Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 30. Juni 2005 - 6 Verg 5/05

ECLI:ECLI:DE:OLGSH:2005:0630.6VERG5.05.0A
30.06.2005

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Schleswig-Holstein vom 07. März 2005 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Gründe

I.

1

Die Antragsgegner sind elf Landkreise und vier kreisfreie Städte in Schleswig-Holstein, die - über den “Koordinator-Rettungsdienst Schleswig-Holstein” beim Schleswig-Holsteinischen Landkreistag - Rettungstransportwagen beschaffen wollen. Die Kooperation (im Folgenden: Vergabestelle) ist gemäß § 4 Abs. 2 GWB bei der Landeskartellbehörde angemeldet.

2

Am 23.09.2004 schrieb die Vergabestelle die Lieferung von Rettungstransportwagen im offenen Verfahren nach der VOL/A in zwei Losen aus; das vorliegende Verfahren betrifft das Los 2 (34 Wechselkoffer).

3

In der Ausschreibung sind als Zuschlagskriterien Preis, Qualität, Konstruktion, Wartung, Ausführungsfrist, Funktionalität, technische Beratung und Gestaltung genannt. In Anlage II Ziff. 4 der “Besonderen Vertragsbedingungen” (BVB) war eine Erklärung der Bieter hinsichtlich der Garantieleistungen und -Zeiträume gefordert. Bestandteil des abzuschließenden Vertrages sollte die VOL/B sein (Ziff. 1.2 des Angebotsvordrucks). Nebenangebote waren nicht zugelassen.

4

Die Antragstellerin forderte am 6. Oktober 2004 die Verdingungsunterlagen an. Am 20. Oktober 2004 wies sie auf “Unklarheiten” hin und bat dazu um Klarstellung. Die Vergabestelle nahm dazu mit Schreiben vom 2.11.2004 und - auf erneutes Schreiben der Antragstellerin vom 12.11.2004 - mit Schreiben vom 15.12.2004 Stellung. Die Antragstellerin erhob am 28.12.2004 und am 12.01.2005 Rügen, auf die die Vergabestelle mit Schreiben vom 13. und 19.01.2005 antwortete.

5

Am 19.01.2004 gab die Antragstellerin ein Angebot zum Los 2 ab, dem eine selbst gefertigte und unterzeichnete “Erklärung zur Gewährleistung und Garantie” beigefügt war.

6

Mit dem am 03.02.2005 eingegangen Nachprüfungsantrag beanstandete die Antragstellerin, dass (geforderte) Aufklärungen durch die Vergabestelle nicht oder nur unzureichend erfolgt seien; dies betreffe die Losabgrenzung, Konstruktionsanforderungen, geforderte Maße und die Vorlage von Nachweisen insbesondere zur Schwerpunktermittlung. Wegen bestimmter Maße (z.B. für Trittstufen) und des geforderten Kofferwechsels entstehe eine Verengung des Wettbewerbs auf den bisherigen Lieferanten. Die Auftragskriterien seien nicht nachvollziehbar.

7

Die Vergabestelle informierte die Antragstellerin (ebenfalls) mit Schreiben vom 03.02.2005, dass ihr Angebot ausgeschlossen werde. Die Verdingungsunterlagen seien hinsichtlich nicht eingehaltener Maßangaben (Gesamtfahrzeuglänge bzw. Länge des Koffers innen) und hinsichtlich der Türverriegelungen geändert worden. Zudem sei entgegen VOL/B eine beschränkte Gewährleistungserklärung abgegeben worden. Die Schwerpunktermittlung des Kofferaufbaus sei nicht durch ein unabhängiges Büro nachgewiesen worden.

8

Die Vergabekammer erteilte einen Hinweis, dass der Nachprüfungsantrag im Hinblick auf die beschränkte Gewährleistungserklärung offensichtlich unbegründet sei. Durch Beschluss vom 07.03.2005 wies sie den Nachprüfungsantrag ohne mündliche Verhandlung zurück. Auf die Gründe dieses Beschlusses wird gem. § 540 Abs. 1 Bezug genommen.

9

Gegen den am 08.03.2005 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 15.3.2005 sofortige Beschwerde erhoben und die Ansicht vertreten, der Nachprüfungsantrag sei zulässig und begründet. Vor Angebotsabgabe habe die Vergabestelle erforderliche Informationen nicht, unklar und in ungleicher Weise erteilt. Der Wettbewerb sei in nicht gerechtfertigter Weise verengt worden. Die Ausschreibung enthalte sehr enge Maßtoleranzen und Vorgaben zu den Trittstufen und zur Möglichkeit eines Kofferwechsels. Die Ausschreibungsunterlagen seien unverzüglich gerügt worden. Die positive Kenntnis über fehlerhafte Verdingungsunterlagen sei nicht bereits mit deren Übersendung gegeben. Der Antragsbefugnis könne eine - vermeintliche - Änderung der Verdingungsunterlagen nicht entgegengehalten werden, denn die Beschwerde ziele auch darauf ab, das Vergabeverfahren aufzuheben und eine erneute Angebotsabgabe zuzulassen. Aus der - im Beschwerdeverfahren erfolgten - Akteneinsicht sei hervorgegangen, dass alle Auftragsbewerber mit Ausnahme des bisherigen Lieferanten - der Beigeladenen - aus formalen Gründen ausgeschlossen worden seien; eine nähere Prüfung der Angebote sei vor diesem Hintergrund nicht mehr erfolgt. Bei Beauftragung eines anderen Bieters würde ein deutlich niedrigerer Preis erzielt. Der Wettbewerb sei auf einen bestimmten Lieferanten verengt worden. Entgegen § 17 Nr. 6 Abs. 1 VOL/A habe die Vergabestelle Auskünfte zu den Maßen des Kofferaufbaus, zur Schnittstelle zwischen den Losen 1 und 2 und zu Vorschriften und Nachweispflichten nicht unverzüglich, nur zögerlich, unvollständig und falsch erteilt. Das Produkt der Beigeladenen sei detailgetreu vorgegeben worden. Dies gelte für die Außen- und Innenmaße des Kofferaufbaus; Abweichungen davon seien nicht zugelassen worden. Hinsichtlich der Trittstufen sei es nicht gerechtfertigt, dass Stufentiefe und Auftrittshöhe nur 2 cm Toleranz erlaubten. Auch hinsichtlich der Merkmale Kofferverriegelung, Lackierung, Außenbeschriftung, Möbelmaterial, Schübe und Griffe liege eine Bevorzugung der bisherigen Lieferantin vor. Ein fairer Wettbewerb sei nicht gewollt gewesen. Die Akteneinsicht habe zur Feststellung weiterer Diskriminierungen geführt, zum einen hinsichtlich der Schwerpunktermittlung, zum anderen hinsichtlich eines Ersatzfahrzeuges. Auch das Angebot der Beigeladenen sei auszuschließen, denn es fehlten darin Erklärungen und es seien Änderungen an den Verdingungsunterlagen vorgenommen worden. Deren Angebot schränke Garantien ein, es fehlten auch Typen und Anbieterangaben. Aus Gründen der Gleichbehandlung könne das Angebot der Antragstellerin nicht ausgeschlossen, zugleich aber akzeptiert werden, dass die Beigeladene mit dem gleichen Ausschlussgrund zum Zuge komme.

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Die Antragstellerin beantragt,

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den Beschluss der Vergabekammer vom 07. März 2005 aufzuheben und der Antragsgegnerin aufzugeben, das Vergabeverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu wiederholen sowie die Hinzuziehung eines Anwalts für das Beschwerdeverfahren für notwendig zu erklären.

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Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

14

Sie hält den Nachprüfungsantrag für unzulässig, da die Antragstellerin ihre Rügeobliegenheit missachtet habe und nicht antragsbefugt sei. Die Rügen, wonach die Ausschreibung wettbewerbsverengend und die Bieterinformationen - zum Kofferwechsel, zu den Maßen, zur Schwerpunktermittlung und zur Gewichtung der Zuschlagskriterien - unzureichend seien, habe die Antragstellerin zu spät erhoben; die diesbezüglichen Schreiben enthielten zudem nur Anfragen. Zur Forderung einer Garantieerklärung sei überhaupt keine Rüge erhoben worden. Da das Angebot der Antragstellerin zwingend auszuschließen sei, fehle deren Antragsbefugnis. Sie habe den - tatsächlich erfolgten - Ausschluss ihres Angebotes nicht ordnungsgemäß beanstandet, was erforderlich sei. Der Angebotsausschluss sei auch nicht unverzüglich zum Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens gemacht worden. Die Folge sei, dass die Antragstellerin sich selbst der Chance auf den Zuschlag beraubt habe. Ein Unternehmen, das sich durch eine Ausschreibung diskriminiert fühle, müsse diese unmittelbar angreifen und nicht erst abwarten, welchem Unternehmen nach Angebotsabgabe der Zuschlag zufallen solle. Unabhängig davon bleibe die Beschwerde erfolglos, weil das Angebot der Antragstellerin zu Recht auszuschließen gewesen sei. Das Angebot weiche hinsichtlich der Überschreitung des Außenmaßes, der Überschreitung der Kofferinnenlänge und hinsichtlich einer unzulässigen Beschränkung der Gewährleistung von den Verdingungsunterlagen ab, was gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 3 i. V. m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 d VOL/A zwingend zu dessen Ausschluss führe. Die Bieter hätten nur entsprechend der Vorgaben der Ausschreibung zur Gewährleistung anbieten dürfen. Die Durchsetzung von Bieterrechten ohne zuschlagsfähiges Angebot sei nicht möglich. Die Antragstellerin habe ein ausschreibungskonformes Angebot abgeben können. Vergabefehler, die sie von der Angebotsabgabe “abgehalten” hätten, lägen angesichts der tatsächlich erfolgten Angebotsabgabe nicht vor. Zwischen der geltend gemachten “Verengung des Wettbewerbs” und dem Mangel des Angebotes der Antragstellerin bestehe kein innerer Zusammenhang. Mit Einwendungen gegen die Vergabebedingungen dürfe nicht “spekuliert” werden. Wer sich durch die Beifügung unzulässiger Gewährleistungsbedingungen selbst die Chance auf den Zuschlag nehme, könne keine “zweite Chance” in einem erneuten Vergabeverfahren wegen angeblicher anderer Vergaberechtsverstöße beanspruchen. Die von der Antragstellerin angeführten Vergabefehler lägen im Übrigen nicht vor. Die Auskunftspflicht nach § 17 Nr. 6 Abs. 1 VOL/A habe die Vergabestelle erfüllt. Eine “Wettbewerbsverengung” i. S. d. § 8 Nr. 3 VOL/A liege nicht vor. Die Antragstellerin habe selbst ausgeführt, dass sie die Kofferaufbauten in allen verschiedenen Abmessungen und Ausführungen anbieten könne. Ungewöhnliche Anforderungen seien nicht gestellt worden. Die verlangten Abmessungen des Wechselkoffers seien üblich und durch Gesichtspunkte einer Kontinuität über mehrere Beschaffungsdurchläufe hinweg gerechtfertigt. Die Abmessungen orientierten sich auch an Garagenmaßen. Die verlangten Trittstufenmaße hätten sich ergonomisch bewährt. Die Anforderungen zum Kofferwechsel seien gerechtfertigt, da der Wechselkoffer eine doppelt so lange Lebensdauer habe wie das Fahrgestell. Die Zuschlagskriterien seien in den Verdingungsunterlagen genannt worden. Die Gewichtung des Kriteriums “Preis” liege innerhalb des Beurteilungsspielraums der Vergabestelle.

15

Die Beigeladene ist auf ihren Antrag vom 06.04.2005 im Beschwerdeverfahren beigeladen worden (Beschluss des Senats vom 11.04.2005).

16

Sie ist der Ansicht, die Antragstellerin habe Verstöße gegen § 17 Nr. 6 Abs. 1 VOL/A verspätet gerügt. Auf die Bieterinformation vom 02.11. habe sie am 12.11.2004 - also erst sieben Tage später - reagiert. Ein Verstoß gegen § 17 Nr. 6 Abs. 1 VOL/A liege i. ü. nicht vor. Eine unzulässige Wettbewerbsverengung bestehe nicht. Auch insoweit fehle eine unverzügliche Rüge. Von den maßgeblichen Umständen habe die fachkundige Antragstellerin Kenntnis gehabt. Die Vergabestelle sei frei in der Definition ihres Beschaffungsbedarfs. Eine Wettbewerbsverengung durch die Orientierung an dem RTW SH-2002 fehle schon deshalb, weil alle Auftragsbewerber auf der Grundlage dieser Vorgaben hätten anbieten können, auch die Antragstellerin. Diese habe auch nicht erläutert, warum sie durch die Vorgaben der Leistungsbeschreibung überhaupt benachteiligt worden sei. Eine fehlerhafte Gewichtung von Auftragskriterien sei - ebenfalls - nicht wirksam gerügt worden. Die Zuschlagskriterien seien im Übrigen klar. Ausschlussgründe für ihr Angebot (das der Beigeladenen) lägen nicht vor. Etwaige Angebotsmängel seien mit denjenigen des Angebots der Antragstellerin nicht gleichartig. Ihre Erklärungen zur Garantie schränkten die Gewährleistungsvorschriften nach VOL/B nicht ein, sondern erweiterten sie. Die Schwerpunktermittlung sei zeitgerecht vorgelegt worden. Ein Nachprüfungsantrag sei i. ü. auch dann zurückzuweisen, wenn das Angebot des Beschwerdeführers und alle anderen Angebote an einem Ausschlussgrund litten.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze (nebst Anlagen) sowie auf die vorgelegten Akten der Vergabekammer und der Vergabestelle verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

II.

18

1. Der Senat lässt die Frage offen, ob die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag - wie geschehen - gemäß § 112 Abs. 1 S. 2 GWB ohne mündliche Verhandlung als “offensichtlich” unbegründet zurückweisen durfte. Eine solche Verfahrensweise sollte die Ausnahme bleiben (zutr. Maier, NZBau 2004, 667/669).

19

Selbst wenn insoweit ein Verfahrensfehler anzunehmen wäre, würde dies nicht zur Aufhebung des Beschlusses vom 07. März 2005 und zur “Zurückverweisung” nach § 123 S. 2 GWB führen. Eine “Zurückverweisung” muss im vergaberechtlichen Beschwerdeverfahren auch wegen des damit verbundenen zusätzlichen Zeitbedarfs auf seltene Ausnahmefälle beschränkt bleiben (vgl. BayObLG, Beschl. v. 06.02.2004, Verg 24/03, n.v.; Petersen, BauR 2000, 1574/1578). Der Senat kann bei begründeter Beschwerde “in der Sache selbst” entscheiden (§ 123 S. 2 GWB); dies gilt erst recht, wenn die Beschwerde unbegründet ist. Die Beteiligten hatten - letztlich in der mündlichen Verhandlung - ausreichend Gelegenheit, sich mit den von der Vergabekammer angeführten Gründen auseinanderzusetzen.

20

2. Die sofortige Beschwerde nach § 116 Abs. 1 GWB bleibt ohne Erfolg.

21

a) Die Vergabekammer hat die allgemeinen Anwendungsvoraussetzungen der §§ 107 ff. GWB zutreffend bejaht (S. 13 f. des Beschlusses der Vergabekammer); darauf wird verwiesen. Insbesondere der Schwellenwert (§ 100 Abs. 1 GWB i. V. m. § 2 Nr. 2 VgV) wird überschritten. Der Umstand, dass die Beschaffung der (einzelnen) Fahrzeuge bzw. Wechselkoffer einzeln - von den Antragsgegnern zu 1) bis 15) - erfolgen wird, ist für die Schwellenwertermittlung nicht maßgebend, da nach den bindenden “Mandatierungen” der Antragsgegner und dem dazu abgeschlossenen Vertrag alle ausgeschriebenen Objekte beschafft werden (anders insoweit in dem Fall, der dem Senatsbeschluss vom 13.11.2002 - 6 Verg 5/02 - zugrunde lag). Die nach §§ 4 Abs. 2, 9 Abs. 4 GWB kooperierenden Antragsgegner beschaffen gleichsam in Teillosen, so dass für die Schwellenwertberechnung § 3 Abs. 5 VgV greift; auf die Vorschrift für Rahmenverträge (§ 3 Abs. 8 VgV) kommt es danach nicht an.

22

b) Die Vergabekammer hat auch die Voraussetzungen des § 107 Abs. 2 GWB zu Recht angenommen. Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie hat schlüssig dargelegt, dass vergaberechtliche Vorschriften im bisherigen Verfahren verletzt worden sein sollen und ihr infolge dessen ein Schaden zu entstehen droht (§ 107 Abs. 2 S. 2 GWB; vgl. BGH, Beschl. v. 18.05.2004, X ZB 7/04, BGHZ 159, 186 f.).

23

Die Antragsbefugnis ist im Hinblick auf das geltend gemachte Begehren zu prüfen. Nach dem (weit gefassten) Antrag im Nachprüfungsverfahren und seiner Begründung (S. 14 f. des Schriftsatzes vom 31.01.2005) erstrebte die Antragstellerin bereits im Verfahren der Vergabekammer als “geeignete Maßnahme” zur Beseitigung der (angenommenen) Rechtsverletzung (§ 114 Abs. 1 S. 1 GWB) eine Wiederholung der (gesamten) Ausschreibung, wie es - nunmehr - im Beschwerdeantrag zu 2) ausdrücklich heißt. Ihr Rechtsschutzziel beschränkte sich - m. a. W. - nicht auf die Wiederholung der Wertung ihres eingereichten Angebots.

24

Die geltend gemachte “Wettbewerbsverengung” in den Ausschreibungsbedingungen genügt für die Darlegung nach § 107 Abs. 2 GWB, denn ein (daraus abzuleitender) Anspruch der Antragstellerin auf Wiederholung der Ausschreibung ist nicht von vornherein auszuschließen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.03.2004, Verg 7/04, NZBau 2004, 463 f. = ZfBR 2004, 606 [Ls. 3]).

25

Eine Leistungsbeschreibung darf gem. § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOL/A bestimmte Wettbewerbsteilnehmer weder direkt noch indirekt einseitig bevorzugen, was nicht nur in technischer Hinsicht in Betracht kommt, sondern auch in dem Sinne, dass der Bezug geforderter Produkte nicht zu vergleichbaren wirtschaftlichen Bedingungen möglich ist (vgl. Zdzieblo, in: Daub/Eberstein, VOL/A, 2000, § 8 Rn. 69, 70). Eine Verletzung dieser - bieterschützenden - Vorschrift (vgl. BayObLG, Beschl. v. 15.09.2004, Verg 26/03, BayObLGR 2005, 85 f. [zu § 9 Nr. 5 Nr. 2 VOB/A]) kann zu einem Anspruch auf Wiederholung der Ausschreibung führen. Dabei kommt es weder darauf an, dass die “Wettbewerbsverengung” die Antragstellerin nicht an einer Angebotsabgabe gehindert hat (vgl. BayObLG, Beschl. v. 15.09.2004, a.a.O., Juris [Tz. 31]), noch darauf, ob die Ausschreibungsbedingungen materiell gegen den Wettbewerbsgrundsatz gem. § 97 Abs. 1, 7 GWB verstoßen; dies ist ggf. im Rahmen der Begründetheit zu prüfen. Es genügt, dass die Antragstellerin bei einer - aus ihrer Sicht - “offeneren” Gestaltung der Vergabebedingungen (etwa hinsichtlich der Maße, Trittstufen und Schnittstellen) im Fall einer Neuausschreibung eine bessere Zuschlagschance hätte. Das ist hinreichend dargelegt.

26

Ob das Vorliegen eines zwingenden Angebots-Ausschlussgrundes, wie die Vergabekammer meint, in “keinem Fall mehr zum Wegfall der Antragsbefugnis führen” kann, bedarf hier keiner Entscheidung, weil ein Anspruch auf Wiederholung der Ausschreibung wegen einer (unterstellt) fehlerhaften Leistungsbeschreibung auch unabhängig davon in Betracht zu ziehen ist. Dem - im bisherigen Verfahren wiederholt vorgetragenen - Argument der Antragstellerin, dass ihre Antragsbefugnis auch gegeben wäre, wenn sie überhaupt kein Angebot abgegeben hätte, folgt der Senat insoweit, als sie eine Nachprüfung der generellen Ausschreibungsbedingungen, der Beachtung des Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatzes (§ 97 Abs. 1, 2 GWB) und eine Aufhebung bzw. Wiederholung der Ausschreibung erstrebt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.03.2004, Verg 7/04, NZBau 2004, 463 f, [Ls. 3]). Im Rahmen der Begründetheit wird zu klären sein, ob die Antragstellerin statt der “ultima ratio” einer Aufhebung und Wiederholung der Ausschreibung eine Korrektur von Vergabebedingungen mit anschließender Neubewertung ihres Angebots beanspruchen kann.

27

Die Antragsbefugnis ist - daneben - auch im Hinblick auf die Einhaltung gleicher Grundsätze und Maßstäbe bei der Angebotsprüfung und Wertung gegeben, die durch das vergaberechtliche Gleichbehandlungsgebot (§ 97 Abs. 2 GWB) geboten ist. Die Antragstellerin hat insoweit - hinreichend deutlich - dargelegt, dass sie dieses Gebot in Bezug auf die Überprüfung von Ausschlussgründen (§ 25 Nr. 1 VOL/A) missachtet sieht.

28

c) Die Vergabekammer hat die Erfüllung der Rügeobliegenheit durch die Antragstellerin zu Recht bejaht (§ 107 Abs. 3 GWB). Der Ansicht der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, ein Bieter müsse etwaige Fehler der Verdingungsunterlagen (sogleich) nach deren Übersendung rügen, ist in dieser Allgemeinheit nicht zuzustimmen. Wenn - wie hier - nach Erhalt der Verdingungsunterlagen zunächst “Anfragen” und erst unmittelbar vor Angebotsabgabe Rügen erhoben werden, entspricht das dem gesetzlichen Ziel, auf diese Weise der Vergabestelle Gelegenheit zu Korrekturen zu geben. Die Rügeobliegenheit i. S. d. § 107 Abs. 3 GWB setzt - was die Leistungsbeschreibung anbetrifft - mit der Angebotserstellung ein (so auch OLG Naumburg, Beschl. v. 30.07.2004, 1 Verg 10/04, OLGR Naumburg 2005, 412). Diese konnte frühestens im November 2004 nach der Erteilung von (weiteren) Bieterinformationen beginnen. Die mit Schreiben vom 12.11. und (erneut) vom 28.12.2004 erhobenen Rügen der Antragstellerin sind damit nicht als verspätet anzusehen.

29

d) Die Antragstellerin kann die begehrte Beschwerdeentscheidung nicht beanspruchen.

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Entgegen ihrer Ansicht sind Mängel der Ausschreibung, die eine komplette Wiederholung des Vergabeverfahrens begründen, nicht gegeben (unten [1]). Eine (teilweise) Wiederholung des Vergabeverfahrens in dem Sinne, dass die Wertung der Angebote unter “Beachtung der Rechtsauffassung des Vergabesenats” zu wiederholen ist, kommt ebenfalls nicht in Betracht, da das Angebot der Antragstellerin aufgrund zwingender Ausschlussgründe an einer solchen Wertung nicht teilnehmen könnte (unten [2])

31

[1] Ein Anspruch auf Aufhebung und Wiederholung des gesamten Vergabeverfahrens kommt als “ultima ratio” dann in Betracht, wenn das bisherige Verfahren mit derart gravierenden Mängeln behaftet ist, dass diese im Rahmen einer chancengleichen und wettbewerbsgerechten Eignungs- und Angebotsprüfung nicht mehr heilbar sind. Dies kann etwa der Fall sein bei unklaren Leistungsbeschreibungen, Preisermittlungsgrundlagen (vgl. § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A) oder Zuschlagskriterien (§ 9a VOL/A), auf die von vornherein kein sachgerechtes Angebot abgegeben werden kann, oder wenn eine unrichtige Vergabeart gewählt worden ist (vgl. EuGH, Urt. v. 04.12.2003, C-448/01, NZBau 2004, 105 f. [Tz. 72, 95]; Jaeger, NZBau 2001, 289 f./300, zu 10.)

32

In einem solchen Fall kann nicht nur die Vergabekammer, sondern auch der Vergabesenat die ”Verpflichtung zur Aufhebung des gesamten Vergabeverfahrens” aussprechen (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 08.11.2001, 13 Verg 9/01, NZBau 2002, 400 [zu 3.] und Beschl. v. 08.04.2004, 13 Verg 6/04, WuW/E Verg 989; OLG Naumburg, Beschl. v. 16.09.2002, 1 Verg 2/02, NZBau 2003, 628 f. [Ls. 1] und Beschl. v. 26.02.2004, 1 Verg 17/03, ZfBR 2004, 509; Reidt, in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 2003, § 114 GWB Rn. 17, 19, § 123 GWB Rn. 7). Dabei ist allerdings der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz strikt zu beachten; eine Aufhebung der Ausschreibung darf nur angeordnet werden, wenn keine mildere, gleich geeignete Maßnahme zur Verfügung steht (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.04.2003, Verg 64/02, WuW/Verg 789, zu B.1; BayObLG, Beschl. v. 17.02.2005, Verg 27/04, IBR 2005, 346). Dies erfordert auch die Richtlinie des Rates vom 21.12.1989 - 89/665/EWG (Amtsbl. EG Nr. L 395 v. 30.12.1989, S. 33) -, die in Art. 2 Abs. 1 lit. b den Nachprüfungsinstanzen - ausdrücklich - die Möglichkeit gibt, vergaberechtlich fehlerhafte Teile einer Ausschreibung zu eliminieren, sofern der “Rest” noch taugliche Grundlage einer Vergabeentscheidung bleibt.

33

Auf den vorliegenden Fall angewandt, wäre daraus für einen Erfolg der Beschwerde nur dann etwas zu gewinnen, wenn die gegen die Ausschreibung erhobenen Einwände der Antragstellerin - ihre Richtigkeit unterstellt - eine rechtmäßige Vergabeentscheidung der Antragsgegnerin ausschlössen. Das ist indes - auch im Hinblick auf die ausführliche Erörterung dieser Frage in der mündlichen Verhandlung - nicht festzustellen.

34

Soweit die Antragstellerin die Anforderungen an die Erbringung von Nachweisen (etwa zur Schwerpunktermittlung) oder die Gewichtung von Wertungskriterien (z. B. zum “Preis”) beanstandet, wären insoweit Vorgaben für eine rechtmäßige Angebotsprüfung und -wertung gem. § 23, 25 VOL/A ohne Weiteres möglich; eine (komplette) Aufhebung der Ausschreibung kann auf solche Gründe nicht gestützt werden.

35

Soweit im Hinblick auf “enge” Maßtoleranzen und Vorgaben zum Wechselkoffer, zu Trittstufen, zur Schnittstelle (Koffer/Fahrzeug), zur Verriegelung, Lackierung, Beschriftung und Ausstattung sowie zum Ersatzfahrzeug eine “Wettbewerbsverengung” gerügt wird, könnte diese allenfalls dann zu einem Aufhebungsanspruch führen, wenn die Punkte derart gravierend wären, dass eine wettbewerbliche Auftragsvergabe nicht mehr zu erwarten ist, weil nur ein oder ganz wenige Lieferanten in der Lage sind, die “verengten” Anforderungen zu einem konkurrenzfähigen Preis zu erfüllen (vgl. Zdzieblo, a.a.O., Rn. 70; vgl. auch BayObLG, Beschl. v. 15.09.2004, a.a.O.; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 06.10.2004, VII-Verg 56/04, VergabeR 2005, 188.).

36

Die ausführliche Erörterung dieser Frage in der mündlichen Verhandlung hat keinen überzeugenden Anhaltspunkt in dieser Richtung erbracht. Dabei mag offen bleiben, inwieweit die von der Vergabestelle gegebenen Bieterinformationen zu Maßtoleranzen erst eine - ursprünglich nicht vorhandene - “Verengung” der geforderten Leistung bewirkt haben.

37

In technischer Hinsicht hat sich kein Anhaltspunkt dafür ergeben, dass die geforderten Maße und sonstigen Produkteigenschaften nur von einem (oder wenigen) Anbieter(n) geliefert werden können; im Gegenteil: Die Wechselkoffer und ihre Inneneinrichtung sind - auch von Seiten der Antragstellerin - “in allen verschiedenen Abmessungen und Ausführungen” lieferbar (Schreiben der Antragstellerin vom 12.11.2004, S. 3); sie können “millimetergenau” produziert werden. Die Beigeladene hat dies in der mündlichen Verhandlung ohne substantiellen Widerspruch der Antragstellerin nachvollziehbar erläutert. Auch zu der sog. “Schnittstelle” zwischen Wechselkoffer und Fahrzeug und zum Ersatzfahrzeug haben sich keine Ansatzpunkte für eine Gestaltung - einen Mangel - der Ausschreibung ergeben, die die Annahme einer einseitigen oder exklusiven Bevorzugung bestimmter Wettbewerbsteilnehmer tragen könnten.

38

Die von der Antragstellerin angesprochene Frage, bis zu welcher Grenze im Rahmen eines Beschaffungsvorhabens für Rettungsdienstfahrzeuge “wettbewerbsverengende” Vorgaben zulässig seien, ist einer allgemeingültigen Beantwortung nicht zugänglich. Ausgehend davon, dass - letztlich - jede Leistungsbeschreibung eine Auswahl unter vielen möglichen Produkt- oder Leistungsmerkmalen trifft und treffen muss (§ 8 Nr. 1 Abs. 1, 3, Nr. 2 VOL/A), ist es Sache der Vergabestelle, nach einer Marktanalyse ihren Beschaffungsbedarf zu definieren. Je “weiter” die Leistungsanforderungen bestimmt werden, umso mehr Raum besteht für den Wettbewerb um ein bedarfsgerechtes und wirtschaftliches Angebot. Für technische Merkmale kann aber auch eine “Verengung” gerechtfertigt sein, wie § 8 Nr. 3 Abs. 4 (letzter Hs.) VOL/A zeigt. Die Antragsgegnerin hat - daran anknüpfend - die Maß- und Schnittstellenvorgaben erklärt. Ein rechtlicher Ansatzpunkt dafür, dass die Vergabestelle insoweit ihren Spielraum bei der Definition des Beschaffungsbedarfs fehlerhaft ausgeübt haben könnte, ist nicht ersichtlich.

39

Der Hinweis der Antragstellerin, die “verengenden” Vorgaben seien - ökonomisch - eine Frage fairer Preisgrundlagen, deutet darauf hin, dass sie die - aus ihrer Sicht gegebene einseitige Wirkung der Ausschreibung mehr in dieser Richtung sieht. Substantiierte Angaben über die Effekte der “verengten” Anforderungen auf die Möglichkeit, konkurrenzfähige Preise zu offerieren, fehlen jedoch. Der allgemeine Hinweis darauf, dass die Antragsgegner (haushaltsrechtlich) zu einer sparsamen Beschaffung verpflichtet sind, hilft im vorliegenden Zusammenhang nicht weiter.

40

Eine Aufhebung und Wiederholung des gesamten Vergabeverfahrens kann die Antragstellerin nach alledem nicht beanspruchen.

41

[2] Es kann dahinstehen, ob die Antragstellerin - bei Aufrechterhaltung des Vergabeverfahrens - (als “Minus” zu einem Anspruch auf Aufhebung und Wiederholung der Ausschreibung) die Eliminierung bestimmter Vergabebedingungen (zu den Abmessungen des Kofferaufbaus etc.) beanspruchen kann, so dass anschließend eine Wiederholung der Angebotsprüfung und -wertung vorzunehmen wäre, denn das Angebot der Antragstellerin könnte daran keinesfalls teilnehmen. Eine Entscheidung über die Streichung oder Modifikation der Vergabebedingungen kann nur ein Bieter beanspruchen, dessen Angebot - danach - zulässiger Gegenstand einer neuen Prüfung und Bewertung sein könnte. Gerade dies ist vorliegend nicht der Fall.

42

Das Angebot der Antragstellerin ist gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d i. V. m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A von der Wertung auszuschließen. Die diesbezüglich getroffene Entscheidung der Vergabestelle ist im Nachprüfungsverfahren zu überprüfen (EuGH, Urt. v. 19.06.2003, C-249/01, ZfBR 2003, 793, Tz. 24 f.). Danach ist der Ausschluss zu Recht erfolgt.

43

Die Vergabekammer hat mit detaillierter und überzeugender Begründung entschieden, dass die Antragstellerin von den Vorgaben der Ausschreibung abgewichen ist, weil sie eine andere Gewährleistungsbedingung angeboten hat, als gefordert war (S. 16-20 d. Beschl.-Abdr.). Der Senat nimmt darauf Bezug.

44

Im Beschwerdeverfahren wird dazu nichts Neues vorgetragen. Die Antragstellerin meint nur, es sei “irreführend”, dass zur Garantieerklärung eine zusätzliche Erklärung verlangt werde, wenn für die Bestätigung der Geltung der VOB/B allein die Unterschrift unter dem Angebot ausgereicht habe. Diesem Argument ist nicht zu folgen. Nach den “Besonderen Vertragsbedingungen” - Anlage II (S. 37 der Ausschreibungsunterlagen) - war eine verbindliche Erklärung der Bieter “hinsichtlich Garantieleistungen und -zeiträumen” klar gefordert; diese Erklärung geht über die Gewährleistung, die in §§ 13, 14 VOL/B angesprochen ist, hinaus.

45

Die von der Antragstellerin abgegebene Erklärung zur Gewährleistung und Garantie vom 19.01.2005 weicht von den Anforderungen der Ausschreibung ab. Das Angebot der Antragstellerin ist deshalb - ohne Ermessensspielraum - aus der Wertung auszuschließen (§§ 21 Nr. 1 Abs. 3, 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A). Dabei ist unerheblich, in welchem Stadium der Angebotswertung der zwingende Ausschlussgrund “auffällt; er kann und muss jederzeit berücksichtigt werden (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04.12.2002, Verg 45/01, IBR 2003, 153 Ls.)

46

Soweit die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren (nach Akteneinsicht) geltend macht, dass vorliegend sämtliche Angebote, auch das der Beigeladenen, Mängel enthielten, die zum Angebotsausschluss führen müssten (vgl. § 26 Nr. 1 a VOL/A), vermag dies ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

47

Nach dem Vergabevermerk vom 25.01.2005 hat die Antragsgegnerin in der Tat sämtliche Angebote - bis auf das der Beigeladenen - ausgeschlossen. Wäre auch das Angebot der Beigeladenen auszuschließen, läge objektiv ein Fall des § 26 Nr. 1 a VOLA vor. Die Frage bleibt, ob eine derartige objektive Rechtslage auch zu einem subjektiven Anspruch der Antragstellerin gem. § 97 Abs. 7 GWB führt. Dies ist zu verneinen.

48

Da - wie ausgeführt (s. o.) - das Angebot der Antragstellerin auszuschließen ist, kann sie keinesfalls den Zuschlag auf ihr Angebot beanspruchen. Daraus folgt, dass sie durch einen (objektiv) rechtswidrigen Zuschlag auf das Angebot eines anderen Bieters in eigenen Rechten nicht verletzt sein kann. Dies entspricht der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 18.02.2003, X ZB 43/02, NZBau 2003, 293 f.) und anderer Vergabesenate (OLG Jena, Beschl. v. 17.03.2003, 6 Verg 2/03, Juris und vom 29.04.2003, 6 Verg 2/03, VergabeR 2003, 472; OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.02.2003, Verg W 2/03, VergabeR 2003, 469; OLG Dresden, Beschl. v. 06.04.2004, WVerg 1/04, ZfBR 2004, 615; OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 05.03.2002, 11 Verg 2/01, VergabeR 2002, 394).

49

Auch aus dem Gleichbehandlungsgebot (§ 97 Abs. 2 GWB) lässt sich kein Ansatzpunkt zu Gunsten der Antragstellerin gewinnen. Zwar kann die Antragstellerin danach - wie jeder Bieter - beanspruchen, dass alle Angebote nach gleichen Grundsätzen und Maßstäben auf (zwingende) Ausschlussgründe überprüft werden. Die Vergabestelle ist insoweit jedenfalls innerhalb desselben Vergabeverfahrens zu systemgerechtem Vorgehen verpflichtet (vgl. [zum Baurecht] BVerwG, Beschl. v. 06.07.1989, 4 B 130.89; a. A. wohl OLG Koblenz, Beschl. v. 09.06.2004, 1 Verg 4/04, ZfBR 2005, 208: “keine Gleichbehandlung im Unrecht”). Läge - mit anderen Worten - zum Angebot der Beigeladenen ein vergleichbarer Ausschlussgrund vor, wie es hinsichtlich des Angebots der Antragstellerin der Fall ist, wäre das Gleichbehandlungsgebot gem. § 97 Abs. 2 GWB tangiert (ebenso OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.06.2004, VII-Verg 22/04 (Juris) sowie Beschl. v. 15.12.2004, VII-Verg 47/04, VergabeR 2005, 195; BayObLG, Beschluss vom 17.2.2005, S. 14, Verg 027/04; offen gelassen von OLG Dresden, Beschl. v. 21.03.2004, WVerg 2/04, ZfBR 2004, 606).

50

Eine gleichheitswidrige Angebotsprüfung (auf Ausschlussgründe) im vorgenannten Sinne liegt nicht vor.

51

Konkrete Ansatzpunkte dafür, dass die Vergabestelle eine ordnungsgemäße Prüfung unterlassen habe, werden nicht einmal behauptet; sie sind angesichts der in den Vergabeakten dokumentierten ausführlichen Angebotsprüfung (am 25.01.2005) auch nicht ersichtlich. Die Beigeladene weist - zudem - zutreffend darauf hin, dass sie nur Erklärungen zur Garantie, nicht aber - wie die Antragstellerin - zur Einschränkung der Gewährleistung abgegeben hat. Damit liegt gegen das Angebot der Beigeladenen zu diesem Punkt kein Ausschlussgrund vor. Die Antragsgegnerin hat darüber hinaus auch überprüft, ob andere Ausschlussgründe vorliegen (zu Typen- und Anbieterangaben, zur Schwerpunktermittlung), ohne “fündig” zu werden. Es kann keine Rede davon sein, dass die Vergabestelle insoweit gleichsam “die Augen zu” gemacht hätte. Selbst wenn hinsichtlich technischer Fragen etwas übersehen worden wäre - wofür keinerlei Ansatzpunkt vorliegt - beträfe ein daraus abzuleitender Ausschlussgrund keinen - zum Angebot der Antragstellerin - vergleichbaren Punkt. Ein Gleichbehandlungsverstoß i. S. d. § 97 Abs. 2 GWB ist nach alledem nicht festzustellen (vgl. zu einem ähnlichen Fall OLG Düsseldorf. Beschluss vom 23.04.2005, VII-Verg 2/05, S. 11 des Abdr.).

52

3. Die sofortige Beschwerde ist nach alledem zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 97 Abs. 1 ZPO und - hinsichtlich der Beigeladenen - aus § 162 Abs. 3 VwGO (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 15.01.2004, 2 Verg 6/03, VergabeR 2004, 265); insoweit entspricht es der Billigkeit, deren Kosten dem unterliegenden Beteiligten aufzuerlegen, nachdem sie durch die Stellung von Anträgen am Kostenrisiko des Verfahrens teilgenommen hat. Eine Entscheidung über die (Notwendigkeit der) Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin ist im Hinblick auf die zu ihren Lasten ergehende Kostengrundentscheidung nicht angezeigt.

53

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.


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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen 1. zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,2. für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem u

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(1) Sektorenauftraggeber sind 1. öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben,2. natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, wenn a) d

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(1) Bei der Schätzung des Auftragswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Zudem sind etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Sieht der öffentliche Auftraggeber Prämie

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 116 Besondere Ausnahmen


(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber, wenn diese Aufträge Folgendes zum Gegenstand haben: 1. Rechtsdienstleistungen, die eine der folgenden Tätigkeiten betreffen: a) Vertretung

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Für die Vergabe von Bauaufträgen sind Abschnitt 1 und Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 anzuwenden. Im Übrigen ist Teil A Abschnitt 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz AT 19.02.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 112 Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen, die verschiedene Tätigkeiten umfassen


(1) Umfasst ein öffentlicher Auftrag mehrere Tätigkeiten, von denen eine Tätigkeit eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 darstellt, dürfen getrennte Aufträge für die Zwecke jeder einzelnen Tätigkeit oder darf ein Gesamtauftrag vergeben werden.

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Tenor Der Antrag des Antragsgegners und Beschwerdeführers, den weiteren Fortgang des Vergabeverfahrens und die Erteilung des Zuschlages zu gestatten, wird zurückgewiesen. Gründe I. 1 Der Landkreis … veröffentlichte im Amtsblatt der Europäisch

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(1) Umfasst ein öffentlicher Auftrag mehrere Tätigkeiten, von denen eine Tätigkeit eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 darstellt, dürfen getrennte Aufträge für die Zwecke jeder einzelnen Tätigkeit oder darf ein Gesamtauftrag vergeben werden.

(2) Werden getrennte Aufträge vergeben, so wird jeder einzelne Auftrag nach den Vorschriften vergeben, die auf seine Merkmale anzuwenden sind.

(3) Wird ein Gesamtauftrag vergeben, unterliegt dieser Auftrag den Bestimmungen, die für die Tätigkeit gelten, für die der Auftrag hauptsächlich bestimmt ist. Ist der Auftrag sowohl für eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 als auch für eine Tätigkeit bestimmt, die Verteidigungs- oder Sicherheitsaspekte umfasst, ist § 111 Absatz 3 Nummer 1 und 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Entscheidung, einen Gesamtauftrag oder getrennte Aufträge zu vergeben, darf nicht zu dem Zweck getroffen werden, die Auftragsvergabe von den Vorschriften dieses Teils auszunehmen.

(5) Ist es objektiv unmöglich, festzustellen, für welche Tätigkeit der Auftrag hauptsächlich bestimmt ist, unterliegt die Vergabe

1.
den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber, wenn eine der Tätigkeiten, für die der Auftrag bestimmt ist, unter diese Vorschriften fällt,
2.
den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber, wenn der Auftrag sowohl für eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 als auch für eine Tätigkeit bestimmt ist, die in den Anwendungsbereich der Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen fallen würde,
3.
den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber, wenn der Auftrag sowohl für eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 als auch für eine Tätigkeit bestimmt ist, die weder in den Anwendungsbereich der Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen noch in den Anwendungsbereich der Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge durch öffentliche Auftraggeber fallen würde.

(6) Umfasst eine Konzession mehrere Tätigkeiten, von denen eine Tätigkeit eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 darstellt, sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. Ist es objektiv unmöglich, festzustellen, für welche Tätigkeit die Konzession hauptsächlich bestimmt ist, unterliegt die Vergabe

1.
den Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen durch Konzessionsgeber im Sinne des § 101 Absatz 1 Nummer 1, wenn eine der Tätigkeiten, für die die Konzession bestimmt ist, diesen Bestimmungen und die andere Tätigkeit den Bestimmungen für die Vergabe von Konzessionen durch Konzessionsgeber im Sinne des § 101 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 unterliegt,
2.
den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber, wenn eine der Tätigkeiten, für die die Konzession bestimmt ist, unter diese Vorschriften fällt,
3.
den Vorschriften zur Vergabe von Konzessionen, wenn eine der Tätigkeiten, für die die Konzession bestimmt ist, diesen Vorschriften und die andere Tätigkeit weder den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Sektorenauftraggeber noch den Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge durch öffentliche Auftraggeber unterliegt.

(1) Öffentliche Auftraggeber schließen ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme aus, wenn sie Kenntnis davon haben, dass eine Person, deren Verhalten nach Absatz 3 dem Unternehmen zuzurechnen ist, rechtskräftig verurteilt oder gegen das Unternehmen eine Geldbuße nach § 30 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten rechtskräftig festgesetzt worden ist wegen einer Straftat nach:

1.
§ 129 des Strafgesetzbuchs (Bildung krimineller Vereinigungen), § 129a des Strafgesetzbuchs (Bildung terroristischer Vereinigungen) oder § 129b des Strafgesetzbuchs (Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland),
2.
§ 89c des Strafgesetzbuchs (Terrorismusfinanzierung) oder wegen der Teilnahme an einer solchen Tat oder wegen der Bereitstellung oder Sammlung finanzieller Mittel in Kenntnis dessen, dass diese finanziellen Mittel ganz oder teilweise dazu verwendet werden oder verwendet werden sollen, eine Tat nach § 89a Absatz 2 Nummer 2 des Strafgesetzbuchs zu begehen,
3.
§ 261 des Strafgesetzbuchs (Geldwäsche),
4.
§ 263 des Strafgesetzbuchs (Betrug), soweit sich die Straftat gegen den Haushalt der Europäischen Union oder gegen Haushalte richtet, die von der Europäischen Union oder in ihrem Auftrag verwaltet werden,
5.
§ 264 des Strafgesetzbuchs (Subventionsbetrug), soweit sich die Straftat gegen den Haushalt der Europäischen Union oder gegen Haushalte richtet, die von der Europäischen Union oder in ihrem Auftrag verwaltet werden,
6.
§ 299 des Strafgesetzbuchs (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr), §§ 299a und 299b des Strafgesetzbuchs (Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen),
7.
§ 108e des Strafgesetzbuchs (Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern),
8.
den §§ 333 und 334 des Strafgesetzbuchs (Vorteilsgewährung und Bestechung), jeweils auch in Verbindung mit § 335a des Strafgesetzbuchs (Ausländische und internationale Bedienstete),
9.
Artikel 2 § 2 des Gesetzes zur Bekämpfung internationaler Bestechung (Bestechung ausländischer Abgeordneter im Zusammenhang mit internationalem Geschäftsverkehr) oder
10.
den §§ 232, 232a Absatz 1 bis 5, den §§ 232b bis 233a des Strafgesetzbuches (Menschenhandel, Zwangsprostitution, Zwangsarbeit, Ausbeutung der Arbeitskraft, Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung).

(2) Einer Verurteilung oder der Festsetzung einer Geldbuße im Sinne des Absatzes 1 stehen eine Verurteilung oder die Festsetzung einer Geldbuße nach den vergleichbaren Vorschriften anderer Staaten gleich.

(3) Das Verhalten einer rechtskräftig verurteilten Person ist einem Unternehmen zuzurechnen, wenn diese Person als für die Leitung des Unternehmens Verantwortlicher gehandelt hat; dazu gehört auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung.

(4) Öffentliche Auftraggeber schließen ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren aus, wenn

1.
das Unternehmen seinen Verpflichtungen zur Zahlung von Steuern, Abgaben oder Beiträgen zur Sozialversicherung nicht nachgekommen ist und dies durch eine rechtskräftige Gerichts- oder bestandskräftige Verwaltungsentscheidung festgestellt wurde oder
2.
die öffentlichen Auftraggeber auf sonstige geeignete Weise die Verletzung einer Verpflichtung nach Nummer 1 nachweisen können.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn das Unternehmen seinen Verpflichtungen dadurch nachgekommen ist, dass es die Zahlung vorgenommen oder sich zur Zahlung der Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich Zinsen, Säumnis- und Strafzuschlägen verpflichtet hat.

(5) Von einem Ausschluss nach Absatz 1 kann abgesehen werden, wenn dies aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses geboten ist. Von einem Ausschluss nach Absatz 4 Satz 1 kann abgesehen werden, wenn dies aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses geboten ist oder ein Ausschluss offensichtlich unverhältnismäßig wäre. § 125 bleibt unberührt.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber, wenn diese Aufträge Folgendes zum Gegenstand haben:

1.
Rechtsdienstleistungen, die eine der folgenden Tätigkeiten betreffen:
a)
Vertretung eines Mandanten durch einen Rechtsanwalt in
aa)
Gerichts- oder Verwaltungsverfahren vor nationalen oder internationalen Gerichten, Behörden oder Einrichtungen,
bb)
nationalen oder internationalen Schiedsgerichts- oder Schlichtungsverfahren,
b)
Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt, sofern diese zur Vorbereitung eines Verfahrens im Sinne von Buchstabe a dient oder wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen und eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Angelegenheit, auf die sich die Rechtsberatung bezieht, Gegenstand eines solchen Verfahrens werden wird,
c)
Beglaubigungen und Beurkundungen, sofern sie von Notaren vorzunehmen sind,
d)
Tätigkeiten von gerichtlich bestellten Betreuern, Vormündern, Pflegern, Verfahrensbeiständen, Sachverständigen oder Verwaltern oder sonstige Rechtsdienstleistungen, deren Erbringer durch ein Gericht dafür bestellt oder durch Gesetz dazu bestimmt werden, um bestimmte Aufgaben unter der Aufsicht dieser Gerichte wahrzunehmen, oder
e)
Tätigkeiten, die zumindest teilweise mit der Ausübung von hoheitlichen Befugnissen verbunden sind,
2.
Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, es sei denn, es handelt sich um Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 73000000-2 bis 73120000-9, 73300000-5, 73420000-2 und 73430000-5 fallen und bei denen
a)
die Ergebnisse ausschließlich Eigentum des Auftraggebers für seinen Gebrauch bei der Ausübung seiner eigenen Tätigkeit werden und
b)
die Dienstleistung vollständig durch den Auftraggeber vergütet wird,
3.
den Erwerb, die Entwicklung, die Produktion oder die Koproduktion von Sendematerial für audiovisuelle Mediendienste oder Hörfunkmediendienste, wenn diese Aufträge von Anbietern von audiovisuellen Mediendiensten oder Hörfunkmediendiensten vergeben werden, die Ausstrahlungszeit oder die Bereitstellung von Sendungen, wenn diese Aufträge an Anbieter von audiovisuellen Mediendiensten oder Hörfunkmediendiensten vergeben werden,
4.
finanzielle Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Ausgabe, dem Verkauf, dem Ankauf oder der Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten, Dienstleistungen der Zentralbanken sowie mit der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität und dem Europäischen Stabilitätsmechanismus durchgeführte Transaktionen,
5.
Kredite und Darlehen, auch im Zusammenhang mit der Ausgabe, dem Verkauf, dem Ankauf oder der Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten oder
6.
Dienstleistungen, die an einen öffentlichen Auftraggeber nach § 99 Nummer 1 bis 3 vergeben werden, der ein auf Gesetz oder Verordnung beruhendes ausschließliches Recht hat, die Leistungen zu erbringen.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Wettbewerbe anzuwenden, die hauptsächlich den Zweck haben, dem öffentlichen Auftraggeber die Bereitstellung oder den Betrieb öffentlicher Kommunikationsnetze oder die Bereitstellung eines oder mehrerer elektronischer Kommunikationsdienste für die Öffentlichkeit zu ermöglichen.

(1) Sektorenauftraggeber sind

1.
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben,
2.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, wenn
a)
diese Tätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt wird, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, oder
b)
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3 auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können.

(2) Besondere oder ausschließliche Rechte im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a sind Rechte, die dazu führen, dass die Ausübung dieser Tätigkeit einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Keine besonderen oder ausschließlichen Rechte in diesem Sinne sind Rechte, die aufgrund eines Verfahrens nach den Vorschriften dieses Teils oder aufgrund eines sonstigen Verfahrens gewährt wurden, das angemessen bekannt gemacht wurde und auf objektiven Kriterien beruht.

(3) Die Ausübung eines beherrschenden Einflusses im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b wird vermutet, wenn ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3

1.
unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt,
2.
über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder
3.
mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.

Für die Vergabe von Bauaufträgen sind Abschnitt 1 und Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 anzuwenden. Im Übrigen ist Teil A Abschnitt 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz AT 19.02.2019 B2) anzuwenden.

(1) Bei der Schätzung des Auftragswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Zudem sind etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Sieht der öffentliche Auftraggeber Prämien oder Zahlungen an den Bewerber oder Bieter vor, sind auch diese zu berücksichtigen.

(2) Die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts darf nicht in der Absicht erfolgen, die Anwendung der Bestimmungen des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung zu umgehen. Eine Auftragsvergabe darf nicht so unterteilt werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung fällt, es sei denn, es liegen objektive Gründe dafür vor, etwa wenn eine eigenständige Organisationseinheit selbstständig für ihre Auftragsvergabe oder bestimmte Kategorien der Auftragsvergabe zuständig ist.

(3) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswerts ist der Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesendet wird oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird.

(4) Der Wert einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wird auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwertes aller Einzelaufträge berechnet, die während der gesamten Laufzeit einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems geplant sind.

(5) Der zu berücksichtigende Wert im Falle einer Innovationspartnerschaft entspricht dem geschätzten Gesamtwert der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, die während sämtlicher Phasen der geplanten Partnerschaft stattfinden sollen, sowie der Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen, die zu entwickeln und am Ende der geplanten Partnerschaft zu beschaffen sind.

(6) Bei der Schätzung des Auftragswerts von Bauleistungen ist neben dem Auftragswert der Bauaufträge der geschätzte Gesamtwert aller Liefer- und Dienstleistungen zu berücksichtigen, die für die Ausführung der Bauleistungen erforderlich sind und vom öffentlichen Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. Die Möglichkeit des öffentlichen Auftraggebers, Aufträge für die Planung und die Ausführung von Bauleistungen entweder getrennt oder gemeinsam zu vergeben, bleibt unberührt.

(7) Kann das beabsichtigte Bauvorhaben oder die vorgesehene Erbringung einer Dienstleistung zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen. Erreicht oder überschreitet der geschätzte Gesamtwert den maßgeblichen Schwellenwert, gilt diese Verordnung für die Vergabe jedes Loses.

(8) Kann ein Vorhaben zum Zweck des Erwerbs gleichartiger Lieferungen zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen.

(9) Der öffentliche Auftraggeber kann bei der Vergabe einzelner Lose von Absatz 7 Satz 3 sowie Absatz 8 abweichen, wenn der geschätzte Nettowert des betreffenden Loses bei Liefer- und Dienstleistungen unter 80 000 Euro und bei Bauleistungen unter 1 Million Euro liegt und die Summe der Nettowerte dieser Lose 20 Prozent des Gesamtwertes aller Lose nicht übersteigt.

(10) Bei regelmäßig wiederkehrenden Aufträgen oder Daueraufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen sowie bei Liefer- oder Dienstleistungsaufträgen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums verlängert werden sollen, ist der Auftragswert zu schätzen

1.
auf der Grundlage des tatsächlichen Gesamtwerts entsprechender aufeinanderfolgender Aufträge aus dem vorangegangenen Haushaltsjahr oder Geschäftsjahr; dabei sind voraussichtliche Änderungen bei Mengen oder Kosten möglichst zu berücksichtigen, die während der zwölf Monate zu erwarten sind, die auf den ursprünglichen Auftrag folgen, oder
2.
auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwerts aufeinanderfolgender Aufträge, die während der auf die erste Lieferung folgenden zwölf Monate oder während des auf die erste Lieferung folgenden Haushaltsjahres oder Geschäftsjahres, wenn dieses länger als zwölf Monate ist, vergeben werden.

(11) Bei Aufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen, für die kein Gesamtpreis angegeben wird, ist Berechnungsgrundlage für den geschätzten Auftragswert

1.
bei zeitlich begrenzten Aufträgen mit einer Laufzeit von bis zu 48 Monaten der Gesamtwert für die Laufzeit dieser Aufträge, und
2.
bei Aufträgen mit unbestimmter Laufzeit oder mit einer Laufzeit von mehr als 48 Monaten der 48-fache Monatswert.

(12) Bei einem Planungswettbewerb nach § 69, der zu einem Dienstleistungsauftrag führen soll, ist der Wert des Dienstleistungsauftrags zu schätzen zuzüglich etwaiger Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer. Bei allen übrigen Planungswettbewerben entspricht der Auftragswert der Summe der Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer einschließlich des Werts des Dienstleistungsauftrags, der vergeben werden könnte, soweit der öffentliche Auftraggeber diese Vergabe in der Wettbewerbsbekanntmachung des Planungswettbewerbs nicht ausschließt.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 7/04
vom
18. Mai 2004
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
GWB § 117 Abs. 2; VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b, § 21 Nr. 1 Abs. 1

a) Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist erforderlich, aber auch ausreichend
, daß der den Nachprüfungsantrag stellende Bieter schlüssig behauptet
, welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens
verletzt worden sein sollen und er ohne die Rechtsverletzung eine
Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte, so daß der behauptete eingetretene
oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften
zurückzuführen ist.

b) Ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen
geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise
anderer Leistungspositionen verteilt, benennt nicht die von ihm geforderten
Preise im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A. Deshalb sind Angebote
, bei denen der Bieter die Einheitspreise einzelner Leistungspositionen in
"Mischkalkulationen" auf andere Leistungspositionen umlegt, grundsätzlich
von der Wertung auszuschließen (§ 25 Nr. 1, Abs. 1 Buchst. b VOB/A).
BGH, Beschl. v. 18. Mai 2004 - X ZB 7/04 - Kammergericht
Vergabekammer des Landes Berlin
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis, die Richter Prof. Dr. Jestaedt und Keukenschrijver, die
Richterin Ambrosius und den Richter Asendorf am 18. Mai 2004

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß der 1. Beschlußabteilung der Vergabekammer des Landes Berlin vom 3. November 2003 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten, die der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren entstanden sind.
Der Beschwerdewert wird auf 193.965,95 € festgesetzt.

Gründe:


I. Das Land Berlin hat im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung die Lose 4 A und 4 B für den Bau des Autobahnzubringers Dresden BAB A 113 (neu) im offenen Verfahren ausgeschrieben. Das Los 4 A betrifft die Herstellung von Stützwänden im Zuge des Einschnittes zwischen den Tunneln Altglienicke und Rudower Höhe (TRH 60), das Los 4 B betrifft die Herstellung einer Fuß- und Radwegbrücke im Zuge des Gerosteiges (TRH 20). Für die Ausschreibung wur-
de eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis zum Angebot nach Einheitspreisen erstellt. Maßgebende Kriterien für die Angebotswertung sind nach Nr. 8 der Aufforderung zur Angebotsabgabe Preis, Betriebs- und Folgekosten , technischer Wert und Gestaltung. In Teil C der Bewerbungsbedingungen ist unter Nummer 3 bestimmt, daß zur Prüfung der Angemessenheit des Angebotes dem Auftraggeber die Kalkulation des Auftragnehmers unter Einschluß der Kalkulation der Nachunternehmer vor Zuschlagserteilung zur Einsichtnahme vorzulegen ist. Die Antragstellerin hat sich an der Ausschreibung beteiligt. Nach dem Protokoll des Eröffnungstermins vom 11. Februar 2003 war ihr über einen Gesamtpreis von 3.879.318,98 € lautendes Angebot das preisgünstigste.
In ihrem Angebot hat die Antragstellerin zahlreiche Positionen des Leistungsverzeichnisses zu Einheitspreisen von 0,01 € angeboten. Daraufhin hat die Vergabestelle die Antragstellerin unter anderem aufgefordert, Aufklärung ihres Angebots zu den mit einem Einheitspreis von 0,01 € ausgepreisten Leistungen zu geben und zu erklären, mit welchen anderen Positionen des Angebots die Kosten dieser Positionen abgegolten werden sollen. Mit Schreiben vom 24. Februar 2003 erläuterte die Antragstellerin ihr Angebot dahin, daß es auf der Basis eines Mischkalkulationsverfahrens erstellt worden sei, verwies auf das Formblatt IFB-Preis 1 B, das dem Angebot beilag, versicherte, daß das Angebot auskömmlich sei und benannte verschiedene andere Positionen, in denen die Preise für die mit 0,01 € ausgepreisten Leistungen berücksichtigt seien. Nachdem zwei Aufklärungsgespräche stattgefunden hatten, gab die Antragstellerin die aus dem Schreiben vom 20. März 2003 ersichtlichen weiteren Erklärungen ab. Nach Prüfung der Angebote wurde der Antragstellerin mitgeteilt, es sei beabsichtigt, den Zuschlag einem anderen Bieter zu erteilen, ihr Angebot werde nicht berücksichtigt, weil es nicht das wirtschaftlichste Angebot sei, der Nachunternehmeranteil 41,3 % betrage, Widersprüche in der Aufklärung zur Preisermittlung festgestellt worden seien und ihre Erklärungen nicht erkennen
ließen, mit welchen Positionen die abgewerteten Positionen abgegolten würden ; die Angemessenheit des Angebots habe anhand der eingereichten Preisermittlungsgrundlagen nicht aufgeklärt werden können; das Angebot werde nach § 24 Nr. 2 VOB/A nicht berücksichtigt.
Die Antragstellerin hat gegen die Entscheidung der Vergabestelle das Nachprüfungsverfahren eingeleitet und geltend gemacht, die Nichtberücksichtigung ihres Angebots sei rechtswidrig, der Zuschlag müsse auf ihr Angebot erteilt werden, so daß ihr ein Schaden drohe. Sie hat dazu im wesentlichen vorgetragen , die Preisstellung in ihrem Angebot sei nicht zu beanstanden. Sie habe ein zulässiges Mischkalkulationsverfahren angewendet, nicht dagegen Preise ohne technischen Zusammenhang auf- und abgewertet, um auf Mengenänderungen zu ihren Gunsten zu spekulieren. Selbst ein Spekulationsangebot habe nicht von vornherein ausgeschlossen werden dürfen. Auch im übrigen lägen keine Gründe vor, ihr Angebot bei der Vergabe nicht zu berücksichtigen.
Das Land Berlin hat im wesentlichen geltend gemacht, der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Das Angebot der Antragstellerin habe wegen fehlender Preisangaben und weil die in verschiedenen Positionen angebotenen Gegenstände statt mit der geforderten Typenangabe mit dem Zusatz "o. glw." versehen seien, nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A ausgeschlossen werden müssen. Die Preise von 0,01 € für die betreffenden Arbeiten des Leistungsverzeichnisses seien nicht an den Kosten der Einzelleistung orientiert. Im übrigen sei die Antragstellerin zu Recht wegen fehlender Eignung ausgeschlossen worden, weil sie ein Spekulationsangebot abgegeben habe, bei dem nach dem Mischkalkulationsverfahren ohne technischen Zusammenhang Positionen aufgewertet würden , bei denen die Antragstellerin Einfluß auf die Mengen habe, um so eine für sie günstige Abrechnung von nachträglichen Mehrleistungen bewirken zu kön-
nen. Weiter habe sie Positionen aufgewertet, die zu Beginn der Baumaßnahmen ausgeführt und abgerechnet würden, um auf diese Weise eine unzulässige Kreditierung zu erlangen. Das Angebot der Antragstellerin sei schließlich auch aus weiteren Gründen zu Recht ausgeschlossen worden.
Die Beigeladene hat das Vorbringen des Landes Berlin ergänzt.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag für unzulässig gehalten , weil das Angebot wegen fehlender oder unvollständiger Preisangaben auszuschließen sei und der Antragstellerin deshalb kein Schaden entstehen könne; der Antrag sei jedenfalls unbegründet, weil die Antragstellerin wegen der spekulativen Auf- und Abpreisungen einzelner Positionen in ihrem Angebot als ungeeignet auszuschließen sei.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Sachvortrag ergänzt und vertieft und - soweit im Verfahren vor dem erkennenden Senat noch zu bescheiden - beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Zuschlag auf kein anderes Angebot als dasjenige der Antragstellerin zu erteilen, hilfsweise, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Angebote unter Einbeziehung des Angebots der Antragstellerin und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu werten.
Das Land Berlin vertieft und ergänzt sein erstinstanzliches Vorbringen und beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Mit Beschluß vom 26. Februar 2004 hat das Kammergericht das Nachprüfungsverfahren dem Bundesgerichtshof vorgelegt. Es ist der Auffassung, ein Angebot sei nicht schon dann zwingend auszuschließen, wenn Positionen des Leistungsverzeichnisses mit einem ersichtlich unzutreffenden, zu niedrigen Preis angeboten werden und der diese Positionen betreffende Preis in andere Positionen eingestellt sei. An dieser Entscheidung sieht sich das Kammergericht gehindert, weil das Oberlandesgericht Düsseldorf die Frage gegenteilig entschieden habe (OLG Düsseldorf, Beschluß vom 26. November 2003 - Verg 53/03).
II. 1. Die Vorlage des Nachprüfungsverfahrens zur Entscheidung durch den Bundesgerichtshof ist zulässig. Nach § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB legt ein Oberlandesgericht, das über eine sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung der Vergabekammer zu befinden hat, die Sache dem Bundesgerichtshof vor, wenn es von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will. Das ist der Fall, wenn das vorlegende Gericht als tragende Begründung seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt (vgl. BGHZ 154, 32, 35 f. m.w.N.).
Eine solche Divergenz liegt vor.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat seinem Beschluß vom 26. November 2003 - Verg 53/03 (veröffentlicht in ZfBR 2004, 298 ff.) den die Entscheidung tragenden und aus der Rechtsprechung des beschließenden Senats abgeleiteten Rechtssatz zugrunde gelegt, daß nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A Angebote, die den Anforderungen des § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nicht
genügen, zwingend von der Wertung auszuschließen seien. Der Ausschlußgrund sei nicht erst dann gegeben, wenn das Angebot im Ergebnis mit den anderen abgegebenen Angeboten nicht verglichen werden könne. Zum Ausschluß des Angebots zwinge vielmehr bereits, daß Angaben und Erklärungen fehlten, die der Auftraggeber in seinen Ausschreibungsunterlagen zulässigerweise gefordert habe und infolge dessen als Umstände ausgewiesen seien, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollten. Zu den Erfordernissen eines wertbaren Angebots gehöre es deshalb auch, daß jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag angegeben werde, der für die betreffende Leistung beansprucht werde. Daran fehle es, wenn einzelne Leistungen nicht mit ihren tatsächlichen Preisen angeboten würden, weil die Aufwendungen für die betreffende Leistungsposition bei anderen Kostenpositionen eingestellt worden seien.
Demgegenüber ist das vorlegende Oberlandesgericht der Auffassung, die Kalkulationsweise der Antragstellerin, einzelne Positionen im Vergleich zu den durchschnittlichen Positionspreisen anderer Bieter markant auf- oder abzupreisen , sei im öffentlichen Auftragswesen seit langem geläufig und vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Ein Bieter, der bei einzelnen Positionen einen Einheitspreis von 0,01 € einsetze, gebe seine Preise vollständig an, auch wenn er gleichsam zum "betriebswirtschaftlichen Ausgleich" andere Positionen deutlich höher kalkuliere. Wer auf diese Weise kalkuliere, nehme lediglich im Wege von betriebswirtschaftlich motivierten kalkulatorischen Rechenoperationen eine angebotsbezogene Umgruppierung verschiedener jeweils unselbständiger Kalkulationsposten innerhalb des Gesamtangebots vor. Das könne ihm wettbewerbs - und vergaberechtlich auch unter Berücksichtigung der wohlverstandenen und berechtigten Interessen der Auftraggeberseite nicht verwehrt werden; die Angebotskalkulation berühre den Kernbereich unternehmerischen Handelns im Wettbewerb. Angebote mit sogenannten spekulativen "Auf- und Abpreisun-
gen" seien daher nicht gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A ohne sachliche Prüfung von der Wertung auszuschließen.
Mit diesen Erwägungen will das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde legen, der von den tragenden Erwägungen der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf abweichen will. Für diesen Fall ist durch § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB die Vorlage an den Bundesgerichtshof zwingend vorgeschrieben.
2. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Sie ist fristund formgerecht eingelegt worden (§ 117 GWB) und enthält nicht nur die Erklärung , inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird (§ 117 Abs. 2 Satz 1 GWB), sondern auch die erforderlichen Angaben zu den Tatsachen und Beweismitteln, auf die sich die Beschwerde stützt (§ 117 Abs. 2 Satz 2 GWB). Soweit der Antragsgegner meint, mit der Beschwerde hätten erneut alle Schriftstücke vorgelegt werden müssen, die bereits im Vergabenachprüfungsverfahren vorgelegt worden oder durch Beiziehung der Akten der Vergabestelle Gegenstand des Verfahrens vor der Vergabekammer gewesen sind, findet diese Auffassung in den Regelungen des § 117 GWB keine Stütze.
3. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
Nach § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag zulässig, wenn ein Unternehmen ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB geltend macht. Diesem Erfordernis ist genügt, wenn mit dem Nachprüfungsantrag eine Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften schlüssig vorgetragen wird. Darüber hinaus ist gemäß § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB erforderlich, daß mit dem Nachprüfungsantrag auch dargelegt
wird, daß dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Dieser Zulässigkeitsvoraussetzung des Nachprüfungsantrags ist jedoch bereits dann genügt, wenn mit dem Antrag schlüssig vorgetragen wird, daß dem Antragsteller infolge der behaupteten Rechtsverletzung ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht; nicht erforderlich ist, daß bereits festgestellt werden kann, daß der behauptete Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften tatsächlich vorliegt und den behaupteten Schaden ausgelöst hat oder auszulösen droht, der Nachprüfungsantrag also in der Sache begründet ist. Einem Bieter, der auf die Ausschreibung hin ein Angebot abgegeben und damit sein Interesse an dem Auftrag bekundet hat, und im Nachprüfungsverfahren die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Auftraggebers, sein Angebot nicht als das beste Angebot zu bewerten , zur Überprüfung stellt, kann der Zugang zum Nachprüfungsverfahren daher nicht mit der Begründung verwehrt werden, sein Angebot sei aus anderen als mit dem Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen, so daß ihm wegen der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit kein Schaden erwachsen sei oder drohe. Dem entspricht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urt. v. 19.6.2003 - Rs C-249/01, zu 29., NZBau 2003, 509). Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist daher erforderlich, aber auch ausreichend, daß der den Nachprüfungsantrag stellende Bieter schlüssig behauptet, daß und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens verletzt worden sein sollen und daß er ohne die Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte, so daß der behauptete eingetretene oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurückzuführen ist. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.
4. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Angebot der Antragstellerin ist nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A von der Wertung auszuschließen.

a) Der Bundesgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, daß Angebote, die dem § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nicht entsprechen, weil ihnen geforderte Erklärungen fehlen, zwingend von der Vergabe auszuschließen sind (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A). Dem steht nicht entgegen, daß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 als Sollvorschrift formuliert ist. Denn nach der Rechtsprechung des Senats ist der Ausschlußtatbestand nicht etwa erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot wegen fehlender Erklärungen im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Ein transparentes , gemäß § 97 Abs. 2 GWB auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren, wie es die VOB/A gewährleisten soll, ist nur zu erreichen, wenn in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebender Hinsicht und grundsätzlich ohne weiteres vergleichbare Angebote abgegeben werden. Damit ein Angebot gewertet werden kann, ist deshalb jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag anzugeben , der für die betreffende Leistung beansprucht wird (Sen.Urt. v. 16.4.2002 - X ZR 67/00, NJW 2002, 2558; Urt. v. 7.1.2003 - X ZR 50/01, BGHZ 154, 32, 45 = VergabeR 2003, 558 m. Anm. Kus). Für in der Ausschreibung geforderte Einheitspreisangaben zu einzelnen Leistungspositionen gilt daher nichts anderes als für sonstige Erklärungen nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A. Werden in den Ausschreibungsunterlagen Erklärungen nicht nur zum Hersteller oder zum Fabrikat eines zu liefernden Bauteils gefordert, sondern sind auch Angaben zum Typ eines anzubietenden Produkts zu machen, dann kann das Fehlen der geforderten Angabe zum Typ eines Produkts nach der Rechtsprechung des Senats zur Gewährleistung der erforderlichen Vergleichbarkeit der Angebote nicht schon deshalb ohne weiteres als unerheblich betrachtet wer-
den, weil es innerhalb der Produktpalette eines Fabrikats/Herstellers ein Modell gibt, das die in den Ausschreibungsunterlagen ansonsten verlangten Kriterien erfüllt (BGHZ 154, 32, 46). Ein Angebot, das die erforderlichen Erklärungen nicht enthält, ist daher regelmäßig nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A von der Wertung auszuschließen.
An der danach für die Berücksichtigung eines Angebots erforderlichen vollständigen und den Betrag, der für die betreffende Leistung beansprucht wird, benennenden Erklärung über den Preis fehlt es beim Angebot der Antragstellerin schon deshalb, weil dieses - wie die Antragstellerin im Verfahren nach § 24 VOB/A eingeräumt hat - auf einer Mischkalkulation beruht, bei der durch sogenanntes "Abpreisen" bestimmter ausgeschriebener Leistungen auf einen Einheitspreis von 0,01 € und sogenanntes "Aufpreisen" der Einheitspreise anderer angebotener Positionen Preise benannt werden, die die für die jeweiligen Leistungen geforderten tatsächlichen Preise weder vollständig noch zutreffend wiedergeben. Ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, benennt nicht die von ihm geforderten Preise im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A, sondern "versteckt" die von ihm geforderten Angaben zu den Preisen der ausgeschriebenen Leistungen in der Gesamtheit seines Angebots. Ein solches Angebot widerspricht dem in § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A niedergelegten Grundsatz, weil es grundsätzlich ungeeignet ist, einer transparenten und alle Bieter gleichbehandelnden Vergabeentscheidung ohne weiteres zu Grunde gelegt zu werden. Deshalb sind Angebote, bei denen der Bieter die Einheitspreise einzelner Leistungspositionen in "Mischkalkulationen" der vorliegenden Art auf andere Leistungspositionen umlegt, grundsätzlich von der Wertung auszuschließen (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A).

b) Demgegenüber macht die Antragstellerin ohne Erfolg geltend, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Beurteilung der Frage, ob zwischen Preis und Leistung ein "offenbares Mißverhältnis" im Sinne des § 25 Nr. 2 Abs. 2 Satz 1 VOB/A besteht, nicht auf einen Vergleich einzelner Positionen des Leistungsverzeichnisses mit einem angemessenen "auskömmlichen" Preis ankommt, sondern auf den Gesamtpreis des Angebots (BGH, Urt. v. 21.10.1976 - VII ZR 327/74, BauR 1977, 52, 53; vgl. auch Katzenberg in: Ingenstau/Korbion, VOB Kommentar, 15. Aufl., § 25 VOB/A Rdn. 14; Heiermann /Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 10. Aufl., § 25 Rdn. 41).
Die Frage, ob ein als Grundlage der Wertung der Angebote in einem transparenten und die Bieter gleichbehandelnden Verfahren geeignetes, weil § 5 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A genügendes Angebot vorliegt, ist von der Frage zu trennen, ob ein solches Angebot einen unangemessen hohen oder niedrigen Gesamtpreis beinhaltet. Das aus § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A abgeleitete Erfordernis, alle geforderten Erklärungen abzugeben und insbesondere jeden in der Leistungsbeschreibung vorgesehenen Preis so wie gefordert vollständig mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird, dient nicht dem Zweck, unangemessen hohe oder niedrige Angebote aus der Wertung auszuscheiden; vielmehr soll sichergestellt werden, daß die Wirtschaftlichkeit des Angebots im Vergleich zu anderen Angeboten auf transparenter und alle Bieter gleichbehandelnder Grundlage festgestellt wird. Werden einzelne Leistungen infolge einer "auf-" und "abpreisenden" Mischkalkulation unrichtig ausgewiesen und damit die in den Ausschreibungsunterlagen geforderten Preise teilweise oder insgesamt nicht wie durch § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A geboten angegeben, ist es der Vergabestelle nicht möglich, die Wirtschaftlichkeit des Angebots im Vergleich zu anderen Angeboten zu bewerten.
Da ein sich an der Ausschreibung nach Einheitspreisen beteiligender Bieter gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A bei Meidung des Ausschlusses seines Angebots von der Wertung gehalten ist, die für die jeweiligen Leistungen geforderten tatsächlichen Preise vollständig und zutreffend anzugeben, kommt es für die Frage, ob ein Angebot dieser Voraussetzung genügt, nicht auf die Frage an, aus welchen Gründen ein Bieter in seinem Angebot Einheitspreise für bestimmte Leistungspositionen auf andere Leistungspositionen verteilt und so die tatsächlich für die jeweiligen Leistungen geforderten Preise nicht wie in der Ausschreibung gefordert angibt. Maßgeblich ist, ob das Angebot die tatsächlich geforderten Einheitspreise für die jeweilige Leistungsposition ausweist, so daß die Vergabestelle auf transparenter und alle Bieter gleich behandelnder Grundlage regelmäßig ohne weiteres in die Wertung der Angebote eintreten kann. Für den Ausschluß eines Angebots nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ist daher unerheblich, ob es sich bei dem Angebot des Bieters um ein sogenanntes "Spekulationsangebot" (vgl. dazu Thormann, BauR 2000, 953 ff.; Katzenberg, aaO, § 25 VOB/A Rdn. 44; Heiermann/Riedl/Rusam, aaO, § 25 Rdn. 154) handelt, mit dem der Bieter infolge einer Mischkalkulation durch "Aufpreisung" bereits bei Beginn der Ausführung des Auftrags fälliger Leistungen überhöhte oder durch "Abpreisung" verminderte Abschlagzahlungen auslösen und so eine Vorfinanzierung des Auftrags im Verhältnis zu anderen Angeboten eintreten lassen oder der Anschein eines besonders günstigen Angebots erwecken will; unerheblich ist auch, wie sich die Wirtschaftlichkeit der zu vergleichenden Angebote unter Berücksichtigung des Umstandes darstellt, daß es bei Angeboten zu Einheitspreisen zu Mengenänderungen kommen kann und sich infolge der "Aufpreisung" von Positionen des Leistungsverzeichnisses, bei denen eher mit Mengenerhöhungen zu rechnen ist, und infolge der "Abpreisung" von Positionen, bei denen eher mit Mengenreduzierungen zu rechnen ist, erhebliche Verschiebungen des Gesamtpreises ergeben können. Ein Bieter, der in seinem Angebot Positionen des Leistungsverzeichnisses mit Preisen ver-
sieht, bei denen Teile des tatsächlich geforderten Entgelts nicht bei der jeweils ausgewiesenen Position erklärt werden, sondern in andere Positionen eingerechnet werden, ohne daß aus dem Angebot der tatsächlich geforderte Preis für die Leistung etwa infolge erläuternder Zusätze ersichtlich wird, gibt schon objektiv die geforderten Erklärungen nicht vollständig im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ab, so daß sein Angebot als Grundlage eines transparenten und alle Bieter gleich behandelnden Wertung ungeeignet und daher nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A von der Wertung auszuscheiden ist.
Das vorlegende Oberlandesgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend ausgeführt, daß es im Verantwortungsbereich des Bieters liegt, wie er seine Preise kalkuliert und zu welchen Preisen er welche Leistungen des Leistungsverzeichnisses anbietet. Die vergaberechtlichen Vorschriften enthalten keine Regelungen, nach denen die Vergabestelle gehalten wäre, die Preiskalkulation eines Bieters auf ihre Richtigkeit oder Angemessenheit zu überprüfen und zu bewerten. Grundlage der Wertung sind die von den Bietern nach Maßgabe der Ausschreibungsunterlagen abgegebenen Angebote. Enthalten diese Einheitspreise für die einzelnen ausgeschriebenen Leistungen, welche die für die jeweiligen Leistungen geforderten Preise ersichtlich nicht ausweisen, ist die Vergabestelle nicht gehalten, die Gründe zu ermitteln, die den Bieter veranlaßt haben, die tatsächlich geforderten Preise für die betreffenden Leistungspositionen nicht auszuweisen, sondern andere Preise anzugeben. Ist zweifelhaft, ob das Angebot die tatsächlich geforderten Preise für die jeweiligen Leistungspositionen ausweist, kann sich die Vergabestelle gemäß § 24 Nr. 1 VOB/A über die Angemessenheit der Preise unterrichten. Ergibt sich durch die Erklärungen des Bieters , daß die ausgewiesenen Preise die von ihm für die Leistungen geforderten Preise vollständig wiedergeben, kann das Angebot nicht nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A ausgeschlossen werden. Ergibt die Aufklärung dagegen wie im Streitfall, daß die Preise für die ausgeschriebenen Leistungen nicht in der
nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A erforderliche Weise das tatsächlich für die Leistung geforderte Entgelt ausweisen, ist die Vergabestelle nicht verpflichtet, Ermittlungen darüber anzustellen, welche Preise für welche Leistungen tatsächlich gefordert werden, um auf diese Weise die Vergleichbarkeit der Angebote herzustellen. Vielmehr ist das Angebot gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A von der Wertung auszuschließen.
5. Der Inhalt des Angebots der Antragstellerin die umstrittenen Einheitspreisangaben betreffend steht fest, so daß die Sache zur Entscheidung reif ist. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten. Das von der Antragstellerin eingeleitete Nachprüfungsverfahren ist zwar zulässig, aus den dargelegten Gründen aber in der Sache unbegründet, so daß die sofortige Beschwerde zurückzuweisen ist.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung der §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO (vgl. BGHZ 146, 202, 217; zur Kostenentscheidung im Verhältnis zur Beigeladenen vgl. Sen.Beschl. v. 9.2.2004 - X ZB 44/03, Umdruck S. 21 zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 12 a Abs. 2 GKG.
Melullis RiBGH Prof. Dr. Jestaedt ist Keukenschrijver ortsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert. Melullis
RinBGH Ambrosius Asendorf ist ortsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert. Melullis

(1) Die obersten Bundesbehörden und die Länder erstatten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über die Anwendung der Vorschriften dieses Teils und der aufgrund des § 113 erlassenen Rechtsverordnungen bis zum 15. Februar 2017 und danach auf Anforderung schriftlich Bericht. Zu berichten ist regelmäßig über die jeweils letzten drei Kalenderjahre, die der Anforderung vorausgegangen sind.

(2) Das Statistische Bundesamt erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eine Vergabestatistik. Zu diesem Zweck übermitteln Auftraggeber im Sinne des § 98 an das Statistische Bundesamt Daten zu öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 103 Absatz 1 unabhängig von deren geschätzten Auftragswert und zu Konzessionen im Sinne des § 105. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der Vergabestatistik sowie der Datenübermittlung durch die meldende Stelle einschließlich des technischen Ablaufs, des Umfangs der zu übermittelnden Daten, der Wertgrenzen für die Erhebung sowie den Zeitpunkt des Inkrafttretens und der Anwendung der entsprechenden Verpflichtungen zu regeln.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Die obersten Bundesbehörden und die Länder erstatten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über die Anwendung der Vorschriften dieses Teils und der aufgrund des § 113 erlassenen Rechtsverordnungen bis zum 15. Februar 2017 und danach auf Anforderung schriftlich Bericht. Zu berichten ist regelmäßig über die jeweils letzten drei Kalenderjahre, die der Anforderung vorausgegangen sind.

(2) Das Statistische Bundesamt erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eine Vergabestatistik. Zu diesem Zweck übermitteln Auftraggeber im Sinne des § 98 an das Statistische Bundesamt Daten zu öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 103 Absatz 1 unabhängig von deren geschätzten Auftragswert und zu Konzessionen im Sinne des § 105. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der Vergabestatistik sowie der Datenübermittlung durch die meldende Stelle einschließlich des technischen Ablaufs, des Umfangs der zu übermittelnden Daten, der Wertgrenzen für die Erhebung sowie den Zeitpunkt des Inkrafttretens und der Anwendung der entsprechenden Verpflichtungen zu regeln.

(1) Öffentliche Auftraggeber schließen ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme aus, wenn sie Kenntnis davon haben, dass eine Person, deren Verhalten nach Absatz 3 dem Unternehmen zuzurechnen ist, rechtskräftig verurteilt oder gegen das Unternehmen eine Geldbuße nach § 30 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten rechtskräftig festgesetzt worden ist wegen einer Straftat nach:

1.
§ 129 des Strafgesetzbuchs (Bildung krimineller Vereinigungen), § 129a des Strafgesetzbuchs (Bildung terroristischer Vereinigungen) oder § 129b des Strafgesetzbuchs (Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland),
2.
§ 89c des Strafgesetzbuchs (Terrorismusfinanzierung) oder wegen der Teilnahme an einer solchen Tat oder wegen der Bereitstellung oder Sammlung finanzieller Mittel in Kenntnis dessen, dass diese finanziellen Mittel ganz oder teilweise dazu verwendet werden oder verwendet werden sollen, eine Tat nach § 89a Absatz 2 Nummer 2 des Strafgesetzbuchs zu begehen,
3.
§ 261 des Strafgesetzbuchs (Geldwäsche),
4.
§ 263 des Strafgesetzbuchs (Betrug), soweit sich die Straftat gegen den Haushalt der Europäischen Union oder gegen Haushalte richtet, die von der Europäischen Union oder in ihrem Auftrag verwaltet werden,
5.
§ 264 des Strafgesetzbuchs (Subventionsbetrug), soweit sich die Straftat gegen den Haushalt der Europäischen Union oder gegen Haushalte richtet, die von der Europäischen Union oder in ihrem Auftrag verwaltet werden,
6.
§ 299 des Strafgesetzbuchs (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr), §§ 299a und 299b des Strafgesetzbuchs (Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen),
7.
§ 108e des Strafgesetzbuchs (Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern),
8.
den §§ 333 und 334 des Strafgesetzbuchs (Vorteilsgewährung und Bestechung), jeweils auch in Verbindung mit § 335a des Strafgesetzbuchs (Ausländische und internationale Bedienstete),
9.
Artikel 2 § 2 des Gesetzes zur Bekämpfung internationaler Bestechung (Bestechung ausländischer Abgeordneter im Zusammenhang mit internationalem Geschäftsverkehr) oder
10.
den §§ 232, 232a Absatz 1 bis 5, den §§ 232b bis 233a des Strafgesetzbuches (Menschenhandel, Zwangsprostitution, Zwangsarbeit, Ausbeutung der Arbeitskraft, Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung).

(2) Einer Verurteilung oder der Festsetzung einer Geldbuße im Sinne des Absatzes 1 stehen eine Verurteilung oder die Festsetzung einer Geldbuße nach den vergleichbaren Vorschriften anderer Staaten gleich.

(3) Das Verhalten einer rechtskräftig verurteilten Person ist einem Unternehmen zuzurechnen, wenn diese Person als für die Leitung des Unternehmens Verantwortlicher gehandelt hat; dazu gehört auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung.

(4) Öffentliche Auftraggeber schließen ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren aus, wenn

1.
das Unternehmen seinen Verpflichtungen zur Zahlung von Steuern, Abgaben oder Beiträgen zur Sozialversicherung nicht nachgekommen ist und dies durch eine rechtskräftige Gerichts- oder bestandskräftige Verwaltungsentscheidung festgestellt wurde oder
2.
die öffentlichen Auftraggeber auf sonstige geeignete Weise die Verletzung einer Verpflichtung nach Nummer 1 nachweisen können.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn das Unternehmen seinen Verpflichtungen dadurch nachgekommen ist, dass es die Zahlung vorgenommen oder sich zur Zahlung der Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich Zinsen, Säumnis- und Strafzuschlägen verpflichtet hat.

(5) Von einem Ausschluss nach Absatz 1 kann abgesehen werden, wenn dies aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses geboten ist. Von einem Ausschluss nach Absatz 4 Satz 1 kann abgesehen werden, wenn dies aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses geboten ist oder ein Ausschluss offensichtlich unverhältnismäßig wäre. § 125 bleibt unberührt.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 43/02
vom
18. Februar 2003
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Auch wenn ein öffentlicher Auftraggeber die Ausschreibung für einen öffentlichen
Bauauftrag bereits aufgehoben hat, kann ein Bewerber noch in zulässiger
Weise die Vergabekammer anrufen und geltend machen, durch Nichtbeachtung
der die Aufhebung der Ausschreibung betreffenden Vergabevorschrift in
seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt zu sein.
BGH, Beschl. v. 18. Februar 2003 - X ZB 43/02 - OLG Dresden
Vergabekammer des Freistaates
Sachsen
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Februar 2003
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis sowie die Richter Prof.
Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

beschlossen:
Die mit dem am 3. Dezember 2002 verkündeten Beschluß des Ver- gabesenats des Oberlandesgerichts Dresden erfolgte Vorlage der Sache ist unzulässig.

Gründe:


I. Im August 2001 schrieb das als Auftraggeber verfahrensbeteiligte Land im offenen Verfahren den Bau der Jugendstrafanstalt R. aus. An der den Rohbau betreffenden Ausschreibung beteiligten sich Bieter mit Angeboten , deren Bruttosummen zwischen 12.809.964,60 ermittelt wurden. Das Angebot der Antragstellerin belief sich auf ! $ ! '& -, 0/ 3 13.493.848,28 " # % ( *)+ ".). ()21-
Die Absicht des Auftraggebers, den Auftrag dem an erster Stelle eingeordneten Bieter zu erteilen, der den Rohbau im Rahmen eines Generalunter-
nehmervertrags errichten wollte, führte zu einem Nachprüfungsverfahren, das zum Ergebnis hatte, daß das Angebot des Generalunternehmers auszuschließen war. Die Absicht des Auftraggebers, nunmehr den zweitplazierten Bieter mit der rechnerisch nächstgünstigen Angebotssumme zu beauftragen, führte zu einem weiteren Nachprüfungsverfahren und der Anweisung des mit sofortiger Beschwerde angerufenen Oberlandesgerichts, über den Auftrag ohne Berücksichtigung des Angebots dieses Bieters zu entscheiden.
Nach erneuter Prüfung dreier verbliebener Angebote teilte der Auftraggeber den betreffenden Bietern mit Schreiben vom 27. Juni 2002 mit, das offene Verfahren aufgrund § 26 Nr. 1 a VOB/A aufgehoben zu haben.
Mit Schreiben vom 1. Juli 2002 rügte die Antragstellerin die Aufhebung der Ausschreibung, weil zumindest sie ein Angebot abgegeben habe, das den Ausschreibungsbedingungen entspreche. Nach weiterem Schriftverkehr mit dem Auftraggeber hat die Antragstellerin sodann mit am 18. Juli 2002 bei der Vergabekammer eingegangenem und begründetem Antrag um Einleitung des Nachprüfungsverfahrens gebeten.
Die Vergabekammer hat diesen Antrag für zulässig gehalten, die Aufhebung der Ausschreibung aufgehoben und den Auftraggeber verpflichtet, das Angebot der Antragstellerin in der vierten Wertungsstufe erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu werten. Diese Auffassung geht dahin, daß zumindest die Antragstellerin ein Angebot abgegeben habe, das den Ausschreibungsunterlagen entspreche. Die Antragstellerin habe es zwar unterlassen, in den Ausschreibungsunterlagen geforderte Typenbezeich-
nungen anzugeben. Da die Angabe des Herstellers nicht fehle, habe jedoch zum einen die Antragstellerin sich entsprechend der Vorgabe des Leistungs- verzeichnisses verpflichtet, Produkte einer bestimmten Güte zu verwenden, und zum anderen der Auftraggeber die Möglichkeit, die Tauglichkeit und Identität der verwendeten Produkte jederzeit sicher zu überprüfen. Eine übertrieben formalistische Betrachtungsweise sei deshalb nicht angezeigt. Die gegenteilige "haarspalterische" Beurteilung der Angebote, zu welcher der Auftraggeber nunmehr gekommen sei, stehe auch im Widerspruch zur früheren Wertung. Das Fehlen von Typenangaben habe der Auftraggeber zunächst über Monate der Wertung hinweg nicht problematisiert.
Gegen diesen am 23. August 2002 zugestellten Beschluß hat der Auftraggeber am 5. September 2002 beim Oberlandesgericht sofortige Beschwerde erhoben. Er meint, der Nachprüfungsantrag sei bereits unzulässig, weil eine Aufhebung das Vergabeverfahren abschließe. Der Nachprüfungsantrag sei aber auch unbegründet, weil es vergaberelevant und Wertungsvoraussetzung sei, daß die Bieter die geforderten Erklärungen zu Fabrikat, Hersteller und Typ der verschiedenen zum Einbau vorgesehenen Produkte wahrheitsgemäß und umfassend in den Angeboten benennten. Für die ausgeschriebenen Leistungen gebe es schließlich bei den verschiedenen Herstellern verschiedene Produkte und Qualitäten. Die Wertung, daß die verbliebenen Angebote § 25 Nr. 1 b VOB/A unterfielen, sei daher zutreffend. Sie habe zum Ausschluß dieser Angebote führen müssen, so daß kein den Ausschreibungsbedingungen entsprechendes Angebot mehr vorhanden sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht hat der Auftraggeber der Antragstellerin gegenüber ferner erklärt, die Aufhebungsentscheidung auch deswegen getroffen zu ha-
ben, weil bei Annahme eines Angebots der verbliebenen Bieter eine Einhaltung der genehmigten Gesamtbaukosten für die Baumaßnahme nicht mehr gewährleistet und damit die haushaltsrechtliche Voraussetzung für eine Auftragserteilung nicht mehr gegeben gewesen seien.
Das Oberlandesgericht hat das Verfahren dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt (Beschl. abgedr. ZfBR 2003, 189). Es entnimmt dem bereits von der Vergabekammer herangezogenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 18. Juni 2002 zur Nachprüfbarkeit des Widerrufs der Ausschreibung (Rs. C-92/00, ZfBR 2002, 604), daß die EG-Vergaberichtlinien insoweit lediglich die Zulässigkeit eines Nachprüfungsverfahrens verlangten, in dem die Aufhebung der Ausschreibung auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften überprüft werden könnten, die dieses Recht umsetzen. Das vorlegende Oberlandesgericht möchte deshalb an eine von ihm als einhellig vertreten bezeichnete Meinung in der bisherigen Rechtsprechung der Vergabesenate anknüpfend den Nachprüfungsantrag als unzulässig zurückweisen. Denn er verlange eine Rechtmäßigkeitskontrolle der Aufhebung anhand von § 26 VOB/A. Bei dieser Regelung handele es sich aber nicht um transformiertes Gemeinschaftsrecht.
An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das vorlegende Oberlandesgericht durch den Beschluß des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 4. November 2002 in Sachen 1 Verg 3/02 (ZfBR 2003, 186) gehindert. Darin habe dieses Oberlandesgericht gemeint, nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 18. Juni 2002 bestehe grundsätzlich die
Möglichkeit, eine getroffene Aufhebungsentscheidung dem Nachprüfungsverfahren zu unterziehen. Dieses Oberlandesgericht habe deshalb den bei ihm angebrachten Nachprüfungsantrag für zulässig erachtet.
II. Die Vorlage ist nicht zulässig.
Nach § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB legt ein Oberlandesgericht, das über eine sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung einer Vergabekammer zu befinden hat, die Sache dem Bundesgerichtshof vor, wenn es von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will. Das ist der Fall, wenn das vorlegende Gericht als tragende Begründung seiner Entscheidung einen Rechtssatz zu Grunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt (vgl. ständ. Rspr. des BVerwG, z.B. Beschl. v. 11.08.1998 - 2 B 74/98, NVwZ 1999, 406 m.w.N.). Im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags, derentwegen das Oberlandesgericht Dresden die Sache dem Bundesgerichtshof vorgelegt hat, kann eine solche Divergenz jedoch nicht festgestellt werden.
Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat keinen Fall entschieden , in dem sich die Zulässigkeitsfrage in gleicher Weise wie im Streitfall stellt. Im tatbestandlichen Teil des Beschlusses des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 4. November 2002 heißt es, die Antragsgegnerin habe den Beteiligten unter dem 27. Juni 2002 mitgeteilt, daß sie die europaweite Ausschreibung der Bereederung von deutschen Forschungsschiffen aufhebe. Zuvor habe die Antragstellerin, nachdem ihr die Aufhebungsabsicht bekannt ge-
worden sei, Vergaberüge erhoben und Nachprüfungsantrag gestellt. Das Hanseatische Oberlandesgericht hat mithin einen Nachprüfungsantrag für zulässig gehalten, der bereits vor der Aufhebung der Ausschreibung bei der Vergabekammer angebracht worden war. Einen solchen Sachverhalt hat das vorlegende Oberlandesgericht nicht zu beurteilen. Im Streitfall ist der Nachprüfungsantrag erst nach der Entscheidung des Auftraggebers über die Aufhebung der Ausschreibung gestellt worden. Das vorlegende Oberlandesgericht hat auch nur für den Fall nachträglicher Anrufung der Vergabekammer die Frage der Zulässigkeit des Antrags problematisiert. Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist die These, die Aufhebung einer Ausschreibung beende ungeachtet der Frage ihrer Rechtmäßigkeit das Vergabeverfahren jedenfalls wirksam, ein statthaftes Nachprüfungsverfahren setze aber voraus, daß bei seinem Beginn das Vergabeverfahren noch nicht abgeschlossen sei (S. 5 d. Beschl. v. 03.12.2002). Das läßt auch nicht den Schluß zu, das vorlegende Oberlandesgericht vertrete - anders als das Hanseatische Oberlandesgericht - die Rechtsauffassung, ein schon vor der Aufhebung der Ausschreibung im Hinblick auf diese beabsichtigte Maßnahme angebrachter Nachprüfungsantrag könne unstatthaft sein.
Aber auch wenn man den Unterschied im zu beurteilenden Sachverhalt außer Betracht läßt, ergibt sich eine Divergenz der tragenden Grundlagen nicht. Das Hanseatische Oberlandesgericht hat seiner Entscheidung die Auffassung zu Grunde gelegt, nach der Entscheidung des EuGH vom 18. Juni 2002 bestehe grundsätzlich die Möglichkeit, die Aufhebungsentscheidung des öffentlichen Auftraggebers dem Nachprüfungsverfahren zu unterziehen; die Nachprüfung sei dahin möglich, ob Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht
oder gegen einzelstaatliche Vorschriften vorliegen, die dieses Recht umsetzen. Den Rechtssatz, daß die Aufhebung der Ausschreibung durch den öffentlichen Auftraggeber auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht und gegen dieses Recht umsetzende einzelstaatliche Vorschriften hin im Nachprüfungsverfahren überprüft werden kann, will aber auch das vorlegende Oberlandesgericht seiner beabsichtigten Entscheidung zu Grunde legen. Die unterschiedliche Beantwortung der Zulässigkeitsfrage hat mithin ihren Grund lediglich in der Anwendung dieses Grundsatzes im jeweiligen Einzelfall.
III. Im Hinblick hierauf hält der Senat folgende Hinweise für angezeigt:
Gemäß § 102 GWB unterliegt die Vergabe öffentlicher Aufträge, für die nach § 100 GWB der vierte Teil dieses Gesetzes gilt, der Nachprüfung durch die Vergabekammern. Gemeint ist damit nicht nur die Nachprüfung von Maßnahmen des öffentlichen Auftraggebers, welche die eigentliche Vergabe, also den Zuschlag, betreffen; wie § 107 Abs. 2 Satz 1 GWG entnommen werden kann, ist das Verfahren vor der Vergabekammer eröffnet, wenn die Einhaltung von Vergabevorschriften nachzuprüfen sein kann, deren Nichtbeachtung Unternehmen in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzen kann. Damit kann auch die Aufhebung einer im offenen Verfahren erfolgten Ausschreibung eines öffentlichen Bauauftrags nicht außerhalb der Nachprüfung im Verfahren nach §§ 107 ff. GWB stehen. Diese Maßnahme kann nämlich der Regelung in §§ 26 Nr. 1, 26 a Nr. 1 VOB/A Abschnitt 2 widersprechen, bei der es sich um eine Bestimmung über das Vergabeverfahren handelt, auf deren Einhaltung Unternehmen nach § 97 Abs. 7 GWB Anspruch haben. Insoweit besteht Einigkeit, daß jedenfalls solche Bestimmungen § 97 Abs. 7 GWB unterfallen, die (auch)
zum Schutz wohlberechtigter Interessen von am Vergabeverfahren teilnehmenden oder daran interessierten Unternehmen aufgestellt worden sind (vgl. Begr. z. Regierungsentwurf BT-Drucks. 13/9340, S. 14). Um solch eine Be- stimmung handelt es sich bei der Regelung in §§ 26 Nr. 1, 26 a Nr. 1 VOB/A Abschnitt 2. § 26 Nr. 1 mag zwar ursprünglich allein aus haushaltsrechtlichen Gründen Aufnahme in die VOB/A gefunden haben, um haushaltsrechtlich gebundenen Auftraggebern eine kostenfreie Loslösung von einer einmal eingeleiteten Ausschreibung zu ermöglichen. Jedenfalls durch die Verbindlichkeit, die §§ 26 Nr. 1, 26 a Nr. 1 VOB/A Abschnitt 2 infolge § 6 VgV für Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge im Anwendungsbereich des § 100 GWB erlangt hat, beinhaltet diese Regelung jedoch in diesem Bereich ein vergaberechtliches Gebot, ein Vergabeverfahren nur aus den dort genannten Gründen aufzuheben. Dieses Gebot hat bieterschützende Wirkung. Es dient dazu sicherzustellen , daß die Aufhebung der Ausschreibung nicht als Maßnahme der Diskriminierung einzelner Bieter mißbraucht werden kann, weil hiernach die Aufhebung der Ausschreibung nur in ganz engen Ausnahmefällen (vgl. Sen.Urt. v. 12.06.2001 - X ZR 150/99, NJW 2001, 3698) vergaberechtlich zulässig ist. Außerdem hat außerhalb dieser Ausnahmefälle der Ausschreibende jedenfalls dann die Kosten der Vorbereitung des Angebots oder der Teilnahme an den Vergabeverfahren zu tragen, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 126 GWB vorliegen.
Die vorstehend erörterten Umstände gebieten, daß im Nachprüfungsverfahren gemäß §§ 107 ff. GWB geltend gemacht werden kann, die Aufhebung der Ausschreibung verletze den Antragsteller in seinen Rechten, weil sie gegen §§ 26 Nr. 1, 26 a Nr. 1 VOB/A Abschnitt 2 verstoße. Dies bedeutet zu-
gleich, daß ein entsprechender Antrag (auch) noch in zulässiger Weise angebracht werden kann, nachdem der Ausschreibende die Entscheidung bereits getroffen hat, die Ausschreibung aufzuheben. Nach §§ 26 Nr. 2, 26 a Nr. 1 VOB/A Abschnitt 2 müssen die Bieter und gegebenenfalls die Bewerber erst nach der Aufhebung der Ausschreibung von dieser Maßnahme unterrichtet werden. Ein Unternehmen, das seine Rechte durch die Aufhebung der Ausschreibung verletzt erachtet, kann mithin in aller Regel die Vergabekammer erst nachträglich anrufen. Der Rechtsschutz, der nach Sinn und Zweck des vierten Abschnitts des GWB eröffnet sein soll, wäre deshalb nicht gewährleistet , wenn die Anrufung der Vergabekammer nach Aufhebung der Ausschreibung bereits deshalb unzulässig wäre, weil der nach § 107 Abs. 1 GWB nötige Antrag erst zu dieser Zeit angebracht worden ist.
Auch noch nach einer Aufhebung eines Ausschreibungsverfahrens unter den Voraussetzungen der §§ 107 Abs. 2 u. 3, 108 Abs. 1 und 2 GWB gem. § 107 Abs. 1 GWB auf ein Nachprüfungsverfahren antragen zu können, steht nicht im Widerspruch zu § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB. Diese Vorschrift ordnet nicht an, daß die Aufhebung der Ausschreibung das durch diese eingeleitete Vergabeverfahren endgültig beendet. Eine solche Regel wäre auch sachfremd. Denn die Aufhebung der Ausschreibung kann ohne Zustimmung Dritter rückgängig gemacht werden, indem der Ausschreibende das Verfahren wieder aufnimmt und fortführt. Dementsprechend gehört auch eine hierauf gerichtete Anordnung zu den Maßnahmen, welche die Vergabekammer nach § 114 Abs. 1 GWB treffen kann. Durch diese Möglichkeiten unterscheidet sich die Aufhebung der Ausschreibung von der Erteilung des Zuschlags innerhalb geltender Bindefrist. Der Zuschlag beinhaltet die Annahme des Angebots des ausge-
wählten Bieters und kann nicht mehr einseitig rückgängig gemacht werden. Deshalb ordnet § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB auch nur hinsichtlich eines bereits erteilten Zuschlags an, daß seine Aufhebung nicht zu den Maßnahmen gehört, die der Vergabekammer im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens zu Gebote stehen.
§ 114 Abs. 2 Satz 2 GWB kann auch nicht entnommen werden, daß eine Aufhebung der Ausschreibung zwingend zur Erledigung eines zum Zeitpunkt dieser Maßnahme bereits anhängigen Nachprüfungsverfahrens führe, mit der Folge, daß ein erst nach der Aufhebung der Ausschreibung erhobener Vorwurf einer Rechtsverletzung von vornherein in einem Nachprüfungsverfahren nicht geprüft werden könnte. Die Vorschrift besagt ihrem Wortlaut nach lediglich, welche Entscheidung der Vergabekammer noch möglich ist, wenn das Nachprüfungsverfahren sich beispielsweise durch Aufhebung der Ausschreibung erledigt hat.
Auch vom Tatsächlichen her muß eine Aufhebung der Ausschreibung nicht zwangsläufig zur Erledigung des bereits anhängigen Nachprüfungsverfahrens führen, wenn dies auch häufig der Fall sein wird. Weil ein Nachprüfungsverfahren bereits anhängig ist, wird in ihm regelmäßig um ein Verhalten des Ausschreibenden gestritten werden, zu dem es vor der Aufhebung der Ausschreibung gekommen ist. Wird die Aufhebung der Ausschreibung dann nicht ihrerseits in Zweifel gezogen, besteht nach dieser Entscheidung des Ausschreibenden im Hinblick auf das gerügte Verhalten allerdings nur noch Interesse an der Feststellung, ob insoweit eine Rechtsverletzung vorgelegen hat. Will der Antragsteller hingegen auch die Aufhebung der Ausschreibung nicht
hinnehmen, wird er nicht den nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB nötigen Antrag stellen, sondern geltend machen, das anhängige Nachprüfungsverfahren habe sich nicht erledigt, weil nunmehr auch wegen der Aufhebung der Ausschreibung eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend gemacht werde. Eine solche Erweiterung der Rügen begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Angesichts des Wortlauts des § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB läßt sich dem vierten Abschnitt des GWB nicht entnehmen, daß eine solche Reaktion auf veränderte Umstände im Rahmen eines bereits anhängigen Nachprüfungsverfahrens nicht zulässig sein könnte. Auch in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte wird vertreten, daß der Antragsteller eines Nachprüfungsverfahrens neue Umstände in dieses Verfahren einführen könne (OLG Jena NZBau 2000, 349, 350; OLG Celle NZBau 2000, 105; OLG Stuttgart NZBau 2000, 301).
Der Zulässigkeit eines erst nach einer Aufhebung der Ausschreibung angebrachten Nachprüfungsantrags, der sich gegen die Aufhebung wendet, steht schließlich auch nicht entgegen, daß ein öffentlicher Auftraggeber ein Ausschreibungsverfahren nicht mit einem Zuschlag an einen geeigneten Bieter beenden muß. Allerdings hat der Senat schon wiederholt (BGHZ 139, 259, 268 f.; Urt. v. 05.11.2002 - X ZR 232/00, ZfBR 2003, 194 f.) darauf hingewiesen , daß aus Gründen des allgemeinen Vertragsrechts, in dessen Rahmen auch ein einen öffentlicher Bauauftrag ausschreibender öffentlicher Auftraggeber rechtsgeschäftlich tätig wird, aus dem Umstand der Ausschreibung nicht abgeleitet werden kann, daß ein Ausschreibender, der nach den maßgeblichen Vergabevorschriften keinen Grund zur Aufhebung des Ausschreibungsverfahrens hat, gezwungen werden kann und darf, einen der Ausschreibung entspre-
chenden Auftrag an einen geeigneten Bieter zu erteilen. Es liegt damit auch nicht in der Kompetenz der Vergabekammer, im Rahmen des § 114 Abs. 1 GWB zur Beseitigung einer Rechtsverletzung eine Maßnahme zu treffen, die für einen öffentlichen Auftraggeber, der trotz Einleitung eines Vergabeverfahrens einen Auftrag nicht mehr erteilen will, einen rechtlichen oder tatsächlichen Zwang bedeutete, sich doch vertraglich zu binden. Das zwingt jedoch nicht zugleich dazu, Unternehmen, die trotz der Aufhebung der Ausschreibung noch Interesse an der Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags haben, eine Nachprüfung der Aufhebung der Ausschreibung überhaupt zu versagen. Dieser Schluß könnte nur erwogen werden, wenn die Aufhebung der Ausschreibung gleichsam Ausdruck unabänderbaren Willens des Ausschreibenden wäre, den ausgeschriebenen Auftrag nicht zu vergeben. Hiervon kann jedoch nicht von vornherein ausgegangen werden. So kann ein Ausschreibender auf der Grundlage der eigenen Prüfung zu der Meinung gelangt sein, wegen Mißachtung des in § 21 Abs. 1 Satz 1 VOB/A bestimmten Gebots alle Bieter ausschließen zu müssen, obwohl er durchaus bereit war und auch noch ist, einem Bieter den Auftrag zu erteilen, weil ihm die vorgekommenen Abweichungen im Hinblick auf die eigenen Interessen als Auftraggeber nicht gewichtig erscheinen. Die wegen § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A ausgesprochene Aufhebung der Ausschreibung wieder rückgängig zu machen, kann in einem solchen Fall durchaus eine geeignete Maßnahme sein, welche die wegen der Aufhebung der Ausschreibung angerufene Vergabekammer nach § 114 Abs. 1 GWB treffen kann, ohne die aus dem allgemeinen Vertragsrecht folgende Befugnis des Ausschreibenden zu tangieren. Gerade im Falle einer Aufhebung einer Ausschreibung mag zwar fallweise eine Anordnung an den Ausschreibenden nicht in Betracht kommen, mit dem Ausschreibungsverfahren unter Beachtung der
Rechtsauffassung der Vergabekammer fortzufahren. Das betrifft jedoch nur die Gestaltungsmöglichkeiten der Vergabekammer im Einzelfall und kann die Zulässigkeit ihrer Anrufung nicht in Frage stellen. Ob nach einer Aufhebung der Ausschreibung ein solcher Fall beschränkter Einflußmöglichkeit tatsächlich gegeben ist, bedarf der Erörterung und Klärung. Nach dem bisher Gesagten besteht kein Grund, hierzu - wie auch sonst bei Streit über die Verletzung von Vergabevorschriften und die sachgerechte Reaktion hierauf - die Möglichkeiten des Nachprüfungsverfahrens nicht nutzen zu können. Sollte sich in diesem Verfahren im Einzelfall herausstellen, daß wegen der eingangs dieses Abschnitts beschriebenen Möglichkeit des Ausschreibenden, von einer Auftragsvergabe endgültig Abstand zu nehmen, die wegen des festgestellten Vergaberechtsverstoßes eigentlich notwendig erscheinenden Maßnahmen nicht getroffen werden können, kann die Vergabekammer sodann jedenfalls feststellen, daß die Aufhebung der Ausschreibung Vergabevorschriften verletzte.
Das vorstehend den §§ 107 ff. GWB entnommene Verständnis entspricht auch den europarechtlichen Vorgaben. Dies folgt aus der Rechtsprechung des für die Auslegung des Gemeinschaftsrechts zuständigen Europäischen Gerichtshofs. Diese Rechtsprechung geht davon aus, daß der Grundsatz der Gleichbehandlung, der den EG-Vergaberichtlinien zugrunde liegt, eine Verpflichtung zur Transparenz einschließt und daß diese es ermöglichen soll, die Beachtung dieses Grundsatzes zu überprüfen (EuGH, Urt. v. 18.06.2002 - Rs. C-92/00, ZfBR 2002, 604, unter 45. m.w.N.). Die Richtlinie 89/665/EWG vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge ihrerseits ist danach darauf gerichtet,
vorhandene Mechanismen zur Durchsetzung der EG-Vergaberichtlinien zu stärken, und zwar vor allem dann, wenn Verstöße noch beseitigt werden können (EuGH, aaO, unter 52.), aber - was aus dieser Art der Hervorhebung unmittelbar folgt - auch dann, wenn diese Möglichkeit nicht mehr besteht. Hiermit hat es der Europäische Gerichtshof als unvereinbar angesehen, wenn die öffentlichen Auftraggeber die Ausschreibung für einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag widerrufen könnten, ohne daß dies dem Verfahren der gerichtlichen Nachprüfung unterläge (EuGH, aaO, unter 53.). Grund hierfür war ausweislich Erwägungsgrund 37 des Urteils vom 18. Juni 2002, daß die Aufhebung der Ausschreibung eine Entscheidung der Vergabebehörde ist, die den Regelungen des Gemeinschaftsrechts im Bereich des öffentlichen Auftragswesens unterliegt und deshalb gegen sie verstoßen kann. Hiernach ist es also bereits die Möglichkeit eines Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder - was der Europäische Gerichtshof in seinen Ausführungen dem gleichsetzt - gegen die dieses Recht umsetzenden einzelstaatlichen Vorschriften, die gemäß Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665/EGW erfordert, daß die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers, die Ausschreibung eines der Richtlinie unterfallenden öffentlichen Auftrags zu widerrufen, hieraufhin überprüft und gegebenenfalls aufgehoben werden kann. Die Erwähnung der Aufhebung kann dabei nicht bedeuten, daß in jedem Fall, in dem die Aufhebung der Ausschreibung den gemeinschaftsrechtlich beachtlichen Regeln nicht entsprochen hat, von dem insoweit zuständigen Spruchkörper diese Maßnahme auch ergriffen werden müßte. Im Zusammenhang mit der Richtlinie 93/37/EWG vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge ist der Europäische Gerichtshof nämlich davon ausgegangen , daß auch nach Gemeinschaftsrecht der Auftraggeber nicht zur Auf-
tragsvergabe gezwungen werden kann. Dies ergibt sich aus der Feststellung des Europäischen Gerichtshofs, die Befugnis des Auftraggebers, auf die Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags, für den eine Ausschreibung stattgefunden hat, zu verzichten, sei weder auf Ausnahmefälle begrenzt noch auf Fälle, in denen die Entscheidung auf schwerwiegende Gründe gestützt werden könne (EuGH, aaO, unter 40. sowie unter Hinweis auf Urt. v. 16.09.1999 - Rs. C-27/98, NZBau 2000, 153, unter 23. u. 25.). Würde eine Aufhebung der beanstandeten Entscheidung des Ausschreibenden, die zur Beseitigung eines Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen eine dieses Recht umsetzende innerstaatliche Vorschrift an sich geboten erscheint, für den Ausschreibenden im Einzelfall den ausweglosen Zwang bedeuten, den Auftrag zu vergeben, kann deshalb auch nach dem Gemeinschaftsrecht die Überprüfung der Aufhebung einer Ausschreibung im Nachprüfungsverfahren nur zu einer weniger einschneidenden Maßnahme, gegebenenfalls lediglich zu der Feststellung einer Vergaberechtsverletzung führen.
Im Übrigen kann dem vorlegenden Oberlandesgericht auch nicht in der Meinung beigetreten werden, die Geltendmachung eines Verstoßes gegen §§ 26 Nr. 1, 26 a Nr.1 VOB/A Abschnitt 2 erfordere keine Überprüfung auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die dieses Recht umsetzenden einzelstaatlichen Vorschriften. Eine Aufhebung der Ausschreibung im offenen Verfahren kann dazu eingesetzt werden, einen unerwünschten Bieter, dem der ausgeschriebene Auftrag erteilt werden müßte, zu übergehen und in einem anschließenden Verhandlungsverfahren einen genehmen Bieter auszuwählen. Sie berührt deshalb den Grund-
satz der Gleichbehandlung und die Regelung in §§ 26 Nr. 1, 26 a Nr.1 VOB/A Abschnitt 2, welche die Aufhebung der Ausschreibung auf Ausnahmefälle beschränkt , dient damit dem in Art. 6 Abs. 6 der Richtlinie 93/37/EWG zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge normierten Diskriminierungsverbot , das durch § 97 Abs. 2 GWB in das nationale Recht umgesetzt worden ist.
IV. Sollte das vorliegende Oberlandesgericht in Anbetracht der Ausführungen des Senats zu III. im weiteren Verlauf des Nachprüfungsverfahrens zur Frage der Begründetheit des Nachprüfungsantrags der Antragstellerin gelangen , wird die von der Vergabekammer hierzu vertretene Rechtsauffassung einer kritischen Überprüfung zu unterziehen sein. Dabei wird folgendes zu beachten sein:
Der Wortlaut von § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A Abschnitt 2 ("ausgeschlossen werden") weist aus, daß der öffentliche Auftraggeber bei Vorliegen der dort aufgestellten Voraussetzungen kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabe hat, sondern gezwungen ist, das betreffende Angebot aus der Wertung zu nehmen (Sen.Urt. v. 08.09.1998 - X ZR 85/97, NJW 1998, 3634). Im Falle des Fehlens geforderter Erklärungen ändert hieran auch nichts, daß § 21 Nr. 1 Satz 2 VOB/A Abschnitt 2 nur als Sollvorschrift formuliert ist. Dies erklärt sich aus der Handlungsfreiheit, die außerhalb bereits bestehender rechtlicher Beziehungen in Anspruch genommen werden kann. Sie schließt ein, nicht zur Abgabe eines bestimmten Angebots verpflichtet zu sein. Gleichbehandlung aller Bieter, die § 97 Abs. 2 GWB von dem Ausschreibenden verlangt , ist jedoch nur gewährleistet, soweit die Angebote die geforderten Erklä-
rungen enthalten. Da der öffentliche Auftraggeber sich durch die Ausschreibung dem Gleichbehandlungsgebot unterworfen hat, darf er deshalb nur solche Angebote werten.
Der Ausschlußtatbestand des § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A Abschnitt 2 ist daher auch nicht etwa erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn lediglich in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden (vgl. Sen.Urt. v. 07.01.2003 - X ZR 50/01, Umdr. S. 10 f.). Dies erfordert, daß hinsichtlich jeder Position der Leistungsbeschreibung alle zur Kennzeichnung der insoweit angebotenen Leistung geeigneten Parameter bekannt sind, deren Angabe den Bieter nicht unzumutbar belastet, aber ausweislich der Ausschreibungsunterlagen gefordert war, so daß sie als Umstände ausgewiesen sind, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen.
Im Streitfall wird daher zu berücksichtigen sein, daß die Ausschreibungsunterlagen bezüglich mehr als 120 Positionen die Aufforderung enthielten , neben dem Fabrikat/Hersteller auch den Typ des angebotenen Produkts anzugeben. Da sich beispielsweise den Positionen 5.1.190 oder 5.5.150 auch zweifelsfrei entnehmen ließ, wie die gewünschten Angaben gemacht werden sollten, wird deshalb anhand des aufgezeigten Maßstabs zu würdigen sein, daß die Antragstellerin gleichwohl nur bei ganz wenigen dieser Positionen auch eine Typenbezeichnung angegeben hat. Das Fehlen dieser Angabe im Übrigen könnte nicht bereits deshalb ohne weiteres als im Rahmen des § 25
Nr. 1 b) VOB/A Abschnitt 2 unerheblich angesehen werden, weil es innerhalb der Produktpalette des angegebenen Fabrikats/Herstellers ein Modell gibt, das die in den Ausschreibungsunterlagen ansonsten verlangten Kriterien erfüllt. Sobald der benannte Hersteller unter dem angegebenen Fabrikat mehrere geeignete Produkte anbietet, wie es der Auftraggeber behauptet, ist nämlich weder die erforderliche Vergleichbarkeit mit den entsprechenden Positionen in einem insoweit vollständigen Angebot eines anderen Bieters gewährleistet noch die Möglichkeit von nachträglichen Manipulationen ausgeschlossen.
Sollte die Prüfung ergeben, daß das Angebot der Antragstellerin dem § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A Abschnitt 2 nicht entspricht, wird der Nachprüfungsantrag unabhängig davon keinen Erfolg haben können, ob auch die Angebote der anderen verbliebenen Bieter § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A Abschnitt 2 nicht genügen. Ist das Angebot der Antragstellerin nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A Abschnitt 2 auszuschließen, kann die Aufhebung der Ausschreibung Interessen der Antragstellerin nicht mehr berühren. Die Antragstellerin kann deshalb auch durch eine etwaige Nichtbeachtung der für die Aufhebung der Ausschreibung geltenden Vergaberegel nicht in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt
sein. Der vom Senat für einen auf Ersatz des positiven Interesses wegen anderweitiger Vergaberechtsverletzung herausgearbeitete Grundsatz (Urt. v. 16.04.2002 - X ZR 67/00, NJW 2002, 2558) gilt auch im vorliegenden Zusammenhang. Es wird deshalb auch keine Rolle spielen können, daß der Auftraggeber möglicherweise den nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A Abschnitt 2 gegebenen Ausschlusstatbestand zunächst nicht erkannt und/oder bei früheren Wertungen der abgegebenen Angebote nicht berücksichtigt hatte.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beigeladenen wird der auf die mündliche Verhandlung vom 23.06.2003 gefasste Beschluss der Vergabekammer Baden-Württemberg in Ziff. 3 ihres Ausspruchs

geändert.

2. a) Die Antragstellerin hat die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen in dem Verfahren vor der Vergabekammer zu tragen.

b) Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten für die Beigeladene in dem Verfahren vor der Vergabekammer wird für notwendig erklärt.

3. a) Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen, die der Beigeladenen in der Beschwerdeinstanz entstanden sind, zu tragen.

b) Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten für die Beigeladene im Beschwerdeverfahren wird für notwendig erklärt.

Gründe

 
I.
Das Rechtsmittel der Beigeladenen ist zulässig (§§ 116, 117 GWB), es hat der Sache nach auch Erfolg.
A
Hinsichtlich des Sachverhaltes wird auf die Feststellungen in der Entscheidung der Vergabekammer verwiesen. In ihrem Beschluss wies diese den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurück, legte dieser die Kosten des Verfahrens auf, sprach aber unter Ziff. 3 aus: "Die Beigeladene trägt ihre Kosten selbst." (Bl. 9). Die Vergabekammer begründete dies damit, dass die Antragstellerin die Beigeladene nicht unmittelbar angegriffen habe, sie habe vielmehr nur die Berücksichtigung ihrer Nebenangebote erstrebt. Zwar habe die Beigeladene schriftsätzlich Vortrag gehalten und eigene Anträge gestellt, das Verfahren habe sie aber nicht so entscheidend gefördert, dass eine Kostenübernahme durch die Antragstellerin gerechtfertigt wäre. Gegen diese der Beigeladenen am 30.06.2003 zugestellte Entscheidung ging deren sofortige Beschwerde am 14.07.2003 ein. Sie erachtet darin eine Belastung der Antragstellerin mit ihren Kosten für angezeigt, da sie in direktem Interessengegensatz zu dieser gestanden habe, denn das Ziel der Antragstellerin sei gewesen, die angekündigte Zuschlagserteilung an die Beigeladene zu verhindern und durch die Anerkennung ihrer Nebenangebote selbst Zuschlagsbegünstigte zu werden. Zudem habe sie sich sowohl durch Antragstellung als auch schriftsätzliche Stellungnahmen und solche in der mündlichen Verhandlung aktiv am Verfahren beteiligt und dieses nicht unmaßgeblich gefördert. Die Erstattung entspreche danach der Billigkeit. Auch sei die Hinzuziehung eines anwaltlichen Vertreters angesichts der Komplexität und Schwierigkeit der Materie geboten gewesen.
Die Beigeladene beantragt deshalb:
I. Der Beschluss der Vergabekammer Baden-Württemberg vom 26.06.2003, Az.: 1 VK 28/03, wird insoweit aufgehoben, als mit Ziffer 3 des Beschlusses die Erstattung der Kosten der Beigeladenen durch die Antragstellerin abgelehnt wurde.
II. Die Antragstellerin hat die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen in dem Verfahren vor der Vergabekammer zu tragen.
III. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen, die der Beigeladenen in der Beschwerdeinstanz entstanden sind, zu tragen.
IV. Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten für die Beigeladene in beiden Instanzen wird für notwendig erklärt.
Die Antragstellerin beantragt:
Die Kostenbeschwerde der Beigeladenen wird zurückgewiesen.
10 
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig und sieht keinen unmittelbaren Interessengegensatz, denn sie habe die Angebote der Beigeladenen nicht angegriffen, sondern nur die Berücksichtigungsfähigkeit ihrer Nebenangebote erreichen wollen. Dass im Erfolgsfalle dies auch ihrem Ziel gleichgekommen wäre, selbst den Zuschlag zu erhalten, berühre nur eine allgemeine Prozessvoraussetzung des Nachprüfungsverfahrens. Diese Erfüllung einer allgemeinen Prozessvoraussetzung könne für sich aber nicht schon Auslöser eines Erstattungsanspruches einer Beigeladenen sein.
11 
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze verwiesen.
B
1.
12 
Kostentragungspflicht
13 
a) Der Senat hat bereits entschieden, dass die Kosten des Beigeladenen in der Regel vom unterliegenden Antragsteller zu tragen sind (OLG-Report 2000, 331, 332). Der Rechtsprechung des Vergabesenates des OLG Düsseldorf entspricht es, dass die Erstattung der Kosten des Beigeladenen von einer Billigkeitsprüfung in analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO abhänge. Im Allgemeinen entspreche es dann der Billigkeit, dem im Nachprüfungsverfahren erfolglosen Antragsteller die Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, wenn sich die antragstellende Partei mit ihrem Nachprüfungsantrag ausdrücklich, bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zum Beigeladenen gestellt, und wenn sich ferner der Beigeladene aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt habe, indem er (erfolgreich) Anträge nebst Begründungen hierfür gestellt oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert habe (OLG-Report 2003, 12, 13). Das BayObLG sieht die Anordnung der Erstattung in der Regel als der Billigkeit entsprechend an, wenn ein Beigeladener erfolgreich Anträge gestellt, ein eigenes Rechtsmittel eingelegt oder zumindest das Verfahren wesentlich gefördert hat (B. v. 18.09.2003 – Verg 12/03 (dort: II 4)).
14 
b) Ungeachtet der Frage, ob nicht auch im Beschluss des BayObLG der Interessengegensatz zwar unausgesprochene, aber immanente Erstattungsvoraussetzung ist, sind doch vorliegend jedenfalls alle benannten Kriterien zu bejahen. So ist ein unmittelbarer Interessengegensatz nicht zweifelhaft. Die Beigeladene war gemäß § 13 S. 1 VgV als Zuschlagsprätendentin nach dem Ausfall einer anderen Bieterin bekannt gegeben worden. Sie stand sonach nach dem Willen der Vergabestelle unmittelbar als Auftragnehmerin an. Die Antragstellerin hat mit ihrem Nachprüfungsantrag nicht nur eine Verfahrensfrage oder eine sonstige Vorfrage hinsichtlich ihrer Teilhabe am Vergabeverfahren klären lassen wollen, vielmehr war – wie die Beigeladene zutreffend und unwidersprochen aufzeigt – erklärtes Verfahrensziel der Antragstellerin, über die Berücksichtigung ihrer Nebenangebote die Beigeladene in ihrer Prätendentenstellung abzulösen. Die Antragstellerin wollte mit dem Nachprüfungsverfahren die Beigeladene ausstechen. Ausgeprägter kann der Interessenwiderstreit kaum sein. Die Beigeladene hat auch Anträge gestellt und sich mit Schriftsätzen am Verfahren beteiligt. Damit ist angesichts der Alternativität der aufgezeigten Erstattungsvoraussetzungen bereits die Kostentragungspflicht der Antragstellerin zu bejahen. Die Beigeladene hat aber weiter zutreffend darauf verwiesen, dass und wie sie mit ihrer aktiven Teilhabe das Verfahren wesentlich gefördert hat. Gerade etwa zur Frage der Insolvenz eines Bieters in einer Bietergemeinschaft und deren Auswirkung auf den Mitbieter, was sehr breiten Raum im Beschluss der Vergabekammer eingenommen hat, hat die Beigeladene ausführlich und vertieft Stellung genommen.
2.
15 
Vorliegend war auch die Beiziehung eines Rechtsanwaltes durch die Beigeladene zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig.
16 
a) Eine solche Beiziehung wird etwa dann für notwendig erachtet, wenn nicht einfach gelagerte Rechtsfragen sowohl zum materiellen Recht wie auch zum Nachprüfungsverfahren betroffen sind (OLG Düsseldorf a. a. O. 14; vgl. auch BayObLG B. v. 19.09.2003 – Verg 11/03 (dort: I 1); Stockmann in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl. (2001), § 128, 15; gar in der Regel erstattungsfähig, nicht nur bei schwierigen und umfangreichen Sachverhalten: Glahs in Reidt/Stickler/Glahs, VergabeR, 2. Aufl. (2003), § 128, 23), insbesondere wenn der Fall für den Verfahrensbeteiligten auch besonders bedeutsam ist (BayObLG a. a. O. (II 2)). In der zuletzt bezeichneten Entscheidung wurde die Zuziehung auch für den öffentlichen Auftraggeber bejaht.
17 
b) Auch insoweit sind die Erstattungsvoraussetzungen erfüllt. Die Fallgestaltung war sehr umfangreich, tatsächlich und rechtlich komplex und hat über das reine Vergaberecht hinaus nicht einfache Rechtsfragen aus anderen Rechtsgebieten (Insolvenzrecht) aufgeworfen. Vor diesem Hintergrund war die Einschaltung der Bevollmächtigten für die Beigeladene ein Gebot zweckentsprechender Interessenwahrnehmung. Dies führt auch zur Erstattung der Kosten der Verfahrensbevollmächtigten. Dazu verhält sich die Beschwerdeerwiderung im Übrigen nicht.
II.
18 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO analog.
19 
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beläuft sich entsprechend den Grundsätzen des § 3 ZPO auf das Kosteninteresse der Beigeladenen, ihre Anwaltskosten von der Antragstellerin getragen zu bekommen. Diese sind von der Vergabekammer noch nicht festgesetzt. Der Senat sieht daher von einer Festsetzung des Geschäftswertes zum jetzigen Zeitpunkt ab (ebenso BayObLG B. v. 19.09.2003 – Verg 11/03 (II 3)).
20 
Hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Hinzuziehung einer anwaltlichen Bevollmächtigten im Beschwerdeverfahren gelten die nämlichen Erwägungen mit identischem Ergebnis.