Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 08. März 2016 - 1 Ausl 8/16

bei uns veröffentlicht am08.03.2016

Tenor

1. Die Auslieferung des Verfolgten an die Republik Bulgarien zur dortigen Strafvollstreckung ist

z u l ä s s i g .

2. Die Auslieferungshaft hat

f o r t z u d a u e r n .

3. Es wird festgestellt, dass die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart vom 18. Februar 2016, keine Bewilligungshindernisse geltend machen zu wollen, rechtsfehlerfrei getroffen ist.

Gründe

 
I.
1. Durch Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) ersuchen die Justizbehörden der Republik Bulgarien um Festnahme und Auslieferung des bulgarischen Staatsangehörigen A. zum Zwecke der Strafvollstreckung. Der Fahndungsausschreibung liegen ein Europäischer Haftbefehl der Regionalen Staatsanwaltschaft Ruse vom 19. November 2015 (Az. 00012/2015) und das Urteil Nr. 3 des Landgerichts Ruse vom 12. Februar 2014 zugrunde, durch welches der Verfolgte wegen Entführung, gesetzwidriger Freiheitsberaubung und Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von sieben (7) Jahren verurteilt wurde, die noch in voller Höhe zu verbüßen ist. Wegen des dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf den Auslieferungshaftbefehl des Senats vom 18. Januar 2016 Bezug genommen.
2. Der Verfolgte wurde aufgrund der Ausschreibung am 10. Januar 2016 vorläufig festgenommen und am selben Tag einem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts H. vorgeführt, der eine Festhalteanordnung gemäß § 22 Abs. 3 Satz 2 IRG erließ. Bei seiner Vernehmung erklärte der Verfolgte, der den Ermittlungen zufolge in N., …straße … wohnen soll, er sei verheiratet und habe ein Kind, das hier zur Schule gehe. Zur Sache gab er an, dass es sich bei der Geschädigten um eine Prostituierte handle. Sie seien vorbeigefahren und hätten beschlossen, mit ihr Geschlechtsverkehr zu haben. Wahrscheinlich habe das Geld nicht gereicht, weshalb sie ihn vor Gericht gezogen habe. In dem bulgarischen Prozess habe der Gerichtsarzt keine Schäden einer Vergewaltigung finden können. Der Dorfpolizist stecke mit der Geschädigten „unter einer Decke“. Der Verfolgte widersprach einer Auslieferung. Auf seinen zugleich geäußerten Wunsch wurde ihm am 3. Februar 2016 der Beistand bestellt.
Der Senat erließ am 18. Januar 2016 Auslieferungshaftbefehl, bei dessen Eröffnung durch einen Haftrichter des Amtsgerichts S. am 2. Februar 2016 der Verfolgte die Angaben der geschädigten Zeugin als Lüge bezeichnete und erklärte, diese habe nach der Gerichtsverhandlung in Bulgarien zugegeben, sie hätte falsche Angaben gemacht. Sie habe jetzt ein schlechtes Gewissen, weil „die anderen 2“ zu sieben Jahren Haft verurteilt worden seien. Er sei unschuldig. Die Türen des Autos seien offen gewesen, sie hätte jederzeit fliehen können. Es seien viele Leute auf dem Dorfplatz gewesen. Es habe auch Videoaufzeichnungen gegeben. Die Videos seien aber von der korrupten Polizei gelöscht worden.
Dem Beistand des Verfolgten wurde Gelegenheit gegeben, bis zum 12. Februar 2016 zu dem Auslieferungsersuchen Stellung zu nehmen und etwaige Einwendungen gegen eine Auslieferung nach Bulgarien vorzubringen. Davon hat der Beistand Gebrauch gemacht. Er wies darauf hin, dass ein Antrag des Verfolgten auf Wiederaufnahme des Verfahrens - wegen der unten dargestellten Umstände - keine Aussicht auf Erfolg haben werde, weshalb er die Auslieferung für unzulässig hält.
3. Die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart beantragt, die Auslieferung des Verfolgten für zulässig zu erklären und Haftfortdauer anzuordnen. Sie hat am 18. Februar 2016 gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 IRG entschieden, es sei beabsichtigt, die Auslieferung des Verfolgten an die Republik Bulgarien zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil Nr. 3 des Landgerichts Ruse vom 12. Februar 2014 mit der Maßgabe zu bewilligen, dass der Verfolgte im bulgarischen Justizvollzug durchgehend in einer Justizvollzugsanstalt unterzubringen ist, deren Standards den Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention bzw. denen der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze entsprechen.
Ein Bewilligungshindernis gemäß § 83b Abs. 2 Nr. 2 IRG solle nicht geltend gemacht werden, wonach die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, zum Zwecke der Strafvollstreckung abgelehnt werden kann, wenn er dieser nach Belehrung zu richterlichem Protokoll nicht zustimmt und sein schutzwürdiges Interesse an der Strafvollstreckung im Inland überwiegt. Über die persönlichen und sozialen Verhältnisse des Verfolgten sei lediglich bekannt, dass er verheiratet sei, in O. wohne und dass er ein Kind habe, das zur Schule geht. Das Regierungspräsidium S. als zuständige Ausländerbehörde prüfe derzeit, ob die bulgarische Verurteilung eine Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU rechtfertigt. Selbst wenn der Verfolgte, was aufgrund seiner familiären Verhältnisse nicht ausgeschlossen erscheine, bereits einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet begründet hätte, würde es an einem schutzwürdigen überwiegenden Interesse des Verfolgten an einer Strafvollstreckung im Inland fehlen. Dabei werde gesehen, dass der Verfolgte hier zusammen mit seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Kind lebe. Über eine Erwerbstätigkeit des Verfolgten sei nichts bekannt. Einen etwaigen Arbeitsplatz würde der Verfolgte aber auch im Falle einer Strafvollstreckung im Inland verlieren, weil eine Zulassung zum Freigang angesichts der Höhe der zu vollstreckenden Strafe und des Gegenstands der zugrunde liegenden Straftat nach der Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums zur sofortigen Zulassung zum Freigang im Kurzstrafenvollzug vom 1. Dezember 2011 - 4410/0125 - (Die Justiz, S. 381) ausgeschlossen wäre. Hinzu komme, dass der Verfolgte nicht an einen Drittstaat ausgeliefert werden solle, sondern an sein Heimatland, in dem er aufgewachsen und mit dessen Sprache und Kultur er vertraut sei. Er werde sich daher problemlos in den bulgarischen Strafvollzug integrieren und dort an seiner Resozialisierung arbeiten können. Angesichts der Höhe der zu vollstreckenden Strafe könne es der Ehefrau des Verfolgten, sofern sie im Rahmen des Möglichen den persönlichen Kontakt zum Verfolgten aufrecht erhalten wolle, auch zugemutet werden, ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland aufzugeben. Das Interesse des Verfolgten an einer Strafvollstreckung im Inland müsse aber auch deshalb hinter dem Auslieferungsinteresse des ersuchenden Staates zurücktreten, weil der Verfolgte die Republik Bulgarien in Kenntnis des gegen ihn geführten Strafverfahrens verlassen habe. Nach Mitteilung der bulgarischen Behörden sei gegen den Verfolgten am 8. März 2013 in dieser Sache Anklage erhoben worden, was er auch gewusst habe. Gleichzeitig sei zur Sicherung der Anwesenheit des Verfolgten im Strafverfahren ein Hausarrest angeordnet worden. Gleichwohl habe sich der Verfolgte in der Folgezeit dem Verfahren entzogen, indem er seinen Wohnsitz in Bulgarien aufgab und in die Bundesrepublik Deutschland einreiste. Bei dieser Sachlage müsse das Interesse des Verfolgten an einer Strafvollstreckung im Inland hinter dem Auslieferungsinteresse des ersuchenden Staates zurücktreten. Weitere Umstände, die einer Bewilligung der Auslieferung des Verfolgten an die Republik Bulgarien zur Strafvollstreckung entgegen stehen könnten, seien nicht ersichtlich.
Den teilweise unzureichenden Haftbedingungen in der Republik Bulgarien könne durch den beabsichtigten Vorbehalt Rechnung getragen werden. Das bulgarische Justizministerium hatte dem Bundesministerium der Justiz eine Erklärung vom 13. August 2015 übermittelt, wonach sämtliche nach Bulgarien aufgrund eines Europäischen Haftbefehls ausgelieferte Personen in Haftanstalten untergebracht würden, in denen die Bedingungen der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und den europäischen Mindestnormen entsprechen, sofern die Auslieferungsbewilligung mit einer entsprechenden Bedingung verbunden wird.
Die Entscheidung ist dem Verfolgten und seinem Beistand bekannt gemacht und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
II.
Dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, die Auslieferung des Verfolgten gemäß § 29 Abs. 1 IRG gerichtlich für zulässig zu erklären, ist zu entsprechen.
10 
1. Der übermittelte Europäische Haftbefehl genügt den Voraussetzungen von § 83a Abs. 1 IRG.
11 
2. Die Auslieferung des Verfolgten ist zulässig. Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen in dem die Auslieferungshaft anordnenden Senatsbeschluss vom 18. Januar 2016 Bezug genommen. Das Vorbringen des Verfolgten rechtfertigt keine hiervon abweichende Bewertung der Zulässigkeit. Für eine Überprüfung des Tatverdachts besteht auch unter Berücksichtigung der vom Verfolgten vorgebrachten Einwendungen kein Grund. Grundsätzlich gilt im Auslieferungsverkehr die Regel, dass sich die Staaten untereinander vertrauen können. Dementsprechend findet gemäß § 10 Abs. 2 IRG eine Überprüfung des Tatverdachts im Auslieferungsverfahren nur statt, wenn besondere Umstände dazu Anlass geben. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Missbrauch des Auslieferungsrechts durch vorgetäuschte Tatvorwürfe naheliegt oder dem Verfolgten im ersuchenden Staat ein rechtsstaatswidriges Verfahren droht (vgl. dazu Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Aufl., § 10 IRG Rdnr. 36 ff.). Entsprechende Umstände sind nicht ersichtlich.
12 
3. Der Umstand, dass das Urteil des Landgerichts Ruse in Abwesenheit des Verfolgten erging, steht entgegen der Auffassung seines Beistandes einer Auslieferung des Verfolgten nicht entgegen. Den Angaben der bulgarischen Behörden zufolge wusste der Verfolgte von der gegen ihn am 8. März 2013 erhobenen Anklage. Obwohl gegen ihn nach Anklageerhebung eine Maßregel der Sicherung „Hausarrest“ angeordnet worden war, verließ er die Republik Bulgarien und begab sich in die Bundesrepublik Deutschland. Außerdem haben die bulgarischen Behörden mit Schreiben vom 20. Januar 2016 mitgeteilt, dass dem Verfolgten im Zeitpunkt der Erhebung der Anklage ein Pflichtverteidiger beigeordnet worden sei, der in der Gerichtsverhandlung am 12. Februar 2014 anwesend gewesen sei. Die bulgarischen Behörden gehen nachvollziehbar davon aus, dass der Verfolgte sich dem gegen ihn geführten Strafverfahren durch Flucht entzogen habe. Da an dem Verfahren ein Verteidiger beteiligt war, ist die Auslieferung gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 2 IRG zulässig, obwohl ein Antrag des Verfolgten auf Wiederaufnahme des Verfahrens voraussichtlich keinen Erfolg haben würde.
13 
4. Den teilweise unzureichenden Haftbedingungen in der Republik Bulgarien kann dadurch Rechnung getragen werden, dass die Auslieferung nur mit der Maßgabe bewilligt wird, dass der Verfolgte durchgehend in einer Haftanstalt unterzubringen ist, deren Standards den Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention bzw. denen der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze entsprechen. Da das bulgarische Justizministerium am 13. August 2015 eine entsprechende Unterbringung von nach Bulgarien ausgelieferten Personen allgemein zugesichert hat, sofern die Auslieferungsbewilligung mit einer entsprechenden Bedingung verknüpft wird, erscheint die vorherige Einholung einer individuellen Zusicherung der bulgarischen Behörden nicht erforderlich (so auch OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 14.01.2016 – 2 Ausl A 184/15 -; vgl. auch OLG Rostock, Beschluss vom 14.10.2015 – 2 Ausl 25/15 -).
14 
Soweit das OLG München im Beschluss – 1 AR 392/15 – vom 27.10.2015, juris die genaue Angabe der Haftanstalt erwartet, in die der Verfolgte nach erfolgter Auslieferung aufgenommen und in der er während der Dauer des Freiheitsentzugs inhaftiert sein wird, sowie die Zusicherung, dass die räumliche Unterbringung und die sonstige Gestaltung der Haftbedingungen in dieser Haftanstalt den europäischen Mindeststandards entsprechen und den Häftlingen dort keine unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung im Sinne von Art. 3 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten droht, sowie die Beschreibung der Haftbedingungen in der namentlich benannten Haftanstalt, insbesondere im Hinblick auf die Zahl der Haftplätze, die Gesamtzahl der Gefangenen, Anzahl, Größe und Ausstattung der Hafträume (insbesondere auch Angaben zu Fenstern, Frischluftzufuhr und Heizung), Belegung der Hafträume, Ausstattung der Haftanstalt mit sanitären Einrichtungen, Verpflegungsbedingungen, Art und Bedingungen des Zugangs der Häftlinge zu medizinischer Versorgung, hält der Senat derartig detaillierte Zusicherungen nicht für geeignet; sie werden der Dynamik eines gegebenenfalls längeren Strafvollzug nicht gerecht. Im Lauf der Zeit des Vollzugs – wie vorliegend – langjähriger Freiheitsstrafen kann sich die (Über)Belegungssituation – etwa auch aufgrund von Änderungen der Gesamtzahl inhaftierter Personen sowie von Vollstreckungsplänen schnell ändern. Ebenso kann die Ausstattung der Hafträume einer Anstalt aufgrund von Renovierungsmaßnahmen oder dem Unterlassen solcher Veränderungen variieren. Mit zunehmender Dauer des Vollzugs werden Lockerungen in Betracht zu ziehen sein. Auf derartige Entwicklungen kann der Urteilsstaat flexibler mit einer Verlegung des Gefangenen in eine andere – adäquate – Anstalt reagieren, als nach einer Zusicherung des Verbleibs in einer konkreten Justizvollzugsanstalt. Der Senat hält die genannte Zusicherung des bulgarischen Justizministerium vom 13. August 2015 auch für völkerrechtlich verbindlich und hegt die Erwartung, dass die Bundesregierung von ihren Inspektionsmöglichkeiten auch tatsächlich Gebrauch macht und die mit Auslieferungsverfahren befassten Oberlandesgerichte über hierbei erlangte Ergebnisse informiert.
15 
5. Die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft, keine Bewilligungshindernisse nach § 83b IRG geltend zu machen, ist rechtmäßig. Zu Recht geht die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer ausführlich begründeten Entscheidung davon aus, dass der Verfolgte möglicherweise bereits einen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland begründet hat. Ihre Ermessensentscheidung, dass dies jedoch angesichts des Umstands, dass er die bulgarische Republik in Kenntnis des gegen ihn geführten Strafverfahrens verlassen hat, zu keinem Bewilligungshindernis nach § 83b Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 1 IRG führe, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Die hierbei maßgeblich zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sind vollständig erfasst und werden nachvollziehbar gewichtet.
III.
16 
Der Auslieferungshaftbefehl bleibt aus den fortbestehenden Gründen seines Erlasses aufrechterhalten und in Vollzug. Es besteht weiterhin die Gefahr, der Verfolgte werde sich, käme er auf freien Fuß, dem weiteren Auslieferungsverfahren und einer späteren Auslieferung entziehen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 IRG). Auf die Gründe des die Auslieferungshaft anordnenden Beschlusses des Senats vom 18. Januar 2016 wird auch insoweit Bezug genommen. Die Auslieferungshaft dauert noch nicht unverhältnismäßig lang an. Mildere Maßnahmen reichen nicht aus, um sich der Anwesenheit des Verfolgten im Auslieferungsverfahren zu versichern.
IV.
17 
Über Einwendungen gegen den Auslieferungshaftbefehl und dessen Vollzug entscheidet das Oberlandesgericht (§ 23 IRG).
18 
Eine erneute Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung ist unter den Voraussetzungen des § 33 IRG möglich.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 08. März 2016 - 1 Ausl 8/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 08. März 2016 - 1 Ausl 8/16

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 08. März 2016 - 1 Ausl 8/16 zitiert 12 §§.

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 80 Auslieferung deutscher Staatsangehöriger


(1) Die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung ist nur zulässig, wenn 1. gesichert ist, dass der ersuchende Mitgliedstaat nach Verhängung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion anbieten wird, den Verfolgten

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 15 Auslieferungshaft


(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens kann gegen den Verfolgten die Auslieferungshaft angeordnet werden, wenn 1. die Gefahr besteht, daß er sich dem Auslieferungsverfahren oder der Durchführung der Auslieferung entziehen werde, oder2. auf G

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 83 Ergänzende Zulässigkeitsvoraussetzungen


(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn 1. der Verfolgte wegen derselben Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, bereits von einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig abgeurteilt worden ist, vorausgesetzt, dass im Fall der Verurteilung die Sankti

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 10 Auslieferungsunterlagen


(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn wegen der Tat ein Haftbefehl, eine Urkunde mit entsprechender Rechtswirkung oder ein vollstreckbares, eine Freiheitsentziehung anordnendes Erkenntnis einer zuständigen Stelle des ersuchenden Staates und ein

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 79 Grundsätzliche Pflicht zur Bewilligung; Vorabentscheidung


(1) Zulässige Ersuchen eines Mitgliedstaates um Auslieferung oder Durchlieferung können nur abgelehnt werden, soweit dies in diesem Teil vorgesehen ist. Die ablehnende Bewilligungsentscheidung ist zu begründen. (2) Vor der Zulässigkeitsentscheidung

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 83b Bewilligungshindernisse


(1) Die Bewilligung der Auslieferung kann abgelehnt werden, wenn 1. gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird,2. die Einleitu

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 33 Erneute Entscheidung über die Zulässigkeit


(1) Treten nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der Auslieferung Umstände ein, die eine andere Entscheidung über die Zulässigkeit zu begründen geeignet sind, so entscheidet das Oberlandesgericht von Amts wegen, auf Antra

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 29 Antrag auf Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung


(1) Hat sich der Verfolgte nicht mit der vereinfachten Auslieferung (§ 41) einverstanden erklärt, so beantragt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Entscheidung des Oberlandesgerichts darüber, ob die Auslieferung zulässig ist. (2) Di

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 83a Auslieferungsunterlagen


(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn die in § 10 genannten Unterlagen oder ein Europäischer Haftbefehl übermittelt wurden, der die folgenden Angaben enthält:1.die Identität, wie sie im Anhang zum Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl näher b

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 22 Verfahren nach vorläufiger Festnahme


(1) Wird der Verfolgte vorläufig festgenommen, so ist er unverzüglich, spätestens am Tag nach der Festnahme, dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen. (2) Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten unverzüglich nach der Vorführung

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 23 Entscheidung über Einwendungen des Verfolgten


Über Einwendungen des Verfolgten gegen den Auslieferungshaftbefehl oder gegen dessen Vollzug entscheidet das Oberlandesgericht.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 08. März 2016 - 1 Ausl 8/16 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 08. März 2016 - 1 Ausl 8/16 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht München Beschluss, 14. Dez. 2015 - 1 AR 392/15

bei uns veröffentlicht am 14.12.2015

Gründe Oberlandesgericht München Az.: 1 AR 392/15 31 Ausl 1281/15 Generalstaatsanwaltschaft München 1 AR 392/15 Leitsatz Angewendete Vorschriften: OLG München, 1. Strafsenat, Beschluss vom 14.12.2015 -1 AR 392/
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 08. März 2016 - 1 Ausl 8/16.

Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 14. März 2018 - 1 Ausl AR 44/17

bei uns veröffentlicht am 14.03.2018

Tenor Bei dem Beschluss des Senats vom 22.12.2017, mit dem die Auslieferung des Verfolgten aus der Bundesrepublik Deutschland nach Bulgarien zur Strafvollstreckung für zulässig erklärt worden ist, hat es sein Bewenden. Gründe

Referenzen

(1) Wird der Verfolgte vorläufig festgenommen, so ist er unverzüglich, spätestens am Tag nach der Festnahme, dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen.

(2) Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens am nächsten Tag, über seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere über seine Staatsangehörigkeit. Er weist ihn darauf hin, daß er sich in jeder Lage des Verfahrens eines Rechtsbeistands (§ 40) bedienen kann und daß es ihm freisteht, sich zu der ihm zur Last gelegten Tat zu äußern oder dazu nicht auszusagen. Sodann befragt er ihn, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen er Einwendungen gegen die Auslieferung oder gegen seine vorläufige Festnahme erheben will. § 21 Abs. 2 Satz 4 gilt entsprechend.

(3) Ergibt sich bei der Vernehmung, daß der Ergriffene nicht die Person ist, auf die sich das Ersuchen oder die Tatsachen im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 4 beziehen, so ordnet der Richter beim Amtsgericht seine Freilassung an. Andernfalls ordnet der Richter beim Amtsgericht an, daß der Verfolgte bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts festzuhalten ist. § 21 Abs. 4 Satz 2, Abs. 6 und 7 gilt entsprechend.

(1) Zulässige Ersuchen eines Mitgliedstaates um Auslieferung oder Durchlieferung können nur abgelehnt werden, soweit dies in diesem Teil vorgesehen ist. Die ablehnende Bewilligungsentscheidung ist zu begründen.

(2) Vor der Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts entscheidet die für die Bewilligung zuständige Stelle, ob sie beabsichtigt, Bewilligungshindernisse nach § 83b geltend zu machen. Die Entscheidung, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen, ist zu begründen. Sie unterliegt der Überprüfung durch das Oberlandesgericht im Verfahren nach § 29; die Beteiligten sind zu hören. Bei der Belehrung nach § 41 Abs. 4 ist der Verfolgte auch darauf hinzuweisen, dass im Falle der vereinfachten Auslieferung eine gerichtliche Überprüfung nach Satz 3 nicht stattfindet.

(3) Führen nach der Entscheidung nach Absatz 2 Satz 1 eingetretene oder bekannt gewordene Umstände, die geeignet sind, Bewilligungshindernisse geltend zu machen, nicht zu einer Ablehnung der Bewilligung, so unterliegt die Entscheidung, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen, der Überprüfung im Verfahren nach § 33.

(1) Die Bewilligung der Auslieferung kann abgelehnt werden, wenn

1.
gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird,
2.
die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, abgelehnt wurde oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt wurde,
3.
dem Auslieferungsersuchen eines dritten Staates Vorrang eingeräumt werden soll,
4.
nicht aufgrund einer Pflicht zur Auslieferung nach dem Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl, aufgrund einer vom ersuchenden Staat gegebenen Zusicherung oder aus sonstigen Gründen erwartet werden kann, dass dieser einem vergleichbaren deutschen Ersuchen entsprechen würde.

(2) Die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann ferner abgelehnt werden, wenn

1.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 Abs. 1 und 2 nicht zulässig wäre,
2.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung er dieser nach Belehrung zu richterlichem Protokoll nicht zustimmt und sein schutzwürdiges Interesse an der Strafvollstreckung im Inland überwiegt; § 41 Abs. 3 und 4 gelten entsprechend.

(1) Hat sich der Verfolgte nicht mit der vereinfachten Auslieferung (§ 41) einverstanden erklärt, so beantragt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Entscheidung des Oberlandesgerichts darüber, ob die Auslieferung zulässig ist.

(2) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht kann die Entscheidung des Oberlandesgerichts auch dann beantragen, wenn sich der Verfolgte mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt hat.

(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn die in § 10 genannten Unterlagen oder ein Europäischer Haftbefehl übermittelt wurden, der die folgenden Angaben enthält:

1.
die Identität, wie sie im Anhang zum Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl näher beschrieben wird, und die Staatsangehörigkeit des Verfolgten,
2.
die Bezeichnung und die Anschrift der ausstellenden Justizbehörde,
3.
die Angabe, ob ein vollstreckbares Urteil, ein Haftbefehl oder eine andere vollstreckbare justitielle Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung vorliegt,
4.
die Art und rechtliche Würdigung der Straftat, einschließlich der gesetzlichen Bestimmungen,
5.
die Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Tatbeteiligung der gesuchten Person, und
6.
die für die betreffende Straftat im Ausstellungsmitgliedstaat gesetzlich vorgesehene Höchststrafe oder im Fall des Vorliegens eines rechtskräftigen Urteils die verhängte Strafe.

(2) Die Ausschreibung zur Festnahme zwecks Überstellung oder Auslieferung nach der Verordnung (EU) 2018/1862 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses 2007/533/JI des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und des Beschlusses 2010/261/EU der Kommission (ABl. L 312 vom 7.12.2018, S. 56), die die unter Absatz 1 Nr. 1 bis 6 bezeichneten Angaben enthält oder der diese Angaben nachgereicht wurden, gilt als Europäischer Haftbefehl.

(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn wegen der Tat ein Haftbefehl, eine Urkunde mit entsprechender Rechtswirkung oder ein vollstreckbares, eine Freiheitsentziehung anordnendes Erkenntnis einer zuständigen Stelle des ersuchenden Staates und eine Darstellung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen vorgelegt worden sind. Wird um Auslieferung zur Verfolgung mehrerer Taten ersucht, so genügt hinsichtlich der weiteren Taten anstelle eines Haftbefehls oder einer Urkunde mit entsprechender Rechtswirkung die Urkunde einer zuständigen Stelle des ersuchenden Staates, aus der sich die dem Verfolgten zur Last gelegte Tat ergibt.

(2) Geben besondere Umstände des Falles Anlaß zu der Prüfung, ob der Verfolgte der ihm zur Last gelegten Tat hinreichend verdächtig erscheint, so ist die Auslieferung ferner nur zulässig, wenn eine Darstellung der Tatsachen vorgelegt worden ist, aus denen sich der hinreichende Tatverdacht ergibt.

(3) Die Auslieferung zur Vollstreckung einer Strafe oder einer sonstigen Sanktion, die in einem dritten Staat verhängt wurde, ist nur zulässig, wenn

1.
das vollstreckbare, eine Freiheitsentziehung anordnende Erkenntnis und eine Urkunde des dritten Staates, aus der sich sein Einverständnis mit der Vollstreckung durch den Staat ergibt, der die Vollstreckung übernommen hat,
2.
eine Urkunde einer zuständigen Stelle des Staates, der die Vollstreckung übernommen hat, nach der die Strafe oder sonstige Sanktion dort vollstreckbar ist,
3.
eine Darstellung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen sowie
4.
im Fall des Absatzes 2 eine Darstellung im Sinne dieser Vorschrift
vorgelegt worden sind.

(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn

1.
der Verfolgte wegen derselben Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, bereits von einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig abgeurteilt worden ist, vorausgesetzt, dass im Fall der Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaates nicht mehr vollstreckt werden kann,
2.
der Verfolgte zur Tatzeit nach § 19 des Strafgesetzbuchs schuldunfähig war oder
3.
bei Ersuchen zum Zweck der Strafvollstreckung die verurteilte Person zu der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung nicht persönlich erschienen ist oder
4.
die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder einer sonstigen lebenslangen freiheitsentziehenden Sanktion bedroht ist oder der Verfolgte zu einer solchen Strafe verurteilt worden war und eine Überprüfung der Vollstreckung der verhängten Strafe oder Sanktion auf Antrag oder von Amts wegen nicht spätestens nach 20 Jahren erfolgt.

(2) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 jedoch zulässig, wenn

1.
die verurteilte Person
a)
rechtzeitig
aa)
persönlich zu der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, geladen wurde oder
bb)
auf andere Weise tatsächlich offiziell von dem vorgesehenen Termin und Ort der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, in Kenntnis gesetzt wurde, sodass zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass die verurteilte Person von der anberaumten Verhandlung Kenntnis hatte, und
b)
dabei darauf hingewiesen wurde, dass ein Urteil auch in ihrer Abwesenheit ergehen kann,
2.
die verurteilte Person in Kenntnis des gegen sie gerichteten Verfahrens, an dem ein Verteidiger beteiligt war, eine persönliche Ladung durch Flucht verhindert hat oder
3.
die verurteilte Person in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einen Verteidiger bevollmächtigt hat, sie in der Verhandlung zu verteidigen, und sie durch diesen in der Verhandlung tatsächlich verteidigt wurde.

(3) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 auch zulässig, wenn die verurteilte Person nach Zustellung des Urteils

1.
ausdrücklich erklärt hat, das ergangene Urteil nicht anzufechten, oder
2.
innerhalb geltender Fristen keine Wiederaufnahme des Verfahrens oder kein Berufungsverfahren beantragt hat.
Die verurteilte Person muss zuvor ausdrücklich über ihr Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren, an dem sie teilnehmen kann und bei dem der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, erneut geprüft und das ursprüngliche Urteil aufgehoben werden kann, belehrt worden sein.

(4) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 ferner zulässig, wenn der verurteilten Person unverzüglich nach ihrer Übergabe an den ersuchenden Mitgliedstaat das Urteil persönlich zugestellt werden wird und die verurteilte Person über ihr in Absatz 3 Satz 2 genanntes Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder ein Berufungsverfahren sowie über die hierfür geltenden Fristen belehrt werden wird.

Gründe

Oberlandesgericht München

Az.: 1 AR 392/15

31 Ausl 1281/15 Generalstaatsanwaltschaft München

1 AR 392/15

Leitsatz

Angewendete Vorschriften:

OLG München, 1. Strafsenat, Beschluss vom 14.12.2015 -1 AR 392/15 (rechtskräftig)

In der Auslieferungssache K.V.,

geboren am ... in B./Bulgarien, Staatsangehörigkeit: bulgarisch, derzeit in dieser Sache in Auslieferungshaft in der Justizvollzugsanstalt München, Stadelheimer Straße 12, 81549 München

Verteidiger: Rechtsanwalt ...

wegen Brandstiftung u. a.

hier: Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung und die Fortdauer der Auslieferungshaft

erlässt das Oberlandesgericht München - 1. Strafsenat - durch die unterzeichnenden Richter am 14.12.2015 folgenden

Beschluss

I. Die Auslieferung des bulgarischen Staatsangehörigen V. K., geboren am ... in B./Bulgarien, an die bulgarischen Behörden zur Strafvollstreckung wird für unzulässig erklärt.

II. Der Auslieferungshaftbefehl des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts München vom 27.10.2015 wird aufgehoben.

Gründe:

I. Der Senat hat am 27.10.2015 gegen den am 16.10.2015 zur Sicherung der Auslieferung vorläufig festgenommenen Verfolgten, der bulgarischer Staatsangehöriger ist und in Deutschland keinen Wohnsitz und keinerlei soziale Bindungen hat, zur Sicherung der Auslieferung an die bulgarischen Behörden zur Strafvollstreckung Auslieferungshaftbefehl erlassen und diesem den Europäischen Haftbefehl der Bezirksstaatsanwaltschaft Burgas vom 25.09.2015, Az.: AZ-7/2015, zugrunde gelegt.

Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung wurde hierbei zurückgestellt, da der Verfolgte im Falle seiner Auslieferung in Bulgarien in einer Justizvollzugsanstalt inhaftiert werden könnte, die europäischen Mindeststandards nicht genügt bzw. in der er einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre.

Diese Befürchtung gründet sich auf die öffentliche Erklärung des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) vom 26.03.2015. Danach haben sich die Haftbedingungen in Bulgarien seit Jahren bei wiederholter Prüfung durch das CPT als bedenklich erwiesen, auch beim zuletzt im Februar 2015 erfolgten Besuch dreier Haftanstalten (darunter das Gefängnis in Burgas, der Heimatstadt des Verfolgten), weswegen der Auslieferung des Verfolgten an sich ein Auslieferungshindernis nach § 73 Satz 2 IRG i. V. m. Art. 6 des Vertrages über die Europäische Union und Art. 3 EMRK entgegen steht (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 16.12.2014 in StraFo 2015, 75; OLG Celle, Beschluss vom 17.12.2014, StV 2015, 368; Kammergericht Berlin, Beschluss vom 15.04.2015, Gz.: (4) 151 AuslA 33/15 (36/15), (4) 151 Ausl A 33/15 (36/15), zitiert nach juris; Hanseatisches Oberlandesgericht Bremen StV 2015 365/15; OLG Dresden, Beschluss vom 11.08.2015 - OLG Ausl 78/15, zitiert nach juris).

Die bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung vom 27.10.2015 bei den Akten befindliche, vom bulgarischen Justizministerium am 13.08.2015 abgegebene generelle „Erklärung über die Bedingungen für die Unterbringung von Personen, die den bulgarischen Justizbehörden auf Grundlage eines Europäischen Haftbefehls übergeben sind", hat der Senat insoweit für nicht ausreichend erachtet zur Sicherstellung von Haftbedingungen, die europäischen Mindeststandards entsprechen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die vorgenannte Senatsentscheidung Bezug genommen.

Der Senat hat dabei ausgeführt, dass das Zulässigkeitshindernis nach § 73 Satz 2 IRG i. V. m. Art. 6 des Vertrages über die Europäische Union und Art. 3 EMRK nur dadurch ausgeräumt werden kann, dass die bulgarischen Behörden eine völkerrechtlich verbindliche Zusicherung dahingehend abgeben, dass die räumliche Unterbringung und die sonstige Gestaltung der Haftbedingungen in der Haftanstalt, in der der Verfolgte nach der Auslieferung inhaftiert sein wird, den europäischen Mindeststandards entsprechen und den Häftlingen dort keine unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung im Sinne von Art. 3 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten droht. Zusätzlich hat der Senat eine Zusicherung der bulgarischen Behörden für erforderlich gehalten, dass Besuche beim Verfolgten durch diplomatische oder konsularische Vertreter der Bundesrepublik Deutschland während der Dauer seiner Inhaftierung möglich sind.

In diesem Zusammenhang hat der Senat um Bekanntgabe der Haftanstalt, in der der Verfolgte während der Dauer des Freiheitsentzugs inhaftiert sein wird und um Beschreibung der dortigen Haftbedingungen ersucht.

Da es durchaus als möglich erschien, dass die bulgarischen Behörden eine solche verbindliche Zusicherung in Bezug auf den Verfolgten abgeben, wurde in der Entscheidung vom 27.10.2015 die Auslieferung des Verfolgten nicht für unzulässig erklärt, sondern die Entscheidung über die Zulässigkeit zurückgestellt.

Die Generalstaatsanwaltschaft München wurde gem. § 30 Abs. 1 Satz 1 IRG gebeten, die bulgarischen Behörden unter Bekanntgabe der Senatsentscheidung vom 27.10.2015 um Abgabe einer entsprechenden Zusicherung zu ersuchen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat zunächst versucht, dies wegen der Bedeutung der Sache auf dem ministeriellen Weg durchzuführen, wurde aber vom Bundesamt für Justiz darauf verwiesen, dass die Einholung einer Zusicherung zu Haftbedingungen im Auslieferungsverkehr mit EU-Mitgliedsstaaten der jeweils zuständigen Generalstaatsanwaltschaft obliege (vgl. hierzu auch die Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Bremen in StV 2015 365/15 unter Hinweis darauf, dass die Entscheidung über ausländische Rechtshilfeersuchen im Ausgangspunkt der Zuständigkeit des Bundes unterliegt und die Übertragung der Ausübung der Entscheidungsbefugnis auf die Bundesländer, die ihrerseits die Befugnisse auf die Generalstaatsanwaltschaften übertragen haben, nichts daran ändere (vgl. auch Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Aufl., § 74 IRG Rn. 4 u. 11) und dass der Bund Herr des Auslieferungsverfahrens bleibe. In seiner Entscheidung vom 23.07.2015 hat das Hanseatisches Oberlandesgericht Bremen (EuGH-Vorlagebeschluss vom 23.07.2015, NJW-Spezial 2015, 602) ausgeführt, dass es sich bei der Rechtshilfe in Auslieferungssachen auch um die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten im Sinne von Art. 32 GG handele).

Daraufhin hat sich die Generalstaatsanwaltschaft mit Faxschreiben vom 09.11.2015 direkt an

die Bezirksstaatsanwaltschaft Burgas gewandt und hat dieser mitgeteilt, dass der Senat um Abgabe einer völkerrechtlich verbindlichen Zusicherung zu den in der Senatsentscheidung vom 27.10.2015 aufgezählten Punkten bitte.

Mit Schreiben vom 02.11.2015 hat der Verfolgte „Beschwerde gegen die Auslieferung" eingelegt und zugleich die Beiordnung eines Pflichtbestands beantragt. Am 26.11.2015 hat der Senat dem Verfolgten, nachdem er ihn hierzu angehört hatte, Rechtsanwalt ... als Pflichtbeistand beigeordnet.

Am 27.11.2015 hat die Generalstaatsanwaltschaft München eine Erklärung der bulgarischen Behörden vom 24.11.2015 samt Anlagen vorgelegt und um Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung ersucht.

Auf das Ersuchen um Abgabe einer entsprechenden Zusicherung haben die bulgarischen Behörden folgendermaßen reagiert:

Mit Schreiben vom 24.11.2015, abgefasst von einem Staatsanwalt der Bezirksstaatsanwaltschaft Burgas, wurde auf die bereits in der Senatsentscheidung vom 27.10.2015 für unzureichend gehaltene generelle Erklärung vom 13.08.2015 Bezug genommen sowie auf die beigefügte „konkrete Antwort" der Generaldirektion „Strafvollzug" des Justizministeriums der Republik Bulgarien in Bezug auf den Verfolgten vom 19.11.2015. Ferner wurde auf die Anweisung des bulgarischen Justizministers Nr. AC 1163/13.08.2015 verwiesen.

Darüber hinaus wurde im Schreiben vom 24.11.2015 mitgeteilt, dass im Gefängnis von Burgas die Möglichkeit von Besuchen diplomatischer und konsularischer Vertreter bestehe.

In der Stellungnahme der Generaldirektion „Strafvollzug" wird mitgeteilt, dass in Bulgarien Freiheitsstrafen normalerweise wohnortnah vollstreckt werden und dass die wohnortnahe Haftanstalt für den Verfolgten das Gefängnis Burgas sei. Weiter wird darin ausgeführt: Trotz der Bemühungen für die Verbesserung der Wohnbedingungen in den Haftanstalten können wir zu diesem Moment nicht garantieren, dass diese Bedingungen den etablierten Standards entsprechen. Deshalb gibt es die Möglichkeit, gemäß der Anordnung des Justizministers Nr. PC 1163 vom 13.08.2015 zu verfahren. Das Unterbringen der Personen in einem entsprechenden Gefängnis werde gemäß dem Befehl des Generaldirektors der Generaldirektion „Strafvollzug" vollzogen."

Die dem Schreiben vom 24.11.2015 beigefügte Anordnung des bulgarischen Justizministers Nr. AC 1163 vom 13.08.2015 hat folgenden Inhalt:

„Angesichts der häufigen Absagen von Gerichten der Bundesrepublik Deutschland, die

Europäischen Haftbefehle, ausgestellt von bulgarischen zuständigen Behörden in Bezug auf bulgarische Bürger, zu vollstrecken (...) ist eine Veränderung der Anordnung Nr. PC 656/30.05.2009 erforderlich. (...) Eine Verteilung der aufgrund eines Europäischen Haftbefehls übergebenen Personen erfolgt mit einem Befehl des Hauptdirektors der Generaldirektion „Strafvollzug", nachdem eine Einschätzung der Möglichkeiten erfolgt ist, die Verurteilten die Gefängnisstrafe in dem am nächsten zum ständigen Wohnsitz gelegenen Gefängnis verbüßen zu lassen und der Möglichkeit, die Freiheitsstrafe dort unter Bedingungen zu vollstrecken, die Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention entsprechen, wenn die Auslieferung mit der Bedingung verbunden ist, dass der bulgarische Staat die Unterbringung in einer Haftanstalt garantiert, die minimalen Standards entspricht. Mit der Ausführung dieser Anordnung beauftrage ich die Leiter von Gefängnissen, Haftanstalten und Gefängnisgebäuden und mit der Überprüfung der Erfüllung den Hauptdirektor der Generaldirektion Strafvollzug."

Mit Schreiben vom 01.12.2015 hat die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, gegen den Verfolgten die Fortdauer der Auslieferungshaft anzuordnen und die Auslieferung nach Maßgabe folgender Bedingung für zulässig zu erklären:

„Der Verfolgte wird nach seiner Auslieferung und für die gesamte Dauer der zu vollstreckenden Freiheitsentziehung in der Strafanstalt Belene untergebracht.

Zur Gewährleistung einer Überprüfungsmöglichkeit der Haftbedingungen in der vorbezeichneten Haftanstalt durch die diplomatische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland werden diplomatischen oder konsularischen Vertretern der Bundesrepublik während der Dauer der Inhaftierung Besuche beim Verfolgten auf Anfrage ermöglicht."

Hilfsweise hat die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Auslieferung ohne Bedingungen für zulässig zu erklären, wobei die Generalstaatsanwaltschaft als zuständige Bewilligungsbehörde versichert hat, dass sie in der Folge eine Bewilligungsentscheidung mit der vorgenannten Maßgabe treffen wird.

Mit Schriftsatz seines Rechtsbeistands vom 09.12.2015 hat der Verfolgte beantragt, die Auslieferung für unzulässig zu erklären und den Auslieferungshaftbefehl aufzuheben. Hilfsweise wurde beantragt, den Verfolgten, der bereits früher im Gefängnis von Burgas inhaftiert gewesen sei, zu den dortigen Zuständen anzuhören.

Mit Schreiben vom 09.12.2015 hat daraufhin die Generalstaatsanwaltschaft ergänzend darauf hingewiesen, dass eine Einhaltung der vom Senat genannten Mindestanforderungen in Bulgarien nicht per se unmöglich sei. Eine Zulässigkeitsentscheidung, die mit den bereits genannten Bedingung versehen wird oder eine mit denselben Bedingungen versehene Bewilligungsentscheidung sei zur Gewährleistung der Mindestanforderungen an die

Haftbedingungen ausreichend.

Sowohl die Einhaltung einer Zusicherung wie auch die Einhaltung von Bedingungen, unter denen die Auslieferung für zulässig erklärt bzw. bewilligt wird, sei letztlich nur durch Besuche von diplomatischen oder konsularischen Vertretern der Bundesrepublik Deutschland in der Haft beim Verfolgten zu klären.

II.

Da sich der Verfolgte am 16.12.2015 zwei Monate in Auslieferungshaft befindet, war gem. § 26 Abs. 1 Satz 1 IRG über die Fortdauer der Auslieferungshaft und - nachdem eine weitere Erklärung der bulgarischen Behörden nach Aktenlage nicht zu erwarten ist - zugleich über die Zulässigkeit der Auslieferung zu entscheiden.

Die Auslieferung war für unzulässig zu erklären, weil nach wie vor ein Auslieferungshindernis gem. § 73 IRG besteht. Die vom Senat in der Entscheidung vom 27.10.2015 dargestellten Bedenken konnten nicht ausgeräumt werden.

Das Schreiben der bulgarischen Behörden vom 24.11.2015 ist weder für sich genommen, noch in der Zusammenschau mit den diesem Schreiben beigefügten Unterlagen geeignet, die Bedenken hinsichtlich der Haftbedingungen, denen der Verfolgte in Bulgarien ausgesetzt sein könnte, auszuräumen.

Bei der Stellungnahme der Generaldirektion „Strafvollzug", die als „Antwort auf Ihren Brief" bzw. Benachrichtigung bezeichnet und vom Hauptdirektor Oberkommissar S. C. abgefasst wurde, handelt es sich schon dem Wortlaut nach nicht um eine völkerrechtlich verbindliche Zusicherung, da mit keinem Wort irgendetwas zugesichert wird.

Auch ihrem Inhalt nach stellt diese Stellungnahme keine völkerrechtlich verbindliche Zusage von noch hinzunehmenden Haftbedingungen dar. Es wird lediglich mitgeteilt, dass Freiheitsstrafen normalerweise wohnortnah vollstreckt werden und dass die wohnortnahe Haftanstalt für den Verfolgten das Gefängnis Burgas sei. Trotz der Bemühungen, die Haftbedingungen zu verbessern, so die bulgarischen Behörden, könnten sie nicht garantieren, dass die Haftbedingungen den Mindeststandards entsprechen. Die zugleich in den Raum gestellte Möglichkeit, die Freiheitsstrafe unter Bedingungen zu vollstrecken, die Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention entsprechen, wenn die Auslieferung mit der Bedingung verbunden ist, dass der bulgarische Staat die Unterbringung in einer Haftanstalt garantiert, die minimalen Standards entspricht, ist nicht ausreichend, insoweit wird auf die Ausführungen des Senats in der Entscheidung vom 27.10.2015 Bezug genommen.

Die Offenlegung der bestehenden internen bulgarischen Anweisungen, gänzlich ohne konkreten Bezug zum Verfolgten, stellt keinesfalls eine Zusicherung der vom Senat für eine Auslieferung erforderlich gehaltenen Haftbedingungen dar. Es fehlt im Übrigen auch die Angabe des Haftorts, an dem der Verfolgte tatsächlich untergebracht werden würde, wenn gemäß der Anordnung vom 13.08.2015 verfahren würde und dies obwohl den bulgarischen Behörden bekannt ist, wo der Verfolgte in Bulgarien seinen Lebensmittelpunkt hat bzw. zuletzt hatte. Auch eine Zusicherung hinsichtlich der Möglichkeit, dass der Verfolgte Besuch von diplomatischen bzw. konsularischen Vertretern der Bundesrepublik Deutschland erhält, damit die Haftbedingungen überprüft werden können, erfolgte nicht

Die Reaktion der bulgarischen Behörden auf das Ersuchen, eine verbindliche Zusicherung hinsichtlich der Haftbedingungen und des Besuchsrechts für diplomatische bzw. konsularische Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf den Verfolgten abzugeben, erschöpft sich im Wesentlichen darin, dass mitgeteilt wird, dass Freiheitsstrafen in Bulgarien normalerweise wohnortnah vollstreckt werden, dass die wohnortnahe Haftanstalt für den Verfolgten das Gefängnis Burgas sei und dass er im Gefängnis Burgas Besuch von diplomatischen oder konsularischen Vertretern erhalten könne. Dies ist deswegen besonders befremdlich, weil das Gefängnis in Burgas eine der drei vom Europäischen Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) zuletzt im Frühjahr 2015 besuchten Haftanstalten ist, deren Verhältnisse das CPT zu seiner öffentlichen Erklärung vom 26.03.2015 veranlasst haben. Eine Auslieferung nach Bulgarien bei einer Inhaftierung in Burgas erscheint daher völlig fernliegend, was auch den bulgarischen Behörden klar sein müsste. Weiter haben die bulgarischen Behörden explizit mitgeteilt, dass Haftbedingungen, die den europäischen Mindeststandards entsprechen, nicht garantiert werden können, wenn auch verbunden mit dem Hinweis, dass gemäß der Anordnung vom 13.08.2015 verfahren werden könne, wenn die Auslieferung unter einer entsprechenden Bedingung erfolge.

Es wurde somit im gegenständlichen Verfahren keinerlei völkerrechtlich verbindliche Zusicherungen dahingehend gemacht, dass die Haftbedingungen, die der Verfolgte nach durchgeführter Auslieferung in Bulgarien zu erwarten hat, dem sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs ergebenden Mindeststandard (insbesondere auch hinsichtlich der dem Verfolgten in einer Gemeinschaftshaftzelle zur Verfügung stehenden Fläche, vgl. hierzu Pohlreich, NStZ 2011, 560) entsprechen.

Es kann daher dahingestellt bleiben, ob Art. 1 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses des Rates vom13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten so auszulegen ist, dass der Vollstreckungsstaat, wenn gewichtige Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Haftbedingungen im Ausstellungsmitgliedstaat die Grundrechte der auszuliefernden Person und die allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie sie in Artikel 6 des

Vertrages über die Europäische Union niedergelegt sind, verletzen, die Zulässigkeit der Auslieferung von einer Zusicherung der Haftbedingungen abhängig machen kann bzw. muss (vgl. hierzu die mit Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Bremen vom 23.07.2015 angeordnete Vorlage an den Europäischen Gerichtshof, NJW-Spezial 2015, 602, betreffend eine Auslieferung nach Ungarn). Auch die dort zur Entscheidung vorgelegte weitere Frage, welche Stelle - falls der Weg über Zusicherungen vom Europäischen Gerichtshof für zulässig erachtet werden sollte - insoweit im Ausstellungsstaat berechtigt ist, entsprechende Zusicherungen zu machen, kann im gegenständlichen Verfahren mangels Zusicherung dahingestellt bleiben.

Wegen der nicht erfolgten Zusicherung menschenrechtskonformer Haftbedingungen und eines Besuchsrechts für diplomatische bzw. konsularische Vertreter der Bundesrepublik Deutschland wurden die gegen die Auslieferung in der Senatsentscheidung vom 27.10.2015 dargestellten Bedenken nicht ausgeräumt. Da das Auslieferungshindernis gem. § 73 IRG fortbesteht, war die Auslieferung für unzulässig zu erklären.

Soweit die Generalstaatsanwaltschaft beantragt hat, die Auslieferung mit der Maßgabe für zulässig zu erklären, dass der Verfolgte in der Haftanstalt Belene inhaftiert wird, verbunden mit der Maßgabe des Besuchsrechts für diplomatische bzw. konsularische Vertreter der Bundesrepublik Deutschland, ist der Senat dem aus folgenden Gründen nicht gefolgt:

Zwar entsprechen die Haftbedingungen in Belene, wie aus einem anderen aktuellen Auslieferungsverfahren infolge einer dort von den bulgarischen Behörden auf entsprechende Anforderung durch den Senat abgegebenen Zusicherung bekannt ist, im Wesentlichen den vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof (noch) für zulässig gehaltenen Haftbedingungen; diese Erkenntnisse reichen jedoch nicht aus, um vorliegend die Auslieferung unter identischen Bedingungen (die im gegenständlichen Verfahren gerade nicht zugesichert wurden) für zulässig zu erklären.

Denn aus einer in einem anderen Auslieferungsverfahren abgegebenen Zusicherung lässt sich nicht hinreichend sicher schließen, dass der Verfolgte im Fall der Auslieferung tatsächlich unter Haftbedingungen inhaftiert werden würde, die den völkerrechtlichen Mindeststandards genügen. Denn hierzu haben sich die bulgarischen Behörden im gegenständlichen Verfahren - trotz entsprechender Anfrage - gerade nicht völkerrechtlich verpflichtet. Eine ausreichende Gewähr für die Einhaltung vertretbarer Haftbedingungen hätte nur bei einer völkerrechtlich verbindlichen Zusicherung der zuständigen bulgarischen Behörden bestanden, deren Inhalt dann als Bedingung in die Zulässigkeitserklärung hätte Eingang finden können (vgl. hierzu Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Aufl., § 73 IRG Rn. 42a m.w.H; a. A.: Grützner/Pötz/Kress, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, 3. Aufl., Stand Dez. 2014, § 73 IRG Rn. 120, allerdings mit der Einschränkung, dass im selben

Kommentar an anderer Stelle (Rn. 47 zu § 80 IRG) ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es "nicht schlechterdings unzulässig sei, die Auslieferung gegenüber dem ersuchenden Staat an eine Bedingung zu knüpfen").

Anders als in dem vom OLG Köln am 18.09.2014 entschiedenen Fall, in dem die Auslieferung eines Verfolgten an die russische Föderation mit verschiedenen Maßgaben für zulässig erklärt wurde (OLG Köln, Beschluss vom 18.09.2014 - Ausl A 39/14 - 31, zitiert nach juris), liegt im gegenständlichen Verfahren keine Zusicherung vor, deren Inhalt als Maßgabe in die Zulässigkeitserklärung durch den Senat aufgenommen werden könnte.

Ohne das Vorliegen einer Zusicherung der bulgarischen Behörden besteht keinerlei Veranlassung, einer an sich unzulässigen Auslieferung durch Bedingungen, die nicht auf einer entsprechenden Zusicherung in diesem Verfahren beruhen, doch noch zur Zulässigkeit zu verhelfen. Es ist nicht Aufgabe des Senats, sozusagen selbst die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Auslieferung nach Bulgarien zu schaffen (vgl. hierzu Hanseatisches Oberlandesgericht Bremen StV 2015, 365).

Soweit die Generalstaatsanwaltschaft hilfsweise beantragt hat, die Auslieferung ohne Einschränkungen für zulässig zu erklären, weil sie als zuständige Bewilligungsbehörde die Auslieferung des Verfolgten nur unter der Bedingung bewilligen wird, dass der Verfolgte in der Haftanstalt Belene inhaftiert wird und ein Besuchsrecht für diplomatische bzw. konsularische Vertreter der Bundesrepublik Deutschland besteht, ist der Senat auch dem nicht gefolgt.

Denn dies würde im Ergebnis darauf hinauslaufen, dass die Bewilligungsbehörde des Vollstreckungsstaats die Haftbedingungen im ersuchenden Staat gestaltet, ohne dass eine entsprechende Zusicherung des ersuchenden Staats vorliegt, obwohl um eine solche ausdrücklich ersucht wurde.

Bei dem in der Praxis nicht seltenen Vorgehen im Rahmen von § 80 Abs. 1 Satz 1 IRG, bei dem die Bewilligungsbehörde ankündigt, dass sie die Bewilligung nur unter der Bedingung der Rücküberstellung auf Wunsch des Verfolgten erteilen wird, ist der Fall anders gelagert.

Das deutsche Recht fordert in § 80 Abs. 1 Satz 1 IRG lediglich, dass „gesichert" ist, dass der ersuchende Staat nach Verhängung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion anbieten wird, den Verfolgten auf seinen Wunsch zur Vollstreckung nach Deutschland rückzuüberstellen. Kann dies ohne Zusicherung des ersuchenden Staats sichergestellt werden, bedarf es keiner Zusicherung (vgl. Grützner/Pötz/Kress § 80 Rn. 47). Der deutsche Gesetzgeber hat insoweit in BT-Drucks. 16/1024 S. 14 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in diesem Zusammenhang alternativ zur Zusicherung des ersuchenden Staates als Sicherung ausreichend ist, dass die Bewilligungsbehörde erklärt, die Bewilligung an die Bedingung der

Rücküberstellung zu knüpfen.

Anders liegt der Fall zur Überzeugung des Senats bei Haftbedingungen im ersuchenden Staat, die nicht den unabdingbaren Mindeststandards entsprechen. Hier ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte eine völkerrechtlich verbindliche Zusage unabdingbar.

Der Generalstaatsanwaltschaft ist zuzugeben, dass im Auslieferungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten des Europäischen Haftbefehls der Grundsatz gilt, dass Bedingungen des ersuchten Staates vom ersuchenden Staat anerkannt werden.

Allerdings bestehen vorliegend Bedenken, dass entsprechende Bedingungen beachtet bzw. in ausreichendem Umfang umgesetzt werden würden bzw. umgesetzt werden könnten, da eine entsprechende Zusicherung auf konkrete Nachfrage von den bulgarischen Behörden gerade nicht erfolgte (vgl. hierzu BT-Drucks. 16/1024 S. 14, wo darauf hingewiesen wird, dass im Rahmen des § 80 Abs. 1 Satz 1 IRG der Weg über eine Bedingung in der Bewilligungsentscheidung nicht gegangen werden kann, wenn konkrete Erkenntnisse darüber vorliegen, dass der ersuchende Mitgliedsstaat eine entsprechende Bedingung nicht beachten wird).

Es verbleibt daher dabei, dass vorliegend nur die Zusicherung von Haftbedingungen, die mit der Europäischen Menschenrechtskonvention in Einklang zu bringen sind, verbunden mit einem garantierten Besuchsrecht, das Auslieferungshindernis aus § 73 IRG hätte überwinden können.

Die Auslieferung des Verfolgten war daher für unzulässig zu erklären, die Aufhebung des Auslieferungshaftbefehls war die notwendige Folge, § 24 Abs. 1 IRG.

Vorsitzender RichterRichter Richterin

am Oberlandesgerichtam Oberlandesgerichtam Oberlandesgericht

(1) Die Bewilligung der Auslieferung kann abgelehnt werden, wenn

1.
gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird,
2.
die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, abgelehnt wurde oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt wurde,
3.
dem Auslieferungsersuchen eines dritten Staates Vorrang eingeräumt werden soll,
4.
nicht aufgrund einer Pflicht zur Auslieferung nach dem Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl, aufgrund einer vom ersuchenden Staat gegebenen Zusicherung oder aus sonstigen Gründen erwartet werden kann, dass dieser einem vergleichbaren deutschen Ersuchen entsprechen würde.

(2) Die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann ferner abgelehnt werden, wenn

1.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 Abs. 1 und 2 nicht zulässig wäre,
2.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung er dieser nach Belehrung zu richterlichem Protokoll nicht zustimmt und sein schutzwürdiges Interesse an der Strafvollstreckung im Inland überwiegt; § 41 Abs. 3 und 4 gelten entsprechend.

(1) Die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung ist nur zulässig, wenn

1.
gesichert ist, dass der ersuchende Mitgliedstaat nach Verhängung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion anbieten wird, den Verfolgten auf seinen Wunsch zur Vollstreckung in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zurückzuüberstellen, und
2.
die Tat einen maßgeblichen Bezug zum ersuchenden Mitgliedstaat aufweist.
Ein maßgeblicher Bezug der Tat zum ersuchenden Mitgliedstaat liegt in der Regel vor, wenn die Tathandlung vollständig oder in wesentlichen Teilen auf seinem Hoheitsgebiet begangen wurde und der Erfolg zumindest in wesentlichen Teilen dort eingetreten ist, oder wenn es sich um eine schwere Tat mit typisch grenzüberschreitendem Charakter handelt, die zumindest teilweise auch auf seinem Hoheitsgebiet begangen wurde.

(2) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 nicht vor, ist die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung nur zulässig, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 vorliegen und die Tat
2.
keinen maßgeblichen Bezug zum Inland aufweist und
3.
auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht oder bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine solche Tat wäre, und bei konkreter Abwägung der widerstreitenden Interessen das schutzwürdige Vertrauen des Verfolgten in seine Nichtauslieferung nicht überwiegt.
Ein maßgeblicher Bezug der Tat zum Inland liegt in der Regel vor, wenn die Tathandlung vollständig oder in wesentlichen Teilen im Geltungsbereich dieses Gesetzes begangen wurde und der Erfolg zumindest in wesentlichen Teilen dort eingetreten ist. Bei der Abwägung sind insbesondere der Tatvorwurf, die praktischen Erfordernisse und Möglichkeiten einer effektiven Strafverfolgung und die grundrechtlich geschützten Interessen des Verfolgten unter Berücksichtigung der mit der Schaffung eines Europäischen Rechtsraums verbundenen Ziele zu gewichten und zueinander ins Verhältnis zu setzen. Liegt wegen der Tat, die Gegenstand des Auslieferungsersuchens ist, eine Entscheidung einer Staatsanwaltschaft oder eines Gerichts vor, ein deutsches strafrechtliches Verfahren einzustellen oder nicht einzuleiten, so sind diese Entscheidung und ihre Gründe in die Abwägung mit einzubeziehen; Entsprechendes gilt, wenn ein Gericht das Hauptverfahren eröffnet oder einen Strafbefehl erlassen hat.

(3) Die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafvollstreckung ist nur zulässig, wenn der Verfolgte nach Belehrung zu richterlichem Protokoll zustimmt. § 41 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

(4) (weggefallen)

(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens kann gegen den Verfolgten die Auslieferungshaft angeordnet werden, wenn

1.
die Gefahr besteht, daß er sich dem Auslieferungsverfahren oder der Durchführung der Auslieferung entziehen werde, oder
2.
auf Grund bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht begründet ist, daß der Verfolgte die Ermittlung der Wahrheit in dem ausländischen Verfahren oder im Auslieferungsverfahren erschweren werde.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Auslieferung von vornherein unzulässig erscheint.

Über Einwendungen des Verfolgten gegen den Auslieferungshaftbefehl oder gegen dessen Vollzug entscheidet das Oberlandesgericht.

(1) Treten nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der Auslieferung Umstände ein, die eine andere Entscheidung über die Zulässigkeit zu begründen geeignet sind, so entscheidet das Oberlandesgericht von Amts wegen, auf Antrag der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht oder auf Antrag des Verfolgten erneut über die Zulässigkeit der Auslieferung.

(2) Werden nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Umstände bekannt, die eine andere Entscheidung über die Zulässigkeit zu begründen geeignet sind, so kann das Oberlandesgericht erneut über die Zulässigkeit der Auslieferung entscheiden.

(3) § 30 Abs. 2 und 3, §§ 31, 32 gelten entsprechend.

(4) Das Oberlandesgericht kann den Aufschub der Auslieferung anordnen.