Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 10. Aug. 2016 - 4 Ws 282/15

published on 10/08/2016 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 10. Aug. 2016 - 4 Ws 282/15
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Tenor

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Tübingen gegen den Beschluss des Landgerichts - 11. Große Wirtschaftsstrafkammer - Stuttgart vom 13. Juli 2015 wird als unbegründet

v e r w o r f e n.

Die den Angeschuldigten durch das Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

 
I.
Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat mit Datum vom 9. August 2012 gegen die Angeschuldigten Anklage zur Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart erhoben. Sie wirft ihnen darin gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Bandenbetrug in 1.461 Fällen (Taten II. Nr. 1. - 1461.) gemäß § 263 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 5, § 25 Abs. 2, § 53 StGB vor. Dem Angeschuldigten K. legt sie zusätzlich gewerbs- und bandenmäßige Untreue in 28 tatmehrheitlichen Fällen (Taten I. 1. - 28.) gemäß § 266 Abs. 1 Var. 1, Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 53 StGB und den Angeschuldigten M., U. und B. zusätzlich Beihilfe zur gewerbs- und bandenmäßigen Untreue in 28 Fällen (Taten I. 1. - 28.) gemäß § 266 Abs. 1 Var. 1, Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, §§ 53, 27 StGB zur Last. Dem Angeschuldigten B. wird zudem Bankrott im besonders schweren Fall (Tat III.) gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 1, § 283a Satz 2 Nr. 1 StGB und Verletzung der Unterhaltspflicht (Tat IV.) gemäß § 170 StGB und dem Angeschuldigten U. zusätzlich unerlaubter Besitz von Arzneimitteln (Tat V.) gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2b in der bis zum 17. Dezember 2015 geltenden Fassung i.V.m. § 6a Abs. 2a des Arzneimittelgesetzes vorgeworfen.
Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart lehnte durch den angefochtenen Beschluss bezüglich sämtlicher Angeschuldigter die Eröffnung des Hauptverfahrens hinsichtlich der Taten I. 1. - 28. aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen und hinsichtlich der Taten II 1. - 1461. aus tatsächlichen Gründen ab. Im Übrigen erklärte sich das Landgericht hinsichtlich der Taten III. und IV. bezüglich des Angeschuldigten B. für unzuständig. Auch bezüglich der Tat V. erklärte sich das Landgericht hinsichtlich des Angeschuldigten U. für unzuständig. Schließlich ordnete es an, dass dem Angeschuldigten M. für die am 15. August 2007 vollzogene Durchsuchung der Wohnräume in K., für die Sicherstellungen in diesen Räumlichkeiten am 15. August 2007 sowie für die vom 13. November 2007 bis 10. Januar 2008 vollzogene Untersuchungshaft eine Entschädigung zu gewähren ist. Ebenso ordnete es an, dass dem Angeschuldigten K. für die am 18. Oktober 2006, 15. August 2007 und 13. November 2007 vollzogenen Durchsuchungen seiner Wohn-, Geschäfts- und Nebenräume in B. sowie die Sicherstellungen in diesen Räumlichkeiten am 15. August 2007 und für die vom 13. November 2007 bis 10. Januar 2008 vollzogene Untersuchungshaft eine Entschädigung zu gewähren ist.
Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Angeschuldigten wurden der Staatskasse auferlegt, soweit die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wurde; im Übrigen blieb die Kostenentscheidung der endgültigen Sachentscheidung vorbehalten.
II.
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt, jedoch unbegründet.
1.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung, die der Senat teilt, hat die Wirtschaftsstrafkammer die Eröffnung des Hauptverfahrens bezüglich der in der Anklage unter I. und II. aufgeführten Vorwürfe abgelehnt. Durchgreifende Gründe für eine andere Beurteilung des für die Eröffnung erforderlichen hinreichenden Tatverdachts zeigt letztlich auch die sofortige Beschwerde nicht auf.
a) Nach § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn ein Angeschuldigter nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint. Hinreichender Tatverdacht besteht, wenn die vorläufige Tatbewertung eine Wahrscheinlichkeit für eine spätere Verurteilung ergibt. Das ist dahin zu präzisieren, dass entweder die Verurteilung überwiegend wahrscheinlich erscheinen oder ein Zweifelsfall mit ungefähr gleicher Wahrscheinlichkeit von Verurteilung und Nichtverurteilung vorliegen muss, zu dessen Klärung die besonderen Erkenntnisse aus der Hauptverhandlung notwendig sind (OLG Stuttgart, Die Justiz 2011, 218). Eine Eröffnung kommt dann nicht in Betracht, wenn bei unterstellter konstanter Beweislage ein Freispruch wahrscheinlicher ist als eine Verurteilung (Schneider in Karlsruher Kommentar StPO, 7. Aufl., § 203 Rn. 4).
Die in der Hauptverhandlung zu erweisenden Tatsachen, aus denen sich die Strafbarkeit der Angeschuldigten ergeben soll, müssen unter Zugrundelegung des gesamten Akteninhalts für das eröffnende Gericht wahrscheinlich sein. Dieses Wahrscheinlichkeitsurteil lässt seiner Natur nach die Möglichkeit von Zweifeln offen, so dass für die unmittelbare Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ im Eröffnungsverfahren kein Raum ist (Stuckenberg in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 203 Rn. 12). Allerdings bedarf es zusätzlich zu der Wahrscheinlichkeit, dass die in der Anklage behaupteten strafbegründenden Tatsachen der Wirklichkeit entsprechen, auch der Wahrscheinlichkeit, dass es mit den prozessual zulässigen Mitteln gelingen werde, sie zur Überzeugung des erkennenden Gerichts zu beweisen (Beweisbarkeitsprognose, vgl. Schneider, aaO, Rn.7). In diesem Zusammenhang ist dann doch auch der Grundsatz „in dubio pro reo“ mittelbar von Bedeutung. Ist nicht zu erwarten, dass tatsächliche Zweifel aufgrund der Hauptverhandlung überwunden werden können, so schlägt dies auf die Eröffnungsentscheidung durch, weil wegen der dann gebotenen Anwendung des Zweifelssatzes durch das erkennende Gericht die Verurteilung prozessual gerade nicht wahrscheinlich ist (Stuckenberg, aaO, Rn. 15). Die Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ führt in solchen Fällen im Rahmen des § 203 StPO zu einer negativen Wahrscheinlichkeitsprognose für eine Verurteilung (OLG Köln, StraFo 1998, 230).
Diese Beurteilung umfasst im Beschlusszeitpunkt ein Evidenzurteil nach richterlicher Erfahrung (Stuckenberg, aaO, Rn. 13; Hervorhebung durch den Senat). Eine Quantifizierung der Wahrscheinlichkeit ist aufgrund fehlender Erfahrungssätze generell und im Einzelfall nicht möglich, sondern es handelt sich stets um subjektive (aber intersubjektiv nachzuvollziehende) Plausibilitätsbehauptungen aufgrund richterlicher Erfahrung, deren Präzision nicht überfordert werden darf (Stuckenberg, aaO, Rn. 14).
Ein Zweifelsfall mit ungefähr gleicher Wahrscheinlichkeit von Verurteilung und Nichtverurteilung führt dann zur Eröffnung, wenn zu dessen Klärung die besonderen Erkenntnismittel der Hauptverhandlung notwendig sind, so etwa, wenn es auf die Konfrontation der Einlassung des Angeklagten mit Zeugenaussagen oder auf den persönlichen Eindruck des erkennenden Gerichts zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit bei sich widersprechenden Aussagen entscheidend ankommt. Die Eröffnungsentscheidung soll erkennbar aussichtlose Fälle ausfiltern, aber der Hauptverhandlung ansonsten nicht vorgreifen. Dies bedeutet aber auch, dass dann, wenn trotz Berücksichtigung der besonderen Erkenntnismittel der Hauptverhandlung eine Verurteilung überwiegend unwahrscheinlich erscheint, eine Eröffnung ausscheidet (Stuckenberg, aaO, Rn. 13).
10 
Ein Gericht ist bei der Eröffnungsentscheidung grundsätzlich gehalten, seine Beurteilung einerseits aufgrund des gesamten Ermittlungsergebnisses vorzunehmen, andererseits aber auch die besseren Aufklärungsmöglichkeiten der Hauptverhandlung in Rechnung zu stellen. Daher ist bei der Eröffnungsentscheidung gerade auch zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall überhaupt tatsächlich noch relevante bessere Erkenntnismöglichkeiten und somit auch Erkenntnisse zur Sachaufklärung in einer Hauptverhandlung realistischer Weise zu erwarten sind oder ob dies lediglich eine rein theoretische, durch die bisherigen Ermittlungsergebnisse nicht ernsthaft belegte Hoffnung wäre.
11 
Die Beurteilung des hinreichenden Tatverdachts ist nicht statisch, sondern hängt vom jeweiligen Ermittlungsstand ab. Während etwa zu Beginn eines Ermittlungsverfahrens starke Indizien einen dringenden Tatverdacht begründen können, fällt dieser später weg, wenn Lücken in der Indizienkette nicht geschlossen werden können oder trotz anfänglicher Annahme keine große Wahrscheinlichkeit mehr dafür besteht, der Täter könne in einer Hauptverhandlung überführt werden. Gleiches gilt, wenn die Ermittlungen trotz einer nicht unerheblichen Verdachtslage deshalb lückenhaft sind, weil die Strafverfolgungsbehörden gebotene Untersuchungen unterlassen haben und wegen dieser Defizite - ohne weitere zeitaufwändige Nachforschungen - nicht mit einer Verurteilung des Täters gerechnet werden kann (OLG Karlsruhe, wistra 2004, 276 ff.).
12 
Dem Tatrichter ist bei der Prognoseentscheidung über den hinreichenden Tatverdacht ein nicht unerheblicher Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. OLG Nürnberg, NJW 2010, 3793 mwN).
13 
b) Das Landgericht hat bei seinen Ausführungen die Anforderungen an den für eine Eröffnungsentscheidung erforderlichen hinreichenden Tatverdacht nicht überspannt. Auch der Senat hält hier unter den besonderen Umständen des Einzelfalls bei gesamtschauender Würdigung der bisherigen Ermittlungsergebnisse zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Verurteilung der Angeschuldigten bezüglich derjenigen Vorwürfe, die die Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer begründen und die mittlerweile nicht ohnehin verjährt wären, als nicht hinreichend wahrscheinlich; es spricht bei eigener Bewertung des Ermittlungsergebnisses durch den Senat nicht mehr für als gegen eine Verurteilung der Angeschuldigten. Auch der Senat erwartet hier keine entscheidend besseren Erkenntnismöglichkeiten und Erkenntnisse zur Sachaufklärung in einer Hauptverhandlung. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Beschluss kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden. Angesicht der vielen, von der Wirtschaftskammer ausführlich dargelegten Umstände, die Zweifel an der Verurteilungswahrscheinlichkeit wecken, ist nicht zu erwarten, dass sich das erkennende Gericht eine Überzeugung von rechtswidrigen, schuldhaften Taten der Angeschuldigten in den Komplexen I. und II. wird verschaffen können. Insbesondere verweist das Landgericht zu Recht darauf, dass trotz der deutlichen Hinweise im Beschluss des Senats vom 5. Februar 2008 eine Klärung der Vorwürfe hinsichtlich jedes angeklagten Einzelfalles bisher weder durch Vernehmung der Patienten noch durch sachverständige Begutachtung erfolgt ist und eine genügend sichere Aufklärung der Umstände der Einzelfälle bei lebensnaher Betrachtung auch nicht mehr erwartet werden kann. Neben den Ausführungen des von der Staatsanwaltschaft hinzugezogenen Sachverständigen Prof. Dr. G., auf die die Wirtschaftsstrafkammer zu Recht abgestellt hat, ist insbesondere auch zu sehen, dass diejenigen Zeugen, die überhaupt vernommen worden sind, schon wenige Jahre nach der Kur sich oftmals nicht mehr in der Lage sahen, bei Befragung durch die Kriminalpolizei konkrete Erinnerungen abzurufen und die bei ihnen zur Anwendung gekommenen Heilmittel hinreichend präzise zu beschreiben oder zu unterscheiden. Eine Verbesserung ihrer Erinnerung und ihrer Fähigkeit zu so präzisen Angaben, wie sie für die Klärung der Sachverhalte im Einzelnen notwendig wären, ist nach derart langer Zeit nicht mehr zu erwarten.
14 
Auf die (variierenden) Angaben des Angeschuldigten B. wird eine Verurteilung, die sich zu jedem angeklagten Einzelfall zu verhalten hat, angesichts des übrigen Beweisergebnisses nicht entscheidend gestützt werden können. Selbst der persönliche Eindruck von ihm und seinen Angaben in einer Hauptverhandlung könnte mit hoher Wahrscheinlichkeit allenfalls noch zu einem „non liquet“ führen, was für eine Verurteilung insbesondere auch der weiteren Angeschuldigten angesichts von deren Bestreiten nicht ausreichen könnte. Auch hierzu hat sich die Strafkammer ausführlich verhalten.
15 
Umstände, die noch zusätzlich durch die besseren Erkenntnismöglichkeiten der Hauptverhandlung aufgeklärt werden können, sind hier nicht ersichtlich. Vielmehr befürchtet auch der Senat, dass angesichts des mittlerweile vergangenen Zeitraums von fast zehn Jahren in einer Hauptverhandlung keine zusätzlichen Erkenntnisse gewonnen werden können, die den Nachweis der Vorwürfe im Einzelfall hinsichtlich jedes Patienten mit genügender Sicherheit erbringen könnten.
16 
Die Strafkammer hat sich auch zu Recht nicht gehalten gesehen, weitere Ermittlungen, insbesondere Zeugenvernehmungen der Patienten und eine sachverständige Begutachtung selbst durchzuführen. Zwar kann das Gericht gemäß § 202 StPO vor der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens zur besseren Aufklärung der Sache Beweiserhebungen anordnen. Es muss sich dabei aber um einzelne Beweiserhebungen handeln, also um eine bloße Ergänzung eines von der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren bereits weitgehend aufgeklärten Sachverhalts. Ermittlungen größeren Umfangs - wie hier - zur Komplettierung eines von der Staatsanwaltschaft unzulänglich belegten Anklagevorwurfs hinsichtlich der angeklagten Einzelfälle sind gesetzlich nicht vorgesehen (vgl. OLG Karlsruhe, wistra 2004, 276, 279 mwN). Im Zwischenverfahren müssen und sollen keine wesentlichen Auslassungen der Ermittlung nachgeholt werden.
17 
Bereits im Beschluss des Senats vom 5. Februar 2008 war darauf hingewiesen worden, dass es der Klärung der Frage mit Hilfe eines Sachverständigen bedarf, ob im Einzelfall tatsächlich nicht notwendige und unwirtschaftliche Anwendungen verschrieben worden sind. Trotz Bemühungen der Staatsanwaltschaft, ein entsprechendes Gutachten erstattet zu bekommen, war dies mit dem beauftragten Sachverständigen nicht möglich. Dies ändert jedoch nichts daran, dass ein ganz entscheidender Teil der Ermittlungen zum Zeitpunkt der Anklageerhebung fehlte, der nicht vom Gericht gemäß § 202 StPO nachzuholen war. Im Übrigen verweist das Landgericht zutreffend darauf, dass derartige Nachermittlungen keinen Erfolg mehr versprechen. Aus den zutreffenden Überlegungen des Landgerichts hätte es auch bezüglich der Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Unterschreiten der Behandlungszeiten im Wasser (Taten II. Nr. 1. - 1461.), insbesondere hinsichtlich der Fragen, wie lange Vor- und Nachbereitungen stattfanden und bei welchen Patienten die Mindestdauer, die sich nach dem schwer verständlichen und für Missdeutungen anfälligen Regelungskonzept der Physiotherapeutenvergütung ohnehin nur aus Richtwerten zusammensetzte, aus medizinischen Gründen unterschritten wurde, einer Betrachtung des Einzelfalls und der ausreichend genauen Klärung der Umstände hinsichtlich des einzelnen Patienten bedurft.
2.
18 
Da die Eröffnung bezüglich der Tatkomplexe I. und II schon aus tatsächlichen Gründen abzulehnen war, bedarf es keiner abschließenden Klärung der Frage, ob ein Kassenarzt tauglicher Täter einer Untreue gegenüber den Krankenkassen sein kann, insbesondere ob er deren Vermögensinteressen im Sinnen von § 266 StGB wahrzunehmen hat. Die sofortige Beschwerde verkennt allerdings die Reichweite und Intention des Urteils des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2012 (1 Ss 559/12; NStZ-RR 2013, 174), wenn sie meint, dieses stärke ihre Ansicht. Bereits in diesem Urteil weist der 1. Strafsenat darauf hin, dass „an dem Vorliegen eines solchen besonderen Näheverhältnisses … vor dem Hintergrund der Entscheidung des Großen Senats in Strafsachen vom 29. März 2012 … erhebliche Zweifel angezeigt [wären], nachdem der Große Senat feststellt, dass der Vertragsarzt bei der Verordnung von Medikamenten zwar auch auf die wirtschaftlichen Belange der Krankenkassen Bedacht zu nehmen habe, die ärztliche Behandlung indes in erster Linie im Interesse des Patienten und in seinem Auftrage erfolge. Bei der erforderlichen wertenden Gesamtbetrachtung stünde diese Bindung an den Patienten im Vordergrund, sodass der Arzt aus dem Auftragsverhältnis zu dem Patienten auch aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebotes nicht herausgebrochen werden könne, …“ Genau dieser Argumentation folgt auch die Strafkammer in ihren Erwägungen, denen auch der Senat zuneigt. Gerade das vorliegende Ermittlungsverfahren zeigt deutlich, wie sehr sich (wirtschaftliche) Interessen der Kassen, der Leistungserbringer und der Patienten unterscheiden. Eine große Zahl der Patienten, soweit sie vernommen wurden, war überaus zufrieden mit den verordneten und erbrachten Kurleistungen und verspürte dauerhafte oder längerfristige (Behandlungs)Erfolge und Linderung von Beschwerden und verwies zum Teil sogar darauf, die von den Angeschuldigten dargebotene Form der Kur als hilfreicher empfunden zu haben als anderweitig empfangene Leistungen. Auch der Sachverständige konnte die Dosierung der verordneten Heilmittel nur als „relativ hoch“ einschätzen, sie würden aber nicht die in der ambulanten und stationären Rehabilitation geforderten Interventionen übersteigen. Auch die Auswahl der Therapien wurde als sachgerecht beurteilt. All dies zeigt exemplarisch, wie problematisch und dem Patienteninteresse geradezu entgegengesetzt es wäre, aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot, das die verordnenden Kassenärzte trifft, auch eine Vermögensbetreuungspflicht für das Vermögen der Krankenkassen mit der Qualität einer Hauptpflicht abzuleiten.
3.
19 
Folgerichtig und von der sofortigen Beschwerde im Einzelnen auch nicht angegriffen hat das Landgericht mit der Nichteröffnung bezüglich der Tatkomplexe I. und II. sich bezüglich der weiteren Taten für unzuständig erklärt, die Entschädigungspflichten angeordnet und die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeschuldigten der Staatskasse auferlegt.
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(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

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(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

In besonders schweren Fällen des § 283 Abs. 1 bis 3 wird der Bankrott mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus Gewinnsucht handelt oder
2.
wissentlich viele Personen in die Gefahr des Verlustes ihrer ihm anvertrauten Vermögenswerte oder in wirtschaftliche Not bringt.

(1) Wer sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entzieht, so daß der Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten gefährdet ist oder ohne die Hilfe anderer gefährdet wäre, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einer Schwangeren zum Unterhalt verpflichtet ist und ihr diesen Unterhalt in verwerflicher Weise vorenthält und dadurch den Schwangerschaftsabbruch bewirkt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

Bevor das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet, kann es zur besseren Aufklärung der Sache einzelne Beweiserhebungen anordnen. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.