Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 24. März 2015 - 1 Ws (RB) 42/15
Tenor
1. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal vom 18. Februar 2015 aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Prüfung und Entscheidung auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde an dieselbe Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal zurückverwiesen.
3. Der Gegenstandswert wird auf 600,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Mit Antrag vom 21. Oktober 2014 begehrt der Antragsteller die gerichtliche Entscheidung über seinen Antrag vom 25. September 2014, ihm im Hinblick auf die Zuweisung zu der Bildungsmaßnahme "Zertifikatskurs Englisch" durch die Antragsgegnerin zusätzlich zweimal Oberbekleidung zur Verfügung zu stellen.
- 2
Mit Beschluss vom 18. Februar 2015 (509 StVK 753/14) hat die Strafvollstreckungskammer unter Zurückweisung eines weiteren Antrages die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller weitere Bekleidung, nämlich ein Paar Schuhe, eine Jacke und zwei Hosen für die Teilnahme am Englischzertifikatskurs auszuhändigen. Die Kosten des Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben. Der Verfahrenswert wurde auf 600,00 € festgesetzt.
- 3
Zur Begründung führt die Kammer an, dass die Anstalt gemäß § 20 StVollzG verpflichtet sei, den Antragsteller mit ausreichend Kleidung auszustatten. Weise sie diesen einer Bildungsmaßnahme zu, so müsse sie ihn mit weiterer Kleidung ausstatten. Der Antragsteller sei nicht verpflichtet, während des Unterrichts seine Freizeitkleidung zu tragen.
- 4
Gegen der dem Antragsgegnerin am 24. Februar 2015 zugestellten Beschluss hat diese am 03. März 2014 Rechtsbeschwerde erhoben und beantragt, die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer aufzuheben, soweit sie die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller weitere Bekleidung auszuhändigen.
II.
- 5
Das zulässig erhobene Rechtsmittel der Antragsgegnerin hat mit der Sachrüge – vorläufig – Erfolg.
- 6
Die Feststellungen der Strafvollstreckungskammer halten hinsichtlich der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Aushändigung weiterer Oberbekleidung wegen des Teilnahme des Antragstellers an der Bildungsmaßnahme "Zertifikatskurs Englisch" einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Es fehlt bereits an den die Entscheidung tragenden Feststellungen der Kammer.
- 7
Für den Beschluss der Strafvollstreckungskammer nach § 109 StVollzG gelten die Anforderungen, die § 267 StPO an die Begründung eines strafrechtlichen Urteils stellt. Der Beschluss muss die entscheidungserheblichen Tatsachen und rechtlichen Gesichtspunkte so vollständig wiedergeben, dass dem Rechtsbeschwerdegericht eine hinreichende Überprüfung möglich ist (Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 115 Rn. 10 mit zahlreichen Rspr.-Nachweisen). Verfehlt der Beschluss diese Anforderungen, so ist er schon deswegen aufzuheben, weil seine Begründung eine Beurteilung, ob die in § 116 Abs. 1 StVollzG genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen, nicht ermöglicht und sich damit einer Nachprüfbarkeit entzieht (OLG Koblenz, Beschluss vom 06.08.1988, 2 Vollz (Ws) 41/88, ZfStrVo1989, 120; OLG Koblenz, Beschluss vom 19.11.2007, 1 Ws 501/07 – beide zitiert nach juris; Senat, Beschluss vom 10.09.2013, 1 Ws 384/13; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, a. a. O., § 116 Rn. 3 mit zahlreichen Rspr.-Nachweisen). So liegt der Fall hier.
- 8
Die Strafvollstreckungskammer hat bislang eigene Feststellungen zur Frage der Ausgestaltung der Bildungsmaßnahme und der dadurch verursachten Beanspruchung der Bekleidung des Antragstellers nicht getroffen. Solche Feststellungen sind hier indes notwendig. Gemäß § 20 StVollzG hat die Vollzugsanstalt den Gefangenen mit ausreichender Kleidung auszustatten, soweit dieser grundsätzlich verpflichtet ist, Anstaltskleidung zu tragen (vgl. Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 20 Rn 1). Nach diesen Grundsätzen ist die Vollzugsanstalt auch zur Bereitstellung von besonderer Arbeitsbekleidung verpflichtet, wenn eine solche erforderlich ist. Anknüpfungspunkt für die Notwendigkeit weiterer Bekleidung ist dabei aber nicht allein die formale Zuweisung des Gefangenen zu einer Arbeits- oder Bildungsmaßnahme. Vielmehr muss für die Teilnahme an einer solchen Maßnahme auch die Notwendigkeit einer besonderen Bekleidung bestehen, etwa einer Schutzbekleidung, oder aber es muss zu einer besonderen Beanspruchung der Bekleidung des Gefangenen kommen, so dass die bislang zugeteilte Bekleidung aufgrund der Notwendigkeit häufiger Wäschen nicht ausreicht. Das erforderliche Maß der Bekleidung wird nicht nur durch die Hygiene bestimmt, um etwaigen Gefahren für die Gesundheit des Gefangenen zu begegnen. Vielmehr ist der Anspruch des Gefangenen auf Bereitstellung von Anstaltskleidung auch unter Berücksichtigung grundrechtlicher Positionen sowie der Vollzugsgrundsätze des § 3 StVollzG näher zu bestimmen (vgl. etwa OLG Hamm, Beschluss vom 14.08.2014, 1 Vollz (Ws) 365/14 – zitiert nach juris). Im Hinblick auf den Angleichungsgrundsatz des § 3 Abs. 1 StVollzG hätte die Strafvollstreckungskammer vorliegend aber gerade Feststellungen treffen müssen, ob es tatsächlich zu einer stärkeren Beanspruchung der Freizeitbekleidung des Antragstellers durch seine Teilnahme an einem Englischkurs kommt. Ohne eine solche würde es sich um eine den allgemeinen Lebensverhältnissen entsprechende Nutzung der dem Antragsteller bereits zur Verfügung gestellten Kleidung handeln, die von diesem hinzunehmen wäre.
- 9
Die entsprechende Sachverhaltsaufklärung durch die Strafvollstreckungskammer ist hier geboten, denn im Verfahren nach §§ 109ff. StVollzG gilt der Grundsatz der Amtsermittlung (Untersuchungsgrundsatz). Aus diesem folgt, dass das Gericht den entscheidungsrelevanten Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären hat (vgl. Calliess/Müller-Dietz, a. a. O., § 115 Rn. 3 m. w. N.). Die Entscheidung der Kammer war daher aufzuheben und zur neuen Prüfung und Entscheidung auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde zurückzuverweisen.
III.
- 10
Den Gegenstandswert hat der Senat gemäß den §§ 65, 60, 52 Abs. 1 GKG festgesetzt.
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(1) Der Gefangene trägt Anstaltskleidung. Für die Freizeit erhält er eine besondere Oberbekleidung.
(2) Der Anstaltsleiter gestattet dem Gefangenen, bei einer Ausführung eigene Kleidung zu tragen, wenn zu erwarten ist, daß er nicht entweichen wird. Er kann dies auch sonst gestatten, sofern der Gefangene für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgt.
(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlaß einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.
(2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(3) Dient die vom Antragsteller begehrte oder angefochtene Maßnahme der Umsetzung des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches im Vollzug der Sicherungsverwahrung oder der ihr vorausgehenden Freiheitsstrafe, so ist dem Antragsteller für ein gerichtliches Verfahren von Amts wegen ein Rechtsanwalt beizuordnen, es sei denn, dass wegen der Einfachheit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Rechtsanwalts nicht geboten erscheint oder es ersichtlich ist, dass der Antragsteller seine Rechte selbst ausreichend wahrnehmen kann. Über die Bestellung und einen Widerruf entscheidet der Vorsitzende des nach § 110 zuständigen Gerichts.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.
(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.
(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
(1) Der Gefangene trägt Anstaltskleidung. Für die Freizeit erhält er eine besondere Oberbekleidung.
(2) Der Anstaltsleiter gestattet dem Gefangenen, bei einer Ausführung eigene Kleidung zu tragen, wenn zu erwarten ist, daß er nicht entweichen wird. Er kann dies auch sonst gestatten, sofern der Gefangene für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgt.
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, soweit sie darauf gerichtet ist, den Antragsgegner zu verpflichten, dem Betroffenen Unterwäschegarnituren und Socken in ausreichendem Maße zur Verfügung zu stellen.
In diesem Umfang wird der angefochtene Beschluss aufgehoben. Die Vollzugsbehörde wird angewiesen, dem Betroffenen – auf sein Verlangen – Unterwäschegarnituren und Socken in einem Maße bereitzustellen, welches einen täglichen Wechsel erlaubt.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Betroffenen werden der Staatskasse auferlegt.
1
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller verbüßt eine Freiheitsstrafe in der JVA X. Seitens der JVA werden ihm wöchentlich zwei Paar Socken sowie vier Garnituren Unterwäsche zur Verfügung gestellt. Mit einer vom 15. September 2013 datierenden Eingabe forderte der Antragsteller die Vollzugsbehörde auf, die wöchentliche Ausstattung mit den genannten Kleidungsstücken zu verbessern. Der Antragsgegner lehnte dies mit Bescheid vom 14. Januar 2014 ab. Die Ausstattung sei – so der Antragsgegner – ausreichend. Eine Gefährdung der Gesundheit und der Hygiene sei nicht zu besorgen, zumal auf der Basis eines ärztlichen Votums die Wechselintervalle im Bedarfsfall verkürzt würden.
4Der nachfolgende Antrag auf gerichtliche Entscheidung war darauf gerichtet, den Antragsgegner dazu zu verpflichten, die genannten Wäschestücke in ausreichendem Umfang zur Verfügung zu stellen, um ihm einen täglichen Wechsel zu ermöglichen. Ferner stellte der Betroffene den Antrag, die Rechtswidrigkeit des justizbehördlichen Handelns festzustellen.
5Durch den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Ein Anspruch auf eine anstaltsseitige Mehrversorgung bestehe nicht. Die Vollzugsbehörde habe dem Strafgefangenen nach § 20 Abs. 1 StVollzG i.V.m. Nr. 10 der Kammerordnung für die Justizvollzugsanstalten des Landes NRW in ausreichendem Umfang Anstaltskleidung zur Verfügung zu stellen. Vier Garnituren Unterwäsche sowie zwei Paar Socken pro Woche seien insofern ausreichend. Gesundheitliche Risiken bestünden, wie sich aus einem von der Strafvollstreckungskammer eingeholten Gutachten ergebe, nicht.
6Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde.
7II.
81.
9Die auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde war bezüglich des Verpflichtungsantrags zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Zu der Frage, welcher Umfang an Anstaltskleidung als „ausreichend“ anzusehen ist, hat der Senat letztmalig im Jahr 1993 (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Februar 1993 – 1 Vollz(Ws) 234/92, NStZ 1993, 360) Stellung bezogen und ausgeführt, dass die wöchentliche Versorgung mit vier Garnituren Unterwäsche zumal auch unter Berücksichtigung fiskalischer Aspekte als ausreichend anzusehen ist. Weitere obergerichtliche Rechtsprechung ist hierzu – soweit aus den Veröffentlichungen ersichtlich – bisher nicht ergangen.
10Der lange Zeitablauf seit dieser Entscheidung und die damit einhergehende Änderung der allgemeinen Lebensverhältnisse und Lebensanschauungen gebieten eine erneute Befassung mit der Frage.
11Soweit der Antragsteller darüber hinaus beantragt hat, die Rechtswidrigkeit des Handelns der Vollzugsbehörde festzustellen, war die Rechtsbeschwerde mangels Zulassungsgrundes als unzulässig zu verwerfen.
122.
13Die Rechtsbeschwerde hat im Umfang ihrer Zulassung auch in der Sache Erfolg. Die Vollzugsbehörde ist verpflichtet, dem Antragsteller auf dessen Verlangen Unterwäschegarnituren und Socken in einem Maße bereitzustellen, welches einen täglichen Wechsel erlaubt. Der Senat hält an seiner früheren, gegenteiligen Rechtsauffassung nicht mehr fest.
14Nach § 20 Abs. 1 S. 1 StVollzG trägt der Gefangene Anstaltskleidung, womit die Verpflichtung der Vollzugsbehörde einhergeht, entsprechende Kleidung in dem erforderlichen Maß bereitzustellen. Ob die Versorgung mit Kleidung ausreichend ist, um etwaigen Gefahren für die Gesundheit des Gefangenen zu begegnen, beantwortet die Frage nach dem erforderlichen Maß nur unzureichend, vielmehr ist der Anspruch des Gefangenen auf Bereitstellung von Anstaltskleidung auch unter Berücksichtigung grundrechtlicher Positionen sowie der Vollzugsgrundsätze des § 3 StVollzG näher zu bestimmen:
15Bereits die Verpflichtung zum Tragen der Anstaltskleidung als solcher berührt das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, denn schon diese mag seitens des Gefangenen unter Umständen als Selbstwertkränkung empfunden werden (BVerfG, Beschluss vom 3. November 1999, 2 BvR 2039/99 – NJW 2000, 1399). Dies gilt in besonderem Maße, wenn die Versorgung mit Kleidung – namentlich in einem unter Hygienegesichtspunkten besonders sensiblen Bereich – deutlich von den gesellschaftlichen Normvorstellungen abweicht. Der tägliche Wechsel von Unterwäsche und Socken darf heutzutage als gesellschaftliche Norm bzw. zumindest wünschenswert gelten.
16Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen wiegt nach alledem bereits aus diesem Grund schwer. Ferner erweist es sich auch im Hinblick auf das Vollzugsziel einer Resozialisierung des Gefangenen als bedenklich, diesem lediglich vier Unterwäschegarnituren und zwei Paar Socken zur Verfügung zu stellen. Eine Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit den in § 3 StVollzG normierten Vollzugsgrundsätzen besteht nicht (siehe hierzu bereits Kellermann in: Feest [Hrsg.], Strafvollzugsgesetz, 6. Auflage, § 20 RN 1), denn die mit einer unzureichenden Ausstattung an Anstaltskleidung einhergehende Beeinträchtigung der Privatsphäre kann einer Verwahrlosung des Gefangenen Vorschub leisten und läuft damit dem in § 3 Abs. 3 StVollzG normierten Ziel zuwider, dem Gefangenen zu helfen, sich in das Leben in Freiheit, in welchem z.B. der Wiedereinstieg in das Arbeitsleben sowie auch sonstige soziale Kontakte durch eine unzureichende Körperhygiene deutlich erschwert werden können, einzugliedern. Derartigen schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges kann allein durch eine weitestmögliche Angleichung an die allgemeinen Lebensverhältnisse begegnet werden.
17Übergeordnete Sacherwägungen, aufgrund derer der Status quo hinzunehmen wäre, bestehen nicht, insbesondere spricht nichts dafür, dass durch die Möglichkeit eines täglichen Wechsels Belange der Sicherheit und Ordnung der Vollzugsbehörde tangiert wären. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass hierdurch ein zusätzlicher Kostenaufwand in nicht vertretbarem Umfang entstünde.
18III.
19Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 4 StVollzG i.V.m. § 467 Abs. 1 StPO.
In gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist der Wert von Amts wegen festzusetzen. § 63 Absatz 3 gilt entsprechend.
Für die Bestimmung des Werts in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist § 52 Absatz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; im Verfahren über den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs einer Maßnahme der Vollzugsbehörde oder auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gilt § 52 Absatz 1 und 2 entsprechend.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.