Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 27. Jan. 2016 - 7 A 1899/14
Gericht
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 5.10.2012 verpflichtet, der Klägerin auf ihre Bauvoranfrage vom 9.1.2012 in der Fassung der Betriebsbeschreibung vom 27.9.2012 einen bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheid für die Nutzungsänderung des Ladenlokals im Erdgeschoss des Wohn- und Geschäftshauses T.----weg 60 in T1. , Gemarkung T1. , Flur 13, Flurstück 269, in eine Wettannahmestelle zu erteilen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheides zur Änderung der Nutzung eines ehemaligen Ladenlokals in eine Wettannahmestelle.
3Die Bauvoranfrage betrifft das Erdgeschoss eines Gebäudes auf dem Grundstück Gemarkung T1. , Flur 13, Flurstück 269 (T.----weg 60) in der Innenstadt der Beklagten. In dem Gebäude befindet sich bereits eine genehmigte Spielhalle. Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 94 „Geschäftszentrum T1. - Innenstadt, T.----weg “, der ein Kerngebiet festsetzt und in den textlichen Festsetzungen „Vergnügungsstätten wie Spielhallen und ähnliche Unternehmungen im Sinne des § 33 i GewO“ ausschließt.
4Am 9.1.2012 beantragte die Klägerin für das Vorhabengrundstück die Erteilung eines planungsrechtlichen Vorbescheides für eine Nutzungsänderung der bisher als Ladenlokal genutzten Räume im Erdgeschoss des Hauses in eine Wettannahmestelle. In der Betriebsbeschreibung heißt es zur Art des Betriebes: „Nutzungsänderung der bisher als Ladenlokal genutzten Räume im Erdgeschoss des Hauses in eine Wettannahmestelle und Bankautomatenfiliale“. Die Grundfläche der Wettannahmestelle beträgt nach der Betriebsbeschreibung 155,44 m² und die der Bankautomatenfiliale 10,76 m². Nach entsprechender Anfrage teilte die Klägerin mit Schreiben vom 12.3.2012 weiterhin mit, es sei geplant, die bestehende Nutzung des Ladenlokals zu einer Bankautomatenfiliale und einer Wett- und Lotterieannahmestelle, die jeweils separat zugänglich seien, umzunutzen. Es sei beabsichtigt, in der Bankautomatenfiliale Automaten zum Geldtransfer und zur Ein- und Auszahlung von Geld aufzustellen. Die Wett- und Lotterieannahmestelle sei in Bezug auf Ausstattung, Publikumsverkehr und Ablauf vergleichbar mit einem Schreibwarenhandel mit Lottoannahmestelle. Die Bankautomatenfiliale sei täglich 24 Stunden geöffnet, die Wett- und Lotterieannahmestelle täglich 18 Stunden, nämlich von 6:00 Uhr bis 24:00 Uhr. Mit Schreiben vom 17.4.2012 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Ablehnung der Bauvoranfrage an. Mit Schreiben vom 18.6.2012 machte die Klägerin geltend, die Nutzungsänderung in eine Wettannahmestelle sei zulässig. Es handele sich bei dem geplanten Vorhaben um keine Vergnügungsstätte. Es seien keine Einrichtungen vorgesehen, die Kunden animieren könnten, sich dort länger aufzuhalten und im geselligen Beisammensein gemeinschaftlich Sportübertragungen zu verfolgen. Vielmehr unterstelle die Beklagte lediglich, dass abweichend von den Angaben in der Betriebsbeschreibung tatsächlich eine Einrichtung geplant sei, die dem Aufenthalt und der Bewirtung von Gästen sowie der Veranstaltung von Glücksspielen und Wetten dienen solle. Weder die Größe noch die Öffnungszeiten einer Wettannahmestelle seien für die Abgrenzung Wettannahme/Vergnügungsstätte relevant, da es weder normative noch faktische Größenvorgaben für eine „normale“ Wettannahmestelle gebe. Auch das Vorhandensein eines WC und die räumliche Verbindung mit einer Automatenbankfiliale mache aus einer Wettannahmestelle keine Vergnügungsstätte. Der Bauherr bestimme durch den Inhalt seines Antrages den Genehmigungsgegenstand. Mit Schreiben vom 27.9.2012 übersandte die Klägerin eine Ergänzung der Betriebsbeschreibung sowie einen Architektenplan des Mobiliars. In dieser geänderten Betriebsbeschreibung vom 27.9.2012 gab die Klägerin als Betriebsart „Annahmestelle für Sportwetten und Lotterien“ und als werktägliche Betriebszeit einen Zweischichtbetrieb von 8:00 Uhr bis 24:00 Uhr an. An Sonn- und Feiertagen soll die Wettannahmestelle geschlossen bleiben. In dem Einrichtungsplan sind als Mobiliar vier Regale und eine Verkaufstheke eingetragen. Weiterhin sind auf dem Einrichtungsplan - von der Wettannahmestelle durch einen Flur erreichbar - ein Büro, ein Aufenthaltsraum, eine Umkleide, ein Herren-WC und ein Damen-WC eingezeichnet.
5Mit Bescheid vom 5.10.2012 lehnte die Beklagte die Erteilung des Bauvorbescheides ab. Das Vorhaben sei unzulässig. Es handele sich um eine nach dem Bebauungsplan unzulässige Vergnügungsstätte. Gewisse Funktionsmerkmale wiesen entgegen den Angaben der Betriebsbeschreibung oder auch der nachgereichten Möblierungsskizze auf eine Einrichtung hin, die unzweifelhaft auch dem Aufenthalt dienen solle und den Besucher somit auch ohne Übertragungsgeräte zum Verweilen einlade. Es handele sich keinesfalls um ein „reines Ladengeschäft“ im Sinne einer Lottoannahmestelle. Dafür sprächen die Größe des Ladenlokals, die Öffnungszeiten und der geplante Bankautomat im Vorraum.
6Am 13.10.2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Der Bescheid sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Die Beklagte habe dem Antrag entgegen ihrer ausdrücklichen Erklärung einen anderen Inhalt gegeben. Sie habe eindeutig erklärt, dass sich die Bauvoranfrage auf die Einrichtung einer Wettannahmestelle beziehe. Das zum Gegenstand der Bauvoranfrage gemachte Vorhaben sei dadurch gekennzeichnet, dass es Elemente einer klassischen Wettannahmestelle (Einrichtung und Angebot) mit denen eines Sportwettbüros (Öffnungszeiten) kombiniere. Das mache das Vorhaben jedoch nicht unzulässig oder nicht bescheidungsfähig. Es sei allein eine Frage der rechtlichen Bewertung, ob die Elemente eines Vorhabentyps derart im Vordergrund stünden, dass sie das Vorhaben insgesamt prägten und die Anwendung der für diesen Vorhabentyp geltenden Vorschriften rechtfertigten, oder gegebenenfalls die rechtlichen Voraussetzungen verschiedener Vorhabentypen kumulativ Anwendung fänden. Sie sei sich darüber im Klaren, dass für den Fall, dass etwa eine Bewirtung erfolge oder die Kunden sich zur Verfolgung von Sportereignissen und Abgabe von Sportwetten länger in dem Ladenlokal aufhielten, eine neue Genehmigung erforderlich sei. Derzeit sei weder die Bewirtung noch die Verfolgung von Wettereignissen an Bildschirmen geplant. Aber auch dann, wenn es sich um eine Vergnügungsstätte handele, wäre die Ablehnung rechtswidrig. Der Bebauungsplan schließe nicht alle Arten von Vergnügungsstätten aus, sondern nur Spielhallen und ähnliche Unternehmen im Sinne des § 33 i GewO.
7Die Klägerin hat beantragt,
8die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 5.10.2012 zu verpflichten, der Klägerin auf ihre Bauvoranfrage vom 9.1.2012 einen bauplanungsrechtlichen Vorbescheid für die Nutzungsänderung des Ladenlokals im Erdgeschoss des Wohn- und Geschäftshauses T.----weg 60 in T1. in eine Wettannahmestelle zu erteilen.
9Die Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Entgegen der Annahme der Klägerin werde in der Stellungnahme zum negativen Bauvorbescheid nicht spekulativ unterstellt, dass es sich bei der beantragten Wettannahmestelle um eine Vergnügungsstätte handele, vielmehr wiesen die in der Betriebsbeschreibung aufgezählten Merkmale (Größe, Öffnungszeiten, ec.) explizit darauf hin. Ein Wettbüro sei als Vergnügungsstätte anzusehen, wenn die Kunden durch die konkrete Ausgestaltung der Räumlichkeiten animiert würden, sich dort länger aufzuhalten und in geselligem Beisammensein Wetten abzuschließen.
12Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1.9.2014 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet. Die streitgegenständliche Voranfrage sei schon nicht bescheidungsfähig. Die Angaben der Klägerin in ihren Antragsunterlagen seien nicht hinreichend bestimmt genug, um das Vorhaben bauplanungsrechtlich einordnen zu können. Die im Antrag gebrauchte Bezeichnung als „Wettannahmestelle“ schaffe keine Eindeutigkeit, denn auch ein Wettbüro diene dem Wortsinn nach der Annahme von Wetten. Auch der Hinweis des Architekten der Klägerin, wonach das Vorhaben vergleichbar mit einem Schreibwarenhandel mit Lottoannahmestelle sei, sei zu vage, um für Klarheit sorgen zu können. Die Klägerin habe auch eingeräumt, dass die beabsichtigte Nutzungsänderung Elemente einer klassischen Wettannahmestelle (Einrichtung und Angebot) mit denen eines Sportwettbüros (Öffnungszeiten) vereine. Maßgeblich sei, dass der Inhalt der von der Klägerin zur Genehmigung gestellten Unterlagen nicht allein hinsichtlich der Öffnungszeiten auf das Erscheinungsbild eines Wettbüros deute. Die Beklagte habe zu Recht auf weitere Funktionsmerkmale, namentlich die Größe der Räumlichkeit mit 155 m² und die im Vorraum geplante Bankautomatenfiliale abgestellt. Insgesamt erwecke dies den Eindruck, dass sich das so geplante Angebot eben nicht auf eine klassische Wett- und Lottoannahmestelle beschränken solle, sondern die Option „Wettbüro“ nicht ausschließe und offen halten wolle. Eine derart „offene Antragstellung“ sei nicht prüffähig.
13Die Klägerin trägt zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung im Wesentlichen vor: Ihr fehle auch im Hinblick auf § 21 Abs. 2 GlüStV NRW nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Es sei schon zweifelhaft, ob sich das geplante Vorhaben in demselben Gebäude wie die Spielhalle befinde. Zudem sei im Hinblick auf § 16 Abs. 3 Satz 1 AG GlüStV NRW zweifelhaft, ob die Spielhalle über den 30.6. bzw. 30.11.2017 (Ablauf der Übergangsregelung) hinaus betrieben werden könne, da sich in einer Entfernung von nur 100 m eine weitere Spielhalle befinde. Es sei daher zumindest möglich, dass eine der beiden Spielhallen nach Ablauf der Übergangsfrist keine glücksspielrechtliche Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV NRW erhalte. Sie habe auch einen Anspruch auf die Erteilung des beantragten Bauvorbescheides. Ihre Bauvoranfrage sei hinreichend bestimmt. Es existiere kein Typenzwang für eine Bauvoranfrage. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich als Wettannahmestelle zu qualifizieren. Selbst wenn das Vorhaben auch Elemente eines „Sportwettbüros“ aufweise und hierdurch bauplanungsrechtlich als Vergnügungsstätte zu qualifizieren sein sollte, wäre es in dem Kerngebiet nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO allgemein zulässig. Der Ausschluss von Vergnügungsstätten im Bebauungsplan erstrecke sich nicht auf ein Sportwettbüro.
14Die Klägerin beantragt,
15das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 1.9.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 5.10.2012 zu verpflichten, ihr auf ihre Bauvoranfrage vom 9.1.2012 in der Fassung der Betriebsbeschreibung vom 27.9.2012 einen bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheid für die Nutzungsänderung des Ladenlokals im Erdgeschoss des Wohn- und Geschäftshauses T.----weg 60 in T1. , Gemarkung T1. , Flur 13, Flurstück 269, in eine Wettannahmestelle zu erteilen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Zur Begründung verweist sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und der Gerichtsakte Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe:
21Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die zulässige Klage ist begründet. Der Ablehnungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erteilung des beantragten planungsrechtlichen Vorbescheids.
22Gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW kann zu Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid beantragt werden. Der Vorbescheid ist nach § 71 Abs. 2 BauO NRW in Verbindung mit § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW zu erteilen, wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
23Der Klägerin fehlt es auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages NRW - GlüStV NRW - am 1.12.2012 im Hinblick auf § 21 Abs. 2 GlüStV NRW nicht am Sachbescheidungsinteresse für ihr Begehren. Nach dieser Vorschrift dürfen in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden.
24Das allgemeine Sachbescheidungsinteresse ist nicht gegeben, wenn der Antragsteller an der Verwertung der angestrebten Genehmigung gehindert und diese deshalb für ihn ersichtlich wertlos ist. Der Zweck des Vorbescheides, für einen künftig zu stellenden Bauantrag vorab eine die Behörde bindende Entscheidung zu erhalten, wird in diesem Fall verfehlt. Die Erteilung des Vorbescheids darf unter Berufung auf entgegenstehende rechtliche Hindernisse aber nur dann versagt werden, wenn sich diese „schlechthin nicht ausräumen“ lassen. Nicht ausreichend ist dagegen, wenn eine Behebung des Mangels nach Lage der Dinge in absehbarer Zeit lediglich nicht erwartet werden kann.
25Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 ‑ 4 C 3.78 -, BRS 36 Nr. 169 = BauR 1981, 48; OVG NRW, Urteil vom 19.4.2013 - 10 A 2596/11 ‑, n. v.
26Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Ob § 21 Abs. 2 GlüStV NRW auf den vorliegenden Fall Anwendung findet, ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen offen. Der 4. Senat hat in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass das Trennungsgebot des § 21 Abs. 2 GlüStV NRW bei der von Verfassungs wegen gebotenen einschränkenden Auslegung nach vorläufiger Prüfung nur zum Tragen kommt, wenn das Angebot von Sportwetten und gewerblichem Glücksspiel tatsächlich im selben Geschäftslokal stattfindet oder ein vergleichbar enger räumlicher Zusammenhang besteht. Ein taugliches Abgrenzungskriterium zur Bestimmung der erforderlichen engen Nähebeziehung, die Angeboten innerhalb desselben Geschäftslokals vergleichbar ist, könnte die Frage sein, ob ein Betreten des öffentlichen Verkehrsraums für einen Wechsel zwischen den Einrichtungen erforderlich ist. Dies hat der 4. Senat jedoch unter Hinweis auf gegenteilige Rechtsprechung offen gelassen.
27Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4.9.2015 - 4 B 247/15 -, juris, m. w. N. und vom 21.4.2015 - 4 B 1376/14 -, NWVBl 2015, 356; dagegen: Nds. OVG, Beschluss vom 11.12.2014 - 11 ME 211/14 -, NVwZ 2015, 756, das auf den kurzläufigen Wechsel bzw. Sichtkontakt zwischen den Einrichtungen abstellt.
28Die Spielhalle und das geplante Vorhaben liegen nicht innerhalb eines Ladenlokals. Nach den örtlichen Gegebenheiten muss auch zum Wechsel von einem in das andere Ladenlokal der öffentliche Verkehrsraum betreten werden. Unter diesen Umständen kann ein rechtliches Hindernis an der Ausnutzung des Vorbescheides schon deshalb nicht mit der erforderlichen Gewissheit angenommen werden.
29Die streitgegenständliche Bauvoranfrage der Klägerin ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch bescheidungsfähig. § 71 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW stellt keine näheren Anforderungen an die Zulässigkeit einer Bauvoranfrage. Allerdings muss der Vorbescheidsantrag hinreichend bestimmt sein, weil im Falle seiner positiven Bescheidung der Umfang seiner Bindungswirkung für das Baugenehmigungsverfahren feststehen muss. Es ist dazu Aufgabe des Bauantragstellers, hinreichend genau festzulegen, was das zur Vorbescheidung gestellte Vorhaben sein soll. Im Übrigen - also sobald er diese Bestimmtheit erreicht hat ‑ ist der Bauantragsteller bei der Festlegung des Verfahrensgegenstands des Vorbescheidsverfahrens weitgehend frei. Er darf bei seiner Bauvoranfrage nur nicht sachliche Teile eines Vorhabens aus der Fragestellung so ausklammern, dass eine verbindliche rechtliche Beurteilung des Vorhabens nicht mehr möglich ist. Abgesehen davon begegnet es prinzipiell keinen Bedenken, mit einer Bauvoranfrage nur nach der grundsätzlichen planungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens seiner Art nach zu fragen, auch wenn das Vorhaben nur in groben Umrissen bestimmt ist und seine Ausführung im Einzelnen einer späteren Prüfung vorbehalten bleibt. Folge einer solchen Vorhabenbeschreibung ist lediglich, dass ein darauf ergehender positiver Bescheid auch die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens in seiner konkreten Ausführung noch offen lässt.
30Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.10.2013 - 2 A 204/12 -, BRS 81 Nr. 157 = BauR 2014, 676.
31Nach diesen Maßstäben ist der Vorbescheidsantrag hinreichend bestimmt und auch bescheidungsfähig. Die Klägerin hat das Vorhaben als Wettannahmestelle bezeichnet und insbesondere in ihrer nachgereichten Betriebsbeschreibung mit Schreiben vom 27.9.2012 konkrete Angaben zur Raumausstattung, zu den Betriebszeiten, den Raumgrößen und der angebotenen Dienstleistung gemacht.
32Das geplante Vorhaben ist bauplanungsrechtlich zulässig. Es ist insbesondere nicht nach der textlichen Festsetzung des Bebauungsplans Nr. 94 „Geschäftszentrum T1. - Innenstadt, T.----weg “ ausgeschlossen. Bei dem Vorhaben handelt es sich um keine Vergnügungsstätte im Sinne der textlichen Festsetzung in Verbindung mit der Baunutzungsverordnung 1977; daher kommt es nicht darauf an, ob der Verweis auf § 33 i GewO auch das Vorhaben erfasst.
33Vergnügungsstätten sind Gewerbebetriebe besonderer Art, die sich in unterschiedlicher Ausprägung (wie z.B. Amüsierbetriebe, Discotheken, Spielhallen) unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder des Sexualtriebs einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung widmen. Für den städtebaulichen Bezug ist wesentlich, dass solche Einrichtungen typischerweise mit negativen Folgewirkungen, wie zum Beispiel Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes oder Verschlechterungen der Gebietsqualität, verbundensind. Vergnügungsstätten unterscheiden sich unter anderem von Läden, die eine eigenständige städtebauliche Nutzungskategorie darstellen (vgl. z.B. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Läden im Sinne der Baunutzungsverordnung sind Räume, die nach dem herkömmlichen Sprachverständnis eine Beschränkung der Grundfläche aufweisen und in denen ein auf bestimmte Warengattungen beschränktes Warensortiment oder Dienstleistungen angeboten werden. Dazu rechnen etwa auch die Ladengeschäfte der Lotto-Toto-Annahmen, die in der Regel gleichzeitig Zeitungen, Schreib- und Tabakwaren verkaufen,
34vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage, § 4a Rn. 22 ff.; Wahlhäuser in Bönker/Bischopink, BauNVO, § 4a Rn. 69 ff.; VG Berlin, Urteil vom 28.4.2014 - 19 K 146/13 -, BauR 2014, 1825, m. w. N.,
35und zu deren Angebot seit Jahren auch staatlich veranstaltete Sportwetten (sog. Oddsetwetten) gehören.
36Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht ihrer Art nach als Gewerbebetrieb allgemeiner Art oder als Vergnügungsstätte in Betracht. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird teilweise zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sollen Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln sein, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen.
37Vgl. BayVGH, Beschlüsse vom 21.5.2015 -15 CS 15.9 -, juris, und vom 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.10.2013 - 2 S 2514/12 -, NVwZ-RR 2014, 114; OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 14.4.2011 - 8 B 10278/11 -, BRS 78 Nr. 198 = BauR 2011, 1484; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage, § 4a Rn. 23.69.
38Dies bedarf hier indes keiner Klärung, denn nach den oben aufgezeigten Maßstäben handelt es sich bei dem beantragten Vorhaben um keine Vergnügungsstätte im planungsrechtlichen Sinne. Die Frage, ob sich der Betrieb einer Wettvermittlungsstelle als Vergnügungsstätte im oben beschriebenen Sinne oder als sonstiger Gewerbebetrieb darstellt, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Annahme einer Vergnügungsstätte wird dabei insbesondere dann in Betracht zu ziehen sein, wenn die Räumlichkeiten der Wettvermittlungsstelle Gelegenheit zum Aufenthalt geben, um dort Wettereignisse oder doch zumindest die Wettangebote bzw. -ergebnisse live etwa über Bildschirme zu verfolgen, und sie in dieser Weise der kommerziellen Freizeitunterhaltung dienen. Daran fehlt es hier. Nach der Betriebsbeschreibung sind weder Monitore noch Sitzgelegenheiten für die Kunden vorgesehen. Ebenso wenig ist eine Bewirtung der Kunden geplant. Allein die Größe der Wettannahmestelle und der Umfang der Öffnungszeiten, so wie sie hier gegeben sind, lassen noch keinen Schluss auf eine Vergnügungsstätte zu. Die im Vorraum der Wettannahmestelle über einen direkten Eingang zugängliche Automatenbankfiliale ändert nichts an dieser Einschätzung. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 12.3.2012 klargestellt, dass in dieser nur Bankautomaten zum Geldtransfer und zur Ein- und Auszahlung - und somit keine Spielautomaten - aufgestellt werden sollen.
39Sonstige dem Vorhaben entgegenstehende planungsrechtliche Vorgaben sind seitens der Beklagten nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich.
40Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
41Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
42Die Entscheidung, die Revision nicht zuzulassen, beruht auf § 132 Abs. 2 VwGO. Gründe für eine Revisionszulassung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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Annotations
(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.
(2) Zulässig sind
- 1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude, - 2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten, - 3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe, - 4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen, - 6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, - 7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
- 1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen, - 2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.
(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe, - 3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.