Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 30. Jan. 2017 - 14 U 2612/15

bei uns veröffentlicht am30.01.2017
vorgehend
Landgericht Nürnberg-Fürth, 16 O 8752/13, 17.11.2015

Gericht

Oberlandesgericht Nürnberg

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 17.11.2015 teilweise abgeändert und als Endurteil wie folgt neu gefasst:

2. Die Beklagte wird verurteilt, auf dem Grundstück die in einer Entfernung von zwei Metern von der Grenze zum Grundstück errichtete Luftwärmepumpe zu entfernen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers findet nicht statt.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

7. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren und für das Berufungsverfahren auf 11.700,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien sind Nachbarn und streiten über eine von der Beklagten auf ihrem Grundstück () errichtete und zur Beheizung ihres Einfamilienhauses betriebene Luftwärmepumpe.

Die Luftwärmepumpe befindet sich im Garten des Grundstücks der Beklagten in einem Abstand von zwei Metern zu dem von den Klägern bewohnten Nachbargrundstück ().

Die Beklagte behauptet, eine Versetzung der Luftwärmepumpe unter Einhaltung einer Abstandsfläche von drei Metern zur Grundstücksgrenze sei nur unter unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich.

Wegen des darüber hinausgehenden erstinstanzlichen Parteivorbringens sowie der dortigen Anträge wird auf den Tatbestand des Grund- und Teilurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 17.11.2015 Bezug genommen.

Mit diesem Urteil hat das Landgericht Nürnberg-Fürth der Klage unter Abweisung im Übrigen teilweise stattgegeben. Es hat die Beklagte zur Entfernung der Luftwärmepumpe verurteilt, den Klageanträgen III. (auf Zahlung eines Schmerzensgeldes) und V. (auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten) dem Grunde nach stattgegeben und die Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden der Kläger aufgrund der „Verletzung der Abstands- und Immissionsschutzbestimmungen“ festgestellt.

Gegen dieses, ihrem Prozessbevollmächtigten am 23.11.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 22.12.2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 25.02.2016 mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten am 25.02.2016 begründet.

Die Beklagte macht geltend, die Einordnung der Luftwärmepumpe als Anlage mit gebäudeähnlicher Wirkung im Sinne des Art. 6 I 2 BayBO sei rechtsfehlerhaft. Die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden setze überdies zumindest die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts voraus. Im Hinblick auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten sei darauf hinzuweisen, dass ein Schlichtungsversuch nicht notwendig gewesen sei.

Mit Zustimmung der Beklagten haben die Kläger ihre auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gerichtete Klage (vgl. Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 24.01.2014, Seite 4 unter Nr. 3, im Tatbestand der angegriffenen Entscheidung als Antrag mit III. bezeichnet) zurückgenommen.

Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 02.03.2016 ist der Streithelfer dem Rechtsstreit auch in der Berufungsinstanz auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Die Beklagte und der Streithelfer beantragen,

Unter Abänderung des am 17.11.2015 verkündeten Grund- und Teilurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth, Az. 16 O 8752/13, wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger beantragen,

unter Berücksichtigung der teilweisen Klagerücknahme die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze (jeweils nebst Anlagen) vom 25.02.2016 (Bl. 217 ff. d. A.), 02.03.2016 (Bl. 236 f. d. A.), 26.04.2016 (Bl. 239 ff. d. A.), 11.05.2016 (Bl. 249 f. d. A.), 25.05.2016 (Bl. 252 f. d. A.), 19.07.2016 (Bl. 256 f. d. A.) und 23.12.2016 (Bl. 268 ff. d. A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 12.12.2016 (Bl. 263 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

In der Sache hat sie nur insoweit Erfolg, als sich das Rechtsmittel gegen die Feststellungsaussprüche im Ersturteil richtet (vgl. nachfolgend 2. und 3.). Zur Entfernung der Luftwärmepumpe hat das Landgericht Nürnberg-Fürth die Beklagte dagegen zu Recht verurteilt (vgl. nachfolgend 1.).

1. Die Beklagte ist den Klägern gegenüber aus § 1004 I 1, § 823 II BGB, Art. 6 BayBO zur Beseitigung der auf ihrem Grundstück aufgestellten Luftwärmepumpe verpflichtet.

a. Den Klägern steht als Eigentümern ihres Grundstücks nach § 1004 I 1 BGB in Verbindung mit § 823 II BGB der sogenannte quasinegatorische Beseitigungsanspruch gegen denjenigen zu, der ein ihren Schutz bezweckendes Gesetz objektiv verletzt. Zu den Schutzgesetzen gehören dabei die Vorschriften des Bauordnungsrechts über den Grenzabstand, weil sie auch dem Interesse des Nachbarn an ausreichender Belichtung und Belüftung seines Grundstücks, an einem freien Ausblick und an der Vermeidung von Lärmimmissionen dienen (BGH, Urteil vom 29.04.2011 - V ZR 174/10, juris Rn. 18; BGH, Urteil vom 11.10.1996 - V ZR 3/96, juris Rn. 21; OLG Frankfurt, Urteil vom 26.02.2013 - 25 U 162/12, juris Rn. 26; BayObLG, Beschluss vom 23.01.2001 - 2Z BR 116/00, juris Rn. 22). Dem im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17.02.2014 enthaltenen Vortrag der Kläger zu ihrer Stellung als Eigentümer ist die Beklagte nicht (substantiiert) entgegengetreten (§ 138 III ZPO).

b. Mit der Platzierung der Luftwärmepumpe in einem Abstand von zwei Metern zum angrenzenden Grundstück der Kläger ist die bauordnungsrechtlich erforderliche Abstandsfläche nicht gewahrt.

aa. Gemäß Art. 6 V 1 BayBO beträgt die Abstandsfläche, die auf dem Grundstück der Beklagten selbst liegen muss (Art. 6 II 1 BayBO), mindestens drei Meter. Sie besitzt Gültigkeit für die streitgegenständliche Luftwärmepumpe, weil sie eine „andere Anlage“ im Sinne von Art. 6 I 2 BayBO darstellt, von der „Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen“.

(1) Auf die Einordnung der Luftwärmepumpe als bauliche Anlage kommt es nicht an. Denn Art. 6 I 2 BayBO erfasst sowohl bauliche Anlagen im Sinne des Art. 2 I 1-3 BayBO, die nicht bereits Gebäude (Art. 2 II BayBO) oder Teile von Gebäuden sind, für die also Art. 6 I 1 BayBO nicht bereits unmittelbar gilt, als auch „andere Anlagen und Einrichtungen“ im Sinne der Art. 1 I 2, Art. 2 I 4 BayBO. Entscheidend ist alleine, ob von der Anlage gebäudeähnliche Wirkungen ausgehen.

(2) Eine etwaige Verfahrensfreiheit nach Art. 57 I Nr. 2b BayBO („sonstige Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung“) oder nach anderen Alternativen des Art. 57 BayBO lässt die in Art. 6 BayBO bestimmten Abstandsflächen als materielle Anforderungen an die Anlage, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an sie gestellt werden, unberührt (Art. 55 II BayBO).

(3) Gebäudeähnliche Wirkungen gehen von Anlagen aus, wenn sie sich ähnlich wie Gebude auf Brandschutz, Belichtung und Besonnung anderer Gebäude und auf Nachbargrundstücke auswirken. Neben ihrer Größe sind auch die Auswirkungen der Nutzung der Anlage - nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls - zu berücksichtigen, z. B. die optischen und akustischen Auswirkungen (BayVGH, Urteil vom 28.07.2009 - 22 BV 08.3427, juris Rn. 19; Molodovsky/Famers in: Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, 32. Update 08/16, Art. 6 Rn. 49). Eine bestimmte Mindestgröße oder -höhe der von Art. 6 I 2 BayBO erfassten Anlagen hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Nach der im Gesetz zum Ausdruck kommenden Wertentscheidung sind die Abstandsflächen freizuhalten von Gebäuden und von Anlagen, die, ohne selbst Gebäude zu sein, auf das Nachbargrundstück einwirken wie ein Gebäude. Funktionaler Anknüpfungspunkt der Regelung ist damit nicht das bauliche Ausmaß der Anlage, sondern das Ausmaß der von ihr ausgehenden Wirkung. Unstreitig verursacht die Luftwärmepumpe Geräuschimmissionen, deren Ausmaß zwar umstritten ist, die jedoch - wie der vorliegende Rechtsstreit zeigt - schon als solche geeignet sind, den Nachbarfrieden zu gefährden, dessen Schutz die Vorschriften über Abstandsflächen dienen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 26.02.2013 - 25 U 162/12, juris Rn. 27; VG Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2015 - 28 K 3757/14, juris Rn. 42). Entsprechende Geräuschimmissionen wurden - ungeachtet der Frage nach der rechtlichen Relevanz ihres Ausmaßes - auch durch die Messungen des gerichtlichen Sachverständigen, wie von diesem in seinem Gutachten vom 29.06.2015 niedergelegt, bestätigt.

bb. Die Errichtung der Luftwärmepumpe in der Abstandsfläche ist auch nicht gemäß Art. 6 IX 1 BayBO zulässig. Denn sie stellt weder ein Gebäude im Sinne des Art. 2 II BayBO noch eine andere der in Art. 6 IX 1 Nr. 1 und Nr. 3 BayBO aufgezählten baulichen Anlagen dar. Schließlich handelt es sich nicht um eine gebäudeunabhängige und verfahrensfreie (Art. 57 I Nr. 3a lit. bb BayBO) Solaranlage im Sinne des Art. 6 IX 1 Nr. 2 BayBO. Diese gesetzgeberische Privilegierung kommt nur Solarenergieanlagen und Sonnenkollektoren, die aus Sonnenenergie Strom bzw. thermische Energie (Heizwasser, Heizung) erzeugen (vgl. Molodovsky/Famers in: Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, 32. Update 08/16, Art. 6 Rn. 283), zugute. Die vom Gesetzgeber geschaffenen Ausnahmevorschriften zugunsten der Förderung von Solarenergie können nicht auf andere (alternative) Formen der Energiegewinnung angewendet werden.

cc. Soweit der Streithelfer geltend macht, nach Art. 7 II BayBO seien innerhalb der Abstandsflächen sogar Gebäude zugelassen, wenn sie der örtlichen Versorgung mit Elektrizität, Wärme, Gas und Wasser dienen und eine Traufhöhe von nicht mehr als fünf Metern haben, ergibt sich derartiges aus dem Gesetz nicht. Art. 7 II BayBO in der geltenden Fassung vom 14.08.2007 betrifft eine gänzlich andere Thematik. Soweit das Gesetz in Art. 57 I Nr. 4b BayBO Anlagen mit einer Höhe bis zu fünf Metern und einer Fläche bis zu zehn Quadratmetern, die der Telekommunikation, der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität einschließlich Trafostationen, Gas, Öl oder Wärme dienen, für verfahrensfrei erklärt, wird auf die obigen Ausführungen unter II. 1. b. aa. (2) verwiesen.

dd. Die ebenfalls vom Streithelfer herangezogene Vorschrift des Art. 6 VIII BayBO ordnet nicht die „Zulässigkeit“ bestimmter „untergeordneter“ bzw. „unbedeutender“ Anlagen an. Vielmehr regelt die genannte Vorschrift, dass bestimmte Teile baulicher Anlagen - zu denen die vorliegende Luftwärmepumpe nicht zählt - für die Bestimmung des Maßes H (Art. 6 IV 6 BayBO) außer Betracht bleiben. Vorliegend wurde jedoch bereits die Mindestabstandsfläche von drei Metern unterschritten, so dass es auf eine Bestimmung eines ggf. abweichenden Maßes H nicht ankommt.

c. Der Beseitigungsanspruch setzt ein Verschulden der Beklagten nicht voraus. Von daher kann dahinstehen, ob und unter welchen Umständen sich die Beklagte darauf verlassen hat, der Streithelfer bzw. der von ihr beauftragte Bauunternehmer Schuster hätte einen passenden Ort für den effektiven und ordnungsgemäßen Betrieb der Luftwärmepumpe ausgewählt.

d. Dem Beseitigungsanspruch steht bereits im rechtlichen Ansatz nicht entgegen, dass die Kläger die beim Betrieb der Luftwärmepumpe entstehenden Geräusche hinzunehmen hätten. Denn die Voraussetzungen des Beseitigungsanspruchs sind mit der objektiven Verletzung des Schutzgesetzes erfüllt, ohne dass noch eine weitergehende Beeinträchtigung des Klägergrundstücks festgestellt werden müsste. Die zu beseitigende Beeinträchtigung folgt vielmehr ohne Weiteres aus der nachbarschützenden Funktion der verletzten Norm; in der unzulässigen Verkürzung der Abstandsfläche liegt eine fortdauernde Beeinträchtigung des Grundeigentums der Kläger (OLG Frankfurt, Urteil vom 26.02.2013 - 25 U 162/12, juris Rn. 28 m. w. N.). Für die Entscheidung des Rechtsstreits spielt von daher das konkrete Ausmaß der von der Luftwärmepumpe verursachten Immissionen ebenso wenig eine Rolle wie die im Zusammenhang mit § 906 BGB stehende Fragen nach deren Wesentlich- und Ortsüblichkeit.

e. Die Kläger sind nicht in analoger Anwendung von § 912 I BGB zur Duldung der bauordnungswidrig aufgestellten Luftwärmepumpe verpflichtet (§ 1004 II BGB).

aa. Zwar ist § 912 BGB auf den Fall der Verletzung des Grenzabstands entsprechend anwendbar. Die Luftwärmepumpe stellt jedoch - auch nach der rechtlichen Beurteilung der Parteien - kein Gebäude dar, da sie nicht von Menschen betreten werden kann (OLG Frankfurt, Urteil vom 26.02.2013 - 25 U 162/12, juris Rn. 29 m. w. N.). Da der gesetzgeberische Zweckgedanke der Überbauvorschriften, die Zerschlagung wirtschaftlicher Werte ohne Not zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 14.07.1972 - V ZR 147/70, juris Rn. 20; OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.09.1992 - 6 U 45/92, juris Rn. 22), im Tatbestandsmerkmal des - im Vergleich zu sonstigen Baukörpern bzw. Anlagen regelmäßig werthaltigeren - „Gebäudes“ zum Ausdruck kommt, verbietet sich - mangels Regelungslücke - eine analoge Anwendung der Vorschrift dahingehend, dass Bauwerke ohne Gebäudequalität „erst recht“ geduldet werden müssten.

bb. Schließlich liegt auch ein rechtzeitiger Widerspruch gegen den Überbau vor. Sowohl aus dem Vortrag der Beklagten als auch aus dem Schreiben der Kläger vom 13.08.2013 (Anlage K 5) ergibt sich, dass die Kläger bereits im Vorfeld der tatsächlichen Errichtung der Luftwärmepumpe im Juli/August 2013 Einfluss auf deren Standort nehmen wollten und damit zum Ausdruck gebracht haben, den avisierten Standort im Abstand von zwei Metern zu ihrer Grundstücksgrenze nicht hinnehmen zu wollen. Dass sie ihr Begehren dabei nicht auf eine Verletzung von Abstandsflächen gestützt haben, ist unschädlich. Denn der im Falle des Überbaus die Duldungspflicht des Nachbarn ausschließende Widerspruch muss weder begründet werden, noch setzt er Kenntnis des Widersprechenden von der Grenzüberschreitung (hier: Verletzung der Abstandsflächen) voraus. Selbst wenn eine beigefügte Begründung (hier: Hinweis auf Schallbelästigungen) nicht stichhaltig ist, schadet das nicht, sofern nur die Widerspruchserklärung ihrem objektiven Inhalt nach zugleich eine etwaige Grenzüberschreitung (hier: Verletzung der Abstandsflächen) mit einschließt (BGH, Urteil vom 14.07.1972 - V ZR 147/70, juris Rn. 14 ff.). Im Hinblick auf die Bedeutung des Abstands zur Schallquelle für das Ausmaß der Immissionen ist nicht zweifelhaft, dass das Begehren der um ihre Ruhe besorgten Kläger auch den Gesichtspunkt beinhaltete, die Schallquelle würde „zu nah“ an ihrem Grundstück platziert.

f. Das den Einwand des Rechtsmissbrauchs begründende (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.1973 - V ZR 107/72, juris Rn. 16) Vorbringen der Beklagten, die Erfüllung des Beseitigungsanspruchs, die eine Versetzung der Luftwärmepumpe an eine andere Stelle außerhalb der einzuhaltenden Abstandsflächen erforderlich mache, sei mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden (Rechtsgedanke des § 251 II BGB), greift nicht durch. Zwar kann sich das Verlangen des Nachbarn, die Beeinträchtigung abzustellen, was in der Regel nur durch Eingriffe in des Bauwerk bewerkstelligt werden kann, als rechtsmissbräuchlich erweisen, wenn die Herstellung des gebotenen Zustandes nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich wäre. Jedoch sind die Grenzen des Beseitigungsanspruchs wegen baurechtswidrigen Bauens stets unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles und mit dem Blick auf die Vorstellungen des Gesetzgebers über die Zumutbarkeit, wie sie im Schadensersatz- und im Nachbarrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Ausdruck kommen, zu bestimmen. Die von der Klägerin für die Versetzung der Luftwärmepumpe angegebenen Kosten lassen damit für sich allein betrachtet das Verlangen der Kläger nicht als rechtsmissbräuchlich erscheinen. Die Kläger haben bereits geraume Zeit vor Aufstellung der Luftwärmepumpe an ihrem jetzigen Standort auf die Beeinträchtigung ihres Grundstücks hingewiesen und alternative Standorte zur Diskussion gestellt. Davon, dass die Kläger mit der Errichtung und Inbetriebnahme der Luftwärmepumpe an ihrem jetzigen Standort nicht einverstanden sein und gegebenenfalls auch rechtliche Schritte einleiten werden, konnte die Beklagten nicht überrascht sein. Die Beklagte schuf damit sehenden Auges Fakten, die nur mit einem nicht unerheblichen tatsächlichen und finanziellen Aufwand bereinigt werden können. Auch die auf Größe und Lage ihres Grundstücks sowie auf die Planungen zu dessen gewerblicher Nutzung zurückzuführenden Schwierigkeiten, einen Alternativstandort für die Luftwärmepumpe zu finden, mussten ihr bekannt sein. Das von ihr mit dem Aufbau der Luftwärmepumpe am jetzigen Standort bewusst eingegangene Risiko kann sie nun nicht mit dem Argument auf die Beklagten abwälzen, diese verhielten sich rechtsmissbräuchlich, indem sie ihre bereits von Anfang an bestehende und schon vor Errichtung der Anlage mitgeteilte ablehnende Haltung in Anbetracht des auf Seiten der Beklagten nunmehr erforderlichen tatsächlichen und finanziellen Aufwands nicht aufgeben.

g. Soweit die Beklagte geltend macht, die Kläger würden mit ihrer Klage Rechte als Vorwand für die Erreichung unlauterer Zwecke ausüben, steht dies dem Beseitigungsanspruch der Kläger nicht entgegen. Dessen Geltendmachung ist den Klägern nicht nach § 226 BGB verwehrt. Eine Schikane seitens der Kläger kann nicht angenommen werden. Nach der genannten Norm ist die Ausübung eines Rechts dann unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen. § 226 BGB setzt voraus, dass nach Lage der gesamten Umstände ein anderer Zweck als die Schadenszufügung objektiv ausgeschlossen ist (Palandt/Ellenberger, BGB, 76. Auflage 2017, § 226 Rn. 2). Es genügt nicht, dass jemand subjektiv aus verwerflichen Gründen von seinem Recht Gebrauch macht. Es muss vielmehr feststehen, dass die Rechtsausübung dem Berechtigten objektiv keinen rechtlichen Vorteil bringen kann und lediglich zur Schädigung eines anderen taugt. Im Hinblick auf die Geräuschemissionen der Luftwärmepumpe kann ein objektives Interesse der Kläger an der Beseitigung des Überbaus nicht verneint werden.

2. Die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz künftiger materieller und immaterieller Schäden kann nicht festgestellt werden.

a. Die Feststellungsklage erweist sich bereits deshalb als unzulässig, weil der Klageantrag das festzustellende Rechtsverhältnis (§ 256 I ZPO) nicht hinreichend bestimmt i. S. d. § 253 II Nr. 2 ZPO bezeichnet. Ein Klageantrag ist nur dann hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret (beziffert oder gegenständlich) bezeichnet, den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) erkennbar abgrenzt, den Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko des (eventuell teilweisen) Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeiten auf den Beklagten abwälzt und wenn er (als Leistungsantrag) die Zwangsvollstreckung aus dem beantragten Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt. Das Bestimmtheitserfordernis gilt auch für Feststellungsklagen (Zöller/Greger, ZPO, 31. Auflage 2016, § 253 Rn. 13, 13c, § 256 Rn. 15). Die im Klageantrag enthaltene Formulierung „den diese durch die Verletzung der Abstands- und Immissionsschutzbestimmungen erleiden“ weist keinen Bezug zu der streitgegenständlichen Örtlichkeit auf, beschreibt die eine Verantwortlichkeit der Beklagten begründende Verletzungshandlung nicht und benennt keine bestimmten „Abstands- und Immissionsschutzbestimmungen“, an deren Verletzung Rechtsfolgen geknüpft werden. Ein auf dem Klageantrag beruhender Entscheidungstenor kann deshalb nicht Grundlage einer künftigen (gerichtlichen) Geltendmachung materieller und/oder immaterieller Schäden sein.

b. Es kann deshalb dahinstehen, ob die sachlichen Voraussetzungen der Feststellung gegeben sind, was zweifelhaft erscheint. Ansprüche der Kläger aus § 823 I BGB oder § 823 II BGB in Verbindung mit Art. 6 BayBO setzen ein Verschulden der Beklagten voraus, für dessen Vorliegen die Kläger darlegungs- und beweispflichtig sind (Palandt/Sprau, BGB, 76. Auflage 2017, § 823 Rn. 80). Worin ein vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten der Beklagten erblickt werden kann, bleibt nach dem Vortrag der Kläger unklar. Eine Haftung der Beklagten nach § 831 I 1 BGB für ein Verschulden des von ihr mit der Einrichtung einer - angeblich geräuscharmen - Luftwärmepumpe beauftragten Bauunternehmers scheitert daran, dass dieser nicht als Verrichtungsgehilfe der Klägerin angesehen werden kann. Soweit die Beklagte auch während der außergerichtlichen und gerichtlichen Auseinandersetzung den Betrieb der Luftwärmepumpe fortgesetzt hat, kann ihr auch dies nicht als schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden. Denn die Fragen, ob die streitgegenständliche Luftwärmepumpe dem bauordnungsrechtlichen Abstandsflächengebot unterfällt und ob bestimmte für deren Betrieb gültige Lärmschutzgrenzwerte überschritten sind, sind nur aufgrund komplexer rechtlicher Betrachtungen zu beantworten. Allein daraus, dass sich der Rechtsstandpunkt der Beklagten als rechtsirrig erwiesen hat, kann nicht der Vorwurf abgeleitet werden, diese habe in der Vergangenheit fahrlässig gehandelt. Immerhin hatte sie auf der Basis des von ihr eingeholten anwaltlichen Rechtsrats nicht ausreichend sicher mit einer abweichenden Beurteilung des zuständigen Gerichts rechnen müssen.

3. Auch die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Kläger hat zu unterbleiben.

a. Zwar zählen zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten auch die durch ein Schadensereignis erforderlich gewordenen vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten. Jedoch hat der Schädiger nicht schlechterdings alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urteil vom 16.07.2015 - IX ZR 197/14, juris Rn. 55). Danach können die Kläger keinen Ersatz der anwaltlichen Geschäftsgebühr nach Nr. 2303 VV RVG verlangen. Für die Zulässigkeit der am 06.11.2013 beim Landgericht eingereichten Klage kam es auf einen vorangegangenen Schlichtungsversuch nicht an (Art. 1 BaySchlG), so dass die Anrufung des Schlichters mit Antrag vom 24.10.2013 zur gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche der Kläger nicht erforderlich gewesen ist. Der von den Klägern gehaltene Vortrag, sie hätten - trotz der Dauer der schon seit Monaten erfolglos geführten Auseinandersetzung, bei der es auch zum Einsatz polizeilicher Kräfte gekommen ist - eine gütliche Einigung mit der Beklagten angestrebt, wird dadurch konterkariert, dass die Kläger nach Erhalt des Zeugnisses über einen erfolglosen Schlichtungsversuch vom 29.10.2013 (Anlage K 6) nicht an eine Schlichtungs-/Gütestelle oder einen Mediator herangetreten sind, der von der Einleitung eines Vermittlungsversuchs nicht im Hinblick auf den sachlichen Anwendungsbereich des Art. 1 BaySchlG absieht. Dass die Prozessbevollmächtigten der Kläger eine sonstige Tätigkeit entfaltet hätten, die den Anfall vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren ausgelöst hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

b. Es kann deshalb offen bleiben, ob die Voraussetzungen eines von einem Verschulden der Beklagten abhängigen Ersatzanspruchs nach § 823 I BGB oder § 823 II BGB in Verbindung mit Art. 6 BayBO überhaupt erfüllt sind, was aus den oben dargelegten Gründen (vgl. II. 2. b.) zweifelhaft erscheint.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I 1 Alt. 1, § 97 I, § 101 I Hs. 2, § 269 III 2 ZPO und berücksichtigt das Ausmaß des am Gebührenstreitwert gemessenen Unterliegens der Parteien.

a. Der Gebührenstreitwert beträgt in beiden Instanzen 11.700,00 €. Die einzelnen Klageanträge sind dabei wie folgt zu bewerten: Der auf Beseitigung der Luftwärmepumpe gerichtete Klageantrag ist in Anlehnung an die in der Klageschrift geäußerte Vorstellung der Kläger mit 6.000,00 € zu bewerten. Der Hilfsantrag hatte gemäß § 45 I 2 GKG unberücksichtigt zu bleiben, ebenso die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (§ 43 I GKG). Die auf ein Schmerzensgeld gerichteten (zurückgenommenen) Klagen der beiden Kläger waren mit jeweils 850,00 € zu bewerten. Unter Berücksichtigung eines Abschlags von 20% gegenüber dem Wert einer entsprechenden Leistungsklage (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Auflage 2016, § 3 Rn. 16 „Feststellungsklagen“) und der von beiden Klägern in der Klageschrift jeweils geäußerten Vorstellung eines Anspruchs von 2.500,00 € müssen die Feststellungsanträge der Kläger mit jeweils 2.000,00 € bewertet werden.

b. Gemessen am Gebührenstreitwert unterliegen die Kläger und die Beklagte jeweils mit ca. 50%. Der Senat macht in Anbetracht des Umstands, dass sämtliche Parteien anwaltlich vertreten sind, von der Möglichkeit Gebrauch, die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen gegeneinander aufzuheben. Dies hat zur Folge, dass der Streithelfer seine eigenen Kosten selbst zu tragen hat.

2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

3. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 543 II 1 ZPO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 30. Jan. 2017 - 14 U 2612/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 30. Jan. 2017 - 14 U 2612/15

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 30. Jan. 2017 - 14 U 2612/15 zitiert 12 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 308 Bindung an die Parteianträge


(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen. (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch oh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 322 Materielle Rechtskraft


(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. (2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, da

Zivilprozessordnung - ZPO | § 713 Unterbleiben von Schuldnerschutzanordnungen


Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 906 Zuführung unwägbarer Stoffe


(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 912 Überbau; Duldungspflicht


(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 226 Schikaneverbot


Die Ausübung eines Rechts ist unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 30. Jan. 2017 - 14 U 2612/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 30. Jan. 2017 - 14 U 2612/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Apr. 2011 - V ZR 174/10

bei uns veröffentlicht am 29.04.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 174/10 Verkündet am: 29. April 2011 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Juli 2015 - IX ZR 197/14

bei uns veröffentlicht am 16.07.2015

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 6. Juni 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte verurteilt worden ist
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 30. Jan. 2017 - 14 U 2612/15.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2019 - 9 CS 18.2638

bei uns veröffentlicht am 15.02.2019

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wi

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 24. Okt. 2017 - W 4 K 16.474

bei uns veröffentlicht am 24.10.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläge

Referenzen

18
aa) Nachbarschützend sind die bauordnungsrechtlichen Normen über den Grenzabstand, denn sie dienen auch dem Interesse des Nachbarn an ausreichender Belichtung und Belüftung seines Grundstücks sowie an einem freien Ausblick (Senat, Urteil vom 30. April 1976 - V ZR 188/74, BGHZ 66, 354, 355 f.; Urteil vom 28. Juni 1985 - V ZR 43/84, NJW 1985, 2825, 2826 f.; Urteil vom 11. Oktober 1996 - V ZR 3/96, NJW-RR 1997, 16, 17). Die Regelungen in den §§ 5, 6 LBO BW über die Abstandsflächen vor den Außenwänden von baulichen Anlagen, die von oberirdischen baulichen Anlagen freizuhalten sind, haben demnach (auch) nachbarschützende Wirkung (Sauter, LBO BW [Stand März 2010], § 55 Rn. 77); dies verdeutlicht die Vorschrift in § 6 Abs. 3 Nr. 2 LBO BW, nach der eine geringere Tiefe der Abstandsflächen u.a. dann zuzulassen ist, wenn die Beleuchtung mit Tageslicht sowie die Belüftung in ausreichendem Maß gewährleistet bleiben und nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Auch die hier maßgebliche Regelung in § 4 der Ulmer Staffelbauordnung, nach der bei der hier gegebenen baulichen Situation Balkone , Erker, Treppen, Terrassen, Dachvorsprünge und andere Gebäudeteile in die drei Meter tiefe Abstandsfläche zwischen dem Wohnhaus der Beklagten und der Grenze zu dem Grundstück des Klägers höchstens zwei Meter hineinragen dürfen, hat nachbarschützende Wirkung.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.

(2) Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.

Die Ausübung eines Rechts ist unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 6. Juni 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte verurteilt worden ist. Auf die Anschlussrevision der Kläger wird dieses Urteil insoweit aufgehoben, als der Beklagte nicht zur Zahlung des ausgeurteilten Gesamtbetrages an die Kläger gemeinsam, sondern anteilig an die einzelnen Kläger verurteilt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die weitergehende Anschlussrevision wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Kläger begehren vom Beklagten Schadensersatz wegen anwaltlicher Falschberatung. Sie beauftragten spätestens im Juni 2000 die Kanzlei E.   Rechtsanwälte, sie im Zusammenhang mit einem am 7. November 2000 abgeschlossenen Kaufvertrag über ihr Unternehmen c.            GmbH (künftig: c.     ) zu beraten. Der Beklagte war in der Kanzlei E.     als angestellter Anwalt tätig. Er war im Briefkopf der Kanzlei aufgeführt. Die Vertragsparteien gingen von einem festen Unternehmenswert von 6,1 Mio. DM aus. Die Kläger wollten ursprünglich einen Barkaufpreis erzielen, die P.             AG (künftig: P.     ) als Käuferin den Gegenwert im Wesentlichen in eigenen Aktien leisten. Um die Interessen beider Parteien zu wahren, wurde die Wertsicherungsklausel in Ziffer III 5 b des Vertrages eingefügt.

2

Der Prozess, in dem der Beklagte als von den Klägern beauftragter Einzelanwalt die Ansprüche aus der Wertsicherungsklausel geltend machte, ging verloren, weil die Klausel wegen Verstoßes gegen Vorschriften des Aktienrechts unwirksam ist. Die Kläger verlangten deshalb Schadensersatz in Höhe von insgesamt 2.782.275,71 € nebst Zinsen.

3

Der Beklagte meldete seiner Haftpflichtversicherung, der A.    , den Schadensfall. Diese war Vermögensschadenshaftpflichtversicherer der Sozietät E.     Rechtsanwälte gewesen, über die der Beklagte mitversichert war. Der Versicherer übernahm im Vorprozess über die Ansprüche aus der Wertsicherungsklausel die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens.

4

Die Kläger haben behauptet, dass eine Vertragsgestaltung möglich gewesen sei, die das Interesse der Erwerberin gewährleistet hätte, die Gegenleistung von 56,11 v.H. der Geschäftsanteile in Aktien zu erbringen, ohne den Klägern bis zum Ablauf der Veräußerungssperre für die Aktien das Kursrisiko für diese aufzubürden. Hierzu habe etwa für den wertzusichernden Kaufpreisanteil ein Barkaufpreis vereinbart werden können, der erst zum Ablauf der Veräußerungssperre, am 1. November 2004, fällig geworden wäre. Gleichzeitig hätte der Erwerberin das Recht eingeräumt werden können, den Kaufpreis bei Fälligkeit in die Gesellschaft einzulegen gegen Ausgabe einer anhand des aktuellen Aktienkurses entsprechenden Anzahl von Aktien an die Kläger. Diesen Weg hätten die Kläger gewählt. Alternativ wären aber auch zwei andere Wege der Vertragsgestaltung gangbar gewesen. Zudem hätte das Unternehmen auch zu einem Barkaufpreis von 6,1 Mio. DM an andere Interessenten verkauft werden können. Auch wenn die Kläger ihr Unternehmen selbst fortgeführt hätten, wäre ihnen der volle Wert verblieben.

5

Die Kläger waren anfänglich weiter als Geschäftsführer der c.    tätig. Am 5. Dezember 2002 stellte diese Insolvenzantrag. Mit Beschluss vom 16. Mai 2003 wurde das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet.

6

Der Beklagte hat insbesondere Verjährung eingewandt und geltend gemacht, dass die Erwerberin bei Kenntnis der Nichtigkeit der Wertsicherungsklausel vom Kaufvertrag Abstand genommen hätte.

7

Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 2.616.928,80 € nebst Zinsen an die Kläger verurteilt. Die Berufung des Beklagten hatte teilweise Erfolg. Das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt, an jeden der beiden Kläger 789.680,31 € nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter, mit der Anschlussrevision die Kläger ihr Begehren auf Zurückweisung der Berufung des Beklagten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision hat Erfolg, die Anschlussrevision nur insoweit, als das Berufungsgericht den Beklagten jeweils zur gesonderten Zahlung an die beiden Kläger verurteilt hat.

I.

9

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

10

Der Beklagte hafte als Einzelanwalt und als Scheinaußensozius der Sozietät E.    Rechtsanwälte gemäß § 128 HGB analog wie ein Gesellschafter. Seine Pflichtverletzung bestehe unter anderem darin, dass er die Nichtigkeit der Wertsicherungsklausel nicht erkannt habe, die gegen § 56 Abs. 3 Satz 1 und § 57 Abs. 1 AktG verstoße. Die Pflichtverletzungen seien kausal für den entstandenen Schaden. Für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden gelte grundsätzlich § 287 ZPO. Die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens gelte bei Verträgen mit rechtlichen Beratern zwar nur, wenn eine bestimmte Entschließung des Mandanten mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen sei. Ob die Kläger ausreichende Anhaltspunkte dafür vorgetragen hätten, dass die Vertragsparteien die von den Klägern vorgetragenen alternativen Vertragslösungen gewählt hätten, könne aber offen bleiben. Denn in Anlagefällen gelte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Beweislastumkehr, wenn die Pflichtverletzung feststehe. Danach sei derjenige, der die Pflicht verletzt habe, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte. Dabei handelt es sich um eine zur Beweislastumkehr führende Vermutung (BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159, 168).

11

Dem Beklagten sei es nicht gelungen, darzulegen und zu beweisen, dass die von den Klägern vorgetragene Vertragsgestaltung in keiner der drei hier vorgetragenen Varianten zustande gekommen wäre. Auch für den Fall, dass die Erwerberin den Vertrag nicht in einer der vorgeschlagenen Formen abgeschlossen hätte, sei der Beklagte darlegungs- und beweisfällig dafür geblieben, wie sich der Kausalverlauf entwickelt hätte und ob den Klägern ein ebenso hoher Schaden entstanden wäre. Denn dann hätten die Kläger das Unternehmen an Dritte gegen einen Barpreis verkauft oder sie hätten es selbst fortgeführt, wobei nicht ersichtlich sei, dass das Unternehmen auch bei Fortführung durch die Kläger selbst insolvent geworden wäre.

12

Der Schaden der Kläger bestehe darin, dass ihnen im Falle einer wirksamen Wertsicherungsklausel entweder Aktien übertragen oder ein weiterer Barkaufpreis zugeflossen wäre, während sie nun wegen der unwirksamen Klausel keinerlei Anspruch hätten. Dieser Schaden betrage für jeden der Kläger 713.000 €.

13

Die geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten beruhten zwar nicht adäquat kausal auf der dem Beklagten vorgeworfenen Fehlberatung anlässlich des Unternehmenskaufvertrages. Dafür hafte der Beklagte aber als Einzelanwalt für die Einleitung eines nach der Rechtslage nicht zu gewinnenden Prozesses. Von den geltend gemachten 229.410,58 € seien jedoch nur jeweils 76.680,31 € jedem Kläger zu ersetzen. Das vorprozessuale anwaltliche Zeithonorar sei nur bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren erstattungsfähig.

14

Nicht zu ersetzen seien die Avalzinsen für die von der P.     an die Kläger ausgereichten Bürgschaften in Höhe von jeweils 13.428,17 €, weil der Beklagte die Zahlung bestritten habe und Zahlungsbelege nicht vorgelegt worden seien. Entgangener Gewinn könne zwar nach § 252 BGB ersetzt verlangt werden. Es fehle jedoch an Vortrag, welche konkrete Form der Kapitalanlage gewählt worden wäre. Die geltend gemachten Kursverluste seien als selbständiger Anspruch nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen.

15

Die Schadensersatzansprüche stünden jedem Kläger gesondert zu, weil die Kläger keine Forderungsgemeinschaft nach § 432 BGB bildeten, denn als Gesellschafter hätten sie jeweils eigene Geschäftsanteile veräußert und die Gegenleistung habe ihnen bezogen auf ihren jeweiligen Geschäftsanteil zugestanden.

16

Der Primäranspruch der Kläger sei zwar gemäß § 51b BRAO aF verjährt. Den Klägern stehe aber ein nicht verjährter Sekundäranspruch zu. Der Beklagte habe seine Pflicht aus dem zwischen den Klägern und ihm persönlich geschlossenen neuen Vertrag verletzt, gegen die Erwerberin aus der Wertsicherungsklausel vorzugehen. Denn er habe hier während laufender Primärverjährung Anlass gehabt zu prüfen, ob er die Kläger durch eine frühere Pflichtverletzung geschädigt habe. Im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussicht der Klage gegen die Erwerberin habe er die Wirksamkeit der Wertsicherungsklausel prüfen müssen. Zwar hafte der Beklagte nur aus § 128 HGB analog für die ursprüngliche Pflichtverletzung. Für die Sekundärhaftung genüge es aber, dass er die Prüfungspflicht aus seinem Mandat als Einzelanwalt zur Führung des Vorprozesses verletzt habe. Der Sekundäranspruch sei nicht verjährt, weil die Verjährung aufgrund von Verhandlungen erst am 13. Oktober 2009 geendet habe und zu diesem Zeitpunkt bereits Klage erhoben gewesen sei.

II.

17

Revision und Anschlussrevision sind zulässig.

18

Die unbeschränkt zugelassene Revision konnte vom Einzelrichter gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugelassen werden (BGH, Urteil vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 286/02, NJW 2003, 2900 f). Die Übertragung auf den Einzelrichter hat nicht das Recht der Parteien auf ein willkürfreies Verfahren verletzt. Dem Protokoll der Einzelrichterin für die von ihr abgehaltene Sitzung vom 3. Dezember 2013 ist nicht zu entnehmen, welche Überlegungen dem Beschluss des Berufungsgerichts zur Übertragung der Sache auf den Einzelrichter im Einzelnen zugrunde gelegen haben. Dass der Senat des Oberlandesgerichts Rechtsgrundsätzlichkeit angenommen hätte, obwohl er diese in dem Übertragungsbeschluss ausdrücklich verneint hat, kann entgegen der Auffassung der Kläger nicht angenommen werden.

19

Auf die unterlassene Rückübertragung des Rechtsstreits vom Einzelrichter auf den Senat des Oberlandesgerichts kann die Revision gemäß § 526 Abs. 3 ZPO ebenfalls nicht gestützt werden (Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 526 Rn. 13; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 12. Aufl., § 526 Rn. 9). Etwas anderes käme auch hier nur bei Willkür in Betracht (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 4/06, BGHZ 170, 180 Rn. 5). Zwar hatte der Beklagte angeregt, die Sache an den Senat zurück zu übertragen. Da dem die Kläger nicht zugestimmt hatten, lagen die Voraussetzungen des § 526 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht vor. Im Übrigen hat der Einzelrichter die Sache dem Berufungsgericht nur nach § 526 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zur Entscheidung über die Übernahme vorzulegen. Dies setzt voraus, dass sich eine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage seit der Übertragung auf den Einzelrichter ergeben hat. Hält das Kollegium die Sache nicht für rechtsgrundsätzlich und überträgt es sie deshalb an den Einzelrichter, kann dieser sie dem Senat nicht schon deshalb wieder zu einer neuerlichen Übernahmeentscheidung vorlegen, weil er sie, anders als das Kollegium, für grundsätzlich hält. Eine wesentliche Änderung der Prozesslage muss hinzukommen (BGH, Urteil vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 286/02, NJW 2003, 2900, 2901). Eine solche war hier nicht eingetreten. Im Übrigen haben die Kläger der Rückübertragung der Sache auf den Senat im Schriftsatz vom 6. Januar 2014 nachdrücklich widersprochen. Schon deshalb können sie gemäß § 295 Abs. 1, § 556 ZPO insoweit keine Rüge mehr erheben.

20

Die Anschlussrevision ist gemäß § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO binnen eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung erklärt worden. Der erforderliche unmittelbare rechtliche und wirtschaftliche Zusammenhang mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 38) liegt vor.

III.

21

Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

22

1. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Verurteilung des Beklagten zu Schadensersatz auf der Grundlage der außer Streit stehenden Pflichtverletzung bei Abschluss des Unternehmenskaufvertrages nicht begründet werden. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend gesehen, dass die erforderliche Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden zur haftungsausfüllenden Kausalität gehört, die grundsätzlich der Mandant nach § 287 ZPO zu beweisen hat. Es hat jedoch in ausdrücklicher Abweichung von der Rechtsprechung des Senats angenommen, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Anlagefällen auf die Anwaltshaftung zu übertragen sei. Das ist unzutreffend.

23

a) Die Rechtsfrage, derentwegen das Berufungsgericht insoweit die Revision zugelassen hat, nämlich ob die in Anlagefällen angenommene Beweislastumkehr auch für den Fall des Regresses gegen Rechtsanwälte (oder Steuerberater) anzunehmen ist, hat der Senat in mehreren dem Berufungsgericht freilich noch nicht bekannt gewesenen Fällen bereits entschieden und verneint (BGH, Beschluss vom 15. Mai 2014 - IX ZR 267/12, WM 2014, 1379 Rn. 2 ff; vom 5. Juni 2014 - IX ZR 235/13 nv). Die auf anderem Gebiet ergangene Rechtsprechung zum aufklärungsrichtigen Verhalten gibt keinen Anlass, die Rechtsprechung zur Anwalts- und Steuerberaterhaftung zu ändern. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die vom Berufungsgericht allein in Bezug genommene Entscheidung des XI. Zivilsenats vom 8. Mai 2012 (XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159; vgl. auch Urteil vom 26. Februar 2013 - XI ZR 318/10, BKR 2013, 212). Mit dem von dieser Rechtsprechung gewählten Ansatz hat sich der Senat schon wiederholt auseinandergesetzt und für richtig erachtet, dass nur die Grundsätze des Anscheinsbeweises zu einer angemessenen Risikoverteilung zwischen rechtlichem Berater und Mandanten führen (BGH, Urteil vom 30. September 1993 - IX ZR 73/93, BGHZ 123, 311, 313 ff; Beschluss vom 15. Mai 2014, aaO Rn. 3 f). Daran wird festgehalten.

24

Da das Berufungsgericht auf unzutreffender Grundlage eine Beweislast-entscheidung zum Nachteil des Beklagten getroffen hat, muss das Berufungsurteil aufgehoben werden.

25

b) Zugunsten des Mandanten kommen allerdings Beweiserleichterungen in Betracht. Im Rahmen von Verträgen mit rechtlichen oder steuerlichen Beratern gilt die Vermutung, dass der Mandant beratungsgemäß gehandelt hätte, aber nur, wenn im Hinblick auf die Interessenlage oder andere objektive Umstände eine bestimmte Entschließung des zutreffend unterrichteten Mandanten mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre. Voraussetzung sind danach tatsächliche Feststellungen, die im Falle sachgerechter Aufklärung durch den Berater aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Mandanten eindeutig eine bestimmte tatsächliche Reaktion nahegelegt hätten (BGH, Urteil vom 5. Februar 2009 - IX ZR 6/06, WM 2009, 715 Rn. 9 mwN; st. Rspr.).

26

Die genannte Beweiserleichterung gilt also nicht generell; sie setzt einen Tatbestand voraus, bei dem der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung des Beraters und einem bestimmten Verhalten seines Mandanten typischerweise gegeben ist, beruht also auf den Umständen, die nach der Lebenserfahrung eine bestimmte tatsächliche Vermutung rechtfertigen (BGH, Urteil vom 5. Februar 2009, aaO mwN). Um dies beurteilen zu können, müssen bestehende Handlungsalternativen miteinander verglichen werden, die nach pflichtgemäßer Beratung zur Verfügung gestanden hätten. Die Regeln des Anscheinsbeweises sind unanwendbar, wenn unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten unterschiedliche Schritte in Betracht kommen und der Berater den Mandanten lediglich die erforderlichen fachlichen Informationen für eine sachgerechte Entscheidung zu geben hat (BGH, Beschluss vom 18. September 2008 - IX ZR 210/06, nv, mwN).

27

Kommen danach mehrere objektiv gleich vernünftige Verhaltensweisen in Betracht, hat der Mandant grundsätzlich den Weg zu bezeichnen, für den er sich entschieden hätte (BGH, Urteil vom 20. März 2008 - IX ZR 104/05, WM 2008, 1042 Rn. 12; vom 10. Mai 2012 - IX ZR 125/10, BGHZ 193, 193 Rn. 36, jeweils mwN). Lässt der Mandant offen, für welche von mehreren Vorgehensweisen er sich entschieden hätte, ist die notwendige Schadenswahrscheinlichkeit nur gegeben, wenn diese sich für alle in Betracht kommenden Ursachenverläufe - nicht notwendig in gleicher Weise - ergibt (BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 - IX ZR 232/01, WM 2006, 927 Rn. 29; G. Fischer in Zugehör/G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 3. Aufl. Rn. 1102). Will der Mandant sich in diesem Fall nicht - auch nicht in einer durch Hilfsvorbringen gestaffelten Reihenfolge - festlegen, welchen Weg er bei ordnungsgemäßer Beratung gegangen wäre, muss er folglich für jede einzelne der von ihm aufgezeigten Alternativen die notwendige Schadenswahrscheinlichkeit nachweisen.

28

Ist für die behauptete Vorgehensweise notwendigerweise die Bereitschaft Dritter erforderlich, den beabsichtigten Weg mitzugehen, muss der Mandant dessen Bereitschaft hierzu im damaligen maßgeblichen Zeitpunkt darlegen und beweisen (BGH, Urteil vom 19. Januar 2006, aaO Rn. 30 mwN). Dabei ist es ausreichend, wenn er darlegt und beweist, dass er jedenfalls die Variante gewählt hätte, bei welcher der Dritte nachweisbar mitgewirkt hätte.

29

Dem Urteil des Berufungsgerichts ist entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht zu entnehmen, dass dieses den hiernach erforderlichen Beweis als geführt angesehen hätte. Es hat vielmehr lediglich den von ihm für erforderlich gehaltenen Gegenbeweis des Beklagten als nicht geführt angesehen.

30

c) Die Hilfserwägungen des Berufungsgerichts zur schadensausfüllenden Kausalität tragen dessen Ergebnis ebenfalls nicht, weil sie von derselben unzutreffenden Beweislastverteilung ausgehen. Das Berufungsgericht nimmt an, dass im Falle, dass der Unternehmenskaufvertrag in keiner der drei von den Klägern dargestellten möglichen Varianten mit der P.     zustande gekommen wäre, davon auszugehen sei, dass die Kläger an einen Dritten zum Barkaufpreis veräußert oder das Unternehmen selbst fortgeführt hätten, weil der beweisbelastete Beklagte weder bewiesen habe, dass die c.      auch bei Fortführung durch die Kläger insolvent geworden wäre oder nicht zu einem Barkaufpreis zu veräußern gewesen wäre.

31

Darlegungs- und beweispflichtig sind jedoch, wie ausgeführt, die Kläger, nachdem der Beklagte auch den Unternehmenswert von 6,1 Mio. DM und die anderweitige Verkaufsmöglichkeit bestritten hatte. Das einfache Bestreiten des Unternehmenswertes genügte, weil der Beklagte zwar mit dem Verkauf des Unternehmens befasst war, nicht aber mit der Ermittlung von dessen Wert, wozu ihm ersichtlich auch die erforderliche Sachkunde fehlte.

32

Bei der Schadensberechnung sind alle Folgen des haftungsbegründenden Umstandes bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen einzubeziehen. Es geht bei dem erforderlichen Gesamtvermögensvergleich nicht um Einzelpositionen, sondern um eine Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage (BGH, Urteil vom 19. Januar 2006, aaO Rn. 33; vom 7. Februar 2008 - IX ZR 149/04, WM 2008, 946 Rn. 24).

33

2. Soweit das Berufungsgericht die Verurteilung zu Schadensersatz wegen der Rechtsverfolgungskosten darauf gestützt hat, dass der Beklagte als später mandatierter Einzelanwalt einen nach Rechtslage nicht zu gewinnenden Prozess gegen die Käuferin eingeleitet habe, hält dies rechtlicher Prüfung ebenfalls nicht stand. Diese Pflichtverletzung war nicht Gegenstand der Klage. Ein aus ihr folgender Anspruch wäre auch verjährt.

34

a) Die Klage ist allein auf die Haftung des Beklagten analog § 128 HGB wegen der Pflichtverletzung bei Abschluss des Unternehmenskaufvertrages gestützt worden. Den späteren Auftrag an den Beklagten als Einzelanwalt zur Erhebung der Klage gegen die Käuferin hat die Klage nur im Rahmen der Beurteilung der Sekundärverjährung der Ansprüche aus Verletzung der Pflichten aus dem Vertrag mit der Sozietät erörtert. Ansprüche aus einer Pflichtverletzung aus dem Einzelanwaltsvertrag stellen einen anderen Streitgegenstand dar, der nicht zum Gegenstand der Klage gemacht wurde. Das Berufungsgericht durfte nicht den Streitgegenstand austauschen. In Betracht kommt aber insoweit eine Verurteilung wegen der Pflichtverletzung bei Abschluss des Unternehmenskaufvertrages (dazu unten unter VI 3).

35

b) Der Anspruch wegen Verletzung der Pflichten aus dem späteren Einzelanwaltsvertrag wäre auch gemäß § 51b BRAO aF verjährt. Die Verjährung ist insoweit durch die Klage nicht gehemmt worden. Eine Klage hemmt die Verjährung nur wegen des rechtshängig gemachten Streitgegenstands. Auch die vorausgegangenen Verhandlungen betrafen nur die gegen die Sozietät E.     angemeldeten Forderungen (vgl. Anlagen K 27 ff). Wo der Beklagte als später tätiger Einzelanwalt versichert war, ist nicht vorgetragen. Es ist auch nicht erkennbar, ob insoweit Ansprüche angemeldet worden waren. Die Klage gegen die Käuferin war am 24. Januar 2004 eingereicht worden. Damit entstand der erste Schaden (BGH, Urteil vom 3. Februar 2011 - IX ZR 105/10, NJW 2011, 1594 Rn. 10). Die Verjährungsfrist lief folglich bis 24. Januar 2007. Die Klage im vorliegenden Rechtsstreit ist aber erst am 15. Juli 2009 eingereicht worden.

IV.

36

Die Anschlussrevision ist begründet, soweit der Beklagte zu gesonderten Zahlungen jeweils an die beiden Kläger verurteilt worden ist.

37

Unzutreffend hat das Berufungsgericht die als begründet erachteten Schadensersatzforderungen jedem der Kläger zur Hälfte gesondert zugesprochen. Diese Verurteilung verstieß schon gegen § 308 ZPO. Materiell-rechtlich steht die Forderung zudem beiden Klägern gemeinschaftlich zu im Sinne einer Mitgläubigerschaft nach § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB. Entscheidend ist insoweit nicht, dass die Kläger jeweils eigene Geschäftsanteile an die Erwerberin veräußert hatten. Gegenstand des Rechtsstreits ist vielmehr ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung eines Rechtsanwaltsdienstleistungsvertrages. Diesen Vertrag hatten beide Kläger gemeinsam mit der Sozietät geschlossen. Schadensersatzansprüche aus diesem Vertrag standen deshalb beiden Klägern gemeinschaftlich zu (BGH, Urteil vom 3. November 1983 - IX ZR 104/82, NJW 1984, 795, 796; vom 5. März 2009 - III ZR 302/07, WM 2009, 688 Rn. 8). Für das Verhältnis der beiden Kläger zu dem Beklagten ist deshalb für den hier streitgegenständlichen Anspruch von einer einfachen Forderungsgemeinschaft auszugehen, die zum Anwendungsbereich des § 432 BGB gehört (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2009, aaO). Folglich hätte der Beklagte, soweit die Klage begründet ist, antragsgemäß verurteilt werden müssen.

V.

38

Die übrigen Angriffe der Anschlussrevision sind - auch bei unterstellter Haftung dem Grunde nach - unbegründet.

39

1. Die von den Klägern als Schaden geltend gemachten entgangenen Kursgewinne hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei nicht zuerkannt.

40

a) Die Kläger haben insoweit vorgetragen, dass sie im Falle ordnungsgemäßer Beratung bei dem Unternehmensverkauf in fünf unterschiedlichen Weisen hätte vorgehen können, wobei die ersten drei Varianten einen Verkauf an die P.      dargestellt hätten, bei denen in zwei Alternativen der Käuferin das Recht eingeräumt worden wäre, den Kaufpreis bei Fälligkeit am 1. November 2004 bar zu bezahlen oder an die Kläger eine entsprechende Anzahl eigener Aktien zum aktuellen Tageskurs auszugeben, die sie dann in den folgenden fünf Monaten mit einem Gewinn von 527.662,12 € verkauft hätten.

41

Das Landgericht hat den geltend gemachten Anspruch auf Ersatz dieses Kursgewinnes mit der Begründung abgewiesen, der Anspruch sei nicht schlüssig dargetan, weil nicht feststehe, ob die P.       überhaupt ihre entsprechende Ersetzungsbefugnis ausgeübt hätte. Wäre dies nicht der Fall gewesen, hätte kein Kursgewinn erzielt werden können. Das Landgericht hat stattdessen einen Zinsschaden geschätzt. Gegen das Urteil haben die Kläger keine Berufung eingelegt. Den in der Berufung gleichwohl weiterverfolgten Anspruch wegen des verlorenen Kursgewinnes hat das Berufungsgericht mit der Begründung abgelehnt, die Kursgewinne seien nicht Streitgegenstand des Berufungsverfahrens geworden, der Schaden in Form der Kursverluste beruhe auf einem anderen Kausalverlauf als diejenigen der alternativ geltend gemachten fiktiven Anlageverluste bei Barzahlung. Die Kläger könnten nicht einen Erfüllungsschaden wie bei wirksamer Wertsicherungsklausel geltend machen. Der Kursverlust sei zudem vom Schutzzweck der verletzten Vertragspflicht nicht erfasst und die Beweislastumkehr könne nicht dazu führen, dass der Geschädigte sich die jeweils günstigste Handlungsalternative aussuchen dürfe.

42

b) Demgegenüber meint die Anschlussrevision, bei den geltend gemachten verschiedenen Berechnungsmethoden handele es sich nicht um verschiedene Ansprüche, sondern um unselbständige Faktoren eines einheitlichen Schadens, auch wenn die Voraussetzungen unterschiedlich seien. Insbesondere sei unschädlich, dass teilweise unterschiedliche Kausalverläufe zugrunde lägen.

43

c) Die Argumente der Anschlussrevision greifen nicht durch. Der geltend gemachte Schaden durch entgangene Kursgewinne ist vom Landgericht rechtskräftig abgewiesen worden, weil die Kläger gegen die Entscheidung des Landgerichts keine Berufung eingelegt haben. Der Streitgegenstand wird bestimmt durch Klageantrag und Klagegrund. Wird ein Schaden alternativ auf verschiedene Weisen berechnet, bleibt der Streitgegenstand zwar derselbe (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 1990 - IX ZR 73/90, WM 1991, 609, 610). Dies setzt aber voraus, dass der Kläger selbst alternative Berechnungen für die alternative Schadensermittlung darlegt. Diese sind nur schlüssig, wenn jede der Berechnungen zu demselben (Mindest-)Schaden führt. Eine solche Schadensberechnung haben die Kläger nicht dargetan. Sie haben ihren Schaden für die Zeit von Januar bis Mai 2005 ausschließlich aus entgangenen Kursgewinnen berechnet. Diese Darlegung war von vornherein unschlüssig, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, weil in keiner Weise dargelegt ist, dass die Käuferin überhaupt von der Möglichkeit der Ausgabe von Aktien Gebrauch gemacht hätte und bei mehreren von den Klägern alternativ angebotenen Kausalverläufen ein Erwerb von Aktien durch die Kläger nicht vorgesehen war.

44

Die vom Landgericht vorgenommene Schadensberechnung sprach den Klägern für die Zeit von Januar bis Mai 2005 Zinsen zu, die die Kläger ebenfalls nicht schlüssig dargelegt hatten. Für die als mögliche Handlungsalternative berücksichtigte Fortführung des Unternehmens ist außerdem ein Zinsgewinn von vornherein ausgeschlossen, allenfalls eine Steigerung des Firmenwertes denkbar. Es hätte also ein gleich hoher Fortführungsgewinn dargelegt werden müssen, woran es ebenfalls fehlt. Die Darlegung eines Schadens ist unschlüssig, wenn die Berechnung nur anhand einer von mindestens sechs oder sieben als möglich dargestellten Sachverhaltsvarianten durchgeführt wird.

45

2. Auch den geltend gemachten berechneten Zinsschaden hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.

46

a) Den Zinsschaden auf den geforderten Wertausgleich, den Kursgewinn und die Rechtsverfolgungskosten in Höhe von jeweils 7 v.H. hat das Berufungsgericht mit der Begründung abgelehnt, es könne zwar entgangener Gewinn nach Maßgabe des § 252 BGB verlangt werden, zumal Eigenkapital erfahrungsgemäß nicht ungenutzt bleibe, sondern zu einem üblichen Zinssatz angelegt werde. Der Anleger müsse aber darlegen, welcher Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge erzielt worden wäre, und für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich entschieden hätte. Daran fehle es. Der Vortrag im Schriftsatz vom 25. April 2014 sei verspätet.

47

b) Demgegenüber rügt die Anschlussrevision, eine abstrakte Schadensschätzung sei ausreichend, es genüge, wenn - wie geschehen - geltend gemacht werde, das Kapital sei zu einem Zinssatz von 7 v.H. angelegt worden. Das gelte sowohl für die Verzinsung des Wertausgleichs und des Kursgewinnes, oder an dessen Stelle des Wertausgleichs in der hypothetischen Sachverhaltsvariante eines Bar-Wertausgleichs, als auch hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten.

48

c) Diese Rügen der Anschlussrevision greifen nicht durch.

49

aa) Das Berufungsgericht hat die Darlegungsanforderungen an einen entgangenen Gewinn nach § 252 Satz 2 BGB nicht überspannt. Die Vorschrift ermöglicht zwar in Ergänzung zu § 287 ZPO eine abstrakte Schadensberechnung, weil sie gestattet, bei der Ermittlung auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge abzustellen (Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 252 Rn. 6). Dies ändert aber nichts daran, dass der Geschädigte darlegungs- und beweispflichtig ist dafür, dass ihm durch das schädigende Ereignis ein solcher Gewinn entgangen ist. Er kann sich zwar auf die Behauptung und die Nachweise der Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 Satz 2 BGB geregelte Vermutung eingreift (BGH, Urteil vom 28. Februar 1996 - XII ZR 186/94, WM 1996, 1270, 1272; vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, WM 2012, 1188 Rn. 13). Die Wahrscheinlichkeit der Gewinnerzielung im Sinne des § 252 Satz 2 BGB und deren Umfang kann aber nur anhand des notfalls zu beweisenden Tatsachenvortrags beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage sich der Geschädigte ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2012, aaO). Der Anleger kann sich zwar auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen, dass Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt liegen bleibt. Das rechtfertigt aber nicht die Schätzung eines Mindestschadens unabhängig vom konkreten Parteivortrag (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1994 - XI ZR 238/93, WM 1994, 2073, 2075; vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 64). Der Anleger muss darlegen, welchen Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge er erzielt hätte (BGH, Urteil vom 8. Mai 2012, aaO). Es kann nicht davon ausgegangen werden, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge könne mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden, dass ein zur Verfügung stehender Geldbetrag sich zumindest in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4 v.H. (§ 246 BGB) verzinse. Vielmehr entspricht es schon nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, dass eine Geldanlage überhaupt immer Gewinn abwirft (BGH, Urteil vom 24. April 2012, aaO Rn. 18).

50

Als schlüssig kann danach zwar ein Klagevortrag - der gegebenenfalls zu beweisen ist - angesehen werden, wonach in eine bestimmte Art von Wertpapieren investiert worden wäre, die im fraglichen Zeitraum ohne Kursverlust einen bestimmten Zinsertrag erbracht hätten. Soweit die von der Revision und der Klage zitierten Urteile (BGH, Urteil vom 8. November 1973 - III ZR 161/71, WM 1974, 128, 129; vom 2. Dezember 1991 - II ZR 141/90, WM 1992, 143, 144) nicht lediglich eine verkürzte Darstellung enthalten, sondern dahin verstanden werden könnten, dass geringere Anforderungen an die Darlegung zu stellen seien, wären diese ersichtlich überholt. Der Kläger hat in der Klagebegründung, die noch die Anschlussrevision für schlüssig hält, lediglich unter Zitierung dieser Urteile der Schadensberechnung einen Ertrag von 7 v.H. Zinsen zugrunde gelegt. Es fehlte aber an jeglichem Vortrag, in welcher Form das Geld angelegt worden wäre. Das hat das Berufungsgericht zutreffend als unzureichend angesehen.

51

bb) Den neuen Vortrag der Kläger im Schriftsatz vom 25. April 2014 hat das Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei gemäß §§ 525, 296 Abs. 1, § 273 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hatte die Kläger im Hinweisbeschluss vom 3. Dezember 2013 hinreichend deutlich dazu aufgefordert, binnen drei Wochen vorzutragen, für welche konkrete Anlage sie sich entschieden hätten. Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2013 entsprechenden Vortrag ausdrücklich abgelehnt mit der Begründung, die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts sei unzutreffend. Für den Fall, dass das Oberlandesgericht an seiner Rechtsauffassung festhalten wolle, haben sie um erneute Hinweise gebeten. Dessen bedurfte es nicht, der Hinweis war ausreichend. Die Kläger haben das unzutreffende Aktenzeichen in dem Hinweisbeschluss (XI ZR 226/10) nach eigenem Vortrag als Hinweis auf das Urteil in der Sache XI ZR 262/10 (Urteil vom 8. Mai 2012, BGHZ 193, 159) verstanden. Dort ist in den einschlägigen Ausführungen in Rn. 64 ausgeführt, dass auch die abstrakte Schadensberechnung nicht unabhängig vom konkreten Parteivortrag vorgenommen werden kann. Vielmehr muss der Kläger darlegen, welcher Gewinn nach dem Lauf der Dinge mit einem anderen Anlagegeschäft erzielt worden wäre. Daran seien zwar keine strengen Anforderungen zu stellen. Jedenfalls müsse aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit vorliegen (BGH, aaO). Das erfordert die Darlegung und gegebenenfalls den Beweis, welche Anlageform gewählt worden wäre. Hieran fehlte es völlig. Die Kläger hätten hierzu mindestens hilfsweise vortragen müssen.

52

cc) Der Vortrag im Schriftsatz vom 25. April 2014 war im Übrigen unzureichend. Er beschränkte sich auf die Behauptung, die Kläger hätten in Anleihen der öffentlichen Hand investiert. Das ist auch in Verbindung mit dem vorgelegten Tabellenauszug aus der Begutachtung des Sachverständigenrats zur gesamtwirtschaftlichen Lage unsubstantiiert. Der Beklagte hat die Behauptung bestritten. Geeigneter Beweis ist nicht angeboten worden, lediglich die Einvernahme der Kläger, wofür die Voraussetzungen des § 447 ZPO nicht vorlagen, ebenso wenig wie die Voraussetzungen für eine Vernehmung von Amts wegen nach § 448 ZPO, weil nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt worden war, was für diese Behauptung hätte sprechen können, etwa dass eine derartige Anlage schon zuvor einmal, zum Beispiel mit den erhaltenen Barmitteln, durchgeführt worden wäre.

53

Auf das fehlende Beweisangebot hat das Berufungsgericht die Nichtberücksichtigung hilfsweise selbständig gestützt. Die Anschlussrevision erinnert dagegen nichts. Allerdings hätte das Berufungsgericht bei hinreichend substantiiertem Vortrag die Kläger nach § 287 Abs. 1 Satz 3 ZPO vernehmen können.

54

3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht im Rahmen der Berücksichtigung der Rechtsverfolgungskosten den Anspruch auf Ersatz des vorprozessualen anwaltlichen Zeithonorars abgewiesen, soweit dieses die gesetzlichen Gebühren übersteigt.

55

a) Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Schädiger aber nicht schlechterdings alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02, NJW 2004, 444, 446; vom 10. Januar 2006 - VI ZR 43/05, NJW 2006, 1065 Rn. 5; vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 70; vom 23. Januar 2014 - III ZR 37/13, BGHZ 200, 20 Rn. 48). Die Einschaltung eines Rechtsanwalts ist in einfach gelagerten Fällen nur erforderlich, wenn der Geschädigte geschäftlich ungewandt ist oder die Schadensregelung verzögert wird (BGH, Urteil vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 351 f; vom 10. Januar 2006, aaO Rn. 8; vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 271/09, NJW 2011, 296; Beschluss vom 31. Januar 2012 - VIII ZR 277/11, NZM 2012, 607 Rn. 8; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl. § 249 Rn. 57). Bei Fällen wie dem Vorliegenden, die nicht einfach gelagert sind, ist jedenfalls das Honorar bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren erstattungsfähig (BGH, Urteil vom 23. Januar 2014, aaO).

56

Hinsichtlich des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO gehen die Rechtsprechung und die Literatur fast ganz einhellig davon aus, dass als erstattungsfähige "gesetzliche Gebühren und Auslagen" lediglich die Regelsätze des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zu erstatten sind und nicht ein aufgrund einer Honorarvereinbarung mit dem Rechtsanwalt übersteigendes Honorar (BGH, Beschluss vom 13. November 2014 - VII ZB 46/12, NJW 2015, 633 Rn. 18 mwN).

57

b) Nicht nur für den Bereich der prozessualen Kostenerstattungspflicht, sondern auch hinsichtlich vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten geht § 3a Abs. 1 Satz 3 RVG davon aus, dass im Regelfall der gegnerischen Partei nicht mehr als die gesetzlichen Gebühren zu erstatten sind. Anderenfalls hätte der hiernach in einer Gebührenvereinbarung zwingend vorgesehene entsprechende Hinweis an den Mandaten keinen Sinn (vgl. Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., § 3a Rn. 17). Die Gesetzesbegründung zu § 3a RVG geht insoweit davon aus, dass der Rechtssuchende die von ihm zu zahlende Vergütung, soweit sie die gesetzlichen Gebühren übersteigt, grundsätzlich selbst tragen muss (BT-Drucks. 16/8384 S. 10 linke Spalte Abs. 3 zu Art. 2 Nr. 2 Abs. 1 Satz 3).

58

Derjenige, der sich schadensersatzpflichtig gemacht hat, kann aber in besonderen Fällen auch verpflichtet sein, höhere Aufwendungen aus einer Honorarvereinbarung zu erstatten (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - III ZR 9/03, NJW 2003, 3693, 3697 f), wenn der Geschädigte auch diese Aufwendungen wegen der besonderen Lage des Falles für erforderlich und zweckmäßig halten durfte. Dies kann anzunehmen sein, wenn ein zur Vertretung bereiter und geeigneter Rechtsanwalt zu den gesetzlichen Gebühren, etwa wegen der Aufwändigkeit des Rechtsstreits und des geringen Streitwerts, oder wenn ein erforderlicher spezialisierter Anwalt zu den gesetzlichen Gebühren nicht gefunden werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2000 - IX ZR 121/99, BGHZ 144, 343, 346). Davon kann bei einem Streitwert von 2.116.834,94 €, von dem das Berufungsgericht insoweit zutreffend ausgegangen ist, aus dem sich eine Geschäftsgebühr von 11.919 € zuzüglich einer Erhöhungsgebühr von 2.383,80 € nebst Auslagen und Umsatzsteuer errechnet, nicht ohne weiteres ausgegangen werden, zumal wenn die Pflichtverletzung als solche in einem Vorprozess weitgehend geklärt ist.

59

Für die Voraussetzung eines gleichwohl weitergehenden, über den Normalfall hinausgehenden Erstattungsanspruch ist der Anspruchsteller, wie für die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit seiner Aufwendungen allgemein, darlegungs- und beweispflichtig. Entsprechenden übergangenen Vortrag zeigt die Anschlussrevision jedoch nicht auf. Ein Fall der Verletzung der Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB, die vom Beklagten darzulegen und zu beweisen wäre, liegt entgegen der Auffassung der Anschlussrevision nicht vor.

60

Eines entsprechenden Hinweises durch das Berufungsgericht bedurfte es nicht, nachdem die Kläger schon in der Honorarvereinbarung entsprechend § 3a Abs. 1 Satz 3 RVG von ihren Anwälten auf den beschränkten Erstattungsanspruch hingewiesen worden waren. Das wird von der Anschlussrevision auch nicht gerügt.

61

4. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Klage insoweit als unbegründet angesehen, als die Kläger Ersatz der Kosten geltend gemacht haben, welche sie im Rahmen des Vorprozesses an die P.       für die von diesen aufgewandten Avalzinsen für Bürgschaften zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erstattet haben wollen. Der Beklagte hat die Zahlung bestritten, wie das Berufungsgericht festgestellt hat. Die Kläger haben die Zahlungen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht unter Beweis gestellt, insbesondere keinen Zahlungsbeleg vorgelegt. Einen übergangenen Beweisantrag macht die Anschlussrevision auch nicht geltend. Darüber hinaus fehlte es insoweit schon an einem ausreichenden Sachvortrag. Die Klagebegründung, auf die sich die Anschlussrevision bezieht, enthält keinen substantiierten Vortrag, die in Bezug genommene Anlage K 6 zu den Kosten der Rechtsverfolgung, die den Sachvortrag schon nicht ersetzt, auf S. 2 unter "Sonstige Kosten der Rechtsverfolgung" lediglich die Behauptung eines Zahlungsdatums der Kosten für die Bürgschaften.

VI.

62

Das Urteil des Berufungsgerichts kann danach, soweit der Beklagte zur Zahlung verurteilt ist und den Klägern zwei Einzelansprüche zuerkannt worden sind, keinen Bestand haben. Es ist in diesem Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zurückzuverweisen.

63

Für das weitere Verfahren weist der Senat im Hinblick auf die weiteren Revisionsrügen des Beklagten auf Folgendes hin:

64

1. Unbegründet ist die Rüge, das Berufungsgericht habe im Rahmen der Kausalitätsprüfung den Einwand der Beklagten zu Unrecht für nicht durchgreifend erachtet, dass die P.      bei Abschluss eines zunächst wirksamen Unternehmenskaufvertrages wirksam die Wandlung erklärt hätte.

65

a) Das Berufungsgericht hat den Einwand des Beklagten schon deshalb für unbeachtlich gehalten, weil die P.    die Wandlung tatsächlich erst am 26. April 2004 erklärt hatte und damit nicht binnen der in Ziffer II 9b des Vertrages festgesetzten Frist von sechs Monaten nach Kenntnis des Wandlungsgrundes. Kenntnis von der Überschuldung der c.    hat spätestens mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen am 16. Mai 2003 bestanden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte nicht behauptet, dass die Wandlung im Falle einer wirksamen Vertragsgestaltung rechtzeitig erfolgt wäre. Solches zeigt auch die Revision nicht auf. Vielmehr hat der Beklagte ausdrücklich behauptet, dass die P.    am 26. April 2004 von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht habe und dass sie dies auch hypothetisch im Falle einer wirksamen Vertragsgestaltung getan hätte.

66

b) Mit der Zugrundelegung dieses tatsächlichen Vorbringens hat das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision den Beklagten nicht in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt. Anders als es die Revision darzustellen versucht, hat der Beklagte nicht behauptet, dass die P.    die Wandlung im fiktiven Falle früher erklärt hätte. Er hat vielmehr ausdrücklich dasselbe Datum behauptet. Das Berufungsgericht hat insoweit auch keinen erforderlichen Sachvortrag vermisst, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass der gehaltene Sachvortrag das gewünschte Ergebnis rechtlich nicht rechtfertigt. Eine Hinweispflicht hat das Berufungsgericht insoweit nicht verletzt. Sie besteht nach § 139 Abs. 2 ZPO gegenüber den Parteien nicht allgemein und umfassend, sondern nur, wenn Parteivortrag widersprüchlich oder unklar ist, wenn der Sachvortrag nicht hinreichend substantiiert ist oder wenn das Gericht an den Sachvortrag Anforderungen stellt, mit denen eine gewissenhafte und kundige Prozesspartei nach dem Prozessverlauf nicht zu rechnen braucht (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2008 - I ZB 59/07, NJW 2008, 1742 Rn. 13 mwN). Trägt die Partei einen Sachverhalt, sei er auch fiktiv, konkret vor, besteht keine Verpflichtung des Gerichts darauf hinzuweisen, dass ein anderer tatsächlicher Sachverhalt für die Partei aus Rechtsgründen günstiger wäre und deshalb der Sachverhalt geändert werden sollte. Zwar kann der Vortrag eines fiktiven Sachverhalts - anders als bei einem tatsächlichen Sachverhalt - nicht gegen die prozessuale Wahrheitspflicht verstoßen. Es ist aber Sache der Partei, einen fiktiven Sachverhalt, der ihr günstig sein kann, schlüssig vorzutragen. Angesichts der Regelung im Kaufvertrag, nach dessen Ziffer III 7 und II 9b die Frist für eine Wandlungserklärung mit der Kenntnis vom Wandlungsgrund beginnen sollte, lag es für den Beklagten im Regressprozess auf der Hand, dass für die Wirksamkeit einer solchen Erklärung die Einhaltung der Frist von Bedeutung sein konnte.

67

c) Soweit die Revision daran erinnert, dass der Beklagte vorgetragen gehabt habe, dass die Sechsmonatsfrist erst Anfang 2004 mit der Optionsausübung zu laufen begonnen habe, greift sie das hiervon abweichende Berufungsurteil nicht an. Nach Ziffer III 7 des Unternehmenskaufvertrages sollte für die Call/Put-Option die Regelung gemäß Ziffer II 9 entsprechend gelten. Nach Ziffer II 9b war jedoch die Wandlung ausgeschlossen, wenn die Käuferin diese nicht spätestens sechs Monate nach Kenntnis des Wandlungsgrundes gegenüber den Verkäufern zu 1 und 2 erklärt. Eine Abweichung sieht Ziffer III 7 nicht vor, obwohl auf der Hand lag, dass ein Wandlungsgrund schon vor der Möglichkeit zur Ausübung der Call/Put-Option vorliegen und bekannt sein konnte. Dass auch in diesem Fall die Käuferin noch berechtigt sein sollte, die Option auszuüben, um dann innerhalb von sechs weiteren Monaten wegen des schon vor der Ausübung der Option bekannten Wandlungsgrundes die Wandlung zu erklären, erscheint ausgeschlossen. Dasselbe muss für den Fall gelten, dass die Verkäufer von dem ihnen gewährten Optionsrecht Gebrauch machten. Denn nur dadurch konnten sie die Anwendung der in Ziffer III 5b enthaltenen Wertsicherungsklausel erreichen. Das aber konnte die Käuferin schon durch rechtzeitige Wandlungserklärung verhindern. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Parteien gerecht werdenden Ergebnis führt (Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl. § 133 Rn. 18). Dies führt dazu, dass Ziffer II 9b) auch in vorliegender Fallkonstellation Anwendung finden sollte.

68

2. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Kläger, soweit er auf die Verletzung des Anwaltsvertrages mit der Sozietät E.    Rechtsanwälte wegen des Unternehmenskaufs gestützt ist, zutreffend als nicht verjährt angesehen.

69

a) Für die Verjährung des Schadensersatzanspruchs aus positiver Vertragsverletzung aus dem Anwaltsvertrag findet nach zutreffender Ansicht des Berufungsgerichts noch § 51b BRAO aF Anwendung (Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 3, § 6 Abs. 1 EGBGB).

70

b) Nach § 51b BRAO aF verjährte der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist, spätestens jedoch in drei Jahren nach der Beendigung des Auftrags (Hilfsregel).

71

aa) Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Schaden sei frühestens am 29. März 2001 mit der Abtretung der Geschäftsanteile gemäß Ziffer II 2c des Unternehmenskaufvertrages entstanden, hat sich die Revision des Beklagten erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gewandt. Sie hat hier die Auffassung vertreten, dass der erste Schaden schon mit Vertragsabschluss am 7. November 2000 eingetreten sei, weil in Ziffer II 2b des Vertrags bereits die Abtretung der Geschäftsanteile durch die Kläger erklärt und von den Käufern angenommen worden sei. Die aufschiebende Bedingung in Ziffer II 2c sei unerheblich, weil die Herbeiführung dieser Bedingungen allein in der Hand der Käuferin gelegen habe.

72

Diese Annahme ist unzutreffend. Der Schaden ist nicht bereits am 7. November 2000 eingetreten.

73

(1) Der Vertrag vom 7. November 2000 wurde für beide Vertragsparteien von Vertretern ohne Vertretungsmacht abgeschlossen. Er bedurfte also zu seiner Verbindlichkeit zwischen den Vertragsparteien der Genehmigung beider Seiten. Eintreten konnte der Schaden frühestens mit der letzten erforderlichen Genehmigung. Dazu, wann diese erteilt wurde, hat der Beklagte nichts vorgetragen.

74

(2) Ein Schaden hinsichtlich der Abtretung nach Ziffer II 2b des Vertrages konnte im Übrigen nur entstehen, soweit die versprochene Gegenleistung (Ziffer II 4) nicht in Bargeld, sondern in Aktien erbracht wurde (Ziffer II 2c 2. Spiegelstrich). Am Tage des Vertragsschlusses entsprach der Wert der Aktien dem Barpreis. Nach Ziffer II 5b war der Wert pro Aktie auf 17,50 € festgelegt worden. Die Gegenleistung von 50.000 Stückaktien für jeden der beiden Kläger war demgemäß 875.000 € wert, also 1.711.351,20 DM. Das entspricht genau 28,055 v.H. des festgelegten Wertes der c.     , also dem hierfür abzutretenden Anteil.

75

Ein Schaden konnte in der Folge nur durch eine Verschlechterung des Aktienkurses eingetreten sein, weil die Kläger gemäß Ziffer II 5d dem Poolvertrag beigetreten waren, woraus sich bis 31. Oktober 2004 eine Veräußerungssperre hinsichtlich der Aktien ergab. Deswegen bestand für die Kläger das Risiko von Kursverlusten.

76

Für die Frage, wann ein Schaden eingetreten ist, gilt die Risiko-Schaden-Formel des Senats (BGH, Urteil vom 2. Juli 1992 - IX ZR 268/91, BGHZ 119, 69, 70 f; st. Rspr.). Danach ist eine bloße Vermögensgefährdung infolge der Pflichtverletzung des Beraters nicht ausreichend. Vielmehr entsteht ein Schaden erst dann, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen durch die Pflichtverletzung des Beraters gegenüber seinem früheren Vermögensstand objektiv verschlechtert hat. Dafür genügt, dass der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag auch seine Höhe noch nicht beziffert werden können. Es muss nicht feststehen, dass eine Vermögenseinbuße bestehen bleibt und damit endgültig wird (BGH, Urteil vom 25. April 2013 - IX ZR 65/12, WM 2013, 1081 Rn. 10 mwN; st. Rspr.; Chab in Zugehör/G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, Rn. 1353). Ein Schaden ist dagegen noch nicht eingetreten, solange nur das Risiko eines Vermögensnachteils infolge der Pflichtverletzung des Beraters besteht, solange also noch offen ist, ob es tatsächlich zu einem Schaden kommt. Solange das Risiko sich nicht verwirklicht, läuft die Verjährungsfrist noch nicht, weil bei der gebotenen wertenden Betrachtung allenfalls eine Vermögensgefährdung vorliegt. Bei der Frage, ob schon ein Schaden eingetreten ist oder noch lediglich eine Gefährdung gegeben ist, ist also eine wertende Betrachtung erforderlich (BGH, Urteil vom 25. April 2013, aaO mwN; Chab, aaO).

77

Durch den Erwerb von Aktien tritt bei wertender Betrachtung nicht sofort ein Schaden schon deshalb ein, weil deren Kurs fallen könnte. Dem Risiko steht die Chance der Kurssteigerung gegenüber. Im vorliegenden Fall wollten die Kläger allerdings sichergestellt haben, dass im Zeitpunkt des Endes der Verfügungsbeschränkung, am 1. November 2004, die Aktien zumindest, wie bei Abschluss des Vertrages, 17,50 € pro Stück wert sein sollten. Ein Schaden trat demgemäß ein zu dem Zeitpunkt, in dem sich die Gewissheit ergab, dass der Kurs am 1. November 2004 geringer sein würde.

78

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist im Prozess nicht vorgetragen worden, wann der Kurs der Aktie gesunken ist. Erst recht ist nicht vorgetragen, wann sich aus der Kursentwicklung die notwendige Gewissheit für einen zu niedrigen Kurs am 1. November 2004 ergab. Da die Voraussetzungen der Verjährung von demjenigen vorzutragen sind, der sich hierauf beruft, hätte dies dem Beklagten oblegen. Da ein solcher Vortrag nicht erfolgt ist, geht dies zu seinen Lasten. Ein Schadenseintritt vor dem vom Berufungsgericht angenommenen frühesten Zeitpunkt, dem 29. März 2001, kann danach nicht festgestellt werden.

79

bb) Das Berufungsgericht nimmt an, dass auch nach der Hilfsregel des § 51b BRAO aF die Verjährungsfrist nicht vor dem 29. März 2001 begonnen habe, weil das Mandat der Kläger mit der Sozietät E.    Rechtsanwälte nicht vor dem 29. März 2001 geendet habe.

80

Die Revision meint demgegenüber, der Auftrag sei am 7. November 2000 mit der Unterzeichnung des Vertrages beendet worden, weshalb die Primärverjährung im Januar 2004 längst abgelaufen gewesen sei, als die Kläger dem Beklagten - nun als Einzelanwalt - den neuen Auftrag erteilten, gegen die P.   aus der Wertsicherungsklausel vorzugehen.

81

Nach ständiger Senatsrechtsprechung endet der Anwaltsvertrag regelmäßig durch Erledigung des Auftrags, das heißt die Erledigung des Vertragszweckes. Hat sich der Anwalt zu einer außergerichtlichen Beratung verpflichtet, ist der Auftrag im Allgemeinen mit der Erteilung des Rates erledigt. Ist er beauftragt, den Mandanten bei Vertragsverhandlungen zu vertreten, endet der Auftrag grundsätzlich mit der Unterzeichnung des Vertrages (BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - IX ZR 149/04, WM 2008, 946 Rn. 32). Nach Unterzeichnung konnte der Beklagte den Klägern keine Ratschläge mehr zu dem wünschenswerten Vertragsinhalt erteilen, was für die Beendigung des Mandates sprechen könnte (BGH, aaO).

82

Nach den Feststellungen des Landgerichts und des Berufungsgerichts auf der Grundlage der Angabe der Parteien war jedoch der erteilte Auftrag nicht auf die Vorbereitung und den Abschluss des Unternehmenskaufvertrages beschränkt. Beide Parteien gingen danach vielmehr übereinstimmend davon aus, dass die Zusammenarbeit mit Vertragsschluss nicht beendet sein, sondern auch den Vollzug des Vertrages umfassen sollte. Das Berufungsurteil beruht insoweit auf einer umfassenden Beweiswürdigung. Der Vortrag des Beklagten hierzu war nicht geeignet, diese Überzeugung zu erschüttern. Danach endete das Mandat jedenfalls nicht vor der Abtretung der Geschäftsanteile am 29. März 2001. Die Verjährungsfrist von drei Jahren lief damit jedenfalls bis 29. März 2004.

83

c) Zutreffend hat das Berufungsgericht die Verjährung des Anspruchs gegen den Beklagten nach den Grundsätzen der Sekundärverjährung verneint, weil der Beklagte, nun als Einzelanwalt, im Rahmen des ihm erteilten neuen Mandats seine Pflicht verletzt hat, die Kläger auf die Möglichkeit der eigenen Haftung und deren drohende Verjährung hinzuweisen.

84

aa) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der neue Auftrag dem Beklagten als Einzelanwalt erteilt wurde, während das Mandat hinsichtlich der Beratung bei Abschluss und Durchführung des Unternehmenskaufvertrages der Sozietät E.    Rechtsanwälte erteilt war, für deren Pflichtverletzung der Beklagte als Scheinsozius analog § 128 HGB einzustehen hat.

85

(1) Der Mandant, dessen ursprünglicher (primärer) Schadensersatzanspruch gegen seinen Rechtsanwalt wegen schuldhafter Pflichtverletzung gemäß § 51b BRAO aF verjährt ist (Primärverjährung), hat grundsätzlich einen weiteren (sekundären) Schadensersatzanspruch gegen den Anwalt, wenn dieser den Schaden in Gestalt der Primärverjährung verursacht hat, indem er eine bis zum Ende des Mandats entstandene (sekundäre) Pflicht, den Auftraggeber auf die Möglichkeit einer eigenen Regresshaftung und deren drohende Verjährung hinzuweisen, schuldhaft verletzt hat (Chab, aaO Rn. 1390). Entsteht eine solche Hinweispflicht innerhalb desselben Mandats, besteht dieses naturgemäß mit dem ursprünglichen Vertragspartner des Mandanten.

86

(2) Erhält jedoch der Anwalt, der den Auftraggeber vor Abschluss eines Vertrages fehlerhaft beraten hat, noch während des Laufs der Primärverjährung den Auftrag, Ansprüche des Mandanten aus diesem Vertrag zu prüfen oder durchzusetzen, so begründet auch dies die Pflicht, auf die Regresshaftung und ihre Verjährung hinzuweisen, wenn diese Ansprüche in unmittelbarem inneren Zusammenhang mit der ursprünglichen Beratung stehen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - IX ZR 149/04, WM 2008, 946 Rn. 34 ff; vom 12. Juli 2012 - IX ZR 96/10, WM 2012, 2106 Rn. 12 mwN; st. Rspr.). Die Hinweispflicht folgt in diesem Fall aus dem neuen Auftrag (BGH, Urteil vom 29. November 1983 - VI ZR 3/82, VersR 1984, 162, 163; vom 24. Juni 1993 - IX ZR 216/92, WM 1993, 1889, 1895; vom 7. Februar 2008, aaO; Chab, aaO Rn. 1393). Entgegen der Auffassung der Revision lässt der Umstand, dass Vertragspartner der Kläger bei dem neuen Auftrag nunmehr der Beklagte persönlich, nicht mehr die Sozietät E.    Rechtsanwälte war, die Hinweispflicht nicht entfallen. Der Sekundäranspruch ist zwar nur ein Hilfsrecht und unselbständiges Nebenrecht des primären Regressanspruchs (BGH, Urteil vom 13. November 2008 - IX ZR 69/07, WM 2009, 283 Rn. 8). Er kann aber gegenüber allen entstehen, die aus dem primären Regressanspruch verpflichtet sind oder für diesen haften. Dies gilt erst recht für den sachbearbeitenden Rechtsanwalt, der in beiden Mandatsverhältnissen für den geschädigten Mandanten tätig wird.

87

Danach konnte zwar der Beklagte nach seinem Ausscheiden aus der Sozietät im Rahmen eines danach begründeten neuen Mandats eine Sekundärhaftung nicht mehr für die Sozietät begründen, weil er nicht mehr für diese handeln konnte. Er konnte aber, wie jeder aus dem Ausgangsvertrag Haftende, für sich selbst die Sekundärhaftung verwirklichen.

88

(3) Ein Auftrag des Mandanten über denselben Gegenstand ist entgegen der Auffassung der Revision nicht nur dann anzunehmen, wenn er im prozessualen Sinne denselben Streitgegenstand betrifft. Vielmehr folgt aus dem Sinn und Zweck der Sekundärverjährung, dass sie bereits dann zu bejahen ist, wenn ein unmittelbarer innerer Zusammenhang zwischen dem alten und dem neuen Auftrag besteht. Die Sekundärverjährung soll die Härten und Unbilligkeiten mildern, die sich aus einer strengen Anwendung der kenntnisunabhängigen Verjährungsregelung des § 51b BRAO aF ergeben (BGH, Urteil vom 7. Februar 2008, aaO Rn. 36). Hart und unbillig wäre die Anwendung des § 51b BRAO aF insbesondere für Mandanten, die ihrem Anwalt lange vertrauen. Dabei ist nicht nur das Vertrauen im Rahmen eines Dauermandats schützenswert; vielmehr ist die Situation vergleichbar, dass der Mandant den Berater mit der Bearbeitung von Folgefragen aus dem Erstauftrag beauftragt, die mit diesem in unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen. Auch in einem solchen Fall knüpft die weitere Arbeit des Anwalts an das Ergebnis des Erstauftrags an (BGH, Urteil vom 7. Februar 2008, aaO). Er hat in diesem Fall Anlass, die Richtigkeit der bisherigen Beurteilung zu hinterfragen.

89

Die Kläger haben den Beklagten im Januar 2004 beauftragt, gegen die Käuferin Klage auf Zahlung aus der Wertsicherungsklausel zu erheben. Im Rahmen der Vorbereitung dieser Klage hatte der Beklagte Anlass, die Wirksamkeit dieser Klausel zu prüfen. Dabei hätte er bei pflichtgemäßer Prüfung deren (mögliche) Unwirksamkeit erkennen und die Kläger auf (mögliche) Ersatzansprüche gegen die Sozietät E.   Rechtsanwälte sowie gegen ihn als Scheinsozius sowie die Verjährung dieser Ansprüche hinweisen müssen.

90

bb) Entgegen der Auffassung der Revision wurde durch die Zustellung der Klage die Verjährung entsprechend § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt. Zwar wurde die Klage selbst nicht auf die Pflichtverletzung aus dem nachfolgenden Anwaltsvertrag mit dem Beklagten persönlich als Einzelanwalt gestützt, sondern auf die Pflichtverletzung bei Ausführung des ursprünglichen Anwaltsvertrages mit der Sozietät E.     Rechtsanwälte. Dem Mandanten kann aber nicht entgegengehalten werden, die Klage betreffe dann nur den ursprünglichen, verjährten Regressanspruch, nicht aber den unverjährten Sekundäranspruch. Der Sekundäranspruch ist, wie ausgeführt, ein Hilfsrecht des Geschädigten (BGH, Urteil vom 13. November 2008 - IX ZR 69/07, WM 2009, 283 Rn. 8; Chab in Handbuch der Anwaltshaftung, aaO Rn. 1435). Beide Ansprüche beruhen auf einem einheitlichen Lebenssachverhalt und sind auf denselben wirtschaftlichen Erfolg gerichtet, den entstandenen Schaden auszugleichen. Der prozessuale Leistungsanspruch, der mit der ursprünglichen Pflichtverletzung begründet wird, erstreckt sich daher auch auf den Sekundäranspruch, der den Primäranspruch stützt. Zu seiner Geltendmachung, der im Rahmen der Verjährung des Primäranspruchs von Bedeutung ist, muss nicht eine gesonderte Klage erhoben oder die erste Klage auf diesen Anspruch ausdrücklich erweitert werden (vgl. Chab, aaO, Rn. 1435).

91

d) Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, dass eine zeitliche Begrenzung der Haftung des Beklagten nach § 736 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 159 Abs. 1, § 160 Abs. 1 Satz 2 HGB schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil dieser, ein Ausscheiden aus der Sozietät E.    Rechtsanwälte mit deren behaupteter Auflösung am 1. Juni 2001 und die Kenntnis der Kläger hiervon unterstellt, jedenfalls innerhalb der dann jeweils laufenden Fünfjahresfrist die ursprünglich lediglich akzessorische (Schein-)Gesellschafterhaftung durch eine ergänzende Sekundärhaftung aus eigener Pflichtverletzung überlagert und mitbegründet hat, für welche die Haftungsbeschränkungen der genannten Vorschriften nicht gelten.

92

e) Schließlich sind die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Hemmung der Sekundärverjährung, die andernfalls mit Ablauf des 29. März 2007 eingetreten wäre, rechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht nimmt an, dass die Verjährung wegen Verhandlungen der Kläger mit dem Beklagten und seinem Berufshaftpflichtversicherer gemäß § 203 BGB für 850 Tage gehemmt war. Die Revision beanstandet insoweit, dass das Berufungsgericht dabei auch eine Tätigkeit des Rechtsanwalt E.   berücksichtigt und außerdem nicht bedacht habe, dass die Haftung des Beklagten auf dessen Pflichtverletzung als Einzelanwalt gestützt werde, aber nur über Ansprüche gegen die Sozietät E.   verhandelt worden sei.

93

Diese Rügen sind unbegründet. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts E.   in diesem Zusammenhang konnte berücksichtigt werden, weil es sich um eine Versicherung der Sozietät E.    Rechtsanwälte handelt, in deren Rahmen auch der Beklagte mitversichert war. Rechtsanwalt E.    war hier auch im Namen des Beklagten tätig. Seine Tätigkeit betraf im Übrigen nur eine technische Einzelheit, die Verhandlungen wären auch sonst fortgeführt worden. Im Übrigen gilt auch hier das oben Ausgeführte, dass der Sekundäranspruch lediglich ein Hilfsanspruch zu dem ursprünglichen Schadensersatz ist, der beide als Einheit auch bei Verhandlungen erscheinen lässt. Hier kann nichts anderes gelten als bei der Hemmung durch Klageerhebung.

94

3. Schadensersatzansprüche der Kläger auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten konnten vom Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht in der ausgeurteilten Höhe zuerkannt werden.

95

Wie die Revision zutreffend geltend macht, wurden diese Ansprüche in der Klage auf die Verletzung der Beratungs- und Aufklärungspflichten aus dem Anwaltsvertrag gestützt, welche die Kläger mit der Sozietät E.     Rechtsanwälte geschlossen hatten.

96

Die Revision macht auch in diesem Zusammenhang nicht geltend, die von den Vorinstanzen insoweit angenommene Pflichtverletzung sei nicht gegeben. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beruhen diese Schäden bereits auch auf der von dem Beklagten vorgenommenen Fehlberatung anlässlich des Unternehmenskaufvertrages. Mit der Aufnahme der unwirksamen Wertsicherungsklausel in den Vertrag wurde die Grundlage dafür geschaffen, dass der sich daraus vermeintlich ergebende Anspruch später ohne Aussicht auf Erfolg geltend gemacht würde. Die dadurch entstandenen Schäden sind deshalb schon durch den ersten Beratungsfehler adäquat kausal verursacht worden.

97

Durch einen erneuerlichen Beratungsfehler des Beklagten im Zusammenhang mit der erforderlichen Durchführung des Prozesses gegen die P.     ist die Kausalität und der Zurechnungszusammenhang nicht unterbrochen worden. Vielmehr liegt ein Fall der Doppelkausalität vor. Hier wird der Zurechnungszusammenhang zwischen der ersten Pflichtverletzung und dem Schaden durch die zweite Pflichtverletzung nicht unterbrochen. Da beide Pflichtverletzungen allein geeignet waren, den gesamten Schaden herbei zu führen, ist jede der Pflichtverletzungen als kausal anzusehen. Das führt, wenn die Pflichtverletzungen verschiedenen Personen zuzurechnen sind, dazu, dass beide für den Schaden haften (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1988 - IX ZR 43/87, WM 1988, 905, 908 f; vom 29. Juni 2006 - IX ZR 227/02, GI Aktuell 2008, 14; G. Fischer, aaO Rn. 1128). Fallen beide Pflichtverletzungen demselben Anwalt zur Last, kann der Anspruch auf jede der beiden Pflichtverletzungen gestützt werden. Deshalb kommt es dann im Ergebnis nicht darauf an, ob auch hinsichtlich der zweiten Pflichtverletzung rechtzeitig Klage erhoben wurde.

Kayser                            Vill                            Lohmann

                  Fischer                       Möhring

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.