Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsteller zu 1. und 2. gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Ottweiler vom 7. November 2011 - 12 F 278/11 SO - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Aus der Ehe der weiteren Beteiligten zu 3. und 4. ist das am 10. Januar 2011 geborene Kind D. R. hervorgegangen. Aufgrund wiederholter, zum Teil massiver und im Klinikum S. diagnostizierter Verletzungen (ärztlicher Bericht vom 22. März 2011: aktuell Tibiafraktur links, dringender V.a. Kindesmisshandlung, Z.n. Verbrühung II Gesicht, Z.n. Schädelfraktur, Bl. 28 ff) wurde D. von dem beteiligten Jugendamt in Obhut genommen und zu den weiteren Beteiligten zu 1. und 2. in Bereitschaftspflege gebracht. In dem auf Grund einer Gefährdungsmitteilung des Jugendamtes bei dem Familiengericht O. eingeleiteten Verfahren 12 F 143/11 SO wurde die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Erziehungsfähigkeit der Kindeseltern angeordnet. Das Gutachten liegt vor.
In dem vorliegenden Verfahren haben die weiteren Beteiligten zu 1. und 2. mit ihrem am 9. September 2011 eingegangenen Antrag auf Verbleib von D. in der Pflegefamilie angetragen, weil eine nach „aktueller Planung“ beabsichtigte Rückführung des Kindes in seine Ursprungsfamilie mit dem Kindeswohl unvereinbar sei. Hierüber wurde, nachdem dem betroffenen Kind mit Beschluss vom 12. September 2011 ein Verfahrensbeistand bestellt worden war, am 12. Oktober 2011 mündlich verhandelt. Am Ende der Sitzung haben die weiteren Beteiligten zu 1. und 2. die zuständige Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die abgelehnte Richterin wiederholt auf ein ihnen nicht vorliegendes und offensichtlich in dem Verfahren 12 F 143/11 SO eingeholtes Sachverständigengutachten Bezug genommen habe, die Richterin in dem Sorgerechtsverfahren tätig sei und sich bereits vor der Anhörung in vorliegendem Verfahren eine abschließende Meinung gebildet habe, und sie das Ergebnis ihrer Meinungsbildung vorab mit dem Verfahrenspfleger und dem Jugendamt besprochen habe.
Die abgelehnte Richterin hat sich zu dem Befangenheitsgesuch am 17. Oktober 2011 und ergänzend am 23. November 2011 dienstlich geäußert. Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit, zur dienstlichen Äußerung Stellung zu nehmen.
Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 7. November 2011, auf den Bezug genommen wird (Bl. 16 ff Sonderheft), das Befangenheitsgesuch zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung haben die weiteren Beteiligten zu 1. und 2. mit am 17. November 2011 eingegangenem Faxschreiben sofortige Beschwerde eingelegt, der das Familiengericht nicht abgeholfen hat (Bl. 31 ff Sonderheft). Die Beteiligten hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Das Rechtsmittel die weiteren Beteiligten zu 1. und 2. ist statthaft und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, §§ 6 Abs. 1, Abs. 2 FamFG, 46 Abs. 2, 567, 569 ZPO.
In der Sache hat es jedoch keinen Erfolg.Die Voraussetzungen für eine Ablehnung der zuständigen Richterin sind nicht gegeben.
Ein Richter kann im Zivilprozess ebenso in Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), zu denen Kindschaftssachen gehören (§ 111 Nr. 2 FamFG), gemäß § 42 Abs. 2 ZPO wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein objektiver Grund vorliegt, der die ablehnende Partei bei vernünftiger Betrachtung befürchten lassen muss, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber und werde deshalb nicht unparteiisch entscheiden. Maßgebend ist nicht, ob der abgelehnte Richter wirklich befangen ist oder sich für befangen hält, sondern allein, ob vom Standpunkt des Ablehnenden genügende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der betreffende Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit unparteiisch gegenüber (BVerfG, Beschl. V. 5.4.1990, 2 BvR 413/88, BVerfGE 82, 30/38; BGH, Beschl. v. 30.1.1986, X ZR 70/84, NJW-RR 1986, 738; Zöller- Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 42, Rz. 9, m.w.N.).
Indes rechtfertigen weder Rechtsauffassungen des Richters noch Maßnahmen der Prozessleitung einen Ablehnungsgrund, ebenso wenig stellen sachlich fehlerhafte Entscheidungen oder für eine Partei ungünstige Rechtsaufassungen für sich genommen bzw. Verfahrensverstöße im Rahmen der Prozessleitung einen Befangenheitsgrund dar. Ebenso begründen richterliche Initiativen im Zusammenhang mit einer umfassenden Erörterung des Rechtsstreits wie sachlich gerechtfertigte Anregungen, Hinweise, Belehrungen, Empfehlungen, Ratschläge oder sonstige Hilfestellungen an eine Partei die Ablehnung grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass das Vorgehen des Richters auf einer unsachlichen Einstellung gegenüber der ablehnenden Partei oder auf Willkür beruht (vgl. BGH, Beschl. v. 12.11.1997, IV ZR 214/96, NJW 1998, 612; BAG, Beschl. v. 29.10.1992, 5 AZR 377/92, NJW 1993, 879; Zöller- Vollkommer, aaO, Rz. 28; Saarländisches Oberlandesgericht, 5. Zivilsenat, Beschl. v. 2. Mai 2007, 5 AR 1/07-1, m.w.N.; Senat, Beschl.v. 3. Februar 2010, 9 WF 17/10, m.w.N.).
Nach Maßgabe dessen hat das Familiengericht dem Befangenheitsantrag der weiteren Beteiligten zu 1. und 2. vom 12. Oktober 2011 zu Recht nicht stattgegeben. Insoweit kann zunächst auf die zutreffenden Gründe des Beschlusses des Familiengerichts vom 7. November 2011 Juni 2011 sowie der Nichtabhilfeentscheidung vom 25. November 2011, die durch das Beschwerdevorbringen nicht in Frage gestellt werden, Bezug genommen werden. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass in Ansehung der dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richterin keine belastbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese sich vor der Anhörung am 12. Oktober 2011 eine unumstößliche abschließende Meinung gebildet bzw. eine solche gegenüber anderen Verfahrensbeteiligten geäußert hat. Dass die abgelehnte Richterin, die auch für das Verfahren 12 F 143/11 SO zuständig ist, im Rahmen der Anhörung - auch mit Blick auf die in jenem Verfahren gewonnenen Erkenntnisse - Hinweise erteilt und Anregungen gegeben und gegebenenfalls ihre (vorläufige) Auffassung dargelegt hat, gehört zum Kern der richterlichen Tätigkeit und ist einer Überprüfung im Ablehnungsverfahren entzogen. Die einer Partei ungünstige Beurteilung der Sach- und Rechtslage rechtfertigt nämlich grundsätzlich keine Besorgnis der Befangenheit, namentlich wenn sie eine erst vorläufige Beurteilung darstellt. Denn die Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit dient nicht dazu, sich gegen eine für unrichtig gehaltene Rechtsauffassung des Richters zu wehren, zumal es in der Natur der Sache liegt, dass der Richter nur eine der unterschiedlichen Ansichten der sich streitenden Parteien für richtig halten kann, es sei denn, die Rechtsauffassung beruht auf einer unsachlichen Einstellung des Richters oder auf Willkür (BGH, NJW 2002, 2396; OLG Rostock, Beschl. v. 30. Juni 2009, 1 U 35/08, m.w.N.; OLG Köln, OLGR Köln 2008, 535, m.w.N.; Zöller/Vollkommer,ZPO, 28. Aufl., § 42, Rz. 9, m.w.N.). Hiervon kann nach Aktenlage, insbesondere mit Blick auf die dienstlichen Stellungnahmen der abgelehnten Richterin, die den Ablauf des Anhörungstermins und die von ihr nach Maßgabe der gebotenen kindeswohlkonzentrierten Prüfung in Betracht kommenden Alternativen ausführlich dargestellt hat, indes nicht ausgegangen werden. Ferner liegen, auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Verfahrensbeistandes, keine begründeten Umstände dafür vor, dass sich die abgelehnte Richterin im Vorfeld der mündlichen Verhandlung mit dem Jugendamt oder dem Verfahrensbeistand besprochen und/oder ihre Auffassung hinsichtlich des Ausgangs des vorliegenden Verfahrens kund getan hat. Die Rüge, die abgelehnte Richterin habe sich zudem geweigert habe, ihr - der Beschwerdeführer - Prozessvorbringen während der Anhörung vollständig zu Kenntnis zu nehmen, kann bereits mit Blick auf das protokollierte Ergebnis der Anhörung vom 12. Oktober 2011 nicht nachvollzogen werden und erscheint auch vor dem Hintergrund der weiteren Ausführungen in der Beschwerdebegründung, wonach die Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführer die Möglichkeit gehabt habe, ihren Antrag zu erläutern, nicht plausibel. Dass das Familiengericht unter Umständen deren Erklärungen nicht gefolgt ist, sondern im Rahmen des argumentativen Austauschs ggf. auf die Möglichkeit einer anderen Sichtweise hingewiesen und verschiedene Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt hat, steht nicht zur Überprüfung im Ablehnungsverfahren, weil das Ablehnungsverfahren kein der Fehlerkontrolle dienendes antizipiertes Rechtsmittelverfahren ist und deshalb mögliche inhaltlich unzutreffende Äußerungen des abgelehnten Richters grundsätzlich keinen Befangenheitsgrund darstellen. Soweit die abgelehnte Richterin während der Anhörung auf das in dem Sorgerechtsverfahren 12 F 143/11 SO eingeholte Sachverständigengutachten Bezug genommen hat, vermag auch diese Verfahrensweise nicht ansatzweise einen Ablehnungsgrund zu rechtfertigen. Denn ungeachtet dessen, dass Maßnahmen der Prozessleitung im Ablehnungsverfahren einer Überprüfung grundsätzlich nicht zugänglich sind und überdies in Sorgrechtsverfahren das Familiengericht gemäß § 26 FamFG die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen und die geeignet erscheinenden Beweise zu erheben hat (Senat, Beschl. v. 12. Juli 2010, 9 UF 35/10, m.w.N.), ist nicht ersichtlich, dass die abgelehnte Richterin den Inhalt des Sachverständigengutachtens, das sie den weiteren Beteiligten zu 1. und 2. , wie in der dienstlichen Äußerung und der Stellungnahme des Verfahrensbeistandes ausgeführt, in Auszügen zur Kenntnis gebracht hat, auch für das vorliegende Verfahren bereits einer abschließenden Würdigung unterzogen und sich hierdurch für die zu treffende Entscheidung, insbesondere im Hinblick auf die Einholung eines - wie von den Beschwerdeführern angeregt - kinderpsychologischen Gutachtens, unumstößlich festgelegt oder die Einholung eines solchen Gutachtens gar expressiv verbis abgelehnt hat. Letztlich kann dahinstehen, ob Rechts- oder Verfahrensverstöße objektiv vorliegen, da in der Gesamtschau keine Umstände ersichtlich sind, aus denen sich ergibt, dass die Vorgehensweise der abgelehnten Richterin auf unsachlichen Erwägungen bzw. einer Voreingenommenheit gegenüber den weiteren Beteiligten zu 1. und 2. beruht oder gar willkürlich ist.
Die sofortige Beschwerde war daher insgesamt zurückzuweisen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1 ZPO, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG (BGH, Beschl.v. 15. Dezember 2003, II ZB 32/03, AGS 2004, 159; Monschau in: Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl., Rz. 921 ff/954; Senat, Beschl. v. 22. Februar 2010, 9 WF 18/10).
Die Rechtsbeschwerde wird mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zugelassen.