Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 04. Sept. 2009 - 3 W 74/09
Tenor
1. Die Untätigkeitsbeschwerde der Klägerin vom 11.08.2009 wird als unzulässig verworfen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Beschwerdewert beträgt € 1.000,-.
Gründe
I.
- 1
Die Parteien streiten über wechselseitige Ansprüche aus einem Mietverhältnis.
- 2
Die Klägerin macht gegen den Beklagten mit der am 26.02.2008 zugestellten Klage einen angeblichen Anspruch auf Rückgabe mehrerer als Museum genutzter Räume in einem Gebäudekomplex in B., Ortsteil P. geltend. Im Wege einer Widerklage verlangt der Beklagte Ersatz für Aufwendungen in Höhe von etwa € 67.000,00, die er zur "Absicherung des gesamten im Eigentum der Klägerin stehenden Objekts" gemacht habe, um eine baupolizeiliche Sperrung des Gebäudes abzuwenden. Für den Fall, dass das Mietverhältnis infolge der Kündigung des Vertrages beendet worden sei, hat der Beklagte eine Hilfswiderklage erhoben, mit der er den Ersatz seiner Investitionen (ca. € 300.000,00) verlangt.
- 3
Am 29.10.2008 hat die Klägerin das Landgericht ersucht, den Stand des Verfahrens und den Zeitpunkt der Bestimmung eines Verhandlungstermins mitzuteilen.
- 4
Die zuständige Einzelrichterin verfügte hierauf am 30.10.2008 folgende Mitteilung an die Parteien:
- 5
"Wegen personeller Engpässe und verschiedener Dezernatswechsel ist es in der erkennenden Kammer zu Rückständen - auch älterer Verfahren gekommen. Die vorliegende Räumungsklage soll im ersten Quartal des Jahres 2009 terminiert werden."
- 6
Mit Schriftsatz vom 13.11.2008 hat der Beklagte die Aussetzung des Verfahrens beantragt, da in einem Parallelverfahren die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses geprüft werde (Landgericht Stralsund 3 O 16/07; OLG 1 U 223/08). Sollte dieser Beschluss nichtig sein, könne dies zur Unwirksamkeit der Kündigung des Mietvertrages führen, auf deren Grundlage der Räumungsprozess geführt werde.
- 7
Die Klägerin hat am 19.01.2009 beantragt, den Aussetzungsantrag zurückzuweisen, da eine Vorgreiflichkeit nicht anzunehmen sei. Im Übrigen hat sie weiter zur Sache vorgetragen.
- 8
Mit Schriftsatz vom 12.03.2009 hat die Klägerin um Terminsbestimmung gebeten.
- 9
Der Beklagte hat schließlich in seinem Schriftsatz vom 21.04.2009 weiter zu seinem Aussetzungsantrag und in der Sache Stellung genommen.
- 10
Mit Schriftsatz vom 11.08.2009 hat die Klägerin eine sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, das Verfahren weiter zu betreiben. Nach ihrer Replik vom 08.05.2008 übermittle das Gericht die wechselseitigen Schriftsätze zur Kenntnisnahme, ohne dass nach nunmehr 19 Monaten Verfahrensdauer ein Fortgang zu erkennen sei. Es sei eine überlange Dauer des Rechtsstreits anzunehmen, die auf der Untätigkeit des Gerichts beruhe. Der eingetretene Verfahrensstillstand führe dazu, dass die Klägerin ihr Rechtsschutzziel nicht durchsetzen könne. Hierfür sei ein sachlicher Grund, der sich aus dem Verfahren selbst ergebe, nicht zu erkennen. Ein etwaiger personeller Engpass müsse im Hinblick auf eine Entscheidung strittiger Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit unberücksichtig bleiben. Vielmehr sei die Justizverwaltung aufgerufen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
- 11
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 13.08.2009 nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Das Verfahren sei unter Berücksichtigung der in der Sachstandsmitteilung mitgeteilten Verzögerungsgründe gefördert worden. Es habe zur Terminierung angestanden. Danach sei weiterer Sachvortrag der Parteien erfolgt und ihnen jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist gegeben worden. Deshalb habe der angekündigte zeitliche Rahmen für die Terminierung nicht eingehalten werden können.
II.
- 12
Gegen die von der Klägerin behauptete Untätigkeit des Landgerichts ist eine Beschwerde nicht statthaft.
1.
- 13
Der Senat lässt dabei die Beantwortung der Streitfrage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine Untätigkeitsbeschwerde statthaft ist, ausdrücklich offen.
- 14
Nach der herrschenden Meinung kann das im Rechtszug übergeordnete Gericht grundsätzlich nur gegen eine ergangene, den Rechtsmittelführer beschwerende Entscheidung eines Gerichts, nicht aber gegen dessen vermeintliches oder tatsächliches Untätigbleiben angerufen werden (BVerfG, Kammerbeschl. v. 10.06.2005, 1 BvR 2790/04, NJW 2005, 2685; BGH, Senat für Anwaltssachen, Beschl. v. 21.11.1994, AnwZ (B) 41/94, NJW-RR 1995, 887; 3. Strafsenat, Beschl. v. 22.12.1992, StB 15/92, 3 BJs 960/91 - 4 (85) - StB 15/92, NJW 1993, 1279, 1280; BFH, Beschl. v. 28.05.2009, III B 73/09, juris; BFH, Beschl. v. 04.10.2001, V B 85/01, BFH/NV 2002, 364; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschl. v. 27.04.2009, L 11 B 45/09 AS, juris; Hessisches Landessozialgericht, Beschl. v. 11.02.2009, L 9 B 229/08 AS, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 22.04.2009, 8 E 147/09, NJW 2009, 2615). Die Zivilprozessordnung sieht ein solches Rechtsmittel weiterhin nicht vor. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung über Rechtsbehelfe bei Verletzungen des Rechts auf ein zügiges gerichtliches Verfahren - Untätigkeitsbeschwerdengesetz - vom 22. August 2005 (vgl. http://www.bdfr.de/Untaetigkeitsbeschwerde_BMJ.pdf) ist noch nicht umgesetzt worden. Ob gegen das Untätigbleiben eines Gerichts in Ausnahmefällen ein außerordentliches Rechtsmittel zuzulassen sei, hat der Bundesgerichtshof offen gelassen (vgl. BGH, Beschl. v. 21.11.1994).
- 15
In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird die Untätigkeitsbeschwerde als außerordentliches Rechtsmittel (nach Maßgabe der Vorschriften des § 252 bzw. §§ 567 ff ZPO) aus rechtsstaatlichen Gesichtpunkten für zulässig gehalten, wenn mit ihr eine willkürliche Untätigkeit des Gerichts geltend gemacht wird, die einer endgültigen Rechtsverweigerung gleichkommt (vgl. KG Berlin, Beschl. v. 07.07.2009 - 1 W 593 - 596/07 und 13 - 16/09, 1 W 593 - 596/07, 1 W 13 - 16/09, 1 W 593/07, 1 W 594/07 - juris; OLG Schleswig, Beschl. v. 20.05.2009, 15 WF 140/09, OLGR Schleswig 2009, 579; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.01.2008, I-24 W 109/07, MDR 2008, 406; OLG Brandenburg, Beschl. v. 22.10.2007, 10 WF 237/07, FamRZ 2008, 288; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 03.05.2007, 2 WF 32/07, MDR 2007, 1393, OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.01.2007, 3 WF 232/06, FamRZ 2007, 1030).
2.
- 16
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines solchen außerordentlichen Rechtsmittels liegen indes nicht vor.
- 17
Es ist weder dargetan noch anhand des Akteninhalts ersichtlich, dass - unter Berücksichtigung des konkreten Prozessstoffes - eine über das Normalmaß hinausgehende unzumutbare Verzögerung des Verfahrens vorliegt, die auf einen Rechtsverlust oder eine Rechtsverweigerung hinausläuft. Generell verbietet sich jede schematische Betrachtung, vielmehr sind die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen. Der auf dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch (Art. 2 Abs. 1, 20 Abs. 3 GG) beruhende Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes darf allerdings nicht dazu führen, dass ein Beschwerdegericht in die richterliche Unabhängigkeit und die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens der Vorinstanz, wie es prozessual verfährt, eingreift. Ob die Verfahrensweise eines Gerichts zweckmäßig und zügig ist oder auch nicht, unterliegt im Rahmen einer Untätigkeitsbeschwerde nicht der Überprüfung durch den Senat (vgl. OLG Brandenburg, a.a.O.; OLG Naumburg, Beschl. v. 02.11.2005, 8 WF 184/05 (PKH), 8 WF 184/05, FamRZ 2006, 967 m.w.N.).
- 18
Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass der Rechtsstreit inzwischen mehr als 1 1/2 Jahre anhängig ist, ohne dass das Landgericht einen Verhandlungstermin bestimmt hat. Jedoch tragen die Parteien umfassend und fortlaufend (neue Tatsachen) zur Sache vor. Im Übrigen hat die Beklagte eine Widerklage erhoben und einen Aussetzungsantrag gestellt. Die Entscheidung des Landgerichts, erst zu terminieren, nachdem die Sache ausgeschrieben ist, hat der Senat angesichts der oben dargestellten Grundsätze nicht zu beanstanden. Eine willkürliche Verzögerung des Verfahrens seitens des Gerichts lässt sich nicht feststellen. Zweck des vorbereitenden Verfahrens (§§ 272 Abs. 1 und 2, 276 ZPO) ist es allein, den Prozessstoff so aufzubereiten, dass der Rechtsstreit möglichst in einem einzigen Verhandlungstermin (§ 279 Abs. 3 ZPO) erledigt werden kann. Den "Durchlaufterminen" will der Gesetzgeber mit der Regelung in § 278 Abs. 2 ZPO gerade entgegen wirken. Die Vorschrift des § 273 Abs. 2 ZPO ermöglicht ferner terminsvorbereitende Anordnungen. Eine Entscheidung hierüber setzt voraus, dass das Vorbringen (vollständig) erfasst, strukturiert und zum Anlass für solche vorbereitenden Maßnahmen genommen werden kann. Von einem Stillstand des Verfahrens, nur weil noch nicht terminiert, kann noch keine Rede sein. Ohnehin dürfte das Landgericht Veranlassung haben, vor einer Terminsbestimmung über den Aussetzungsantrag des Beklagten zu entscheiden.
- 19
Schließlich obliegt es auch der pflichtgemäßen Entscheidung eines Gerichts, in welcher Reihenfolge es die zu behandelnden Fälle abarbeitet. Die zuständige Einzelrichterin hat den Parteien gegenüber zumindest angedeutet, von welchen Prämissen sie sich hierbei leiten lässt. Dass sie insoweit ermessenfehlerhaft gehandelt haben könnte, ist weder dargetan noch ersichtlich.
3.
- 20
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Tenor
Die Untätigkeitsbeschwerde des Antragstellers wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
- 1
Die am 2. März 2009 von dem Antragsteller erhobene Beschwerde wegen Untätigkeit im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren zu dem Klageverfahren S 9 AS 109/09 ist mangels Rechtsgrundlage unzulässig.
- 2
Nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) findet die Beschwerde an das Landessozialgericht gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Eine solche beschwerdefähige Entscheidung des Sozialgerichts liegt bisher nicht vor. Rechtsmittel gegen ein „Nichtentscheiden“ sieht § 172 SGG nicht vor. Weitere gesetzliche Rechtsgrundlagen existieren nicht.
- 3
Die Untätigkeitsbeschwerde kann auch nicht durch richterrechtliche Rechtsfortbildung entwickelt oder begründet werden. Mit ihr wäre im Ergebnis ein außerordentlicher Rechtsbehelf geschaffen, dessen Voraussetzung und Folgewirkung unklar wären und der deshalb den rechtsstaatlichen Erfordernissen der Rechtsmittelklarheit nicht genügen würde. Das ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) als auch nach der des Bundessozialgerichts (BSG) ausgeschlossen. Das rechtsstaatliche Erfordernis der Messbarkeit und Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns gebietet es nämlich, dem Rechtsuchenden den Weg zur Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen klar vorzuzeichnen (BVerfG, Beschl. v. 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395). Die rechtliche Ausgestaltung des Rechtsmittels soll dem Bürger die Prüfung ermöglichen, ob und unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist, welche Ziele er damit erreichen kann und wie er vorgehen muss. Es verstößt deshalb gegen die verfassungsrechtlichen Anforderungen der Rechtsmittelklarheit, wenn von der Rechtsprechung außerordentliche Rechtsbehelfe außerhalb des geschriebenen Rechts geschaffen werden, um tatsächliche oder vermeintliche Lücken im bisherigen Rechtsschutzsystem zu schließen (BVerfG, Beschl. v. 16. Januar 2007 - 1 BvR 2803/06; BSG, Beschl. v. 6. Februar 2008 - B 6 KA 61/07 B, m. w. N.). Im Übrigen hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Urteil vom 8. Juni 2006 (NJW 2006, 2389) entschieden, dass eine lediglich richterrechtlich begründete außerordentliche Untätigkeitsbeschwerde kein wirksamer Rechtsbehelf gegen eine überlange Verfahrensdauer ist.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wegen Untätigkeit wird das Amtsgericht – Familiengericht – Neumünster angewiesen, das Zwangsmittelverfahren beschleunigt fortzuführen und zum Abschluss zu bringen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind Teil der Kosten des Zwangsmittelverfahrens.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe
- 1
Die Antragstellerin ist das minderjährige Kind des Antragsgegners.
- 2
Durch rechtskräftiges Urteil des Senats vom 19. Dezember 2007 (15 UF 142/07) ist der Antragsgegner im Hinblick auf Unterhaltsansprüche der Antragstellerin im Einzelnen zur Auskunft über sein Einkommen für die Jahre 2003 bis 2005 verurteilt worden; auf den Tenor und die Gründe der Entscheidung wird verwiesen.
- 3
Unter dem 18. März 2008 hat die Antragstellerin die Festsetzung eines Zwangsgeldes mit der Behauptung beantragt, der Antragsgegner habe entgegen dem Titel bisher weder eine systematische geordnete Aufstellung der Einkünfte noch die weitergehenden Belege vorgelegt. Mit Schriftsatz vom 16. Mai 2008 hat die Antragstellerin ferner Prozesskostenhilfe beantragt.
- 4
Der Antragsgegner hat auf die von ihm bereits früher vorgelegten Unterlagen hingewiesen, hat weitere Unterlagen vorgelegt und die Auffassung vertreten, der Auskunftsanspruch sei erfüllt.
- 5
Das Amtsgericht – Familiengericht – hat bis heute eine Entscheidung über den Zwangsgeldantrag nicht getroffen. Auf eine Sachstandsanfrage vom 29. September 2008 und Bitten um Verfahrensförderung vom 11. November 2008 und vom 23. Dezember 2008 mit einer Fristsetzung bis zum 07. Januar 2009 ist die Sache zunächst im Jahre 2009 in einer anderen Abteilung unter einem neuen Aktenzeichen eingetragen und am 09. Januar 2009 der Antragstellerin PKH bewilligt worden. Ferner sind der Antragstellerin Auflagen betreffend ihren Antrag gemacht worden. Nachdem der Beklagte nochmals Unterlagen eingereicht hatte, hat das Amtsgericht – Familiengericht – festgestellt, dass immer noch Nachweise fehlten und der Antragstellerin im März 2009 "vorsorglich" die Akte zur Einsichtnahme für 3 Tage wohl mit dem Ziel überreicht, dass sie prüft, was noch fehlt. Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gaben die Akte mit dem Bemerken zurück, dass sie nicht in der Lage seien, innerhalb von 3 Tagen einen derartigen Anfall von Unterlagen, die unsortiert und unkomplett seien, durchzusehen und zu überprüfen. Man stelle fest, dass bis heute nicht alle Unterlagen vorliegen würden und dementsprechend auch keine geordnete Aufstellung, wie es einer Auskunftserteilung entspreche. Die Antragstellerin hat ferner exemplarisch auf Lücken bei den Belegen hingewiesen und das Gericht gebeten, nunmehr endgültig und abschließend binnen zwei Wochen eine Entscheidung zu treffen.
- 6
Nachdem das nicht geschehen ist, hat die Antragstellerin am 05. Mai 2009 die angekündigte Untätigkeitsbeschwerde erhoben.
- 7
Das Amtsgericht – Familiengericht – hat der Beschwerde durch Beschluss vom 11. Mai 2009 nicht abgeholfen. Es hat dazu ausgeführt, dass die Sache zunächst im Dezernat einer Richterin eingetragen gewesen sei, die in Mutterschutz und Erziehungsurlaub gegangen sei. Das Dezernat sei von einem Richterkollegen übernommen worden, der Ende Dezember 2008 die Zuständigkeit eines anderen Dezernenten erkannt und mit dessen Zustimmung die Umtragung in dessen Dezernat mit der Vergabe eines neuen Aktenzeichens veranlasst habe. Sodann sei der Gläubigerin Prozesskostenhilfe gewährt worden. Der Vorwurf der gerichtlichen Untätigkeit sei auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil die von der Antragstellerin gerügten wiederholten Rückfragen des Gerichts mit Rücksicht auf übersandte Unterlagen der Schuldnerseite zur begehrten Auskunft sachgerecht gewesen seien, da sie verpflichtet sei, ihren Vollstreckungsantrag entsprechend der erteilten Auskunft anzupassen und das Gericht hierzu Gelegenheit geben müsse.
- 8
Die Beschwerde ist zulässig.
- 9
Zwar ist das Rechtsmittelsystem der ZPO – auch im Vollstreckungsverfahren – so ausgestaltet, dass ein Rechtsmittel eine Entscheidung voraussetzt, die mit ihm angegriffen wird. An einer rechtsmittelfähigen Entscheidung des Amtsgerichts – Familiengericht – fehlt es bisher; die Verfügungen und Hinweise sind als verfahrensleitende Anordnungen von untergeordneter Bedeutung nicht isoliert, sondern allenfalls gemeinsam mit der das Verfahren im ersten Rechtszug beendenden Entscheidung anfechtbar (vgl. Zöller-Geimer/Vollkommer, 27. Auflage, Rdnrn. 1, 44 ff. zu § 329 ZPO i. V. m. Zöller-Heßler, a. a. O., Rdnrn. 30 ff. zu § 567 ZPO).
- 10
Es ist allerdings (auch) die Aufgabe der Rechtsprechung, im Rahmen ihrer Ressourcen dafür zu sorgen, dass die Rechtsgewährung ohne unzumutbare Verzögerung erfolgt (BVerfG NJW 2008, 503; FamRZ 2008, 2258). Das rechtfertigt es, in derartigen Fällen eine Beschwerde zu eröffnen, sofern der Rechtszug gegen die ergangene Entscheidung, deren Erlass unzumutbar verzögert wird, eröffnet wäre (Zöller-Heßler, a. a. O., Rdnr. 21 m. w. N.).
- 11
Ein derartiger Rechtsbehelf ist analog §§ 567 ff. ZPO als außerordentlicher zulässig, um einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG und gegen Art. 13 EMRK zu vermeiden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. März 2009 – I-23 W 99/08 - ; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 22. Januar 2009 – 10 WF 253/08 - , beide zitiert nach juris und jeweils mit m. w. N.).
- 12
Voraussetzung für die Zulässigkeit dieser so genannten Untätigkeitsbeschwerde ist es, dass eine über das Normalmaß hinausgehende, den Parteien unzumutbare Verzögerung dargetan wird, die auf eine Rechtsverweigerung hinausläuft (vgl. BVerfG NJW 2008, 503 – Die Entscheidung lässt im Anschluss an die Plenarentscheidung BVerfGE 107, 395 im Hinblick auf das Gebot der Rechtsmittelklarheit offen, ob eine Untätigkeitsbeschwerde aus dem geltenden Rechtsmittelsystem ableitbar ist; vgl. ferner BVerfG FamRZ 2008, 2258, das zwar die Auffassung des Instanzgerichts teilt, dass das Gesetz eine Untätigkeitsbeschwerde nicht eröffne, aber für den Fall einer anderen Auslegung des Verfahrensrechts die Instanzgerichte für verpflichtet hält einzuschreiten, wenn ein Fall völlig unzumutbarer und auf Rechtsverweigerung hinauslaufender Verzögerung vorliegt).
- 13
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor. Die Antragsstellerin macht geltend, dass über ihren Vollstreckungsantrag bis heute in der Sache nicht entschieden ist und dieses vor dem Hintergrund des aus dem Dezember 2007 stammenden Titels und ihres aus dem März 2008 stammenden Antrags nicht hinzunehmen ist.
- 14
Das erstinstanzliche Verfahren steht mit dem für Vollstreckungssachen geforderten normalen Verfahrensgang nicht in Einklang, ist für die Antragstellerin unzumutbar und läuft auf eine Rechtsverweigerung hinaus.
- 15
Vollstreckungssachen sind ihrer Natur nach besonders förderungsbedürftig. Sie sollen titulierte Ansprüche durchsetzen. Sie sind Folge des rechtsstaatlich begründeten Gewaltmonopols des Staates, dessen Akzeptanz im Wesentlichen auch darauf beruht, dass die zu seiner Durchsetzung zuständigen staatlichen Institutionen ihre Aufgaben effektiv wahrnehmen. Dazu gehört auch die Anwendung staatlicher Zwangsmittel in angemessener Zeit (vgl. Zöller-Stöber, a. a. O., Rdnr. 29 vor § 704 ZPO).
- 16
Zwar ist es wie in jedem gerichtlichen Verfahren auch rechtsstaatliches Gebot des Vollstreckungsverfahrens, die Interessen der Parteien zu berücksichtigen und zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Rechtsstaatliches Gebot ist es ferner darauf hinzuwirken, dass sachdienliche Anträge gestellt werden und ein faires Verfahren gewährleistet ist; die zivilprozessualen Hinweispflichten des § 139 ZPO gelten grundsätzlich auch in gerichtlichen Vollstreckungsverfahren (vgl. BVerfG NJW-RR 2005, 936 betreffend das Zwangsversteigerungsverfahren; BayObLG ZMR 99, 117; OLG Köln, FamRZ 95, 312; OLG Frankfurt, RPfleger 80,303; Zöller-Stöber, a. a. O.).
- 17
Unter Berücksichtigung und nach Abwägung dieser Gesichtspunkte hat es die Antragstellerin nicht hinzunehmen, dass über ihren Antrag nach Ablauf von mehr als einem Jahr nicht entschieden worden ist. Der zu Grunde liegende Titel stammt aus dem Dezember 2007. Er bereitet einen Anspruch auf Kindesunterhalt vor. Die aus ihm folgenden Verpflichtungen sind eindeutig. Dazu gehört eine Auskunft durch die "Vorlage einer geschlossenen systematischen Aufstellung" und die Verpflichtung, "die Auskünfte zu belegen durch Vorlage" im Einzelnen bezeichneter Unterlagen.
- 18
Ob diese Verpflichtungen erfüllt sind, hat das Gericht in angemessener Zeit zu prüfen. Es ist nicht angemessen, wenn die Prüfung nach mehr als einem Jahr noch nicht beendet ist.
- 19
Nach alledem ist das Amtsgericht – Familiengericht – anzuweisen, über den Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes zügig zu entscheiden.
- 20
Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
- 21
Die Antragstellerin muss es nicht hinnehmen, dass der Antragsgegner schrittweise Unterlagen vorlegt, verbunden jeweils mit der Erklärung, er habe nunmehr seine Verpflichtung erfüllt. Es ist weder Aufgabe des Gerichts noch gar der Antragstellerin, bei einem derartigen Vorgehen des Antragsgegners wiederholt Ermittlungen darüber anzustellen, was noch fehlt. Der Antragsgegner hat eine überprüfbare Aufstellung vorzunehmen und diese durch die konkret bezeichneten Unterlagen vollständig zu belegen. Die unterhaltsrechtliche Auskunftspflicht gem. § 1605 BGB ist nicht erfüllt, wenn relevante Angaben auf mehrere Schriftsätze über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr verteilt sind; es fehlt dann an einer ausreichend klaren Gesamterklärung (vgl. dazu aus neuerer Zeit Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 29. Oktober 2007 – 10 WF 195/07 - , zitiert nach juris; OLG Hamm, FamRZ 2006, 865, jeweils mit zahlreichen w. N.).
- 22
Die Kosten des erfolgreichen Beschwerdeverfahrens folgen der Kostenentscheidung des Zwangsmittelverfahrens, weil das Beschwerdeverfahren dazu dient, das Zwangsmittelverfahren zu fördern.
Tenor
Das Amtsgericht hat bis spätestens 16.07.2007 eine das Verfahren ernsthaft fördernde Maßnahme zu treffen.
Gründe
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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Der Rechtsstreit ist in der Regel in einem umfassend vorbereiteten Termin zur mündlichen Verhandlung (Haupttermin) zu erledigen.
(2) Der Vorsitzende bestimmt entweder einen frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung (§ 275) oder veranlasst ein schriftliches Vorverfahren (§ 276).
(3) Die Güteverhandlung und die mündliche Verhandlung sollen so früh wie möglich stattfinden.
(4) Räumungssachen sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen.
(1) Erscheint eine Partei in der Güteverhandlung nicht oder ist die Güteverhandlung erfolglos, soll sich die mündliche Verhandlung (früher erster Termin oder Haupttermin) unmittelbar anschließen. Andernfalls ist unverzüglich Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen.
(2) Im Haupttermin soll der streitigen Verhandlung die Beweisaufnahme unmittelbar folgen.
(3) Im Anschluss an die Beweisaufnahme hat das Gericht erneut den Sach- und Streitstand und, soweit bereits möglich, das Ergebnis der Beweisaufnahme mit den Parteien zu erörtern.
(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.
(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.
(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.
(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.
(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.
(1) Das Gericht hat erforderliche vorbereitende Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen.
(2) Zur Vorbereitung jedes Termins kann der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts insbesondere
- 1.
den Parteien die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen; - 2.
Behörden oder Träger eines öffentlichen Amtes um Mitteilung von Urkunden oder um Erteilung amtlicher Auskünfte ersuchen; - 3.
das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen; - 4.
Zeugen, auf die sich eine Partei bezogen hat, und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden sowie eine Anordnung nach § 378 treffen; - 5.
Anordnungen nach den §§ 142, 144 treffen.
(3) Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 und, soweit die Anordnungen nicht gegenüber einer Partei zu treffen sind, 5 sollen nur ergehen, wenn der Beklagte dem Klageanspruch bereits widersprochen hat. Für die Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 gilt § 379 entsprechend.
(4) Die Parteien sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen. Wird das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet, so gelten die Vorschriften des § 141 Abs. 2, 3.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)