte „machbar“ und „sicher“ (vgl. dazu OVG Saarlouis, Urt. v. 04.06.1991, 2 R 364/88, Juris).

21

Die Einwände der Antragstellerin gegen die in der Schalltechnischen Untersuchung (STU) vom 21.02.2012 erfolgte Immissionsprognose führen - im vorliegenden Verfahren - zu keiner abweichenden Beurteilung.

22

Die STU hat die Zumutbarkeit des von dem gewerblichen Vorhaben ausgehenden Lärms zutreffend nach der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm -) vom 26.081998 (GMBl. S. 503ff) beurteilt. Ansatzpunkte für eine fehlerhafte Prognose bestehen nicht. Soweit die Antragstellerin meint, einzelne Lärmquellen (Be-/Entladung von Fahrzeugen, Plattenanlieferung, Fahrgeschwindigkeiten auf dem Hofplatz, Parkplatzsuche der Mitarbeiter, Zahl der Fahrbewegungen, Einwurfgeräusch in Container) seien unzureichend berücksichtigt worden (Schriftsatz vom 11.04.2012, S. 3 ff.), kann dem im Hinblick auf die zugrundegelegte Betriebsbeschreibung (s. S. 5 STU) und die erfassten Emissionen (Anlagen 2.1-2.3, 3 [Parkplatz], 4 [Umschlag]) nicht gefolgt werden; abgesehen davon wäre angesichts der - in der Summe - prognostizierten Richtwertunterschreitung von 9 - 15 dB(A) (S. 8 STU) selbst bei höheren Prognoseansätzen für die von der Antragstellerin angesprochenen Einzellärmquellen immer noch keine Richtwertüberschreitung zu erwarten. Soweit die Prognosewerte als „unrealistisch“ angesehen werden, weil nicht damit zu rechnen sei, dass vor Einschalten der Maschinen Tore oder Fenster geschlossen würden und im Sommer „durchgehend gelüftet“ werde, wird damit kein der Genehmigung zuzuordnendes Problem angesprochen, sondern ein solches der (späteren) Anlagenüberwachung. Die Annahme der Antragstellerin, die Schutzbedürftigkeit von Büroräumen sei in Bezug auf Lärm wie diejenige von Wohnräumen einzustufen, übersieht, dass die TA Lärm nicht nach Räumen differenziert, sondern nur nach Baugebieten. Für Büroräume gilt i. ü. nur das Lärmschutzniveau der VDI-Richtlinie 2058 („Beurteilung von Lärm am Arbeitsplatz unter Berücksichtigung unterschiedlicher Tätigkeiten“) bzw. der Arbeitsstättenverordnung vom 12. August 2004 i.d.F. vom 06. März 2007 (BGBl. I S. 261).

23

Ein die Richtwerte der TA Lärm unterschreitendes Lärmschutzniveau kann die Antragstellerin nicht beanspruchen. Die Richtwerte der TA Lärm enthalten Zumutbarkeitsgrenzen für Lärmbelästigungen, die auch im Rahmen von Baugenehmigungen gelten. Diese Werte sind sachgerecht und ausreichend, um Nachbarn in ihrem Ruhebedürfnis zu schützen. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Bauaufsichtsbehörde von einem Bauherrn nur deren Einhaltung und kein „Mehr“ an Lärmschutz verlangt.

24

4. Die von der Antragstellerin (erstinstanzlich) im Hinblick auf die grenzständige Westwand der Hallen erhobene Rüge einer Abstandsflächenverletzung übergeht den Umstand, dass ihr Grundstück in vergleichbarer Weise grenzständig bebaut worden ist. Daraus folgt, dass insoweit kein nachbarliches Abwehrrecht (mehr) besteht (Beschl. des Senats vom 04.05.2010, 1 MB 5/10, NordÖR 2011, 33).

25

Die (im erstinstanzlichen Beschluss [S. 7 - 8 d. Abdr.]) behandelte Frage, ob die Tischlerei unabhängig von der angefochtenen Genehmigung aus früherer Zeit Bestandsschutz hat, bedarf im Hinblick auf die bisherigen Ausführungen keiner weiteren Prüfung.

26

5. Ein Anspruch der Antragstellerin auf bauaufsichtliches Einschreiten der Antragsgegnerin gegen die Nutzung der Hofgebäude des Beigeladenen als Tischlerei besteht nicht.

27

Dies wäre auch dann nicht anders, wenn die Antragstellerin der Tischlerei einen Gebietserhaltungsanspruch entgegensetzen könnte. Ein solcher Anspruch ist mangels Anordnungsgrundes nicht im Wege einer einstweiligen Anordnung durchsetzbar. Zweck des Gebietserhaltungsanspruchs ist es, die Verhinderung einer „schleichenden Umwandlung“ eines Baugebiets auch unabhängig von konkreten Beeinträchtigungen zu ermöglichen (BVerwG, Beschl. v. 18.12.2007 - 4 B 55/07 - NVwZ 2008, 427). Dieser Zweck wird durch eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren ausreichend erfüllt. Eine nur vorübergehende, durch eine verwaltungsgerichtliche Klage angegriffene Verletzung der Gebietsart kann kein Vorbild für weitere Gebietsverletzungen sein und ist nicht geeignet, eine Umwandlung des Baugebiets zu bewirken (Beschl. des Senats v. 26.08.2011, 1 MB 11/11, S. 6 d. Abdr.). Über Ansprüche infolge einer (evtl.) Missachtung der Baugenehmigung (Ziff. 28) ist hier nicht zu entscheiden.

28

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.

29

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig.

30

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 2. Kammer – vom 20. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert beträgt 15.000,-- Euro.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für ein Parkhaus.

2

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Grundstücks … in … (Flurstück …). Sie betreibt dort eine Bildhauerwerkstatt, die sie an die M… Kunsthochschule A-Stadt vermietet hat, außerdem befindet sich im gleichen Gebäude ihre Wohnung. Vor der Nutzungsänderung im Jahre 1989 befand sich auf dem Grundstück eine Maschinenfabrik mit Werkswohnung.

3

In der näheren Umgebung zum Grundstück der Antragstellerin – entlang der Straßen … und … - befinden sich Wohngebäude. Südlich angrenzend liegt ein bis in die 1980er Jahre genutzte Fabrikhalle („…“; Flurstück …), die zwischenzeitlich als Theaterfundus und nunmehr als Parkhalle genutzt wurde bzw. wird, nördlich grenzt der Autohandel … an (Flurstück …). Auf der anderen Seite der Straße … liegt das Einkaufszentrum „…“. Westlich an das Grundstück der Antragstellerin und südlich an den „…“ angrenzend befinden sich das Baugrundstück der Beigeladenen (Flurstücke …, … und …) und hinter diesem Bahnschienen mit einer Haltestelle. Auf dem Baugrundstück, das etwa einen Meter niedriger liegt als das Grundstück der Antragstellerin, befanden sich bis zum Abriss im Sommer 2007 eine Autolackiererei sowie eine Kfz-Werkstatt mit Karosseriehalle, jeweils mit Werkswohnungen.

4

Das Baugrundstück und das Grundstück der Antragstellerin sind unbeplant. Der angrenzende „…“ ist ein durch Bebauungsplan ausgewiesenes Sondergebiet.

5

Auf den Antrag der Beigeladenen genehmigte die Antragsgegnerin am 13. Februar 2009 den Bau eines Parkhauses auf dem Baugrundstück. Das Bauvorhaben umfasst eine unterirdische und vier überirdische Ebenen, von denen die oberste nicht überdacht sein wird. Insgesamt wird das Parkhaus 1.200 Stellplätze umfassen, 134 m lang und (einschließlich Brüstung rund um die oberste Ebene) 11,61 m hoch sein. Zum Grundstück der Antragstellerin wird das Gebäude vollständig durch eine Lärmschutzfassade geschlossen sein, die an das Parkhaus baulich angeschlossen sein und eine Höhe von 9,11 m aufweisen wird.

6

Die Abstände des Bauvorhabens zur Grundstücksgrenze der Antragstellerin betragen von der Lärmschutzfassade aus 4,80 m, von der östlichen Begrenzung der Parkebenen aus 7,18 m.

7

Die Antragstellerin hat gegen die Baugenehmigung am 11. März 2009 Widerspruch eingelegt; am 13. März 2009 hat sie einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt.

8

Mit Beschluss vom 20. Mai 2009 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt, da nach summarischer Prüfung keine subjektiven Rechte der Antragstellerin verletzt würden. Verfahrensfehler seien nicht drittschützend und das Bauvorhaben stelle sich nicht als rücksichtslos dar. Das Baugebiet sei als Gewerbegebiet einzustufen.

9

Zur Begründung ihrer hiergegen am 24. Juni 2009 eingelegten Beschwerde vertritt die Antragstellerin die Ansicht, ihre subjektiven Rechte seien verletzt, da kein Bauleitplanverfahren durchgeführt, sondern die Genehmigung nach § 34 BauGB erteilt worden sei. Die Umgebung sei nicht als Gewerbe-, sondern als Allgemeines Wohn-, allenfalls als Mischgebiet einzustufen. Dieser Gebietscharakter müsse erhalten bleiben. Zur Beurteilung der Umgebung hätte der „…“ nicht herangezogen werden dürfen, da er in einem Sondergebiet liege, andererseits hätte die dichte Wohnbebauung entlang der Straße … berücksichtigt werden müssen. Das Bauvorhaben füge sich nicht in das Gebiet ein, sei aufgrund der geringen Abstandsflächen rücksichtslos und ziehe unerträgliche Nachteile in Bezug auf Lärm-, Abgas- und Lichtimmissionen sowie eine erhöhte Verkehrsbelastung nach sich.

10

Die Antragstellerin beantragt,

11

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 20. Mai 2009 die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 11. März 2009 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2009 zur Genehmigung eines Parkhauses anzuordnen.

12

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,

13

die Beschwerde zurückzuweisen.

14

Sie schließen sich dabei im Wesentlichen den Gründen des erstinstanzlichen Beschlusses an.

II.

15

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Sie könnte nur dann Erfolg haben, wenn sich die Baugenehmigung nach summarischer Prüfung als rechtswidrig darstellte und ein subjektives Recht der Antragstellerin hierdurch verletzt würde. Dies ist hier nicht der Fall.

1.

16

Es kann hier dahinstehen, ob ein Bauleitplanverfahren hätte durchgeführt werden müssen, da es jedenfalls kein subjektives Recht eines Nachbarn auf dessen Durchführung gibt (BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 1992 – 4 B 202/92).

2.

17

Die von der Antragsgegnerin eingeholten Immissions-Gutachten, gegen deren Richtigkeit keine Bedenken bestehen, kommen allesamt zu dem Ergebnis, dass das Grundstück der Antragstellerin nicht unzumutbar in Mitleidenschaft gezogen wird. Die von dem Bauvorhaben der Beigeladenen ausgehenden Immissionen in Bezug auf Licht, Lärm und Abgase werden durch die geschlossene Lärmschutzfassade im Osten - zum Grundstück der Antragstellerin - auf ganzer Länge vermieden (Licht) oder auf ein erträgliches Maß reduziert. Nach der schalltechnischen Untersuchung der Fa. LAIRM-Constult vom 22.09.2008 liegen die Lärmwerte in einem Bereich, der auch die (hohen) Anforderungen der TA Lärm für ein Allgemeines Wohngebiet (tagsüber 55 dB(A), nachts 40 dB(A)) unterschreitet.

18

Anzumerken bleibt, dass das geplante Gebäude die Lärmimmissionen der Bahn abschirmen wird. Soweit Mitarbeiter des „…“ bisher die benachbarte Parkhalle (ehemalige Farbenfabrik „…“) nutzen, wird sich auch insoweit eine Entlastung ergeben, weil diese künftig auf der abgeschlossenen obersten Ebene des Parkhauses parken können.

3.

19

Die Antragstellerin hat keinen Gebietserhaltungsanspruch.

20

Das Grundstück der Antragstellerin liegt ebenso wie das Baugrundstück der Beigeladenen im unbeplanten Innenbereich. In einem solchen Bereich kann in gleicher Weise die Erhaltung der Gebietsart beansprucht werden wie in planerisch festgesetzten Baugebieten, wenn die Eigenart der näheren Umgebung des Grundstücks einem der Baugebiete der BauNVO entspricht. Dies ergibt sich aus der Gleichstellung geplanter und faktischer Baugebiete im Sinne der BauNVO durch § 34 Abs. 2 BauGB (BVerwG Urteil vom 16.09.1993, 4 C 28/91, DVBl. 1994, 285; Beschluss des Senats vom 02.04.2009, 1 MB 5/09). Der Gebietserhaltungsanspruch würde durch die Zulassung eines gebietsuntypischen Vorhabens verletzt.

21

Ein Gebietserhaltungsanspruch der Antragstellerin scheitert vorliegend daran, dass der hier maßgebliche Bereich keiner bestimmten Gebietsart i. S. d. Baunutzungsverordnung zuzuordnen ist. In der im Rahmen des § 34 Abs. 1 und 2 BauGB relevanten näheren Umgebung treffen unterschiedliche Nutzungen zusammen, ohne dass eine Nutzungsart eindeutig überwiegt. Das Grundstück der Antragstellerin liegt – mithin – in einer Gemengelage. In einem solchen Gebiet kommt von vornherein kein Anspruch auf Erhaltung eines Gebietscharakters in Betracht (so auch: VGH Kassel, Beschl. v. 15.10.2004, 3 TG 2938/04, BRS 67 Nr. 81).

22

Die räumliche Bestimmung der näheren Umgebung i. S. d. § 34 BauGB hat sich an dem Bereich zu orientieren, auf den sich die geplante Bebauung auswirken kann und der zugleich den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstückes prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369 ff.). Danach ist vorliegend der maßgebende Rahmen im Norden das Gelände des „…“, im Osten die Straße …, im Süden das aufgegebene, jetzt zu Parkzwecken genutzte Fabrikgelände („…“) und im Westen die Bahnlinie.

23

Der Ansicht der Antragstellerin, der „…“ bzw. die dort entstandenen Gebäude seien – da im Bereich eines Bebauungsplans gelegen – bei der Bestimmung der näheren Umgebung i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB nicht zu berücksichtigen, ist nicht zu folgen. In die nähere Umgebung sind grds. die vorhandenen Baulichkeiten einzubeziehen, auch solche, die im Bereich beplanter Gebiete liegen (BVerwG, Urt. v. 31.10.1975, 4 C 16.73, BauR 1976, 185).

24

Ausgehend von diesem Rahmen kann das Baugrundstück wie auch das Grundstück der Antragstellerin nicht einem „Allgemeinen Wohngebiet“ zugeordnet werden. Wohnnutzungen finden sich nur entlang der Straße …. Diese prägen den bodenrechtlichen Charakter des – zuvor gewerblich genutzten – Baugrundstücks an der Bahntrasse nicht mehr.

25

Auch ein Mischgebiet (§ 6 BauNVO) ist nicht zu erkennen: Solche Gebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören; beide Nutzungen stehen dort gleichberechtigt und -rangig nebeneinander (Fickert/Fieseler, BauNVO, 2008, § 6 Rn. 1.1). Vorliegend überwiegt das Wohnen an der Straße … und in den weiter entfernten Bereichen Ottweilerstraße/Mettlachstraße. Im hier maßgeblichen, eine größere Fläche einnehmenden Bereich an der Bahntrasse findet sich demgegenüber nur Wohnnutzung, die „betriebsbezogen“ entstanden ist bzw. fortbesteht. Das Baugrundstück selbst war bis Sommer 2007 bzw. bis kurz vor Baubeginn gewerblich genutzt (Autolackiererei bzw. Karosseriebetrieb); dies ist im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB mit zu berücksichtigen (BVerwG, Urt. v. 22.09.1967, IV C 109.65, BVerwGE 27, 341 ff. [bei Juris Tz. 18]). Ein Gewerbegrundstück liegt östlich des Baugrundstücks (Fa. …; allerdings nur geringe Intensität). Demgegenüber war die auf dem Flurstück 241 genutzte Parkhalle nur bis 1980 gewerblich genutzt (ehemals „…“); hinsichtlich der Folgenutzungen (Theaterfundus, Parkhalle) ist eine gewerbliche Nutzung nach Aktenlage nicht zu erkennen. Das in der nach § 34 BauGB relevanten Umgebung liegende Grundstück des „…“ ist im Rechtssinne nicht als „gewerblich“ genutztes Grundstück einzustufen, denn es liegt in einem Sondergebiet und ist auch in einer für diese Gebietsart typischen Weise baulich genutzt. Das – früher gewerblich genutzte - Grundstück der Antragstellerin wird jetzt bewohnt und für künstlerische Arbeiten genutzt; eine gewerbliche Nutzung wirkt dort nicht mehr nach. Die 1989 dort realisierte „Bildhauerwerkstatt“ wurde (ausdrücklich) für „nichtgewerbliche“ Zwecke genehmigt (s. Anlagen zum Ss. der Antragsgegnerin vom 08.04.2009). Bei dieser Situation kann von einer mischgebietstypischen gleichberechtigten Wohn- und Gewerbenutzung in der Umgebung des Baugrundstücks keine Rede mehr sein.

26

Das Baugrundstück liegt auch nicht in einem Gewerbegebiet. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass in der Umgebung gewerbliche Nutzungen nicht „vorwiegend“ vorhanden sind (§ 8 BauNVO).

27

In der Umgebung des Baugrundstücks ist – nach alledem – eine Gemengelage unterschiedlicher Nutzungen anzutreffen. In einem solchen Bereich besteht – wie ausgeführt - von vornherein kein Gebietserhaltungsanspruch, das Vorhaben ist, wie die Beigeladene zutreffend ausgeführt hat (Ss. v. 31.03.2009, S. 7), nicht nach § 34 Abs. 2 BauGB, sondern allein nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen.

4.

28

Soweit die Antragstellerin auf Seite 6 ihres Anordnungsantrags vom 13.03.2009 anführt, die Abstände der neuen Landesbauordnung seien derart gering, dass allein deren Einhaltung für eine ausreichende Rücksichtnahme nicht genüge, ist festzustellen, dass das Parkhaus weder rücksichtslos noch erdrückend wirkt.

29

Die Antragstellerin geht insofern davon aus, dass die Abstandsflächen eingehalten werden (dazu unten 5.) und meint – im Grundsatz zutreffend –, dass damit die Frage der gebotenen Rücksichtnahme noch nicht abschließend beantwortet sei: Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Genehmigung für ein Vorhaben, das sich nach dem Art und dem Maß der baulichen Nutzung, nach der Bauweise und nach der überbaubaren Grundstücksfläche nicht "rücksichtsvoll" einfüge (§ 34 Abs. 1 BauGB), von einem betroffenen Nachbarn erfolgreich angefochten werden könne. Die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften stehe dem Erfolg einer solchen Anfechtung (dann) nicht entgegen (BVerwG, Urt. v. 23.05.1986, 4 C 34.85, DVBl. 1986, 1271 m.w.N.).

30

Hier ist eine rücksichtlose, sich (in diesem Sinne) nicht einfügende Wirkung des Vorhabens der Beigeladenen nicht festzustellen.

31

Schon im Tatsächlichen ist der vorliegende Fall mit dem von der Antragstellerin angeführten sog. „Silofall“ (BVerwG, a.a.O.) nicht vergleichbar. In jenem Fall fügte sich das Vorhaben nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Deshalb wurde eine Rücksichtslosigkeit angenommen und ausgeführt, dass es (dann) „ohne Belang (sei), ob das Vorhaben bauordnungsrechtlichen Anforderungen“, insbesondere Abstandsflächenvorschriften, entspreche.

32

Im vorliegenden Fall fügt sich das Vorhaben ein. Das gilt auch für das Maß der vorgesehen baulichen Nutzung, die sich – in einer „Randlage“ an der Bahntrasse – im Rahmen dessen hält, was die ehemalige Fabrikhalle („…“) und der nördlich anschließende „…“ vorgeben. Weder das Maß der baulichen Nutzung noch die Bauweise des Parkhauses wirken dem Nachbargrundstück gegenüber rücksichtslos. Zwar zeigt sich der gesamte Baukörper zum Grundstück der Antragstellerin hin mit 134 m Länge und 11,61 m Höhe. Eine massiv-abriegelnde oder gar „erdrückende“ Wirkung geht von ihm gleichwohl nicht aus.

33

Die Wirkung der Parkhaushöhe wird aufgrund des 1 m „unterhalb“ des Geländeniveaus des Grundstücks der Antragstellerin gelegenen Baugrundes abgemildert. Die Wohnnutzung auf dem Grundstück der Antragstellerin ist nicht in „Richtung“ des Baugrundstücks der Beigeladenen orientiert. Das Grundstück der Antragstellerin bleibt in Richtung Norden und Süden offen und rückt nur mit seiner Giebelfront an das benachbarte Baugrundstück heran.

34

Es kommt hinzu, dass auch durch die – aus den genehmigten Bauzeichnungen ersichtliche - Fassadengestaltung vermieden wird, dass der Eindruck eines „Eingemauertseins“ entstehen kann. Die Lärmschutzfassade, die dem Grundstück der Antragstellerin zugewandt sein wird, wird optisch unterbrochen und damit aufgelockert gestaltet. Neben Holzpaneelen werden berankte Gitter angebracht sowie Bäume angepflanzt. Das lockert den Baukörper entscheidend auf. Die von der Antragstellerin als unzumutbar empfundene Nähe des Parkhausbaus zu ihrem Grundstück ist i. ü. auch dadurch bedingt, dass ein Teil ihres Gebäudes sehr nah an die Grundstücksgrenze herangebaut worden ist. Abgesehen von diesem „vorspringenden“ Teil beträgt der Abstand von Gebäude zu Gebäude rund 12 m; eine „erdrückende Wirkung kann bei dieser Sachlage nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden.

5.

35

In der Beschwerdeschrift werden keine konkreten Angaben zu den einzuhaltenden Abstandsflächen des Vorhabens dargelegt (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Unabhängig davon ist festzustellen, dass die Abstandsflächen in jedem Fall eingehalten werden.

36

Der Bemessung der Abstandsflächen ist der Abstand der Lärmschutzfassade zum Grundstück der Antragstellerin zugrundezulegen, denn aus den Bauzeichnungen ergibt sich, dass diese fest mit dem Parkhaus verbunden werden soll und somit als Teil des Gebäudes gesehen werden muss. Dieser Abstand beträgt 4,80 m.

37

In die Berechnung der Abstandsfläche von 1 H (§ 6 Abs. 4 und 5 LBO) muss die gesamte Gebäudehöhe inkl. Brüstung einbezogen werden, also 11,61 m (vgl. Domning/Möller/Suttkus, Bauordnungsrecht SH, Stand Okt. 2007, § 6 LBO Rn. 33). Legt man § 6 Abs. 5 LBO in der Fassung vom 21.12.2004 zugrunde, die im Zeitpunkt des Bauantrags im Oktober 2008 noch anzuwenden war, wäre der Abstand nur gewahrt, wenn das Bauvorhaben in einem Gewerbegebiet läge: Dann wäre 0,25 H, mindestens 3 m maßgeblich, mithin wäre die Abstandsfläche von 4,80 m ausreichend.

38

Die Landesbauordnung i. d. Fassung vom 22.01.2009 (GVOBl. Schl.-H. S. 6) sieht in § 6 Abs. 5 LBO n. F. nunmehr auch für andere Baugebiete geringere Abstandsflächen vor. Die damit - nach Erteilung der Genehmigung eingetretene - Gesetzesänderung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugunsten des Bauherrn auch im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998, 4 B 40/98, NVwZ 1998, 1179).

39

Die Abstandsflächen der neuen Landesbauordnung betragen in Gewerbe- und Industriegebieten 0,2 H, mindestens 3 m, also hier 3 m; in allen anderen Baugebieten (einheitlich) 0,4 H, hier also 4,64 m. Die vorgesehene Abstandsfläche von 4,80 m wahrt damit unabhängig von der Gebietseinordnung die gesetzlichen Anforderungen. Die weitere Frage, ob im Hinblick auf den Niveauunterschied zwischen dem Grundstück der Antragstellerin und dem der Beigeladenen von ca. 1 m wegen der maßgeblichen Geländeoberfläche eine Modifikation der abstandsrelevanten Wandhöhe erforderlich ist, kann danach offen bleiben.

III.

40

Die Beschwerde der Antragstellerin ist nach alledem zurückzuweisen.

41

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO sowie auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG.

42

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen erforderlichen Anordnungen treffen. Kann das Ziel der Anordnung auch durch eine Maßnahme zum Zwecke des Arbeitsschutzes erreicht werden, soll diese angeordnet werden.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 08. März 2010 geändert.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Baugenehmigung vom 14. Juli 2009 wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 14. Juli 2009 zur Errichtung eines mehrgeschossigen Wohngebäudes. Sie hat die Ansicht vertreten, das genehmigte Vorhaben unterschreite die erforderlichen Abstandsflächen.

2

Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin angeordnet, da eine Abstandsflächenunterschreitung vorliege, die bei einer "wertenden" Betrachtungsweise spürbarer ausfalle als eine vom Gebäude der Antragstellerin ausgehende Abstandsflächenunterschreitung.

3

Die Antragsgegnerin verteidigt mit der dagegen eingelegten Beschwerde ihre bisherige, anderslautende Auffassung.

II.

4

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 08. März 2010 ist begründet. Die dargelegten Gründe, die Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen zu einer Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses und zu einer Ablehnung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung.

5

Die Zugrundelegung einer "gemittelten" Geländehöhe zur Berechnung der einzuhaltenden Abstandsflächen ist rechtlich nicht zu beanstanden (unten 1). Auf dieser Grundlage ergibt sich eine Abstandsflächenunterschreitung durch das Bauvorhaben der Beigeladenen in einem geringfügigen Umfang (unten 2).

6

1) Die angefochtene Baugenehmigung geht bei der Ermittlung der einzuhaltenden Abstandsflächen von einer "gemittelten" Geländehöhe aus, die sich aus dem Niveau am … (5,32 m über NN) und demjenigen am … (8,39 m über NN) errechnet. Die Bauvorlage (Bl. 44 der Beiakte A: "Lageplan und Abstandsflächen") mit der diesbezüglichen Eintragung » Geländehöhe Mittelwert C: (8,39 + 5,32) x 0,5 = 6,86 « sowie die Bezugnahme auf den Mittelwert 6,86 m bei der (in der Zeichnung eingetragenen) Berechnung der Abstandsflächen belegt, dass die Bauaufsichtsbehörde die beantragte Art und Weise der Abstandsflächenberechnung gebilligt und damit auch genehmigt hat.

7

Die Bildung eines "Mittelwertes" als Bezugsgröße für die Abstandsflächenberechnung ist – im Ergebnis – rechtlich nicht zu beanstanden.

8

In der Baugenehmigung kann nach § 2 Abs. 3 Satz 3 LBO 2009 eine Geländeoberfläche bestimmt werden, wenn – wie hier – eine planerische Festsetzung dazu fehlt. Die Bestimmung der Geländeoberfläche schließt die Möglichkeit ein, von der natürlichen Geländeoberfläche abzuweichen. Dazu kann Veranlassung bestehen, wenn das vorgefundene Gelände durch Aufschüttungen verändert wird (vgl. dazu VGH Mannheim, Beschl. v. 22.08.1994, 3 S 1798/94, BRS 56 Nr. 113 [bei Juris Tz. 3], OVG Münster, Beschl. v. 29.09.1995, 11 B 1258/95, NVwZ-RR 1996, 311) oder wenn der ursprüngliche natürliche Geländeverlauf aufgrund von Veränderungen nicht mehr in Erscheinung tritt (vgl. dazu OVG Saarlouis, Urt. v. 30.09.1997, 2 R 30/96, BRS 59 Nr. 121). Im vorliegenden Fall rechtfertigt die Besonderheit des Hanggrundstücks eine von der Zufälligkeit des wechselnden "Steigungswinkels" abweichende Bestimmung der Geländeoberfläche.

9

Die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin bei der Bestimmung der Geländeoberfläche auf den (o. g.) Mittelwert ist rechtlich nicht zu beanstanden.

10

Die Bauaufsichtsbehörde muss bei dieser Bestimmung im Rahmen ihres Ermessens auf die Belange der Nachbarn achten, dies "allerdings nicht vorrangig’, sondern in (gerechter) Abwägung mit den Interessen des Bauherrn an der Verwirklichung seines Vorhabens" (Beschl. des Senats vom 25.03.2002, 1 M 47/01, n. v.; VGH München, Beschl. v. 09.02.1994, 26 CS 93.3437, Juris und Beschl. v. 31.10.2008, 14 CS 08.1970, Juris; OVG Koblenz, Urt. v. 02.04.2003, 8 A 10938/02, Juris). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles sowie das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild zu berücksichtigen (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 23.06.1998, 3 L 227/97, NordÖR 1998, 402/403). Ohne die hinreichende Beachtung nachbarlicher Belange kann die Bestimmung einer vom natürlichen Verlauf abweichenden Geländeoberfläche wegen ihrer Auswirkungen auf die für die Abstandsfläche relevante Wandhöhe eines Bauvorhabens die Rechte des Nachbarn verletzen. Die Bestimmung darf nicht dazu führen, dass Verstöße gegen Bauvorschriften, die an die Höhe von Gebäudeteilen über der Geländeoberfläche anknüpfen, einseitig zu Lasten eines Nachbarn "kaschiert" werden (Beschl. des Senats vom 25.03.2002, a.a.O.; VGH München, Beschl. v. 04.03.1996, 2 S 95.2580, BRS 58 Nr. 116; OVG Lüneburg, Urt. v. 25.03.1908, 1 A 29/79, BRS 36 Nr. 123).

11

Eine einseitig zu Lasten der Antragstellerin gehende Bestimmung der Geländeoberfläche ist vorliegend nicht erfolgt. Die "Mittelung" führt nicht etwa zu einer rechnerischen Geländehöhe, die von der Umgebung "absticht", sondern dazu, dass sich die Geländehöhe relativ eng an den vorgefundenen Verlauf des Hanggrundstücks anlehnt. Sie weicht überdies auch nicht wesentlich von der Geländehöhe ab, die der Genehmigung des Bauvorhabens der Antragstellerin vom 21. Januar 1971 (s. "Schnittzeichnung" vom 25.11.1970) zugrunde liegt.

12

Der Senat übersieht nicht, dass sich bei Zugrundelegung der aus den genehmigten Bauvorlagen ablesbaren metrischen Angaben zur tatsächlichen Geländehöhe und zur Gebäudehöhe (§ 6 Abs. 4 Satz 2 LBO) eine andere Abstandsflächenberechnung "in Richtung" des Grundstücks der Antragstellerin ergibt, die – im Verlauf der Grenze – gem. § 6 Abs. 4 und 5 LBO zu Abstandsflächenunterschreitungen führt. Nach der Berechnung des Senats (unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Beteiligten) ergäben sich ausgehend von den einzelnen metrischen Höhenangaben Abstandsflächen auf dem Nachbargrundstück (der Antragstellerin) in einer Tiefe von 0,19 m bis 0,40 m, nur im Bereich des Treppenhauses liegt der Wert bei ca. 2 m, wobei hier der Fall des § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO zu Gunsten der Beigeladenen eingreift.

13

Die Annahme, die Mittelung der Geländehöhe diene der "Kaschierung" von Abstandsflächenunterschreitungen und benachteilige die Antragstellerin einseitig, ist bei dieser Sachlage nicht begründet. Ihr Grundstück war hinsichtlich der "gemittelten" Geländehöhe gewissermaßen vorbelastet, weil auch schon das vor der jetzt genehmigten Bebauung anstehende und baulich genutzte Gelände in etwa die Höhenlage aufwies, die der rechnerischen Mittelung entspricht. Es konnte die Antragstellerin deshalb nicht überraschen, dass eine Neubebauung auf vergleichbarer Höhenlage erfolgen würde. Vor diesem Hintergrund hat die Antragsgegnerin das ihr zustehende Ermessen nicht überschritten, als sie die in den Bauvorlagen angegebene Mittelung der Geländehöhe genehmigt hat.

14

2) Bei Zugrundlegung des Mittelwertes werden die Abstandsflächen – bis auf eine "Spitze" im Bereich der 7-m-Geländehöhe - eingehalten; auf die diesbezügliche - korrekte - Berechnung der Antragsgegnerin (S. 2 [Mitte] der Beschwerdebegründung vom 31.03.2010) nimmt der Senat Bezug.

15

Im Bereich der 7-m-Geländehöhe ist die abstandsflächenrelevante Wandhöhe nicht aus dem o. g. Mittelwert, sondern aus der tatsächlichen Geländehöhe abgeleitet worden. Diese Berechnungsweise ist indes ausgeschlossen, nachdem die Geländehöhe auf den Mittelwert bestimmt worden ist. Wird dieser in Ansatz gebracht, ergibt sich eine Abstandsfläche von (16,19 m [Attikahöhe] – 6,86 m = 9,33 m x 0,4 =) 3,73 m, was zu einer (geringfügigen) Abstandsfläche auf dem Nachbargrundstück - in einer "Spitze" von 7 cm Tiefe - führt.

16

3) Ein nachbarliches Abwehrrecht der Antragstellerin besteht gegen die aufgezeigte Abstandsflächenunterschreitung nicht, weil ihr Gebäude die Abstandsflächen in einem deutlich größerem Umfang unterschreitet, was – entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts – auch bei einer "wertenden" Betrachtungsweise zur Verwirkung ihres nachbarrechtlichen Abwehranspruchs führt. Dies gilt auch dann, wenn man – abweichend von den bisherigen Ausführungen – die Abstandsflächen nach Maßgabe der tatsächlichen Geländehöhen errechnet, wie sie aus den metrischen Angaben in der genehmigten Bauzeichnung zu entnehmen sind. Die Abstandsflächenunterschreitung durch das Bauvorhaben der Beigeladenen fällt dann zwar größer aus, die Verwirkung des nachbarlichen Abwehranspruchs bleibt aber auch dann bestehen.

17

a) Die vom Vorhaben der Beigeladenen ausgehenden Abstandsflächen liegen bei einer am tatsächlichen Geländehöhenverlauf orientierten Berechnung mit einem Wert von 16,8 qm auf dem Grundstück der Antragstellerin. Dies belegt die in der Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 30.04.2010 vorgelegte – korrekte – Berechnung.

18

Die von dem 1971 genehmigten Bauvorhaben der Antragstellerin zu wahrenden Abstandsflächen liegen im Umfang von (insgesamt) 48 qm auf dem Grundstück der Beigeladenen (Anlage 1 zur Beschwerdebegründung vom 31.03.2010).

19

b) Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Senats, dass ein Nachbar, der die vorgeschriebenen Abstandsflächen selbst nicht einhält, eine Unterschreitung der Abstandsflächen durch den benachbarten Bauherrn nicht abwehren kann (Beschl. des Senats v. 08.09.1992, 1 M 45/92, SchlHA 1993, 258; Domning/Möller/Suttkus, Bauordnungsrecht Schl.-H., Stand Okt. 2007, § 6 LBO Rn. 10 m. w. N; vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 12.09.1984, 6 A 49/83, BRS 42 Nr. 196). Das trifft vorliegend für die Antragstellerin zu.

20

Der Umstand, dass die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen am 30. Oktober 1970 der Abstandsflächenunterschreitung durch die Antragstellerin zugestimmt hat (Bl. 46 der Beiakte C), führt zu keiner anderen Bewertung. Die Nachbarzustimmung "mindert" die baurechtliche Situation der Beigeladenen nicht. Diese kann vielmehr erwarten, dass jedenfalls einer Abstandsflächenunterschreitung, die nicht gravierender ausfällt als die "frühere", der Antragstellerin zuzurechnende, nicht entgegengetreten wird.

21

Die – unter Bezugnahme auf den Beschluss des Senats vom 01.02.2000 (1 M 132/99, SchlHA 2001, 69; vgl. auch OVG Berlin, Urt. v. 11.02.2003, 2 B 16.99, BauR 2003, 770 [Ls.] und OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.03.1999, 1 M 897/99, BauR 1999, 1163 f.) vertretene – Annahme, die von der Abstandsflächenunterschreitung des Vorhabens der Beigeladenen ausgehende Beeinträchtigung sei "bei wertender Betrachtung spürbar erheblicher" als diejenige, die durch das Gebäude der Antragstellerin verursacht wird, ist nicht haltbar.

22

Die quantitative Gegenüberstellung der wechselseitigen Abstandsflächenunterschreitungen fällt eindeutig zu Lasten der Antragstellerin aus. Soweit in die "wertende" Betrachtung auch qualitative Gesichtpunkte – insbesondere die Himmelsrichtung und die Besonnung (vgl. OVG Münster, Urt. v. 24.04.2001, 10 A 1402/98, BRS 64 Nr. 188) - einbezogen werden, begründet dies kein anderes Ergebnis. Dem Verwaltungsgericht ist zwar beizupflichten, dass in dem "deutlich sensibleren vorderen südlichen Bereich" des Terrassenhauses der Antragstellerin Beeinträchtigungen der Besonnung möglich sind (voraussichtlich nachmittags und abends, bei "tief" stehender Sonne). Diese Beeinträchtigungen sind aber nur zu einem – vernachlässigbar – geringen Teil auf die im Zentimeterbereich liegende Abstandsflächenunterschreitung in diesem Bereich zurückzuführen. Bei Zugrundlegung der tatsächlichen Geländehöhe ergeben sich Werte zwischen 19 cm und 40 cm. Es kommt hinzu, dass die möglichen Beeinträchtigungen der Besonnung nach der Ausrichtung der Fenster im Erdgeschoss des Gebäudes der Antragstellerin wegen der (rein) südwärtigen Ausrichtung zum … nur gering ausfallen können; erst ab dem ersten Obergeschoss sind – auf der Terrasse – und bzgl. der (west-)seitigen Fenster nachteilige Wirkungen möglich. Die von der Antragstellerin vorgelegte Skizze (Anlage Ast 4 zum Schriftsatz vom 20.11.2009), in der der Gebäudeschnitt ihres Hauses (rot) "über" demjenigen des Bauvorhabens der Beigeladenen (schwarz) dargestellt ist, verdeutlicht indes, dass die möglichen Besonnungsnachteile nicht durch die Abstandsfläche, sondern durch das Aufeinandertreffen des Terrassenhauses mit der quaderförmigen Kubatur des Bauvorhabens der Beigeladenen bedingt sind. Diesem Effekt könnte auch durch Abstandsflächenwahrung nicht entgegengewirkt werden.

23

Die qualitative Betrachtungsweise führt somit zu keinem für die Antragstellerin günstigeren Ergebnis.

24

3) Der Beschwerde war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

25

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig.

26

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.