Tenor

Es wird festgestellt, dass durch die Vorgänge im Zusammenhang mit dem vorzeitigen Ausscheiden des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Musterbeklagten, Prof. S., eine Insiderinformation im Sinne des § 37 b Abs. 1 WpHG erst am 28.7.2005 um ca. 9.50 Uhr entstanden ist und dass die Musterbeklagte diese unverzüglich veröffentlicht hat.

Gründe

 
A)
Das Landgericht Stuttgart verkündete am 3.7.2006 folgenden Vorlagebeschluss (Blatt 411 bis 425 der Beiakten Landgericht Stuttgart, 21 O 408/05), der mit Beschluss vom 20.7.2006 berichtigt wurde (Blatt 432 f. der Beiakten):
„Dem Oberlandesgericht Stuttgart wird das Verfahren zur Herbeiführung eines Musterentscheids gemäß § 4 Abs. 1 KapMuG vorgelegt, um im Rahmen des Feststellungsziels - Rechtzeitigkeit der Ad-hoc-Mitteilung über das Ausscheiden des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Beklagten Prof. S. - über folgende Anträge (Streitpunkte) zu entscheiden:
Es wird festgestellt,
1. dass spätestens seit Mitte Mai 2005 oder jedenfalls zu irgendeinem späteren Zeitpunkt vor dem 28.7.2005, 10:32 Uhr, insbesondere seit dem 15.7.2005, jedenfalls seit dem 19.7.2005 oder jedenfalls spätestens seit dem 27.7.2005 durch die Vorgänge im Zusammenhang mit dem vorzeitigen Ausscheiden des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Beklagten, Herrn Prof. S., eine Insiderinformation im Sinne des § 37 b Abs. 1 WpHG entstanden ist und die Beklagte diese nicht unverzüglich veröffentlicht hat.
2. hilfsweise, dass die Voraussetzungen einer Selbstbefreiung nach § 15 Abs. 3 WpHG bis zur Entscheidung des Aufsichtsrats am 28.7.2005 um ca. 9:50 Uhr vorgelegen haben.
3. weiter hilfsweise, dass die Beklagte kraft Gesetzes von der Pflicht zur Veröffentlichung nach § 15 Abs. 3 WpHG befreit war, da die Voraussetzungen einer Selbstbefreiung bis zur Entscheidung des Aufsichtsrats am 28.7.2005 um ca. 9:50 Uhr vorgelegen haben.
4. weiter hilfsweise, dass die tatbestandsauschließende Wirkung des § 15 Abs. 3 S. 1 WpHG unabhängig davon greift, ob die Beklagte ihrer Verpflichtung nach § 15 Abs. 3 S. 4 WpHG nachgekommen ist, der BaFin die Gründe für eine etwaig erforderliche Selbstbefreiung mitzuteilen.
5. weiter hilfsweise, dass ein Schadenersatzanspruch nach § 37 b Abs. 1 Nr. 2 WpHG im Zusammenhang mit der Ad-hoc-Mitteilung zum vorzeitigen Ausscheiden des Vorstandsvorsitzenden unter dem Gesichtspunkt des rechtmäßigen Alternativverhaltens auch dann nicht in Betracht käme, wenn eine formelle Entscheidung über die Selbstbefreiung oder eine Mitteilung an die BaFin erforderlich gewesen sein soll.
6. weiter hilfsweise, dass die Beklagte weder vorsätzlich noch grob fahrlässig die rechtzeitige Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung zum vorzeitigen Ausscheiden ihres Vorstandsvorsitzenden unterlassen hat.
10 
7. dass im Falle der Geltendmachung des Kursdifferenzschadens bei § 37 b WpHG die Kläger keinen individuellen Vortrag zur haftungsbegründenden Kausalität darlegen und beweisen müssen.
11 
8. dass in den Schutzbereich des § 37 b Abs. 1 WpHG sowohl die Haftung auf Rückgängigmachung der vom Anleger getätigten Anlageentscheidung als auch die Haftung auf die Kursdifferenz fällt.
12 
9. dass der Kursdifferenzschaden nach § 37 b WpHG anhand des hypothetischen Kursanstiegs der Aktie der Beklagten nach dem Zeitpunkt zu ermitteln ist, an dem die Beklagte gemäß § 15 Abs. 1 WpHG zur Veröffentlichung des vorzeitigen Ausscheidens von Prof. S. verpflichtet gewesen ist.
13 
10. weiter hilfsweise, dass Anleger, die in der Zeit seit Mitte Mai 2005 bis zum 28.7.2005 D.C.-Aktien veräußert haben, als Schadenersatz nicht die Differenz zwischen dem Kurs, zu dem sie ihre Aktien veräußert haben und dem Schlusskurs am 28.7.2005, sondern nur in Höhe eines absoluten Eurobetrages je verkaufter D.C.-Aktie verlangen können, um den der Aktienkurs der D.C.-Aktie am Stichtag des 28.7.2005 nachweisbar in Folge der Ad-hoc-Mitteilung zum vorzeitigen Ausscheiden von Herrn Prof. S. angestiegen ist, da die Anleger andernfalls einen Ersatz für das allgemeine Marktrisiko erhielten.
14 
11. weiter hilfsweise im Hinblick auf die Berechnung des Differenzschadens, in welcher Höhe der Aktienkurs der D.C.-Aktie am 28.7.2005 - ausgedrückt als absoluter Eurobetrag - nachweisbar infolge der Ad-hoc-Mitteilung zum vorzeitigen Ausscheiden von Herrn Prof. S. angestiegen ist.“
B)
I.
15 
Der Musterkläger verlangt (aus abgetretenem Recht) von der Musterbeklagten Schadenersatz (Kursdifferenzschaden durch den hypothetischen Kursanstieg) wegen verspäteter Ad-hoc-Mitteilung über das vorzeitige Ausscheiden des damaligen Vorstandsvorsitzenden der Musterbeklagten, Herrn Prof. S., und die Übernahme der Nachfolge durch Herrn Dr. Z..
16 
Der Aufsichtsrat der Musterbeklagten beschloss in der Sitzung vom 28.7.2005 gegen 9.50 Uhr, dass der damalige Vorstandsvorsitzende Prof. S. zum 31.12.2005 aus dem Amt ausscheiden und Dr. Z. neuer Vorstandsvorsitzender werden solle. Dies teilte die Musterbeklagte den Geschäftsführungen der Börsen und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) um 10.02 Uhr mit.
17 
Um 10.32 Uhr erfolgte die Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung in der Meldungsdatenbank der DGAP (Deutsche Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität).
18 
Zuvor waren um 9.30 Uhr die Ergebnisse des zweiten Quartals 2005 ebenso mitgeteilt worden.
19 
Bereits nach Mitteilung der Ergebnisse des zweiten Quartals 2005 stieg der Kurswert der Aktien der Musterbeklagten. Nach der weiteren Mitteilung über das Ausscheiden stieg der Aktienkurs noch an demselben Tag auf 40,40 Euro, in der Folge auf 42,95 Euro.
20 
Der Vater des Musterklägers hatte vor Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung Aktien der Musterbeklagten verkauft, nämlich am 16.5.2005 100 Aktien zum Kurswert von 31,85 Euro und am 28.7.2005 um 9.00 Uhr 800 Aktien zum Kurswert von 36,50 Euro (K 2 und K 3).
21 
Im April 2004 war der Vertrag des damaligen Vorstandsvorsitzenden Prof. S. bis zum Jahre 2008 verlängert worden.
22 
Nach der Hauptversammlung vom 6.4.2005 trug dieser sich zunehmend mit dem Gedanken, vor Ablauf seiner bis in das Jahr 2008 reichenden Bestellung aus dem Vorstand auszuscheiden; seine Ehefrau, die als Führungskraft sein Büro betreute, war in diese Gedankengänge eingeweiht.
23 
Am 17.5.2005 diskutierte Prof. S. seine Überlegungen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden K..
24 
Am 1.6.2005 wurden die Aufsichtsratsmitglieder W. und L. über die Pläne von Prof. S. informiert.
25 
Spätestens am Rande der Vorstandssitzung vom 15.6.2005 setzte Prof. S. Dr. Z. von seinen Überlegungen in Kenntnis.
26 
Ab dem 10.7.2005 arbeiteten Kommunikationschef Sch., Frau S. und die seit 6.7.2005 informierte Chefsekretärin Frau B. an einer Pressemitteilung, einem externen Statement und einem Mitarbeiterbrief.
27 
Die Tagesordnung vom 13.7.2005 für die Aufsichtsratssitzung am 28.7.2005 enthielt keinen Hinweis auf einen möglichen Wechsel in der Führungsspitze (B 9, Blatt 360 der Beiakten).
28 
Am 18.7.2005 verständigten sich Prof. S. und der Aufsichtsratsvorsitzende K. in Anwesenheit von Herrn Sch. darauf, das vorzeitige Ausscheiden sowie die Nachfolge durch Dr. Z. zum Ende des Jahres in der Aufsichtsratssitzung vom 28.7.2005 vorzuschlagen.
29 
Am 25.7.2005 teilte Prof. S. dem Vorsitzenden des Konzern- und Gesamtbetriebsrates sowie Aufsichtsratsmitglied Kl. diese Absicht mit.
30 
Am Vormittag des 27.7.2005 wurden die Aufsichtsratsmitglieder Dr. K. und Dr. S. in ihrer Funktion als Mitglieder des vom Aufsichtsrat gebildeten Präsidialausschusses informiert. Um 17.00 Uhr fand eine Sitzung des Präsidialausschusses statt, an der neben dem Vorsitzenden K. dessen Stellvertreter Kl. und die weiteren Mitglieder Dr. K. und Dr. S. teilnahmen.
31 
Um 18.30 Uhr teilte Prof. S. die beabsichtigten Personalmaßnahmen Dr. C. mit, der damals in der Öffentlichkeit ebenfalls als möglicher Nachfolger des Vorstandsvorsitzenden galt.
32 
Um 19.30 Uhr wurden die weiteren Aufsichtsratsmitglieder G., L., L., O. und W. informiert (vgl. Aufstellung der Musterbeklagten mit Schreiben vom 2.9.2005 an die Staatsanwaltschaft Stuttgart, K 27, Blatt 315 ff. der Beiakten).
33 
Der Musterkläger trägt zum Streitpunkt Ziffer 1 (Hauptantrag) vor, bereits vor der Vertragsverlängerung im April 2004 seien sich der Aufsichtsratsvorsitzende K. und der Vorsitzende des Konzern- und Gesamtbetriebsrates Kl. einig gewesen, dass Prof. S. das Amt noch maximal zwei bis drei Jahre ausüben solle. Die Bestellung sei nur bis 2008 verlängert worden, um in Ruhe und insbesondere ohne Beteiligung der Öffentlichkeit die Nachfolgeregelung entwickeln zu können (Blatt 53 der Beiakten).
34 
Im Mai 2005 seien die Herren Prof. S. und K. in die USA zum damaligen Chrysler-Vorstand Dr. Z. gereist, um diesem den Vorstandsvorsitz anzutragen, wozu dieser sich bereit erklärt habe (Blatt 54 der Beiakten).
35 
Bereits im Mai 2005 habe zwischen den Herren Prof. S., K. und Kl. das vorzeitige Ausscheiden festgestanden (Blatt 56 der Beiakten).
36 
Die Vertraulichkeit der Pläne sei bereits ab Mai 2005 nicht mehr gewährleistet gewesen, was sich an dem durch Insidergeschäfte gestiegenen Aktienkurs gezeigt habe. Kommunikationschef Schick habe gegenüber einem Mitarbeiter der Musterbeklagten geäußert, dass Prof. S. zurücktreten werde. Der Rücktrittszeitpunkt solle so gewählt werden, dass er möglichst wenig auffalle. Diese unbekannte Person habe die Information am 16.7.2005 telefonisch dem Spediteur S. mitgeteilt, und dieser habe sie dann weiteren Personen, u.a. dem Sprecher des Verbandes kritischer Daimler-Aktionäre G. weitergegeben (Blatt 58 der Beiakten).
37 
Am 19.7.2006 habe Prof. S. bei einer Abendveranstaltung zu dem Thema „Corporate Governance“ im Beisein mehrerer hoher Wirtschaftsvertreter geäußert, er habe in der kommenden Woche etwas zu verkünden, was den Kurs der D.C.-Aktie steigern werde (Blatt 61 der Beiakten).
38 
Für den Aufsichtsrat habe die vorgeschlagene Änderung der Führungsspitze des Unternehmens keine Überraschung dargestellt.
39 
Ein wesentlicher Teil des Aufsichtsrates sei bereits vor der Sitzung am 28.7.2005 informiert gewesen, weshalb die Musterbeklagte eine kontroverse Diskussion in der Aufsichtsratssitzung nicht erwartet habe, zumal der Aufsichtsrat der Beschlussempfehlung seines Vorsitzenden K. bislang immer gefolgt sei (Blatt 65 der Beiakten).
40 
Über den Aufsichtsratsvorsitzenden K. habe die D. Bank AG vom bevorstehenden Wechsel an der Führungsspitze erfahren und deshalb die am 28.7.2005 getätigten Aktienverkäufe für 13,8 Mio. Euro bereits vorbereitet gehabt (Blatt 68 der Beiakten).
41 
Die Musterbeklagte trägt zum Streitpunkt Ziffer 1 (Hauptantrag) vor,
die behauptete Abrede zwischen den Herren K. und Kl. habe es nicht gegeben. Die Bestellung von Prof. S. zum Vorstandsvorsitzenden für eine weitere Amtszeit sei ohne Bedingungen und Auflagen erfolgt (Blatt 94 der Beiakten).
42 
In dem Gedankenaustausch zwischen den Herren Prof. S. und K. sei ein einseitiger Rücktritt oder ein Rücktrittsangebot nicht erklärt worden. Vielmehr sei schnell deutlich geworden, dass ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Amt nur dann in Betracht zu ziehen sein könnte, wenn es gelänge, eine einvernehmliche Nachfolgeregelung zu finden (Blatt 20 und 323 der Beiakten). Die behauptete USA-Reise habe es nie gegeben (Blatt 97 der Beiakten). Nicht zutreffend sei, dass die Vertraulichkeit der Pläne ab Mai 2005 nicht mehr gewährleistet gewesen sei. Der Klagvortrag zu Äußerungen gegenüber einem unbekannten Mitarbeiter sowie zu deren telefonischer Weitergabe an Dritte werde bestritten. Prof. S. habe bei der Veranstaltung am 19.7.2005 nichts über ein mögliches Ausscheiden gesagt.
43 
Der Aufsichtsrat habe vor dem 28.7.2005 keine Kenntnis von den Überlegungen des Vorstandsvorsitzenden über ein einvernehmlich zu vereinbarendes, vorzeitiges Ausscheiden gehabt. Da der Vorstandsvorsitzende noch bis zum Jahre 2008 bestellt gewesen sei, sei die überwiegende Mehrheit der Mitglieder des Aufsichtsrates zu einem für sie überraschenden Zeitpunkt mit dem Vorschlag konfrontiert worden. Die Frage, ob der Zeitpunkt richtig gewählt sei, hätte deshalb durchaus kontrovers beurteilt werden können. Darüber hinaus sei nicht vorhersehbar gewesen, ob und gegebenenfalls für welche Nachfolgeregelung sich der Aufsichtsrat entscheiden werde, da sowohl Dr. Z. als auch Dr. C. als mögliche Nachfolger in der Öffentlichkeit diskutiert worden seien (Blatt 21, 96 und 325 der Beiakten).
44 
Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung hat der Musterkläger die Schriftsätze vom 1. und 14. Februar 2007 eingereicht.
II.
45 
Der Senat folgt nicht der Auffassung des Musterklägers, Prof. S. sei schon zu irgendeinem Zeitpunkt vor der Aufsichtsratssitzung vom 28. Juli 2005 zurückgetreten oder habe sein Amt anderweitig zur Verfügung gestellt. Vielmehr muss man mit der Musterbeklagten davon ausgehen, dass eine einvernehmliche Aufhebung mit Nachfolgeregelung gewollt war. Da diese der ausschließlichen Zuständigkeit des Aufsichtsrats unterfiel, lag eine zu veröffentlichende Insiderinformation gemäß § 37 b Abs. 1 WpHG erst mit der entsprechenden Beschlussfassung durch den Aufsichtsrat am 28.7.2005 vor. Da die Musterbeklagte damit ihren gesetzlichen Pflichten genügt hat, war dies entsprechend festzustellen.
46 
1a) Zur Rechtslage: Die im Feststellungsantrag Ziffer 1 genannte Vorschrift des § 37 b Abs. 1 WpHG wurde durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz vom 21.6.2002 (BGBl. I, S. 2010) eingeführt und erhielt durch die Fassung vom 18.10.2004, gültig ab 30.10.2004, folgenden Wortlaut:
47 
„Unterlässt es der Emittent von Finanzinstrumenten, die zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen sind, unverzüglich eine Insiderinformation zu veröffentlichen, die ihn unmittelbar betrifft, ist er einem Dritten zum Ersatz des durch die Unterlassung entstandenen Schadens verpflichtet, wenn der Dritte
48 
1. die Finanzinstrumente nach der Unterlassung erwirbt und er bei Bekanntwerden der Insiderinformation noch Inhaber der Finanzinstrumente ist oder
49 
2. die Finanzinstrumente vor dem Entstehen der Insiderinformation erwirbt und nach der Unterlassung veräußert.“
50 
Die Vorschrift, bei der es sich um eine eigenständige Anspruchsgrundlage handelt, regelt eine Schadensersatzpflicht für unterlassene sowie verspätete unverzügliche Veröffentlichungen (sog. Ad-hoc-Mitteilungen).
51 
Verkauft ein Anleger aufgrund einer derartigen Verletzung der Ad-hoc-Mitteilungspflichten seine Finanzinstrumente zu billig oder kauft er sie zu teuer, kann er vom Emittenten Schadensersatz verlangen (Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 4. Aufl. 2006, §§ 37 b, 37 c, Rdnr. 3).
52 
§§ 37 b, 37 c WpHG schließen eine bisher bestehende Lücke im Anlegerschutz.
53 
In der bis zum Inkrafttreten des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 21.6.2002 geltenden Fassung des Gesetzes vom 9.9.1998 hatte der Gesetzgeber in § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG noch eine besondere Schadensersatzhaftung des Emittenten für die Verletzung der ihm gemäß § 15 Abs. 1, Satz 2 und 3 WpHG a.F. auferlegten Ad-hoc-Publizität ausdrücklich ausgeschlossen und damit zugleich klargestellt, dass die Norm kein Schutzgesetz i. S. des § 823 Abs. 2 BGB ist (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 8.2.2006 – 20 U 24/04, WM 2006, 511; BGH, Urteil vom 9.5.2005 – II ZR 287/02, NJW 2005, 2450).
54 
Die Ad-hoc-Publizität dient der informationellen Chancengleichheit der Marktteilnehmer und der Verhütung des Insiderhandels. Sie stellt eine Börsenzulassungsfolgepflicht dar und will eine zutreffende Marktpreisbildung sicherstellen. Die Effizienz der Wertpapiermärkte setzt voraus, dass der Markt alle für die Preisbildung relevanten Informationen zeitnah erhält und diese umfassend und verlässlich sind. Dies wiederum ermöglicht es dem einzelnen Anleger, eine eigenverantwortliche Anlageentscheidung zu treffen. Die Ad-hoc-Publizität ist Teil eines mittlerweile sehr umfangreichen Publizitätskonzepts. Der einzelne Anleger ist zumeist nicht in der Lage, sich die notwendigen Informationen zu angemessenen Transaktionskosten zu beschaffen. Die gesetzlich festgeschriebenen Publizitätspflichten dienen dem Ziel, sicherzustellen, dass der Markt nicht nur für institutionelle Anleger, sondern auch für Kleinanleger attraktiv ist. Entstanden sind sie aus einer breiten rechtspolitischen Diskussion vor dem Hintergrund zahlreicher Skandale am Neuen Markt (Sethe in Assmann/Schneider, a.a.O., Rdnr. 4).
55 
§ 37 b Abs. 1 WpHG knüpft die Schadensersatzpflicht an das gänzliche oder zeitweise Unterlassen der Veröffentlichung einer Insiderinformation, die den Emittenten unmittelbar betrifft.
56 
Die Pflicht zum Handeln ergibt sich aus § 15 WpHG, der Art und Umfang der Veröffentlichung regelt. Das Tatbestandsmerkmal der Insiderinformation entstammt § 13 WpHG (Sethe in Assmann/Schneider, a.a.O., Rdnr. 43)
57 
b) § 15 WpHG in der Fassung vom 28.10.2004, gültig ab 30.10.2004, geht zurück auf die Marktmissbrauchsrichtlinie vom 28.1.2003 sowie auf die dazu ergangene Durchführungsrichtlinie 2003/124/EG vom 22.12.2003. Diese wurden umgesetzt durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG) vom 28.10.2004 (BGBl. I S. 2630).
58 
§ 15 Abs. 1 hat folgenden Wortlaut:
59 
„(1) 1 Der Emittent von Finanzinstrumenten, die zum Handel an einem inländischen organisierten Markt zugelassen sind oder für die er eine solche Zulassung beantragt hat, muss Insiderinformationen, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich veröffentlichen. 2 Eine Insiderinformation betrifft den Emittenten insbesondere dann unmittelbar, wenn sie sich auf Umstände bezieht, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sind. 3 Wer als Emittent oder als eine Person, die in dessen Auftrag oder auf dessen Rechnung handelt, im Rahmen seiner Befugnis einem anderen Insiderinformationen mitteilt oder zugänglich macht, hat diese zeitgleich zu veröffentlichen, es sei denn, der andere ist rechtlich zur Vertraulichkeit verpflichtet. 4 Erfolgt die Mitteilung oder Zugänglichmachung der Insiderinformation nach Satz 3 unwissentlich, so ist die Veröffentlichung unverzüglich nachzuholen. 5 In einer Veröffentlichung genutzte Kennzahlen müssen im Geschäftsverkehr üblich sein und einen Vergleich mit den zuletzt genutzten Kennzahlen ermöglichen.“
60 
Mit der Regelung des Satzes 1 soll bestmögliche Markttransparenz gewährleistet, Insiderhandel weitestgehend eingeschränkt und die Integrität der Finanzmärkte gefördert werden. Die Marktteilnehmer sollen frühzeitig über marktrelevante Informationen verfügen, um sachgerechte Anlageentscheidungen treffen zu können. Weiter soll durch die schnellstmögliche und angemessene öffentliche Bekanntgabe von Insiderinformationen der Kreis der potentiellen Insider möglichst klein gehalten werden und der Zeitraum, in dem Insiderwissen missbräuchlich ausgenutzt werden kann, möglichst verkürzt werden (Begründung Regierungsentwurf in BT - Dr. 15/3174, S. 34).
61 
Die Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität greift nur ein, wenn die Insiderinformation den Emittenten unmittelbar betrifft. Dies ist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 WpHG „insbesondere“ dann der Fall, wenn sie sich auf Umstände bezieht, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sind.
62 
Die Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität setzt eine Insiderinformation voraus. Unter welchen Voraussetzungen eine Information eine Insiderinformation darstellt, ergibt sich aus der auch für § 15 WpHG maßgeblichen Begriffsbestimmung des § 13 WpHG (Assmann in Assmann/Schneider, § 15, Rdnr. 54).
63 
c) Die Neufassung des § 13 Abs. 1 WpHG und die Ersetzung des Begriffs der Insidertatsache durch den der Insiderinformation geht wiederum auf Art. 1 Abs. 1 der Marktmissbrauchsrichtlinie zurück.
64 
Die Änderung durch das AnSVG vom 28.10.2004, gültig ab 30.10.2004, hat folgenden Wortlaut:
65 
„ (1) 1 Eine Insiderinformation ist eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. 2 Eine solche Eignung ist gegeben, wenn ein verständiger Anleger die Information bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde. 3 Als Umstände im Sinne des Satzes 1 gelten auch solche, bei denen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass sie in Zukunft eintreten werden. 4 Eine Insiderinformation ist insbesondere auch eine Information über nicht öffentlich bekannte Umstände im Sinne des Satzes 1, die sich auf Aufträge von anderen Personen über den Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten bezieht oder auf Derivate nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 bezieht und bei der Marktteilnehmer erwarten würden, dass sie diese Information in Übereinstimmung mit der zulässigen Praxis an den betreffenden Märkten erhalten würden.
66 
Die komplexe Definition der Insiderinformation in § 13 Abs. 1 WpHG lässt sich in vier Begriffselemente aufspalten. Danach ist eine Insiderinformation
67 
- eine konkrete Information über gegenwärtige oder zukünftige hinreichend wahrscheinliche Umstände,
68 
- die nicht öffentlich bekannt sind,
69 
- die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf Insiderpapiere selbst beziehen und
70 
- die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen.
71 
Mit der Umschreibung der Insiderinformation als „konkrete Information über…Umstände“ folgt der Gesetzgeber in der Sache der Definition der „Insider-Information“ in Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 der Marktmissbrauchsrichtlinie. Dass der Gesetzgeber nicht die Terminologie der Richtlinie übernimmt und anders als diese statt von einer „präzisen“ von einer „konkreten“ Information spricht, wird als für die Definition der Insiderinformation folgenlos angesehen: der Begriff der konkreten Information ist mithin als die Transformation des Begriffs der präzisen Information in deutsches Recht zu begreifen, sodass die Begriffe als synonym betrachtet werden können. Entsprechendes gelte für die Tatsache, dass der Gesetzgeber von einer Information über „Umstände“ spricht, während sich die Definition der Marktmissbrauchsrichtlinie mit dem Begriff der Information begnügt. Die Aufgabe des Begriffs der „Umstände“ erschöpft sich darin, deutlich zu machen, dass es nunmehr nicht um Information über Tatsachen, sondern um Information über Umstände geht, die nicht zwingend Tatsachen sein müssen.
72 
Kommt dem Begriff der konkreten Information keine andere Bedeutung zu als demjenigen der präzisen Information, so lässt sich zur Auslegung des Begriffs der konkreten Information auf die Umschreibung des Begriffs der präzisen Information in Art. 1 Nr. 1 der Durchführungsrichtlinie 2003/124/EG vom 22.12.2003 zurückgreifen.
73 
Dieser zufolge ist eine Information dann als präzise anzusehen, wenn „damit eine Reihe von Umständen gemeint ist, die bereits existieren oder bei denen man mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass sie in Zukunft existieren werden, oder ein Ereignis, das bereits eingetreten ist oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in Zukunft eintreten wird, und diese Information darüber hinaus spezifisch genug ist, dass sie einen Schluss auf mögliche Auswirkungen dieser Reihe von Umständen oder dieses Ereignisses auf die Kurse von Finanzinstrumenten und der damit verbundenen derivaten Finanzinstrumente zulässt“ (Assmann in Assmann/Schneider, a.a.O, § 13, Rdnr. 5 bis 7).
74 
2) Zur Sache: Für die zum Streitpunkt Ziffer 1 gestellte Frage, ab wann der Wechsel in der Führungsspitze der Musterbeklagten eine Insiderinformation gemäß § 13 WpHG darstellte, ist zugrunde zu legen, dass zwischen den Beteiligten eine einvernehmliche Aufhebung der Bestellung von Prof. S. mit Nachfolgeregelung gewollt war.
75 
Entgegen der Auffassung des Musterklägers ist nicht das vorzeitige Ausscheiden des damaligen Vorstandsvorsitzenden isoliert zu betrachten und die Entscheidung, das Amt zur Verfügung zu stellen, von der Notwendigkeit, einen Nachfolger zu bestellen, gedanklich zu trennen. Im Hinblick auf die rechtliche Gestaltungsfreiheit auch in solchen Angelegenheiten ist die Musterbeklagte zurecht der Ansicht, es sei abzustellen auf die von allen Beteiligten beabsichtigte gesamthafte Regelung der Nachfolge. Ein einseitiger Rücktritt oder auch nur ein Rücktrittsangebot sei nicht erwogen worden.
76 
Zwar ist ein einseitiger Rücktritt vom Amt des Vorstandsvorsitzenden möglich und könnte, würde ein solcher erklärt, wohl eine zu veröffentlichende Insiderinformation darstellen (vgl. Möllers, WM 2005, 1393, 1394).
77 
Hier aber ergibt die verständige Würdigung des unstreitigen Geschehensablaufs, dass die Beteiligten eine einvernehmliche Aufhebung der Bestellung wollten, die zwingend ebenso wie die Berufung des Nachfolgers von Prof. S. einer Beschlussfassung durch den gesamten Aufsichtsrat bedurfte.
78 
a) Nach neuerer Auffassung ist allerdings ein einseitiger Rücktritt eines Vorstandsmitglieds möglich.
79 
Die Mitglieder des Vorstands werden gemäß § 84 Abs. 1 AktG vom Aufsichtsrat bestellt und abberufen. Dem Aufsichtsrat obliegt diese Aufgabe innerhalb der organisatorischen Struktur der Gesellschaft zwingend und ausschließlich. Das Gesetz unterscheidet zwischen der sozialrechtlichen Bestellung zum Vorstandsmitglied und dem Anstellungsvertrag, der ergänzend die Rechte und Pflichten des Vorstandsmitglieds festlegt, die sich nicht schon aus seiner Organstellung ergeben, und insbesondere die Bezüge regelt (Hefermehl/Spindler in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl. 2004, § 84 Rdnr. 8 und 9).
80 
Die Bestellung kann für maximal fünf Jahre erfolgen, wobei eine wiederholte Bestellung oder eine Verlängerung der Amtszeit, jedoch jeweils nur für höchstens fünf Jahre, zulässig ist. Auch der Anstellungsvertrag kann nur auf höchstens fünf Jahre geschlossen werden, wobei von vornherein vereinbart werden kann, dass der Vertrag für den Fall der Verlängerung der Amtszeit bis zu deren Ablauf gelten soll. Sonst ist die Dauer des Anstellungsvertrages durch Auslegung zu ermitteln, wobei auch hier in der Regel anzunehmen ist, dass der Vertrag bis zum Ablauf der Bestellung unter Beachtung der Fünfjahresfrist geschlossen ist (Hefermehl/Spindler, a.a.O., Rdnr. 28, 32 und 55 ff).
81 
Die Ernennung zum Vorsitzenden des Vorstands erfolgt gemäß § 84 Abs. 2 AktG ebenfalls durch den ausschließlich zuständigen Aufsichtsrat und ist an dieselben formellen und materiellen Voraussetzungen wie die Bestellung zum Vorstandsmitglied geknüpft. Sie muss vom Gesamtaufsichtsrat beschlossen werden (Hefermehl/Spindler, a.a.O., Rdnr. 80).
82 
Das Amt endet mit Ablauf der Bestellung, wenn nicht zuvor der wiederum gemäß § 84 Abs. 3 Satz 1 ausschließlich zuständige Aufsichtsrat die Bestellung zum Vorstandsmitglied und die Ernennung zum Vorsitzenden des Vorstands wegen eines wichtigen Grundes widerruft (Hefermehl/Spindler, a.a.O., Rdnr. 85).
83 
Auch das Vorstandsmitglied kann ein Interesse daran haben, sein Organverhältnis von sich aus zu beenden. Demgemäß ist die Befugnis des Vorstandsmitglieds anerkannt, sein Amt durch eine einseitige empfangsbedürftige und formlose Erklärung gegenüber dem Aufsichtsrat niederzulegen, wobei für den Aufsichtsrat der Aufsichtsratsvorsitzende die Erklärung entgegennehmen kann. Im Zweifel wird in einer Erklärung des Rücktritts sowohl die Niederlegung des Amtes als auch die Kündigung des Anstellungsvertrages liegen.
84 
Für die Wirksamkeit der Amtsniederlegung kommt es nicht darauf an, ob sich das Vorstandsmitglied auf wichtige Gründe beruft (Hefermehl/Spindler, a.a.O., Rdnr. 124; BGH, Urteile vom 8.2.1993 – II ZR 58/92, NJW 1993, 1198 sowie vom 26.6.1995 – II ZR 109/94, NJW 1995, 2850, jeweils zum Fall des GmbH-Geschäftsführers).
85 
b) Die Erklärung des Vorstandsvorsitzenden Prof. S. gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden K. vom 17.5.2005 ist nicht als ein einseitiger Rücktritt auszulegen. Dies behauptet der Musterkläger im letzten Schriftsatz selbst nicht mehr, sondern beruft sich auf Zeugen dazu, Prof. S. habe erklärt, er stelle sein Amt als Vorstandsvorsitzender sowie als Vorstandsmitglied vorzeitig (…) zur Verfügung. Er habe dies nicht unter die Bedingung gestellt, dass es gelinge, eine gemeinsam mit dem ganzen Aufsichtsrat festzulegende, einvernehmliche Ausscheidens- und Nachfolgeregelung zu finden.
86 
Diese punktuelle Betrachtung wird der Lebenswirklichkeit nicht gerecht, insbesondere bezogen auf die damalige Situation in einem Großunternehmen wie der Musterbeklagten. Veränderungen, wie sie sich seinerzeit im Zusammenhang mit der angeblichen Äußerung von Prof. S. dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Musterbeklagten gegenüber anbahnten, vollziehen sich selbstverständlich nicht von heute auf morgen, bedürfen sorgfältiger Planung und Abstimmung im Interesse des Unternehmens und der übrigen Beteiligten - gerade in einem international tätigen Konzern, wo zwei amerikanische Aufsichtsratsmitglieder bald ins Vertrauen gezogen wurden - und selbstverständlich auch rechtlicher Bewertung und Absicherung. Dies hat mit der vom Musterkläger kritisierten angeblichen späteren taktischen Umdeutung aus Furcht vor Ersatzansprüchen nichts zu tun, sondern entspricht der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes, der mehrere rechtlich zur Verfügung stehende Möglichkeiten prüfen, bewerten und sich dann entscheiden muss.
87 
Ein ganz wesentlicher Aspekt spricht gegen den behaupteten Rücktritt: Da aufgrund der Bestellung bis in das Jahr 2008 zugleich ein bis dahin befristeter Anstellungsvertrag vorlag, konnte ein den Anstellungsvertrag mit umfassender einseitiger Rücktritt ohne wichtigen Grund eine Schadensersatzpflicht auslösen.
88 
Den befristeten Anstellungsvertrag kann das Vorstandsmitglied gemäß § 626 BGB nur aus wichtigem Grund außerordentlich kündigen. Ist ein Vorstandsmitglied nicht zur Kündigung des Anstellungsvertrages berechtigt, so verletzt es durch eine Amtsniederlegung seine vertraglichen Pflichten (Hefermehl/Spindler,a.a.O., Rdnr. 165; vgl. ebenso die oben genannte Rechtsprechung zum GmbH-Geschäftsführer). Ein wichtiger Grund ist von keiner Seite vorgetragen und auch nicht anzunehmen; unstreitig erfolgte das vorzeitige Ausscheiden allein aus persönlichen Gründen.
89 
Auf dieser Grundlage spricht nicht das Geringste dafür, Prof. S. habe sich sehenden Auges solchen unkalkulierbaren Risiken aussetzen wollen.
90 
c) Selbst wenn man doch annehmen wollte, der Musterkläger halte an der Behauptung fest, Prof. S. sei zurückgetreten - im Zusammenhang mit den Vorgängen um den 28. Juli 2005 benutzten vor allem die Medien, für das Publikum um eingängige und nicht um rechtlich präzise Formulierungen bemüht, dieses Schlagwort, das der Musterkläger sich im Streit mit der Musterbeklagten alsbald zu eigen machte -, so fehlte es am präzisen Sachvortrag.
91 
aa) Grundsätzlich hat der Musterkläger als Anspruchssteller die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen (Sethe in Assmann/Schneider, a.a.O, §§ 37 b, 37 c, Rdnr. 42; OLG Schleswig, Urteil vom 16.12.2004 – 5 U 50/04, WM 2005, 696).
92 
Ein beabsichtigter oder sogar bereits erklärter einseitiger Rücktritt ist vom Musterkläger, wie erwähnt, nicht ausdrücklich vorgetragen worden. Der Musterkläger beschränkte sich vielmehr darauf zu bestreiten wie folgt:
93 
„Wir bestreiten, dass eine einvernehmliche Beendigung des Organverhältnisses zwischen Herrn Prof. S. und der Beklagten erfolgt ist und dass dies im Bestreben von Herrn Prof. S. stand“ (Blatt 70 der Beiakten).
94 
„Mit Nichtwissen werden somit die Ausführungen der Beklagten bestritten, dass die Beendigung des Organverhältnisses durch ein einverständliches Ausscheiden zwischen Gesamtaufsichtsrat und Herrn Prof. S. erfolgte“ (Blatt 132 der Beiakten).
95 
„Selbst wenn man unterstellt, dass ein einverständliches Ausscheiden vereinbart wurde, was mit Nichtwissen bestritten wird, (…)“ (Blatt 140 der Beiakten).
96 
bb) Der Musterkläger beruft sich zum Ablauf des Treffens zwischen dem damaligen Vorstandsvorsitzenden Prof. S. und dem Aufsichtsratsvorsitzenden K. auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur sogenannten sekundären Behauptungslast. Der Musterkläger ist der Auffassung, die Musterbeklagte habe die sekundäre Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die zu einer Insiderinformation führen, da die maßgeblichen Informationen ihm nicht zugänglich seien, die Offenlegung der Musterbeklagten jedoch zumutbar und möglich sei (Blatt 154 der Beiakten). Dabei zitiert er den Bundesgerichtshof in ZIP 2005, 2060.
97 
(1) In der erwähnten Entscheidung (Urteil vom 26.9.2005 - II ZR 314/03) führte der Bundesgerichtshof aus, dass die dort beklagte Fondsgesellschaft auf den Vortrag des klagenden stillen Gesellschafters, planmäßig seien nur geringe Teile der Anlegergelder investiv verwendet worden, im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast gehalten sei, dem Gericht und dem gerichtlich bestellten Sachverständigen diejenigen Informationen zu geben, die dem Kläger nicht zugänglich seien, die offen zu legen der Beklagten aber möglich und zumutbar sei.
98 
(2) Eine derartige sekundäre Darlegungslast besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann, wenn ein darlegungspflichtiger Kläger außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht, aber der Beklagte alle wesentlichen Tatsachen kennt. Bei dieser Sachlage muss der Beklagte den Vortrag des Klägers substantiiert bestreiten, wenn er ihm entgegentreten will. Einfaches Bestreiten genügt nicht, sofern nähere Angaben zumutbar sind (BGH, Urteil vom 01.12.1982 - VIII ZR 279/81, BGHZ 86, 23).
99 
Insbesondere die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen. Dem Anspruchsteller obliegt dann der Nachweis, dass diese Gegendarstellung nicht zutrifft (BGH, Urteil vom 13.3.2006 - II ZR 165/04, ZIP 2006, 805 m. w. N.).
100 
(3) Der Vortrag der Musterbeklagten genügt diesen Anforderungen.
101 
Die Musterbeklagte trug bereits in der Klageerwiderung vor, dass Prof. S. eine einvernehmliche Beendigung seines Mandates vorgeschlagen hatte. Grundlage dieses Vorschlags sei nicht ein einseitiger Rücktritt oder ein Rücktrittsangebot an den Aufsichtsrat gewesen, sondern vielmehr eine im Interesse des Unternehmens liegende gesamthafte Regelung der Nachfolge. Ziel des Vorstandsvorsitzenden sei es gewesen, dem Aufsichtsrat zu einem passenden Zeitpunkt ein einvernehmlich zu vereinbarendes, vorzeitiges Ausscheiden vorzuschlagen und hierüber eine Entscheidung des Aufsichtsrats herbeizuführen, die sowohl die Unterstützung der Anteilseigner als auch der Arbeitnehmervertreter finden sollte (Blatt 20 der Beiakten). Da es den Beteiligten um eine gesamthafte Nachfolgeregelung gegangen sei, habe ein enger Zusammenhang zwischen dem vorzeitigen Ausscheiden von Prof. S. und der Bestellung seines Nachfolgers bestanden (Blatt 95 der Beiakten). Nur durch eine gesamthafte Nachfolgeregelung habe ein möglicherweise in der Öffentlichkeit ausgetragener Streit um die Nachfolge mit der Gefahr einer nachhaltigen Beschädigung beider für die Nachfolge in Betracht kommenden Kandidaten ausgeschlossen werden können (Blatt 404 der Beiakten). Über die Konditionen eines Aufhebungsvertrages mit Prof. S. sei vor der Entscheidung des Aufsichtsrats am 28.7.2005 nicht verhandelt worden; erst am 18.8.2005 sei ein erster Entwurf übersandt worden (Blatt 402 der Beiakten).
102 
Aufgrund dieses Vortrages wäre es dem Musterkläger möglich gewesen, die beteiligten Herren Prof. S. und K. als Zeugen für den ihm obliegenden Nachweis zu benennen, dass diese Darstellung der Musterbeklagten nicht wahr ist. Beweis für den behaupteten einseitigen Rücktritt hat der Musterkläger nicht angeboten.
103 
Auf diese Rechtslage wurde der Musterkläger in der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2006 vom Senat hingewiesen.
104 
cc) Eine Beweisaufnahme zu den oben erwähnten Behauptungen im Schriftsatz vom 1.2.2007, Prof. S. habe in einem der Gespräche gegenüber dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats K. erklärt, er stelle sein Amt zur Verfügung, ist nicht geboten. Die angebliche Äußerung ist - wie dargestellt - nicht unabhängig von einer Entscheidung des Aufsichtsrates wirksam.
105 
Eine Rücktrittserklärung würde man nur dann annehmen können, wenn Prof. S. allein infolge dieser Erklärung ohne Wenn und Aber und trotz der erwähnten möglichen Schadensersatzpflicht hätte ausscheiden wollen. Nicht nur der vom Musterkläger nun vorgetragene Wortlaut der Erklärung - „Amt zur Verfügung stellen“ -, sondern auch die vom Musterkläger behauptete Einigung mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden belegen aber, dass tatsächlich eine einvernehmliche Regelung angestrebt war. Diese fiel jedoch, wie ausgeführt, nicht in die Kompetenz des Aufsichtsratsvorsitzenden alleine. Vielmehr war ein Beschluss des gemäß
106 
§ 84 Abs. 2 AktG originär und ausschließlich zuständigen Gesamtaufsichtsrates erforderlich.
107 
Denn nur bei gegenseitigem Einvernehmen zwischen dem gesamten Aufsichtsrat und dem Vorstandsmitglied ist ein jederzeitiges Ausscheiden ohne weiteres möglich. Es bedarf allerdings immer eines Beschlusses des Gesamtaufsichtsrates nach § 108 AktG, auch ein Ausschuss kann diesen Beschluss entsprechend § 107 Abs. 3 Satz 2 nicht fassen (Hefermehl/Spindler, a.a.O., Rdnr. 125).
108 
Im übrigen nimmt auch die vom Musterkläger eingeholte rechtsgutachtliche Stellungnahme des Prof. Dr. V. vom Februar 2006 (K 28, Blatt 315 der Beiakten) keinen einseitigen Rücktritt an, sondern geht „aufgrund der mitgeteilten Angaben“ davon aus, dass Prof. S. einvernehmlich, durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages, aus dem Vorstand ausgeschieden ist (Seite 6 der Stellungnahme).
109 
3) Eine Veröffentlichungspflicht entstand für die Musterbeklagte erst durch den Beschluss des Aufsichtsrats am 28.7.2005, da es vor der Aufsichtsratssitzung bei der notwendigen Prognose offen war, ob die vom Vorsitzenden K. vorgeschlagene Lösung gebilligt würde oder nicht. Das erste Tatbestandsmerkmal (Insiderinformation über Künftiges) des § 13 Abs.1 WpHG, die konkrete Information, mag zwar am 18.7.2005 mit der Verständigung, die Sache in die Aufsichtsratssitzung zu bringen, vorgelegen haben. Die Verpflichtung zur Information über zukünftig möglicherweise eintretende Umstände setzt aber voraus, dass diese hinreichend wahrscheinlich sind. Davon konnte und musste die Musterbeklagte vor der Beschlussfassung am 28.7.2005 aber nicht ausgehen.
110 
a) Da gemäß § 13 Abs.1 WpHG eine Insiderinformation eine konkrete Information über gegenwärtige oder zukünftige hinreichend wahrscheinliche Umstände ist, ist zu differenzieren, ob eine Information als eine solche über bereits gegenwärtige Umstände oder schon eingetretene Ereignisse zu qualifizieren ist oder aber als eine solche über erst zukünftig existierende Umstände oder eintretende Ereignisse.
111 
Eine Information über bereits gegenwärtige Umstände oder schon eingetretene Ereignisse lag, geht man wie dargestellt von einvernehmlicher Aufhebung mit Nachfolgeregelung aus, mangels Beschlusses des Aufsichtsrats nicht vor.
112 
b) Ein zukünftiger Umstand ist dann eine Insiderinformation im Sinne des § 13 WpHG, wenn die Information konkret (§ 13 Abs.1 Satz 1 WpHG) sowie der zukünftige Eintritt hinreichend wahrscheinlich (§ 13 Abs.1 Satz 3 WpHG) ist.
113 
aa) Die erste Voraussetzung (konkrete Information) ist weit auszulegen und könnte hier ab dem 18. Juli 2005 zu bejahen sein. Die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 13 WpHG grenzt zukünftige konkrete Tatsachen vom bloßen Gerücht ab:
114 
„Satz 3 stellt klar, dass eine Insiderinformation auch dann vorliegt, wenn sie sich auf einen Umstand oder ein Ereignis in der Zukunft bezieht, sofern dessen Eintritt hinreichend wahrscheinlich ist. Hierzu ist ein bloßes Gerücht nicht ausreichend. Vielmehr müssen konkrete Tatsachen vorliegen, welche den Eintritt des Ereignisses oder des Umstands voraussehbar erscheinen lassen“ (Begr. Regierungsentwurf, AnSVG, BT-Dr. 15/3174, S. 34).
115 
(1) Nach Ansicht des Musterklägers war die Entscheidung, Prof. S. werde vorzeitig ausscheiden, hinreichend konkret geworden, als im Mai 2005 auf der Vorstandsebene der Umstand an sich festgestanden habe. Es habe sich um eine mehrstufige Entscheidung gehandelt. Dabei sei der Entscheidungsprozess auf jeder Stufe für sich eine Insiderinformation im Sinne des Gesetzes.
116 
Die Musterbeklagte meint dagegen, dass die für das Vorliegen einer Insiderinformation notwendige Konkretisierung erst mit der Entscheidung des Aufsichtsrates am 28.7.2005 eingetreten sei. Da der Aufsichtsrat gemäß § 84 AktG den Vorstand bestelle und entlasse, liege die Entscheidung über die beabsichtigte einvernehmliche Nachfolgeregelung ausschließlich in den Händen des Aufsichtsrates. Dieser habe nicht einer bereits definitiven Lösung lediglich zugestimmt.
117 
Die vom Musterkläger vorgelegte rechtsgutachtliche Stellungnahme des Prof. V. nimmt an, zum 16.7.2005 habe eine konkrete Information vorgelegen, da zu diesem Zeitpunkt zwischen den Herren Prof. S., K., Kl. und Schick abgesprochen gewesen sei, Prof. S. werde ausscheiden.
118 
Die Musterbeklagte wendet dagegen ein, zu diesem Zeitpunkt habe noch nicht einmal festgestanden, ob und wann der Aufsichtsrat sich mit der Angelegenheit befasse.
119 
(2) Der Senat folgt in diesem Punkt (vom Datum abgesehen) der Auffassung des Musterklägers, ohne dass es im Ergebnis allerdings darauf ankommt.
120 
Besondere Schwierigkeiten bereitete von Anfang an die insiderrechtliche Beurteilung von Vorgängen, die Teil eines mehrstufigen Entscheidungsprozesses sind, wenn es also um ein zukünftiges Ereignis geht, das erst mit dem erfolgreichen Abschluss aller erforderlichen Zwischenschritte eintritt und damit bis zur letzten Stufe noch scheitern kann. Dabei nimmt die Wahrscheinlichkeit der Realisierung eines Vorhabens, das der Zustimmung mehrerer Entscheidungsträger und gegebenenfalls noch der Genehmigung einer Behörde bedarf, immer mehr zu, je weiter sich der mehrstufige Prozess seinem Ende nähert. Gleichwohl kann auf Grund der Umstände des Einzelfalles und des Vorhabens, über das zu befinden ist, mitunter schon auf der ersten Stufe des Entscheidungsprozesses eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eingetreten sein, dass es zur Verwirklichung des fraglichen Vorhabens kommt (Assmann in Assmann/Schneider, a.a.O, § 15 Rdnr. 60; § 13 Rdnr. 28 und 29).
121 
So wird eine vom Leitungsorgan eines Emittenten getroffene Entscheidung bereits als eine Ad-hoc-publizitätspflichtige Information angesehen, obwohl sie zur Wirksamkeit noch der Zustimmung des Aufsichtsrats des Emittenten bedarf (Begr. Regierungsentwurf AnSVG, BT-Dr. 15/3174, S. 35; Diekmann/Sustmann, NZG 2004, 929,935).
122 
(3) Die hier zu entscheidende Konstellation weist die Besonderheit auf, dass aufgrund der originären und ausschließlichen Kompetenz des Aufsichtsrats nach § 84 AktG ein mehrstufiger Entscheidungsprozess in diesem Sinne nicht vorliegt. Die Ansicht des Musterklägers, eine Insiderinformation habe vorgelegen, als im Mai 2005 auf der Vorstandsebene das vorzeitige Ausscheiden von Prof. S. an sich festgestanden habe, lässt sich nicht damit begründen, damit sei die erste Entscheidungsstufe bereits abgeschlossen gewesen. Der im Mai 2005 geoffenbarte Plan des damaligen Vorstandsvorsitzenden stellt keine Entscheidung des Vorstands dar, die zusätzlich der Zustimmung des Aufsichtsrats bedurfte. Vielmehr lag, wie bereits mehrfach erwähnt, die alleinige Kompetenz in diesem Zusammenhang in den Händen des Aufsichtsrats. Dieser hatte keinesfalls, wie im Schriftsatz des Musterklägers vom 14. Februar 2007 angenommen wird, eine fremde Entscheidung nur „abzusegnen“.
123 
Stellt man auf diesen formalen Aspekt ab, so lag eine Insiderinformation erst vor, als - sozusagen auf der ersten und zugleich letzten Entscheidungsstufe - der Aufsichtsrat gemäß § 84 AktG durch Beschluss entschied.
124 
Da aber andererseits bereits Pläne, Vorhaben und Absichten einer Person veröffentlichungspflichtige Informationen sein können (Assmann in Assmann/Schneider, a.a.O, § 13 Rdnr. 22 und 27; Tollkühn, ZIP 2004, 2215, 2216; Harbarth, ZIP 2005, 1898, 1901), kommt es darauf an, wann diese hinreichend präzise und deren Verwirklichung hinreichend wahrscheinlich waren. Seit das AnSVG in Kraft ist, wird der bisherige Streitstand als obsolet angesehen; die Veröffentlichungspflicht tritt nach neuer Rechtslage deutlich früher ein (Möllers, WM 2005, 1393, 1395). Nach der Begründung des Regierungsentwurfs sind laufende Verhandlungen des Emittenten bei einer Unternehmensübernahme veröffentlichungspflichtig, bei denen eine Entscheidung ebenfalls noch ganz aussteht (Begr. Regierungsentwurf, a.a.O., S. 35). Insbesondere Zwischenschritte wie die Abgabe eines sog. bindenden Angebotes bei Vertragsverhandlungen werden, soweit sie bei wertender Betrachtung eine eigenständige Bedeutung besitzen, als konkrete Informationen qualifiziert (Harbarth, ZIP 2005, 1898,1902). Da der Gesetzgeber mit der Einführung des Begriffs der Insiderinformation eine Verschärfung zum Schutz des Anlegers bezweckte, mag im vorliegenden Fall auch ein erst beabsichtigtes Ausscheiden des Vorsitzenden des Vorstandes ab einem bestimmten Zeitpunkt der Verdichtung als hinreichend konkrete Information anzusehen gewesen sein. Der Wunsch eines Vorstandsmitglieds, das Amt niederzulegen (worum es hier nicht geht), hat beispielsweise zwar noch nicht den notwendigen Grad an Konkretisierung erreicht, solange eine mehr oder weniger unverbindliche Absichtserklärung vorliegt. Denn man kann seine Meinung ändern und sich beispielsweise umstimmen lassen (vgl. Möllers, WM 2005, 1393, 1394). Die erforderliche Konkretisierung mag hier aber gegeben gewesen sein zu dem Zeitpunkt, zu dem sich die Herren Prof. S. und K. in Anwesenheit von Herrn Schick darauf verständigten, das vorzeitige Ausscheiden sowie die Nachfolge durch Dr. Z. zum Ende des Jahres in der Aufsichtsratssitzung vom 28.7.2005 vorzuschlagen. Mit dieser Verständigung nahm die Absicht im Hinblick auf den erforderlichen Beschluss des Aufsichtsrats konkrete Gestalt an.
125 
Stellt man auf diesen Zeitpunkt ab, lag eine konkrete Information am 18.Juli 2005 vor.
126 
(4) In diesem Sinne äußerte sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in ihrem Schreiben vom 13.9.2005 (K 30, Blatt 56 der Akten) an die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Wenn darin auf den 10.Juli 2005 (Beginn der Arbeiten in der Kommunikationsabteilung) als maßgeblichen Zeitpunkt abgestellt ist, so fehlt allerdings jede Ausführung zur weiterhin gesetzlich vorausgesetzten hinreichenden Wahrscheinlichkeit, das Ereignis werde eintreten (§ 13 Abs. 1 Satz 3 WpHG).
127 
Nach der Stellungnahme dazu, ob eine konkrete Information vorgelegen habe, folgt sogleich die Auseinandersetzung mit der Frage, ob diese geeignet gewesen sei, den Börsenpreis erheblich zu beeinflussen (beides zu § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG). Wegen dieser offenkundigen Lücke zu der Voraussetzung einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit teilt der Senat nicht die darauf fußende Ansicht des Musterklägers.
128 
c) Die (zweite) Voraussetzung (hinreichende Wahrscheinlichkeit gemäß § 13 Abs.1 Satz 3 WpHG) lag vor der Entscheidung des Aufsichtsrats am 28. Juli 2005 nicht vor.
129 
Denn es war nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die angestrebte einvernehmliche Aufhebung mit Nachfolgeregelung vom Aufsichtsrat mitgetragen werden würde.
130 
(1) Der Musterkläger ist der Ansicht, nach der Presseinformation der Musterbeklagten vom 28.7.2005 seien die Beschlüsse des Aufsichtsrates „nach einem sorgfältigen Prozess im Vorfeld einstimmig gefasst“ worden. Deshalb sei das Ergebnis der Abstimmung nicht offen gewesen.
131 
Die Musterbeklagte führt dagegen an, dass nicht sicher gewesen sei, ob der Aufsichtsrat sich überhaupt sogleich in dieser Sitzung mit der Sache befasse und weiter, ob er für Dr. Z. als Nachfolger stimmen werde. Deshalb habe es sich bei den Überlegungen des Vorstandsvorsitzenden und des Vorsitzenden des Aufsichtsrats im Vorfeld um keinen Umstand gehandelt, dessen Eintritt hinreichend wahrscheinlich gewesen sei.
132 
(2) Darüber, was unter hinreichender Wahrscheinlichkeit zu verstehen ist, gibt weder die Durchführungsrichtlinie 2003/124/EG vom 22.12.2003 noch § 13 Abs. 1 WpHG Auskunft. Der Emittentenleitfaden der BaFin formuliert, es müssten „konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die den Eintritt des Umstandes als voraussehbar erscheinen lassen“, wobei eine „mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit…allerdings nicht erforderlich“ sei.
133 
Eine bloß überwiegende Wahrscheinlichkeit ist nicht als hinreichende Wahrscheinlichkeit zu betrachten (Assmann in Assmann/Schneider, a.a.O, § 13, Rdnr. 25).
134 
Maßgeblich ist die Sicht des verständigen Anlegers, der den künftigen Umstand trotz der noch bestehenden Unsicherheit bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde (Harbarth, ZIP 2005, 1898,1902).
135 
Von dem verständigen Anleger ist zu erwarten, dass er sich auch durch unveröffentlichte zukunftsbezogene Informationen nicht zu spekulativem Handeln verleiten lässt, sondern nur dann eine Investitions- oder Deinvestitionsentscheidung auf der Grundlage eines noch ungewissen Ereignisses oder Umstands treffen wird, wenn dessen Eintritt bzw. zukünftige Existenz jeweils mit deutlich mehr als bloß überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Das erforderliche Wahrscheinlichkeitsurteil ist aus einer ex ante - Sicht heraus zu überprüfen. Maßgeblich sind damit die Verhältnisse, wie sie in dem Zeitpunkt gegeben sind, in denen der potentielle Insider die in Frage stehende Information erlangt (Assmann in Assmann/Schneider, a.a.O.).
136 
(3) Für die Annahme einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit, der Aufsichtsrat werde im Sinne des Vorschlages entscheiden, spricht zwar auf den ersten Blick das unstreitige Klägervorbringen, dass bislang der Aufsichtsrat immer einer Beschlussempfehlung seines Vorsitzenden K. gefolgt sei. Prof. S. war jedoch bereits jahrelang im Amt, als Herr K. Vorsitzender des Aufsichtsrats wurde. Eine solche „Top-Personalie“ wie diejenige, um die es im vorliegenden Fall geht, hatte während der Amtszeit des Herrn K. also noch nicht zur Debatte gestanden.
137 
Die vom Musterkläger vorgelegte rechtsgutachtliche Stellungnahme des Parteigutachters Prof. Dr. V. kommt zum Ergebnis, dass ein zustimmendes Votum des gesamten Aufsichtsrats bereits deswegen hinreichend wahrscheinlich gewesen sei, weil die „Säulen des Aufsichtsrats“ in Gestalt der beiden Repräsentanten der Anteilseigner und der Arbeitnehmer, der Herren K. einerseits und Kl. andererseits, einverstanden gewesen seien.
138 
Die Verknüpfung mit der Entscheidung über den Nachfolger im Vorstandsvorsitz hätte danach nur dann gegen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit gesprochen, wenn die als Nachfolger auserkorene Person den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern unbekannt gewesen wäre.
139 
Der Senat kann sich dieser Auffassung nicht anschließen. Sie lässt außer acht, dass es neben Dr. Z. einen ebenbürtigen Kandidaten in Gestalt von Dr. C. gab. Die Stellungnahme von Prof. Dr. V. lässt dies unberücksichtigt. Für die Prognose, wie der Aufsichtsrat entscheiden werde, war von erheblicher Bedeutung, dass eine Auswahlentscheidung zwischen diesen beiden Persönlichkeiten in Betracht kam.
140 
Da die Musterbeklagte dem Mitbestimmungsgesetz unterfällt, bedurfte der Beschluss im 1. Wahlgang einer 2/3-Mehrheit in dem mit 20 Personen paritätisch besetzten Aufsichtsrat (Hefermehl/Semler, a.a.O., § 96 Rdnr. 10 und § 108 Rdnr. 123). Es liegt auf der Hand, dass die Vertreter der Anteilseigner auf der einen und die Arbeitnehmervertreter auf der anderen Seite wegen naturgemäß divergierender Interessen bei der überaus wichtigen Entscheidung über den Nachfolger des langjährigen Vorsitzenden des Vorstands nicht zwangsläufig gleicher Meinung sein würden. Den befähigtsten Kandidaten zu finden, war in der schwierigen Lage des Unternehmens damals besonders vordringlich. So war aus Sicht eines verständigen Anlegers damals durchaus nicht selbstverständlich, dass der Aufsichtsrat den letztlich vorgeschlagenen Dr. Z. ohne weiteres akzeptieren würde. Dabei war klar: ohne die Entscheidung zu Gunsten des Nachfolgers war angesichts der geplanten einvernehmlichen Regelung des Wechsels in der Unternehmensspitze auch ein isolierter Beschluss, Prof. S. werde aus seinen Verpflichtungen entlassen, undenkbar, jedenfalls unrealistisch. Der Musterkläger stellt in diesem Zusammenhang auch nicht die Behauptung auf, Prof. S. hätte auch dann verlangt, von seinem Amt entbunden zu werden, wenn der Aufsichtsrat eine Nachfolgeregelung damals nicht gefunden hätte. Es mag sein, dass niemand seinerzeit Prof. S. gedrängt oder auch nur gebeten hat, seine Arbeit bis zum Ende der regulären Bestellung fortzuführen. Umgekehrt - wie ausgeführt - konnte er einen wichtigen Grund, vorzeitig auszuscheiden, nicht benennen und war schon deshalb weiterhin in der Pflicht. Er hat seine Aufgaben, wie der Musterkläger selbst vorträgt, im Vorfeld der Aufsichtsratssitzung ganz offenbar auch wahrgenommen. Dies belegt die Äußerung in der Veranstaltung vom 19. Juli 2005, er habe demnächst etwas Wichtiges zu verkünden. Dies muss keineswegs den Führungswechsel betroffen haben. Das Unternehmen wartete nämlich mit positiven Ertragszahlen auf, die ebenfalls eine Steigerung des Aktienkurses zur Folge hatten.
141 
Eine systematische Vorbereitung der Aufsichtsratsentscheidung im Sinne planmäßiger Beeinflussung der Mitglieder ist dem Vortrag des Musterklägers nicht zu entnehmen. Weder ist klägerseits vorgetragen noch aufgrund des unstreitigen Geschehensablaufs erkennbar, dass die im Vorfeld stattfindenden Gespräche dazu dienten, vorab die Zustimmung der Aufsichtsratsmitglieder beider Seiten einzuholen. Zwar wäre denkbar, dass der Aufsichtsratsvorsitzende K. sowie dessen Stellvertreter Kl. es unternommen hätten, andere Vertreter der jeweils eigenen Seite vorweg einzubinden. Der unstreitige Ablauf der Gespräche in den Tagen vor der Sitzung des Aufsichtsrats lässt aber nicht auf eine Vorabstimmung schließen. Dies behauptet auch der Musterkläger selbst nicht. Die Überraschung, die die Aufsichtsratsentscheidung in der Öffentlichkeit auslöste, spricht vielmehr dafür, dass die Vorgespräche im innersten Kreis blieben und nicht alle Aufsichtsratsmitglieder bereits zuvor Kenntnis hatten. In diese Richtung deutet auch die Tatsache, dass die Personalsache vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats nicht in die Tagesordnung aufgenommen worden war.
142 
Der Musterbeklagten war nicht aufzugeben, die Protokolle der Aufsichtsratssitzung vorzulegen. Ohne schlüssigen Vortrag dazu, dass bereits vor der Sitzung alle oder jedenfalls die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder eingeweiht und einverstanden gewesen seien, liefe der Antrag des Musterklägers auf eine unzulässige Ausforschung hinaus.
143 
Dass das Votum des Aufsichtsrats offen war, ergibt sich auch aus folgendem: Der dem Aufsichtsrat unterbreitete Vorschlag zu Gunsten von Dr. Z. (damals C.-Chef) war sowohl für die Öffentlichkeit überraschend, wie er gewiss auch im Aufsichtsrat ein Umdenken erforderte, da bisher als Top-Favorit der als „Ziehsohn“ von Prof. S. titulierte Dr. C. gegolten hatte. Ihn einfach zu übergehen, erscheint jedenfalls nicht selbstverständlich.
144 
Zu berücksichtigen ist schließlich, dass die Personalangelegenheit nicht in der Tagesordnung vom 13.7.2005 aufgeführt war (B 9, Blatt 360 der Beiakten).
145 
Der Widerspruch eines einzigen Mitglieds des Aufsichtsrats hätte zwingend zur Folge gehabt, dass eine Beschlussfassung zu diesem Tagesordnungspunkt nicht zuzulassen gewesen wäre (GeschO des Aufsichtsrates, B 10, Blatt 360 der Beiakten).
146 
Daraus folgt: Auch wenn es eine kontroverse Diskussion an jenem Tage nicht gegeben haben mag, so hätte ein verständiger Anleger zwar angenommen, wenn Prof. S. ausscheide, könnten die Aktienkurse der Musterbeklagten steigen. Er hätte aber für eine Investitionsentscheidung nicht die Prognose angestellt, der Wechsel in der Führungsspitze werde bereits in der ersten Aufsichtsratssitzung nach dem Vorschlag, zugleich Dr. Z. als Nachfolger zu bestellen, beschlossen werden.
147 
Ausgehend von diesen Überlegungen wäre ein verständiger Anleger zum Ergebnis gekommen, dass es offen war, ob der Aufsichtsrat sofort zu einer Entscheidung im Sinne des Vorschlags komme, d.h. dass eine Vertagung der Entscheidung über die Ablösung und die Nachfolge genauso wahrscheinlich war wie eine Beschlussfassung.
148 
Der Senat hat erwogen, sachverständigen Rat zu der Frage einzuholen, ob die Verantwortlichen der Musterbeklagten im Zusammenhang mit dem hier streitigen Vorgang nach dem Standard ordentlicher Unternehmenspolitik gehandelt haben. Angesichts der Besonderheiten des hier vorliegenden Falles würde dies, zumal es im wesentlichen um Rechtsfragen geht, allerdings nicht weiterführen. Es ging darum, die Nachfolge des viele Jahre an der Spitze des Unternehmens stehenden Vorsitzenden des Vorstands, der nicht unumstritten war, zum Wohle des Unternehmens zu regeln. Dabei drohten vor allem, wie der Musterkläger im letzten Schriftsatz hervorgehoben hat, „Diadochenkämpfe“. Wie diese heikle Aufgabe bewältigt werden sollte, stand im pflichtgemäßen Ermessen der Beteiligten, insbesondere des Vorsitzenden des Aufsichtsrats. Der Vorwurf des Musterklägers, dieser habe die Angelegenheit verzögert, findet im Sachverhalt keine Stütze. Zwischen Mitte Mai 2005, als Prof. S. sich dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats erklärte, und der Sitzung des Aufsichtsrats am 28. Juli 2005 lagen kaum mehr als zwei Monate. In dieser Zeit mussten viele Überlegungen angestellt werden - bis hin zu den selbstverständlichen Vorbereitungen „für den Fall des Falles“, die im Büro des Vorstandsvorsitzenden und in der Kommunikationsabteilung getroffen wurden. Die Vorbereitung der Entscheidung des Aufsichtsrats war professionell, wie der Umstand zeigt, dass keine Informationen über einen bevorstehenden Wechsel an der Unternehmensspitze der Musterbeklagten an die Öffentlichkeit drangen. Dies ist angesichts der bekannt guten Kontakte der Medien, insbesondere der Wirtschaftspresse in die Unternehmen hinein überaus bemerkenswert. Soweit der Musterkläger immer wieder auf die Herren S. und G. abhebt, die von einem Unbekannten aus der Führungsetage der Musterbeklagten bereits Mitte Juli 2005 erfahren hätten, Prof. S. trete zurück, so ist nicht minder bemerkenswert, dass diese ihr angebliches Wissen nicht weitergegeben haben, möglicherweise deshalb, weil man dem Gerücht oder dem Gewährsmann, der sich bis heute nicht zu erkennen gegeben hat, nicht traute. Auf all dies kommt es jedoch nicht an. Nichts spricht dafür, dass die Verantwortlichen der Musterbeklagten bei der Vorbereitung der Sitzung des Aufsichtsrats mit taktischen Winkelzügen die Verpflichtung, gegebenenfalls eine Ad-hoc-Mitteilung zu veröffentlichen, unterlaufen wollten. Sie haben vielmehr die originäre Zuständigkeit des Aufsichtsrats respektiert, an der das WpHG nichts geändert hat.
149 
Über die weiteren vom Landgericht vorgelegten Anträge ist deshalb nicht mehr zu entscheiden. Eine Aussetzung des Verfahrens, wie der Musterkläger sie angeregt hat, ist nicht angezeigt. Das Verfahren, das bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht anhängig ist, ist für die Entscheidung des Senats nicht vorgreiflich. Es ist auch nicht erkennbar, dass nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft weitere Aufsehen erregende Enthüllungen zu erwarten sind.
150 
Die nach dem Termin vom Musterkläger eingereichten Schriftsätze geben keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 15. Feb. 2007 - 901 Kap 1/06

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(1) Musterverfahrensanträge, deren Feststellungsziele den gleichen zugrunde liegenden Lebenssachverhalt betreffen (gleichgerichtete Musterverfahrensanträge), werden im Klageregister in der Reihenfolge ihrer Bekanntmachung erfasst. (2) Das Gericht

Aktiengesetz - AktG | § 108 Beschlußfassung des Aufsichtsrats


(1) Der Aufsichtsrat entscheidet durch Beschluß. (2) Die Beschlußfähigkeit des Aufsichtsrats kann, soweit sie nicht gesetzlich geregelt ist, durch die Satzung bestimmt werden. Ist sie weder gesetzlich noch durch die Satzung geregelt, so ist der Aufs

Wertpapierhandelsgesetz - WpHG | § 13 Sofortiger Vollzug


Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach § 6 Absatz 1 bis 13 und den §§ 7 bis 10 und 54 Absatz 1 einschließlich der Androhung und der Festsetzung von Zwangsmitteln haben keine aufschiebende Wirkung.

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Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 15. Feb. 2007 - 901 Kap 1/06 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 15. Feb. 2007 - 901 Kap 1/06 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Mai 2005 - II ZR 287/02

bei uns veröffentlicht am 09.05.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 287/02 Verkündet am: 9. Mai 2005 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2005 - II ZR 314/03

bei uns veröffentlicht am 26.09.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 314/03 Verkündet am: 26. September 2005 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 08. Feb. 2006 - 20 U 24/04

bei uns veröffentlicht am 08.02.2006

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 14.09.2004 - Aktenzeichen: 12 O 553/03 wird z u r ü c k g e w i e s e n.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 15. Feb. 2007 - 901 Kap 1/06.

Landgericht Stuttgart Beschluss, 10. Sept. 2008 - 21 O 408/05

bei uns veröffentlicht am 10.09.2008

Tenor 1. Der Antrag der Kläger vom 22.08.2008 auf Erweiterung des Vorlagebeschlusses des Gerichts vom 03.07.2006 in Gestalt des berichtigten Beschlusses vom 20.07.2006 wird zurückgewiesen. 2. Eine öffentliche Bekanntmachung des Erweiterungs

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(1) Musterverfahrensanträge, deren Feststellungsziele den gleichen zugrunde liegenden Lebenssachverhalt betreffen (gleichgerichtete Musterverfahrensanträge), werden im Klageregister in der Reihenfolge ihrer Bekanntmachung erfasst.

(2) Das Gericht, das die Bekanntmachung veranlasst, trägt die datenschutzrechtliche Verantwortung für die von ihm im Klageregister bekannt gemachten Daten, insbesondere für die Rechtmäßigkeit ihrer Erhebung, die Zulässigkeit ihrer Veröffentlichung und die Richtigkeit der Darstellung.

(3) Die Einsicht in das Klageregister steht jedem unentgeltlich zu.

(4) Die im Klageregister gespeicherten Daten sind nach rechtskräftigem Abschluss des Musterverfahrens oder im Fall des § 6 Absatz 5 nach Zurückweisung des Musterverfahrensantrags unverzüglich zu löschen.

(5) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über Inhalt und Aufbau des Klageregisters, insbesondere über Eintragungen, Änderungen, Löschungen, Einsichtsrechte, Datensicherheit und Datenschutz zu treffen. Dabei sind Löschungsfristen vorzusehen sowie Vorschriften, die sicherstellen, dass die Bekanntmachungen

1.
unversehrt, vollständig und aktuell bleiben sowie
2.
jederzeit ihrem Ursprung nach zugeordnet werden können.

(1) Der Bundesanstalt stehen die Befugnisse nach Artikel 42 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 unter den dort genannten Voraussetzungen, mit Ausnahme der Voraussetzungen nach Artikel 42 Absatz 3 und 4 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014, entsprechend für Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes zu. Die Bundesanstalt kann Maßnahmen nach Satz 1 und Artikel 42 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 gegenüber jedermann treffen, soweit die Verordnung nicht unmittelbar anwendbar ist.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach Absatz 1 und Artikel 42 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 haben keine aufschiebende Wirkung.

(3) Bei der Durchführung von Prüfungen nach Artikel 42 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 und nach Absatz 1 hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Produktinterventionsmaßnahme, kann sich die Bundesanstalt externer Wirtschaftsprüfer und anderer sachverständiger Personen und Einrichtungen bedienen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 14.09.2004 - Aktenzeichen: 12 O 553/03 wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten des Streithelfers.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Kostenbetrags abwenden, wenn nicht die Beklagten und der Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Kostenbetrags leisten.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 140.247,51 EUR

Gründe

 
A.
Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz mit der Begründung, sie habe wegen der schuldhaft unzutreffenden Angaben in der Ad-hoc-Mitteilung der Rechtsvorgängerin der Beklagten Ziffer 1 (A. & B. AG) vom 24.08.2000, für welche die Beklagten Ziffer 2 und 3 persönlich verantwortlich seien, ihre zuvor erworbenen Aktien gehalten.
1.
Die Beklagte Ziffer 1 (X. AG) ist ein im Medienbereich tätiges Unternehmen. Sie ist die Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Beklagten Ziffer 1 (A. & B. AG). Die Rechtsnachfolge trat mit Wirkung zum 19.04.2004 durch Eintragung der Verschmelzung der A. & B. AG auf die C. AG bei gleichzeitiger Umfirmierung in X. AG ein.
Der Beklagte Ziffer 2 war von 1997 bis 25.07.2001 Vorstandsvorsitzender und der Beklagte Ziffer 3 von 1997 bis 31.10.1999 Finanzvorstand sowie bis 03.12.2000 stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Rechtsvorgängerin der Beklagten Ziffer 1.
Die Klägerin erwarb im Zeitraum von 21.02.2000 bis 30.03.2000 insgesamt 1.464 Aktien der Rechtsvorgängerin der Beklagten Ziffer 1 zu einem Gesamtkaufpreis in Höhe von 140.247,51 EUR. Der durchschnittliche Erwerbspreis pro Aktie betrug 95,80 EUR.
Im Zeitraum von 24.07.2000 bis 24.08.2000 lag der Eröffnungskurs der Aktie zwischen 52,00 EUR und 65,50 EUR. Am 24.08.2000 veröffentlichte die Rechtsvorgängerin der Beklagten Ziffer 1 über die Deutsche Börse und das Internet eine Ad-hoc-Mitteilung zu ihren Halbjahreszahlen 2000 mit folgenden Überschriften (Bl. 44 d.A.):
- Dynamisches Wachstum ungebrochen
- Konzernumsatz per 30. Juni 2000 um 195 Prozent auf 603,9 Mio. DM gestiegen (teilkonsolidiert)
- EBITDA steigt um 65,9 Prozent auf 236,0 Mio. DM
- EBIT erhöht sich um 39,8 Prozent auf 158,9 Mio. DM
- Nettoergebnis liegt mit 110,8 Mio. DM um 132,8 Prozent über dem Vorjahreswert
Der Eröffnungskurs der Aktie bewegte sich nach der Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 bis zum 06.10.2000 zwischen 53,90 EUR und 66,00 EUR. Am 09.10.2000 veröffentlichte die Rechtsvorgängerin der Beklagten Ziffer 1 eine Ad-hoc-Mitteilung (Bl. 83 d.A.), in der sie ihre Angaben in der Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 hinsichtlich der H. Company und der F. Gruppe korrigierte. Nach Bekanntgabe der Ad-hoc-Mitteilung vom 09.10.2000 sank der Kurs am selben Tag auf einen Schlusskurs von 39,90 EUR. Der Eröffnungskurs der Aktie bewegte sich bis zum 01.12.2000 zwischen 19,75 EUR und 45,00 EUR.
Am 01.12.2000 veröffentlichte die Rechtsvorgängerin der Beklagten Ziffer 1 eine Ad-hoc-Mitteilung (Bl. 85 d.A.) mit einer Gewinnwarnung. Daraufhin fiel der Eröffnungskurs der Aktie bis zum Ende des Jahres 2000 auf unter 6,00 EUR.
Die Klägerin hat am 02.12.2003 Klage gegen die Rechtsvorgängerin der Beklagten Ziffer 1 sowie die Beklagten Ziffer 2 und 3 erhoben und Schadensersatz in Höhe des ursprünglichen Kaufpreises von 140.247,51 EUR Zug um Zug gegen Rückgabe der 1.464 Aktien begehrt. Sie hat behauptet, dass die Beklagten ihr zum Schadensersatz verpflichtet seien, da die veröffentlichten Halbjahreszahlen 2000 in vielfacher Hinsicht grob fehlerhaft seien und sie nur aufgrund der falschen Angaben in der Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 ihre Aktien gehalten habe. Bei Kenntnis der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Rechtsvorgängerin der Beklagten Ziffer 1 und deren Zukunftsperspektiven hätte sie ihre Aktien, die ihr gesamtes Familienvermögen bildeten, verkauft. Gemeinsam mit ihrem Sohn und ihrem Ehemann habe sie wegen der Wertverluste nach Erwerb der Aktien über einen Verkauf zur Verlustbegrenzung nachgedacht. Sie sei dann zu dem Entschluss gekommen, die Aktien zu verkaufen. Allein durch die überaus positiven Zahlen und Prognosen in der Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 habe sie nach eingehender Beratung mit ihrem Sohn und ihrem Ehemann im Vertrauen auf die Zukunftsaussichten des Konzerns von der Veräußerung der Aktien Abstand genommen und die Aktien gehalten. Die folgenden Ad-hoc-Mitteilungen vom 09.10.2000 und 02.12.2000 hätten zu einem derart starken Wertverlust geführt, dass sie nicht mehr bereit gewesen sei, die Aktien zu verkaufen.
10 
Unabhängig von der Halteentscheidung der Klägerin wegen der unzutreffenden Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 habe die Klägerin auch einen Anspruch auf Schadensersatz wegen dauerhafter Zerstörung der Werthaltigkeit der Aktie. Durch das strafbare Verhalten der Beklagten könne die Aktie ihre optionale Zweckbestimmung nicht mehr erfüllen. Als Schadensersatz müsse daher der Zustand vor dem Aktienkauf wiederhergestellt werden, weswegen die Beklagten zur Erstattung des Kaufpreises gegen Rückgabe der Aktien verpflichtet seien.
11 
Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt,
12 
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 140.247,51 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit 12.09.2002 Zug um Zug gegen Rückgabe der 1.464 durch die Klägerin von der Beklagten Ziffer 1 erworbenen Aktien zu zahlen.
13 
Die Beklagten haben
14 
Klagabweisung beantragt.
15 
Die Beklagten haben erwidert, dass ein Anspruch schon allein wegen des fehlenden Ursachenzusammenhangs zwischen der Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 und einer Anlageentscheidung der Klägerin ausscheide. Im Übrigen sei die Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 inhaltlich zutreffend gewesen. Doch selbst bei Annahme einer unrichtigen Information sei ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen des Einwands rechtmäßigen Alternativverhaltens ausgeschlossen. Der behauptete Kursschaden der Klägerin wäre auch bei Veröffentlichung einer zutreffenden Ad-hoc-Mitteilung in demselben Umfang eingetreten.
16 
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen A. S. (Bl. 187 ff. d.A.). Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts (Bl. 195 ff. d.A.) Bezug genommen.
2.
17 
Das Landgericht hat zur Begründung seiner klagabweisenden Entscheidung auf den mangelnden Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität zwischen der Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 und dem Anlageverhalten der Klägerin abgestellt. Eine Beweiserleichterung durch die Annahme eines Anscheinsbeweises zugunsten der Klägerin hat die Vorinstanz abgelehnt. Ein typischer Geschehensablauf nach der Lebenserfahrung könne für den Kausalzusammenhang zwischen einer Ad-hoc-Mitteilung einer Aktiengesellschaft und dem Anlageverhalten eines Aktionärs nicht angenommen werden. Vielmehr handle es sich bei einer Anlageentscheidung um eine durch vielfältige rationale und irrationale Faktoren sinnlich nicht wahrnehmbare individuelle Willensentschließung.
18 
Durch die Bekundungen des Zeugen A. S. sei der beweisbelasteten Klägerin der Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität nicht gelungen. Die Einlassungen der Klägerin im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung und die Bekundungen des Zeugen sprächen gegen die Annahme einer konkreten Veräußerungsabsicht vor der Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000. Die Klägerin hätte die Aktien wegen ihres Glaubens an eine positive Entwicklung auch bei Veröffentlichung der zutreffenden Halbjahreszahlen 2000 nicht veräußert. Im Übrigen sei der Vortrag der Klägerin zum Schadensumfang nicht schlüssig.
3.
19 
Gegen das ihr am 17.09.2004 zugestellte Urteil (Bl. 209 d.A.) hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.10.2004 (Bl. 219 d.A.), der am selben Tag bei Gericht eingegangen ist, Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 17.12.2004 (Bl. 239 ff. d.A.), der ebenfalls am selben Tag bei Gericht eingegangen ist, begründet.
20 
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung der Aussage des Zeugen A. S. sei rechtsfehlerhaft, da sie in unmittelbarem Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut der Aussage stehe und gegen die allgemeinen Denk- und Erfahrungssätze verstoße. Die glaubwürdigen Bekundungen des Zeugen hätten den klägerischen Vortrag zur haftungsbegründenden Kausalität der falschen Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 für die Halteentscheidung bewiesen. Die Klägerin habe allein wegen der in der Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 veröffentlichten Halbjahreszahlen und der entsprechenden Medienberichterstattung von ihrer konkreten Verkaufsabsicht Abstand genommen. Aus dem späteren Nichtverkauf der Aktien nach der Richtigstellung durch die Ad-hoc-Mitteilung vom 09.10.2000 und die Gewinnwarnung vom 01.12.2000 dürften keine Rückschlüsse auf das Anlageverhalten der Klägerin im August 2000 gezogen werden.
21 
Im Übrigen komme der Klägerin auch der aus der Prospekthaftung hergeleitete Anscheinsbeweis zugute. Die streitgegenständliche Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 enthalte in ausführlicher und detaillierter Form die Halbjahreszahlen 2000 der Rechtsvorgängerin der Beklagten Ziffer 1, weshalb sie einem Börsenzulassungsprospekt vergleichbar sei. Folgerichtig müsse die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Anscheinsbeweis bei der Prospekthaftung entsprechend angewendet werden.
22 
Darüber hinaus habe das Landgericht in seiner Entscheidung den Schaden der Klägerin rechtsfehlerhaft ausschließlich auf die Halteentscheidung als Folge der falschen Ad-hoc-Mittelung vom 24.08.2000 eingeengt. Der Klägerin stehe wegen des kriminellen Verhaltens der Beklagten Ziffer 2 und 3 und der weit reichenden Folgen für den Neuen Markt sowie der ruinösen Auswirkungen auf die Beklagte Ziffer 1 nicht nur ein Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens zu. Vielmehr hätten die Beklagten durch ihr strafbares Verhalten die Aktie an sich auf unabsehbare Dauer „verbrannt“, weswegen im Wege der Naturalrestitution der Zustand wiederherzustellen sei, der vor dem Kauf der Aktien durch die Klägerin bestanden habe.
23 
Dieser Anspruch der Klägerin auf Ersatz des Gesamtschadens ihres Engagements ergebe sich nicht nur aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG, 264 a Abs. 1 Nr. 1 StGB und § 826 BGB, sondern darüber hinaus aus § 823 Abs. 1 BGB. Bei einer nachhaltigen Entwertung des Mitgliedschaftsrechts durch ein strafbares Verhalten sei eine Verletzung einer absolut geschützten Rechtsposition im Sinn des § 823 Abs. 1 BGB gegeben, die zur Erstattung des Kaufpreises gegen die Rückgabe der Aktien berechtige.
24 
Schließlich habe es das Landgericht rechtsfehlerhaft unterlassen, die Akten des Strafverfahrens gegen die Beklagten Ziffer 2 und 3 vor dem Landgericht bei zu ziehen. Auch die Akten des Zivilverfahrens der Beklagten Ziffer 1 gegen die Beklagten Ziffer 2 und 3 vor dem Landgericht seien bei zu ziehen.
25 
Die Klägerin beantragt,
26 
das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 140.247,51 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit 12.09.2002 Zug um Zug gegen Rückgabe der Aktien, die derzeit von der Klägerin als Ersatz für die ursprünglich erworbenen 1.464 Aktien der Rechtsvorgängerin der Beklagten Ziffer 1 gehalten werden, zu zahlen.
27 
Die Beklagten Ziffer 1, 2 und 3 beantragen,
28 
die Berufung zurückzuweisen.
29 
Die Beklagten halten das klagabweisende Urteil des Landgerichts für zutreffend. Das Landgericht habe die Aussage des Zeugen A. S. richtig gewürdigt und den Nachweis einer konkreten Veräußerungsabsicht der Klägerin vor der Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 verneint. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 für die Anlageentscheidung der Klägerin nicht ursächlich gewesen sei, sondern sie unabhängig davon eine günstige Kursentwicklung habe abwarten wollen.
30 
Eine Beweiserleichterung durch die Annahme eines Anscheinsbeweises komme nicht in Betracht, da die Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 nicht mit einem Börsenzulassungsprospekt vergleichbar sei. Sie enthalte weder eine vollständige Unternehmensdarstellung noch sei sie zur Werbung für den Erwerb von Aktien außerhalb der geregelten Aktienmärkte bestimmt.
31 
Darüber hinaus könne der Klägerin auch kein Anspruch auf Ersatz des Gesamtschadens durch Wiederherstellung des Zustands vor dem Aktienkauf zustehen. In Betracht komme als Rechtsfolge allenfalls die Zahlung des hypothetischen Verkaufspreises zum Kurs an dem ursprünglich geplanten Verkaufstermin gegen Überlassung der noch vorhandenen Aktien.
32 
Der Klägerin stehe auch kein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu, da im vorliegenden Rechtsstreit keine Beeinträchtigung des Mitgliedschaftsrechts selbst gegeben sei. Wertminderungen bei Aktien seien reine Vermögensschäden, die nicht über § 823 Abs. 1 BGB ersatzfähig seien.
33 
Schließlich sei die Beiziehung der Akten des Strafverfahrens gegen die Beklagten Ziffer 2 und 3 vor dem Landgericht entbehrlich, da die geltend gemachten Ansprüche bereits an der fehlenden Kausalität der Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 für die Anlageentscheidung der Klägerin scheiterten. Auch die Akten des zivilrechtlichen Verfahrens der Beklagten Ziffer 1 gegen die Beklagten Ziffer 2 und 3 vor der Kammer für Handelssachen des Landgerichts seien nicht bei zu ziehen, da der vorliegende Rechtsstreit durch den Gegenstand des Organhaftungsverfahrens nicht berührt werde.
4.
34 
Der Streithelfer ist mit Schriftsatz vom 28.02.2005 (Bl. 267 d.A.) dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten Ziffer 1 beigetreten.
35 
Der Streithelfer beantragt,
36 
die Berufung zurückzuweisen und der Klägerin die durch die Nebenintervention verursachten Kosten aufzuerlegen.
37 
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Klägervertreters vom 17.12.2004 (Bl. 239 ff. d.A.) und 12.01.2006 (Bl. 299 ff. d.A.), des Vertreters der Beklagten Ziffer 1 vom 18.10.2005 (Bl. 288 ff. d.A.) sowie der Vertreter der Beklagten Ziffer 2 und 3 jeweils vom 19.10.2005 (Bl. 295 ff. d.A.) verwiesen.
B.
38 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Urteil des Landgerichts beruht auf keinem Rechtsfehler. Die der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung.
I.
39 
Der Klägerin steht der von ihr begehrte Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
1.
40 
Die Klägerin hat keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte Ziffer 1 wegen Veröffentlichung unwahrer Tatsachen in einer Mitteilung über kursbeeinflussende Tatsachen nach § 37 c WpHG.
41 
Die eigenständigen Anspruchsgrundlagen gegen die Gesellschaft für Verstöße gegen die Ad-hoc-Publizität gem. §§ 37 b, c WpHG sind nicht anwendbar, da die Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 bereits vor dem Inkrafttreten des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 21.06.2002 (BGBl. I, S. 2010) veröffentlicht worden ist. In der bis dahin geltenden Fassung des Gesetzes vom 09.09.1998 hatte der Gesetzgeber in § 15 Abs. 6 S. 1 WpHG noch eine besondere Schadensersatzhaftung des Emittenten für die Verletzung der ihm gem. § 15 Abs. 1, 2 und 3 WpHG a.F. auferlegten Ad-hoc-Publizität ausdrücklich ausgeschlossen und damit zugleich klargestellt, dass die Norm kein Schutzgesetz im Sinn des § 823 Abs. 2 BGB ist (vgl. BVerfG ZIP 2002, 1986, 1988; BGH NJW 2004, 2664, 2665 - Infomatec - jeweils auch zum fehlenden Schutzgesetzcharakter des § 88 BörsG a.F.; Kort AG 2005, S. 21, 23).
2.
42 
Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Schadensersatzanspruch wegen unrichtiger Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG sowie wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gem. § 826 BGB, hinsichtlich der Beklagten Ziffer 1 jeweils i.V.m. § 31 BGB analog.
a)
43 
Zwar handelt es sich bei § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG um ein Schutzgesetz im Sinn des § 823 Abs. 2 BGB. Die Vorschrift dient dem Schutz des Vertrauens potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre der Gesellschaft in die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über die Gesellschaftsverhältnisse (vgl. dazu ausführlich BGH NJW 2004, 2664, 2665 - Infomatec -; BGH NJW 2001, 3622; OLG Stuttgart OLGR 1998, 143, 144; OLG München NJW 2003, 144; Otto in: Großkommentar zum Aktiengesetz, 4. Auflage 1997, § 400 Rdn. 2; Kort AG 2005, 21, 24).
44 
Auch schließt sich der Senat in vollem Umfang den überzeugenden Ausführungen des I. Strafsenats des BGH im Urteil vom 16.12.2004 (Az.: I StR 420/03) im Strafverfahren gegen die Beklagten Ziffer 2 und 3 an, wonach die Bekanntgabe der Halbjahreszahlen 2000 in Berichtsform eine Darstellung über den Vermögensstand und die tabellarische Zusammenstellung des Zahlenmaterials eine Übersicht über den Vermögensstand im Sinne dieser Vorschrift sind (BGH NJW 2005 S. 445, 447 ff.). Der II. Zivilsenat des BGH hat in seinem Urteil vom 09.05.2005 gegen die drei Beklagten (Az.: II ZR 287/02 - EM.TV -, NJW 2005, 2450, 2451, 2453) auf die Feststellungen des Strafverfahrens ausdrücklich verwiesen.
45 
Die Unrichtigkeit der wiedergegebenen Gesellschaftsverhältnisse in der Ad-hoc-Mitteilung der Rechtsvorgängerin der Beklagten Ziffer 1 vom 24.08.2000 (Bl. 81 f. d.A.) ergibt sich auch unmittelbar aus der Ad-hoc-Mitteilung vom 09.10.2000 (Bl. 83 f. d.A.), in der sie selbst ihre früheren Angaben richtig stellt. Maßstab für die Richtigkeit ist der Inhalt der Erklärung, wobei es darauf ankommt, wie dieser aus Sicht eines bilanzkundigen Lesers als Erklärungsempfänger verstanden werden durfte (vgl. dazu BGH NJW 2005, 445, 449; Otto aaO § 400, Rdn. 14).
46 
Die eigene Richtigstellung in der Ad-hoc-Mitteilung vom 09.10.2000 bezog sich auf zwei Punkte der ursprünglichen Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000:
47 
- Überhöhte Umsatzzahlen bei der H. Company
48 
In Höhe von 31,6 Mio. DM ist bei der H. Company ein Umsatz per 30.06.2000 mit impliziertem Ergebnisbeitrag in Höhe von 6,3 Mio. DM erfasst, der erst phasenverschoben in den nächsten beiden Quartalen zu erfassen ist.
49 
- Keine Abgrenzung zum maßgeblichen Erwerbsstichtag bei der F. Gruppe
50 
Die Umsatzzahlen der F. Gruppe beziehen sich auf das gesamte erste Halbjahr 2000, obwohl die 50 %ige Beteiligung an der S. tatsächlich erst zum 12.05.2000 erworben wurde. Ausweislich des rechtskräftigen Strafurteils gegen die Beklagten Ziffer 2 und 3 betrug der zu Unrecht eingestellte Umsatzanteil im Zeitraum vom 01.01.2000 bis zum 11.05.2000 insgesamt 138,189 Mio. DM (BGH NJW 2005, 445, 445).
b)
51 
Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG sowie § 826 BGB scheitert jedoch am fehlenden Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität zwischen der unrichtigen Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 und der Halteentscheidung.
52 
Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG sowie § 826 BGB setzt voraus, dass die fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 für die individuelle Anlageentscheidung der Klägerin ursächlich war. Die deliktische Haftung für eine fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilung erfordert nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung und herrschenden Literatur im haftungsbegründenden Tatbestand die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und der Anlageentscheidung (vgl. dazu nur BGH NJW 2004, 2664, 2667 - Infomatec -; BGH NJW 2005, 2450, 2453 - EM. TV -; OLG Frankfurt NZG 2005, 516, 517 - Comroad -; Hutter/Stürwald NJW 2005 S. 2428, 2430; Kort AG 2005, S. 21, 25 f.; Veil ZHR 167, S. 139, 182).
53 
Da die Klägerin ihre 1.464 Aktien an der Rechtsvorgängerin der Beklagten Ziffer 1 bereits im Februar und März 2000 erwarb, war die fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 für den Erwerbsvorgang nicht ursächlich. In Betracht kommt ein Schadensersatzanspruch zwar auf der Grundlage der Behauptung der Klägerin, sie habe als Altanlegerin im Vertrauen auf die Richtigkeit der Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 ihre Aktien nicht verkauft. Das setzt aber voraus, dass der Altanleger durch eine unerlaubte Handlung des Vorstands nachweisbar von dem zu einem bestimmten Zeitpunkt fest beabsichtigten Verkauf der Aktien Abstand genommen hat (so ausdrücklich der II. Zivilsenat des BGH, NJW 2005, 2450, 2453 - EM.TV -; Hutter/Stürwald NJW 2005, 2428, 2431). Diesen Nachweis hat die Klägerin nicht geführt.
aa)
54 
Der Klägerin kommt kein Beweis des ersten Anscheins dafür zugute, dass sie wegen der falschen Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 ihre Verkaufsabsicht aufgegeben hat oder dass sie bei einer zutreffenden Mitteilung eine Verkaufsentscheidung getroffen und umgesetzt hätte.
55 
Dabei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob den Ausführungen des II. Zivilsenats des BGH in den Infomatec-Entscheidungen (NJW 2004, 2664, 2666 f.) zu entnehmen ist, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Anscheinsbeweis bei der Prospekthaftung nach der früheren Fassung des BörsG auf Ad-hoc-Mitteilungen nach dem WpHG ausnahmsweise übertragbar ist, wenn die Mitteilung ein Gesamtbild des Unternehmens darstellt (so Fleischer ZIP 2005, 1805, 1807; Edelmann BB 2004, 2031, 2033), oder ob eine Übertragung stets ausgeschlossen ist (so OLG Frankfurt NZG 2005, 516, 517 - Comroad -; Kort AG 2005, 21, 25 f.). Denn der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Anscheinsbeweis bei Börsenzulassungsprospekten (vgl. dazu ausführlich BGHZ 139, 225, 233 f.) liegt zugrunde, dass solche Prospekte bezwecken, die Einschätzung des Wertpapiers in Fachkreisen mitzubestimmen und so für einen begrenzten Zeitraum nach ihrer Veröffentlichung eine so genannte „Anlagestimmung“ zu erzeugen. Diese kann der Anleger als typisierten Zusammenhang zwischen einem Prospektfehler und seiner Kaufentscheidung nach Art einer tatsächlichen Vermutung für sich in Anspruch nehmen.
56 
Übertragbar auf fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen wäre das allenfalls dann, wenn diese nicht nur in Bezug auf Informationsumfang, -gehalt und -wirkung einem Emissionsprospekt vergleichbar wären, sondern wenn es außerdem um die Erzeugung einer Anlagestimmung unmittelbar nach Herausgabe der Mitteilung ginge. Dagegen ist nicht ersichtlich, woraus und in welcher Weise sich im vorliegenden Rechtsstreit ein typisierter Verlauf in Form einer Art „Haltestimmung“ bei bereits investierten Altanlegern ergeben soll. Das Landgericht hat daher zu Recht ausgeführt, dass die Entscheidung, ob das bereits zuvor getätigte Engagement mit Verlust abgeschlossen oder im Glauben auf eine Besserung fortgesetzt wird, von vielfältigen rationalen wie irrationalen Faktoren abhängig und daher nicht typisierbar ist. Gerade beim Altanleger ist diese Entscheidung auch wesentlich von der Entwicklung des Aktienkurses seit Beginn seines individuellen Engagements abhängig. Dagegen trägt die Klägerin auch in der Berufungsbegründung nichts Erhebliches vor.
bb)
57 
Zu Recht hat sich das Landgericht deshalb auf die notwendige Kausalitätsfeststellung im haftungsbegründenden Tatbestand konzentriert. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin muss nachweisen, dass sie vor Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 ihre Aktien konkret verkaufen wollte und dass sie durch die unzutreffende Mitteilung davon abgehalten wurde.
58 
Nach den Feststellungen des Landgerichts konnte die Klägerin nicht beweisen, dass sie eine konkrete Veräußerungsabsicht vor Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 hatte. An die Feststellungen der Vorinstanz ist der Senat gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen bestehen. Eine erneute Beweisaufnahme kommt nur in Betracht, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass dadurch die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden (vgl. ausführlich zur Tatsachenbindung des Berufungsgerichts: Zöller/Gummer/Heßler, Zivilprozessordnung, 25. Auflage 2005, § 529 Rdn. 3 ff.; Musielak/Ball, Zivilprozessordnung, 4. Auflage 2005, § 529 Rdn. 2 ff.; Thomas/Putzo/Reichold, Zivilprozessordnung, 27. Auflage 2005, § 529 Rdn. 2 ff.). Theoretische Bedenken oder die abstrakte Möglichkeit abweichender Tatsachenfeststellungen reichen dagegen nicht aus.
59 
Im Ergebnis bieten die entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit. Bei der gebotenen ganzheitlichen Würdigung mit der Vernehmungsniederschrift (Bl. 187 ff. d.A.) ergeben sich weder Widersprüche zu den Feststellungen im Urteil noch zu den allgemeinen Denk- und Erfahrungssätzen.
60 
Der protokollierten Aussage des Zeugen A. S. kann entgegen dem Vorbringen der Klägerin in der Berufungsbegründung keine den Urteilsfeststellungen widersprechende Bedeutung beigemessen werden. Die Klägerin hat zwar mit ihrem Hinweis recht, dass durch die Zeugenaussage ihr Vortrag belegt wurde, sie habe wegen gefallener Kurse über einen Verkauf nachgedacht (Bl. 242 d.A. oben). Nicht richtig ist aber, dass das „im Zeitraum unmittelbar vor der falschen Ad-hoc-Mitteilung“ gewesen sein soll. Nach den Bekundungen des Zeugen, wie sie die Berufungsbegründung selbst wiedergibt, wollten seine Eltern schon im „Mai, Juni, Juli“ verkaufen (Bl. 189 d.A. oben), nachdem der Kurs gegenüber dem Kurs beim Aktienerwerb deutlich gefallen war. An anderer Stelle hat der Zeuge angegeben, sein Vater habe schon bei einem Kurs von 96 EUR vom Verkaufen gesprochen (Bl. 190 d.A. Mitte). Tatsächlich wurden eventuelle Überlegungen zu einem Verkauf im „Mai, Juni, Juli“ aber nicht weiter verfolgt, „da die Verluste doch schon hoch waren“. Eine etwaige Verkaufsabsicht wurde jedenfalls zu keiner Zeit konkret. Wie aus den von der Klägerin vorgelegten Zeitungsberichten folgt, bewegte sich der Kurs schon seit Mitte Mai 2000 seitwärts, also in einem Bereich, in dem er sich auch noch bei Veröffentlichung der unrichtigen Ad-hoc-Mitteilung am 24.08.2000 aufhielt. Mit der sehr vagen Aussage des Zeugen konnte jedenfalls nicht bewiesen werden, dass die bis dahin haltende Klägerin nun ausgerechnet vor der fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 die Aktien konkret verkaufen wollte.
61 
Nach der Beweisaufnahme ist vielmehr davon auszugehen, dass die Klägerin schon seit längerem über den Kursverlauf enttäuscht und verunsichert, letztlich aber nicht bereit war, die zum damaligen Zeitpunkt bereits eingetretenen Verluste von etwa 30 % gegenüber dem Erwerbspreis zu realisieren. Darauf beziehen sich die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, wonach die Klägerin im Glauben an steigende Kurse nicht verkauft habe. In der informatorischen Anhörung im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2004 hatte die Klägerin selbst erklärt, dass sie immer an X. geglaubt und das für eine gute Anlage gehalten habe (Bl. 126 d.A.). Sie hat subjektiv stets an künftige Kurssteigerungen geglaubt und deshalb die Aktie unabhängig von der fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 nicht verkauft.
c)
62 
Auf eine konkrete Schadensberechnung gem. §§ 249 ff. BGB kommt es daher im vorliegenden Rechtsstreit nicht mehr an. Indes wäre der Schaden durch die Klägerin aber auch nicht schlüssig dargelegt worden.
63 
Zu Unrecht meint die Klägerin, der Schaden bestimme sich auch beim haltenden Altanleger nach dem Kaufpreis, der ihm im Wege der Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB zu ersetzen sei. Nach dem obiter dictum des II. Zivilsenats des BGH in seinem Urteil vom 09.05.2005 (BGH NJW 2005, 2450, 2453 - EM. TV -) kann bei einer Halteentscheidung von Altanlegern selbstverständlich nicht der hier begehrte Erwerbspreis als Schadensersatz beansprucht werden, sondern der hypothetische Verkaufspreis zum Kurs an dem ursprünglich geplanten Verkaufstermin gegen Überlassung der etwa noch vorhandenen Aktien oder unter Anrechnung des zwischenzeitlich tatsächlich erzielten Verkaufserlöses.
64 
Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB bedeutet Wiederherstellung des Zustands, wie er ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Deshalb ist es richtig, einen Anleger, der infolge des schädigenden Ereignisses angelegt hat, so zu stellen, als ob er nicht angelegt hätte, ihm also den Kaufpreis gegen Herausgabe der Aktien zu erstatten.
65 
Das passt bei dem Anleger, der die Aktie zu einem Zeitpunkt vor dem schädigenden Ereignis erworben hat, indes nicht. Der Aktienerwerb fand gerade ohne Einfluss des schädigenden Ereignisses statt. Der Schaden darf nicht mit dem Kaufpreis gleichgesetzt werden, den der Anleger für die Aktien aufgewendet hat. Dieser Ansatz ist verfehlt, weil er die in der Zeit zwischen Aktienkauf und Schadensereignis eingetretenen Kursänderungen in die Schadensberechnung mit einbezieht, obwohl sie nicht auf das Schadensereignis zurückzuführen sind. Ist durch eine Fehlinformation des Vorstands ein Kurssturz eingetreten, so ist ein etwaiger Schaden für jeden zu diesem Zeitpunkt investierten Aktionär pro Aktie genau gleich groß, unabhängig davon, wann und zu welchem Kurs er die Aktie zuvor erworben hatte und ob er infolgedessen bis zum Schadensereignis Kursgewinne oder -verluste zu verbuchen hatte.
d)
66 
Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG sowie § 826 BGB lässt sich auch nicht damit begründen, dass die Aktie - losgelöst vom Nachweis der Kausalität der fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 für die Halteentscheidung - infolge des eingetretenen Vertrauensverlusts letztlich „verbrannt“, also dauerhaft wertlos oder wertgemindert sei.
67 
Die Auffassung der Klägerin zielt im Ergebnis auf die Abschaffung des Kausalitätserfordernisses zwischen der fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung als Pflichtverletzung und der individuellen Anlageentscheidung eines Anspruchstellers. Danach könnten beim Vorliegen einer unrichtigen Ad-hoc-Mitteilung auch alle untätig bleibenden Altanleger das von ihnen selbst zu tragende allgemeine Kursrisiko ohne Kausalitätsnachweis für eine individuelle Anlageentscheidung stets auf die Gesellschaft abwälzen. Der Kursverfall allein vermag aber eine zivilrechtliche Haftung nicht zu begründen. Vielmehr erfordert die deliktische Haftung für eine fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilung nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung und herrschenden Literatur im haftungsbegründenden Tatbestand die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und der Anlageentscheidung (vgl. dazu nur BGH NJW 2004, 2664, 2667 - Infomatec -; BGH NJW 2005, 2450, 2453 - EM.TV -; OLG Frankfurt NZG 2005, 516, 517 - Comroad -; Hutter/Stürwald NJW 2005 S. 2428, 2430; Kort AG 2005, 21, 25 f.; Veil ZHR 167, S. 139, 182). Der BGH hat in keinem der einschlägigen Urteile eine Ausweitung der deliktischen Haftung unter Aufgabe des Kausalitätsnachweises für eine individuelle Anlageentscheidung auch nur erwogen, sondern stattdessen die Anforderungen an den Kausalitätsnachweis im Einzelfall präzisiert. Mit der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung und herrschenden Literatur hält der Senat eine systemwidrige Ausweitung der kapitalmarktrechtlichen Informationsdeliktshaftung unter Aufgabe des Kausalitätsnachweises für eine Anlageentscheidung des Anspruchstellers für nicht vertretbar (so auch im Ergebnis: Kowalewski/Hellgardt DB 2005, S. 1839, 1842; Fleischer ZIP 2005, S. 1805, 1808 mit rechtsvergleichenden Hinweisen zur Judikatur in den USA und Frankreich).
68 
Darüber hinaus könnte auch nicht begründet werden, wie und vor allem zu welchem Zeitpunkt man einen Schaden bei einem Kursverlust ermitteln soll, wenn sich der Anteilsinhaber zum dauerhaften Halten der Aktie entschlossen hat. Das bewusste Halten der Aktien durch die Klägerin selbst nach der Richtigstellung in der Ad-hoc-Mitteilung vom 09.10.2000 und der Gewinnwarnung in der Ad-hoc-Mitteilung vom 01.12.2000 unterbricht jedenfalls den Zurechnungszusammenhang zwischen der fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 und dem späteren Kursverlust. Die Gründe, die für die ursprüngliche Halteentscheidung angeblich maßgebend waren, sind spätestens dann entfallen.
69 
Die weiteren Überlegungen der Klägerin zur Haftung für den „Gesamtschaden“, der ihr in Höhe des im Februar und März 2000 gezahlten Kaufpreises zu ersetzen sei, sind aber auch schon in sich nicht nachvollziehbar. Die Klägerin will hier einerseits auf ihre Halteentscheidung abstellen, andererseits aber berücksichtigt wissen, dass der Aktienkurs ohne die Fehlinformation auch hätte steigen oder den ursprünglichen Kaufpreis gar übersteigen können (Bl. 250 d.A.). Sie sieht gleichzeitig ein, dass dies völlig hypothetisch ist. Von hypothetischen Entwicklungen würde sie aber nicht profitieren, wenn sie verkauft hätte.
3.
70 
Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten wegen Kapitalanlagebetrugs gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264 a Abs. 1 StGB kommt aus denselben Gründen nicht in Betracht. Es kann daher offen bleiben, ob der Tatbestand der Strafvorschrift neben der Entscheidung über den Erwerb und die Erhöhung von Anteilen auch die Halteentscheidung eines investierten Altanlegers erfasst.
4.
71 
Die Klägerin hat gegen die Beklagten auch keinen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, hinsichtlich der Beklagten Ziffer 1 i.V.m. § 31 BGB analog.
72 
Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass das Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs als absolut geschütztes „sonstiges“ Recht verletzt ist. Es muss ein Eingriff vorliegen, der sich unmittelbar gegen den Bestand der Mitgliedschaft oder die in ihr verkörperten Rechte und Betätigungsmöglichkeiten, wie etwa Stimm- oder Gewinnbezugsrechte, richtet. Dagegen sind reine Vermögensschäden, wie sie durch die Wertminderung des Anteils hervorgerufen werden, nicht über § 823 Abs. 1 BGB ersatzfähig. Denn die Mitgliedschaft als verbandsrechtliches Teilhaberecht erstreckt sich nicht auf den jeweiligen Kurswert des einzelnen Anteils, da dieser gerade keinen absoluten Schutz genießt (vgl. statt aller: Münchner Kommentar zum Aktienrecht/Hefermehl/Spindler, Band 3, 2. Auflage 2004, § 93 Rdn. 170; Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch/Wagner, Band 5, 4. Auflage 2004, § 823 Rdn. 165; ausführlich zu den dogmatischen Grundlagen: Karsten Schmidt JZ 1991, 157, 158 ff.; differenzierend: Staudinger/Hager, BGB, 13. Auflage 1999, § 823 Rdn. B 143, der - nicht näher eingegrenzte - Ausnahmefälle zulassen möchte).
73 
Im vorliegenden Rechtsstreit möchte die Klägerin die Beklagten als Gesamtschuldner für die massiven Kursverluste infolge der fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 und den dadurch ausgelösten dauerhaften Vertrauensverlust haftbar machen. Entgegen der Diktion des Klägervertreters („Verbrennen“, „Zerstören“) blieben das Mitgliedschaftsrecht der Klägerin und die darin verkörperten Rechte und Betätigungsmöglichkeiten aber vom Kurseinbruch unberührt. Allein der Wert der Mitgliedschaft und damit das Vermögen der Klägerin wurden beeinträchtigt. Der von der Klägerin behauptete dauerhafte Vertrauensverlust der Anleger gegenüber der Beklagten Ziffer 1 vermag an der Qualifikation des Kursverlusts als Vermögensschaden nichts zu ändern, da das ursprüngliche Vertrauen der Anleger in die Gesellschaft schon nicht dem Zuweisungsgehalt des Mitgliedschaftsrechts unterfiel.
74 
Zum Schutz der Vermögensinteressen der Anleger hat der Gesetzgeber gerade bei fehlerhaften Informationen, die an den Kapitalmarkt gegeben werden, in den §§ 37 b, c WpHG; 400 Abs. 1 AktG; 264 a StGB Sondertatbestände geschaffen. Eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB neben der Haftung nach diesen Sondertatbeständen und § 826 BGB wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung des II. Zivilsenats des BGH in den einschlägigen Entscheidungen zur Haftung wegen fehlerhafter Ad-hoc-Mitteilungen (- Infomatec - NJW 2004, 2664 ff.; - EM. TV - NJW 2005, 2450 ff.) nicht erwogen.
75 
Die vom Klägervertreter angeführte „Schärenkreuzer“-Entscheidung des II. Zivilsenats des BGH vom 12.03.1990 (BGH NJW 1990, 2877 ff.), die im regelwidrigen Ausschluss der Yacht eines Mitglieds eines eingetragenen Vereins von der Teilnahme an Bodensee-Regatten durch den Vorstand angesichts des konkreten Satzungszwecks eine Verletzung des „Kerns der Mitgliedschaft“ sah, kann auf die Haftung für reine Kursverluste einer Aktie infolge fehlerhafter Ad-hoc-Mitteilungen durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft nicht übertragen werden. Unabhängig von der Kritik an dieser vereinzelt gebliebenen Entscheidung (vgl. dazu eingehend: Karsten Schmidt JZ 1991, S. 157, 159 ff.; Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch/Wagner, Band 5, 4. Auflage 2004, § 823 Rdn. 166) bildet der an der Börse frei ermittelte Kurswert einer Aktie jedenfalls nicht den „Kern der Mitgliedschaft“ und der in ihr verkörperten Rechte und Betätigungsmöglichkeiten.
II.
76 
In diesem Rechtsstreit waren weder die Akten des Strafverfahrens gegen die Beklagten Ziffer 2 und 3 noch die Akten des Zivilverfahrens der Beklagten Ziffer 1 gegen die Beklagten Ziffer 2 und 3 bei zu ziehen.
1.
77 
Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei von einer Beiziehung der Akten des Strafverfahrens gegen die Beklagten Ziffer 2 und 3 vor dem Landgericht abgesehen. Mangels nachgewiesener Kausalität der fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung vom 24.08.2000 für eine Anlageentscheidung der Klägerin ist der Inhalt der Strafakte für die Entscheidung des vorliegenden Zivilrechtsstreits nicht erheblich.
2.
78 
Dem Ansinnen der Klägerin, auch die Akten des Zivilrechtsstreits der Beklagten Ziffer 1 gegen die Beklagten Ziffer 2 und 3 vor dem Landgericht bei zu ziehen, ist nicht Folge zu leisten. Für eine Beiziehung dieser Akten besteht kein Anlass. Es ist nicht konkret dargetan, welche Aktenbestandteile daraus zum Beweis welcher im vorliegenden Rechtsstreit vorgetragenen Tatsachen dienen sollen. Nach dem vorgelegten Pressebericht (Anl. K 14; Bl. 255 d.A.) geht es vor dem Landgericht darum, dass die Beklagte Ziffer 1 einen Schaden zu Lasten des Gesellschaftsvermögens durch Managementfehler beim Erwerb der F. Beteiligung behauptet. Auch wenn eine solche Haftung bestehen sollte, begründet dies keinen Anspruch der Klägerin als Anteilseignerin. Der dem Gesellschafter mittelbar durch die Wertminderung seines Anteils entstehende Schaden (sogenannter Doppel- oder Reflexschaden) ist durch eine Ersatzleistung in das Gesellschaftsvermögen auszugleichen.
III.
79 
Der Hinweis des Prozessbevollmächtigten der Beklagten Ziffer 1 im Schriftsatz vom 03.01.2006 (Bl. 298 d.A.), dass in einem Parallelverfahren bei dem Landgericht ein Musterfeststellungsantrag gestellt wurde, hat auf den vorliegenden Rechtsstreit keine Auswirkung. Nach § 7 des Gesetzes über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz - KapMuG), das zum 01.11.2005 in Kraft trat, ist eine Aussetzung des Verfahrens nur möglich, wenn das zuständige Oberlandesgericht nach Eingang des Vorlagebeschlusses das Musterverfahren im Klageregister bekannt macht und die Entscheidung von der im Musterverfahren zu treffenden Feststellung oder der im Musterverfahren zu klärenden Rechtsfrage abhängt.
80 
Im Klageregister des Bundesanzeigers (Internetadresse: www.ebundesanzeiger.de) befinden sich - Stand: 18.01.2006 - überhaupt nur zwei Musterfeststellungsanträge in Verfahren gegen die D. vor dem Landgericht. Selbst in diesen Verfahren wurde aber der für die Aussetzung nach § 7 KapMuG erforderliche Vorlagebeschluss an das Oberlandesgericht, der gem. § 4 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG seinerseits mindestens neun weitere gleichgerichtete Musterfeststellungsanträge voraussetzt, noch nicht erlassen. Darüber hinaus hängt die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit auch nicht von einer in einem - möglicherweise zukünftigen - Musterverfahren zu treffenden Feststellung oder zu klärenden Rechtsfrage ab, da die Feststellung der Kausalität der Ad-hoc-Mitteilung für die individuelle Anlageentscheidung nicht pauschal, sondern nur im konkreten Einzelfall entschieden werden kann (vgl. BGH NJW 2005, 2450, 2453 - EM. TV -).
IV.
81 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
82 
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts gem. § 543 Abs. 2 ZPO. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung zur Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen (vor allem in: BGH NJW 2004, 2664 ff. - Infomatec -; BGH NJW 2005, 2450 ff. - EM. TV -) geklärt. Die vorliegende Entscheidung überträgt diese anerkannten Grundsätze auf den konkreten Einzelfall.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 287/02 Verkündet am:
9. Mai 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 31, 249 Fb, Hd, 826 A, E; AktG §§ 57, 71

a) Im Rahmen der persönlichen Haftung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft
nach § 826 BGB für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen ist nicht
etwa nur der Differenzschaden des Kapitalanlegers in Höhe des Unterschiedsbetrages
zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem
Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, zu ersetzen
; der Anleger kann vielmehr Naturalrestitution in Form der Erstattung
des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien oder
- sofern diese wegen zwischenzeitlicher Veräußerung nicht mehr vorhanden
sind - gegen Anrechnung des an ihre Stelle getretenen Veräußerungspreises
verlangen (vgl. Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, ZIP 2004, 1593; 1597
- z.V.b. in BGHZ 160, 149).

b) Eine gesamtschuldnerische Haftung auf Naturalrestitution trifft auch die
Aktiengesellschaft, die für die von ihrem Vorstand durch falsche Ad-hocMitteilungen
begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen analog
§ 31 BGB einzustehen hat. Die Naturalrestitution als Form des Schadensausgleichs
ist nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften
über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) und das
Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen.
BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 9. Mai 2005 durch die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Münke und Caliebe

für Recht erkannt:
I. Auf die Revisionen der Kläger zu 1, 3, 4, 9, 10, 11, 15, 16, 17, 22, 23, 24, 25, 29, 35, 36, 43, 44, 45, 48, 49, 50, 52, 54, 55, 58 und 59 wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Juli 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als deren Klagen abgewiesen worden sind.
II. Auf die Revisionen der Kläger zu 7, 8, 12, 19 und 20, 30, 32, 33 und 34, 39, 41 und 42, 46, 51 und 56 wird das vorbezeichnete Urteil weiter im Kostenpunkt und im nachfolgend näher bezeichneten Umfang der Abweisung ihrer Klagen aufgehoben : 1. Klägerin zu 7 in Höhe von insgesamt 8.075,00 € nebst Zinsen (Kauf vom 17. April 2000 über 3.775,00 € und vom 9. Oktober 2000 über 4.300,00 €); 2. Kläger zu 8 in Höhe von insgesamt 15.245,00 € nebst Zinsen (Kauf vom 29. Juni 2000 über 6.120,00 € und vom 10. Oktober 2000 über 9.125,00 €); 3. Kläger zu 12 in Höhe von insgesamt 81.834,20 € nebst Zinsen (sämtliche Aktienkäufe mit Ausnahme desjenigen vom 11. November 1999 über 4.345,52 € abzüglich anteiliger Verkauf von 1.158,18 €); 4. Kläger zu 19 und 20 gemeinsam in Höhe von insgesamt 29.468,17 € nebst Zinsen (31.793,17 € abzüglich Nettoverkaufserlös von 2.325,00 €); 5. Kläger zu 30 in Höhe von insgesamt 19.327,27 € nebst Zinsen (Kauf vom 9. Oktober 2000 über 15.771,56 € sowie vom 22. November 2000 über 8.552,13 € abzüglich Verkauf vom 14. Dezember 2000 über 4.996,42 €); 6. Kläger zu 32 in Höhe von insgesamt 12.068,60 € nebst Zinsen (Kauf vom 13. März 2000 über 12.651,90 € abzüglich entsprechender Verkauf vom 28. Dezember 2000 über 583,30 €); 7. Kläger zu 33 und 34 gemeinsam in Höhe von 569,50 € nebst Zinsen (Kauf vom 28. November 2000); 8. Kläger zu 39 in Höhe von 2.454,73 € nebst Zinsen (Kauf vom 27. November 2000); 9. Kläger zu 41 und 42 gemeinsam in Höhe von 1.638,13 € nebst Zinsen (Kauf vom 30. August 2000); 10. Kläger zu 46 in Höhe von 1.286,35 € nebst Zinsen (Kauf vom 17. November 2000); 11. Kläger zu 51 in Höhe von insgesamt 15.460,07 € nebst Zinsen (Kauf vom 13. März 2000 über 7.981,32 € sowie vom 27. April 2000 über 8.352,09 € abzüglich Verkauf vom 9. Januar 2001 über 873,34 €); 12. Kläger zu 56 in Höhe von 2.381,61 € nebst Zinsen (Kauf vom 19. Mai 2000).
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsund Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger - soweit noch am Revisionsverfahren beteiligt - erwarben in der Zeit von Anfang März 2000 bis 1. Dezember 2000 Aktien der Beklagten zu 1, deren Vorstandsvorsitzender der Beklagte zu 2 und deren Finanzvorstand der Beklagte zu 3 war. Der Kurs der Aktie der Beklagten zu 1 lag am 30. Oktober 1997 (Börseneinführung) bei 18,15 €, stieg bis Februar 2000 auf knapp 116,00 € und sank in der Folgezeit - von gewissen Spitzen abgesehen - bis Ende November 2000 auf ca. 20,00 € ab, ehe er nach einer von der Beklagten zu 1 am 1. Dezember 2000 herausgegebenen Gewinnwarnung auf deutlich unter 10,00 € abstürzte. Die Kläger verlangen von den Beklagten Schadensersatz mit der Behauptung, Aktien der Beklagten zu 1 aufgrund bewußt falscher
Ad-hoc-Mitteilungen und anderer öffentlicher Informationen der Beklagten zu 2 und 3 zu Geschäftsvorgängen der Gesellschaft erworben bzw. nicht verkauft zu haben. Die angeblichen Falschinformationen betreffen folgende Sachverhaltskomplexe :
- Ad-hoc-Mitteilung vom 21. Februar 2000 über den Erwerb der J. Company (J.), der als wichtigster Meilenstein in der Entwicklung des Unternehmens bezeichnet wurde.
- Ad-hoc-Mitteilung vom 22. März 2000 zur Übernahme der S. Investment Ltd. (F.-Gruppe) für 1,8 Mrd. US-Dollar, die der wichtigste Abschluß in der Geschichte des Unternehmens gewesen sei.
- Als Ad-hoc-Mitteilung vom 24. August 2000 bekannt gegebener Quartalsbericht über die Halbjahreszahlen des Unternehmens, in die zu Unrecht Umsatz- und Ergebnisbeiträge der J. und der F.-Gruppe eingestellt waren und die danach u.a. eine Steigerung des Konzernumsatzes um 195 % auswiesen; die diesbezügliche Korrekturmeldung vom 9. Oktober 2000 führte zu einem starken Kurssturz der Aktie.
- Wiederholte öffentliche Prognosen der Beklagten zu 2 und 3 in der Zeit vom 8. Mai 2000 bis zum 28. November 2000, nach denen für das Jahr 2000 ein Umsatz von ca. 1,6 Mrd. DM und ein Gewinn vor Steuern von ca. 600 Mio. DM zu erwarten sei.
In der Gewinnwarnung vom 1. Dezember 2000 wurde die Umsatzerwartung auf 1,38 Mrd. DM bei einem Fehlbetrag von 350 Mio. DM korrigiert. Am
2. Mai 2001 bezifferte der Vorstand der Beklagten zu 1 schließlich den Konzernverlust mit 2,8 Mrd. DM.
Das Landgericht hat die auf § 826 BGB und die Verletzung von Schutzgesetzen i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (darunter § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG) gestützte Schadensersatzklage abgewiesen; dabei hat es - neben anderen Erwägungen - insbesondere darauf abgestellt, daß die Kläger nicht die von ihnen geltend gemachte Naturalrestitution, sondern allenfalls den Kursdifferenzschaden beanspruchen könnten, den sie jedoch nicht hinreichend dargelegt hätten. Das Oberlandesgericht hat die Berufungen der 55 in dieser Instanz noch beteiligten Kläger zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Den dagegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerden hat der Senat nur insoweit stattgegeben , als den Klagen Aktienkäufe ab Anfang März 2000 zugrunde lagen. Die danach am Revisionsverfahren noch beteiligten 42 Kläger verfolgen - im Umfang der Zulassung ihrer Rechtsmittel durch den Senat - ihre Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revisionen der Kläger sind im Umfang ihrer Zulassung begründet und führen insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht (NZG 2002, 1110) hat ausgeführt:
Es brauche nicht geklärt zu werden, ob die Beklagten zu 2 und 3 - der Beklagten zu 1 zurechenbar - durch vorsätzlich unrichtige Ad-hoc-Mitteilungen und sonstige öffentliche Meldungen über die Geschäftsentwicklung der Beklagten zu 1 gegen § 826 BGB oder gegen Schutzgesetze i.S. des § 823 Abs. 2
BGB verstoßen und dadurch die Kläger zum Erwerb von Aktien der Beklagten zu 1 veranlaßt oder sie vom Verkauf solcher Aktien abgehalten hätten. Denn selbst wenn man dies zugunsten der Kläger als wahr unterstelle, so hätten sie gleichwohl nicht hinreichend dargelegt, daß ihnen ein ersatzfähiger Schaden entstanden sei. Die von ihnen allein begehrte Naturalrestitution in Form der Erstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übertragung der Aktien oder unter Anrechnung eines zwischenzeitlich erhaltenen niedrigeren Verkaufspreises könnten sie nicht beanspruchen. Der Schadensersatz sei in diesen Fällen auf die Differenz zwischen dem infolge einer unrichtigen Meldung zu hohen Kurs und dem im Falle des Unterbleibens der Mitteilung hypothetischen angemessenen Kurs beschränkt. Die Kläger seien jedoch der ihnen insoweit obliegenden Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des konkreten Einflusses einer als unwahr zu unterstellenden, beschönigenden Mitteilung durch die Beklagten zu 2 und 3 auf den Kurswert der Aktie unter Angabe eines konkreten Euro-Betrages nicht nachgekommen. Ohnehin sei der konkrete Schaden nicht meßbar, weil der Kurswert einer Aktie zeitgleich von einer Vielzahl von Faktoren beeinflußt werde, deren genaue Auswirkungen sich nicht exakt feststellen ließen. Daher komme weder eine Schadensberechnung durch Sachverständige noch eine gerichtliche Schadensschätzung nach § 287 ZPO in Betracht.
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Den Ausführungen des Berufungsgerichts zum Ausschluß der Naturalrestitution - selbst in dem von ihm unterstellten Fall des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung i.S. des § 826 BGB wie auch des vorsätzlichen Verstoßes gegen ein die Individualinteressen des einzelnen Kapitalanlegers schützenden Gesetzes i.S. von § 823 Abs. 2
BGB - liegt ein offenbar unzutreffendes Verständnis des Schadensbegriffs i.S. der §§ 249 ff. BGB zugrunde.
1. a) Auf der Grundlage der - für das Revisionsverfahren maßgeblichen - Wahrunterstellung können die Kläger, die durch die verschiedenen bewußt unwahren , kursrelevanten Ad-hoc-Mitteilungen der beklagten Vorstandsmitglieder über die Geschäftsentwicklung der Beklagten zu 1 zum Erwerb von Aktien der Gesellschaft vorsätzlich veranlaßt wurden, nach § 826 BGB nicht etwa nur den Differenzschaden in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, verlangen; die Anleger können vielmehr - wie der Senat nach dem Erlaß des angefochtenen Urteils bereits für einen vergleichbaren Fall entschieden hat - Naturalrestitution in Form der Erstattung des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien oder - sofern diese wegen zwischenzeitlicher Veräußerung nicht mehr vorhanden sind - gegen Anrechnung des an ihre Stelle getretenen Veräußerungspreises beanspruchen (Sen.Urteile v. 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1724 = ZIP 2004, 1593, 1597 - z.V.b. in BGHZ 160, 149; II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1729; - Infomatec). § 826 BGB stellt hinsichtlich des Schadens begrifflich nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter ab: Schaden ist danach nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung. Der Inhalt der Pflicht zum Ersatz eines solchen Schadens bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Danach ist der in seinem Vertrauen in die Richtigkeit der Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten zu 2 und 3 - wie im vorliegenden Fall zu unterstellen ist - enttäuschte Anleger im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die für die Veröffentlichung Verantwortlichen ihrer Pflicht zur wahrheitsgemäßen
Mitteilung nachgekommen wären. Da die am Revisionsverfahren beteiligten Kläger in diesem Fall - wie ebenfalls zu unterstellen ist - die Aktien nicht erworben hätten, können sie nach § 249 Abs. 1 BGB Geldersatz in Höhe des für den Aktienerwerb aufgewendeten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Rechtspositionen auf die - an dem Erwerbsgeschäft nicht beteiligten - Schädiger , die Beklagten zu 2 und 3, verlangen.

b) Schadensersatz in Form der Naturalrestitution können die Kläger nach den vorstehenden Grundsätzen von den Beklagten zu 2 und 3 auch insoweit verlangen, als diese aufgrund der Wahrunterstellung des Berufungsgerichts durch die ihnen vorgeworfenen Handlungen vorsätzlich gegen ein dem Schutz der Anleger dienendes Gesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB verstoßen haben. Hier stellt insbesondere der in Form einer Ad-hoc-Mitteilung von den Beklagten zu 2 und 3 zu verantwortende Quartalsbericht vom 24. August 2000 über die Konzern-Halbjahreszahlen einen schuldhaften Verstoß gegen § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG dar, wenn er - wie in dem gegen die Beklagten zu 2 und 3 geführten Strafverfahren festgestellt wurde - ein unzutreffendes Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ermöglichte und den Eindruck der Vollständigkeit erweckte (vgl. BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, ZIP 2005, 78, 79 ff.). § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG dient als Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB dem Schutz des Vertrauens potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre der Gesellschaft in die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über die Geschäftsverhältnisse (Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, aaO S. 1723; dem folgend: BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, aaO S. 79 - jeweils m.w.Nachw.).
2. a) Eine gesamtschuldnerische Haftung auf Naturalrestitution trifft auch die Beklagte zu 1, die als juristische Person für die von ihrem Vorstand als ver-
fassungsmäßig berufenem Vertreter durch falsche Ad-hoc-Mitteilungen begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen (§ 826 BGB) und vorsätzlichen Verstöße gegen ein Schutzgesetz (§ 823 Abs. 2 BGB, § 400 AktG) analog § 31 BGB einzustehen hat. Zwar hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG in der hier einschlägigen ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 26. Juli 1994 (im folgenden: a.F.) eine besondere Schadensersatzhaftung des Emittenten für die Verletzung der ihm gemäß § 15 Abs. 1-3 WpHG a.F. auferlegten Ad-hoc-Publizität ausgeschlossen und damit zugleich klargestellt, daß jene Norm kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB sein soll. Jedoch bleiben gemäß § 15 Abs. 6 Satz 2 WpHG a.F. ausdrücklich Schadensersatzansprüche , die auf anderen Rechtsgrundlagen beruhen, unberührt. Dabei wurde im Gesetzgebungsverfahren besonders hervorgehoben (vgl. Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 12/7918 S. 102), daß ein Haftungsausschluß zugunsten des Emittenten in Fällen betrügerischer oder sittenwidriger Schädigung Dritter mit den Grundsätzen der Rechtsordnung nicht vereinbar wäre und eine sachlich nicht vertretbare Bevorzugung des Emittenten gegenüber anderen Unternehmen darstellen würde, die für betrügerisches Verhalten ihres gesetzlichen Vertreters - gegebenenfalls mit existenzbedrohenden Konsequenzen für das Unternehmen - haften müßten. Danach ist es gerechtfertigt, die juristische Person über § 31 BGB (vgl. dazu: BGHZ 99, 298, 302) grundsätzlich für vorsätzliche Falschinformationen ihrer Organe gegenüber dem Anlegerpublikum des Sekundärmarktes, sofern dadurch - wie hier - § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 AktG verletzt sind, auf Schadensersatz haften zu lassen.

b) Die dabei als Schadensausgleich gemäß § 249 BGB vorrangig geschuldete Naturalrestitution ist nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57
AktG) und das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen.
aa) Allerdings lehnte das Reichsgericht in seiner frühen Rechtsprechung zunächst die Haftung einer Aktiengesellschaft nach §§ 823 ff., 31 BGB in Fällen , in denen ihr Vorstand Anleger durch Täuschung zum Erwerb ihrer Aktien verleitet hatte, ab und räumte damit dem Grundsatz der Kapitalerhaltung zum Schutze von Drittgläubigern der Gesellschaft den Vorrang vor den allgemeinen Haftungsnormen des BGB ein (vgl. RGZ 54, 128, 132; RGZ 62, 29, 31; ähnlich auch RGZ 72, 290, 293); jedoch differenzierte es später nach der Art des Aktienerwerbs: Nur für solche Aktionäre, die ihre Aktien durch Zeichnung oder in Ausübung eines (primären) Bezugsrechts erworben hätten, sei sowohl eine allgemeine bürgerlich-rechtliche Haftung des Emittenten als auch dessen Prospekthaftung nach dem Börsengesetz ausgeschlossen, während die Gesellschaften nach diesen Normen hafteten, wenn der Wertpapiererwerb auf einem gewöhnlichen (derivativen) Umsatzgeschäft beruhe und der Aktionär der Gesellschaft wie ein außenstehender Gläubiger gegenüberstehe (RGZ 71, 97 ff.; 88, 271, 272). Ob es dieser - bis in neuere Zeit sowohl von obergerichtlicher Rechtsprechung (OLG Frankfurt ZIP 1999, 1005, 1007 f.) als auch von der herrschenden Lehre im Schrifttum (vgl. nur Henze in GroßkommAktG 4. Aufl. § 57 Rdn. 18 ff.; ders. in: NZG 2005, 115 - jew. m. umfangr. Nachw.) angewandten - Unterscheidung zur Lösung des Problems der Konkurrenz zwischen kapitalmarktrechtlicher (Prospekt-) Haftung und dem aktienrechtlichen Grundsatz der Vermögensbindung (§ 57 AktG) im Hinblick auf die eindeutig in die Richtung auf eine uneingeschränkte Haftung der Aktiengesellschaft weisenden Äußerungen des historischen Gesetzgebers (vgl. zum Sekundärmarkt: BT-Drucks. 12/7918 S. 102 - zu § 15 Abs. 6 Satz 2 WpHG, neuerdings zudem: §§ 37 b, 37 c WpHG; zum Primärmarkt: Begr.RegE BT-Drucks. 13/8933 S. 78, sowie §§ 44 f., 47
Abs. 2 BörsG) noch bedarf, kann dahinstehen. Denn auch auf der Grundlage dieser bislang herrschenden Meinung muß jedenfalls in dem hier vorliegenden Fall einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung nach § 826 BGB und eines vorsätzlichen Verstoßes gegen § 400 AktG als anlegerschützendes Gesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB der Kapitalschutzgedanke des § 57 AktG zu Lasten der Beklagten zu 1 zurückstehen. Die Kläger haben - infolge der vorsätzlich falschen Ad-hoc-Mitteilungen des Vorstandes der Beklagten zu 1 - die Aktien der Beklagten zu 1 durch derivative Umsatzgeschäfte auf dem Sekundärmarkt, und zwar nicht einmal unmittelbar von der Beklagten zu 1, sondern von dritten Marktteilnehmern, erworben. Die Ersatzforderungen der in sittenwidriger Weise geschädigten Kläger gegen die Gesellschaft beruhen daher in erster Linie nicht auf ihrer - durch die unerlaubten Handlungen des Vorstands erst begründeten - mitgliedschaftlichen Sonderrechtsbeziehung als Aktionäre, sondern auf ihrer Stellung als Drittgläubiger; die deliktische Haftung der Aktiengesellschaft knüpft an die Verletzung von gesetzlichen Publizitätspflichten (§ 15 WpHG) an, die ihr in erster Linie zum Schutz der Funktionsfähigkeit des (sekundären) Kapitalmarktes auferlegt wurden (vgl. Steinhauer, Insiderhandelsverbot und Ad-hocPublizität 1999, S. 141 f.; Schwark/Zimmer, KMRK 3. Aufl. § 37 b, § 37 c WpHG Rdn. 12 m.w.Nachw.). Das Gesellschaftsvermögen wird also durch die Belastung mit einer derartigen Schadensersatzverbindlichkeit nicht anders als bei sonstigen Deliktsansprüchen außenstehender Gläubiger in Anspruch genommen. Angesichts dessen besteht bei der kapitalmarktbezogenen sittenwidrigen Beeinträchtigung der Willensfreiheit des Anlegers durch das Leitungsorgan kein Anlaß, die Gesellschaft wegen des aktienrechtlichen Vermögensbindungsgrundsatzes von jeglicher Ersatzverpflichtung freizustellen oder auch nur die Haftung auf das sog. freie Vermögen, d.h. auf einen das Grundkapital und die gesetzliche Rücklage übersteigenden Betrag, zu beschränken (vgl.
Schwark/Zimmer aaO Rdn. 14 m.w.Nachw.; a.A. Henze, NZG 2005, 109, 120 f.).
bb) Einem Schadensausgleich in Form der Naturalrestitution steht auch nicht entgegen, daß diese unter Umständen dazu führt, daß die Beklagte zu 1 gegen Erstattung des von den geschädigten Klägern aufgewendeten Kaufpreises die von diesen erworbenen Aktien übernehmen muß und dadurch formal gesehen - entgegen § 71 AktG - eigene Aktien "erwirbt". Auch insoweit hat das Integritätsinteresse der durch vorsätzlich sittenwidriges oder strafbares - der Gesellschaft zurechenbares - Handeln des Vorstandes geschädigten Anleger auf Herbeiführung eines Zustandes, der dem schadensfreien möglichst nahe kommt (§ 249 Abs. 1 BGB), Vorrang vor dem - ähnlich wie § 57 AktG auch der Kapitalerhaltung bzw. Vermögensbindung dienenden - Verbot des Erwerbs eigener Aktien (vgl. § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG). Ohnehin ist die Tatsache, daß es im Rahmen des gebotenen Schadensausgleichs zu einer Übernahme eigener Aktien durch die Gesellschaft kommen kann, lediglich Folge der Besonderheiten der kapitalmarktrechtlichen Naturalrestitution und als solche von der ersatzpflichtigen Gesellschaft hinzunehmen: Während die eigentliche Belastung des Vermögens der Gesellschaft durch die Pflicht zur Erstattung des von den Anlegern aufgewendeten Kaufpreises stattfindet, beruht die Verpflichtung des Geschädigten , die etwa noch in seinem Besitz befindlichen Aktien Zug um Zug an den am Erwerb nicht beteiligten Schädiger herausgeben zu müssen, vor allem darauf, daß ihm aus Anlaß der Schädigung kein über den Ersatz des Schadens hinausgehender Vorteil ("Bereicherungsverbot") verbleiben soll. Haben die geschädigten Anleger etwa die Aktien schon (wieder) veräußert, so findet aus demselben Grunde bei der Schadensabwicklung eine wertmäßige Anrechnung des aus dem Verkauf der Aktien erlangten Kaufpreises statt. Auch unter Wertungsaspekten wäre eine unterschiedliche Behandlung dieser beiden Fallkon-
stellationen - Schadensersatz bei zwischenzeitlichem Verkauf der Aktien, Ausschluß des Ersatzes bei deren Vorhandensein im Hinblick auf § 71 AktG - nicht gerechtfertigt, zumal der nur in der zweiten Variante auftretende Gesichtspunkt des "Erwerbs eigener Aktien" mehr oder minder zufällig ist und im übrigen durch den getäuschten Anleger durch jederzeit zulässigen Verkauf der Aktien vermieden werden kann. Entsprechendes gilt im übrigen, sofern sich der geschädigte Anleger - was zulässig wäre - auf die alternativ bestehende Möglichkeit der Geltendmachung des Differenzschadens beschränken würde. Auch deshalb gebührt dem Grundsatz der Naturalrestitution, sofern er im Zuge der Schadensabwicklung mit dem formalen Aspekt des faktischen Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) in Widerstreit gerät, der Vorrang.
3. Soweit im Tatbestand des Berufungsurteils festgestellt wird, die Kläger verlangten als Folge der den Beklagten angelasteten falschen Ad-hocMitteilungen Schadensersatz hinsichtlich des Erwerbs "bzw." des Nichtverkaufs von Aktien, finden sich bezüglich der zweiten Konstellation im Urteil keine weiteren quantitativen oder qualitativen Ausführungen oder Differenzierungen hinsichtlich der Form des Schadensersatzes. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts machen sämtliche Kläger jedoch konkret allein Naturalrestitution für den aufgewendeten Kaufpreis geltend; in Übereinstimmung damit ergibt sich aus dem von den vorinstanzlichen Entscheidungen in Bezug genommenen Schriftsatz der Kläger vom 18. Juli 2001, daß solche Kläger, die mehrfach Aktien der Beklagten zu 1 erworben haben, vortragen, durch die Äußerungen der Beklagten zu 2 und 3 zum "Halten" der bisherigen Aktien und zum Erwerb weiterer Aktien veranlaßt worden zu sein; gesonderte schadensersatzrechtliche Konsequenzen werden daraus neben oder anstelle des begehrten Ersatzes für den Erwerb von Aktien (bislang) nicht gezogen. Damit bleiben die Ausführungen des Berufungsgerichts für diese Konstellation derzeit ohne prozessuale
Relevanz. Insoweit merkt der Senat lediglich an, daß solche Altanleger, die durch eine unerlaubte Handlung des Vorstandes nachweisbar von dem zu einem bestimmten Zeitpunkt fest beabsichtigten Verkauf der Aktien Abstand genommen haben, selbstverständlich nicht den Erwerbspreis als Schadensersatz beanspruchen könnten, sondern den hypothetischen Verkaufspreis zum Kurs an dem ursprünglich geplanten Verkaufstermin (gegen Überlassung der etwa noch vorhandenen Aktien oder unter Anrechnung des zwischenzeitlich etwa tatsächlich erzielten Verkaufserlöses). Auch insoweit würde es sich allerdings um eine Form der Naturalrestitution, nicht hingegen um einen Differenzschaden handeln.
4. Darauf, daß auch die Annahme des Berufungsgerichts, ein etwaiger Differenzschaden lasse sich in Bezug auf den Aktienkurs nicht feststellen, durchgreifenden Bedenken begegnet (vgl. dazu unter III 3), kommt es danach nicht mehr entscheidend an.
III. Der unter II 1 f. aufgezeigte Rechtsfehler macht die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erforderlich (§§ 562, 563 Abs. 1 ZPO).
1. Das Berufungsurteil läßt sich nicht etwa durch abschließende Endentscheidung des Senats mit anderer Begründung aufrechterhalten (vgl. § 561 ZPO). Als hinreichende Beurteilungsgrundlage reicht dem Senat insoweit hinsichtlich der am Revisionsverfahren noch beteiligten 42 Kläger die bloße Bezugnahme des Oberlandesgerichts auf die Begründung des landgerichtlichen Urteils nicht aus. Zwar hat das Landgericht abgesehen von der nicht tragfähigen , auf einer Wahrunterstellung beruhenden Verneinung des geltend gemachten Schadens die Klageabweisung auch darauf gestützt, daß die meisten Kläger nicht substantiiert vorgetragen hätten, aufgrund welcher konkreten Hand-
lung der Beklagten sie zu einem Kauf der Aktien veranlaßt worden seien; selbst der Vortrag der übrigen Kläger sei letztlich nicht hinreichend, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Das Berufungsurteil läßt aber nicht erkennen , inwiefern es sich mit den Einwänden der Berufung gegen die beiden Argumentationslinien des Landgerichts konkret auseinandergesetzt hätte. Da es sich bei den Anlageentscheidungen der zahlreichen Kläger um individuell geprägte Willensentschlüsse handelt, die im Regelfall nicht durch typisierende Betrachtungsweise erfaßt werden können (vgl. zur grundsätzlichen Nichtanwendbarkeit des Anscheinsbeweises: Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, WM 2004, 1731, 1734 f. = ZIP 2004, 1599, 1602 ff., z.V.b. in BGHZ 160, 134; II ZR 217/03 aaO S. 1731 - Infomatec), eignen sich die Klagen der einzelnen Kläger, auch wenn sie hier im Wege der Klagehäufung - wenig zweckmäßig - zu einem Prozeß verbunden sind, grundsätzlich nicht für eine pauschalierende Behandlung wie in einem Massenverfahren.
2. Das Berufungsgericht wird sich daher in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung jeweils im einzelnen mit den Klagen der diversen nach Durchführung der Revision noch verbliebenen Kläger zu befassen haben; nur soweit die Klagen tatsächlich gleichgelagert sind, bestehen gegen eine zusammengefaßte Behandlung unter Darlegung der vergleichbaren Umstände in einer erneuten Berufungsentscheidung keine Bedenken.
Im übrigen wird für das weitere Verfahren auf die bereits erwähnten, zu vergleichbaren Fallkonstellationen ergangenen drei Grundsatzentscheidungen des Senats vom 19. Juli 2004 (aaO - Infomatec) hingewiesen.
Abgesehen von einem Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB kommt hier in bezug auf den in Form einer Ad-hoc-Mitteilung veröffentlichten Quartalsbericht vom 24. August 2000 eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2 und 3
- für die die Beklagte zu 1 einzustehen hätte - nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG in Betracht; auf die diesbezüglichen Feststellungen des 1. Strafsenats in dem die Beklagten zu 2 und 3 betreffenden Revisionsverfahren (1 StR 420/03 aaO S. 78) wird nochmals ergänzend hingewiesen. Soweit es für die Beurteilung der individuellen Anlageentscheidungen der Kläger im weiteren Verfahren auf das Zeitmoment der Nähe der jeweiligen Kaufentschlüsse zu den behaupteten unrichtigen Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten zu 2 und 3 ankommt , weist der Senat darauf hin, daß u.a. der Kläger zu 35 nach seinem Vorbringen die entsprechende Anlageentscheidung noch am Tag der Veröffentlichung des Halbjahresberichtes vom 24. August 2000 und der Kläger zu 22 seine diesbezügliche Entscheidung am Folgetage getroffen hat. Ein derartiges Zeitmoment kann auch ausschlaggebend für die erforderliche Anfangswahrscheinlichkeit im Rahmen der beantragten Parteivernehmung nach § 448 ZPO sein, zumal dann, wenn die Kläger - wie sie in den Vorinstanzen vorgetragen haben - hinsichtlich ihrer individuellen Anlageentscheidung über keine anderen Beweismittel als ihre eigene Vernehmung als Partei verfügen.
3. Sofern Kläger in der neu eröffneten Berufungsinstanz etwa im Rahmen ihres Schadensersatzbegehrens von der Naturalrestitution zu der alternativ möglichen Differenzschadensberechnung übergehen sollten, weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:
Der Differenzschaden in Form des Unterschiedsbetrages zwischen dem tatsächlich gezahlten Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts grundsätzlich ermittelbar. Bei der Berechnung der Wertdifferenz steht zunächst der von dem getäuschten Anleger gezahlte Kaufpreis fest, während sich lediglich der wahre Wert bei Geschäftsabschluß im Falle pflichtgemä-
ßem Publizitätsverhaltens als eine hypothetische Größe der unmittelbaren Wahrnehmung entzieht. Selbst wenn - wie das Oberlandesgericht meint - Kursbewegungen niemals monokausal sind (vgl. dazu Groß, WM 2002, 477, 486), so besteht doch in der herrschenden Meinung der Literatur Übereinstimmung, daß sich trotz aller Schwierigkeiten der hypothetische Transaktionspreis mit den Methoden der modernen Finanzwissenschaft durchaus mit der erforderlichen Sicherheit errechnen läßt, um - ggf. mit Hilfe eines Sachverständigen - zumindest eine richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO zu ermöglichen (vgl. insbesondere zur vergleichbaren Problematik im Rahmen der Schadensberechnung zu §§ 37 b, 37 c WpHG n.F.: Fleischer, BB 2002, 1869, 1870 ff. m. umfangr. rechtsvergleichenden Nachw.; Steinhauer aaO S. 272 ff., 281 f.; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1069; Rützel, AG 2003, 69, 76 f.; Reichert/ Weller, ZRP 2002, 49, 55; Sethe, WpHG § 37 b, 37 c Rdn. 60 ff.). Als geeignete Hilfsgröße zur Ermittlung des hypothetischen Preises kann auf die Kursveränderung unmittelbar nach Bekanntwerden der wahren Sachlage zurückgegriffen und sodann "vermittels rückwärtiger Induktion" auf den wahren Wert des Papiers am Tage des Geschäftsabschlusses näherungsweise geschlossen werden (vgl. Fleischer aaO S. 1873 m.w.Nachw.). Auch wenn es dabei - ähnlich wie bei der Unternehmensbewertung - im Detail unterschiedliche methodische Ansätze für die Näherungsrechnung geben mag, so wird dadurch die Berechenbarkeit als solche nicht in Frage gestellt. Der Tatrichter ist auf der Grundlage entsprechenden Vortrags der geschädigten Anleger zu den hier relevanten Zeitpunkten in der Lage, sich mit sachverständiger Hilfe zumindest
die gebotene wissenschaftlich abgesicherte Schätzungsgrundlage für die Ermittlung des Vermögensschadens der Kapitalanleger i.S. von § 287 ZPO zu verschaffen.
Goette Kurzwelly Kraemer
Münke Caliebe

(1) Der Bundesanstalt stehen die Befugnisse nach Artikel 42 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 unter den dort genannten Voraussetzungen, mit Ausnahme der Voraussetzungen nach Artikel 42 Absatz 3 und 4 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014, entsprechend für Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes zu. Die Bundesanstalt kann Maßnahmen nach Satz 1 und Artikel 42 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 gegenüber jedermann treffen, soweit die Verordnung nicht unmittelbar anwendbar ist.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach Absatz 1 und Artikel 42 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 haben keine aufschiebende Wirkung.

(3) Bei der Durchführung von Prüfungen nach Artikel 42 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 und nach Absatz 1 hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Produktinterventionsmaßnahme, kann sich die Bundesanstalt externer Wirtschaftsprüfer und anderer sachverständiger Personen und Einrichtungen bedienen.

Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach § 6 Absatz 1 bis 13 und den §§ 7 bis 10 und 54 Absatz 1 einschließlich der Androhung und der Festsetzung von Zwangsmitteln haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Der Bundesanstalt stehen die Befugnisse nach Artikel 42 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 unter den dort genannten Voraussetzungen, mit Ausnahme der Voraussetzungen nach Artikel 42 Absatz 3 und 4 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014, entsprechend für Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes zu. Die Bundesanstalt kann Maßnahmen nach Satz 1 und Artikel 42 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 gegenüber jedermann treffen, soweit die Verordnung nicht unmittelbar anwendbar ist.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach Absatz 1 und Artikel 42 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 haben keine aufschiebende Wirkung.

(3) Bei der Durchführung von Prüfungen nach Artikel 42 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 und nach Absatz 1 hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Produktinterventionsmaßnahme, kann sich die Bundesanstalt externer Wirtschaftsprüfer und anderer sachverständiger Personen und Einrichtungen bedienen.

Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach § 6 Absatz 1 bis 13 und den §§ 7 bis 10 und 54 Absatz 1 einschließlich der Androhung und der Festsetzung von Zwangsmitteln haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Vorstandsmitglieder bestellt der Aufsichtsrat auf höchstens fünf Jahre. Eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit, jeweils für höchstens fünf Jahre, ist zulässig. Sie bedarf eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefaßt werden kann. Nur bei einer Bestellung auf weniger als fünf Jahre kann eine Verlängerung der Amtszeit ohne neuen Aufsichtsratsbeschluß vorgesehen werden, sofern dadurch die gesamte Amtszeit nicht mehr als fünf Jahre beträgt. Dies gilt sinngemäß für den Anstellungsvertrag; er kann jedoch vorsehen, daß er für den Fall einer Verlängerung der Amtszeit bis zu deren Ablauf weitergilt.

(2) Werden mehrere Personen zu Vorstandsmitgliedern bestellt, so kann der Aufsichtsrat ein Mitglied zum Vorsitzenden des Vorstands ernennen.

(3) Ein Mitglied eines Vorstands, der aus mehreren Personen besteht, hat das Recht, den Aufsichtsrat um den Widerruf seiner Bestellung zu ersuchen, wenn es wegen Mutterschutz, Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder Krankheit seinen mit der Bestellung verbundenen Pflichten vorübergehend nicht nachkommen kann. Macht ein Vorstandsmitglied von diesem Recht Gebrauch, muss der Aufsichtsrat die Bestellung dieses Vorstandsmitglieds

1.
im Fall des Mutterschutzes widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach Ablauf des Zeitraums der in § 3 Absatz 1 und 2 des Mutterschutzgesetzes genannten Schutzfristen zusichern,
2.
in den Fällen der Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder der Krankheit widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu drei Monaten entsprechend dem Verlangen des Vorstandsmitglieds zusichern; der Aufsichtsrat kann von dem Widerruf der Bestellung absehen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
In den in Satz 2 Nummer 2 genannten Fällen kann der Aufsichtsrat die Bestellung des Vorstandsmitglieds auf dessen Verlangen mit Zusicherung der Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu zwölf Monaten widerrufen. Das vorgesehene Ende der vorherigen Amtszeit bleibt auch als Ende der Amtszeit nach der Wiederbestellung bestehen. Im Übrigen bleiben die Regelungen des Absatzes 1 unberührt. Die Vorgabe des § 76 Absatz 2 Satz 2, dass der Vorstand aus mindestens zwei Personen zu bestehen hat, gilt während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 auch dann als erfüllt, wenn diese Vorgabe ohne den Widerruf eingehalten wäre. Ein Unterschreiten der in der Satzung festgelegten Mindestzahl an Vorstandsmitgliedern ist während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 unbeachtlich. § 76 Absatz 3a und § 393a Absatz 2 Nummer 1 finden auf Bestellungen während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 keine Anwendung, wenn das Beteiligungsgebot ohne den Widerruf eingehalten wäre. § 88 ist während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 entsprechend anzuwenden.

(4) Der Aufsichtsrat kann die Bestellung zum Vorstandsmitglied und die Ernennung zum Vorsitzenden des Vorstands widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist namentlich grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, es sei denn, daß das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Dies gilt auch für den vom ersten Aufsichtsrat bestellten Vorstand. Der Widerruf ist wirksam, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist. Für die Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag gelten die allgemeinen Vorschriften.

(5) Die Vorschriften des Montan-Mitbestimmungsgesetzes über die besonderen Mehrheitserfordernisse für einen Aufsichtsratsbeschluß über die Bestellung eines Arbeitsdirektors oder den Widerruf seiner Bestellung bleiben unberührt.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 314/03 Verkündet am:
26. September 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 138 Aa, 278, 311 Abs. 2; HGB § 230

a) Auf die stille Gesellschaft sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft
anwendbar. Diese Grundsätze stehen einem Anspruch auf Rückgewähr der
Einlage aber nicht entgegen, wenn der Vertragspartner des stillen Gesellschafters
verpflichtet ist, diesen im Wege des Schadensersatzes so zu stellen
, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht geschlossen und seine Einlage
nicht geleistet (Bestätigung von BGH, Urteile vom 19. Juli 2004
- II ZR 354/02, 29. November 2004 - II ZR 6/03 und 21. März 2005
- II ZR 140/03, II ZR 310/03 und II ZR 149/03).

b) Über die Nachteile und Risiken eines angebotenen Kapitalanlagemodells
muss der Anlageinteressent zutreffend und vollständig aufgeklärt werden.
Dazu gehört auch, dass in dem Vertragsanbahnungsgespräch eine gewinnunabhängige
Entnahme nicht mit einer Rendite gleichgesetzt wird.

c) Eine Beweisaufnahme über die Behauptung, von den Anlegergeldern sei
planmäßig nur ein so geringer Teil investiert worden, dass ein Gewinn von
vornherein unwahrscheinlich, ein Verlust dagegen wahrscheinlich sei, darf
nicht mit der Begründung abgelehnt werden, die wirtschaftlichen Aktivitäten
des Fonds seien vielschichtig und im Rahmen eines staatsanwaltschaftlichen
Ermittlungsverfahrens sowie bei zahlreichen sonstigen Begutachtungen seien
in Bezug auf die Investitionstätigkeit keine Unregelmäßigkeiten aufgedeckt
worden.

d) Bei einer Beweisaufnahme über Art und Umfang der Investitionstätigkeit hat
die beklagte Fondsgesellschaft im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast
dem Gericht und dem gerichtlich bestellten Sachverständigen diejenigen Informationen
zu geben, die den auf Schadensersatz wegen unzureichender
Investitionen klagenden Anlegern nicht zugänglich sind, die offenzulegen der
Fondsgesellschaft aber möglich und zumutbar ist.
BGH, Urteil vom 26. September 2005 - II ZR 314/03 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Münke, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 3. September 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die beklagten Gesellschaften - eine Kommanditgesellschaft auf Aktien und eine Aktiengesellschaft - beschäftigen sich - ebenso wie ihre Rechtsvorgängerinnen aus der "G. Gruppe" - u.a. mit dem Erwerb, der Verwaltung und der Verwertung von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen. Das erforderliche Kapital bringen sie auf, indem sie mit zahlreichen Kleinanlegern stille Gesellschaften gründen. Die Laufzeit beträgt nach Wahl der Anleger 10 bis 40 Jahre. Die Gesellschafter sind am Gewinn und Verlust beteiligt und haben ggf. eine Nachschusspflicht bis zur Höhe ihrer Entnahmen. Nach den im vorliegenden Fall verwendeten Vertragsformularen sollte das Auseinan-
dersetzungsguthaben am Ende des jeweiligen Gesellschaftsvertrages als monatliche Rente mit einer Laufzeit von - je nach Wunsch des Anlegers - 10 bis 40 Jahren ausgezahlt werden ("Pensions-Sparplan"). Damit sollte ein Beitrag zur Versorgung und Absicherung des stillen Gesellschafters im Alter geleistet werden. Den Anlegern wurden steuerliche Verlustzuweisungen in Höhe ihrer Einlagezahlungen in Aussicht gestellt. Außerdem sollten sie ein gewinnunabhängiges Recht auf Entnahme i.H.v. jährlich 10 % ihrer eingezahlten Einlage haben.
Die Kläger beteiligten sich im Laufe der 90er Jahre als stille Gesellschafter an der G. Beteiligungs-AG, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1, bzw. an der L. AG oder der G. Vermögensanlagen AG, Rechtsvorgängerinnen der Beklagten zu 2 ("G. Gruppe"). Die Kläger zu 4, 21, 34 und 40 hatten die Einlage jeweils in einem Betrag zu zahlen, die Kläger zu 5, 14, 18 und 31 hatten sie in monatlichen Raten zu erbringen, die übrigen 29 jetzt noch am Rechtsstreit beteiligten Kläger verpflichteten sich zu beidem. Im Rahmen eines sog. Steiger-Modells wurden jeweils Folgeverträge mit anderen Konzerngesellschaften oder bezüglich anderer von derselben Gesellschaft buchungsmäßig getrennt behandelter "Unternehmenssegmente" geschlossen. Dadurch sollten die Ratenzahlungen bzw. die Wiederanlagen der Entnahmen jeweils zu steuerlichen Verlustzuweisungen führen, während Gewinne nur in den - beitragslos gestellten - Vorgängerverträgen entstehen sollten. Daneben erwarben einige Kläger auch Aktien einer Gesellschaft der G. Gruppe, was im Revisionsverfahren aber keine Rolle mehr spielt.
Alle jetzt noch am Verfahren beteiligten Kläger erklärten im Jahre 2001 die fristlose Kündigung und die Anfechtung der stillen Gesellschaftsverträge wegen arglistiger Täuschung. Mit ihrer Klage verlangen sie von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Rückzahlung ihrer Einlagen, die Feststellung, dass
die Gesellschaftsverhältnisse durch die Kündigungen erloschen sind, und im Wege der Stufenklage die Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens und die Auszahlung eines etwaigen die Einlagezahlungen übersteigenden Überschusses.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, die Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich die von dem Berufungsgericht - soweit es um die Ansprüche aus den stillen Gesellschaftsverhältnissen geht - zugelassene Revision der insoweit betroffenen Kläger.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Klageabweisung ausgeführt :
Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Rückzahlung ihrer Einlagen aufgrund ihrer außerordentlichen Kündigungen. Zum einen hätten sie schon nicht dargelegt, mit welcher Gesellschaft jeweils die Folgeverträge geschlossen worden seien. Eine "gesamtschuldnerische Konzernhaftung" der Beklagten komme nicht in Betracht. Im Übrigen scheide ein Rückzahlungsanspruch aus, weil auf die stille Gesellschaft die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anwendbar seien und daher allenfalls die Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens verlangt werden könne. Davon sei auch keine Ausnahme wegen grober Sittenwidrigkeit zu machen.
Für das Vorliegen eines "Schneeballsystems" seien die Kläger darlegungs - und beweispflichtig. Sie stützten sich dafür auf ein Privatgutachten der P. Treuhandgesellschaft mbH vom 30. Mai 1994, auf ein weiteres Privatgutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft H. & Partner vom 8. August, 15. Oktober und 20. Oktober 1999 und auf ein in einem Verfahren vor dem OLG Köln erstattetes Gutachten der B. vom AG 14. Februar 1996. In diesen Gutachten sei aber ein Schneeballsystem nicht festgestellt worden. Bei dieser Sachlage sei es nicht geboten, entsprechend dem Antrag der Kläger ein erneutes gerichtliches Sachverständigengutachten einzuholen.
Die Gesellschaftsverträge seien auch nicht wegen einer Disparität von Chancen und Risiken oder wegen einer von Anfang an unzulänglichen Investitionstätigkeit der Beklagten sittenwidrig. Zwar sei den Klägern zuzugeben, dass die finanziellen Transaktionen der Beklagten nur schwer nachzuvollziehen seien. Unter Berücksichtigung der vorgelegten Privatgutachten und einer Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Braunschweig könne aber nicht festgestellt werden, dass die Anlegergelder vertragswidrig verwendet worden seien. Die geringen Erträge seien auf die derzeit schwierige Marktsituation zurückzuführen. Ein gerichtliches Sachverständigengutachten werde auch insoweit zu keiner weiteren Aufklärung führen.
Eine Ausnahme von den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft sei auch nicht im Hinblick auf die schutzwürdigen Interessen der Kläger gerechtfertigt. Die Kläger hätten sich darauf berufen, bei Vertragsschluss durch den Prospekt bzw. die Vermittler arglistig getäuscht worden zu sein. Das könne aber nur zu einem Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens, nicht dagegen auch zu einem Anspruch auf Rückzahlung der Einlagen führen.
Eine Ersatzpflicht der Beklagten ergebe sich auch nicht aus einem strafbaren Verhalten. Im Hinblick auf den Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs gemäß § 264 a StGB hätten die Kläger schon nicht dargelegt, welcher der zahlreichen Prospekte der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerinnen ihnen vorgelegt worden sei. Im Übrigen sei in den Prospekten auch keine bestimmte Investitionsquote oder -art genannt worden, so dass ein entsprechendes Vertrauen der Anleger nicht begründet worden sei. Der Vorwurf, "kaum einer" aus der angesprochenen Zielgruppe sei darauf gekommen, dass er mit den gewinnunabhängigen Entnahmen gleichsam eigenes Geld geliehen bekomme, sei schon deshalb unerheblich, weil die Kläger nicht gesagt hätten, welcher von ihnen einem entsprechenden Irrtum unterlegen sei. Im Übrigen seien die Behauptungen zu dem Inhalt der Vertragsanbahnungsgespräche nicht unter Beweis gestellt. Beweis sei lediglich dafür angetreten worden, was den Vermittlern in den Vertriebsschulungen gesagt worden sei.
Auch der Wegfall der vereinbarten ratierlichen Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben wegen einer Untersagungsverfügung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen vom 22. Oktober 1999 führe weder zu einem Anspruch auf Rückzahlung der Einlagen, noch berechtige es zur Kündigung mit einem daraus folgenden Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens. Zum einen sei nicht vorgetragen, bei welchen Beteiligungen eine ratierliche Auszahlung überhaupt vereinbart sei. Zum anderen seien sämtliche Verträge vor der Untersagungsverfügung geschlossen worden. Ob und ggf. ab wann eine Pflicht der Beklagten zum Hinweis auf die drohende Untersagungsverfügung bestanden habe, könne offen bleiben, weil die Kläger sich auf die Verletzung einer derartigen Hinweispflicht nicht berufen hätten. Im Übrigen handele es sich bei der ratierlichen Auszahlung nur um eine unbedeutende Modalität der Vertragsabwicklung, so dass selbst eine Teilnichtigkeit nicht die Un-
wirksamkeit der Gesamtverträge zur Folge hätte. Auch die verspätete Vorlage von Jahresabschlüssen durch die Beklagten führe weder zur Nichtigkeit der Verträge noch zu einem Kündigungsrecht.
Die Feststellungsanträge seien ebenfalls unbegründet. Eine Feststellung der Beendigung der Gesellschaftsverhältnisse komme schon nur im Verhältnis zu jeweils der Gesellschaft in Betracht, mit der ein stiller Gesellschaftsvertrag bestehe. Es fehle aber auch an einem wichtigen Grund für eine Kündigung.
So bestehe ein Kündigungsgrund nicht im Hinblick auf die behaupteten Falschangaben der Vermittler in den Vertragsanbahnungsgesprächen. Die Kläger hätten weder die Namen der Vermittler mitgeteilt noch die Umstände der Gespräche näher dargelegt. Sie hätten sich auf den Standpunkt gestellt, dass es unerheblich sei, ob einzelne Kläger in ihren Fehlvorstellungen durch die Vermittler noch bestärkt worden seien. Unter diesen Umständen sei weder ein gerichtlicher Hinweis noch eine Beweisaufnahme veranlasst gewesen.
Ein Kündigungsgrund ergebe sich auch nicht aus dem Wegfall der ratierlichen Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben und der verspäteten Vorlage der Jahresabschlüsse.
Schließlich sei auch die Stufenklage unbegründet. So hätten die Kläger auch insoweit nicht mitgeteilt, an welcher der beiden Beklagten die Beteiligung bestanden habe bzw. noch bestehe. Auch könne der Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens nicht neben dem Anspruch auf Rückzahlung der Einlagen bestehen. Im Übrigen fehle es auch insoweit an einem Grund für eine außerordentliche Kündigung.
II. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsirrtum.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Beklagten nicht ohne Rücksicht auf ihr jeweiliges Verhalten nur deshalb als Gesamtschuldner haften, weil sie sich wegen des Konzernverbunds das jeweilige Fehlverhalten der anderen Konzerngesellschaft zurechnen lassen müssen. Auch in einem Konzern sind die einzelnen Gesellschaften rechtlich selbständig. Sie haften nur dann, wenn zwischen ihnen und dem Gläubiger eine entsprechende Rechtsbeziehung besteht. Davon hat der Bundesgerichtshof entgegen der Auffassung der Revision auch in der Entscheidung vom 15. Juni 2000 (III ZR 305/98, NJW 2000, 3275) keine Ausnahme gemacht. In jenem Fall ging es um die Haftung einer Mehrheit von Gesellschaften, die eine Erklärung dahingehend abgegeben hatten, gemeinsam eine Vermögensberatung zu übernehmen. Daraus hat der III. Zivilsenat geschlossen, dass zu jedem Mitglied der Gruppe eine eigenständige rechtsgeschäftliche Beziehung zustande gekommen ist. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Hier war für die Kläger von vornherein klar, wer ihr Vertragspartner war. Mindestens aufgrund ihres Informationsrechts konnten sie auch unschwer feststellen, ob und ggf. mit wem in ihrem Namen Folgeverträge geschlossen worden waren.
Das Berufungsgericht hat aber nicht beachtet, dass schon in dem Tatbestand des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen aufgeführt ist, welcher Kläger mit welcher Gesellschaft einen Gesellschaftsvertrag geschlossen hat. Damit steht fest, gegenüber welcher der beiden Beklagten - sonstige Vertragspartner kommen nach der Verschmelzung mit den Vorgängergesellschaften nicht mehr in Betracht - Schadensersatzansprüche bestehen können. Wenn die Beklagten demgegenüber vortragen wollen, es seien Folgeverträge mit der jeweils anderen Beklagten geschlossen worden, ist das für die Schadensersatzpflicht wegen Verschuldens bei Vertragsschluss ohne Bedeutung. Davon können lediglich etwaige Auseinandersetzungsansprüche betroffen sein. Insoweit obliegt den
Beklagten aber die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, Urt. v. 11. Oktober 1994 - X ZR 30/93, NJW 1995, 49, 50).
Eine andere Frage ist, ob die Beklagte zu 1 deshalb auch in Bezug auf die mit der Beklagten zu 2 und ihren Rechtsvorgängerinnen geschlossenen Verträge haftet, weil sie diese Verträge vermittelt hat, wie die Revision geltend macht. Dazu fehlen Feststellungen des Berufungsgerichts.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , auf die stillen Gesellschaften seien die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anzuwenden, deshalb führe ein Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrund nur zu einem Kündigungsrecht und davon sei hier nach dem festgestellten Sachverhalt keine Ausnahme wegen gewichtiger Belange der Allgemeinheit oder einer besonderen Schutzwürdigkeit der Kläger zu machen. Diese Auffassung hat der Senat in den Urteilen vom 21. März 2005 (II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 755; II ZR 310/03, NJW 2005, 1784, 1785; II ZR 149/03, ZIP 2005, 763, 764) zu Parallelfällen aus dem Komplex "G. Gruppe" bestätigt und damit deutlich gemacht, dass er - anders als es in Teilen des Schrifttums gesehen wird - die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht aufgeben will. Hiervon abzugehen, besteht auch jetzt kein Anlass.
3. a) Unzutreffend ist dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, wegen der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft könne ein Anspruch auf Rückzahlung der Einlage auch dann nicht bestehen, wenn der jeweilige Kläger bei dem Vertragsschluss getäuscht worden sei. Wie der Senat in seinen nach Erlass des angefochtenen Urteils ergangenen Entscheidungen vom 19. Juli 2004 (II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706), 29. November 2004 (II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 256) und 21. März 2005 (II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 757; II ZR 310/03, NJW 2005, 1784, 1786 f.; II ZR 149/03, ZIP 2005, 763, 764) ausgeführt hat,
sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft dann nicht berührt und stehen deshalb einem Anspruch auf Rückgewähr der Einlage nicht entgegen, wenn der Vertragspartner des stillen Gesellschafters - der Inhaber des Handelsgeschäfts i.S. des § 230 HGB - verpflichtet ist, den stillen Gesellschafter im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet. Demjenigen, der sich aufgrund eines Prospektmangels, einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder aus sonstigen Gründen schadensersatzpflichtig gemacht hat, darf es nicht zugute kommen, dass er gleichzeitig auch an dem mit dem geschädigten Anleger geschlossenen Gesellschaftsvertrag beteiligt ist.

b) Damit kommt es darauf an, ob den Beklagten oder ihren Rechtsvorgängerinnen , bezogen jeweils auf den einzelnen Vertrag, eine Verletzung von Aufklärungspflichten vorzuwerfen ist. Dann haften sie jedenfalls nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss auf Schadensersatz, wobei sie sich ggf. ein Verschulden der Anlagevermittler nach § 278 BGB zurechnen lassen müssen.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden (BGHZ 79, 337, 344; Urt. v. 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 757; II ZR 310/03, NJW 2005, 1784, 1787; II ZR 149/03, ZIP 2005, 763, 764). Dabei war im vorliegenden Fall vor allem darüber aufzuklären, dass der Anleger an den Verlusten beteiligt und verpflichtet ist, erforderlichenfalls auch Nach-
schüsse in erheblichem Umfang zu leisten, dass die gewinnunabhängigen Entnahmen i.H.v. 10 % der gezahlten Einlagen schon ab dem Jahr nach dem Vertragsschluss zu einer deutlichen Verringerung des für die Investitionen zur Verfügung stehenden Kapitals führen, dass die Entnahmen auch im Falle der Wiederanlage keinen Kapitalzuwachs bewirken, dass sie deshalb in hohem Maße die Gefahr einer späteren Nachschusspflicht begründen und dass sie trotz ihrer Ausgestaltung als gewinnunabhängig unter einem Liquiditätsvorbehalt stehen, der es den Beklagten erlaubt, bei einem Liquiditätsmangel die Ausschüttungen einseitig einzustellen. Schließlich musste der Anleger über das geplante Investitionsvolumen unterrichtet werden, wenn es von den üblicherweise zu erwartenden Werten abweichen sollte.
bb) Dazu haben die Kläger behauptet, in den jeweiligen Beratungsgesprächen seien die Entnahmen mit Renditen gleichgesetzt worden, die Vermittler hätten allen Anlegern jeweils eine Anlage versprochen, die zum sicheren Aufbau einer Zusatzrente geeignet sei, und die Beklagten hätten spätestens seit 1992 die vertragsmäßig vorgesehenen Investitionen planmäßig unterlassen , was auch schon im Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse beabsichtigt gewesen sei.
Zu Recht rügt die Revision, dass der Behauptung der Kläger, in den Vertragsanbahnungsgesprächen hätten die Anlagevermittler die Entnahmen mit Renditen gleichgestellt, nicht im Rahmen einer Beweisaufnahme nachgegangen worden ist. Zwar haben die Kläger nicht die Anlagevermittler selbst als Zeugen benannt. Sie haben aber die Behauptung, die Vermittler seien in den Schulungen der Beklagten dazu angewiesen worden, so zu verfahren, unter Zeugenbeweis gestellt. Wenn diese Behauptung bewiesen wird, ist das ein starkes Indiz dafür, dass die Vermittler sich an diese Anweisung auch gehalten
haben. Zumindest wäre es dann Sache der Beklagten darzulegen, warum das nicht so gewesen sein soll.
cc) Weiter ist das Berufungsgericht nicht in ausreichendem Maße dem Vortrag der Kläger nachgegangen, die vertragsmäßig vorgesehenen Investitionen seien unterlassen worden. Es hat gemeint, zu der Behauptung der Kläger, die Beklagten hätten planmäßig nur ganz geringe Teile der Anlegergelder investiv verwendet und dadurch einen nachhaltigen Kapitalverlust verursacht, müsse kein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Gegen eine solche Beweisaufnahme spreche die Erwartung, dass angesichts des Gesamtumfangs der wirtschaftlichen Tätigkeit der Beklagten und der bereits in der Vergangenheit durch zahlreiche Beteiligte eingeholten Gutachten davon auszugehen sei, dass auch ein weiteres Gutachten nicht zu einer eindeutigen Aussage kommen werde. Angesichts der auch in den zahlreichen Parallelverfahren vorgebrachten kaum noch überschaubaren Zahlen und Argumente sei nicht zu erwarten, dass eine "zusätzliche Meinung" zu einer entsprechenden Überzeugung des Gerichts führen werde.
Die Revision rügt zu Recht, dass darin eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung liegt. Auch wenn die wirtschaftlichen Aktivitäten der G. Gruppe vielschichtig sind und dabei bisher keine Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die Investitionstätigkeit aufgedeckt worden sind, ist das allein kein Grund für die Annahme, auch eine Beweisaufnahme in dem vorliegenden Verfahren werde zu keinem für die Kläger günstigen Ergebnis führen. Da das Berufungsgericht offenbar nicht in der Lage ist, die wirtschaftlichen Zusammenhänge allein zu beurteilen - eine entsprechende Sachkunde der Richter ist in dem Urteil nicht dargelegt -, hat es sich der Hilfe eines Sachverständigen zu bedienen.
Dass diese Beweisaufnahme von vornherein aussichtslos ist, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dafür spricht auch nichts. Im Gegenteil ist zu berücksichtigen, dass die Beklagten im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast (BGH, Urt. v. 11. Juni 1990 - II ZR 159/89, NJW 1990, 3151; v. 3. Februar 1999 - VIII ZR 14/98, NJW 1999, 1404, 1405 f.; v. 22. März 2004 - II ZR 75/02, BGH-Report 2004, 1140) gehalten sind, dem Gericht und dem gerichtlich bestellten Sachverständigen diejenigen Informationen zu geben, die den Klägern nicht zugänglich sind, die offenzulegen den Beklagten aber möglich und zumutbar ist (zur Beweislast der Kläger im übrigen s. BGH, Urt. v. 5. Februar 1987 - IX ZR 65/86, NJW 1987, 1322, 1323; v. 20. Juni 1990 - VIII ZR 182/89, NJW-RR 1990, 1422, 1423).
Dem Berufungsgericht kann auch nicht gefolgt werden, wenn es meint, die Emissionsprospekte seien schon deshalb nicht irreführend, weil sie keine bestimmte Anlagepolitik und Investitionsquote in Aussicht stellten. Es geht hier nicht um die Frage, ob die Beklagten einen mehr oder weniger weiten unternehmerischen Handlungsspielraum haben sollten. Die Kläger behaupten vielmehr , von ihrem und dem Geld der anderen Anleger sei nur ein so geringer Teil zu Investitionszwecken verwendet worden - zwischen 3,98 % und 22 % -, dass ein Gewinn von vornherein unwahrscheinlich, ein Verlust dagegen wahrscheinlich sei. Wenn die Beklagten demgegenüber, gestützt ebenfalls auf Privatgutachten , die Investitionsquoten auf 68 % bis 81 % beziffern, besteht ein Aufklärungsbedarf , dem das Berufungsgericht hätte nachgehen müssen.
4. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
Dabei wird ggf. auch zu berücksichtigen sein, dass die Beklagten verpflichtet waren, die Anleger bei Vertragsschlüssen ab Anfang 1998 auf die mög-
lichen bankrechtlichen Bedenken gegen die vereinbarte ratenweise Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben hinzuweisen (Sen.Urt. v. 21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 753, 763, 765). Die Kläger haben sich in dritter Instanz auf diesen möglichen Aufklärungsmangel nicht berufen, was aber nicht ausschließt, dass er in der neuen Verhandlung vor dem Berufungsgericht geltend gemacht wird.
Sollte sich ein zum Schadensersatz verpflichtendes Verhalten der Beklagten oder ihrer Erfüllungsgehilfen nicht beweisen lassen, hat das Berufungsgericht - worauf die Revision zu Recht hinweist - weiter zu bedenken, dass sich aus dem Wegfall der ratierlichen Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens ein Grund für eine außerordentliche Kündigung des jeweiligen Gesellschaftsvertrages ergeben kann. Auch das hat der Senat in den Urteilen vom 21. März 2005 (II ZR 124/03, WM 2005, 841; II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 758; II ZR 310/03, NJW 2005, 1784, 1788) bereits entschieden.
Keinen Erfolg haben kann dagegen das Begehren der Kläger, sowohl die gezahlten Einlagen zurückzuerhalten als auch im Wege der Stufenklage auf ein möglicherweise höheres Auseinandersetzungsguthaben zugreifen zu können. Wenn sie im Wege des Schadensersatzes so gestellt werden wollen, wie sie stünden, wenn sie die Gesellschaftsverträge nicht abgeschlossen hätten, können sie nicht gleichzeitig die Verträge als wirksam behandeln und sich die Möglichkeit offen halten, Vorteile aus diesen Verträgen zu ziehen (vgl. Sen.Urt. v.
21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763, 766). Die Stufenklage können sie nur hilfsweise geltend machen für den Fall, dass die Ansprüche auf Rückzahlung der Einlagen nicht bestehen.
Goette Münke Strohn
Caliebe Reichart

(1) Vorstandsmitglieder bestellt der Aufsichtsrat auf höchstens fünf Jahre. Eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit, jeweils für höchstens fünf Jahre, ist zulässig. Sie bedarf eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefaßt werden kann. Nur bei einer Bestellung auf weniger als fünf Jahre kann eine Verlängerung der Amtszeit ohne neuen Aufsichtsratsbeschluß vorgesehen werden, sofern dadurch die gesamte Amtszeit nicht mehr als fünf Jahre beträgt. Dies gilt sinngemäß für den Anstellungsvertrag; er kann jedoch vorsehen, daß er für den Fall einer Verlängerung der Amtszeit bis zu deren Ablauf weitergilt.

(2) Werden mehrere Personen zu Vorstandsmitgliedern bestellt, so kann der Aufsichtsrat ein Mitglied zum Vorsitzenden des Vorstands ernennen.

(3) Ein Mitglied eines Vorstands, der aus mehreren Personen besteht, hat das Recht, den Aufsichtsrat um den Widerruf seiner Bestellung zu ersuchen, wenn es wegen Mutterschutz, Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder Krankheit seinen mit der Bestellung verbundenen Pflichten vorübergehend nicht nachkommen kann. Macht ein Vorstandsmitglied von diesem Recht Gebrauch, muss der Aufsichtsrat die Bestellung dieses Vorstandsmitglieds

1.
im Fall des Mutterschutzes widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach Ablauf des Zeitraums der in § 3 Absatz 1 und 2 des Mutterschutzgesetzes genannten Schutzfristen zusichern,
2.
in den Fällen der Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder der Krankheit widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu drei Monaten entsprechend dem Verlangen des Vorstandsmitglieds zusichern; der Aufsichtsrat kann von dem Widerruf der Bestellung absehen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
In den in Satz 2 Nummer 2 genannten Fällen kann der Aufsichtsrat die Bestellung des Vorstandsmitglieds auf dessen Verlangen mit Zusicherung der Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu zwölf Monaten widerrufen. Das vorgesehene Ende der vorherigen Amtszeit bleibt auch als Ende der Amtszeit nach der Wiederbestellung bestehen. Im Übrigen bleiben die Regelungen des Absatzes 1 unberührt. Die Vorgabe des § 76 Absatz 2 Satz 2, dass der Vorstand aus mindestens zwei Personen zu bestehen hat, gilt während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 auch dann als erfüllt, wenn diese Vorgabe ohne den Widerruf eingehalten wäre. Ein Unterschreiten der in der Satzung festgelegten Mindestzahl an Vorstandsmitgliedern ist während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 unbeachtlich. § 76 Absatz 3a und § 393a Absatz 2 Nummer 1 finden auf Bestellungen während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 keine Anwendung, wenn das Beteiligungsgebot ohne den Widerruf eingehalten wäre. § 88 ist während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 entsprechend anzuwenden.

(4) Der Aufsichtsrat kann die Bestellung zum Vorstandsmitglied und die Ernennung zum Vorsitzenden des Vorstands widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist namentlich grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, es sei denn, daß das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Dies gilt auch für den vom ersten Aufsichtsrat bestellten Vorstand. Der Widerruf ist wirksam, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist. Für die Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag gelten die allgemeinen Vorschriften.

(5) Die Vorschriften des Montan-Mitbestimmungsgesetzes über die besonderen Mehrheitserfordernisse für einen Aufsichtsratsbeschluß über die Bestellung eines Arbeitsdirektors oder den Widerruf seiner Bestellung bleiben unberührt.

(1) Der Aufsichtsrat entscheidet durch Beschluß.

(2) Die Beschlußfähigkeit des Aufsichtsrats kann, soweit sie nicht gesetzlich geregelt ist, durch die Satzung bestimmt werden. Ist sie weder gesetzlich noch durch die Satzung geregelt, so ist der Aufsichtsrat nur beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder, aus denen er nach Gesetz oder Satzung insgesamt zu bestehen hat, an der Beschlußfassung teilnimmt. In jedem Fall müssen mindestens drei Mitglieder an der Beschlußfassung teilnehmen. Der Beschlußfähigkeit steht nicht entgegen, daß dem Aufsichtsrat weniger Mitglieder als die durch Gesetz oder Satzung festgesetzte Zahl angehören, auch wenn das für seine Zusammensetzung maßgebende zahlenmäßige Verhältnis nicht gewahrt ist.

(3) Abwesende Aufsichtsratsmitglieder können dadurch an der Beschlußfassung des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse teilnehmen, daß sie schriftliche Stimmabgaben überreichen lassen. Die schriftlichen Stimmabgaben können durch andere Aufsichtsratsmitglieder überreicht werden. Sie können auch durch Personen, die nicht dem Aufsichtsrat angehören, übergeben werden, wenn diese nach § 109 Abs. 3 zur Teilnahme an der Sitzung berechtigt sind.

(4) Schriftliche, fernmündliche oder andere vergleichbare Formen der Beschlussfassung des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse sind vorbehaltlich einer näheren Regelung durch die Satzung oder eine Geschäftsordnung des Aufsichtsrats nur zulässig, wenn kein Mitglied diesem Verfahren widerspricht.

Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach § 6 Absatz 1 bis 13 und den §§ 7 bis 10 und 54 Absatz 1 einschließlich der Androhung und der Festsetzung von Zwangsmitteln haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Vorstandsmitglieder bestellt der Aufsichtsrat auf höchstens fünf Jahre. Eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit, jeweils für höchstens fünf Jahre, ist zulässig. Sie bedarf eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefaßt werden kann. Nur bei einer Bestellung auf weniger als fünf Jahre kann eine Verlängerung der Amtszeit ohne neuen Aufsichtsratsbeschluß vorgesehen werden, sofern dadurch die gesamte Amtszeit nicht mehr als fünf Jahre beträgt. Dies gilt sinngemäß für den Anstellungsvertrag; er kann jedoch vorsehen, daß er für den Fall einer Verlängerung der Amtszeit bis zu deren Ablauf weitergilt.

(2) Werden mehrere Personen zu Vorstandsmitgliedern bestellt, so kann der Aufsichtsrat ein Mitglied zum Vorsitzenden des Vorstands ernennen.

(3) Ein Mitglied eines Vorstands, der aus mehreren Personen besteht, hat das Recht, den Aufsichtsrat um den Widerruf seiner Bestellung zu ersuchen, wenn es wegen Mutterschutz, Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder Krankheit seinen mit der Bestellung verbundenen Pflichten vorübergehend nicht nachkommen kann. Macht ein Vorstandsmitglied von diesem Recht Gebrauch, muss der Aufsichtsrat die Bestellung dieses Vorstandsmitglieds

1.
im Fall des Mutterschutzes widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach Ablauf des Zeitraums der in § 3 Absatz 1 und 2 des Mutterschutzgesetzes genannten Schutzfristen zusichern,
2.
in den Fällen der Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder der Krankheit widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu drei Monaten entsprechend dem Verlangen des Vorstandsmitglieds zusichern; der Aufsichtsrat kann von dem Widerruf der Bestellung absehen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
In den in Satz 2 Nummer 2 genannten Fällen kann der Aufsichtsrat die Bestellung des Vorstandsmitglieds auf dessen Verlangen mit Zusicherung der Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu zwölf Monaten widerrufen. Das vorgesehene Ende der vorherigen Amtszeit bleibt auch als Ende der Amtszeit nach der Wiederbestellung bestehen. Im Übrigen bleiben die Regelungen des Absatzes 1 unberührt. Die Vorgabe des § 76 Absatz 2 Satz 2, dass der Vorstand aus mindestens zwei Personen zu bestehen hat, gilt während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 auch dann als erfüllt, wenn diese Vorgabe ohne den Widerruf eingehalten wäre. Ein Unterschreiten der in der Satzung festgelegten Mindestzahl an Vorstandsmitgliedern ist während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 unbeachtlich. § 76 Absatz 3a und § 393a Absatz 2 Nummer 1 finden auf Bestellungen während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 keine Anwendung, wenn das Beteiligungsgebot ohne den Widerruf eingehalten wäre. § 88 ist während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 entsprechend anzuwenden.

(4) Der Aufsichtsrat kann die Bestellung zum Vorstandsmitglied und die Ernennung zum Vorsitzenden des Vorstands widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist namentlich grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, es sei denn, daß das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Dies gilt auch für den vom ersten Aufsichtsrat bestellten Vorstand. Der Widerruf ist wirksam, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist. Für die Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag gelten die allgemeinen Vorschriften.

(5) Die Vorschriften des Montan-Mitbestimmungsgesetzes über die besonderen Mehrheitserfordernisse für einen Aufsichtsratsbeschluß über die Bestellung eines Arbeitsdirektors oder den Widerruf seiner Bestellung bleiben unberührt.

Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach § 6 Absatz 1 bis 13 und den §§ 7 bis 10 und 54 Absatz 1 einschließlich der Androhung und der Festsetzung von Zwangsmitteln haben keine aufschiebende Wirkung.