Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 28. Aug. 2015 - 1 Verg 1/15

ECLI:ECLI:DE:OLGSH:2015:0828.1VERG1.15.0A
bei uns veröffentlicht am28.08.2015

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss der Vergabekammer Schleswig-Holstein vom 05.03.2015 aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der mit Schreiben vom 22.12.2014 erteilte Auftrag des Beschwerdeführers an den Beigeladenen über die Vorhaltung von 49 Rettungsmittelwochenstunden von Anfang an unwirksam ist.

Der Beschwerdegegner und der Beigeladene tragen die Kosten des Nachprüfungs- und des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin je zur Hälfte. Die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten durch die Beschwerdeführerin wird für notwendig erklärt.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren beträgt 23.113,30 Euro.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft im Konzernverbund der X. Sie wendet sich gegen eine sogenannte „Aufstockung“ von Vorhalteleistungen für den Rettungsdienst (Notfallrettung und Krankentransport) im Kreis Y im Umfang von 49 Rettungsmittelwochenstunden, die der Beschwerdegegner gegenüber dem Beigeladenen Z veranlasst hat.

2

Der Beigeladene ist aufgrund eines Vertrages vom 31. Mai 1978 mit der Durchführung des Rettungsdienstes im Kreis Y beauftragt (mit Ausnahme des … Umlandes und der Bereiche …). Nach § 3 des Vertrages führt der Beigeladene den Rettungsdienst nach den Vorschriften des Rettungsdienstgesetzes des Landes Schleswig-Holstein vom 29.11.1991 (GVOBl. SH S. 579) und der dazugehörigen Landesverordnung (derzeit in der Fassung vom 22.10.2013 [GVOBl. SH S. 418]) durch, wozu „insbesondere die Sicherstellung der ordnungsgemäßen personellen und sächlichen Ausstattung der Rettungswachen“ gehören. Dem Beschwerdegegner obliegt die Aufsicht über die Durchführung (§ 4). Der Vertrag hat am 01. März 1983 einen ersten, am 18. Juni 1998 einen zweiten und am 02. November 2001 einen dritten Nachtrag erhalten. In § 4 Abs. 2 des zweiten Nachtrages heißt es:

3

Über Anzahl und Einsatzbereitschaft von Rettungsmitteln in den Rettungswachen entscheidet der Kreis nach Anhörung des Z. Gleiches gilt für den Fall von Veränderungen in der Stationierung von Rettungsmitteln.“

4

Der Beigeladene erbrachte bis zum Jahr 2012 auf der Grundlage dieser Verträge Rettungsdienstleistungen in einem Umfang von 1.637 Rettungsmittelwochenstunden (RMWStd).

5

Der Beschwerdegegner veranlasste Ende 2011 die Erstellung eines Gutachtens zur Überprüfung der Rettungsmittelvorhaltung im Kreisgebiet. Im Jahr 2012 wurde ein zusätzlicher Bedarf von 212 RMWStd ermittelt. Der Beschwerdegegner bat daraufhin den Beigeladenen zur „Umsetzung“ um eine Erhöhung der Rettungsmittelvorhaltung um „zunächst“ 194 RMWStd. Die Beschwerdeführerin rügte diesen Vorgang als eine „rechtswidrige de-facto-Vergabe“ und beantragte dessen vergaberechtliche Nachprüfung. Ihr Nachprüfungsantrag wurde von der Vergabekammer Schleswig-Holstein mit Beschluss vom 05. Mai 2014 abgewiesen (VK-SH 04/14); die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde blieb erfolglos (Beschluss des Senats vom 04. November 2014, 1 Verg 1/14).

6

Mitte Dezember 2014 erfolgte eine „endgültige“ Ermittlung der bedarfsgerechten Regelvorhaltung von Rettungsmitteln. Der Kreistag des Beschwerdegegners beschloss daraufhin am 17. Dezember 2014, dem Beigeladenen weitere 49 RMWStd „im Rahmen des bestehenden Vertragsverhältnisses zu übertragen“. Die genannte „Aufstockung“ wurde dem Beigeladenen mit Schreiben vom 22. Dezember 2014 mitgeteilt.

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Die Beschwerdeführerin erhob dagegen – erfolglos – Rügen und beantragte am 12. Januar 2015 die vergaberechtliche Nachprüfung der „Aufstockung“ bei der Vergabekammer Schleswig-Holstein.

8

Sie hat die Ansicht vertreten, die „Aufstockung“ sei eine vergaberechtswidrige de-facto-Vergabe und umgehe das Vergaberecht. Durch die Leistungserweiterung sei der Vertrag „wesentlich“ geändert worden. Dies sei auch sittenwidrig. Das Vertragsverhältnis zum Beigeladenen müsse beendet werden.

9

Der Beschwerdegegner und der Beigeladene sind dem entgegen getreten.

10

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag – nach Verlängerung der Entscheidungsfrist zuletzt bis zum 05. März 2015 – durch Beschluss vom 05. März 2015 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Nachprüfungsantrag sei gemäß § 101 b Abs. 1 S. 2 GWB zulässig, da die „Aufstockung“ den maßgeblichen Schwellenwert überschreite. Es fehle aber am Vorliegen eines „öffentlichen Auftrags“. Der Ursprungsvertrag vom 31. Mai 1978 und dessen zweiter Nachtrag vom 18. Juni 1998 seien vergaberechtlich nicht mehr angreifbar. Das Schreiben an den Beigeladenen vom 22. Dezember 2014 enthalte keinen öffentlichen Auftrag im Sinne einer „wesentlichen“ Vertragsänderung. Das ergebe sich schon daraus, dass das Schriftformerfordernis nach § 129 LVwG i. V. m. § 126 Abs. 2 S. 1 BGB verfehlt worden sei. Es fehle zudem an übereinstimmenden Willenserklärungen. Das Schreiben vom 22. Dezember 2014 enthalte eine einseitige Anordnung im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses. Eine Annahmeerklärung des Beigeladenen sei nicht erbeten worden. Einer solchen habe es auch nicht bedurft, da es lediglich darum gegangen sei, die weiteren RMWStd „umzusetzen“. Aus § 4 Abs. 2 S. 1 des zweiten Nachtrages ergebe sich, dass der Beigeladene insoweit kein Mitsprache- oder Vetorecht, sondern nur ein Anhörungsrecht habe. Die Entscheidungsbefugnis liege allein beim Beschwerdegegner. Ein funktionales Verständnis des Auftragsbegriffes führe zu keinem anderen Ergebnis. Auch insoweit werde ein Einverständnis über die Leistungserbringung vorausgesetzt. Die „Aufstockung“ sei jedenfalls nicht als „wesentliche“ Vertragsänderung einzustufen. Dagegen spreche bereits die verhältnismäßig geringe Steigerung des Auftragsvolumens von 3,6 %, die die Einsatzzeit eines Rettungswagens nicht einmal für ein Drittel einer Woche abdecke. Es liege auch keine Leistungserweiterung auf ursprünglich nicht vorgesehene Leistungen vor. Die „aufgestockten“ Leistungen seien schon im Ursprungsvertrag vorgesehen gewesen. In jenem Vertrag sei eine Dynamik zur Anpassung der Leistung an den sich verändernden Bedarf geregelt worden. Durch die „Aufstockung“ sei die Leistungspflicht lediglich an den festgestellten Beschaffungsbedarf angepasst worden. Die Vertragsänderung sei nicht der freien Entscheidung des Kreises entsprungen, sondern auf der Grundlage der gutachterlichen Ermittlung eines erhöhten Bedarfs erfolgt. Die Haushaltseffizienz werde durch das externe Regulativ einer Prüfung durch die Krankenkassen gewahrt. Das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages sei nicht verändert worden, denn es sei in keiner Weise in die vertragliche Äquivalenz eingegriffen worden. Eine Verpflichtung zur Beendigung des laufenden Vertragsverhältnisses bestehe nicht. Jedenfalls könne sich ein Dritter auf eine solche Pflicht nicht berufen. Es habe bisher kein Erfordernis bestanden, Leistungen des qualifizierten Rettungsdienstes auszuschreiben, wie sich aus den EU-Richtlinien ergebe. Das sei auch künftig nicht der Fall. „Freiwilligenorganisationen“ könnten mit Krankentransport- und Notfallkrankentransportleistungen im Wege einer Direktvergabe beauftragt werden. Der Abschluss von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen auf unbestimmte Dauer sei gemeinschaftsrechtlich nicht verboten. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners sei „im Regelfall“ anzuerkennen; ein Ausnahmefall liege hier nicht vor.

11

Gegen den am 05. März 2015 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 17. März 2015 (per Fax) sofortige Beschwerde erhoben.

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Sie ist der Ansicht, die Antragsbefugnis werde bereits durch die Möglichkeit begründet, dass ein Vergabeverfahren zu Unrecht unterblieben sei. Ob ein öffentlicher Auftrag vorliege, sei – entgegen der Vergabekammer – erst in der Begründetheit zu prüfen. Die Frist gemäß § 101 b Abs. 2 Satz 1 GWB sei eingehalten worden.

13

Die vergaberechtswidrige Beauftragung des Beigeladenen habe sich durch eine rechtswidrige de-facto-Vergabe, die „Aufstockung“, und eine kollusive Umgehung des Vergaberechts verfestigt. Der Beschwerdegegner habe außerhalb eines förmlichen Vergabeverfahrens mit dem Beigeladenen verhandelt und damit die Pflicht zur Ausschreibung der – binnenmarktrelevanten – Rettungsdienstleistungen missachtet. Der neuen Richtlinie 2014/24/EU sei keine gegenteilige „Vorwirkung“ zu entnehmen. Für Rettungsdienstleistungen bestehe danach keine den „normalen“ Rettungs- und den Krankentransportdienst umfassende Bereichsausnahme. Der Vergabe komme insbesondere wegen der Nähe zu Dänemark Binnenmarktrelevanz zu. Eine völlige „Vergabefreiheit“ sei sowohl europarechts- als auch verfassungswidrig. Für den bestehenden Vertrag mit dem Beigeladenen bestehe ein Verbot der Vertragserweiterung als „Minus“ zu einer Vertragsbeendigungspflicht. Die erneut erfolgte „Aufstockung“ von Rettungsdienstleistungen ohne ein Vergabeverfahren führe auch zur Sittenwidrigkeit des gewählten Vertragskonstrukts. Sie – die Beschwerdeführerin – werde ein günstigeres Angebot abgeben als der Beigeladene; die Vergabe an diesen begründe einen offensichtlichen und zu Lasten der Allgemeinheit gehenden haushaltsrechtlichen Verstoß, was zur Sittenwidrigkeit führe. Die „Aufstockung“ werde nicht von dem Ursprungsvertrag in der Fassung des zweiten Nachtrags abgedeckt. Ein „dynamischer“ Vertrag liege nicht vor. Ein Vertragsschluss könne auch durch konkludentes Verhalten erfolgen, was in Form der Übernahme „der Aufstockung“ durch den Beigeladenen gegeben sei. Die „Aufstockung“ sei eine „wesentliche“ Vertragsänderung, denn ihr Volumen liege oberhalb des maßgeblichen Schwellenwertes von 207.000,00 €. Auf das prozentuale Verhältnis der Leistungserweiterung zum Ursprungsauftrag komme es nicht an. Zu berücksichtigen sei, dass die weiteren 49 RMWStd nur ein „Teillos“ des gesamten Umsetzungsbedarfs aus dem vom Beschwerdegegner beauftragten Gutachten seien. Dieser Gesamtbedarf sei für die Wesentlichkeit mit zu berücksichtigen, da der Bedarf zuvor nur vorläufig ermittelt worden sei. Durch die Leistungserweiterung hätte ein anderer Bieterkreis zugelassen werden müssen. Im Falle einer öffentlichen Ausschreibung der 49 RMWStd mit einer neuen Rettungswache (in B.) hätte sich insgesamt die Annahme eines anderen Angebotes mit 20 bis 30 % günstigeren Preisen ergeben. Die sittenwidrige wesentliche Änderung des bestehenden Vertrages schlage auf das gesamte Vertragswerk durch und begründe zudem die Nichteignung und Unzuverlässigkeit des Beigeladenen, der in dieser Weise Geschäfte betreibe. Das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages habe sich ebenfalls verändert. Der Beschwerdegegner habe gemäß § 97 Abs. 7 GWB auch den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Haushaltseffizienz zu beachten. Direkte Beauftragungen dürften missbräuchliche Praktiken von „Freiwilligenorganisationen“ nicht decken. Dies habe die Vergabekammer unzureichend geprüft. Der Beigeladene sei mit Gewinnerzielungsabsicht in einem 50 Jahre andauernden Monopol tätig. Das sei mit EU-Primärrecht nicht zu vereinbaren. Auch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V werde durch die Vergabe missachtet. Gegen den Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung werde verstoßen. Die Kostenträger bzw. die Versichertengemeinschaft könnten eine marktgerechte Leistungserbringung beanspruchen. Die permanente Verweigerung einer Ausschreibung führe zur Sittenwidrigkeit, da der haushaltsrechtliche Verstoß offensichtlich zu Lasten der Allgemeinheit gehe. Die Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit ergebe sich auch aus dem kollusiven Zusammenwirken des Beschwerdegegners und des Beigeladenen zur bewussten und bösgläubigen Missachtung des Vergaberechts. Für eine freihändige Vergabe fehle eine besondere Dringlichkeit, auch liege kein Fall einer nur geringfügigen Nachbestellung vor. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für den Beschwerdegegner habe die Vergabekammer zu Unrecht als notwendig anerkannt.

14

Die Beschwerdeführerin beantragt,

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1. den Beschluss der Vergabekammer vom 05.03.2015 aufzuheben;

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2. festzustellen, dass die Antragstellerin durch die rechtswidrige De-facto-Vergabe von 49 Rettungsdienstwochenstunden an den Beigeladenen in ihren Rechten verletzt ist und die Beauftragung unwirksam ist und die Antragstellerin gem. § 97 Abs. 7 GWB in ihren Rechten verletzt;

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3. hilfsweise unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Sache gem. § 123 S. 2, 2. Alt. GWB zur erneuten Entscheidung an die Vergabekammer zurückzuverweisen zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats;

18

4. die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären;

19

5. dem Beschwerdegegner die Kosten Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen aufzuerlegen.

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Der Beschwerdegegner beantragt,

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1. die sofortige Beschwerde zurückzuweisen;

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2. der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Beschwerdegegners aufzuerlegen;

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3. hilfsweise dem Europäischen Gerichtshof gemäß Artikel 267 AEUV folgende Frage zur Entscheidung vorzulegen:

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„Ist – und falls ja unter welchen Voraussetzungen – eine einseitige Anweisung des öffentlichen Auftraggebers gegenüber dem Auftragnehmer

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(a) zur konkreten Ausgestaltung der Leistungen im Rahmen einer Gesamtbedarfsdeckungsvereinbarung oder

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(b) zur Erhöhung des Umfangs der zu erbringenden Dienstleistungen, zu welcher der Auftraggeber jeweils auf Grund eines in den vereinbarten Bestimmungen des mit dem Auftragnehmer bestehenden Dienstleistungsauftrags während dessen Laufzeit zwecks Anpassung an den sich ändernden Bedarf von vornherein eingeräumten vertraglichen Rechts berechtigt ist,

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die Neuvergabe eines öffentlichen Auftrags im Sinne von Artikel 1 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18/EG in der durch das Urteil des Gerichtshofs in der Sache Pressetext Nachrichten Agentur (Urteil vom 19. Juni 2008 – Rs.C-454/06 -) begründeten Auslegung gleich zu achten ?“

28

Der Beschwerdegegner hält den Nachprüfungsantrag für unzulässig, da es vorliegend keinen „öffentlichen Auftrag“ gebe. Mit dem Schreiben vom 22. Dezember 2014 sei weder ein Vertrag noch eine „wesentliche“ Vertragsänderung verbunden. Der bestehende Vertrag habe zu einer einseitigen Anordnung – wie geschehen – ermächtigt. Dieser Vertrag sei vergaberechtlich nicht mehr angreifbar und wirksam. Es bestehe auch keine im Nachprüfungsverfahren zu beachtende Vertragsbeendigungspflicht. Eine Verletzung des EU-Vertrages sei vorliegend nicht festgestellt worden. De-facto vergebene Vertragsverhältnisse dürften „auf ewig“ fortgesetzt werden, zumal dann, wenn für deren Abschluss noch keine EU-vergaberechtlichen Anforderungen bestanden hätten. Rettungsdienstleistungen seien nach bisherigem und auch nach künftigem EU-Recht nicht ausschreibungspflichtig. Ein Verstoß gegen primärrechtliche Pflichten liege nicht vor; ein solcher würde die Nichtigkeit des Vertrages auch nicht begründen. Der Auftrag habe 1978 (noch) keine Binnenmarktrelevanz gehabt. Eine solche sei auch heute zweifelhaft. Hilfsorganisationen ohne Gewinnerzielungsabsicht könnten ohne ex-ante-Transparenz beauftragt werden. Eine Pflicht zur Beendigung eines solchen Vertrages könne nicht Gegenstand eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens sein, da ein solches Begehren mit der Vergabe nicht zusammenhänge. Die „Aufstockung“ gemäß Schreiben vom 22. Dezember 2014 sei kein öffentlicher Auftrag, denn es fehlten Angebot und Annahme. Im Hinblick auf die Formerfordernisse nach § 129 LVwG i. V. m. § 126 Abs. 2 BGB könne es auch keinen „konkludenten“ Vertragsschluss geben, ebenso auch keinen Vertragsschluss durch „Briefwechsel“. Der Beigeladene habe durch die Ausführung der Anordnung keine konkludente Willenserklärung abgegeben. Dafür habe ihm das Erklärungsbewusstsein gefehlt. Eine „funktionale“ Beauftragung sei abzulehnen. Die „Aufstockung“ sei auf der Grundlage der im Ursprungsvertrag und der in den Nachträgen enthaltenden Gesamtbedarfsdeckungsklausel erfolgt. Für Änderungen des Leistungsumfanges bedürfe es lediglich einer einseitigen Entscheidung des Kreises nach Anhörung des Beigeladenen. Von einer Zustimmung des Beigeladenen sei diese nicht abhängig. Hinsichtlich der „Aufstockung“ fehle es schon an einer Vertragsänderung, die Ursprungsverträge seien unverändert geblieben. Es verändere sich nur das, was diese für die tatsächliche Leistungserbringung bedeuteten. Die Vertragsänderung habe auch nicht zu einem anderen Bieterkreis oder zu einem anderweitigen Zuschlag führen können, weil der Ursprungsvertrag nicht ausgeschrieben worden sei und dies auch nicht werden musste. Auch das wirtschaftliche Gleichgewicht bleibe unverändert. Die Kostenabrechnungsregeln seien nicht geändert worden. Es sei zweifelhaft, ob die „Aufstockung“ um 2,6 % bzw. 3,6 % einen „großen“ Umfang habe. Sie sei unabhängig davon bereits in dem dynamischen Ursprungsvertrag und den dazu vorliegenden Nachträgen vorgesehen gewesen. Darin sei die Zahl der RMWStd weder fixiert noch beschränkt gewesen. Die vertraglich vereinbarte Anpassungsklausel sei auch hinreichend konkret. Sie eröffne keine beliebige Änderung zu irgendwelchen neuen Leistungen, es gehe nur um eine Anpassung an einen geänderten Vorhaltungsbedarf im Rahmen des gesetzlichen Sicherstellungsauftrages. Die „Aufstockung“ sei aufgrund einer objektiven fachkundigen Bedarfsfeststellung erfolgt. Die Anpassungsklausel habe auch wirksam vereinbart werden können. Die Annahme, eine Bedarfsänderung von 2,6 % bzw. 3,6 % sei von einer Beauftragung aufgrund des Vertrages nicht erfasst, sei lebensfremd, zumal eine Vereinbarung ohne eine gewisse Dynamik nicht sinnvoll getroffen werden könne. Auf den gesamten Umsetzungsbedarf könne nicht abgestellt werden, denn es seien zwei Nachbemessungen im Abstand von zwei Jahren erfolgt. Bei der Umsetzung der Nachbemessung im Umfang von 194 RMWStd sei noch nicht absehbar gewesen, zu welchem Ergebnis die spätere endgültige Nachbemessung kommen würde. Die Ende 2011 erfolgte „Aufstockung“ um 194 RMWStd dürfe vorliegend nicht einbezogen werden, da darüber bereits bestandskräftig entschieden worden sei. Auf den absoluten Wert der „Aufstockung“ - oberhalb des EU-Schwellenwertes – komme es nicht an, da es hier nicht um eine Vertragsänderung gehe, sondern um eine einseitig angeordnete Bedarfsanpassung im Rahmen eines unveränderten Auftrags. Die „Aufstockung“ sei auch nicht aus Gründen der „Haushaltseffizienz“ oder wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Es dürfe nicht unterstellt werden, der Rettungsdienst werde „zu teuer“ eingekauft. Auf Haushaltsrecht, das Binnenrecht sei, könne sich die Beschwerdeführerin nicht berufen. Einen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der „Haushaltseffizienz“ gebe es nicht. Auch ein Verstoß gegen EU-Grundfreiheiten, der – läge er vor – nicht zur Vertragsnichtigkeit führe, liege nicht vor, ebenso keine Sittenwidrigkeit der „Aufstockung“ oder des „Vertragskonstrukts“ oder ein kollusives Zusammenwirken zwischen dem Kreis und dem Beigeladenen. Der Nachprüfungsantrag sei mangels Vorliegens eines öffentlichen Auftrages auch unbegründet. Zur Frage, ob die Ausübung eines von vornherein im Ausgangsvertrag vorgesehenen Rechts zur Anordnung der Erhöhung des Umfangs der Dienstleistungen zwecks Anpassung an einen geänderten Bedarf überhaupt als Vertragsänderung anzusehen ist, sei – soweit entscheidungserheblich – eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs erforderlich. Die Vergabekammer habe die Beziehung des Bevollmächtigten des Beschwerdegegners im Nachprüfungsverfahren zu Recht für notwendig erachtet.

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Der Beigeladene beantragt,

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1. die sofortige Beschwerde nebst den in der Beschwerdeschrift enthaltenden Anträgen zurückzuweisen und

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2. der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Beigeladenen aufzuerlegen.

32

Er schließt sich dem Vortrag des Beschwerdegegners an. Die Wirksamkeit seiner Beauftragung auf der Grundlage des Vertrages vom 31.05.1978 und des zweiten Nachtrages vom 18.06.1998 sei vergaberechtlich nicht angreifbar. In dem Schreiben vom 22.12.2014 liege weder ein öffentlicher Auftrag noch eine de-facto-Vergabe. Die Leistungspflichten würden durch dieses Schreiben nicht verändert; vorher wie nachher bestehe die Pflicht, sämtliche Rettungsdienstleistungen im Kreisgebiet zu erbringen. Die „Aufstockung“ um 49 RMWStd. verändere nicht die Leistungspflicht, sondern lediglich die Ressourcen, die vorzuhalten seien und von den Krankenkassen bei der Vergütungsberechnung berücksichtigt würden. Das Schreiben vom 22.12.2014 berühre die Modalitäten der unveränderten Leistungspflicht und betreffe keine Leistungserweiterung. Eine Auflösung oder Kündigung der bestehenden Verträge könne vergaberechtlich nicht beansprucht werden, zumal weder die frühere Vorgehensweise noch die mit Schreiben vom 22.12.2014 vorgenommene Erweiterung um 49 RMWStd. vergaberechtswidrig seien. Selbst wenn man einen öffentlichen Auftrag annähme, sei dessen Umfang – 49 RMWStd. – nur eine unwesentliche Leistungserweiterung. Dies entspreche 2,4 % der vorgehaltenen Gesamt-RMWStd und nicht einmal einem Drittel der Wochenstunden eines Rettungswagens. Es würden auch keine Bedingungen eingeführt, die die Zulassung anderer Bieter erlaubt hätten, auch werde der Auftrag nicht auf ursprünglich nicht vorgesehene Leistungen erweitert oder sein Gleichgewicht zugunsten des Auftragnehmers geändert.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die vorgelegten Akten des BG und die beigezogenen Verfahrensakten der Vergabekammer Bezug genommen.

II.

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Die sofortige Beschwerde ist zulässig (1.) und begründet (2.)

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1. Die sofortige Beschwerde gegen den am 05.03.2015 zugestellten Beschluss der Vergabekammer ist am 17.08.2015 form- und fristgerecht eingelegt und zugleich begründet worden (§ 117 Abs. 1 u. 2 GWB). Den schriftsätzlich angekündigten Antrag, den Beschwerdegegner bei fortbestehender Beschaffungsabsicht zur Vergabe nach einem „gemeinschaftsrechtskonformen Vergabeverfahren“ zu verpflichten, hat die Beschwerdeführerin nicht (mehr) gestellt (vgl. dazu Beschl. des Senats v. 15.03.2013, 1 Verg 4/12, VergabeR 2013, 577 [bei Juris Rn. 54]). Das Gleiche gilt für den hilfsweisen Antrag auf Verweisung des Rechtsstreits „an das zuständige Verwaltungsgericht“ bzw. an das „zuständige Landgericht.“

36

2. Die Beschwerde ist begründet. Auf die Anträge der Beschwerdeführerin ist der Beschluss der Vergabekammer aufzuheben und festzustellen, dass die unmittelbare Beauftragung des Beigeladenen mit 49 weiteren Rettungsmittelwochenstunden (sog. „Aufstockung“) von Anfang an unwirksam ist (§ 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB).

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2.1 Die Einwendungen des Beschwerdegegners und des Beigeladenen gegen die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags greifen nicht durch.

38

2.1.1 Hinsichtlich der „allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen“ - Auftraggebereigenschaft des Beschwerdegegners und Antragsbefugnis - ist den Ausführungen im Beschluss der Vergabekammer (S. 7-8 d. Abdr.) zu folgen.

39

2.1.2 Soweit der Beschwerdegegner und der Beigeladene den Nachprüfungsantrag für unzulässig halten, weil es bereits an einem (angreifbaren) öffentlichen Auftrag fehle, ist dem nicht zu folgen.

40

Die „Aufstockung“ betrifft die Erbringung zusätzlicher Dienstleistungen, deren Vergabe im Rahmen eines Dienstleistungsauftrags (§ 99 Abs. 1, 4 GWB) erfolgt. Die Beschwerdeführerin hat schlüssig dargelegt, dass der Beschwerdegegner den Beigeladenen durch das Schreiben vom 22.12.2014 im Umfang von 49 weiteren RMWStd. beauftragt hat. Ob die gegen die Einordnung dieses Vorgangs als öffentlicher Auftrag vorgebrachten Einwände des Beschwerdegegners und des Beigeladenen rechtlich durchgreifen, ist nicht im Rahmen der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags zu entscheiden, sondern eine Frage der Begründetheit.

41

2.1.3 Der Beschwerdeführerin steht für den Nachprüfungsantrag auch ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners unterliegt die Vergabe von Aufträgen über Rettungsdienstleistungen im sog. Submissionsmodell der Ausschreibungspflicht (Beschluss des Senats vom 04.11.2014, a.a.O.; vgl. auch BGH, Beschl. v. 01.12.2008, X ZB 31/08, NZBau 2009, 201 sowie OLG Naumburg, Beschl. v. 22.12.2012, 2 Verg 10/11, NZBau 2012, 258/263). Das gilt unbeschadet dessen, dass die beauftragten Rettungsdienstleistungen als sog. nachrangige Dienstleistungen, also Dienstleistungen nach Anhang I B der VOL/A anzusehen sind. Bei der Ausschreibung solcher Dienstleistungen sind zwar nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 VgV nur einzelne Bestimmungen der VOL/A anzuwenden, daneben aber auch diejenigen des ersten Abschnitts der VOL/A mit Ausnahme des § 7 zur Leistungsbeschreibung, die durch § 8 EG VOL/A verdrängt wird. Nach § 3 Abs. 2 S. 1 VOL/A sind Dienstleistungsaufträge grundsätzlich öffentlich auszuschreiben. Gründe für eine Direktvergabe ohne jeden Wettbewerb sind für Aufträge dieser Art nicht ersichtlich.

42

Soweit der Beschwerdegegner meint, die Vergabe von Rettungsdienstleistungen unterliege (künftig) keiner Pflicht zur öffentlichen (EU-weiten) Ausschreibung (mehr), wird damit das Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt.

43

Zwar verweist der Beschwerdegegner auf Art. 10 lit. h der (neuen, seit Anfang 2014 in Kraft getretenen) EU-Vergaberichtlinie 2014/24/EU, wonach „Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen … erbracht werden“ und die unter (u. a.) den CPV-Codes 75252000-7 („Rettungsdienste“) bzw. 85143000-3 („Einsatz von Krankenwagen“) mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Personenbeförderung fallen, nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst werden. Sollten die hier „aufgestockten“ Leistungen davon erfasst sein, würde - nach Umsetzung der Richtlinie (fristgerecht) zum 18.04.2016 (Art. 90 Abs. 1 der RL 2014/24/EU), wie sie sich bereits im vorliegenden Referentenentwurf eines Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes vom 30.04.2014 (§ 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB-E) abzeichnet - die Ausschreibungspflicht entfallen. Das Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführerin würde damit indes nicht beseitigt, denn es kann nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdegegner bei einer evtl. Feststellung der Unwirksamkeit der „Aufstockung“ mit einer Vergabe der entsprechenden Leistungen mehr als sieben Monate bis zum 18.04.2016 (oder länger) zuwartet. Das widerspräche seinem Gewährleistungs- und Sicherstellungsauftrag gem. § 6 Abs. 1 RDG SH, den er für die hier erfolgte „Aufstockung“ - zu Recht - reklamiert hat.

44

Unabhängig davon kann nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass die - grundsätzlich eng auszulegenden - Regelungen in Art. 10 lit. h der Richtlinie 2014/24/EU bzw. eines entsprechenden deutschen Umsetzungsgesetzes (vgl. den vorliegenden Entwurf des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes [BR-Drucksache 367/15] § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB-E) die hier betroffenen Leistungen des sog. „Regel-Rettungsdienstes“ und anderer (auch anderen CPV-Codes unterfallender) Leistungen von der (EU-)Ausschreibungspflicht vollständig ausnehmen wird. Das Gleiche gilt für die Frage, ob - etwa bzgl. des Beigeladenen - die (gemeinschaftsrechtlich geforderten) Anforderungen an eine gemeinnützige Organisation erfüllt sind (vgl. dazu ausführlich: Prieß, NZBau 2015, 343/346 f.; Antweiler, VergabeR 2015, 275 ff.). Nach dem Erwägungsgrund 28 der Richtlinie 2014/24/EU soll die Bereichsausnahme in Art. 10 lit. h der Richtlinie „nicht über das notwendigste Maß hinaus“ ausgeweitet werden; Krankenwagen zur Patientenbeförderung sollten nicht ausgenommen werden.

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2.2 Die unmittelbare Beauftragung des Beigeladenen mit 49 weiteren Rettungsmittelwochenstunden (sog. „Aufstockung“) ist gem. § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB von Anfang an unwirksam. Die Beschwerdeführerin hat fristgerecht und zu Recht geltend gemacht, dass die in „Gestalt“ des Schreibens des Beschwerdegegners vom 22.12.2014 erfolgte „Aufstockung“ der vom Beigeladenen zu erbringenden sog. Vorhalteleistung von 49 Rettungsmittelwochenstunden als Vergabe eines öffentlichen Auftrags anzusehen ist, die ohne ein rechtlich erforderliches Vergabeverfahren erfolgt ist.

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2.2.1 Die Frist zur Geltendmachung des Vergaberechtsverstoßes von 30 Kalendertagen ab Kenntnis ist von der Beschwerdeführerin eingehalten worden: Sie hat nach der „Aufstockung“ durch das Schreiben des Beschwerdegegners vom 22.12.2014 am 12.01.2015 die vergaberechtliche Nachprüfung beantragt, mithin rechtzeitig i. S. d. § 101 b Abs. 2 Satz 1 GWB.

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2.2.2 Die „Aufstockung“ gem. Schreiben vom 22.12.2014 ist als ein – vergaberechtsrelevanter – öffentlicher Auftrag anzusehen, dessen Wert den Schwellenwert nach § 100 Abs. 1 GWB i. V. m. § 3 Abs. 4 VgV übersteigt.

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2.2.2.1 Die Überschreitung des Schwellenwerts durch die „Aufstockung“ hat die Vergabekammer – zutreffend – festgestellt: Der Auftragswert der „Aufstockung“ um 49 RMWStd. beträgt pro Jahr 115.566,03 Euro; da diese unbefristet erfolgt ist, gilt gemäß 3 Abs. 4 VgV für den Schwellenwert der 48-fache Monatswert, so dass sich ein Betrag von 462.264,00 Euro ergibt. Dieser liegt oberhalb des Schwellenwerts nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 GWB, § 2 Abs. 1 Satz 1 VgV i. V. m. Art. 2 Nr. 1 b der VO(EU) Nr. 1336/2013.

49

2.2.2.2 Die „Aufstockung“ ist als öffentlicher Auftrag i. S. d. § 99 Abs. 1, Abs. 4 GWB anzusehen. Soweit der Beschwerdegegner und der Beigeladene dagegen einwenden, es fehle an einer „Vertragsänderung“, da die Verträge aus 1978, 1983, 1998 und 2001 unverändert geblieben und „dynamisch“ angelegt seien, was im Rahmen einer Gesamtbedarfsdeckung auch die hier vorgenommene „Aufstockung“ umfasse, steht dies dem Vorliegen eines öffentlichen Auftrags nicht entgegen. Das Gleiche gilt für den Einwand, die „Aufstockung“ sei nicht im Wege kongruenter oder konkludenter Angebots- und Annahmeerklärungen, sondern durch eine einseitige, von den Ursprungsverträgen gedeckte Anordnung des Beschwerdegegners zustande gekommen.

50

2.2.2.2.1 Dem Beschwerdegegner ist - im Ausgangspunkt - darin zu folgen, dass die 1978, 1983, 1998 und 2001 geschlossenen Verträge mit dem Beigeladenen vergaberechtlich nicht mehr angreifbar sind. Das liegt in Bezug auf die fristgebundenen Anforderungen des § 101 b GWB bzw. der Vorgängervorschrift in § 13 VgV a. F. auf der Hand. Insoweit kann (ergänzend) auf den Beschluss des Senats vom 04.11.2014 (a.a.O, S. 190, zu 2.4 a. E.) verwiesen werden.

51

Soweit die Beschwerdeführerin meint, im Hinblick auf einen fehlenden materiellen „Bestandsschutz“ der o. g. Verträge könne – jedenfalls – deren Kündigung beansprucht werden, liegt dies außerhalb der im Beschwerdeverfahren gestellten Anträge. Im vergaberechtlichen Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren könnte die Beschwerdeführerin eine Kündigung oder anderweitige Beendigung (möglicherweise) vergaberechtswidriger Verträge nicht beanspruchen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.02.2011, VII-Verg 17/11, Juris). Unabhängig davon hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 04.11.2014 (a.a.O., S. 190/191) festgestellt, dass ein fehlender materieller „Bestandsschutz“ der Altverträge nicht zu deren Nichtigkeit führt. Soweit es dort - weiter - heißt, dass der „öffentliche Auftraggeber … gemeinschaftsrechtlich verpflichtet“ ist, geeignete Maßnahmen zur Vertragsbeendigung in die Wege zu leiten“, ist klarzustellen, dass diese – objektiv-rechtliche – Pflicht des öffentlichen Auftraggebers jedenfalls dann nicht durch einen entsprechenden subjektiven vergaberechtlichen Anspruch von (potentiellen) Bietern unterstützt wird, wenn die „Altverträge“ und ihre maßgeblichen vergaberechtsrelevanten Bestimmungen – wie hier – lange vor Geltung (schon) der europäischen Vergaberichtlinien (1989 bzw. 1992) abgeschlossen worden sind. Ob – wie der Beschwerdegegner meint - für einen durchsetzbaren Kündigungsanspruch zusätzlich zu fordern wäre, dass die Vergaberechtswidrigkeit der (auf „ewig“ abgeschlossenen) Altverträge zuvor durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs festgestellt worden sein muss, ist bislang nicht entschieden; in dem im Senatsbeschluss vom 04.11.2014 zitierten Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 18.07.2007 (C-503/04, NZBau 2007, 594 ff. [Rn. 36 f.]) ist nur entschieden worden, dass sich der öffentliche Auftraggeber der „Behebung“ einer Verletzung des europäischen Gemeinschaftsrechts durch Vertragsbeendigung nicht dadurch entziehen kann, dass er den Altvertrag für „bestandsgeschützt“ hält. Allein der Umstand, dass ein ohne Vergabeverfahren zustande gekommener Altvertrag vom öffentlichen Auftraggeber weiter durchgeführt wird, begründet keinen Anspruch des Bieters darauf, dass der öffentliche Auftraggeber den Vertrag beendet. Das gilt auch dann, wenn dadurch ein (objektiv) vergaberechtswidriger Zustand aufrechterhalten wird (OLG Brandenburg, Beschl. v. 06.03.2012, Verg W 15/11, Juris Rn. 41; KG Berlin, Beschl. v. 19.04.2012, Verg 7/11, VergabeR 2012, 783 [bei Juris Rn. 95 f.]). Eine andere – hier nicht entscheidungserhebliche – Frage ist, ob eine Verpflichtung des Beschwerdegegners zur Vertragsbeendigung gegenüber der Europäischen Union bestehen kann (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.04.2009, VII-Verg 50/08, Juris, Rn. 10 m. w. N.).

52

2.2.2.2.2 Dem Beschwerdegegner und der Beigeladenen ist - weiterhin - darin zu folgen, dass die durch das Schreiben vom 22.12.2014 erfolgte „Aufstockung“ ohne eine - ausdrücklich zwischen den Vertragsparteien vereinbarte - Änderung der bestehenden Verträge „angeordnet“ worden ist.

53

Eine wirksame Vertragsänderung nach §§ 145 ff. BGB durch ein ausdrückliches Angebot und dessen kongruente Annahme ist nicht festzustellen.

54

Zu erwägen wäre allerdings eine konkludente Vertragsänderung, die – einerseits – durch die Zusendung des Schreibens des Beschwerdegegners über die „Aufstockung“ vom 22.12.2014 (Angebot) und – andererseits – durch eine stillschweigende Annahme i. S. d. § 151 S. 1 BGB oder durch eine konkludente Annahme durch Ausführung der „aufgestockten“ Leistungen (vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 22.12.2011, 2 Verg 10/11, NZBau 2012, 258/259) entstanden ist. Das Verhalten der Vertragsparteien spricht dafür, dass beide den erweiterten Vertrag als verbindlich ansehen wollten, indem sie den um die „Aufstockung“ erweiterten Vertrag einvernehmlich fortgesetzt haben. Dafür spricht auch die Vorgeschichte, insbesondere die bereits in gleicher Weise erfolgte „Aufstockung“ um 194 RMWStd.. Der Einwand des Beschwerdegegners, für eine konkludente Vertragsannahme habe dem Beigeladenen das „Erklärungsbewusstsein“ gefehlt, übersieht, dass auch bei fehlendem Erklärungsbewusstsein eine rechtswirksame konkludente Willenserklärung vorliegen kann, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat (BGH, Urt. v. 07.06.1984, IX ZR 66/83, BGHZ 91, 324, 329 f. sowie Urt. v. 02.11.1989, IX ZR 197/88, BGHZ 109, 171, 177).

55

Eine konkludente Vertragsänderung wäre allerdings formunwirksam (§ 125 BGB). Das Vertragsverhältnis zwischen dem Beschwerdegegner und dem Beigeladenen wird von allen Beteiligten als öffentlich-rechtlicher Vertrag eingeordnet, was der (landes-)gesetzlichen Vorgabe in § 6 Abs. 3 Satz 2 RDG SH entspricht. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag kann gemäß § 124 LVwG i. V. m. § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB nur durch Beachtung der Schriftform „auf derselben Urkunde“ geändert werden. Dieses gesetzliche Formerfordernis gilt für die Vertragserklärungen beider Vertragsparteien. Die konkludente Annahme eines Angebots ist mangels Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht möglich (Staudinger/Christian Hertel, BGB [2012], § 126, Rn. 81). Ein insoweit erfolgender Verstoß führt zur Nichtigkeit – jedenfalls – der Vertragsänderung („Aufstockung“; vgl. Spieth, in: Beck’scher Online-Kommentar VwVfG, 2015, § 57 Rn. 18). Im Unterschied zur Rechtslage beim Abschluss privatrechtlicher Verträge können die Vertragsparteien das gesetzliche Formerfordernis nicht einvernehmlich (konkludent) aufheben. Eine konkludente Vertragsänderung ist deshalb nicht möglich.

56

2.2.2.3 Eine vergaberechtsrelevante Vertragsänderung kommt auch in Betracht, wenn keine (vereinbarte) Änderung der 1978, 1983, 1998 und 2001 geschlossenen Verträge stattgefunden hat.

57

Das kann den - hier gegebenen - Fall einer Erweiterung des beauftragten Volumens betreffen, wenn das bisherige Auftragsvolumen durch eine einseitige Leistungsbestimmung oder Option in einem solch „großen Umfang“ erweitert wird, dass es nicht mehr von dem ursprünglich geschlossenen Vertrag erfasst wird.

58

Vergaberechtlich ist insoweit zu unterscheiden zwischen Fällen, in denen das einseitige Leistungsbestimmungsrecht im Ursprungsvertrag vereinbart und qualitativ oder quantitativ hinreichend definiert oder begrenzt ist und Fällen, in denen dies nicht der Fall ist. (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.07.2011, VII-Verg 20/11, NZBau 2012, 50 ff. [bei Juris Rn. 103]; Eschenbruch, in: Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 2014, § 99 GWB Rn. 276 f.). In den erstgenannten Fällen ist die Leistungserweiterung ein von vornherein eingeräumtes und bei der ursprünglichen Beauftragung bereits berücksichtigtes Recht; das Recht zur Leistungserweiterung ist - mit anderen Worten - bereits mit dem Ursprungsvertrag vergeben worden. Ist das Leistungsbestimmungsrecht dagegen nicht begrenzt oder definiert, oder bewegt es sich (gar) außerhalb der ursprünglichen Vereinbarung, wird mit der Leitungserweiterung - erstmals - etwas beauftragt, was von dem ursprünglichen Vertrag nicht umfasst war. In diesem Fall liegt eine Neuvergabe vor, die - bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen - nicht wirksam ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens erfolgen darf (§ 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB).

59

2.2.2.3.1 Die Verträge zwischen dem Beschwerdegegner und dem Beigeladenen enthalten keine Bestimmung über eine Leistungserweiterung bzw. Anpassungsklausel mit einer vorab klar definierten Reichweite.

60

Zwar enthält § 4 Abs. 2 des zweiten Nachtrags eine Entscheidungsbefugnis des Beschwerdegegners über „Anzahl und Einsatzbereitschaft von Rettungsmitteln“, die - im Sinne der obigen Grundsätze - als ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht anzusehen ist. Dieses Recht ist allerdings (sehr) allgemein gehalten und - insbesondere - weder limitiert noch hinsichtlich seiner „Reichweite“ bestimmbar.

61

Weder aus § 4 Abs. 2 des zweiten Nachtrages noch aus den übrigen Bestimmungen der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Beschwerdegegner und dem Beigeladenen ist zu entnehmen, welche Art von Rettungsmitteln wo und – vor allem - in welchem Umfang vorgehalten werden sollen. Die beauftragte Leistungsmenge ist (allein) anhand des Wortlauts der Verträge aus den Jahren 1978, 1983, 1998 und 2001 nicht zu quantifizieren. Das räumt der Beschwerdegegner selbst ein, indem er vorträgt, dass im Ursprungsvertrag und in den Nachträgen die Zahl der vorzuhaltenden RMWStd. weder fixiert noch beschränkt worden sei. Diese Zahl ist aufgrund der Verträge auch in ihrer Größenordnung nicht bestimmbar.

62

Der vereinbarten Entgeltregelung kommt insoweit keine limitierende Bedeutung zu. Sie knüpft an den Leistungsumfang an, den der Beschwerdegegner bestimmt hat und der vom Beigeladenen der Jahresrechnung bzw. dem Wirtschaftsplan (jeweils durch „Selbstkostenblatt“) zugrunde gelegt wird (§§ 7, 8 des zweiten Nachtrags). Die Entgeltregelung ist m. a. W. „akzessorisch“ zur Möglichkeit der Bestimmung des Leistungsumfangs durch den Beschwerdegegner.

63

2.2.2.3.2 Der Auffassung, die beauftragte Leistungsmenge sei anhand des gesetzlichen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 RDG SH) und des vertraglichen (§ 1 Satz 1 des zweiten Nachtrages) Kriteriums der Bedarfsgerechtigkeit bestimmbar, ist nicht zu folgen. Die notwendige Anzahl von Rettungswachen und ihre Ausstattung mag in anderen Ländern (landes-)gesetzlich bestimmt sein (vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.07.2010, Verg W 4/09, Juris Rn. 68), in Schleswig-Holstein ist demgegenüber dem Rettungsdienstgesetz bzw. der dazu erlassenen Durchführungsverordnung vom 22.10.2013 (GVOBl. SH S. 418) keine vergleichbare Definition oder sonstige Vorgabe dazu, wie eine bedarfsgerechte Rettungsmittelvorhaltung zu bemessen ist, zu entnehmen.

64

2.2.2.3.3 Das Kriterium der Bedarfsgerechtigkeit beschreibt allenfalls eine generell-abstrakte Orientierung zur Bestimmung des Leistungsumfangs. Die Reichweite der nach § 4 Abs. 2 des zweiten Nachtrags bestehenden Entscheidungsbefugnis des Beschwerdegegners über die „Anzahl und Einsatzbereitschaft von Rettungsmitteln“ gegenüber einem einzelnen Leistungserbringer – hier: dem Beigeladenen - ist damit aber nicht bestimmbar. Das bestätigen vier Überlegungen:

65

Wenn Bedarfsgerechtigkeit eine Abdeckung des Gesamtumfangs der erforderlichen zu erbringenden Rettungsdienstleistungen meint, ist die „Anzahl ... von Rettungsmitteln“ i. S. des § 4 Abs. 2 nur ausgehend von einer - dem Träger im Rahmen seiner Organisationshoheit obliegenden - Festlegung von Bemessungskriterien zu bestimmen. Die genannte Anzahl ergibt sich aus der Menge der Einsätze und aus der notwendigen Vorhaltung von sachlichen, personellen und organisatorischen Rettungsdienstmitteln. Die Menge der Einsätze mag schätzungsweise auf der Basis von Erfahrungswerten und Prognosen quantifizierbar sein, der Umfang der Vorhalteleistung bemisst sich hingegen in Abhängigkeit von der Definition des „Sicherheitsniveaus“, der Bestimmung von „kalkulatorischen“ Ansätzen zur risiko- und frequenzabhängigen Bemessung von Rettungsmitteln bzw. Reserven und von Optimierungspotentialen unter Berücksichtigung einer „wirtschaftlichen Gesamtvorhaltung“ (vgl. Gutachten zur Rettungsmittelvorhaltung vom 15.12.2014, S. 8, 15 f.). Die genannten Bemessungsfaktoren können in unterschiedlicher Weise konkretisiert werden; die Bestimmung dessen, was bedarfsgerecht ist und die der „Anzahl ... von Rettungsmitteln“ i. S. des § 4 Abs. 2 des zweiten Nachtrags sind davon abhängig.

66

Die Bestimmung der bedarfsgerechten „Anzahl ... von Rettungsmitteln“ hängt - zweitens - von der Organisation, Ausstattung und Struktur des Dienstleistungserbringers ab. Die bedarfsgerechte Anzahl kann sich also ändern, wenn der Bedarfsermittlung eine andere Organisation, Ausstattung etc. oder ein oder mehrere andere Dienstleistungserbringer zugrunde gelegt werden. Sitzt nur ein Leistungserbringer am Tisch, ist nicht auszuschließen, dass der Bedarf orientiert an dessen Organisation und Ausstattung bemessen wird.

67

Die bedarfsgerechte „Anzahl ... von Rettungsmitteln“ ist - drittens - für die einzelnen Leistungsbereiche des Rettungsdienstes (Notfallrettung, Notarzteinsatz, Krankentransport [nah/fern] u. a.; § 1 des Vertrages vom 31.05.1978; vgl. auch § 1 RDG SH) differenziert zu bestimmen. Die genannten Bereiche werden nicht überall gleichermaßen vom Beigeladenen bedient, sondern (auch) von anderen Leistungserbringern. Die Bemessung des dafür jeweils von einem Leistungserbringer (dem Beigeladenen) vorzuhaltenden Umfangs ist vertraglich nicht geregelt und aus der Ermittlung des Gesamtbedarfs der Rettungsmittelvorhaltung nicht eindeutig abzuleiten.

68

Schließlich lässt sich - viertens - aus der Regelung in § 4 Abs. 2 des zweiten Nachtrags nicht ableiten, wie ein ermittelter (Gesamt-)Vorhaltebedarf auf die verschiedenen Leistungserbringer im Kreisgebiet verteilt wird. Die zur Bedarfsdeckung erfolgende „Aufstockung“ der „Anzahl ... von Rettungsmitteln“ kann sowohl in der Weise erfolgen, dass einem Leistungserbringer das gesamte Aufstockungsvolumen übertragen wird, als auch in der Weise, dass andere Leistungserbringer berücksichtigt werden. Die Frage, ob der – durch das Gutachten vom 15.12.2014 ermittelte - Gesamt-Vorhaltebedarf ganz oder nur zu einem Teil durch eine Erhöhung der „Anzahl ... von Rettungsmitteln“, die der Beigeladene zu erbringen hat, abgedeckt wird, ist aufgrund des § 4 Abs. 2 des zweiten Nachtrages nicht zu beantworten. Wie der Beschwerdegegner die „Aufstockung“ auf die im Kreisgebiet tätigen Leistungserbringer verteilt, ist ungeregelt.

69

Wird die Regelung in § 4 Abs. 2 des zweiten Nachtrags - wie der Beschwerdegegner meint - als eine „Gesamtbedarfsdeckungsklausel“ verstanden, die eine vertraglich angelegte „Dynamik“ enthalte,bestätigt dies die fehlende Begrenzung der Befugnis zu einer Leistungserweiterung gegenüber den einzelnen Leistungserbringern. Das Gleiche gilt für die Sichtweise des Beschwerdegegners, in den bestehenden Verträgen sei die Zahl der RMWStd. weder fixiert noch beschränkt gewesen. Damit ist für das aus § 4 Abs. 2 des zweiten Nachtrags abgeleitete Recht zur „Anordnung“ bzw. zu einer einseitigen Leistungsbestimmung durch den Beschwerdegegner gegenüber dessen Vertragspartner keine quantitative Grenze feststellbar. Bei vergaberechtlicher Betrachtung läuft dies auf einen vergaberechtlichen „Freibrief“ hinaus.

70

2.2.2.3.4 Eine Befugnis zur einseitigen „Anordnung“ einer Leistungserweiterung nach § 4 Abs. 2 des zweiten Nachtrags verbleibt dem Beschwerdegegner, wenn diese den Rahmen des in den Verträgen aus den Jahren 1978, 1983, 1998 und 2001 Vereinbarten wahrt. Das kann - entsprechend § 2 VOL/B - für Leistungsänderungen zutreffen. Daneben ist diese Möglichkeit - im Hinblick auf die im Vorhinein nicht exakt bezifferbare Leistungsmenge – auch für Anpassungen an den Bedarf (nach „oben“ oder „unten“) anzuerkennen, die im Rahmen einer normalen, langjährigen „Schwankungsbreite“ liegen und sich damit noch „innerhalb“ des vereinbarten Volumens der bestehenden Verträge bewegen.

71

Die mit Schreiben vom 22.12.2014 vorgenommene „Aufstockung um 49 RMWStd.“ liegt außerhalb der langjährigen Schwankungsbreite im genannten Sinne. Der Beschwerdegegner hat die „Aufstockung“ nicht wegen einer Leistungsschwankung vorgenommen, sondern zur abschließenden Umsetzung der in dem Gutachten vom 15.12.2014 (S. 27) - auf der Grundlage einer neuen, ausführlichen Analyse, Prognose und Bewertung des Bedarfs - empfohlenen Rettungsmittelvorhaltung. In gleicher Weise hatte der Beschwerdegegner schon Ende 2012 - im Vorgriff auf die endgültigen Ergebnisse des Gutachtens zur Überprüfung der Rettungsmittelvorhaltung im Kreisgebiet - „Aufstockungen“ vorgenommen (vgl. Beschl. des Senats vom 04.11.2014, a.a.O.).

72

Dem Beweisantrag des Beschwerdegegners dahingehend, dass „die zusätzlich angeordneten Rettungsmittelwochenstunden aufgrund der Nachträge von 2012 und 2014 ausschließlich auf Veränderungen in der Entwicklung der Hilfsfristen zurückzuführen sind“, war nicht nachzugehen. Was die einzuhaltenden Hilfsfristen (d. h. die Zeiten zwischen dem Eingang einer Notfallmeldung bei der Rettungsleitstelle und dem Erreichen des Einsatzortes) anbetrifft, sind die dafür geltenden gesetzlichen Vorgaben seit langer Zeit unverändert geblieben (vgl. § 7 Abs. 2 RDG-DVO i. d. F. vom 22.11.1993 [GVOBl. SH S. 601] bzw. i. d. F. vom 22.10.2013 [GVOBl. SH S. 448]: 12 Minuten). Soweit die geforderten Hilfsfristen mit den vor der „Aufstockung“ vorgehaltenen Rettungsmittelwochenstunden nicht eingehalten werden konnten, wäre die „Aufstockung“ nicht zur Abdeckung einer Schwankungsbreite, sondern zur Deckung einer bisher in einem erheblichen Umfang nicht sichergestellten Rettungsdienstvorhaltung erfolgt. In diesem Falle hätte die „Aufstockung“ zwar der Erreichung einer bedarfsgerechten Rettungsmittelvorhaltung gedient, hätte sich aber nicht mehr im Rahmen des bis dahin beauftragten Leistungsvolumens des Beigeladenen gehalten.

73

Anzumerken bleibt, dass für den Bereich des Beschwerdegegners (anders als für andere Kreise in Schleswig-Holstein) nur für das Jahr 2013 Zahlen über die Einhaltung der Hilfsfristen durch den Rettungsdienst vorliegen (vgl. LT-Drucksache 18/2465 vom 28.11.2014, Seite 2).

74

2.2.2.4 Der Versuch des Beschwerdegegners, die Befugnis zur einseitigen - nicht begrenzten und vergaberechtsfreien - „Aufstockung“ aus seiner gesetzlichen (§ 6 Abs. 1 S. 1 RDG SH) und in den Verträgen (§ 3 Satz 2 des Vertrages vom 31.05.1978, § 1 des zweiten Nachtrages) – wiederholend – angeführtenAufgabe abzuleiten, die Notfallrettung und den Krankentransport bedarfsgerecht sicherzustellen, vermag nicht zu überzeugen.

75

Dem Gesetz sind, wie ausgeführt, keine für den Einzelfall – das Verhältnis zwischen dem Aufgabenträger und dem Leistungserbringer – operable Kriterien für die Bedarfsgerechtigkeit zu entnehmen (s. o. 3.2.2.3.1). Unabhängig davon wäre der Landesgesetzgeber nicht befugt, von der bundesrechtlich geregelten Pflicht zur Anwendung des Vergaberechts zu dispensieren.

76

Durch die Anknüpfung des Beschwerdegegners an seine gesetzliche Aufgabe und - zugleich - an die vertraglichen Bestimmung werden – zudem - zwei Fragen miteinander vermengt, die voneinander zu trennende Entscheidungsebenen betreffen: Den gesetzlichen Auftrag zur „bedarfsgerechten und leistungsfähigen Sicherstellung von Notfallrettung und Krankentransport“ hat der Beschwerdegegner im Rahmen seiner öffentlich-rechtlichen Trägerverantwortung durch Vorgaben zur Bemessung der Rettungsmittelvorhaltung sowie durch eine fortlaufende Nachsteuerung und Kontrolle der ggf. beauftragten Leistungserbringer umzusetzen. Diese Umsetzung erfolgt - anschließend - auf einer „zweiten“ Ebene nach den Regeln, die (insbesondere) vergabe- und vertragsrechtlich zu beachten sind. Dazu gehört die Frage, ob eine Änderung vertraglicher Leistungen nach Art und/oder Umfang (noch) durch eine Kündigung, Beendigung oder „Anpassung“ bestehender Verträge oder alternativ durch eine ergänzende oder neue (Ausschreibung und) Vergabe von Rettungsdienstleistungen zu erfolgen hat. Werden die Rettungsdienstleistungen – wie hier – von Privaten auf der Grundlage von Dienstleistungsaufträgen erbracht, gelten für Leistungsänderungen vertrags- und vergaberechtliche Anforderungen. Daraus folgt, dass eine – noch dazu sehr allgemein gehaltene – (vom Beschwerdegegner als solche verstandene) vertragliche „Gesamtbedarfsdeckungsklausel“ keine losgelöst von jeder (beliebigen) Änderung der Art oder des Umfangs der zu erbringenden Leistungen wirkende Automatik dahingehend begründet, dass Leistungsänderungen im Wege einer vergaberechtsfreien „Anordnung“ unmittelbar Vertragsinhalt werden. Ein solches Verständnis würde die Möglichkeit eröffnen, dass der öffentliche Auftraggeber die unlimitierte „Gesamtbedarfsdeckungsklausel“ dazu nutzt, Aufträge am Vergaberecht vorbei zu vergeben (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.07.2011, VII-Verg 20/11, NZBau 2012, 50 [bei Juris Rn. 103]).

77

Eine Konkordanz zwischen der öffentlich-rechtlichen (Gewährleistungs-) Aufgabe des Beschwerdegegners gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 RDG SH einerseits und der vergaberechtlich korrekten vertraglichen Umsetzung der Durchführung des Rettungsdienstes (§ 6 Abs. 3 RDG SH) andererseits wird erreicht, wenn der Kreis inallen Fällen von Leistungsänderungen prüft, ob sich diese ihrer Art oder ihrem Volumen nach noch im Rahmen des ursprünglich erteilten Auftrags halten und – soweit dies nicht (mehr) der Fall ist – die notwendigen Schritte zur Ausschreibung und Vergabe der betroffenen Leistungen einleitet.

78

Eine Prüfung in diesem Sinne ist im vorliegenden Fall unterblieben: Der Beschwerdegegner hat seiner öffentlich-rechtlichen (Gewährleistungs-)Aufgabe entsprechend – zwar – eine Überprüfung und Neubestimmung des Bedarfs veranlasst und sich dazu einer gutachterlichen Expertise bedient. Insoweit war er bei der Neubestimmung des Bedarfs nicht „frei“, weil er gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 RDG SH ein bedarfsgerechtes Angebot sicherzustellen hat. In Anbetracht des abschließend ermittelten Mehrbedarfs an Rettungsmittelvorhalteleistungen hätte der Beschwerdegegner - sodann - aber überprüfen müssen, ob dieser noch im Rahmen des ab 1978 beauftragten Leistungsvolumens lag oder nicht (mehr). Zum Zeitpunkt der durch das Schreiben vom 22.12.2014 erfolgten „Aufstockung“ waren vom Beschwerdegegner – einem öffentlichen Auftraggeber - die vergaberechtlichen Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung möglicher Bieter zu beachten. Das gilt auch für eine Vertragsanpassung im Wege einer einseitigen „Anordnung“ (vgl. EuGH, Urt. v. 19.06.2008, C-454/06 [pressetext], NZBau 2008, 518/522, Rn. 60), die nur insoweit vergaberechtsfrei erfolgen könnte, als die „Aufstockung“ noch im Rahmen der - inzwischen (seit 1978) 36 Jahre bzw. (seit 1998) 16 Jahre zurückliegenden - „alten“ Verträgen liegt. Das ist nicht allein deshalb der Fall, weil der Dienstleistungsauftrag in diesen Verträgen „gebietsabdeckend“ erteilt worden ist, denn damit werden Art und Umfang der in dem Gebiet (Kreis) zu erbringenden Leistungen nicht bestimmt. Was den Umfang anbetrifft, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der (zu deckende) Bedarf bei Abschluss des Ursprungsvertrages vom 31.05.1978 bzw. des zweiten Nachtrages vom 18.06.1998 seiner Art und Struktur und den zu erfüllenden Anforderungen nach den Bedarf „in alle Zukunft“ prägt. Aus allgemein zugänglichen Quellen sind nicht nur deutliche Veränderungen für bestimmte Einsatzanlässe des Rettungsdienstes (Verkehrs-, Arbeitsunfälle, sonstige Unfälle, internistische/sonstige Notfälle, Krankentransporte) zu entnehmen, sondern auch veränderte demographische Indikatoren und ein verändertes Verhalten bei der Inanspruchnahme des Rettungsdienstes (vgl. „Gesundheitsberichterstattung des Bundes“; im Internet unter www.gbe-bund.de; RKiSH - KLN 2025: „Wie verändert der demografische und strukturelle Wandel den Rettungsdienst in Schleswig-Holstein bis zum Jahr 2025?“, S. 11 f.). In Schleswig-Holstein ist die Gesamtzahl der bodengebundenen Notarzt-, Rettungswagen- und Krankentransportwageneinsätze von 2001 bis 2013 um 44,3 Prozent gestiegen, was – aus Sicht der Landesregierung – auf die demographische Entwicklung (relative Zunahme älterer Menschen mit altersspezifischen Krankheitsbildern und abnehmender Mobilität), strukturell bedingte Steigerungseffekte (zunehmender Anteil von Ein- und Zweipersonenhaushalten, Einrichtung von sog. Anlaufpraxen zumeist an Krankenhäusern, Steigerung insbesondere von Sekundär- bzw. Verlegungseinsätzen), besondere Beförderungsnotwendigkeiten (schwergewichtige Patientinnen und Patienten, Intensivtransporte), ein verändertes Anspruchsverhalten sowie auf Werbemaßnahmen für die Nutzung der Notrufnummer „112“ zurückzuführen ist (s. LT-Drucksache 18/2283 vom 23.09.2014, S. 2-3 sowie LT-Drucksache 18/2749 vom 06.03.2015).

79

Die Annahme, dass die - sehr vage - Regelung in § 4 Abs. 2 des zweiten Nachtragsvertrages vom 18.06.1998 und der – im Vertrag in Bezug genommene (s. o.) - gesetzliche Sicherstellungsauftrag des Kreises derartige Veränderungen losgelöst von der Bedarfssituation bei Vertragsschluss mit abdeckt, überdehnt die Grenzen rechtlich vertretbarer Vertragsauslegung. Der Senat übersieht dabei nicht, dass der durch Rettungsdienstleistungen abzudeckende Bedarf nicht im Vorhinein exakt bestimmt werden kann; möglich - aber auch nötig - ist aber eine vor Auftragserteilung erfolgende Bestimmung der maßgeblichen Vorgaben zum zeitlichen und räumlichen Bereich der Leistungserbringung sowie zur voraussichtlichen Zahl der Einsätze. Auf dieser Grundlage kann das Bestimmungsrecht des Kreises im Rahmen einer „bedarfsgerechten und leistungsfähigen Sicherstellung“ (§ 1 des zweiten Nachtrags) ausgeübt werden; es umfasst dann in Bezug auf den Leistungsumfang auch den Fall üblicher, im Laufe der Jahre oder auch saisonal auftretender „Schwankungsbreiten“ (die in der Praxis z. T. bereits über die Rettungsleitstelle des Kreises erfasst werden können [§ 2 Abs. 2, § 4 Abs. 3 des zweiten Nachtrags]), oder die Abdeckung evtl. Spitzenbelastungen im Notfallaufkommen.

80

2.2.2.5 Die „Aufstockung“ wird nach alledem von der Entscheidungsbefugnis des Beschwerdegegners in § 4 Abs. 2 des zweiten Nachtrags nicht gedeckt. Die gegenüber dem Beigeladenen „angeordnete“ Leistungserweiterung im Umfang von weiteren 49 RMWStd. liegt außerhalb der bestehenden Verträge (s. o. 2.2.2.3). Die „Anordnung“ ist wie ein neues Vertragsangebot zu behandeln. Wird dies - wie hier - zwar nicht „schriftförmlich“ angenommen, aber in dem Sinne faktisch akzeptiert, dass der neuen Leistungsbestimmung entsprochen wird, entspricht dies einer faktischen Auftragsänderung, die vergaberechtlich nur hingenommen werden kann, wenn insoweit die Durchführung eines Vergabeverfahrens nicht vorgeschrieben ist.

81

2.2.3 Die durch die „Aufstockung“ bewirkte Änderung des Vertrages der Beschwerdegegnerin mit dem Beigeladenen ist auch als „wesentlich“ anzusehen; sie hätte deshalb nur auf der Grundlage eines Vergabeverfahrens erfolgen dürfen.

82

Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 19.06.2008 (a.a.O., S. 520, Rn. 34-37) ist eine Vertragsänderung u. a. dann „wesentlich“, wenn sie den Auftrag in großem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen erweitert.

83

2.2.3.1 Eine solche Erweiterung liegt nicht nur bei einer Vergrößerung des Vertragsgebiets oder dann vor, wenn der Vertrag der „Art“ nach auf Dienstleistungen erstreckt wird, die bisher nicht beauftragt waren, sondern auch dann, wenn - wie hier - eine große quantitative Erweiterung der bisher beauftragten Notfallrettungs-, Notarzt- oder Krankentransport-Dienstleistungen erfolgt. Auch in einem solchen Fall wird das (früher) bereits Vereinbarte nicht allein näher ausgestaltet, sondern etwas geregelt, was von den früheren Vereinbarungen nicht umfasst war. Das ist hier der Fall, nachdem auf der Grundlage einer neuen (gutachterlichen) Bedarfsermittlung ein erheblicher „Sprung“ hinsichtlich der beauftragten Leistungsmenge zu verzeichnen ist.

84

2.2.3.2 Die Erweiterung ist im Hinblick auf ihren „großen Umfang“ als wesentliche Vertragsänderung zu bewerten.

85

2.2.3.2.1 Bereits der Umstand, dass der Wert der „Aufstockung“ um 49 RMWStd. den Schwellenwert im Hinblick auf die unbefristete Vertragslaufzeit deutlich übersteigt (s. o. 3.2.2.1), indiziert die Wesentlichkeit der Vertragsänderung (OLG Celle, Beschl. v. 29.10.2009, 13 Verg 8/09, OLGR 2009, Anm. 7; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.07.2011, VII-Verg 20/11, NZBau 2012, 50 [bei Juris Rn. 97]). Das entspricht auch der neuen EU-Vergaberichtlinie 2014/24/EU, die in Art. 72 Abs. 2 Satz 1 (i) eine Vertragsänderung, deren Wert die maßgeblichen Schwellenwerte übersteigt, nicht von einer Ausschreibungspflicht freistellt (vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Vergaberechtsmodernisierungsgesetz [BR-Drucksache 367/15]; § 132 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB-E).

86

2.2.3.2.2 Soweit der Beschwerdegegner einwendet, eine Vertragsänderung könne nicht als „wesentlich“ angesehen werden, wenn die Leistungen um (lediglich) 2,6 % (unter Zugrundelegung von 49 RMWStd.) bzw. 3,6 % (unter Zugrundelegung von 67 RMWStd.) erweitert würden und nicht einmal einem Drittel einer Woche eines Rettungswageneinsatzes entspreche, ist dem aus mehreren Gründen nicht zu folgen.

87

Die Bezugnahme auf das „Zeitbudget“ eines Rettungswagens übergeht, dass die vorzuhaltenden Rettungsmittel auch andere Leistungsformen (Notarzt, Krankentransport) betreffen. Abgesehen davon ist der Berechnungsweise des Beschwerdegegners – im Grundansatz – nicht zu folgen, weil sie nur die zuletzt erfolgte (Volumen-) Steigerung um 49 (bzw. 67) RMWStd. berücksichtigt, nicht aber – auch – die zuvor („bestandskräftig“) beauftragte Volumensteigerung um 194 RMWStd. sowie um weitere 18 RMWStd.. Rechnerisch ergibt sich folgendes Bild:

88

        

        

Veränderung

RMWStd.

(1)

Ursprüngliche RMWStd.

---

1.637

---

(2)

„Aufstockung“ 02.11.2012

+ 194

1.831

+ 11,85 %

(3)

„Aufstockung“

+ 18

1.849

+ 12,95 %

(4)

„Aufstockung“ 22.12.2014

+ 49

1.898

+ 15,94 %

89

Insgesamt ist der Leistungsumfang somit um fast 16 % erweitert worden.

90

Entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners und des Beigeladenen ist die Ende 2012 erfolgte „Aufstockung“ im vorliegenden Zusammenhang mit zu berücksichtigen. Die „Bestandskraft“ der dazu erfolgten Vergabeentscheidung des Beschwerdegegners steht dem nicht entgegen. Sie bewirkt nur, dass diese Entscheidung nach Erschöpfung des Vergaberechtsweges von einem Bieter nicht mehr angegriffen werden kann. Die „Bestandskraft“ hindert es aber nicht, im Rahmen der „Wesentlichkeit“ einer Erweiterung des Leistungsvolumens nach schrittweise erfolgten „Aufstockungen“ auch zuvor realisierte Leistungserweiterungen einzubeziehen. Maßgeblich ist - mit anderen Worten - der Gesamtumfang aller vom Beschwerdegegner auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens vorgenommenen „Aufstockungen“.

91

Der Beschwerdegegner hat die Leistungserweiterung 2012 selbst nur aus einer vorläufigen Ermittlung des Bedarfs abgeleitet, wie sich (z. B.) aus einem Vermerk vom 06.11.2014 (VV Bl. 2), einer Sitzungsniederschrift des Gesundheits- und Brandschutzausschusses des Kreistages vom 10.11.2014 (VV Bl. 88) und einer Vorlage für diesen Ausschuss vom 17.11.2014 (VV Bl. 127) ergibt. Der Beschwerdegegner hat sich seinerzeit und auch in der Folgezeit mit den z. T. schwierig zu gewinnenden Datengrundlagen und den Bedarfsannahmen des eingeholten Sachverständigengutachtens weiter befasst. Auf dieser Grundlage ist das Leistungsvolumen in einem schrittweisen Entscheidungsprozess zunächst um 194, sodann um 18 und schließlich um die (hier streitgegenständlichen) 49 weiteren RMWStd. „aufgestockt“ worden; der Beschwerdegegner sieht die „Aufstockung“ damit (erst) jetzt – insgesamt – als abgeschlossen an. Vor diesem Hintergrund wäre es sachwidrig, für die „Wesentlichkeit“ der Vertragsänderung nicht auf das Gesamtvolumen der Leistungserweiterung abzustellen.

92

Der Beschwerdeführerin ist darin zuzustimmen, dass die vorliegende „Aufstockung“ nur eine Teillosvergabe darstellt (vgl. § 2 Abs. 2 VOL/A: in der Menge aufgeteilte Leistungen). Für die Schwellenwertermittlung sieht § 3 Abs. 7 VgV vor, dass der Wert aller Lose zugrunde zu legen ist. Im gleichen Sinne hat auch zur Beurteilung der „Wesentlichkeit“ (des Umfangs) einer Vertragsänderung eine Zusammenrechnung des Wertes der Teillose zu erfolgen. Der Beurteilung ist folglich nicht nur der (zufällige) Wert der letzten „Aufstockung“, sondern der Gesamtwert der aus den vom Beschwerdegegner aus dem Sachverständigengutachten abgeleiteten „Aufstockungen“ zugrunde zu legen ist, also knapp 16 % (s. o.). Damit wird zugleich der Gefahr entgegengewirkt, durch eine „salamiartige“ Stückelung der einzelnen „Aufstockungen“ deren Vergabe dem Vergaberecht zu entziehen (vgl. § 3 Abs. 2 VgV).

93

Für die Zugrundelegung des Gesamtvolumens der „Aufstockungen“ spricht - schließlich - auch der Gedanke einer effizienten Wirksamkeit des europäischen Vergaberechts (vgl. Art. 5 Abs. 8, Art. 18 Abs. 1 Satz 2 der - bereits in Kraft getretenen - neuen EU-Vergaberichtlinie 2014/24/EU). Zur Relevanz von mehreren aufeinander folgenden Auftragsänderungen bestimmt Art. 72 Abs. 2 Satz 3 RL 2014/24/EU:

94

„Im Falle mehrerer aufeinander folgender Änderungen wird deren Wert auf der Grundlage des kumulierten Nettowerts der aufeinander folgenden Änderungen bestimmt.“

95

Im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie in das deutsche Recht soll eine entsprechende Bestimmung geschaffen werden (§ 132 Abs. 3 Satz 2 GWB-E, BR-Drucksache 367/15). Die Regelung in Art. 72 Abs. 2 Satz 3 der Richtlinie 2014/24/EU entfaltet schon vor ihrer Umsetzung in innerstaatliches Recht eine - auch von den Nachprüfungsinstanzen zu beachtende - Vorwirkung. Die Richtlinienbestimmung ist hinreichend bestimmt und enthält bezüglich ihrer Umsetzung zur vorliegenden Frage keinen Spielraum, so dass der nationalen Gesetzgebung nicht vorgegriffen wird (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.11.2014, VII-Verg 30/14, NZS 2015, 68 [bei Juris Rn. 13]; Müller/Kellermann, ZfBR 2015, 347 ff.; Oberndörfer/Lehmann, BB 2015, 1027/1033 [zu V.]).

96

Insgesamt ist somit auf den Gesamtumfang der „Aufstockungen“ abzustellen. Dieser überschreitet im Hinblick auf den quantitativen „Sprung“ eines um fast 16 % erhöhten Leistungsvolumens das Leistungsgefüge der Ursprungsverträge erheblich.

97

Die Vertragsänderung ist damit als „wesentlich“ anzusehen.

98

2.2.4 Der Beschwerdegegner durfte den in der „Aufstockung“ vom 22.12.2014 verkörperten erweiterten Leistungsumfang nicht unmittelbar an den Beigeladenen vergeben.

99

2.2.4.1 Die „Aufstockung“ war ihrem Gegenstand (s. o. 2.1.3) und ihrem Umfang (s. o. 3.2.2) nach ausschreibungspflichtig; sie hätte nur nach Durchführung eines (EU-weiten) Vergabeverfahrens vergeben werden dürfen.

100

Die Annahme des Beschwerdegegners, die Vergabe von Rettungsdienstleistungen werde vom Anwendungsbereich des nationalen Vergaberechts bzw. der europäischen Vergaberichtlinien nicht erfasst, ist unzutreffend (s. o. 2.1.3).

101

2.2.4.2 Eine gesetzliche Norm, die im vorliegenden Fall das Erfordernis eines Vergabeverfahrens entfallen ließe, ist nicht ersichtlich.

102

Insofern unterscheidet sich die Rechtslage von derjenigen, die der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 11.12.2014 - C-113/3 - „Spezzino“ (ZfBR 2015, 297) - zum italienischen Recht - zu beurteilen hatte. Nach dieser Entscheidung steht die Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit (Art. 49, 56 AEUV) einer nationalen Vorschrift nicht entgegen, die die Vergabe von dringenden Krankentransport- und Notfallkrankentransportdiensten vorrangig im Wege der Direktvergabe an sog. Freiwilligenorganisationen vorsieht. Eine solche (im italienischen Recht vorhandene) nationale Vorschrift existiert in Deutschland weder auf Bundes- noch auf Landesebene. Abgesehen davon war vorliegend die Vergabe nicht auf „dringende“ Krankentransportleistungen bzw. Notfallkrankentransportdienste beschränkt, sondern umfasste auch „normale“ Krankentransporte und Notarzteinsätze.

103

2.2.4.3 Der Beschwerdegegner hätte andere Bieter an dem Verfahren zur Vergabe der „aufgestockten“ Leistung beteiligen müssen.

104

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die „Aufstockung“ im Wege einer freihändigen Vergabe erfolgen durfte. Der Beschwerdegegner hat nach seinem eigenen Vorbringen keine freihändige Vergabe durchgeführt, sondern überhaupt keine Vergabe.

105

Unabhängig davon ist auch eine freihändige Vergabe ein Vergabeverfahren i. S. d. § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB, an dem gem. § 3 Abs. 1 Satz 4 VOL/A in der Regel mehrere Bieter - mindestens drei - zu beteiligen sind. Eine freihändige Direktvergabe der Leistungen an den Beigeladenen wäre damit entgegen der Annahme des Beschwerdegegners nicht zulässig.

106

Die „aufgestockten“ Leistungen hätten im Übrigen nicht freihändig vergeben werden dürfen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlagen: Es bestand keine besondere Dringlichkeit i. S. d. § 3 Abs. 5 lit. g VOL/A (i. V. m. § 1 Abs. 3 EG-VOL/A und § 4 Abs. 4 VgV,). Eine „geringfügige Nachbestellung“ i. S. d. § 3 Abs. 5 lit. d VOL/A wäre nur „im Anschluss an einen bestehenden Vertrag“ gegeben; die „Aufstockung“ ist demgegenüber innerhalb eines bestehenden Vertrages mit dem Beigeladenen erfolgt.

107

2.2.5 Einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs nach Art. 267 AEUV bedarf es nicht.

108

2.2.5.1 Die vom Beschwerdegegner im Schriftsatz vom 16.04.2015 formulierte Vorlagefrage geht davon aus, dass seine Befugnis, eine „einseitige Anweisung“ zur Ausgestaltung der Leistungen oder zur Erhöhung ihres Umfangs zu erteilen, im Rahmen eines „von vornherein eingeräumten vertraglichen Rechts“ erfolge. Dieser Ausgangspunkt ist rechtlich unzutreffend, da die „Anweisung“ - wie hier - Leistungserweiterungen betrifft, die das 1978, 1983, 1998 und 2001 Vereinbarte jenseits einer nach § 4 Abs. 2 des zweiten Nachtrags zu erfassenden Schwankungsbreite überschreiten (s. o. 3.2.2.4). Die vom Beschwerdegegner bemühte Vorschrift in § 4 Abs. 2 des zweiten Nachtrags und die übrigen vertraglichen Bestimmungen enthalten kein „von vornherein eingeräumtes vertragliches Recht“ zu einer weitergehenden „Aufstockung“.

109

2.2.5.2 Die vom Beschwerdegegner formulierte Vorlagefrage bezieht sich auf Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18/EG und eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 19.06.2008 (a.a.O.) zur Auslegung dieser Bestimmung. Die genannte Richtlinie ist inzwischen außer Kraft getreten; an ihrer Stelle gilt die Richtlinie 2014/24/EU (a.a.O.). Eine Frage zur Auslegung der nicht mehr geltenden Richtlinie 2004/18/EG kann dem Europäischen Gerichtshof nicht vorgelegt werden.

110

2.2.5.3 Eine (den Ausführungen zu 3.2.5.1 Rechnung tragende) geänderte Fassung der Vorlagefrage könnte lauten, ob eine vergaberelevante Vertragsänderung auch durch eine einseitige „Anordnung“ oder Leistungsbestimmung des Auftraggebers im Rahmen einer im Ursprungsvertrag nicht limitierten, allein an den jeweils angenommenen Bedarf anknüpfenden Vertragsbestimmung erfolgen kann, also ohne eine zweiseitige Änderung. Auch eine solche Frage gibt keine Veranlassung, eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen.

111

Die einseitige Ausübung eines in den ursprünglichen Auftragsunterlagen eingeräumten und seinem Umgang nach bestimmbaren Leistungsbestimmungsrechts führt zu einer Vertragsänderung, die - wenn sie die Grenzen des vorab Vereinbarten wahrt - zu keiner Ausschreibungspflicht führt. Bereits dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19.06.2008 ist zu entnehmen, dass eine Erhöhung des Umfangs der Leistungen im Vertrag „ausdrücklich erlaubt“ sein muss (vgl. EuGH, Urt. v.19.06.2008, a.a.O., Rn. 60); ein weder limitiertes noch - bestimmbar - begrenztes Anordnungsrecht genügt für eine solche Erlaubnis nicht. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung knüpft Art. 72 Abs. 1 lit. a der neuen Richtlinie 2014/24/EU die Zulässigkeit von Auftragsänderungen zu Umfang und Art der Leistungen an die Voraussetzung klarer, präziser und eindeutiger Vorgaben in den ursprünglichen Auftragsunterlagen. Gerade solche Vorgaben fehlen hier.

112

Eine „Anweisung“ oder Leistungsbestimmung, die den Umfang des ursprünglich Vereinbarten überschreitet, ist wie ein neues Vertragsangebot zu behandeln, das jedenfalls dann, wenn die erweiterten Leistungen erbracht werden und die Vertragsparteien von einer rechtsverbindlich erweiterten Leistungspflicht ausgehen, einer faktischen Auftragsänderung entspricht. Nach Art. 72 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2014/24/EU kann eine damit verbundene Verletzung des Vergaberechts nur hingenommen werden, wenn die Durchführung eines Vergabeverfahrens nicht vorgeschrieben ist.

113

Die Fallgestaltungen ohne Ausschreibungspflicht werden in der genannten Richtlinienbestimmung „katalogartig“ definiert. Bei Anwendung dieser Bestimmungen auf den vorliegenden Fall ist eine Ausschreibungsfreiheit der „Aufstockung“ nicht gegeben, weil in den Verträgen aus 1978, 1983, 1998 und 2001 keine klaren, präzisen und eindeutigen Optionen bzw. Leistungsbestimmungsrechte des Beschwerdegegners enthalten waren (Art. 72 Abs. 1 lit. a), ein Auftragnehmerwechsel nicht ausgeschlossen (lit. b) und die Bedarfserhöhung nicht unvorhersehbar war (lit. c). Da der Wert der Aufstockung oberhalb des maßgeblichen Schwellenwertes liegt und auch 10 % des ursprünglichen Auftragswerts übersteigt, scheidet eine Vergabefreiheit auch nach Art. 72 Abs. 2 der Richtlinie aus.

114

Damit gilt Art. 72 Abs. 5 der Richtlinie 2014/24/EU, wonach ein neues Vergabeverfahren bei „allen anderen Änderungen der Bestimmungen eines öffentlichen Auftrags... während seiner ... Laufzeit“ erforderlich ist. Die neue Richtlinie 2014/24/EU ist gem. Art. 93 am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU Nr. L 94/65 vom 28.03.2014 in Kraft getreten; sie galt also schon, als die „Aufstockung“ mit Schreiben vom 22.12.2014 erfolgte. Folglich war szt. ein neues Vergabeverfahren erforderlich.

115

2.3 Ob die „Aufstockung“ zu Gunsten des Beigeladenen auch gegen die Grundfreiheiten des EU-Vertrages verstößt, kann im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen offen bleiben. Das Gleiche gilt für die weiteren von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Fragen, ob die Vergabe wegen Verletzung der „Haushaltseffizienz“ oder das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V) rechtsunwirksam ist. Anzumerken ist insoweit, dass die Grundfreiheiten des EU-Vertrages keine Verbotsgesetze sind, die eine Vertragsnichtigkeit begründen (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 23.07.2012, 8 B 484/12, Juris Rn. 28). Auf – nur „binnenrechtlich“ geltende - haushaltsrechtliche Vorschriften oder Grundsätze kann sich die Beschwerdeführerin nicht berufen. Für das sozialrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot gilt im Ergebnis das Gleiche; es bindet die Sozialleistungsträger, vermittelt aber keine Bieterrechte (vgl. BSG, Urt. v. 23.07.2002, B 3 KR 63/01 R, BSGE 89, 294 f.).

116

3. Die Missachtung der Vergabepflichtigkeit der Auftragsvergabe führt gemäß § 101b GWB zur Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages. Als „Vertrag“ ist insoweit die streitgegenständliche „Aufstockung“ gemäß Schreiben vom 22.12.2014 anzusehen.

117

Die Beschwerde hat insoweit Erfolg. Der Beschluss der Vergabekammer ist aufzuheben.

118

4. Die Entscheidungen über die Kosten und Aufwendungen beruhen auf § 128 Abs. 3, 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG sowie auf §§ 120 Abs. 2, 78 GWB.

119

Der Beschwerdegegner und der Beigeladene, der durch die Stellung eines Antrags auf Zurückweisung der Beschwerde am Kostenrisiko des Beschwerdeverfahrens teilgenommen hat, sind unterlegen. Es entspricht der Billigkeit, dem Beschwerdegegner und dem Beigeladenen jeweils die Hälfte der Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Die Kostenentscheidung des Beschlusses der Vergabekammer ist im gleichen Sinne zu ändern; auch dort ist für die Kostenverteilung die Billigkeit maßgeblich (§ 128 Abs. 3 Satz 5 GWB).

120

Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 50 Abs. 2 GKG, der ausgehend vom Auftragswert (s. o. 3.2.2.1) errechnet worden ist (5 v. H. des Brutto-Auftragswerts).


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 151 Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden


Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. D

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 125 Nichtigkeit wegen Formmangels


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(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Mehrere öffentliche Auftraggeber können vereinbaren, bestimmte öffentliche Aufträge gemeinsam zu vergeben. Dies gilt auch für die Auftragsvergabe gemeinsam mit öffentlichen Auftraggebern aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die Möglichkeiten zur Nutzung von zentralen Beschaffungsstellen bleiben unberührt.

(2) Soweit das Vergabeverfahren im Namen und im Auftrag aller öffentlichen Auftraggeber insgesamt gemeinsam durchgeführt wird, sind diese für die Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren gemeinsam verantwortlich. Das gilt auch, wenn ein öffentlicher Auftraggeber das Verfahren in seinem Namen und im Auftrag der anderen öffentlichen Auftraggeber allein ausführt. Bei nur teilweise gemeinsamer Durchführung sind die öffentlichen Auftraggeber nur für jene Teile gemeinsam verantwortlich, die gemeinsam durchgeführt wurden. Wird ein Auftrag durch öffentliche Auftraggeber aus verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeinsam vergeben, legen diese die Zuständigkeiten und die anwendbaren Bestimmungen des nationalen Rechts durch Vereinbarung fest und geben das in den Vergabeunterlagen an.

(3) Die Bundesregierung kann für Dienststellen des Bundes in geeigneten Bereichen allgemeine Verwaltungsvorschriften über die Einrichtung und die Nutzung zentraler Beschaffungsstellen sowie die durch die zentralen Beschaffungsstellen bereitzustellenden Beschaffungsdienstleistungen erlassen.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen, die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit stehen (unentgeltliche Rechtsdienstleistungen).

(2) Wer unentgeltliche Rechtsdienstleistungen außerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen erbringt, muss sicherstellen, dass die Rechtsdienstleistung durch eine Person, der die entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person erfolgt. Anleitung erfordert eine an Umfang und Inhalt der zu erbringenden Rechtsdienstleistungen ausgerichtete Einweisung und Fortbildung sowie eine Mitwirkung bei der Erbringung der Rechtsdienstleistung, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Sektorenauftraggeber sind

1.
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben,
2.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, wenn
a)
diese Tätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt wird, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, oder
b)
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3 auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können.

(2) Besondere oder ausschließliche Rechte im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a sind Rechte, die dazu führen, dass die Ausübung dieser Tätigkeit einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Keine besonderen oder ausschließlichen Rechte in diesem Sinne sind Rechte, die aufgrund eines Verfahrens nach den Vorschriften dieses Teils oder aufgrund eines sonstigen Verfahrens gewährt wurden, das angemessen bekannt gemacht wurde und auf objektiven Kriterien beruht.

(3) Die Ausübung eines beherrschenden Einflusses im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b wird vermutet, wenn ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3

1.
unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt,
2.
über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder
3.
mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.

(1) Bei der Schätzung des Auftragswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Zudem sind etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Sieht der öffentliche Auftraggeber Prämien oder Zahlungen an den Bewerber oder Bieter vor, sind auch diese zu berücksichtigen.

(2) Die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts darf nicht in der Absicht erfolgen, die Anwendung der Bestimmungen des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung zu umgehen. Eine Auftragsvergabe darf nicht so unterteilt werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung fällt, es sei denn, es liegen objektive Gründe dafür vor, etwa wenn eine eigenständige Organisationseinheit selbstständig für ihre Auftragsvergabe oder bestimmte Kategorien der Auftragsvergabe zuständig ist.

(3) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswerts ist der Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesendet wird oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird.

(4) Der Wert einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wird auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwertes aller Einzelaufträge berechnet, die während der gesamten Laufzeit einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems geplant sind.

(5) Der zu berücksichtigende Wert im Falle einer Innovationspartnerschaft entspricht dem geschätzten Gesamtwert der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, die während sämtlicher Phasen der geplanten Partnerschaft stattfinden sollen, sowie der Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen, die zu entwickeln und am Ende der geplanten Partnerschaft zu beschaffen sind.

(6) Bei der Schätzung des Auftragswerts von Bauleistungen ist neben dem Auftragswert der Bauaufträge der geschätzte Gesamtwert aller Liefer- und Dienstleistungen zu berücksichtigen, die für die Ausführung der Bauleistungen erforderlich sind und vom öffentlichen Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. Die Möglichkeit des öffentlichen Auftraggebers, Aufträge für die Planung und die Ausführung von Bauleistungen entweder getrennt oder gemeinsam zu vergeben, bleibt unberührt.

(7) Kann das beabsichtigte Bauvorhaben oder die vorgesehene Erbringung einer Dienstleistung zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen. Erreicht oder überschreitet der geschätzte Gesamtwert den maßgeblichen Schwellenwert, gilt diese Verordnung für die Vergabe jedes Loses.

(8) Kann ein Vorhaben zum Zweck des Erwerbs gleichartiger Lieferungen zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen.

(9) Der öffentliche Auftraggeber kann bei der Vergabe einzelner Lose von Absatz 7 Satz 3 sowie Absatz 8 abweichen, wenn der geschätzte Nettowert des betreffenden Loses bei Liefer- und Dienstleistungen unter 80 000 Euro und bei Bauleistungen unter 1 Million Euro liegt und die Summe der Nettowerte dieser Lose 20 Prozent des Gesamtwertes aller Lose nicht übersteigt.

(10) Bei regelmäßig wiederkehrenden Aufträgen oder Daueraufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen sowie bei Liefer- oder Dienstleistungsaufträgen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums verlängert werden sollen, ist der Auftragswert zu schätzen

1.
auf der Grundlage des tatsächlichen Gesamtwerts entsprechender aufeinanderfolgender Aufträge aus dem vorangegangenen Haushaltsjahr oder Geschäftsjahr; dabei sind voraussichtliche Änderungen bei Mengen oder Kosten möglichst zu berücksichtigen, die während der zwölf Monate zu erwarten sind, die auf den ursprünglichen Auftrag folgen, oder
2.
auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwerts aufeinanderfolgender Aufträge, die während der auf die erste Lieferung folgenden zwölf Monate oder während des auf die erste Lieferung folgenden Haushaltsjahres oder Geschäftsjahres, wenn dieses länger als zwölf Monate ist, vergeben werden.

(11) Bei Aufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen, für die kein Gesamtpreis angegeben wird, ist Berechnungsgrundlage für den geschätzten Auftragswert

1.
bei zeitlich begrenzten Aufträgen mit einer Laufzeit von bis zu 48 Monaten der Gesamtwert für die Laufzeit dieser Aufträge, und
2.
bei Aufträgen mit unbestimmter Laufzeit oder mit einer Laufzeit von mehr als 48 Monaten der 48-fache Monatswert.

(12) Bei einem Planungswettbewerb nach § 69, der zu einem Dienstleistungsauftrag führen soll, ist der Wert des Dienstleistungsauftrags zu schätzen zuzüglich etwaiger Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer. Bei allen übrigen Planungswettbewerben entspricht der Auftragswert der Summe der Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer einschließlich des Werts des Dienstleistungsauftrags, der vergeben werden könnte, soweit der öffentliche Auftraggeber diese Vergabe in der Wettbewerbsbekanntmachung des Planungswettbewerbs nicht ausschließt.

(1) Sektorenauftraggeber sind

1.
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben,
2.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, wenn
a)
diese Tätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt wird, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, oder
b)
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3 auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können.

(2) Besondere oder ausschließliche Rechte im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a sind Rechte, die dazu führen, dass die Ausübung dieser Tätigkeit einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Keine besonderen oder ausschließlichen Rechte in diesem Sinne sind Rechte, die aufgrund eines Verfahrens nach den Vorschriften dieses Teils oder aufgrund eines sonstigen Verfahrens gewährt wurden, das angemessen bekannt gemacht wurde und auf objektiven Kriterien beruht.

(3) Die Ausübung eines beherrschenden Einflusses im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b wird vermutet, wenn ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3

1.
unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt,
2.
über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder
3.
mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.

Für die Vergabe von Bauaufträgen sind Abschnitt 1 und Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 anzuwenden. Im Übrigen ist Teil A Abschnitt 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz AT 19.02.2019 B2) anzuwenden.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften über die zu verwendenden elektronischen Mittel (Basisdienste für die elektronische Auftragsvergabe) sowie über die einzuhaltenden technischen Standards erlassen.

Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.

Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen, die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit stehen (unentgeltliche Rechtsdienstleistungen).

(2) Wer unentgeltliche Rechtsdienstleistungen außerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen erbringt, muss sicherstellen, dass die Rechtsdienstleistung durch eine Person, der die entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person erfolgt. Anleitung erfordert eine an Umfang und Inhalt der zu erbringenden Rechtsdienstleistungen ausgerichtete Einweisung und Fortbildung sowie eine Mitwirkung bei der Erbringung der Rechtsdienstleistung, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist.

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen, die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit stehen (unentgeltliche Rechtsdienstleistungen).

(2) Wer unentgeltliche Rechtsdienstleistungen außerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen erbringt, muss sicherstellen, dass die Rechtsdienstleistung durch eine Person, der die entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person erfolgt. Anleitung erfordert eine an Umfang und Inhalt der zu erbringenden Rechtsdienstleistungen ausgerichtete Einweisung und Fortbildung sowie eine Mitwirkung bei der Erbringung der Rechtsdienstleistung, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist.

(1) Dieses Gesetz regelt die Befugnis, in der Bundesrepublik Deutschland außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen. Es dient dazu, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen.

(2) Wird eine Rechtsdienstleistung ausschließlich aus einem anderen Staat heraus erbracht, gilt dieses Gesetz nur, wenn ihr Gegenstand deutsches Recht ist.

(3) Regelungen in anderen Gesetzen über die Befugnis, Rechtsdienstleistungen zu erbringen, bleiben unberührt.

(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen, die

1.
berufliche oder andere zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen und deren Zusammenschlüsse,
2.
Genossenschaften, genossenschaftliche Prüfungsverbände und deren Spitzenverbände sowie genossenschaftliche Treuhandstellen und ähnliche genossenschaftliche Einrichtungen
im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereichs für ihre Mitglieder oder für die Mitglieder der ihnen angehörenden Vereinigungen oder Einrichtungen erbringen, soweit sie gegenüber der Erfüllung ihrer übrigen satzungsmäßigen Aufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung sind. Die Rechtsdienstleistungen können durch eine im alleinigen wirtschaftlichen Eigentum der in Satz 1 genannten Vereinigungen oder Zusammenschlüsse stehende juristische Person erbracht werden.

(2) Wer Rechtsdienstleistungen nach Absatz 1 erbringt, muss über die zur sachgerechten Erbringung dieser Rechtsdienstleistungen erforderliche personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung verfügen und sicherstellen, dass die Rechtsdienstleistung durch eine Person, der die entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person erfolgt. § 6 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen, die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit stehen (unentgeltliche Rechtsdienstleistungen).

(2) Wer unentgeltliche Rechtsdienstleistungen außerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen erbringt, muss sicherstellen, dass die Rechtsdienstleistung durch eine Person, der die entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person erfolgt. Anleitung erfordert eine an Umfang und Inhalt der zu erbringenden Rechtsdienstleistungen ausgerichtete Einweisung und Fortbildung sowie eine Mitwirkung bei der Erbringung der Rechtsdienstleistung, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist.

(1) Wesentliche Änderungen eines öffentlichen Auftrags während der Vertragslaufzeit erfordern ein neues Vergabeverfahren. Wesentlich sind Änderungen, die dazu führen, dass sich der öffentliche Auftrag erheblich von dem ursprünglich vergebenen öffentlichen Auftrag unterscheidet. Eine wesentliche Änderung liegt insbesondere vor, wenn

1.
mit der Änderung Bedingungen eingeführt werden, die, wenn sie für das ursprüngliche Vergabeverfahren gegolten hätten,
a)
die Zulassung anderer Bewerber oder Bieter ermöglicht hätten,
b)
die Annahme eines anderen Angebots ermöglicht hätten oder
c)
das Interesse weiterer Teilnehmer am Vergabeverfahren geweckt hätten,
2.
mit der Änderung das wirtschaftliche Gleichgewicht des öffentlichen Auftrags zugunsten des Auftragnehmers in einer Weise verschoben wird, die im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehen war,
3.
mit der Änderung der Umfang des öffentlichen Auftrags erheblich ausgeweitet wird oder
4.
ein neuer Auftragnehmer den Auftragnehmer in anderen als den in Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 vorgesehenen Fällen ersetzt.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 ist die Änderung eines öffentlichen Auftrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zulässig, wenn

1.
in den ursprünglichen Vergabeunterlagen klare, genaue und eindeutig formulierte Überprüfungsklauseln oder Optionen vorgesehen sind, die Angaben zu Art, Umfang und Voraussetzungen möglicher Auftragsänderungen enthalten, und sich aufgrund der Änderung der Gesamtcharakter des Auftrags nicht verändert,
2.
zusätzliche Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen erforderlich geworden sind, die nicht in den ursprünglichen Vergabeunterlagen vorgesehen waren, und ein Wechsel des Auftragnehmers
a)
aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht erfolgen kann und
b)
mit erheblichen Schwierigkeiten oder beträchtlichen Zusatzkosten für den öffentlichen Auftraggeber verbunden wäre,
3.
die Änderung aufgrund von Umständen erforderlich geworden ist, die der öffentliche Auftraggeber im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht nicht vorhersehen konnte, und sich aufgrund der Änderung der Gesamtcharakter des Auftrags nicht verändert oder
4.
ein neuer Auftragnehmer den bisherigen Auftragnehmer ersetzt
a)
aufgrund einer Überprüfungsklausel im Sinne von Nummer 1,
b)
aufgrund der Tatsache, dass ein anderes Unternehmen, das die ursprünglich festgelegten Anforderungen an die Eignung erfüllt, im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung, wie zum Beispiel durch Übernahme, Zusammenschluss, Erwerb oder Insolvenz, ganz oder teilweise an die Stelle des ursprünglichen Auftragnehmers tritt, sofern dies keine weiteren wesentlichen Änderungen im Sinne des Absatzes 1 zur Folge hat, oder
c)
aufgrund der Tatsache, dass der öffentliche Auftraggeber selbst die Verpflichtungen des Hauptauftragnehmers gegenüber seinen Unterauftragnehmern übernimmt.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 darf der Preis um nicht mehr als 50 Prozent des Wertes des ursprünglichen Auftrags erhöht werden. Bei mehreren aufeinander folgenden Änderungen des Auftrags gilt diese Beschränkung für den Wert jeder einzelnen Änderung, sofern die Änderungen nicht mit dem Ziel vorgenommen werden, die Vorschriften dieses Teils zu umgehen.

(3) Die Änderung eines öffentlichen Auftrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens ist ferner zulässig, wenn sich der Gesamtcharakter des Auftrags nicht ändert und der Wert der Änderung

1.
die jeweiligen Schwellenwerte nach § 106 nicht übersteigt und
2.
bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen nicht mehr als 10 Prozent und bei Bauaufträgen nicht mehr als 15 Prozent des ursprünglichen Auftragswertes beträgt.
Bei mehreren aufeinander folgenden Änderungen ist der Gesamtwert der Änderungen maßgeblich.

(4) Enthält der Vertrag eine Indexierungsklausel, wird für die Wertberechnung gemäß Absatz 2 Satz 2 und 3 sowie gemäß Absatz 3 der höhere Preis als Referenzwert herangezogen.

(5) Änderungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt zu machen.

(1) Bei der Schätzung des Auftragswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Zudem sind etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Sieht der öffentliche Auftraggeber Prämien oder Zahlungen an den Bewerber oder Bieter vor, sind auch diese zu berücksichtigen.

(2) Die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts darf nicht in der Absicht erfolgen, die Anwendung der Bestimmungen des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung zu umgehen. Eine Auftragsvergabe darf nicht so unterteilt werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung fällt, es sei denn, es liegen objektive Gründe dafür vor, etwa wenn eine eigenständige Organisationseinheit selbstständig für ihre Auftragsvergabe oder bestimmte Kategorien der Auftragsvergabe zuständig ist.

(3) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswerts ist der Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesendet wird oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird.

(4) Der Wert einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wird auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwertes aller Einzelaufträge berechnet, die während der gesamten Laufzeit einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems geplant sind.

(5) Der zu berücksichtigende Wert im Falle einer Innovationspartnerschaft entspricht dem geschätzten Gesamtwert der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, die während sämtlicher Phasen der geplanten Partnerschaft stattfinden sollen, sowie der Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen, die zu entwickeln und am Ende der geplanten Partnerschaft zu beschaffen sind.

(6) Bei der Schätzung des Auftragswerts von Bauleistungen ist neben dem Auftragswert der Bauaufträge der geschätzte Gesamtwert aller Liefer- und Dienstleistungen zu berücksichtigen, die für die Ausführung der Bauleistungen erforderlich sind und vom öffentlichen Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. Die Möglichkeit des öffentlichen Auftraggebers, Aufträge für die Planung und die Ausführung von Bauleistungen entweder getrennt oder gemeinsam zu vergeben, bleibt unberührt.

(7) Kann das beabsichtigte Bauvorhaben oder die vorgesehene Erbringung einer Dienstleistung zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen. Erreicht oder überschreitet der geschätzte Gesamtwert den maßgeblichen Schwellenwert, gilt diese Verordnung für die Vergabe jedes Loses.

(8) Kann ein Vorhaben zum Zweck des Erwerbs gleichartiger Lieferungen zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen.

(9) Der öffentliche Auftraggeber kann bei der Vergabe einzelner Lose von Absatz 7 Satz 3 sowie Absatz 8 abweichen, wenn der geschätzte Nettowert des betreffenden Loses bei Liefer- und Dienstleistungen unter 80 000 Euro und bei Bauleistungen unter 1 Million Euro liegt und die Summe der Nettowerte dieser Lose 20 Prozent des Gesamtwertes aller Lose nicht übersteigt.

(10) Bei regelmäßig wiederkehrenden Aufträgen oder Daueraufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen sowie bei Liefer- oder Dienstleistungsaufträgen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums verlängert werden sollen, ist der Auftragswert zu schätzen

1.
auf der Grundlage des tatsächlichen Gesamtwerts entsprechender aufeinanderfolgender Aufträge aus dem vorangegangenen Haushaltsjahr oder Geschäftsjahr; dabei sind voraussichtliche Änderungen bei Mengen oder Kosten möglichst zu berücksichtigen, die während der zwölf Monate zu erwarten sind, die auf den ursprünglichen Auftrag folgen, oder
2.
auf der Grundlage des geschätzten Gesamtwerts aufeinanderfolgender Aufträge, die während der auf die erste Lieferung folgenden zwölf Monate oder während des auf die erste Lieferung folgenden Haushaltsjahres oder Geschäftsjahres, wenn dieses länger als zwölf Monate ist, vergeben werden.

(11) Bei Aufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen, für die kein Gesamtpreis angegeben wird, ist Berechnungsgrundlage für den geschätzten Auftragswert

1.
bei zeitlich begrenzten Aufträgen mit einer Laufzeit von bis zu 48 Monaten der Gesamtwert für die Laufzeit dieser Aufträge, und
2.
bei Aufträgen mit unbestimmter Laufzeit oder mit einer Laufzeit von mehr als 48 Monaten der 48-fache Monatswert.

(12) Bei einem Planungswettbewerb nach § 69, der zu einem Dienstleistungsauftrag führen soll, ist der Wert des Dienstleistungsauftrags zu schätzen zuzüglich etwaiger Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer. Bei allen übrigen Planungswettbewerben entspricht der Auftragswert der Summe der Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer einschließlich des Werts des Dienstleistungsauftrags, der vergeben werden könnte, soweit der öffentliche Auftraggeber diese Vergabe in der Wettbewerbsbekanntmachung des Planungswettbewerbs nicht ausschließt.

(1) Wesentliche Änderungen eines öffentlichen Auftrags während der Vertragslaufzeit erfordern ein neues Vergabeverfahren. Wesentlich sind Änderungen, die dazu führen, dass sich der öffentliche Auftrag erheblich von dem ursprünglich vergebenen öffentlichen Auftrag unterscheidet. Eine wesentliche Änderung liegt insbesondere vor, wenn

1.
mit der Änderung Bedingungen eingeführt werden, die, wenn sie für das ursprüngliche Vergabeverfahren gegolten hätten,
a)
die Zulassung anderer Bewerber oder Bieter ermöglicht hätten,
b)
die Annahme eines anderen Angebots ermöglicht hätten oder
c)
das Interesse weiterer Teilnehmer am Vergabeverfahren geweckt hätten,
2.
mit der Änderung das wirtschaftliche Gleichgewicht des öffentlichen Auftrags zugunsten des Auftragnehmers in einer Weise verschoben wird, die im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehen war,
3.
mit der Änderung der Umfang des öffentlichen Auftrags erheblich ausgeweitet wird oder
4.
ein neuer Auftragnehmer den Auftragnehmer in anderen als den in Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 vorgesehenen Fällen ersetzt.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 ist die Änderung eines öffentlichen Auftrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zulässig, wenn

1.
in den ursprünglichen Vergabeunterlagen klare, genaue und eindeutig formulierte Überprüfungsklauseln oder Optionen vorgesehen sind, die Angaben zu Art, Umfang und Voraussetzungen möglicher Auftragsänderungen enthalten, und sich aufgrund der Änderung der Gesamtcharakter des Auftrags nicht verändert,
2.
zusätzliche Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen erforderlich geworden sind, die nicht in den ursprünglichen Vergabeunterlagen vorgesehen waren, und ein Wechsel des Auftragnehmers
a)
aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht erfolgen kann und
b)
mit erheblichen Schwierigkeiten oder beträchtlichen Zusatzkosten für den öffentlichen Auftraggeber verbunden wäre,
3.
die Änderung aufgrund von Umständen erforderlich geworden ist, die der öffentliche Auftraggeber im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht nicht vorhersehen konnte, und sich aufgrund der Änderung der Gesamtcharakter des Auftrags nicht verändert oder
4.
ein neuer Auftragnehmer den bisherigen Auftragnehmer ersetzt
a)
aufgrund einer Überprüfungsklausel im Sinne von Nummer 1,
b)
aufgrund der Tatsache, dass ein anderes Unternehmen, das die ursprünglich festgelegten Anforderungen an die Eignung erfüllt, im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung, wie zum Beispiel durch Übernahme, Zusammenschluss, Erwerb oder Insolvenz, ganz oder teilweise an die Stelle des ursprünglichen Auftragnehmers tritt, sofern dies keine weiteren wesentlichen Änderungen im Sinne des Absatzes 1 zur Folge hat, oder
c)
aufgrund der Tatsache, dass der öffentliche Auftraggeber selbst die Verpflichtungen des Hauptauftragnehmers gegenüber seinen Unterauftragnehmern übernimmt.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 darf der Preis um nicht mehr als 50 Prozent des Wertes des ursprünglichen Auftrags erhöht werden. Bei mehreren aufeinander folgenden Änderungen des Auftrags gilt diese Beschränkung für den Wert jeder einzelnen Änderung, sofern die Änderungen nicht mit dem Ziel vorgenommen werden, die Vorschriften dieses Teils zu umgehen.

(3) Die Änderung eines öffentlichen Auftrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens ist ferner zulässig, wenn sich der Gesamtcharakter des Auftrags nicht ändert und der Wert der Änderung

1.
die jeweiligen Schwellenwerte nach § 106 nicht übersteigt und
2.
bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen nicht mehr als 10 Prozent und bei Bauaufträgen nicht mehr als 15 Prozent des ursprünglichen Auftragswertes beträgt.
Bei mehreren aufeinander folgenden Änderungen ist der Gesamtwert der Änderungen maßgeblich.

(4) Enthält der Vertrag eine Indexierungsklausel, wird für die Wertberechnung gemäß Absatz 2 Satz 2 und 3 sowie gemäß Absatz 3 der höhere Preis als Referenzwert herangezogen.

(5) Änderungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt zu machen.

(1) Mehrere öffentliche Auftraggeber können vereinbaren, bestimmte öffentliche Aufträge gemeinsam zu vergeben. Dies gilt auch für die Auftragsvergabe gemeinsam mit öffentlichen Auftraggebern aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die Möglichkeiten zur Nutzung von zentralen Beschaffungsstellen bleiben unberührt.

(2) Soweit das Vergabeverfahren im Namen und im Auftrag aller öffentlichen Auftraggeber insgesamt gemeinsam durchgeführt wird, sind diese für die Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren gemeinsam verantwortlich. Das gilt auch, wenn ein öffentlicher Auftraggeber das Verfahren in seinem Namen und im Auftrag der anderen öffentlichen Auftraggeber allein ausführt. Bei nur teilweise gemeinsamer Durchführung sind die öffentlichen Auftraggeber nur für jene Teile gemeinsam verantwortlich, die gemeinsam durchgeführt wurden. Wird ein Auftrag durch öffentliche Auftraggeber aus verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeinsam vergeben, legen diese die Zuständigkeiten und die anwendbaren Bestimmungen des nationalen Rechts durch Vereinbarung fest und geben das in den Vergabeunterlagen an.

(3) Die Bundesregierung kann für Dienststellen des Bundes in geeigneten Bereichen allgemeine Verwaltungsvorschriften über die Einrichtung und die Nutzung zentraler Beschaffungsstellen sowie die durch die zentralen Beschaffungsstellen bereitzustellenden Beschaffungsdienstleistungen erlassen.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.

(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 45 unbeachtlich ist. Soweit der Widerspruch erfolglos geblieben ist, hat derjenige, der den Widerspruch eingelegt hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, zu erstatten; dies gilt nicht, wenn der Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt eingelegt wird, der im Rahmen

1.
eines bestehenden oder früheren öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses oder
2.
einer bestehenden oder früheren gesetzlichen Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die an Stelle der gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann,
erlassen wurde. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat (§ 73 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung) die Kostenentscheidung getroffen, so obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für Vorverfahren bei Maßnahmen des Richterdienstrechts.

(1) Ein dynamisches Beschaffungssystem ist ein zeitlich befristetes, ausschließlich elektronisches Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen.

(2) Eine elektronische Auktion ist ein sich schrittweise wiederholendes elektronisches Verfahren zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Jeder elektronischen Auktion geht eine vollständige erste Bewertung aller Angebote voraus.

(3) Ein elektronischer Katalog ist ein auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung erstelltes Verzeichnis der zu beschaffenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in einem elektronischen Format. Er kann insbesondere beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen eingesetzt werden und Abbildungen, Preisinformationen und Produktbeschreibungen umfassen.

(4) Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit). Öffentliche Auftraggeber können Liefer- und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben oder Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge mittels zentraler Beschaffungsstellen vergeben. Öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten können an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften dieses Teils durchzuführen. Derartige Dienstleistungsaufträge können auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren umfassen. Die Teile 1 bis 3 bleiben unberührt.

(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.

(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden und über Rechtsbeschwerden (§§ 73 und 77 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen),
2.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 75 und 86 des Energiewirtschaftsgesetzes oder § 35 Absatz 3 und 4 des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes),
3.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 48 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und § 113 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes),
4.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der zuständigen Behörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 13 und 24 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) und
5.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Registerbehörde (§ 11 des Wettbewerbsregistergesetzes).
Im Verfahren über Beschwerden eines Beigeladenen (§ 54 Absatz 2 Nummer 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 79 Absatz 1 Nummer 3 des Energiewirtschaftsgesetzes und § 16 Nummer 3 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) ist der Streitwert unter Berücksichtigung der sich für den Beigeladenen ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 171 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) einschließlich des Verfahrens über den Antrag nach § 169 Absatz 2 Satz 5 und 6, Absatz 4 Satz 2, § 173 Absatz 1 Satz 3 und nach § 176 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beträgt der Streitwert 5 Prozent der Bruttoauftragssumme.