Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 12. März 2014 - 2 U 153/13

bei uns veröffentlicht am12.03.2014

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28.12.2012 - 4 O 199/12 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Herausgabe eines PKW der Marke Daimler Chrysler, Fahrzeugidentitätsnummer.

Der Kläger war Gesellschafter, seine Schwester, die Zeugin, Geschäftsführerin der Fa. D.-W.-S. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Zugleich war der Kläger im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses für die Schuldnerin tätig. Über das Vermögen dieser Gesellschaft ist am 1.4.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt worden (111 IN 72/11), nachdem er zuvor in einem vorläufigen Insolvenzverfahren als Sachverständiger eine Inventarisierung vorgenommen hatte. Das in Rede stehende Fahrzeug, das die Schuldnerin im Rahmen eines für die Zeit vom 1.4.2004 bis 30.9.2008 mit der Fa. bzw. der F. GmbH, abgeschlossenen Leasingvertrages genutzt hatte und für das ab dem 1.10.2008 eine Anschlussfinanzierung vereinbart worden war, war bis zur Ablösung der Restschuld am 19.4.2012 durch den Kläger in Höhe von 1.792,71 EUR an die F. GmbH sicherungsübereignet gewesen. Am 23.4.2012 ist das Fahrzeug auf die Ehefrau des Klägers umgemeldet worden. Der Beklagte nahm das sich auf dem Betriebsgelände der Schuldnerin befindende Fahrzeug im April 2012 in Besitz.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger vor Insolvenzeröffnung wirksam Eigentum bzw. ein Anwartschaftsrecht an dem Fahrzeug erlangt hat. Insoweit behauptet der Kläger, mit der Schuldnerin zwecks Ablösung von Forderungen der Knappschaft und Abwendung eines Insolvenzantrages am 22.12.2010 einen Kaufvertrag abgeschlossen und das Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 9.500 EUR zu den dort weiter genannten Modalitäten erworben zu haben (GA 51). Der Kaufpreis sei u.a. durch die Auszahlung von der Hypovereinsbank am 15.12.2010 in Höhe von 850 EUR, Auszahlung einer Lebensversicherung am 13.12.2010 in Höhe von 889,89 EUR und Auszahlung einer Krankenversicherung am 20.12.2010 in Höhe von 5.155,53 EUR aufgebracht worden (GA 72 ff). Der Restbetrag sei durch Verrechnung mit Lohnforderungen sowie Zahlung von 1.800 EUR an den Rechtsanwalt der Lieferantin beglichen worden. Da das Fahrzeug oftmals für Firmenzwecke genutzt worden sei, sei mit der Schuldnerin, vertreten durch die Geschäftsführerin, vereinbart worden, dass das Fahrzeug auf die Schuldnerin angemeldet wird und sämtliche Aufwendungen (Steuern, Versicherung pp) von der Schuldnerin getragen werden. Zur Sicherheit habe er den Fahrzeugbrief bzw. die Zulassungsbescheinigung Teil II erhalten. Es sei lediglich ein Ford Focus () als Dienstwagen versteuert worden.

Der Beklagte hat demgegenüber eingewandt, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt Eigentümer des Fahrzeugs geworden sei. Im Rahmen der Inventarisierung sei lediglich ein geleastes Fahrzeug der Marke Fiat Ducato angegeben worden. Erst nach Insolvenzeröffnung und Übersendung der Kfz-Steuerbescheide für das streitgegenständliche Fahrzeug () im April 2012 habe die Geschäftsführerin auf (wiederholte) Nachfrage angegeben, dass es sich um ein bereits im Januar an das Autohaus zurückgegebenes Fahrzeug handele und das Fahrzeug abgemeldet werde. Am 23.4.2012 habe sie sodann angegeben, das Auto ganz vergessen zu haben, es handele sich um dasjenige, das 2010 an ihren Bruder verkauft worden sei, der das Fahrzeug auch bar bezahlt habe. Hierzu habe sie Kontoauszüge ihres Privatkontos vorgelegt, auf dem zwei Gutschriften aus Lebensversicherungen über 889,89 EUR und 5.155,53 EUR verbucht gewesen seien. Auf einem Geschäftskonto pp sei keine Zahlung verbucht worden. In der Buchhaltung finde sich lediglich eine handschriftliche Notiz der Geschäftsführerin betreffend eine Einlage des Klägers in Höhe von 5.000 EUR und 850 EUR. Die genannten Beträge seien nie in das Vermögen der Schuldnerin gelangt. Zudem werde das Fahrzeug in der Bilanz 2010 noch als Anlagevermögen geführt und sei eine Ummeldung am 11.1.2012 von der Gesellschaft „in Gründung“ auf die Schuldnerin erfolgt. Auch habe der Kläger bis zum 31.3.2012, also bis zu dem Ende seines Beschäftigungsverhältnisses, von der sog. 1% - Regelung Gebrauch gemacht (GA 56 ff). Hiernach sei die Schuldnerin zweifellos wirtschaftlicher Eigentümer des Fahrzeugs und versuche der Kläger in kollusivem Zusammenwirken mit der Geschäftsführerin, das Fahrzeug der Insolvenzmasse zu entziehen.

Das Landgericht hat nach Anhörung des Klägers und Durchführung einer Beweisaufnahme im Termin vom 6.12.2012, in dem die gestellten Zeugen (Steuerberater) und (Buchhalterin) wegen Verweigerung der Entbindung von der Schweigepflicht seitens der Beklagten nicht vernommen worden sind, die Klage abgewiesen. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger nicht den Nachweis zu führen vermocht habe, Eigentümer des Fahrzeugs geworden zu sein. Zwar könne angenommen werden, dass die Schuldnerin mit dem Kläger einen Kaufvertrag abgeschlossen habe; indes könne nicht festgestellt werden, dass der Kaufvertrag vor dem 1.4.2012 abgeschlossen worden sei und ein Anwartschaftsrecht begründet worden sei bzw. eine Übereignung stattgefunden habe, so dass zu Gunsten des Klägers auch nicht § 107 Abs. 1 S. 1 InsO streite.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, für die er um Prozesskostenhilfe nachgesucht hat, die ihm durch Beschluss des Senats vom 10.6.2013 bewilligt worden ist. Er macht geltend, dass die Zeugin, eine Angestellte des Steuerberaters, aus Gefälligkeit der Geschäftsführerin im Jahr 2010 geholfen habe, den in Rede stehenden Kaufvertrag aufzusetzen, was auch der Zeuge gewusst habe. Die handschriftlichen Ergänzungen in dem Kaufvertragsformular stammten von dieser. Da der Beklagte die Zeugen nicht von der Verschwiegenheit entbunden habe, sei ihm die Beweisführung unmöglich gemacht worden. Die von ihm erbrachten Zahlungen auf den Kaufpreis seien von der Zeugin versehentlich als Einlagen bezeichnet worden, weil sie nicht gewusst habe, wie sie die Zahlungen habe verbuchen sollen. Die neue Steuerberaterin habe die Buchungen bei der Bilanzerstellung richtig vornehmen sollen, weil der bisherige Steuerberater wegen Zahlungsrückständen seine Tätigkeit eingestellt habe. Die Bilanz für 2010 sei erst im Februar 2012 unter Zeitdruck von der Steuerberaterin erstellt worden, so dass sich Fehler eingeschlichen hätten. Deshalb und wegen der zwischenzeitlichen Insolvenzeröffnung sei die Bilanz von der Geschäftsführerin auch nicht mehr unterschrieben bzw. die Bilanz korrigiert worden. Insoweit sei auch nach dem Verkauf des Mercedes versehentlich weiterhin der Ford mit 1 % des Listenpreises in die Bilanz 2010 aufgenommen worden, wozu die Zeugen und ebenfalls Angaben hätten machen können. Für den Kaufvertragsabschluss im Jahr 2010 spreche auch, dass der Kaufpreis u.a. durch die Auszahlung von im Vertrag näher bezeichneten Versicherungen (GA 180, 181, 183, 184) gezahlt werden sollte, wie dies auch tatsächlich geschehen sei. Damit seien die Forderungen der Knappschaft gegen die Schuldnerin erfüllt worden (GA 159 ff). Für den Fall, dass er das Fahrzeug nicht wirksam erworben habe, könne er die von ihm erbrachten Leistungen zurückverlangen, jedenfalls in Höhe der geleisteten Ablösesumme, bzw. ein Absonderungsrecht geltend machen.

Mit Beschluss vom 16.10.2013 ist dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist für die Einlegung der Berufung und Berufungsbegründung gewährt worden.

Der Kläger beantragt, nachdem er den zunächst gestellten Hilfsantrag Ziffer 3. auf Zahlung von 1.794,93 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zurückgenommen hat,

1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 28.12.2012, 4 O 199/12, den Beklagten zu verurteilen, an ihn das Fahrzeug Daimler Chrysler, Fahrzeugidentifikationsnummer, herauszugeben,

2. die Sache gemäß § 538 Abs. 2 ZPO an das Landgericht Saarbrücken zurückzuweisen,

3. hilfsweise festzustellen, dass ihm das Recht auf abgesonderte Befriedigung an dem Fahrzeug Mercedes Benz, Fahrgestellnummer zusteht.

Der Beklagte beantragt,

1. die Berufung zurückzuweisen,

2. hilfsweise den Beklagten im Wege der Widerklage zu verurteilen, an ihn 7.708,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens das erstinstanzliche Urteil. Zudem verweist er darauf, dass der Kläger selbst dann, wenn bereits am 22.12.2010 der Kaufvertrag abgeschlossen worden sei, kein Eigentum erworben habe, weil er weder wirksam ein Anwartschaftsrecht noch Besitz an der Sache erworben habe. Im Übrigen könne er, da Kaufpreiszahlungen nicht in das Vermögen der Schuldnerin gelangt seien, jedenfalls die Zahlung des restlichen Kaufpreises nach Ablösung durch die Leistung von 1.792,71 EUR verlangen. Eine Aufrechnung mit (im Übrigen bestrittenen) Arbeitsleistungen („Verrechnung“) sei nicht vereinbart gewesen und gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig. Letztlich stünden ihm - hilfsweise - (näher bezeichnete) aufrechenbare Gegenansprüche zu.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 5.2.2014 Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist statthaft und im Übrigen zulässig (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). In der Sache hat sie insoweit einen vorläufigen Erfolg, als das angefochtene Urteil einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen ist. Denn das erstinstanzliche Urteil leidet unter einem wesentlichen Verfahrensmangel, und der Kläger hat die Aufhebung und Zurückverweisung beantragt (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

1. Ein wesentlicher Verfahrensmangel ist darin begründet, dass das Landgericht es verfahrensfehlerhaft unterlassen hat, die Versagung der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht seitens des Beklagten nicht gemäß § 286 ZPO zu würdigen.

Gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind Personen zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsache, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht. Nach § 57 Abs. 1 StBerG haben Steuerberater und Steuerbevollmächtigte ihren Beruf unter anderem verschwiegen auszuüben. Sie müssen ihre Gehilfen, die nicht selbst Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte sind, zur Verschwiegenheit verpflichten (§ 62 StBerG). Von daher waren sowohl der Zeuge als auch die Zeugin zur Verschwiegenheit betreffend die Angelegenheiten der Schuldnerin verpflichtet (BGH, WM 1983, 653). Die Pflicht zur Verschwiegenheit bezieht sich auf alles, was dem Steuerberater in Ausübung oder bei Gelegenheit seiner Berufstätigkeit anvertraut worden oder bekannt geworden ist, auch auf solche Tatsachen, die keine unmittelbare Verbindung zur eigentlichen Berufstätigkeit haben (BGH, aaO). Von daher unterlag der Verschwiegenheitspflicht der behauptete Abschluss des Vertrages bzw. die Hilfestellung der Zeugin hierzu auch dann, wenn die Zeugin insoweit nicht beratend, sondern „aus Gefälligkeit“ tätig wurde, und deren Arbeitgeber, der Steuerberater hiervon Kenntnis erlangt hat.

Das Gericht hat gemäß § 286 ZPO nicht nur das Ergebnis einer Beweisaufnahme zu würdigen, sondern den gesamten Inhalt der Verhandlung. Dazu gehören auch die Handlungen, Erklärungen und Unterlassungen einer Partei, die Verweigerung einer Antwort oder Auskunft sowie die Vorenthaltung von Beweismitteln (BGH, aaO, m.w.N.). Das Landgericht würdigt indes die Versagung der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht nicht. Aus der Gesamtheit der Entscheidungsgründe ist nicht zu entnehmen, dass das Gericht die Weigerung des Beklagten in seine Beurteilung mit einbezogen hat. Die Würdigung des Streitstoffes ist infolgedessen verfahrensfehlerhaft (§ 286 ZPO).

Das Landgericht hätte möglicherweise anders erkannt, wenn es die Versagung der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht in seine Beurteilung aufgenommen hätte. Denn auch im Prozessrecht gelten die Grundsätze von Treu und Glauben, nach denen Rechtspositionen nicht missbraucht werden dürfen (vgl. BGH, aaO, m.w.N.). Darum kommt es im Falle der Verweigerung eines Beweises auf die Stichhaltigkeit der Weigerungsgründe auch dann an, wenn die Partei zur Verschaffung oder Benutzung des Beweismittels nicht verpflichtet ist. Einen triftigen Grund dafür stellen höherwertige, über den Rechtsstreit hinausgehende Interessen der nicht beweispflichtigen Partei dar (vgl. BGH, aaO, m.z.w.N.). Solche sind, weil von dem Beklagten nicht dargetan, hier nicht erkennbar (siehe zum Ganzen auch BGH, WM 2010, 2380; NJW 2011, 778; NJW-RR 1996, 1534; Scheuch in: Beck'scher Online-Kommentar ZPO, § 286, Rz. 14, m.w.N.).

2. Entgegen der Auffassung des Beklagten kann aus Rechtsgründen nicht von einer Klärung, ob am 20.12.2010 das Fahrzeug von der Schuldnerin an den Kläger veräußert worden ist, abgesehen werden.

a.

Ungeachtet der Frage, ob, worauf der Beklagte verweist, es entgegen dem Gesetzeswortlauf des § 107 InsO nicht nur auf den Besitz, sondern auch auf das Bestehen eines Anwartschaftsrechts ankommt (vgl. insoweit Flöther/Wehner in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2012, § 107, Rz. 8, m.w.N.; Jacoby in: Jaeger, InsO, 1. Aufl. 2014, § 107, Rz. 17, m.w.N.; Wegener in: Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 107, Rz. 1 ff/5, m.w.N.; Hess, InsR, 2. Aufl., § 107, Rz. 2 ff/6; Ott/Vuia in: Münchener Kommentar InsO, 3. Aufl., § 107, Rz. 8, m.w.N.), hat der Kläger ein solches, falls am 22.12.2010 ein Kaufvertrag zwischen der Schuldnerin und ihm abgeschlossen worden ist, wirksam erworben. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Regelungen in dem zwischen der Schuldnerin und der Fa. Finanzierungskontor am 16.9.2008 abgeschlossenen „Anschluß - Sicherungsübereignungsvertrag“. Aufgrund dieses zwischen der Schuldnerin und der Fa. im Zuge der Anschlussfinanzierung abgeschlossenen Sicherungsübereignungsvertrages erlangte die Fa., bei der die Zulassungsbescheinigung Teil II (Kraftfahrzeugbrief) bis zur vollständigen Regulierung sämtlicher Finanzierungsraten hinterlegt war, Sicherungseigentum an dem streitgegenständlichen Fahrzeug wegen eines Zahlungsanspruches in Höhe von 16.225,14 EUR, und zwar, wie insbesondere die Regelung, wonach „der Gläubiger …das Kraftfahrzeug dem Schuldner sofort zurückzuübereignen hat, wenn dieser seine Verbindlichkeit in voller Höhe getilgt [hat]“, wobei „auch der Kraftfahrzeugbrief zurückzugeben und die Ansprüche aus den Versicherungsverträgen zurückzuübertragen sind“, auflösend bedingtes Eigentum (§§ 158 Abs. 2 BGB). Denn die Verpflichtung der Fa., die nach Aktenlage in keiner ständigen Bankverbindung mit der Schuldnerin stand, sondern lediglich mit dieser den Leasingvertrag für die Anschaffung des Fahrzeugs von dem Autohaus H. abgeschlossen und nach Beendigung des Leasingvertrages die Anschlussfinanzierung übernommen hatte, im Falle der vollständigen Tilgung der Forderung das Fahrzeug sofort zurück zu übereignen und die Fahrzeugpapiere herauszugeben, kann bei wertender Betrachtung der Erklärungen als Ausdruck des Willens verständiger und redlicher Vertragspartner sowie der Interessenlage, die hier eine andere ist als die einer vollfinanzierenden und ggf. in ständiger Geschäftsbeziehung mit dem Schuldner stehenden Bank, der in der Regel und anders als hier kraft Formularvertrages die Sicherungsübereignung zur Sicherung aller gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche der Bank aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung einschließlich der von Dritten erworbenen Forderungen dient, unter den obwaltenden Umständen nur so verstanden werden, dass die Übereignung des Sicherungsgutes unter der auflösenden Bedingung der vollständigen Tilgung der gesicherten Forderung erfolgt ist. Der Schuldnerin stand folglich ein geschütztes Anwartschaftsrecht auf Rückerwerb an dem Fahrzeug zu, das sie ggf. mit Vertrag vom 20.12.2010 gemäß § 929 BGB analog auf den Kläger übertrug. Denn eine dem Vorbehaltskäufer vergleichbare Rechtsstellung hat bei der Sicherungsübereignung der Sicherungsgeber, wenn er - wie hier - das Sicherungsgut unter der auflösenden Bedingung vollständiger Tilgung der gesicherten Forderung übereignet. Er behält dann ein durch §§ 160, 161 BGB geschütztes Anwartschaftsrecht auf Rückerwerb des Eigentums, das er gemäß §§ 929 ff BGB veräußern kann mit der Folge, dass das Eigentum bei Bedingungseintritt unmittelbar von dem Sicherungsnehmer auf den Anwartschaftserwerber übergeht. Mit Erledigung des Sicherungszwecks fällt das Eigentum sofort - wie im Vertrag vom 16.9.2008 vereinbart - an den Sicherungsgeber bzw. den Anwartschaftserwerber zurück (siehe auch BGH, Urt. v. 2.2.1984, IX ZR 8/83, NJW 1984, 1184, m.w.N.; Oechsler in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., Anhang zu §§ 929-936 Sicherungseigentum - Sicherungsübereignung, Rz. 8, m.w.N.; Wiegand in: Staudinger, BGB - Neubearbeitung 2011, § 929, Rz. 29 ff; ders., Anh. zu §§ 929 - 931, Rz. 195, 196 ff, m.z.w.N.). Die Übertragung eines Anwartschaftsrechtes erfolgt gemäß den §§ 929 ff. BGB analog und nicht nach §§ 398, 413 BGB (vgl. BGH, NJW 2007, 2844; OLG Hamm, ZInsO 2013, 1742; Palandt/Bassenge, 72. Aufl., § 929, Rz. 45 ff).

Durch den ggf. am 20.12.2010 abgeschlossenen Vertrag hat die spätere Schuldnerin ihr Anwartschaftsrecht vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens übertragen. Dieses fällt nicht in die Insolvenzmasse, vielmehr erwirbt der Erwerber der Anwartschaft bei Bedingungseintritt - hier der vollständigen Zahlung der Restschuld des ihm unter Eigentumsvorbehalt veräußerten Fahrzeugs - massefreies Eigentum (vgl. Kindl in: Beck'scher Online-Kommentar BGB, Stand 1.1.2014, § 929, Rz. 82, m.w.N.; Berger in: Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch, 15. Aufl., § 929, Rz. 25 ff/56, m.w.N.).

b.

Nach dem sich im Berufungsrechtszug darbietenden Sach- und Streitstand kann, entgegen der Sicht des Beklagten, auch ein Besitz des Klägers an dem Fahrzeug nicht verneint werden.

Der Umstand, dass der Kläger das Fahrzeug nach Abschluss des Vertrages unzweifelhaft selbst genutzt hat, spricht für eine unmittelbare Besitzübertragung (§ 929 BGB).

Soweit die Schuldnerin im Hinblick darauf, dass der Kläger das Fahrzeug für Belange des Unternehmens zur Verfügung gestellt hat, „im Gegenzug“ die Kosten für das Fahrzeug übernommen hat, vermag dies eine Besitzerlangung nicht in Frage zu stellen. In diesem Fall ist der Kläger jedenfalls mittelbarer Besitzer geworden (§§ 929, 930, 868 BGB), was genügt (vgl. Flöther/Wehner, aaO, Rz. 12, m.w.N.; Wegener, aaO, Rz. 6, m.w.N.; Ott/Vuia, aaO, Rz. 11). Dies selbst dann, wenn zwischen der Schuldnerin und dem Kläger bereits mit Vertragabschluss so verfahren worden wäre. Die Einräumung des mittelbaren Besitzes hat zur Voraussetzung, dass der Kläger als Käufer (im Rahmen der Begründung des Anwartschaftsrechts) in einer Weise Besitz erlangt hat, die ihm gegenüber dem Verkäufer eine dinglich gesicherte Erwerbsposition verschafft. Eine solche Besitzübertragung ist dann gegeben, wenn der im Besitz des Fahrzeugs befindliche Verkäufer (spätere Schuldnerin) und der Kläger als Käufer die Übergabe an diesen dadurch ersetzt haben, dass zwischen beiden ein Rechtsverhältnis vereinbart worden ist, aufgrund dessen der Kläger den mittelbaren Besitz erlangt hat. Die wirksame Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses setzt danach das zwischen den Parteien bestehende besitzrechtliche Einverständnis darüber voraus, dass der Veräußerer die Sache künftig nicht mehr als Eigenbesitzer, sondern für den Erwerber besitzen soll. Entscheidend ist, dass dieses Einverständnis ernsthaft gewollt ist, dass der Veräußerer die Sache künftig wirklich als fremde behandelt, dass er also seinen unmittelbaren Besitz an dem Fahrzeug nunmehr im Einklang mit dem Kläger für diesen als Erwerber, der mittelbarer Eigenbesitzer werden soll (§§ 930, 868 BGB), in einem verwahrähnlichen Verhältnis ausüben soll und will (vgl. OLG Düsseldorf, ZIP 2013, 327, m.w.N.; Ott/Vuia in: Münchener Kommentar Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 107, Rz. 11, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind nach der von dem Kläger behaupteten Abrede jedenfalls erfüllt. Dass das Fahrzeug auf dem Betriebshof der Schuldnerin abgestellt war, vermag in Ansehung der obwaltenden Umstände, namentlich auch der örtlichen Verhältnisse (vgl. GA 125), nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen (siehe auch Wegener, aaO, Rz. 6, wonach nicht erforderlich ist, dass der Käufer im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung noch Besitz an der Kaufsache hat).

c.

Im Übrigen hat der Kläger unter Beweisantritt zu den Umständen, die zu einer unrichtigen buchhalterischen bzw. bilanztechnischen Erfassung des streitgegenständlichen Fahrzeugs geführt haben, sowie zur Frage der Verrechnung des Kaufpreises mit Lohnansprüchen weiteren Beweis angeboten (GA 124, 137), was einer Prüfung durch das Landgericht vorbehalten ist.

Von daher ist das erstinstanzliche Urteil einschließlich des zu Grunde liegenden Verfahrens aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen, das zugleich über die weiter gestellten Sachanträge einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens zu befinden hat.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 538 Rz. 59, § 708 Rz. 12; Münchener Kommentar/ZPO-Götz, 4. Aufl., § 704 Rn.6; OLG Brandenburg, Urt. v. 22.11.2006, 3 U 74/06, m.z.w.N.; OLG München, Urt. v. 26.6.2009, 10 U 1575/09; OLG Düsseldorf, OLG - Report NRW 8/2012 Anm. 8, j.m.w.N.; siehe auch OLG Koblenz, Urt. v. 4.2.2014, 3 U 819/13, m.w.N.).

Die Revision wird mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zugelassen.

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1.
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2.
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3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:

1.
der Verlobte einer Partei;
2.
der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner einer Partei, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
diejenigen, die mit einer Partei in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sind oder waren;
4.
Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei der Ausübung der Seelsorge anvertraut ist;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt;
6.
Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.

(2) Die unter Nummern 1 bis 3 bezeichneten Personen sind vor der Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren.

(3) Die Vernehmung der unter Nummern 4 bis 6 bezeichneten Personen ist, auch wenn das Zeugnis nicht verweigert wird, auf Tatsachen nicht zu richten, in Ansehung welcher erhellt, dass ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden kann.

(1) Steuerberater und Steuerbevollmächtigte haben ihren Beruf unabhängig, eigenverantwortlich, gewissenhaft, verschwiegen und unter Verzicht auf berufswidrige Werbung auszuüben. Die Verschwiegenheitspflicht bezieht sich auf alles, was in Ausübung des Berufs bekannt geworden ist. Sie gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

(1a) Steuerberater und Steuerbevollmächtigte dürfen nicht tätig werden, wenn eine Kollision mit eigenen Interessen gegeben ist.

(1b) Berät oder vertritt ein Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter mehrere Auftraggeber in derselben Sache, ist er bei Interessenkollisionen verpflichtet, auf die widerstreitenden Interessen der Auftraggeber ausdrücklich hinzuweisen und darf nur vermittelnd tätig werden.

(1c) Die Absätze 1a und 1b gelten auch für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, die ihren Beruf gemeinschaftlich mit einem Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten ausüben, der einem Tätigkeitsverbot nach Absatz 1a unterliegt oder der nach Absatz 1b nur vermittelnd tätig werden darf. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 1 bleibt bestehen, wenn der dem Tätigkeitsverbot unterliegende Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte die gemeinschaftliche Berufsausübung beendet. Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden, wenn die betroffenen Auftraggeber der Tätigkeit nach umfassender Information in Textform zugestimmt haben und geeignete Vorkehrungen die Einhaltung der Verschwiegenheit sicherstellen. Ein Tätigkeitsverbot nach Absatz 1a oder Absatz 1b, das gegenüber einer Berufsausübungsgesellschaft besteht, entfällt, wenn die Voraussetzungen des Satzes 3 erfüllt sind. Soweit es für die Prüfung eines Tätigkeitsverbots oder einer Beschränkung auf vermittelnde Tätigkeit erforderlich ist, dürfen der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Tatsachen einem Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten auch ohne Einwilligung des Auftraggebers offenbart werden.

(2) Steuerberater und Steuerbevollmächtigte haben sich jeder Tätigkeit zu enthalten, die mit ihrem Beruf oder mit dem Ansehen des Berufs nicht vereinbar ist. Sie haben sich auch außerhalb der Berufstätigkeit des Vertrauens und der Achtung würdig zu erweisen, die ihr Beruf erfordert.

(2a) Steuerberater und Steuerbevollmächtigte sind verpflichtet, sich fortzubilden.

(3) Mit dem Beruf eines Steuerberaters oder eines Steuerbevollmächtigten sind insbesondere vereinbar

1.
die Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt, niedergelassener europäischer Rechtsanwalt oder vereidigter Buchprüfer;
2.
eine freiberufliche Tätigkeit, die die Wahrnehmung fremder Interessen einschließlich der Beratung zum Gegenstand hat;
3.
eine wirtschaftsberatende, gutachtliche oder treuhänderische Tätigkeit sowie die Erteilung von Bescheinigungen über die Beachtung steuerrechtlicher Vorschriften in Vermögensübersichten und Erfolgsrechnungen;
4.
die Tätigkeit eines Lehrers oder eines wissenschaftlichen Mitarbeiters an Hochschulen und wissenschaftlichen Instituten, sofern der wissenschaftliche Mitarbeiter ihm übertragene Aufgaben in Forschung und Lehre überwiegend selbständig erfüllt; nicht vereinbar hingegen ist die Tätigkeit eines Lehrers oder eines wissenschaftlichen Mitarbeiters an staatlichen verwaltungsinternen Fachhochschulen mit Ausbildungsgängen für den öffentlichen Dienst;
5.
eine freie schriftstellerische Tätigkeit sowie eine freie Vortrags- und Lehrtätigkeit;
6.
die Durchführung von Lehr- und Vortragsveranstaltungen zur Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung sowie die Prüfung als Wirtschaftsprüfer und vereidigter Buchprüfer und zur Fortbildung der Mitglieder der Steuerberaterkammern und deren Mitarbeiter.

(4) Als Tätigkeiten, die mit dem Beruf des Steuerberaters und des Steuerbevollmächtigten nicht vereinbar sind, gelten insbesondere

1.
eine gewerbliche Tätigkeit; die zuständige Steuerberaterkammer kann von diesem Verbot Ausnahmen zulassen, soweit durch die Tätigkeit eine Verletzung von Berufspflichten nicht zu erwarten ist;
2.
eine Tätigkeit als Arbeitnehmer mit Ausnahme der Fälle des Absatzes 3 Nr. 4 sowie der §§ 58 und 59. Eine Tätigkeit als Angestellter der Finanzverwaltung ist stets mit dem Beruf des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten unvereinbar.

Steuerberater und Steuerbevollmächtigte haben die von ihnen beschäftigten Personen in Textform zur Verschwiegenheit zu verpflichten und sie dabei über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zu belehren. Zudem haben sie bei ihnen in geeigneter Weise auf die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht hinzuwirken. Den von dem Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten beschäftigten Personen stehen die Personen gleich, die im Rahmen einer berufsvorbereitenden Tätigkeit oder einer sonstigen Hilfstätigkeit an seiner beruflichen Tätigkeit mitwirken. Satz 1 gilt nicht für angestellte Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen wie der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte unterliegen. Hat sich ein Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter mit anderen Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen unterliegen wie er, zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammengeschlossen und besteht zu den beschäftigten Personen ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis, so genügt auch der Nachweis, dass eine andere dieser Personen die Verpflichtung nach Satz 1 vorgenommen hat.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Hat vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Schuldner eine bewegliche Sache unter Eigentumsvorbehalt verkauft und dem Käufer den Besitz an der Sache übertragen, so kann der Käufer die Erfüllung des Kaufvertrages verlangen. Dies gilt auch, wenn der Schuldner dem Käufer gegenüber weitere Verpflichtungen übernommen hat und diese nicht oder nicht vollständig erfüllt sind.

(2) Hat vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Schuldner eine bewegliche Sache unter Eigentumsvorbehalt gekauft und vom Verkäufer den Besitz an der Sache erlangt, so braucht der Insolvenzverwalter, den der Verkäufer zur Ausübung des Wahlrechts aufgefordert hat, die Erklärung nach § 103 Abs. 2 Satz 2 erst unverzüglich nach dem Berichtstermin abzugeben. Dies gilt nicht, wenn in der Zeit bis zum Berichtstermin eine erhebliche Verminderung des Wertes der Sache zu erwarten ist und der Gläubiger den Verwalter auf diesen Umstand hingewiesen hat.

(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein.

(2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

(1) Wer unter einer aufschiebenden Bedingung berechtigt ist, kann im Falle des Eintritts der Bedingung Schadensersatz von dem anderen Teil verlangen, wenn dieser während der Schwebezeit das von der Bedingung abhängige Recht durch sein Verschulden vereitelt oder beeinträchtigt.

(2) Den gleichen Anspruch hat unter denselben Voraussetzungen bei einem unter einer auflösenden Bedingung vorgenommenen Rechtsgeschäft derjenige, zu dessen Gunsten der frühere Rechtszustand wieder eintritt.

(1) Hat jemand unter einer aufschiebenden Bedingung über einen Gegenstand verfügt, so ist jede weitere Verfügung, die er während der Schwebezeit über den Gegenstand trifft, im Falle des Eintritts der Bedingung insoweit unwirksam, als sie die von der Bedingung abhängige Wirkung vereiteln oder beeinträchtigen würde. Einer solchen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die während der Schwebezeit im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt.

(2) Dasselbe gilt bei einer auflösenden Bedingung von den Verfügungen desjenigen, dessen Recht mit dem Eintritt der Bedingung endigt.

(3) Die Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.

Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.

Die Vorschriften über die Übertragung von Forderungen finden auf die Übertragung anderer Rechte entsprechende Anwendung, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

Ist der Eigentümer im Besitz der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass zwischen ihm und dem Erwerber ein Rechtsverhältnis vereinbart wird, vermöge dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt.

Besitzt jemand eine Sache als Nießbraucher, Pfandgläubiger, Pächter, Mieter, Verwahrer oder in einem ähnlichen Verhältnis, vermöge dessen er einem anderen gegenüber auf Zeit zum Besitz berechtigt oder verpflichtet ist, so ist auch der andere Besitzer (mittelbarer Besitz).

Ist der Eigentümer im Besitz der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass zwischen ihm und dem Erwerber ein Rechtsverhältnis vereinbart wird, vermöge dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt.

Besitzt jemand eine Sache als Nießbraucher, Pfandgläubiger, Pächter, Mieter, Verwahrer oder in einem ähnlichen Verhältnis, vermöge dessen er einem anderen gegenüber auf Zeit zum Besitz berechtigt oder verpflichtet ist, so ist auch der andere Besitzer (mittelbarer Besitz).

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.


Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Trier - Einzelrichter - vom 16. Mai 2013 und das diesem zugrunde liegende Verfahren - mit Ausnahme der vom Landgericht bereits erhobenen Beweise - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgerichts Trier zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

1

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung restlichen Werklohns in Höhe von 20.295,72 € für Elektroinstallationsarbeiten im Wohnhaus der Beklagten in Anspruch. Widerklagend begehren die Beklagten Schadensersatz in Höhe von 12.110,95 €.

2

Während der Bauausführung erteilte der Kläger fünf Abschlagsrechnungen, von denen die Beklagten die ersten drei bezahlten. Auf die vierte Abschlagsrechnung über 13.920,00 € zahlten die Beklagten 8.000,00 € und auf die fünfte Abschlagsrechnung über 10.440,00 € lediglich 2.000,00 €. Nach vorangegangener schriftlicher Mahnung kündigte der Kläger in einem Telefongespräch am 11.07.2006 an, er werde seine Arbeiten erst nach Bezahlung der Abschlagsrechnungen fortführen. Am selben Tag kündigten die Beklagten den Werkvertrag fristlos.

3

Nach der Kündigung hat der Kläger unter Berücksichtigung der unstreitig geleisteten Zahlungen der Beklagten in Höhe von 38.360,00 € eine offene Werklohnforderung für erbrachte Leistungen in Höhe von 20.295,72 € errechnet. Hilfsweise stützt er seine Forderung in Höhe von 3.360,00 € auf die Vergütung für Leistungen, die er infolge der von den Beklagten ausgesprochenen Kündigung nicht mehr habe ausführen können (GA 55 ff, 56 f.).

4

Der Kläger hat vorgetragen, er habe die Arbeiten mangelfrei ausgeführt. Die Beanstandungen der Beklagten seien unbegründet, weil er wegen der Kündigung seine Leistungen nicht habefertig stellen können. Ein Grund für eine fristlose Kündigung habe nicht bestanden. Eine Gutschrift über 2.082,23 € sei nicht abzuziehen, weil sie nur für den Fall der Installation einer neuen Daitem-Anlage gewährt worden sei.

5

Der Kläger hat beantragt,

6

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 20.295,72 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 4.028,74 € seit dem 27.07.2006 sowie aus 12.906,98 € seit dem 02.08.2006 und aus 3.360,00 € seit Rechtshängigkeit zuzüglich 709,16 € vorgerichtlicher Kosten zu zahlen.

7

Seinen weiteren auf die Herausgabe von Baumaterialien gerichteten Antrag hat er für erledigt erklärt.

8

Die Beklagten haben beantragt,

9

die Klage abzuweisen

10

und widerklagend,

11

den Kläger zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 12.110,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.10.2006 zu bezahlen.

12

Die Beklagten haben vorgetragen, der Kläger habe einen Teil der in Rechnung gestellten Arbeiten nicht ausgeführt, zudem entsprächen die von ihm eingesetzten Preise nicht den Vereinbarungen. Die ausgeführten Arbeiten seien teilweise mangelhaft. Deshalb seien sie berechtigt gewesen, von den Abschlagsrechnungen einen Betrag von 14.360,00 € zurückzubehalten. Nachdem der Kläger sich geweigert habe, seine Arbeiten fortzusetzen, sei die von ihnen ausgesprochene fristlose Kündigung gemäß § 314 BGB zu Recht erfolgt. Die Beseitigung der noch vorhandenen Mängel erfordere einen Aufwand, der die Klageforderung übersteige. Der Kläger habe zu Unrecht eine Gutschrift von 2.082,23 € unberücksichtigt gelassen, die deshalb ausgestellt worden sei, weil er bereits installierte Komponenten einer Daitem-Anlage zurückgenommen und diese als Gebrauchtware verkauft habe.

13

Die Beklagten haben zunächst hilfsweise mit Schadensersatzansprüchen in Höhe von 12.110,95 € aufgerechnet und dazu vorgetragen, der Kläger habe eine WAGO N-Klemme im Schaltschrank fehlerhaft montiert. Dadurch sei es zu einem Überspannungsschaden an mehreren Haushaltsgeräten gekommen, der insgesamt einen Betrag von 8.427,25 € ausmache. Der Kläger habe Fliesen- und Treppenbeläge beschädigt und im Technikraum Fliesen mit Schnellzement verunreinigt. Die Beseitigung der Schäden erfordere einen Aufwand von 3.683,70 €.

14

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen und durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen B. vom 24.08.2007. Der Sachverständige hat sein Gutachten am 3.11.2007 und am 01.12.2007 schriftlich ergänzt und in der mündlichen Verhandlung am 31.05.2012 mündlich erläutert.

15

Mit Beweisbeschluss vom 17.01.2013 (GA 314) hat das Landgericht zudem eine Beweiserhebung über den von den Beklagten behaupteten Überspannungsschaden durch Einholung eines weiteren schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. Br. angeordnet und die Einholung von der Einzahlung eines Auslagenvorschusses in Höhe von 1.200 € durch die Beklagten bis zum 07.02.2014 abhängig gemacht. Mit Schriftsatz vom 30.01.2013 hat der bisherige Prozessbevollmächtigte der Beklagten sein Mandat niedergelegt. Den Vorschuss haben die Beklagten nicht einbezahlt. Das Landgericht hat sodann am 15.02.2013 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 11.04.2013 bestimmt Am 25.02.2013 hat sich die jetzige Prozessbevollmächtigte für die Beklagten bestellt. Ihren mit Schriftsatz vom 11.03.2013 gestellten Terminverlegungsantrag hat das Landgericht zurückgewiesen. Die Beklagten haben daraufhin mit Schriftsatz vom 08.04.2013 die Hilfsaufrechnung zurückgenommen (GA 343, 346), weitere Mängel vorgebracht und den Schadensersatzanspruch zum Gegenstand ihrer mit weiterem Schriftsatz vom 08.04.2013 erhobenen Widerklage gemacht (GA 348 ff.).

16

Das Landgericht hat der Klage teilweise entsprochen und die Beklagten zur Zahlung von 17.414,24 € nebst Zinsen aus 4.028,74 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.06.2006 und aus 13.385,50 € seit dem 02.08.2006 sowie Kosten in Höhe von 709,16 € verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe eine restliche Werklohnforderung zu. Der Werkvertrag sei durch die von den Beklagten ausgesprochene (ordentliche bzw. freie) Kündigung beendet worden. Die Beklagten seien nicht berechtigt gewesen den Vertrag aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen. Der Kläger sei zwar aufgrund der damaligen Rechtslage nur berechtigt gewesen Abschlagszahlungen zu verlangen, als diese in sich abgeschlossene Teile des Werkes betroffen hätten. Darüber hinaus müsse es sich um vertragsgemäße Leistungen handeln. Die vom Kläger gestellten Abschlagsrechnungen hätten keine in sich abgeschlossenen Teile des Werkes betroffen. Der Kläger habe zwar angekündigt, seine Arbeiten erst nach vollständiger Zahlung der erteilten Abschlagsrechnungen fortzuführen. Die Beklagten hätten aber diese mündlich abgegebene Erklärung nicht sogleich zum Anlass nehmen dürfen, am selben Tag den Werkvertrag fristlos zu kündigen. Sie hätten dem Kläger zunächst eine Frist zur Wiederaufnahme der Arbeiten setzen müssen. Eine solche Fristsetzung sei nach Treu und Glauben nicht entbehrlich gewesen, zumal der Kläger offensichtlich der Auffassung gewesen sei, aufgrund der vermeintlichen Anwendung der VOB/B Abschlagszahlungen verlangen zu dürfen. Der Kläger könne unter Berücksichtigung bestimmter von dem Sachverständigen B. ermittelter Abzüge Werklohn für erbrachte Leistungen in Höhe von insgesamt 52.444,24 € (incl. 16 % MwSt.) beanspruchen. Davon seien Zahlungen der Beklagten in Höhe von 38.360,00 € abzuziehen sowie ein vom Sachverständigen festgestellter Betrag für die Beschädigung der Decke bei der Montage einer Lichtleiste in Höhe von 30,00 €, so dass sich die Werkleistung des Klägers aus seinen abgerechneten Leistungen auf 14.054,24 € belaufe. Hinzusetzen sei der Anteil von 3.360,00 € aus den im Schriftsatz vom 12.02.2007 aufgestellten Vergütungsansprüchen für Leistungen, die die Beklagten bei dem Kläger bestellt hätten und die er infolge der Kündigung nicht mehr habe ausführen können. Der Kläger brauche keinen weiteren Abzug von 2.082,23 € im Hinblick auf eine Gutschrift vorzunehmen. Diese Gutschrift enthalte die Voraussetzung, dass die Beklagten eine neue Anlage abnehmen, was nicht erfolgt sei. Dem Werklohnanspruch könnten keine Mängel entgegengehalten werden. Denn zum großen Teil resultierten die Beanstandungen daraus, dass der Kläger seine Arbeiten infolge der Kündigung nicht habe fertig stellen können. Mit ihrem weiteren Vortrag und Beweisanträgen im Schriftsatz vom 08.04.2013 seien die Beklagten wegen Verspätung präkludiert.

17

Die Widerklage hat das Landgericht mit der Begründung abgewiesen, die Beklagten seien für ihre Behauptung, der Kläger habe durch die fehlerhafte Montage eines Schalters einen Überspannungsschaden verursacht, beweisfällig geblieben, weil sie den im Beweisbeschluss vom 17.01.2013 angeordneten Auslagenvorschuss nicht bezahlt haben. Die Behauptung, der Kläger habe Fließen und Treppenbeläge verunreinigt sei ohne Beweis.

18

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung.

19

Sie vertreten die Auffassung, die Kündigung sei aus wichtigem Grund gerechtfertigt gewesen. Denn der Kläger habe angekündigt, seine Arbeiten erst nach Zahlung der erteilten Abschlagszahlungen fortzuführen, obgleich er dazu nach der früheren Rechtslage nicht berechtigt gewesen sei, weil Abschlagszahlungen nur insoweit verlangt werden durften, als diese abgeschlossene Teile des Werkes betroffen hätten. Dem Kläger sei auch eine Frist zur Aufnahme der Arbeiten gesetzt worden. Sie seien berechtigt gewesen, dem Kläger Mängel entgegenzuhalten und müssten nicht die Nachteile tragen, dass die Teilarbeiten des Klägers für sie keinen Wert hätten. Die fristlose Kündigung sei berechtigt gewesen, weil der Kläger bereits im April 2006 angemahnt worden sei, seine Leistungspflicht fristgemäß einzuhalten. Gleichwohl hätten sie sehr hohe Teilzahlungen an den Kläger geleistet. Ihnen habe ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund des entstandenen Überspannungsschadens zugestanden. Erst nach seiner Arbeitsverweigerung sei die fristlose Kündigung erfolgt. Ungeachtet dessen sei eine Fristsetzung nach Treu und Glauben entbehrlich, da besondere Umstände vorgelegen hätten, die unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigten. Der Kläger sei auch nicht berechtigt gewesen, wegen nicht erbrachter Leitungen eine Zahlung von 3.360,00 € auf Vergütung für Leistungen zu stützen, die er infolge der Kündigung nicht habe erbringen können. Zu Unrecht sei von dem Landgericht eine Gutschrift von 2.082,33 € vorenthalten worden. Das Landgericht sei in mehrfacher Weise Beweisangeboten nicht nachgegangen. Nach Einholung des Sachverständigen-gutachtens seien weitere Mängel gerügt worden und die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens beantragt worden. Das Landgericht habe sein Urteil auf die Begutachtung und Anhörung des Sachverständigen B. gestützt, obgleich es mit Beschluss vom 18.06.2008 (GA 216 ff.) darauf hingewiesen habe, dass der Sachverständige wohl mit den ihm gestellten Fragen überfordert gewesen sei und das Gutachten an gravierenden Mängeln leide. Wäre ein Hinweis erteilt worden, dass das Gericht beabsichtige, sein Urteil auf die Begutachtung des Sachverständigen zu stützen, wäre von ihnen weiter vorgetragen und als Gegenbeweis eine weitere Einholung eines Gutachtens beantragt, ein Privatgutachten erstellt oder sachverständige Zeugen benannt worden. Die Ankündigung des Landgerichts unmittelbar vor der letzten mündlichen Verhandlung, nicht mehr über die mit der Aufrechnung geltend gemachten Gegenansprüche Beweis zu erheben, stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Hinweispflicht des Gerichts und den Grundsatz des fairen Verfahrens dar.

20

Das Landgericht habe im Hinblick auf die Widerklage zu Unrecht eine Beweisfälligkeit angenommen. Das Gericht habe keine Ausschlussfrist angeordnet und keinen Hinweis über die möglichen Nachteile einer nicht fristgerechten Zahlung des Auslagenvorschusses erteilt. Es sei verfahrensfehlerhaft kein Beweis darüber erhoben worden, dass der Kläger Fliesen und Teppichbeläge verunreinigt habe. Zu Unrecht sei der Vortrag und die Beweisanträge gemäß Schriftsatz vom 08.04.2013 als verspätet zurückgewiesen worden.

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Die Beklagten beantragen nunmehr,

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unter Abänderung des angefochtenen Urteils, die Klage abzuweisen und

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widerklagend den Kläger zu verurteilen,

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an sie, die Beklagten, als Gesamtgläubiger 12.110,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.10.2006 zu zahlen;

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hilfsweise

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das angefochtene Urteil, berichtigt durch Beschluss vom 12.06.2013, aufzuheben und den Rechtsstreit gemäß § 538 II ZPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Trier zurückzuverweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

29

Er ist der Auffassung, es habe keines Hinweises des Landesgerichts bedurft, dass es sein Urteil auf die Feststellungen dieses Sachverständigen stützen werde. Die Widerklage sei bereits unzulässig, weil die Beklagten mit der Rücknahme der Hilfsaufrechnung und der Flucht in die Widerklage hätten verhindern wollen, dass ihre Einwendungen wegen Verspätung zurückgewiesen werden. Darin sei eine Umgehung durch Missbrauch der Präklusionsvorschriften zu sehen. Zu Recht habe das Landgericht ihren Vortrag nebst Beweisangeboten im Schriftsatz vom 08.04.2013 als verspätet zurückgewiesen.

30

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

II.

31

Die zulässige Berufung hat einen vorläufigen Erfolg.

32

Das Verfahren des ersten Rechtszuges leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 538 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO. Aufgrund dieses Mangels ist eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme erforderlich, so dass die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens – mit Ausnahme der vom Landgericht bereits erhobenen Beweise - auf Antrag der Beklagten an das Landgericht zurückzuverweisen ist.

33

1. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass den Beklagten kein Grund für eine außerordentliche Kündigung zustand. Der Kläger kann daher nach der (freien) Kündigung des Werkvertrages am 11.07.2006 durch die Beklagten seinen Vergütungsanspruch gemäß §§ 632, 649 Satz 2 BGB649 Satz 2 BGB in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung) geltend machen. Die Parteien haben unstreitig die VOB/B nicht in das Vertragsverhältnis einbezogen.

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a) Mit Recht nimmt das Landgericht an, dass die Beklagten nicht berechtigt waren, den Werkvertrag gemäß § 314 BGB aus wichtigem Grund zu kündigen. § 314 BGB betrifft seinem Wortlaut nach die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen. Der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag stellt jedoch kein Dauerschuldverhältnis dar. Der Vertrag ist auf die Herstellung eines konkreten Werkes, der Erbringung von Elektroleistungen im Wohnhaus der Beklagten gerichtet.

35

Zutreffend nimmt das Landgericht an, dass der Kläger nicht berechtigt war, in dem von ihm gewünschten Umfang Abschlagszahlungen zu verlangen. Nach § 632 a BGB in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung konnte der Unternehmer für eine vertragsgemäß erbrachte Leistung eine Abschlagszahlung nur in der Höhe verlangen, in der der Besteller durch die Leistung einen Wertzuwachs erlangt hat. Hierunter fielen insbesondere alle gemäß § 946 BGB a.F. durch Einbau in das Eigentum des Bestellers übergegangenen Baustoffe, die zu einem Wertzuwachs bei dem Besteller führten (vgl. Palandt-Sprau, BGB, Kommentar, 68. Auflage 2009, § 632 a Rn. 6). Die von dem Kläger gestellten Abschlagsrechnungen betrafen jedoch keine in sich abgeschlossenen Teile des Werks. Dies hat das Landgericht nachvollziehbar durch einen Vergleich mit den vom Kläger insgesamt angebotenen bzw. ihm in Auftrag gegebenen Leistungen festgestellt. Der Kläger hat auf entsprechenden Hinweis des Landgerichts mit Beschluss vom 21.06.2012 (GA 258, 259) nicht näher konkretisiert, welche der in Rechnung gestellten Leistungen sich auf abgeschlossene Teile bezogen haben.

36

Der Senat folgt auch der Auffassung des Landgerichts, dass die Beklagten die im Rahmen eines Telefongesprächs vom 11.07.2006 (LU 2) mündlich abgegebene Erklärung des Klägers, er werde seine Arbeiten erst nach Zahlung der Abschlagsrechnungen fortführen, nicht sogleich zum Anlass nehmen durften, am selben Tag den Werkvertrag schriftlich fristlos analog § 314 BGB zu kündigen (vgl. Palandt/Sprau, aaO, § 649 Rn.13 i.V.m. Palandt/Grüneberg, aaO, § 314 Rn. 5). In entsprechender Anwendung des § 314 Abs. 2 S. 1 BGB war bei Vorliegen eines wichtigen Grundes in der Verletzung einer Vertragspflicht eine Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Gemäß § 323 Abs. 2 BGB a.F. war eine Fristsetzung nur entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F.), der Schuldner die Leistung zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer bestimmten Frist nicht bewirkt hat und der Gläubiger im Vertrag den Fortbestand seines Leistungsinteresses an die Rechtzeitigkeit der Leistung gebunden hat (§ 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F.) oder besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Umstände einen sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

37

Die Fristsetzung war auch nicht nach Treu und Glauben entbehrlich. Die Beklagten hätten dem Kläger zunächst eine Frist zur Wiederaufnahme der Arbeiten setzen müssen. Eine solche Fristsetzung war ihnen, wie das Landgericht treffend bemerkt, auch zuzumuten. Dem Kläger hätte auf seine telefonisch abgegebene Erklärung, seine Arbeiten ohne Erbringung der Abschlagszahlungen nicht fortführen zu wollen, zunächst Gelegenheit gegeben werden müssen, sich rechtlich beraten zu lassen und die Folgen seiner Weigerung zu überdenken. Denn der Kläger war offensichtlich der Auffassung, gestützt auf die VOB/B a.F., in dieser Situation Abschlagszahlungen verlangen zu dürfen. Er durfte sich zunächst dadurch bestärkt fühlen, dass die Beklagten frühere Abschlagszahlungen vollständig beglichen haben.

38

Der Umstand, dass der Kläger nach dem Vortrag der Beklagten bereits im April 2006 angemahnt worden sei, seine Leistungspflicht fristgemäß einzuhalten, rechtfertigt ebenfalls nicht die fristlose Kündigung am 11.07.2006.

39

b) Aufgrund der freien Kündigung durch die Beklagten sind die erbrachten und nicht erbrachten Leistungen des Klägers voneinander abzugrenzen und getrennt abzurechnen. Die Vergütung für erbrachte Leistungen richtet sich nach § 632 BGB (vgl. BGH NJW-RR 2000, 309, siehe nachfolgend c.). Für nicht erbrachte Leistungen besteht nach § 649 S. 2 BGB ein Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Der Kläger muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was die Schuldnerin infolge der Kündigung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung ihrer Arbeitskraft erworben oder zu erwerben böswillig unterlassen hat (siehe nachfolgend d.).

40

c) Der Kläger hat für die erbrachten Leistungen unter Berücksichtigung unstreitig erfolgter Zahlungen in Höhe von 38.360,00 € eine offene Werklohnforderung in Höhe von 20.295,72 € errechnet. Das Landgericht hat nach Beweiserhebung und Vornahme von Abzügen die erbrachten Leistungen mit 14.054,24 € bewertet. Es hat allerdings verfahrensfehlerhaft weiteren Sachvortrag der Beklagten nicht berücksichtigt.

41

aa) Ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne des § 538 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO kann entgegen der Auffassung der Berufung allerdings nicht bereits darin gesehen werden, dass das Landgericht mit Beschluss vom 18.06.2008 (GA 216 ff., 217) den Hinweis erteilt hat, die Kammer habe den Eindruck der Sachverständige sei mit den ihm gestellten Fragen überfordert gewesen. Es falle schwer die bisher erstatten Gutachten zur Grundlage einer streitigen Entscheidung zu machen. Möglicherweise müssten Rechnungen des Sachverständigen durch einen anderen Sachverständigen von Grund auf neu überprüft werden. Aus dem Hinweis ergibt sich zum einen nicht, dass das Landgericht die Ausführungen des Sachverständigen in seinem Ausgangsgutachten vom 24.08.2007 (GA 110 ff.), seiner ergänzenden Stellungnahme sowie seinem Ergänzungsgutachten vom 01.12.2007 (GA 171 ff.) als gänzlich unverwertbar angesehen hat. Zum anderen ist der Sachverständige B. in der Sitzung vom 31.05.2012 (GA 245 ff.) gemäß §§ 402, 397 ZPO angehört worden, so dass das Landgericht sich von der Richtigkeit seiner Begutachtung überzeugen konnte (§ 286 ZPO). Dem steht nicht entgegen, dass das Landgericht schließlich mit Beschluss vom 17.01.2012 eine ergänzende Beweisaufnahme zur Frage der fehlerhaften Montage einer WAGO-Trennklemme im Schalterschrank durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dr.-Ing. Dirk Br. angeordnet hat, die mangels Zahlung des Auslagenvorschusses gemäß Hinweis des Landgerichts vom 26.02.2013 (GA 325 ff.) nicht durchgeführt wurde. Die Beklagten mussten aufgrund des Hinweises des Gerichts vom 26.02.2013 (GA 325), dass eine ergänzende Beweisaufnahme nicht stattfinden werde nach Antragstellung in der Sitzung vom 11.04.2013 (GA 370 f.) damit rechnen, dass das Landgericht auf der Basis des bisher eingeholten Gutachtens seine Entscheidung treffen würde.

42

bb) Das Landgericht hat allerdings verfahrensfehlerhaft angenommen, die Beklagten seien mit ihrem weiteren Vortrag und Beweisanträgen im Schriftsatz vom 08.04.2013 (GA 343 ff.) gemäß §§ 411 Abs. 4, 296 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen. Insoweit mag der Vortrag neben dem Beweiserbieten zwar verspätet sein. Eine Zurückweisung nach Maßgabe der §§ 411 Abs. 4, 296 Abs. 1 ZPO setzt allerdings eine Verzögerung des Rechtsstreit voraus, die aber nicht vorliegt. Denn das Verfahren war (auch) hinsichtlich der Widerklage fehlerhaft und hätte durch Beweiserhebung fortgeführt werden müssen. (siehe nachfolgend 2.). Damit aber ist das Vorbringen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 08.04.2013 (GA 343 ff.) zu berücksichtigen.

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cc) Das Landgericht wird auch die mit der Berufung vorgebrachten Einwendungen gegen die Rechnungen Nr. 4153, K 12 und Nr. 4210, K 17 zu prüfen haben (BB 8, GA 468).

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dd) Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg, als sie vorträgt, das Landgericht habe eine Gutschrift von 2.082,23 € nicht berücksichtigt (BB 5, GA 465). Die Gutschrift steht ausweislich des Schreibens des Klägers vom 30.01.2003 (Anlage K 21) ausdrücklich unter der Bedingung, dass bei Neuinstallation einer neuen Daitem-Anlage in Höhe von 2.034,37 € excl. MwSt. angerechnet werde. Diese Bedingung ist allerdings nicht eingetreten. Zwar hat der Kläger die Komponenten unstreitig zurückgenommen. Allerdings hat er vorgetragen, dass er sie nicht – wie ursprünglich geplant – als Gebrauchtware verkaufen konnte. Für ihren gegenteiligen Vortrag haben die Beklagten keinen Beweis angetreten.

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b) Der Kläger hat seine Forderung in Höhe von 3.360 € hilfsweise auf die vereinbarte Vergütung für Leistungen gestützt, die er infolge der Kündigung des Werkvertrags durch die Beklagten nicht mehr ausführen konnte (§ 649 Satz 2 BGB), nachdem er konzedieren musste, dass die Beklagten 38.360 € und nicht lediglich 35.000 € gezahlt haben. In seinem Schriftsatz vom 12. Februar 2007 (GA 55 ff., 57) hat er seine Vergütungsansprüche für nicht erbrachte Leistungen auf der Grundlage der erfolgten Auftragserteilung gemäß den Angeboten Nr. 1293, 1328 und 1402 (Anlagen K1, K5 und K8 zur Klageschrift) dargelegt und auf 4.186,42 € (incl. 19 % MwSt.) errechnet. Von diesem Betrag hat er 3.360 € geltend gemacht und vorgetragen, den Montageanteil für nicht ausgeführte Leistungen, soweit dieser im Angebot berücksichtigt gewesen sei, nicht berechnet zu haben. Für Leistungen, für die er bereits Material bestellt habe, welches er nicht an anderen Baustellen habe einsetzen können, habe er die vereinbarte Vergütung in vollem Umfang berechnet. Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, wegen der fristlosen Kündigung sei der Kläger nicht berechtigt, Vergütung für nicht erbrachte Leistungen zu verlangen. Das Landgericht hat den hilfsweise begehrten Betrag zugesprochen, weil der Kläger ersparte Aufwendungen bereits abgezogen und danach noch ca. 826,00 € weniger verlangt habe.

46

Die Auffassung des Landgerichts ist unzutreffend, weil der Kläger seinen Anspruch bislang noch nicht schlüssig dargelegt hat. Der Unternehmer muss zur Begründung seines Anspruchs aus § 649 Satz 2 BGB grundsätzlich vortragen, welcher Anteil der vertraglichen Vergütung auf die erbrachten und nicht erbrachten Leistungen entfällt und darüber hinaus vertragsbezogen darlegen, welche Kosten er hinsichtlich der nicht erbrachten Leistung erspart hat. Welche Anforderungen an die Abrechnung des gekündigten Werkvertrages zu stellen sind, hängt vom Vertrag sowie den seinem Abschluss und seiner Abwicklung zugrunde liegenden Umständen ab. Sie ergeben sich daraus, welche Angaben der Besteller zur Wahrung seines Interesses an sachgerechter Verteidigung benötigt. Der Unternehmer muss über die kalkulatorischen Grundlagen der Abrechnung so viel vortragen, dass dem für höhere ersparte Aufwendungen darlegungs- und beweisbelasteten Besteller eine sachgerechte Rechtswahrung ermöglicht wird (BGH, Urteil vom 24. März 2011 – VII ZR 146/10 –, juris mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Erst wenn er eine diesen Anforderungen genügende Abrechnung vorgelegt hat, ist es Sache des Auftraggebers, darzulegen und zu beweisen, dass der Unternehmer höhere Ersparnisse erzielt hat, als er sich anrechnen lassen will.

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Den sich aus diesen Grundsätzen ergebenden Anforderungen an die schlüssige Darlegung des Anspruchs aus § 649 Satz 2 BGB für die nicht erbrachten Leistungen genügt der Sachvortrag des Klägers bislang nicht, weil nicht dargetan ist, welche Kosten er hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen erspart hat. Der Kläger wird seinen Sachvortrag daher zu ergänzen und vorzutragen haben, welcher Werklohn ihm für die nicht erbrachten Leistungen nach den getroffenen Vereinbarungen zusteht und welche konkreten Kosten er insoweit erspart hat und in Abzug bringt. Falls der Kläger dem nachkommt, wird es Sache der Beklagten sein, darzulegen und zu beweisen, dass der Kläger höhere Ersparnisse erzielt hat, als er sich anrechnen lassen will.

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2. Soweit die Beklagten mit der Widerklage die im Rahmen der zuvor erklärten Aufrechnung geltend gemachten Mängelbeseitigungsansprüche verfolgen, ist über die Widerklage neu zu verhandeln und Beweis zu erheben. Das Landgericht durfte nicht von einer Beweisfälligkeit der Beklagten auszugehen. Nachdem die Beklagten mit Schriftsatz vom 08.04.2013 (GA 343 ff., 346) ihre hilfsweise erklärte Aufrechnung zurückgenommen haben, war dem ergänzenden Beweisbeschluss vom 17.01.2013 (GA 314 ff.) die Grundlage entzogen. Entgegen der Auffassung des Klägers waren die Beklagten nicht mit der Erhebung der Widerklage präkludiert. Denn die Widerklage stellt kein Angriffsmittel dar, welches verspätet vorgebracht werden kann, sondern den Angriff selbst (Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage 2014, § 296 Rn. 4). Für eine Zurückweisung der Widerklage als unzulässig wegen Rechtsmissbrauchs besteht daher kein Raum.

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3. Eine Entscheidung durch den Senat gem. § 538 Abs. 1 ZPO ist nicht sachdienlich, da aufgrund der aufgezeigten Verfahrensfehler in erster Instanz eine umfangreiche Beweisaufnahme zumindest durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich ist (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

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Das Landgericht wird im Rahmen der Entscheidung über die Widerklage den Beweisbeschluss vom 17.01.2013 heranzuziehen und den Beklagten die Einzahlung des Auslagenvorschusses aufzugeben haben. Ferner wird das Landgericht zu prüfen haben, ob Beweis darüber zu erheben ist, ob der Kläger oder seine Mitarbeiter Fliesen- und Teppichbeläge im Haus der Beklagten beschädigt haben. Das Landgericht wird auch zu prüfen haben, ob den weiteren Beweisangeboten im Schriftsatz vom 08.04.2013 (GA 343 ff) nachzugehen ist, nachdem es das Vorbringen zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen hat. Darüber hinaus wird das Landgericht die weiteren Hinweise zu beachten haben.

III.

51

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 30. Auflage 2014, § 538 Rn. 59, § 708 Rn. 12; Münchener Kommentar/ZPO-Götz, 4. Auflage 2012, § 704 Rn.6; OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.05.1984 – 10 U 254/83 - JZ 1984, 635).

52

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 29.525,19 € festgesetzt (Klage 17.414,24 €, Widerklage 12.120,95 €)

53

Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 ZPO.