Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 17. Nov. 2017 - 1 Ws (s) 328/17

bei uns veröffentlicht am17.11.2017

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal vom 15. September 2017 (508 StVK 234/17 (K)) aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an die auswärtige Strafvollstreckungskammer zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Mit Urteil vom 11.09.2000 (1 KLs 100 Js 1117/00) hat das Landgericht Bautzen den Betroffenen wegen einer im Dezember 1999 in der Justizvollzugsanstalt Bautzen begangenen Geiselnahme zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und zugleich seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

2

Seit dem 07.09.2012 wird die angeordnete Sicherungsverwahrung vollzogen, nachdem das Landgericht Leipzig - sachverständig beraten - mit Beschluss vom 21.08.2012 (1 StVK 687/11) dies angeordnet und die Vollstreckung der durch Urteil des Landgerichts Dessau vom 06.10.1993 (6 Ks 310 Js 9588/93) u. a. wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion angeordnete Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt erklärt hatte.

3

Mit Beschluss vom 15.09.2017 (508 StVK 234/17 (K)) hat die auswärtige große Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal mit Sitz in Burg die Fortdauer der Unterbringung des Betroffenen in der Sicherungsverwahrung angeordnet und den Antrag des Betroffenen, die Maßregel der Sicherungsverwahrung für erledigt zu erklären, zurückgewiesen.

4

Gegen diese seinem Verteidiger am 12.10.2017 zugestellte Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Betroffenen vom 04.10.2017, welche am selben Tag beim Landgericht Stendal eingegangen und mit Schriftsatz vom 02.11.2017 weiter begründet worden ist, und zwar im Wesentlichen damit, dass die Vollstreckungskammer bereits den für die Altfälle geltenden Prüfungsmaßstab, insbesondere die Notwendigkeit einer "strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung" verkannt habe.

II.

5

Die gemäß §§ 463 Abs. 3 Satz 1, 454 Abs. 3 Satz 1, 311 StPO zulässige sofortige Beschwerde des Betroffenen führt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache an die Strafvollstreckungskammer, weil deren Entscheidung auf einer unzureichend aufgeklärten Prognosegrundlage beruht.

6

Wie der Betroffene zutreffend vorträgt, hängt die Fortdauer der Unterbringung in Fällen, in denen die Anlasstat wie hier vor dem 01.06.2013 begangen worden ist, gem. Art. 316 e Abs. 1 S. 3, 316 f Abs. 2 S. 1 EGStGB i.V.m. § 67 d Abs. 2 S. 1 StGBin der Fassung vom 26.01.1998 (BGBl. I S. 160) unter Beachtung des nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 04.11.2011 (BVerfGE 128, 326, 405 f) geltenden Maßstabs "strikter Verhältnismäßigkeit" davon ab, ob eine Gefahr schwerer Gewalt- und Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist (vgl. BGH, NStZ 2013, 524, 525; NStZ-RR 2014, 43; NStZ 2014, 263, 264; OLG Koblenz, Beschl. v. 26.04.2016, 2 Ws 204/16, Rn. 12, 13; Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Beschl. v. 18.09.2017, Vf 97-IV-17, Rn. 16; jeweils zitiert nach juris), wobei unter einer Gefahr im vorgenannten Sinne von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur eine hohe Gefahr verstanden wird (vgl. BGH, Beschl. v. 25.05.2011, 4 StR 164/11, Rn. 8; Urt. v. 18.07.2012, 2 StR 605/11, Rn. 23; jeweils zitiert nach juris).

7

Anderer Auffassung nach ist seit dem 01.06.2013 bzw. 01.08.2016 hingegen § 67 d Abs. 2 S. 1 StGBin der Fassung vom 05.12.2012 bzw. mittlerweile in der Fassung vom 08.07.2016 gem. § 316 f Abs. 3 S. 1 EGStGB auch auf Altfälle anwendbar (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 04.07.2013, 3 Ws 136/13, Rn. 15; Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 02.01.2014, 1 Ws 165/13, Rn. 14). Danach käme es darauf an, ob der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird, wobei dann zusätzlich Art. 316 Abs. 2 S. 2 EGStGB zu beachten wäre, wonach die Fortdauer der Sicherungsverwahrung nur zulässig ist, wenn beim Betroffeneneine psychische Störung vorliegt und aus konkreten Umständen in seiner Person oder seinem Verhalten eine hochgradige Gefahr abzuleiten ist, dass er infolge dieser Störung schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten begehen wird (vgl. OLG Frankfurt, a.a.O., Rn. 10; Brandenburgisches OLG, a.a.O.; KG, Beschl. v. 19.02.2015, 2 Ws 24/15 – 141 AR 141 AR 30/15, Rn. 8; Beschl. v. 04.03.2015, 2 Ws 27/15 – 141 141 AR 50/15, Rn. 8, 11; jeweils zitiert nach juris).

8

In der Sache führen beide Auffassungen zum selben Ergebnis, da sich der Gesetzgeber bei der Neuregelung eng an den oben genannten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts angelehnt und sich dabei insbesondere dessen strengen Prüfungsmaßstab für die Anordnung und Fortdauer der Sicherungsverwahrung in Altfällen zu Eigen gemacht hat (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 04.07.2013, 3 Ws 136/13; KG Berlin, Beschl. v. 19.02.2015, 2 Ws 24/15 – 141 AR 141 AR 30/15, Rn. 6, zitiert nach juris).

9

Ob die vorgenannten Voraussetzungen für die Fortdauer der Sicherungsverwahrung hier gegeben sind, lässt sich ohne Einholung eines weiteren externen Sachverständigengutachtens nicht klären.

10

Zwar vertritt auch der Senat – in Übereinstimmung mit der Kammer und der herrschenden Meinung – die Auffassung, dass für eine Entscheidung nach § 67 d Abs. 2 StGB, also vor Erreichen der in § 67 d Abs. 3 StGB normierten 10-Jahresgrenze der Maßregelvollstreckung, ein Sachverständiger zwingend nur dann heranzuziehen ist, wenn das Vollstreckungsgericht die Aussetzung der Sicherungsverwahrung erwägt oder zu erwägen Veranlassung haben musste. Diese Auslegung deckt sich mit dem Wortlaut des § 454 Abs. 2 StPO, auf den § 463 Abs. 3 S. 3 StPO verweist. Der systematische Zusammenhang mit § 463 Abs. 3 S. 4 StPO, der nur bezogen auf Beschlüsse nach § 67 d Abs. 3 StGB und daran anschließender Folgeentscheidungen die Einholung eines Sachverständigengutachtens ausdrücklich als zwingend vorschreibt, spricht ebenfalls für diese Auffassung. Sie wird ferner bestätigt durch § 463 Abs. 4 StPO, der im Rahmen der Überprüfungen nach § 67 e StGB nur im Falle der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bestimmte Fristen für die Einholung externer Gutachten vorschreibt, sowie die Gesetzesmaterialien (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 02.04.2009, 3 Ws 281/09, Rn. 5-7, zitiert nach juris; OLG Frankfurt, NStZ-RR 2013, 27; jeweils m.w.N.; KG Berlin, Beschl. v. 12.05.2014, 2 Ws 112/14 – 141 AR 141 AR 118/14, Rn. 9, zitiert nach juris).

11

Dies entbindet die Strafvollstreckungskammer aber nicht davon, im Rahmen ihrer Amtsaufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) zu prüfen, ob neuere Entwicklungen in der Person des Verurteilten oder sonstige Gründe – wie der seit der letzten Begutachtung verstrichene Zeitraum – die Gefahrenprognose beeinflussen können. Ist dies der Fall, hat die Kammer die Gefährlichkeit des Verurteilten durch Einholung eines neuen externen Gutachtens zu klären, denn erst ein neues externes, hinreichend substanziiertes und zeitnahes Gutachten versetzt sie in die Lage, die Rechtsfrage der fortbestehenden Gefährlichkeit eigenverantwortlich zu klären. Bei ausschließlicher Einschätzung der Gefährlichkeit des Untergebrachten durch die Vollzugsanstalt und fehlender Einholung eines externen Gutachtens über einen langen Zeitraum bestünde hingegen die der Pflicht zur umfassenden Sachaufklärung zuwider laufende Gefahr einer Routinebeurteilung (vgl. OLG Frankfurt, NStZ-RR 2013, 27, 28; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 67d, Rn. 27a).

12

Ob bzw. innerhalb welcher Abstände noch vor Ablauf der Zehnjahresfrist auch bei negativer Prognose der Anstalt ein Sachverständigengutachten einzuholen ist, lässt sich nicht allgemein festlegen, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 28.02.2003, Ws 201/03, Rn. 9, zitiert nach juris). Für den vorliegenden Fall hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 21.11.2016 – 1 Ws (s) 370/16) im Anschluss an die überzeugenden diesbezüglichen Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Landgericht bei der erneuten Prüfung der Unterbringung nicht umhin kommen werde, ein (neues) Gefährlichkeitsgutachten psychiatrischer Art über den Untergebrachten einzuholen. Die Beurteilung des gesundheitlichen Zustandes und die Einschätzung eines möglichen Rückfalls und der damit einhergehenden Gefährlichkeit des Untergebrachten habe dann nämlich seit fünf Jahren nicht mehr stattgefunden. Insofern bestehe durchaus die Notwendigkeit zur weiteren Aufklärung des gesundheitlichen Zustandes den Untergebrachten und den Einfluss auf dessen aktueller Gefährlichkeit.

13

Hieran hält der Senat fest. Die von der Strafvollstreckungskammer für die Entbehrlichkeit eines neuen Gutachtens abgegebene Begründung, dass der Betroffene nach wie vor eine Therapierung verweigere, vermag nicht zu überzeugen. Diese Argumentation wäre allenfalls dann zulässig, wenn ein ohne die Mitwirkung des Betroffenen erstelltes Gutachten keinen Beitrag zur Verbesserung der Prognosesicherheit des Gerichts leisten könnte. Davon kann aber nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Zwar wird die eigenständige Exploration des Untergebrachten durch den Sachverständigen regelmäßig die Aussagekraft und Belastbarkeit eines Gutachtens erhöhen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass einem ohne Mitwirkung des Betroffenen nach der Aktenlage erstellten Sachverständigengutachten keine zusätzliche Bedeutung im Rahmen der durch das Gericht zu treffenden Prognoseentscheidung zukommt. Bei der Erstellung des Gutachtens ist der Sachverständige nicht nur auf die Feststellungen und Stellungnahmen der Unterbringungseinrichtung angewiesen. Er kann darüber hinaus auf frühere Gutachten und Unterlagen aus dem Erkenntnisverfahren zurückgreifen. Zudem wird er die Feststellungen und Stellungnahmen der Unterbringungseinrichtung einer eigenständigen Bewertung zuführen, bei der sich seine gesteigerte Unvoreingenommenheit und kritische Distanz entfalten können. Daher ist nicht auszuschließen, dass der externe Gutachter zu Ergebnissen gelangt, die sich von den Bewertungen der Unterbringungseinrichtungen unterscheiden. Auch wenn dies nicht der Fall ist, kann ein derartiges Sachverständigengutachten zu einer deutlichen Erweiterung der tatsächlichen Grundlage führen, von der das Gericht bei seiner Entscheidung über die Fortdauer der Freiheitsentziehung auszugehen hat.

14

Daher ist aufgrund des Gebots bestmöglicher Sachaufklärung die Einholung eines externen Sachverständigengutachtens regelmäßig auch dann nicht verzichtbar, wenn der Betroffene seine Mitwirkung an der Erstellung des Gutachtens verweigert. Welche Bedeutung einem solchen nach der Aktenlage erstellten Gutachten zukommt, ist durch das Gericht im Rahmen seiner Fortdauerentscheidung eigenständig zu bewerten. Einen Verzicht auf die Einholung eines externen Sachverständigengutachtens rechtfertigt dies regelmäßig jedoch nicht (BVerfG, Beschl. v. 04.03.2014, 2 BvR 1020/13, Rn. 40, 41, zitiert nach juris).

15

Der Kurzbericht des Diplom-Psychologen K. Dörnberg vom 18.07.2017 vermag ein derartiges Gutachten nicht zu ersetzen, da er sich ohne Heranziehung anderer Erkenntnisquellen ausschließlich auf die Abhaltung einer einzigen probatorischen Sitzung am 30.06.2017 bezieht und auch keine Bewertung der Gefährlichkeit des Betroffenen beinhaltet.

16

Ist wie hier zur weiteren Sachaufklärung ein Sachverständigengutachten einzuholen, kann der Senat ausnahmsweise die Sache an die Strafvollstreckungskammer als Ausgangsgericht zurückverweisen, weil nach Einholung des schriftlichen Sachverständigengutachtens gem. §§ 463 Abs. 3, 454 Abs. 2 S. 3 StPO der Sachverständige mündlich anzuhören ist, wobei der Staatsanwaltschaft, dem Betroffenen und seinem Verteidiger Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben ist (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 13.10.1998, 2 Ws 257/98, Rn. 10; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.03.1999, 2 Ws 19/99, Rn. 12; OLG Nürnberg, Beschl. v. 28.02.2003, Ws 201/03, Rn. 12; KG Berlin, Beschl. v. 21.02.2017, 5 Ws 44/17 – 161 AR 161 AR 41/17, Rn 15; Beschl. v. 28.04.2017, 2 Ws 18/17 – 121 AR 121 AR 85/17, Rn. 32; jeweils zitiert nach juris). Die vom Betroffenen beantragte Zurückverweisung an eine andere Strafvollstreckungskammer ist hingegen nicht möglich, weil die §§ 210 Abs. 3, 354 Abs. 2 StPO nicht analogiefähig sind (vgl. OLG Celle, Urt. v. 08.05.1979, 1 Ss 109/79, zitiert nach juris).

17

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass eine Aussetzung nach § 67 d Abs. 2 S. 2 StGB wegen unzureichender Betreuung i.S.d. § 66 c Abs. 1 Nr. 1 StGB hier bereits daran scheitert, dass zu der insoweit erforderlichen Fristsetzung im Hinblick auf die bisherige Verweigerungshaltung des Betroffenen keine Veranlassung bestand (vgl. Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 02.01.2014, 1 Ws 165/13, Rn. 18; OLG Koblenz, Beschl. v. 03.09.2014, 2 Ws 411/14, Rn. 31; KG Berlin, Beschl. v. 19.02.2015, 2 Ws 24/15 – 141 AR 141 AR 30/15, Rn. 21; Beschl. v. 04.03.2015, 2 Ws 27/15 – 141 141 AR 50/15, Rn. 31, 32; jeweils zitiert nach juris).


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(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

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Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Untergebrachten wird der Beschluss der großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in Diez vom 11. März 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in Diez zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Das Landgericht Landau verhängte gegen den Beschwerdeführer mit Urteil vom 24. Februar 2004 wegen Raubs in Tateinheit mit Körperverletzung (§§ 249, 223, 52 StGB; Tatzeit: 27.07.2002) und wegen der tateinheitlich verwirklichten Delikte des Diebstahls mit Waffen (Messer), Wohnungseinbruchdiebstahls, der gefährlichen Körperverletzung und schweren räuberischen Erpressung (§§ 244 Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 3, 224 Abs. 1 Nr. 2, 250 Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 2 Nr. 1 253, 255, 52, 53 StGB; Tatzeit: 11.10.2003) eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten (Einzelstrafen: 1 Jahr 6 Monate und 6 Jahre). Zugleich ordnete es seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 StGB an. Nach vollständiger Verbüßung der Gesamtfreiheitsstrafe befindet sich der Verurteilte seit dem 25. August 2009 im Maßregelvollzug. Eine Vollzugsdauer von zehn Jahren gemäß § 67d Abs. 3 StGB wird mit Ablauf des 24. August 2019 erreicht sein.

2

Mit der angefochtenen Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer im Regelüberprüfungsverfahren nach §§ 67d Abs. 2, 67e Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 StGB nach Einholung eines forensisch-psychologischen Prognose-Gutachtens und mündlicher Anhörung der Sachverständigen den weiteren Maßregelvollzug nicht für erledigt erklärt und nicht zur Bewährung ausgesetzt. Nach Ansicht der Kammer könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine rechtswidrigen Taten mehr begehen wird.

3

Hiergegen richtet sich die - nicht ausgeführte - sofortige Beschwerde des Untergebrachten.

II.

4

Das nach §§ 463 Abs. 3, 454 Abs. 3 StPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Rechtsmittel hat Erfolg. Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer ist aufzuheben.

5

1. Er beruht auf einer unzureichend aufgeklärten Prognosegrundlage. Die Auffassung der Kammer, „ohne festes Beschäftigungsverhältnis droht für den Untergebrachten ein Abgleiten in vergangene Verhaltensweisen mit der Begehung weiterer Taten wie der Anlasstaten“, findet weder in dem schriftlichen Sachverständigengutachten, das noch vom Bestehen eines festen Arbeitsverhältnisses ausging, noch in den Erläuterungen der Sachverständigen im Anhörungstermin vom 11. März 2016, an dem das Beschäftigungsverhältnis nicht mehr bestand, eine Stütze. Worauf sich die Prognose der Kammer gründet, ist nicht ersichtlich. Welche Straftaten mit welcher Wahrscheinlichkeit vom Untergebrachten unter den gegebenen Umständen im Fall einer Außervollzugsetzung zu erwarten sind, bleibt nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand offen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu zutreffend ausgeführt:

6

„Im vorliegenden Fall vermittelten dem Gericht jedoch weder das schriftliche Sachverständigengutachten vom 27.01.2016, noch die mündlichen Ausführungen der Sachverständigen im Termin vom 11.03.2016 die tatsächlichen Grundlagen, die es ihm ermöglichten, eigenständig die geforderte Gefährlichkeitsprognose anzustellen. Aufgrund der Ausführungen der Sachverständigen war die Kammer zwar in der Lage festzustellen, dass der Untergebrachte (weiterhin) an einer antisozialen Persönlichkeitsstörung leidet, die in seinem spezifischen Fall vor allem durch haltschwache, unorganisierte, impulsive und dissoziale Verhaltensweisen gekennzeichnet ist. Diesbezüglich ist jedoch hinzuzufügen, dass die Sachverständige eine Abmilderung der dissozialen Persönlichkeitsstruktur feststellte.

7

Auf der Grundlage der aktenkundigen Ausführungen der Sachverständigen kann indes nicht beurteilt werden, ob zu erwarten ist, dass der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzuges keine erheblichen Taten im Sinne der §§ 63 ff. StGB mehr begehen wird. Die Sachverständige hat dem Untergebrachten in ihrem Gutachten vom 27.01.2016 ein weitestgehend günstiges Entlassungssetting attestiert; seine Persönlichkeitsentwicklung sei grundsätzlich als positiv zu bewerten. Er führe (weiterhin) psychologische Einzelgespräche, sei mittlerweile schuldenfrei und habe die ihm gewährten Lockerungen zuverlässig absolviert. Allerdings zeige sich in der Lebensgeschichte des Untergebrachten eine klare Abhängigkeit seiner Fähigkeit, ein strukturiertes Leben ohne schwere Delikte zu führen, von äußerer Struktur und äußerer Grenzsetzung. Das Delinquenzrisiko des Untergebrachten weise eine Bindung an unstrukturierte Lebenssituationen mit geringer sozialer Kontrolle auf. Zum Zeitpunkt der Erstattung des schriftlichen Gutachtens befand sich der Untergebrachte in fester Arbeit, so dass die Sachverständige die Wahrscheinlichkeit der Begehung neuer Gewalttaten zum damaligen Zeitpunkt als „gering“ bezeichnete. Aufgrund der Persönlichkeitsentwicklung des Untergebrachten sei das von ihm ausgehende Gewaltrisiko insgesamt gesunken, so dass ein Einstieg in neuerliche Delikte eher über den „Eigentumsbereich“ vorstellbar wäre. Im Ergebnis nahm die Sachverständige im schriftlichen Sachverständigengutachten eine günstige Legalprognose an. Dabei führte sie indes aus:

8

„In dem ungünstigen Fall, dass Herr S. die Arbeitsstelle verliert und zunächst keine neue findet, damit Struktur und soziale Einbindung verloren gehen und die depressiven Anteile des Probanden wieder aktiviert würden, ist allerdings zu befürchten, dass Herr S. erneut versuchen würde, seine (depressive) Stimmung über die Einnahme von psychoaktiven Substanzen zu regulieren. (…) Dies wiederum könnte langfristig eine ungünstige Entwicklung auf die Lebensgestaltung des Probanden nehmen, mit sich anhäufenden Problemen, finanziellen Engpässen und einem strukturlosen Lebensstil, was wiederum längerfristig zu einem Ansteigen des Rückfallrisikos führt“.

9

Nachdem der Untergebrachte nach Fertigstellung des schriftlichen Sachverständigengutachtens seine Arbeitsstelle unverschuldet verlor, relativierte die Sachverständige im Rahmen der mündlichen Anhörung vom 11.03.2016 ihre Bewertung und führte aus, dass nach der Entlassung des Untergebrachten aus dem freien Beschäftigungsverhältnis ein günstiger Prognosefaktor nicht mehr vorhanden sei, was sich negativ auswirke. Im Rahmen der mündlichen Anhörung erklärte sie ferner, dass die für eine positive Legalprognose erforderlichen festen Strukturen alternativ auch aus sozialen Kontakten, Vereinsaktivitäten, ehrenamtlichen Tätigkeiten oder ähnlichem resultieren könnten, solche aber nicht gegeben seien. Die Sachverständige hat indes (auch) im Rahmen der mündlichen Anhörung vom 11.03.2016 keinerlei Ausführungen dazu getätigt, ob von dem Untergebrachten im Falle seiner Entlassung überhaupt „erhebliche Taten“ im Sinne der §§ 63 ff. StGB zu erwarten sind. Selbst wenn sich die Legalprognose durch den Wegfall der Arbeitsstelle verschlechtert haben sollte, ist dies nicht gleichbedeutend damit, dass die neuen, zu erwartenden Straftaten auch „erheblich“ im Rechtssinne sind. Schreibt die Sachverständige in dem Fazit ihres Gutachtens, dass neuerliche Delikte des Untergebrachten nach einer „längeren Phase des Abgleitens in eine strukturlose Lebensführung“ denkbar sind, wobei aufgrund der „erfolgten Persönlichkeitsentwicklung“ das Gewaltrisiko insgesamt gesunken sei, so dass ein Einstieg in neuerliche Delikte eher „über den Eigentumsbereich“ vorstellbar wäre, kann man diese vagen Feststellungen zumindest so lesen, als dass von dem Untergebrachten selbst im Falle eines strukturlosen Lebens keine schwerwiegenden Taten mehr zu erwarten sind. Ferner verhalten sich die Ausführungen der Sachverständigen auch nicht zu der Frage, wie hoch sich das Risiko der Begehung weiterer erheblicher Straftaten bemisst. Die Feststellung der Kammer, ohne ein festes Beschäftigungsverhältnis drohe für den Untergebrachten „ein Abgleiten in vergangene Verhaltensweisen mit der Begehung weiterer Straftaten wie der Anlasstaten“ findet in den aktenkundigen Ausführungen der Sachverständigen keine Stütze. Im Ergebnis erscheint es daher erforderlich, auf der Grundlage einer ergänzenden Stellungnahme der Sachverständigen in der Sache neu zu entscheiden.“

10

Dem schließt sich der Senat an. Wegen des Erfordernisses einer nochmaligen mündlichen Anhörung der Sachverständigen nach Ergänzung ihres Gutachtens (§§ 463 Abs. 3 Satz 3, 454 Abs. 2 Satz 3 StPO) kann der Senat das bestehende Aufklärungsdefizit nicht durch eine eigene Sachentscheidung nach § 309 Abs. 2 StPO selbst beseitigen. In einem solchen Fall ist nach Aufhebung der angefochtenen Entscheidung ausnahmsweise die Zurückverweisung der Sache an das Ausgangsgericht geboten (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 309 Rdn. 8 m.w.N.).

11

2. Indem die Strafvollstreckungskammer bei ihrer Fortdauerentscheidung auf die Erwartung weiterer erheblicher rechtswidriger Taten abgestellt hat, hat sie zudem einen unzutreffenden, zu weit gefassten Prognosemaßstab angewandt.

12

Liegen die Anlasstaten, wie hier, vor dem 1. Juni 2013, sind bei Entscheidungen über die Fortdauer der Unterbringung gemäß Art. 316f Abs. 2 Satz 1 EGStGB - soweit in Abs. 3 nichts anderes bestimmt ist - die bis zum 31. Mai 2013 geltenden Vorschriften über die Sicherungsverwahrung anzuwenden (in den Altfällen, in denen das Vertrauensschutzgebot zu beachten ist, nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4). Einschlägige Vorschrift ist, soweit es, wie vorliegend, um Fortdauer der Unterbringung bis zu zehn Jahren geht, gemäß Art. 316e Abs. 1 Satz 1 und 2 EGStGB sowohl für Fälle vor als auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) § 67d Abs. 2 Satz 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 160) unter Beachtung des bis zum 31. Mai 2013 geltenden Maßstabs „strikter Verhältnismäßigkeit“ gemäß Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2 BvR 2365/09 u.a. vom 4. Mai 2011 (Senat, Beschl. 2 Ws 411/14 vom 03.09.2014 unter Bezugnahme auf BGH, Urteil 5 StR 563/13 vom 11.03.2014, NStZ 2014, 263).

13

Das Gebot strikter Verhältnismäßigkeit der Unterbringung gilt insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen an die Gefahrprognose und die gefährdeten Rechtsgüter. In der Regel wird der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur unter der Voraussetzung gewahrt sein, dass eine Gefahr schwerer Gewalt- und Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist (BVerfG, a.a.O., Rdnr. 172). Diesen Maßstab, den die Strafvollstreckungskammer ihrer Prognose in der Fortdauerentscheidung vom 21. Dezember 2012 (7 StVK 177/12) zugrunde gelegt hat, wird sie auch bei der neuen Entscheidung anzulegen haben.

III.

14

Eine Erledigung der Unterbringung ist nicht auszusprechen.

15

Die Zehnjahresgrenze nach § 67d Abs. 3 StGB ist noch nicht erreicht.

16

Die Voraussetzungen des Art. 316e Abs. 3 Satz 1 EGStGB, der gilt, wenn die Sicherungsverwahrung, wie vorliegend durch Urteil des Landgerichts Landau vom 24. Februar 2004, vor dem 1. Januar 2011 angeordnet worden ist, liegen ebenfalls nicht vor. Das hat die Strafvollstreckungskammer bereits mit Beschluss vom 10. März 2011 (7 StVK 16/11) geprüft und zutreffend verneint. Die Auffassung, dass in dem Verfahren nach Art. 316e Abs. 3 Satz 1 EGStGB die nach § 66 StGB a. F. angeordnete Sicherungsverwahrung nur dann für erledigt zu erklären ist, wenn alle für die Anordnung der Sicherungsverwahrung kausalen Taten aus den Anlass- und Vorverurteilungen nicht mehr in den Katalog des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB in der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Fassung fallen, hat der Bundesgerichtshof in dem auf Vorlage der Rechtsfrage ergangenen Beschluss 5 StR 451/11 vom 25. April 2012 (NJW 2012, 1824) bestätigt.

8
2. Nach diesem Maßstab wird die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer die Voraussetzungen des § 66 StGB zu prüfen und – soweit es eine Anordnung nach § 66 Abs. 2 oder Abs. 3 Satz 2 StGB erwägt – auch das dem Tatrichter dort eingeräumte Ermessen auszuüben haben. Angesichts des vom Sachverständigen als „moderat bis hoch“ eingeschätztenund damit der mittleren Risikokategorie zuzuordnenden Rückfallrisikos bei vier von zwölf möglichen Punkten in der Risikoeinstufung nach dem sog. Static 99 – Verfahren (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 30. März 2010 – 3 StR 69/10, StV 2010, 484) wird dies einer besonders sorgfältigen Begründung bedürfen. Ernemann Franke Mutzbauer Bender Quentin
23
Zwar ist gemäß der nach § 31 BVerfGG bindenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts § 66 Abs. 1 StGB verfassungswidrig. Er gilt aber bis zur Neugestaltung des Maßregelrechts, längstens bis zum 31. Mai 2013, weiter (BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2010 – 2 BvR 2365/09 u.a., BVerfGE 128, 326, 404 ff.). Während der Dauer seiner Weitergeltung muss der Tatsache Rechnung getragen werden, dass es sich bei der Sicherungsverwahrung in ihrer derzeitigen Ausgestaltung um einen verfassungswidrigen Eingriff in das Freiheitsrecht im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG handelt. Nach der Weitergeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts darf die Regelung der Si- cherungsverwahrung nur aufgrund einer „strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung“ angewandt werden. Dies setzt eine eingehende Prognoseentscheidung über das Vorliegen einer hohen Wahrscheinlichkeit der künftigen Begehung erheblicher Gewalt- oder Sexualdelikte ohne die Maßregel voraus (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 – 3 StR 374/11, NStZ-RR 2012, 106, 107). Auch nach diesem Maßstab ist die Anordnung der Maßregel durch das Landgericht indes nicht zu beanstanden. Becker Fischer Appl Berger Eschelbach

(1) § 66 Abs. 2 und § 67 Abs. 1 des Strafgesetzbuches in der Fassung des Artikels 1 des Neunten Strafrechtsänderungsgesetzes vom 4. August 1969 (BGBl. I S. 1065) gelten auch für früher begangene Taten und früher verhängte Strafen, wenn die Verfolgung und Vollstreckung beim Inkrafttreten des Neunten Strafrechtsänderungsgesetzes am 6. August 1969 noch nicht verjährt waren.

(2) § 1 des Gesetzes über die Berechnung strafrechtlicher Verjährungsfristen vom 13. April 1965 (BGBl. I S. 315) bleibt unberührt.

(1) Die Entscheidung, ob die Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll (§§ 57 bis 58 des Strafgesetzbuches) sowie die Entscheidung, daß vor Ablauf einer bestimmten Frist ein solcher Antrag des Verurteilten unzulässig ist, trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft, der Verurteilte und die Vollzugsanstalt sind zu hören. Der Verurteilte ist mündlich zu hören. Von der mündlichen Anhörung des Verurteilten kann abgesehen werden, wenn

1.
die Staatsanwaltschaft und die Vollzugsanstalt die Aussetzung einer zeitigen Freiheitsstrafe befürworten und das Gericht die Aussetzung beabsichtigt,
2.
der Verurteilte die Aussetzung beantragt hat, zur Zeit der Antragstellung
a)
bei zeitiger Freiheitsstrafe noch nicht die Hälfte oder weniger als zwei Monate,
b)
bei lebenslanger Freiheitsstrafe weniger als dreizehn Jahre
der Strafe verbüßt hat und das Gericht den Antrag wegen verfrühter Antragstellung ablehnt oder
3.
der Antrag des Verurteilten unzulässig ist (§ 57 Abs. 7, § 57a Abs. 4 des Strafgesetzbuches).
Das Gericht entscheidet zugleich, ob eine Anrechnung nach § 43 Abs. 10 Nr. 3 des Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen wird.

(2) Das Gericht holt das Gutachten eines Sachverständigen über den Verurteilten ein, wenn es erwägt, die Vollstreckung des Restes

1.
der lebenslangen Freiheitsstrafe auszusetzen oder
2.
einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art auszusetzen und nicht auszuschließen ist, daß Gründe der öffentlichen Sicherheit einer vorzeitigen Entlassung des Verurteilten entgegenstehen.
Das Gutachten hat sich namentlich zu der Frage zu äußern, ob bei dem Verurteilten keine Gefahr mehr besteht, daß dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht. Der Sachverständige ist mündlich zu hören, wobei der Staatsanwaltschaft, dem Verurteilten, seinem Verteidiger und der Vollzugsanstalt Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben ist. Das Gericht kann von der mündlichen Anhörung des Sachverständigen absehen, wenn der Verurteilte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft darauf verzichten.

(3) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist sofortige Beschwerde zulässig. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(4) Im Übrigen sind § 246a Absatz 2, § 268a Absatz 3, die §§ 268d, 453, 453a Absatz 1 und 3 sowie die §§ 453b und 453c entsprechend anzuwenden. Die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes wird mündlich erteilt; die Belehrung kann auch der Vollzugsanstalt übertragen werden. Die Belehrung soll unmittelbar vor der Entlassung erteilt werden.

(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

Tenor

Der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 25. Januar 2013 - 3 Ws 53/13 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 25. Januar 2013 - 3 Ws 53/13 - wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht München zurückverwiesen.

Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus.

I.

2

1. a) Mit Urteil des Landgerichts Augsburg vom 15. Juli 2004 wurde der Beschwerdeführer von den Vorwürfen der versuchten gefährlichen Körperverletzung, der Beleidigung in zwei Fällen, in einem Fall tateinheitlich mit Sachbeschädigung, sowie der vorsätzlichen Körperverletzung wegen Schuldunfähigkeit gemäß § 20 StGB freigesprochen. Zugleich wurde seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet.

3

aa) Das Landgericht sah als erwiesen an, dass der Beschwerdeführer am 1. September 2003 versuchte, den Angestellten eines Sicherheitsdienstes, den er zuvor beleidigt hatte, mit einer Bierflasche zu schlagen. Des Weiteren habe er am 3. April 2004 gegen 0.15 Uhr seine Nachbarin heftig beleidigt und zum Geschlechtsverkehr aufgefordert sowie versucht, nur mit einer Unterhose bekleidet, in deren Wohnung einzudringen. In der darauffolgenden Nacht habe er gegen 3.15 Uhr, laut herumschreiend, diese Aufforderung unter Hinzufügung schwerer Beleidigungen wiederholt. Am 10. April 2004 schließlich habe der Beschwerdeführer einem weiblichen Fahrgast in einem Linienbus ohne jeden Anlass einen Faustschlag ins Gesicht versetzt.

4

bb) In den Urteilsgründen führte das sachverständig beratende Landgericht aus, der Beschwerdeführer leide unter einer paranoiden Schizophrenie (ICD 10: F 20.51) und einem sekundären Alkoholabusus (ICD 10: F 10.1). Die begangenen Taten seien geeignet, den Rechtsfrieden empfindlich zu stören, da der Beschwerdeführer ohne jeden Anlass auf Unbeteiligte losgegangen sei. Die mangelnde Krankheitseinsicht ließen eine erfolgversprechende Behandlung extrem schwierig erscheinen. Da von dem Beschwerdeführer weitere Taten mindestens vergleichbaren Gewichts zu erwarten seien, sei seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB anzuordnen.

5

b) Nach vorangegangener vorläufiger Unterbringung gemäß § 126a StPO seit dem 29. Juli 2004 wurde die Unterbringung des Beschwerdeführers gemäß § 63 StGB ab dem 8. Dezember 2004 im Bezirkskrankenhaus K. vollzogen.

6

c) Nach fünfjährigem Vollzug der Unterbringung lehnte das Landgericht Kempten im Jahr 2009 die nach § 463 Abs. 4 StPO grundsätzlich erforderliche Einholung eines externen Sachverständigengutachtens mit der Begründung ab, dass der Untergebrachte die Mitwirkung an der Begutachtung ablehne und sich bereits in der Entlassungsvorbereitung befinde. Da sich die Entlassung des Beschwerdeführers in der Folgezeit nicht realisierte, beauftragte das Landgericht zum nächsten Prüftermin im Jahr 2010 einen externen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser teilte jedoch kurze Zeit später mit, dass er kein Gutachten erstatten könne, da der Beschwerdeführer sich nicht von einem externen Gutachter begutachten lassen wolle. Das Landgericht Kempten ordnete daraufhin auf Grundlage der Stellungnahme des behandelnden Bezirkskrankenhauses erneut die Fortdauer der Unterbringung an. Das Oberlandesgericht München bestätigte die Entscheidung und stellte fest, dass die Einholung eines externen Gutachtens aufgrund des Verzichts des Beschwerdeführers nicht erforderlich gewesen sei. Auch in der Folgezeit unterblieb aufgrund der Weigerung des Beschwerdeführers, sich explorieren zu lassen, die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

7

2. Mit Beschluss vom 13. Dezember 2012 lehnte es das Landgericht Kempten erneut ab, die weitere Vollstreckung der Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Bewährung auszusetzen, weil noch nicht erwartet werden könne, dass der Beschwerdeführer außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen werde.

8

Nach dem Bericht des Bezirkskrankenhauses K. vom 16. Oktober 2012 bestünden bei dem Beschwerdeführer weiterhin ein schizophrenes Residuum sowie ein Alkoholmissbrauch. Im Prüfungszeitraum habe sich weder psychopathologisch noch in seinem Verhalten Entscheidendes verändert.

9

Danach könne die Maßregel zum jetzigen Zeitpunkt nicht zur Bewährung ausgesetzt werden. Von der Einholung eines externen Sachverständigengutachtens gemäß § 463 Abs. 4 StPO sei im Hinblick auf die weiterhin erklärte Verweigerung des Beschwerdeführers erneut abgesehen worden.

10

Der weitere Maßregelvollzug sei im Hinblick auf die zu befürchtenden Straftaten auch noch verhältnismäßig. So sei in der Vergangenheit immer wieder von aggressiven Ausbrüchen des Beschwerdeführers - meist in alkoholisiertem Zustand - berichtet worden. Gegenüber Nachbarn, Mitpatienten und sogar seiner Betreuerin sei es zu Übergriffen mit teilweise sexuellem Hintergrund gekommen. Einer Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landgericht Kempten im Jahr 1985 habe ein Vorfall zugrunde gelegen, bei dem er alkoholisiert in das Haus der Geschädigten eingedrungen sei, sie bis ins Schlafzimmer verfolgt und sie dort in sexueller Absicht auf das Bett gedrückt, dann aber sofort von ihr abgelassen habe. Ähnliche Taten könnten angesichts des zuletzt gezeigten Verhaltens auf der Station nicht ausgeschlossen werden. Nach der Einschätzung der behandelnden Therapeuten wären mit einem Absetzen der Medikamente außerdem eine Verstärkung der psychotischen Symptome sowie die Zunahme verbaler Aggressivität und fremdaggressiven Verhaltens verbunden.

11

3. Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 21. Dezember 2012 verwarf das Oberlandesgericht München mit angegriffenem Beschluss vom 25. Januar 2013 unter vollumfänglicher Bezugnahme auf den Beschluss des Landgerichts Kempten als unbegründet.

12

Von der Einholung eines externen Sachverständigengutachtens habe abgesehen werden können. Der Beschwerdeführer habe mehrfach erklärt, dass er eine externe Begutachtung unabhängig von der Person des Sachverständigen ablehne. Das Landgericht habe sich daher die nötige Sachaufklärung in zulässiger Weise unter Zuhilfenahme anderer Erkenntnisquellen verschafft. Die eingeholte aktuelle gutachterliche Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses genüge in der Gesamtschau mit deren bisherigen Stellungnahmen den Anforderungen an ein Sachverständigengutachten gemäß § 463 Abs. 4 Satz 1 StPO.

II.

13

Der anwaltlich nicht vertretene Beschwerdeführer sieht sich durch den angegriffenen Beschluss in verfassungsmäßigen Rechten verletzt. Ausführungen dazu, inwiefern die angegriffene Entscheidung bestimmte Grundrechte verletzen soll, enthält die Verfassungsbeschwerde nicht.

III.

14

1. a) Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat von einer Stellungnahme abgesehen.

15

b) Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hält die Verfassungsbeschwerde, soweit sie einer inhaltlichen Prüfung zugänglich sei, nicht für erfolgversprechend.

16

aa) Der Beschwerdeführer habe die Verfassungsbeschwerde nicht ausreichend gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG begründet. Der Beschwerdeführer habe für deren Verständnis relevante Entscheidungen und Dokumente weder vorgelegt, noch sonst inhaltlich wiedergegeben. Zudem fehle es an nachvollziehbaren Ausführungen dazu, inwieweit die angegriffene Entscheidung Verfassungsrecht verletzen solle.

17

bb) Soweit die Verfassungsbeschwerde eine Überprüfung der angegriffenen Entscheidung ermögliche, sei kein Verstoß gegen Verfassungsrecht ersichtlich.

18

(1) Der angegriffene Beschluss genüge den verfassungsrechtlichen Begründungs- und Darlegungsanforderungen. Die Verhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung sei zwar knapp, jedoch ausdrücklich mit Hinweis "auf die konkret bestehende Gefahr neuer Übergriffe im mittleren bis schweren Kriminalitätsbereich" noch ausreichend begründet worden.

19

(2) Es bestünden auch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass von der Einholung eines externen Sachverständigengutachtens abgesehen worden sei.

20

Nach den verfassungsrechtlichen Maßstäben sei es zwar zumindest bedenklich, wenn Fachgerichte von der Begutachtung durch einen externen Sachverständigen bereits deshalb absähen, weil der Untergebrachte eine Exploration ablehne. Gleichwohl werde der gesteigerten Unvoreingenommenheit des externen Sachverständigen in der Regel gerade und nur dann die angestrebte besondere Bedeutung zukommen, wenn sich dieser selbst einen möglichst unmittelbaren Eindruck vom Untergebrachten habe verschaffen können. Ohne eigene Exploration hingegen könne sich seine gutachterliche Stellungnahme nur auf die Berichte der bereits mit dem Unterbringungsvollzug und der Behandlung befassten Personen stützen. Deren Darstellung und Einschätzung werde damit zur wesentlichen Beurteilungsgrundlage, wodurch gleichzeitig die institutionelle Unabhängigkeit des externen Sachverständigen wesentlich an Bedeutung verliere.

21

Für das Absehen des Oberlandesgerichts von einer Begutachtung durch einen externen Sachverständigen sei nicht allein maßgeblich gewesen, dass der Beschwerdeführer eine Exploration ablehne. Vielmehr sei ausdrücklich festgehalten, dass "die erholte aktuelle gutachterliche Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses K. […] in der Gesamtschau mit deren bisherigen Stellungnahmen den Anforderungen an ein Sachverständigengutachten gemäß § 463 Abs. 4 Satz 1 StPO" genüge. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer nicht nur die Begutachtung durch einen bestimmten Sachverständigen, sondern jede Begutachtung abgelehnt habe.

22

2. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten 304 Js 133284/03 der Staatsanwaltschaft Augsburg vorgelegen.

B.

23

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung nach § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 BVerfGG sind erfüllt. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen - insbesondere die sich aus dem verfassungsrechtlichen Gebot bestmöglicher Sachaufklärung im Strafvollstreckungsverfahren ergebenden Anforderungen an die Anordnung der Fortdauer langandauernder Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus - bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG; vgl. BVerfGE 70, 297) und die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

I.

24

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere hinsichtlich einer Verletzung des Freiheitsgrundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG hinreichend begründet (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG).

25

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Fortdauer seiner Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgrund des vorgelegten Beschlusses des Oberlandesgerichts München vom 25. Januar 2013 und macht damit konkludent eine Verletzung seines Freiheitsgrundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG geltend. Eine ausdrückliche Benennung des als verletzt gerügten Grundrechtsartikels verlangen die §§ 23, 92 BVerfGG nicht (vgl. BVerfGE 84, 366 <369>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Oktober 2010 - 2 BvR 1710/10 -, juris, Rn. 16). Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht auch nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer weder den vorangegangenen Fortdauerbeschluss des Oberlandesgerichts München vom 4. Januar 2012 noch die Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses K. vom 16. Oktober 2012, auf die der angegriffene Beschluss Bezug nimmt, vorgelegt hat, da es zur Überprüfung und Feststellung der Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebotes bestmöglicher Sachaufklärung im Strafvollstreckungsverfahren (vgl. BVerfGE 70, 297 <308 ff.>) der Vorlage dieser Dokumente nicht bedarf.

II.

26

Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 25. Januar 2013 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG, weil er den Anforderungen, die sich aus dem verfassungsrechtlichen Gebot bestmöglicher Sachaufklärung für die Anordnung der Fortdauer langandauernder Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ergeben, nicht genügt.

27

1. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährt jedermann die "Freiheit der Person" und nimmt einen hohen Rang unter den Grundrechten ein (vgl. BVerfGE 128, 326 <372> m.w.N.). Eine Einschränkung darf nur aus besonders gewichtigen Gründen und unter Beachtung strenger formeller Gewährleistungen erfolgen (vgl. BVerfGE 70, 297 <307>).

28

a) Die freiheitssichernde Funktion des Art. 2 Abs. 2 GG hat dabei auch verfahrensrechtliche Bedeutung. Aus ihr ergeben sich Mindesterfordernisse für eine zuverlässige Wahrheitserforschung. Es ist unverzichtbare Voraussetzung eines rechtsstaatlichen Verfahrens, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben (vgl. BVerfGE 70, 297 <308>; BVerfGK 15, 287 <294 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Juni 2012 - 2 BvR 2521/11 -, juris, Rn. 15).

29

Das Gebot bestmöglicher Sachaufklärung gilt auch für den Straf- und Maßregelvollzug (vgl. BVerfGE 70, 297 <309>; BVerfGK 15, 287 <295>). Im Rahmen dieses Gebotes besteht bei Prognoseentscheidungen, bei denen geistige und seelische Anomalien in Frage stehen, in der Regel die Pflicht, einen erfahrenen Sachverständigen hinzuzuziehen. Dies gilt insbesondere dort, wo die Gefährlichkeit eines in einem psychiatrischen Krankenhaus Untergebrachten zu beurteilen ist; denn die Umstände, die diese bestimmen, sind für den Richter oft schwer erkennbar und abzuwägen (BVerfGE 70, 297 <309>). Daraus folgt zwar noch nicht, dass bei jeder nach § 67e Abs. 2 StGB turnusmäßig vorzunehmenden Überprüfung der Unterbringung von Verfassungs wegen zwingend ein ärztliches Sachverständigengutachten einzuholen wäre (BVerfGK 15, 287<295>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Juni 2008 - 2 BvR 598/08 -, juris, Rn. 4). Nicht bei jeder Überprüfung der Unterbringung muss der gleiche Aufwand veranlasst sein (BVerfGE 70, 297 <309>). Bestehen keine zwingenden gesetzlichen Vorgaben, hängt es von dem sich nach den Umständen des einzelnen Falles bestimmenden pflichtgemäßen Ermessen des Richters ab, in welcher Weise er die Aussetzungsreife prüft. Immer ist allerdings eine für den Einzelfall hinreichende Gründlichkeit bei der Entscheidungsfindung zu gewährleisten (vgl. BVerfGE 70, 297 <309 f.>; BVerfGK 15, 287 <295>).

30

Befindet sich der Untergebrachte seit langer Zeit in ein und demselben psychiatrischen Krankenhaus, ist es in der Regel geboten, von Zeit zu Zeit einen anstaltsfremden Sachverständigen hinzuzuziehen, um der Gefahr repetitiver Routinebeurteilungen vorzubeugen (vgl. BVerfGE 70, 297 <311, 316>; 109, 133 <162>; 117, 71 <105, 106>; BVerfGK 5, 40 <43>; 15, 287 <295>) und um auszuschließen, dass Belange der Anstalt oder die Beziehung zwischen Untergebrachtem und Therapeuten das Gutachten beeinflussen (vgl. BVerfGE 109, 133 <164>; BVerfGK 15, 287 <295>). Aus denselben Gründen kann es bei langdauernder Unterbringung weitergehend angezeigt sein, den Untergebrachten von einem solchen externen Sachverständigen begutachten zu lassen, der im Laufe des Vollstreckungsverfahrens noch überhaupt nicht mit dem Untergebrachten befasst war (BVerfGE 109, 133 <164>; BVerfGK 15, 287 <295 f.>).

31

b) Mit der Einführung von § 463 Abs. 4 StPO im Jahr 2007 hat der Gesetzgeber diese verfassungsrechtlichen Vorgaben einfachrechtlich prozedural besonders abgesichert. Danach soll im Rahmen der Überprüfungen nach § 67e StGB das Gericht nach jeweils fünf Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen (§ 463 Abs. 4 Satz 1 StPO), der weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen ist (§ 463 Abs. 4 Satz 2 Alt. 1 StPO) noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeitet, in dem sich die untergebrachte Person befindet (§ 463 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 StPO). Die Vorschrift konkretisiert das verfassungsrechtliche Gebot bestmöglicher Sachaufklärung im Strafvollstreckungsverfahren, indem durch die Hinzuziehung eines bisher nicht mit der untergebrachten Person befassten Gutachters, der eine kritische Distanz zu den bisherigen - im Laufe der letzten fünf Jahre eingeholten - Stellungnahmen hält, der Gefahr von Routinebeurteilungen vorgebeugt und die Prognosesicherheit des Gerichts entscheidend verbessert werden soll (vgl. BTDrucks 16/1110, S. 19; BVerfGK 15, 287 <296 f.>).

32

Nach dieser Regelung ist ein externes Gutachten als Grundlage einer nach fünf Jahren zu treffenden Überprüfungsentscheidung nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen entbehrlich (BVerfGK 15, 287 <297> m.w.N.). Eine Ausgestaltung des § 463 Abs. 4 StPO als Mussvorschrift ist im Gesetzgebungsverfahren zunächst nur unterblieben, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass einige Ländergesetze zum Maßregelvollzug bereits regelmäßige externe Begutachtungen in kürzeren Zeitabständen vorsahen. Wenn in diesen Fällen nach fünf Jahren vollzogener Unterbringung bereits ein aktuelles externes Gutachten vorliegt, könne - so der Gesetzgeber - auf die neuerliche Einholung eines externen Gutachtens verzichtet werden (BTDrucks 16/5137, S. 11). Dasselbe könne gelten, wenn die untergebrachte Person sich bereits in der Entlassungsvorbereitung befinde, da die Einholung eines externen Gutachtens hier zu einer ungewollten Verlängerung der Unterbringung führen könne (BTDrucks 16/5137, S. 11 f.), sowie in Fällen, in denen die untergebrachte Person neben der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu einer langen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, sodass es sich als sachgerechter darstellen könne, eine externe Begutachtung mit dem möglichen Zeitpunkt der Strafaussetzung nach § 67 Abs. 5 StGB abzustimmen (BTDrucks 16/5137, S. 12). Die möglicherweise fehlende Bereitschaft des Betroffenen zur Mitwirkung an der Begutachtung ist demgegenüber im Gesetzgebungsverfahren nicht als Grund für die Ausgestaltung von § 463 Abs. 4 StPO als Sollvorschrift genannt worden.

33

Die Einhaltung der Vorgaben aus § 463 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO ist ein Verfassungsgebot. Art. 104 Abs. 1 GG nimmt den schon in Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG enthaltenen Gesetzesvorbehalt auf und verstärkt ihn dergestalt, dass die Einhaltung der Formvorschriften eines freiheitsbeschränkenden Gesetzes zum Verfassungsgebot erhoben wird. Die Verletzung des § 463 Abs. 4 StPO wird damit zu einem Verfassungsverstoß, dem der Betroffene mit der Verfassungsbeschwerde entgegentreten kann (BVerfGK 15, 287<298>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Juni 2012 - 2 BvR 2521/11 -, juris, Rn. 19).

34

c) Die Auslegung und Anwendung des § 463 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO ist zunächst Aufgabe der Fachgerichte. Ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts ist erst dann gerechtfertigt, wenn deren Auslegung und Anwendung der freiheitssichernden Vorschrift des § 463 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO mit Bedeutung und Tragweite des Freiheitsgrundrechts nicht zu vereinbaren sind oder sich als objektiv willkürlich erweisen (BVerfGK 15, 287<298>; vgl. auch BVerfGE 65, 317 <322>).

35

Die Fachgerichte haben bei Auslegung und Anwendung der prozeduralen Sicherungen des Freiheitsgrundrechts allerdings zu berücksichtigen, dass die materiellen Freiheitsgarantien des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG unter den grundrechtlich verbürgten Rechten ein besonderes Gewicht haben und die Freiheit des Einzelnen nur in einem mit wesentlichen formellen Garantien ausgestatteten Verfahren entzogen werden darf. Daher sind Inhalt und Reichweite der Form- und Verfahrensvorschriften eines freiheitsbeschränkenden Gesetzes von den Fachgerichten so auszulegen, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Wirkung entfalten, schon um einer Aushöhlung und Entwertung des Grundrechts über das Verfahrensrecht entgegenzuwirken (BVerfGE 65, 317 <322 f.>; BVerfGK 15, 287 <298> m.w.N.).

36

2. Die angegriffene Entscheidung hält diesen Maßstäben nicht stand.

37

Es kann dahinstehen, ob angesichts der Tatsache, dass der Beschwerdeführer nach seiner Begutachtung im Erkenntnisverfahren im Jahr 2004 seit achteinhalb Jahren von keinem externen Sachverständigen untersucht worden ist, eine externe Begutachtung nicht schon unabhängig von der Regelung des § 463 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO von Verfassungs wegen angezeigt gewesen wäre. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts verletzt das Freiheitsgrundrecht des Beschwerdeführers jedenfalls deshalb, weil das Gericht die einfachrechtlichen Vorgaben aus § 463 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO und deren Bedeutung für die Sicherung des Freiheitsgrundrechts des Beschwerdeführers nicht hinreichend beachtet hat (vgl. BVerfGK 15, 287 <299>).

38

a) Eine der Ausgestaltung des § 463 Abs. 4 StPO als Sollvorschrift zugrundeliegende Ausnahmekonstellation liegt nicht vor. Weder bestand für das Oberlandesgericht die Möglichkeit, auf ein aktuelles externes Gutachten zurückzugreifen, da der Beschwerdeführer nach seiner Begutachtung im Erkenntnisverfahren im Jahr 2004 von keinem externen Sachverständigen untersucht und begutachtet worden ist, noch konnte - im Unterschied zu der Fortdauerentscheidung des Jahres 2009 - ein Verzicht auf die Einholung eines Gutachtens unter dem Gesichtspunkt einer ungewollten Verlängerung der Unterbringung angesichts einer bevorstehenden Entlassung des Beschwerdeführers gerechtfertigt werden. Ebenso wenig kam eine Zurückstellung der Begutachtung mit dem Ziel einer sachgerechten Abstimmung mit der Entscheidung über eine mögliche Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 67 Abs. 5 StGB in Betracht.

39

b) Der Notwendigkeit der Einholung eines externen Sachverständigengutachtens kann auch nicht entgegengehalten werden, die aktuelle gutachterliche Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses K. genüge in der Gesamtschau mit den bisherigen Stellungnahmen den Anforderungen an ein Sachverständigengutachten gemäß § 463 Abs. 1 Satz 1 StPO. Dies ist mit Sinn und Zweck der Vorschrift nicht zu vereinbaren, die gerade darauf abzielt, der Gefahr repetitiver Routinebeurteilungen vorzubeugen und auszuschließen, dass Belange der Anstalt oder die Beziehung zwischen Untergebrachtem und Therapeuten das Gutachten beeinflussen. Die Hinzuziehung eines bisher mit der untergebrachten Person nicht befassten Gutachters soll sicherstellen, dass eine eigenständige Bewertung aus kritischer Distanz zu den Stellungnahmen der Unterbringungseinrichtung erfolgt und dadurch die Prognosesicherheit der gerichtlichen Entscheidung verbessert wird. Diese dem externen Gutachten zukommende Funktion kann durch die Stellungnahmen der Klinik nicht übernommen werden.

40

c) Schließlich führt auch die Weigerung des Beschwerdeführers, an einer Begutachtung mitzuwirken, nicht zur Entbehrlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens. Dies käme allenfalls dann in Betracht, wenn ein ohne Mitwirkung des Betroffenen erstelltes Gutachten keinen Beitrag zur Verbesserung der Prognosesicherheit des Gerichts leisten könnte. Davon kann aber nicht ohne Weiteres ausgegangen werden:

41

Zwar wird die eigenständige Exploration des Untergebrachten durch den Sachverständigen regelmäßig die Aussagekraft und Belastbarkeit eines Gutachtens erhöhen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass einem ohne Mitwirkung des Betroffenen nach der Aktenlage erstellten Sachverständigengutachten keine zusätzliche Bedeutung im Rahmen der durch das Gericht zu treffenden Prognoseentscheidung zukommt. Bei der Erstellung des Gutachtens ist der Sachverständige nicht nur auf die Feststellungen und Stellungnahmen der Unterbringungseinrichtung angewiesen. Er kann darüber hinaus auf frühere Gutachten und Unterlagen aus dem Erkenntnisverfahren zurückgreifen. Zudem wird er die Feststellungen und Stellungnahmen der Unterbringungseinrichtung einer eigenständigen Bewertung zuführen, bei der sich seine gesteigerte Unvoreingenommenheit und kritische Distanz entfalten können. Daher ist nicht auszuschließen, dass der externe Gutachter zu Ergebnissen gelangt, die sich von den Bewertungen der Unterbringungseinrichtungen unterscheiden. Auch wenn dies nicht der Fall ist, kann ein derartiges Sachverständigengutachten zu einer deutlichen Erweiterung der tatsächlichen Grundlage führen, von der das Gericht bei seiner Entscheidung über die Fortdauer der Freiheitsentziehung auszugehen hat. Daher ist aufgrund des Gebotes bestmöglicher Sachaufklärung die Einholung eines externen Sachverständigengutachtens regelmäßig auch dann nicht verzichtbar, wenn der Betroffene seine Mitwirkung an der Erstellung des Gutachtens verweigert (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 2008 - 2 BvR 2380/06 -, juris, Rn. 31; OLG Nürnberg, Beschluss vom 11. März 2013 - 1 Ws 307/12 -, juris, Rn. 43; OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. März 2012 - 3 Ws 33/12 -, juris, Rn. 25; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 2 Ws 19/09 -, juris, Rn. 34). Welche Bedeutung einem solchen nach der Aktenlage erstellten Gutachten zukommt, ist durch das Gericht im Rahmen seiner Fortdauerentscheidung eigenständig zu bewerten. Einen Verzicht auf die Einholung eines externen Sachverständigengutachtens rechtfertigt dies regelmäßig jedoch nicht.

III.

42

1. Da der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 25. Januar 2013 durch den Verzicht auf die Einholung eines externen Sachverständigengutachtens dem Gebot bestmöglicher Sachaufklärung nicht genügt und dadurch das Freiheitsgrundrecht des Beschwerdeführers verletzt hat, ist er aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

43

Bei der nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zu treffenden Entscheidung wird zu beachten sein, dass sich das zunehmende Gewicht des Freiheitsanspruchs des Beschwerdeführers angesichts der Dauer seiner Unterbringung auf die an die Begründung einer Fortdauerentscheidung zu stellenden Anforderungen auswirkt (vgl. BVerfGE 70, 297 <315 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 442/12 -, juris, Rn. 17). Erforderlich ist eine Konkretisierung der Art und des Grades der Wahrscheinlichkeit künftiger rechtswidriger Taten des Beschwerdeführers, die Darlegung der "Erheblichkeit" dieser Taten im Sinne des § 63 StGB sowie des Überwiegens der Sicherungsbelange der Allgemeinheit gegenüber dem aufgrund der Dauer der Unterbringung zunehmenden Gewicht des Freiheitsanspruchs des Beschwerdeführers und die Auseinandersetzung mit der Frage, ob den Sicherungsinteressen der Allgemeinheit auch durch den Beschwerdeführer weniger belastende Maßnahmen Rechnung getragen werden kann (vgl. BVerfGE 70, 297 <312 ff.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Juli 2013 - 2 BvR 789/13 -, juris, Rn. 18, 19). Dem genügt der Hinweis, dass bei dem Beschwerdeführer nach wie vor ein schizophrenes Residuum sowie ein Alkoholmissbrauch vorliegen und sich weder psychopathologisch noch in seinem Verhalten Entscheidendes verändert habe, ebenso wenig wie die Behauptung, dass eine Entlassung des Beschwerdeführers zur Zunahme verbaler Aggressivität und fremdaggressiven Verhaltens führen werde. Nichts anderes gilt für den bloßen Verweis auf eine der Unterbringung nicht zugrundeliegende Verurteilung aus dem Jahr 1985 und die Darlegung, dass der Beschwerdeführer während der Unterbringung immer wieder durch lautstarke Beschimpfungen aufgefallen und einer Patientin gegenüber zudringlich geworden sei. Dies vermag weder die gebotene Konkretisierung der Art und des Grades der Wahrscheinlichkeit künftiger rechtswidriger Taten des Beschwerdeführers zu ersetzen noch ergibt sich hieraus ohne Weiteres ein Überwiegen der Sicherungsinteressen der Allgemeinheit gegenüber dem zunehmenden Gewicht des Freiheitsanspruchs des Beschwerdeführers.

44

2. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

(1) Der Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet worden ist, kann von dem Angeklagten nicht angefochten werden.

(2) Gegen den Beschluß, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder abweichend von dem Antrag der Staatsanwaltschaft die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung ausgesprochen worden ist, steht der Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde zu.

(3) Gibt das Beschwerdegericht der Beschwerde statt, so kann es zugleich bestimmen, daß die Hauptverhandlung vor einer anderen Kammer des Gerichts, das den Beschluß nach Absatz 2 erlassen hat, oder vor einem zu demselben Land gehörenden benachbarten Gericht gleicher Ordnung stattzufinden hat. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Hauptverhandlung vor einem anderen Senat dieses Gerichts stattzufinden hat.

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Tenor

Die sofortige Beschwerde des Untergebrachten gegen den Beschluss der großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in Diez vom 21. Juli 2014 wird als unbegründet auf seine Kosten (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO) verworfen.

Gründe

1

1. Durch den angefochtenen Beschluss hat die große Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in Diez nach Einholung eines schriftlichen Prognosegutachtens des Sachverständigen Dr. V. und Durchführung der mündlichen Anhörung des Untergebrachten und des Sachverständigen die durch Urteil des Landgerichts Koblenz vom 29. Oktober 2007, rechtskräftig seit dem 6. November 2007, angeordnete Sicherungsverwahrung nicht für erledigt erklärt, nicht zur Bewährung ausgesetzt und ihre Fortdauer angeordnet.

2

Durch das genannte Urteil war der Beschwerdeführer wegen „sexuellen Missbrauchs von Kindern“ in drei Fällen - es handelte sich, wie von der Strafkammer in der rechtlichen Würdigung ausgeführt, um drei Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern im Wiederholungsfall nach § 176a Abs. 1 StGB - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten (Einzelstrafen: einmal zwei Jahre sechs Monate und zweimal zwei Jahre) verurteilt worden. Die zugrundeliegenden Taten hatte der damals 66 Jahre alte Untergebrachte am 21. Oktober 2006 und am 25. Oktober 2006 zum Nachteil zweier damals sechs und sieben Jahre alter Mädchen begangen. Die Kinder hatte er in der Wohnung ihrer Großmutter in G. beim gemeinsamen Kaffeetrinken mit der Mutter der Kinder kennengelernt. Er lockte erst das sieben Jahre alte Mädchen in seine im selben Haus gelegene Wohnung und manipulierte bis zur Störung durch die jüngere Schwester an der nackten Scheide des Kindes, das sich im Schlafzimmer vor einen Spiegel hatte stellen müssen. Danach setzte er sich das Kind im Wohnzimmer auf den Schoß. Als das Mädchen seiner Aufforderung, die Zunge herauszustrecken nachgekommen war, drückte er diese durch Berührung mit seiner Zunge in dessen Mund. Anschließend wandte er sich der jüngeren Schwester zu, zog auch sie auf seinen Schoß und gab ihr einen Zungenkuss. Vier Tage später besuchte er die Mutter der Kinder in deren Wohnung in W.. Unter dem Vorwand, Süßigkeiten aus dem Auto holen zu wollen, begab er sich mit der 6-Jährigen in den Keller des Hauses und gab dem Kind erneut einen Zungenkuss. Dieses Mädchen nässte nach den Vorfällen nachts wieder ein. Beide Mädchen waren noch im Zeitpunkt der Hauptverhandlung durch das Tatgeschehen verängstigt.

3

Die daneben angeordnete Unterbringung in der Sicherungsverwahrung hatte die Strafkammer auf § 66 Abs. 1 StGB a.F. gestützt, weil der Untergebrachte vor den Anlasstaten bereits zweimal wegen einschlägiger Taten zu Freiheitsstrafen von mindestens einem Jahr verurteilt worden war und diese vollständig verbüßt hatte:

4

Durch Urteil vom 4. Juli 2000, rechtskräftig seit demselben Tag, verhängte das Landgericht Koblenz im Verfahren 2060 Js 41727/99 - 4 KLs eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten gegen ihn wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen (§ 176 Abs. 1 StGB) und wegenschweren sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F., § 176 Abs. 2 Nr. 1 StGB n.F.). Er hatte sich kurz vor Weihnachten 1998 in seiner Wohnung in K. mit einem fünf Jahre alten Mädchen in die Badewanne gesetzt, wo das Kind seinen Penis in den Mund nehmen und ihn oral bis zu Samenerguss befriedigen musste. Außerdem hatte er im August 1999 zwei sechs und neun Jahre alte Mädchen in seiner Wohnung in O. nacheinander hochgehoben und ihnen dabei oberhalb der Kleidung an die Scheide gefasst.

5

Nachdem diese Freiheitsstrafe bis zum 23. Juli 2002 vollständig vollstreckt war, hielt sich der unter Führungsaufsicht stehende Untergebrachte am 13. Juli 2003 im Schwimmbad in M. auf. Dort versprach er einem neun Jahre alten Mädchen ein Eis, das ihm daraufhin zu den Schließfächern folgte. Er zog das Mädchen, dem es kalt war, dicht an sich, rubbelte es am ganzen Körper, küsste es auf Gesicht und Mund und berührte mit seiner Zunge die Lippen des Kindes. Das Amtsgericht Mayen verurteilte ihn daraufhin im Verfahren 2060 Js 54703/03 - 3 Ds am 24. März 2004 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176 Abs. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Das Urteil wurde am 19. Juli 2004 rechtskräftig. Bei zutreffender rechtlicher Bewertung wäre die Tat als schwerer sexueller Missbrauch von Kindern im Wiederholungsfall (§ 176a Abs. 1 Nr. 4 StGB a.F., § 176a Abs. 1 StGB n.F.) zu werten gewesen. Die Freiheitsstrafe wurde vom 2. November 2004 bis zum 1. November 2005 vollstreckt. Die bereits dargestellten Anlasstaten ereigneten sich nur knapp elf Monate später.

6

2. Die angefochtene Entscheidung entspricht im Ergebnis der Sach- und Rechtlage. Die nicht ausgeführte Beschwerde rechtfertigt keine andere Beurteilung.

7

a) Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer dem Verteidiger von hier aus bekannt gegebenen Stellungnahme vom 6. August 2014 folgendes ausgeführt (VH Bl. 670 ff.):

8

„1. Es liegt kein Fall rückwirkender Verlängerung der Höchstfrist oder nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vor, so dass sich die Frage der Fortdauer materiell nicht (auch) nach Art. 316f Abs. 2 S. 2-4 EGStGB, sondern nach Art. 316f Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 S. 1, 316e Abs. 1 S. 2 EGStGB i.V.m. § 67d Abs. 2 StGB richtet.

9

Diese Voraussetzungen liegen bei dem Untergebrachten vor.

10

2. Eine die Aussetzung der Maßregel zur Bewährung begründende Gefährlichkeitsprognose ist dem Untergebrachten nicht zu stellen.

11

a) Dies gilt ungeachtet der - von der Strafvollstreckungskammer verneinten - Frage, ob der vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 04.05.2011 - 2 BvR 2365/09 u.a. - begründete Maßstab, wonach der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Regel nur bei der aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleitenden Gefahr schwerer Gewalt- und Sexualstraftaten (BVerfG, a.a.O., Rdnr. 172) - trotz der entgegenstehenden Intention des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 17/11388, 24) - auch nach Inkrafttreten der Neuregelungen zur Sicherungsverwahrung am 01.06.2013 weiterhin Geltung beansprucht (so für die primäre Anordnung in „Altfällen“ BGH, Urt. v. 12.06.2013 - 5 StR 129/13 -, BeckRS 2013, 11732; Urt. v. 23.04.2013 - 5 StR 617/12 -, BeckRS 2013, 09608). Denn der Untergebrachten erfüllt weiterhin die Voraussetzungen auch dieses verschärften Maßstabs. Insbesondere sind Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern (vgl. OLG Koblenz, 1. Senat, Beschl. v. 13.04.2011 - 1 Ws 218/11 -) und erst recht solche des schweren sexuellen Missbrauchs (vgl. BGH, a.a.O.; BVerfG, Beschl. v. 29.10.2013 - 2 BvR 1119/12 -, BeckRS 2013, 58073) grundsätzlich als schwere Sexualstraftaten in diesem Sinne anzusehen.

12

Hierzu und hinsichtlich der von dem Untergebrachten zu befürchtenden Straftaten nehme ich auf den Beschluss des Senates vom 13.05.2014 - 2 Ws 14/13 - (Bd. II, Bl. 452 VH) Bezug.

13

b) Zureichende Anhaltspunkte dafür, dass mittlerweile eine abweichende Einschätzung gerechtfertigt wäre, liegen nicht vor. Vielmehr ist der Sachverständige Dr. V. in seinem Gutachten vom 29.04.2014 nachvollziehbar und überzeugend zu dem Ergebnis gelangt, dass von dem Untergebrachten weiterhin ein mittelgradig bis hochgradiges Rückfallrisiko für den sexuellen Missbrauch präpubertärer Mädchen ausgeht (Bd. II, 545, 636 VH).

14

Bei dem Untergebrachten besteht eine nicht heilbare pädophile Störung, die für diesen mangels tragfähiger Vermeidungsstrategien nicht hinreichend zu steuern ist. Die gesundheitlichen Einschränkungen des Untergebrachten stellen keinen das Risiko mindernden Faktor dar (Bd. II, Bl. 616, 636 VH). Die hohen Anforderungen an Betreuung und Kontrolle (vgl. Bd. III, Bl. 633, 639f.) sind in Freiheit derzeit nicht gewährleistet, da kein geordneter Empfangsraum, insbesondere keine Einrichtung des betreuten Wohnens aktuell zur Aufnahme des Untergebrachten, zur Verfügung steht noch in hinreichender Weise dessen erforderliche Distanz zu Kindern gewährleistet werden kann. Es ist weiterhin zu befürchten, dass der Untergebrachte diesen Kontakt suchen, jedenfalls aber nicht hinreichend ausweichen wird. Der Sachverständige Dr. V. ist überzeugend zu dem Schluss gekommen, dass der Untergebrachte Bestätigung und Freude nur noch im Umgang mit Tieren und Kindern erleben könne (Bd. III, Bl. 629 VH). Dies ist mit Blick darauf, dass der Untergebrachte sich wiederholt von Frauen enttäuscht sah (Bd. III, Bl. 592f. VH), sich keine Beziehung mehr vorstellen könne (Bd. III, Bl. 589 VH), er der Meinung ist, es gäbe keine echten Freunde (Bd. III, Bl. 600 VH), und er selbst vermute, bei Kindern und seinen Tieren einen Ausgleich für seine Enttäuschungen gesucht zu haben (Bd. III, Bl. 581 VH) ohne Weiteres plausibel und begründet die Gefahr, dass der Untergebrachte sich erneut Kindern zur Befriedigung seiner Bedürfnisse zuwenden wird. Der Sachverständige ist nachvollziehbar zu dem Schluss gelangt, dass die paranoide Einstellung seiner Umgebung gegenüber in der Zusammenschau mit der pädophilen Störung einen kaum zu beeinflussenden dynamischen Risikofaktor darstellt (Bd. III, Bl. 629 VH). Dies wird dadurch verschärft, dass der Untergebrachte bislang keine nachhaltige Einsicht in den Umfang und die Folgen seines Fehlverhaltens gewonnen hat. So erweist er sich hinsichtlich mehrerer Taten nach wie vor als Tatleugner (vgl. Bd. III, Bl. 591f., 594, 596f. VH) und zeigt mangelndes Problembewusstsein und fehlende Opferempathie etwa dadurch, dass er erhebliche Folgen eines Kindesmissbrauchs vornehmlich in Fällen des Eindringens sehe (Bd. III, Bl. 595 VH) und es „Nachwehen“ seiner Taten mitunter nicht gegeben haben könne, da nichts passiert sei (Bd. III, Bl. 598 VH).

15

Vor diesem Hintergrund ist auch die Feststellung des Sachverständigen plausibel, dass die bei Frau M. durchgeführte Therapie nicht über eine nur ansatzweise Einstellungsänderung hinausgeführt habe (Bd. III, Bl. 615 VH).

16

Die Betreuung durch den externen Therapeuten B. befindet sich auch den Angaben des Untergebrachten selbst zufolge noch in einer Anfangsphase (vgl. Bd. III, Bl. 651 VH), ohne dass dem Untergebrachten überhaupt das Ziel der Therapie klar ist (vgl. Bd. III, Bl. 600 VH).

17

3. Der weitere Vollzug der Maßregel ist auch nicht unverhältnismäßig, so dass unter diesem Gesichtspunkt eine Aussetzung des Vollzugs oder eine Erledigterklärung der Maßregel zu erfolgen hätte.

18

Die Voraussetzungen des § 67d Abs. 2 S. 2 StGB, wonach das Gericht die weitere Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung aussetzt, wenn diese unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Abs. 1 Nr. 1 StGB angeboten worden ist, liegen nicht vor.

19

Vorliegend fehlt es bereits an einer derartigen Anordnung unter Fristsetzung.

20

4. Es besteht auch weiterhin keine Veranlassung zu einer Anordnung gem. § 67d Abs. 2 S. 2 2. Halbs. StGB.

21

a) Eine grundsätzlich in Betracht kommende Gruppentherapie lässt sich in Einklang mit der Einschätzung des Sachverständigen Dr. V. (vgl. Bd. III, Bl. 632 VH) effektiv nicht gegen den Willen des Untergebrachten durchsetzen. Eine Einzeltherapie durch einen externen Therapeuten wird gewährt.

22

b) Hinsichtlich der in dem angefochtenen Beschluss der Strafvollstreckungskammer nahe gelegten Vollzugslockerungen scheidet eine Anordnung gem. § 67d Abs. 2 S. 2 2. Halbs. StGB schon deshalb aus, weil es sich hierbei nicht um Betreuungsmaßnahmen i.S.d. - allein von § 67d Abs. 2 S. 2 StGB in Bezug genommenen - § 66c Abs. 1Nr. 1 StGB, sondern um vollzugsöffnende Maßnahmen i.S.d. § 66c Abs. 1Nr. 3 StGB handelt.

23

5. Schließlich vermag auch die Überschreitung der einjährigen Prüffrist des § 67e Abs. 2 StGB dem Rechtsmittel vorliegend nicht zum Erfolg zu verhelfen.

24

Es liegt nicht bereits in jeder Verzögerung des Geschäftsablaufs, die zu einer Fristüberschreitung führt, eine Grundrechtsverletzung (BVerfG, NStZ-RR 2005, 92, 93). Die Missachtung der Prüffristen begründet einen solchen Verstoß jedoch, wenn ihr eine nicht mehr vertretbare Fehlhaltung gegenüber dem das Grundrecht sichernden Verfahrensrecht zugrunde liegt, die auf eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung des Grundrechts schließen lässt (BVerfG, a.a.O., 93). Allerdings führt selbst eine Grundrechtsverletzung nicht per se zur Freilassung des untergebrachten; vielmehr hat eine Abwägung unter Berücksichtigung des Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit vor zu erwartenden erheblichen Rechtsgutsverletzungen zu erfolgen, wobei dieses noch nicht zurücktritt, wenn das grundrechtlich gebotene Verfahren um einige Monate verzögert wurde (BVerfG, a.a.O., 94). Namentlich in Ansehung des zwischenzeitlich eingeholten Sachverständigengutachtens liegt keine Verzögerung vor, die eine grundlegende Fehlhaltung des Gerichts gegenüber den Grundrechten des Untergebrachten offenbarte und das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit zurücktreten ließe.

25

b) Ergänzend bemerkt der Senat:

26

aa) Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung zur Fortgeltung des vom Bundesverfassungsgericht für die Weitergeltung des § 66 StGB verlangten Maßstabes strikter Verhältnismäßigkeit für vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung des Abstandsgebotes am 1. Juni 2013 tatrichterlich abgeurteilte Taten (BGH, Urteil 5 StR 610/12 vom 23.04.2013, NStZ 2013, 522; Urteil 5 StR 617/12 vom 23.04.2013, NStZ-RR 2014, 43; Urteil 5 StR 129/13 vom 12.06.2013, NStZ 2013, 524) inzwischen auf alle bis zum 31. Mai 2013 begangenen Taten, d.h. auch die erst nach Inkrafttreten des Gesetzes abgeurteilten, ausgedehnt (BGH, Urteil 5 StR 563/13 vom 11.03.2014, Rn. 14 zit. nach juris, NStZ 2014, 263). Dieser für die Anordnung der Sicherungsverwahrung für Altfälle mit Taten vor dem 1. Juni 2013 geltende Grundsatz gilt auch für Fortdaueranordnungen. Gemäß Art. 316f Abs. 2 Satz 1 EGStGB sind auf diese Fälle - soweit in Abs. 3 nichts anderes bestimmt ist - die bis zum 31. Mai 2013 geltenden Vorschriften über die Sicherungsverwahrung (nach Maßgabe der hier nicht einschlägigen Sätze 2 bis 4) anzuwenden. Dies ist gemäß Art. 316e Abs. 1 Satz 1 und 2 EGStGB sowohl für Fälle vor als auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) § 67d Abs. 2 Satz 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 160), soweit er zur Anordnung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung bis zu zehn Jahren ermächtigt. Diese Bestimmung war bis zum 31. Mai 2013 nur mit der Maßgabe „strikter Verhältnismäßigkeit“ anzuwenden (BVerfG, Urteil 2 BvR 2365/09 u.a. vom 04.05.2011, BGBl. Teil 1, 2011, Nr. 26, S. 1003-1005, Entscheidungstenor II. 1. b. sowie Rn. 172 zit. nach juris), die das Bundesverfassungsgericht gemäß § 35 BVerfGG wegen ihrer Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz infolge Verletzung des Abstandsgebots einschränkend verlangt hat. Indem der Gesetzgeber auf die bisherige Vorschriften abgestellt hat, hat er die bis 31. Mai 2013 geltende Rechtslage, mithin auch die Einschränkung aufgrund der Weitergeltungsanordnung fortgeschrieben (vgl. zur Anordnung der Sicherungsverwahrung BGH aaO Rn. 13 zit. nach juris).

27

bb) Nicht alle „erheblichen Straftaten“, durch welche die Opfer „seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, sind auch „schwere Gewalt- oder Sexualstraftaten im Sinne der Weitergeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts (BGH, Beschluss 4 StR 362/11 vom 27.09.2011, Rn. 9 zit. nach juris, NStZ-RR 2012, 109). Neben Taten des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB (vgl. BGH, Urteil 5 StR 617/12 vom 23.04.2013 mwN) können aber auch Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern nach § 176 Abs. 1 StGB „schwere Sexualstraftaten“ im Sinne der Weitergeltungsanordnung sein (BGH, Urteil 1 StR 465/12 vom 19.02.2013, Rn. 37 ff. zit. nach juris, NStZ-RR 2013, 204; Senat, Beschluss 2 Ws 164/13 vom 13.05.2013, in vorliegender Sache VH Bl. 452 ff.; OLG Koblenz, Beschluss 1 Ws 218/11 vom 13.04.2011). Erst recht gilt dies für Wiederholungstaten im Sinne des § 176a Abs. 1 StGB (BGH aaO Rn. 40 zit. nach juris), wie sie hier sowohl in den drei Anlasstaten als auch der dem Urteil des Amtsgerichts Mayen vom 24. März 2004 zugrundeliegenden Tat gegeben sind. Der Gesetzgeber hat die Rückfalltat als Verbrechen ausgestaltet und damit eine Wertung zur Tatschwere getroffen (BGH aaO).

28

Dass hier aus konkreten Umständen in der Person und dem Verhalten des Untergebrachten eine Gefahr schwerer Sexualstraftaten im vorgenannten Sinn abzuleiten ist, hat der Senat im Beschluss 2 Ws 164/13 vom 13. Mai 2013 (VH Bl. 452, 454, 454R) im Einzelnen dargelegt. Von dem Untergebrachten drohen aufgrund seiner von allen Sachverständigen (Dr. B., VH Bl. 6; Prof. Dr. G., VH Bl. 110 f.; Dipl. Psych. G., VH Bl. 302 f., Dr. V., VH Bl. 608) diagnostizierten und nicht korrigierbaren Pädophilie (ICD-10: F65.4) mit Orientierung auf präpubertäre Mädchen sowohl Taten des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern nach § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB wie dem Oralverkehr im Fall 1 der Vorverurteilung vom 4. Juli 2000 als auch Wiederholungstaten des sexuellen Missbrauchs von Kindern nach § 176a Abs. 1 StGB, die nach den in der genannten Vorentscheidung des Senats ausführlich dargelegten, erschwerenden Tatumständen ebenfalls schwere Sexualstraftaten im Sinne der Weitergeltungsanordnung sind.

29

cc) Auf Anforderung des Senats hat die Justiz- und Sicherungsverwahrungsanstalt Diez den Vollzugs- und Eingliederungsplan vom 27. August 2014 vorgelegt (VH Bl. 681 ff.), der dem Untergebrachten am 2. September 2014 ausgehändigt worden ist (VH Bl. 680).

30

Danach hat der Untergebrachte die Anfang März 2014 begonnene Einzeltherapie bei dem externen Psychotherapeuten B. am 29. Juli 2014 nach 19 Sitzungen abgebrochen. Da der Untergebrachte jedwede Form der Gruppentherapie kategorisch ablehnt, war die Fortsetzung dieser kognitiv-behavorial ausgerichteten Einzeltherapie von dem Sachverständigen Dr. V. als derzeit einziger erfolgversprechender psychotherapeutischer Ansatzpunkt ausdrücklich empfohlen worden, um eine Verbesserung des Steuerungsverhaltens des Untergebrachten in Risikosituationen und eine sexuelle Selbstregulation zu erreichen (Gutachten S. 88, VH Bl. 632). Da der Untergebrachte in dieser Therapie eine Offenheit für eine Auseinandersetzung mit den Anlassdelikten zeigte, schätzte auch der externe Therapeut die Behandlung bis zuletzt als zur Reduzierung des Rückfallrisikos erfolgversprechend ein (Vollzugs- und Eingliederungsplan S. 13, VH Bl. 693). Da sich der Verurteilte auch weiterhin gegen gruppentherapeutische Angebote, psychiatrische Behandlungsmaßnahmen (die von dem Sachverständigen Dr. V. in Erwägung gezogene antiandrogene Behandlung) und die Teilnahme an sozialen Trainingsmaßnahmen sperrt (Vollzugs- und Eingliederungsplan S. 11 ff., 15, VH Bl. 691 ff., 695), finden Behandlungsmaßnahmen seit dem Abbruch der Einzeltherapie nicht mehr statt.

31

Es besteht indes kein Anlass, gemäß §§ 67 d Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 StGB eine von der Vollzugsbehörde durchzuführende Betreuungsmaßnahme nach § 66c Abs. 1 Nr. 1 StGB unter Fristsetzung anzuordnen. Denn dem Untergebrachten wird gegenwärtig eine den Anforderungen des § 66 c Abs.1 Nr. 1 StGB genügende Betreuung angeboten (vgl. hierzu Senat, Beschluss 2 Ws 266/14 vom 13.06.2014; KG, Beschluss 2 Ws 327, 333/13 vom 04.09.2013, zit. n. juris Rn. 105 ff - NStZ 2014, 273 ff.). Sie besteht ausweislich des Vollzugs- und Eingliederungsplan vom 27. August 2014 in intensiven Betreuungsmaßnahmen, seine Mitarbeitsbereitschaft wieder zu wecken (§ 66c Abs. 1 Nr. 1 lit. a). Der dem Untergebrachten seit dem 9. Juli 2014 allgemein zugewiesene Betreuungsbeamte soll ihn nunmehr in regelmäßigen Gesprächen motivieren, seine gegenwärtig ablehnende Haltung gegenüber der psychotherapeutischen Behandlung aufzugeben und sich sodann zur Wiederaufnahme probatorischer Gespräche mit einem externen Therapeuten an den Anstaltspsychologen wenden (Vollzugs- und Eingliederungsplan S. 11, 13, VH Bl. 691, 693). Ausweislich des Begleitschreibens der Justiz- und Sicherungsverwahrungsanstalt vom 2. September 2014 finden die Gespräche des Betreuungsbeamten mit dem Untergebrachten in der Regel wöchentlich, mithin in engmaschiger Folge, statt (VH Bl. 680). Außerdem ist dem Untergebrachten am 27. August 2014 von dem Anstaltspsychiater angeboten worden, sich zur Verbesserung seiner sozialen Integrationsfähigkeit (die Voraussetzung jeglichen sozialen Trainings und jeder Gruppentherapie ist) einem von ihm und der Anstaltsseelsorgerin geleiteten Gesprächskreis über allgemeine Themen anzuschließen, der in Kürze beginnen soll. Nach Bekunden verhaltenen Interesses wurde ihm ein weiteres Gespräch mit dem Anstaltspsychiater zu diesem Thema angeboten (Vollzugs- und Eingliederungsplan S. 15, VH Bl. 695). Um den Untergebrachten zur Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten einer antiandrogenen Behandlung zu motivieren, wurde ihm aufgegeben, sich in der Sprechstunde des Psychiaters zu melden (Vollzugs- und Eingliederungsplan S. 13, VH Bl. 693). Es ist davon auszugehen, dass der dem Untergebrachten allgemein zugewiesene Betreuungsbeamte in den regelmäßigen Gesprächen mit dem Untergebrachten diesen auch zu motivieren versuchen wird, an dem vorgenannten Gesprächskreis teilzunehmen und die Sprechstunde des Psychiaters aufzusuchen. Danach wird auch aus Sicht des Senats derzeit alles Erforderliche getan, den Untergebrachten zu erfolgversprechenden Behandlungsmaßnahmen zu motivieren.

32

Der Senat weist die Justiz- und Sicherungsverwahrungsanstalt darauf hin, dass auch die Motivationsmaßnahmen zu dokumentieren sind (§ 8 Abs. 3 Satz 3 LSVVollzG).