vorgehend
Oberlandesgericht München, U 3283/11, 09.02.2012
Landgericht München I, 37 O 20080/10, 13.07.2011

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts vom 13. Juli 2011 dahin abgeändert, dass es lautet wie folgt:

1. Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, an die Klägerin 3.550.000,- € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Dezember 2010 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Gerichtskosten im ersten Rechtszug haben die Klägerin 87,5% und die Beklagte zu 2. 12,5% zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin im ersten Rechtszug hat die Beklagte zu 2. 12,5% zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. im ersten Rechtszug hat die Klägerin zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. im ersten Rechtszug hat die Klägerin 75% zu tragen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Anschlussberufung der Beklagten zu 1. wird verworfen.

III. Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 34%, die Beklagte zu 1. 54% und die Beklagte zu 2. 12% zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren haben die Beklagte zu 1. 54% und die Beklagte zu 2. 12% zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. im Berufungsverfahren hat die Klägerin 46% zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. im Berufungsverfahren hat die Klägerin 48% zu tragen.

Von den Gerichtskosten des Revisionsverfahrens haben die Klägerin 74% und die Beklagte zu 2. 26% zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Revisionsverfahren hat die Beklagte zu 2. 26% zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. im Revisionsverfahren hat die Klägerin zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. im Revisionsverfahren hat die Klägerin 74% zu tragen.

IV. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts gemäß Ziffer I. sind vorläufig vollstreckbar Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

Teil 1

Der Rechtsstreit betrifft den Innenausgleich einer von der Europäischen Kommission gegen alle drei Parteien des Rechtsstreits als Gesamtschuldner verhängten Kartellgeldbuße.

Seit dem 22. April 2004 nahmen für die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. deren Geschäftsführer, der Zeuge Dr. L., deren Verkaufsleiter, der Zeuge N., und später auch deren Marketingmanager, der Zeuge G., an Kartellabsprachen zum Vertrieb von Calciumcarbid und seit dem 14. Juli 2005 an solchen zum Vertrieb von Magnesiumgranulat teil.

Mit Kaufvertrag vom 30. August 2004 (vgl. Anl. B 16) wurden die Kommanditanteile an der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. und der Geschäftsanteil an deren Komplementärin an die der Klägerin gehörende Beklagte zu 2. veräußert. In der Folge trat die Beklagte zu 2. als Kommanditistin aus der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. aus, um die Kommanditanteile der Komplementärgesellschaft anwachsen zu lassen; daraus ging die Beklagte zu 1. hervor, an der die Beklagte zu 2. weiterhin alle Anteile hält. Auch nachdem die Beklagte zu 2. umfirmiert und sich in eine Aktiengesellschaft umgewandelt hatte, hielt die Klägerin bis zu deren Börsengang am 30. November 2006 noch alle Anteile an der Beklagten zu 2., danach noch 57%. Seit dem 22. Juli 2007 hält die Klägerin keine Anteile an der Beklagten zu 2. mehr.

Die Kommission der Europäische Gemeinschaften (im Folgenden: Kommission) verhängte mit Entscheidung vom 22. Juli 2009 - COMP/39.396, K(2009) 5791 endg. - (vgl. Anlage K 1; im Folgenden: Kommissionsentscheidung) unter anderem eine Geldbuße von 13.300.000,- € gegen die Klägerin, die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. als Gesamtschuldner, weil sich die von diesen drei juristischen Personen gebildete wirtschaftliche Einheit an dem Kartell zum Vertrieb von Calciumcarbid und Magnesiumgranulat beteiligt habe.

Die Klägerin zahlte an die Kommission 6.600.000,- € auf die Geldbuße und 198.012,49 € auf Zinsen (vgl. S. 10 d. klägerischen Schriftsatzes v. 28. Februar 2011 = Bl. 87 d. A.).

Die Beklagte zu 1. zahlte am 31. August 2016 an die Kommission 6.700.000,- € auf die Geldbuße sowie 1.147.260,27 € auf Zinsen.

Die Klägerin hat ihre am 26. Oktober 2010 eingereichte und am 1. Dezember 2010 zugestellte Klage auf Erstattung des von ihr bis dahin geleisteten Betrags von 4.000.000,- € nebst Zinsen sowie Freistellung von weiteren Zahlungsansprüchen der Kommission zunächst nur gegen die Beklagte zu 1. gerichtet. Mit Schriftsatz vom 16. November 2010 (Bl. 22 ff. d. A.), der Beklagten zu 2. zugestellt am 6. Dezember 2010, hat sie die Klage auf die Beklagte zu 2. als Gesamtschuldnerin erweitert. Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2011 (Bl. 78 ff. d. A.), zugestellt am selben Tag, hat sie die Klage - soweit für das Berufungsverfahren noch von Bedeutung - dahin erweitert, die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. als Gesamtschuldner zur Zahlung von 6.798.012,49 € nebst Zinsen zu verurteilen. Diese sind der Klage entgegengetreten.

Mit Urteil vom 13. Juli 2011, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin hiergegen hat der Senat mit Urteil vom 9. Februar 2012, U 3283/11 Kart - Calciumcarbid (juris) zurückgewiesen. Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof - nach Vorlage mehrerer Fragen zur Vorabentscheidung an den Gerichtshof der Europäischen Union (Beschluss vom 9. Juli 2013, KZR 15/12 - Calciumcarbid-KartellI, juris) und Rücknahme dieser Vorlage mit Beschluss vom 3. Juni 2014 (Bl. 115 d. BGH-Hefts d. A.) - mit Urteil vom 18. November 2014, KZR 15/12 - Calciumcarbid-Kartell II (BGHZ 203, 193 ff.) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Mit Urteilen vom 23. Januar 2014 hatte das Gericht der Europäischen Union auf die Nichtigkeitsklage der Klägerin gegen die Kommissionsentscheidung die gegen diese festgesetzte Geldbuße auf 12.300.000,- € reduziert (T-395/09, - G. AG/Kommission, juris) und die von der Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. erhobene Nichtigkeitsklage abgewiesen (T-384/09 - SKW S. Metallurgie Holding AG u. a./Kommission, juris). Das Rechtsmittel der Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. dagegen wies der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 16. Juni 2016 (C-154/14 P, - SKW S. Metallurgie GmbH u. a./Kommission, juris) zurück.

Mit Beschluss vom 1. Dezember 2017, 1511 IN 2637/17 (vgl. Anl. K 16), eröffnete das Amtsgericht München das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 2., ordnete Eigenverwaltung an und bestellte Rechtsanwalt Dr. G. zum Sachwalter. Die Klägerin meldete eine Forderung von 9.075.930,24 €, bestehend aus der Klageforderung in Höhe von 6.798.012,49 € und Verzugszinsen aus den von ihr an die Kommission gezahlten Teilbeträgen von den jeweiligen Zahlungszeitpunkten bis zum 1. Dezember 2017 (vgl. S. 3 d. klägerischen Schriftsatzes v. 20. Februar 2018 = Bl. 420 d. A.), zur Insolvenztabelle an. Der Sachwalter bestritt die Forderung.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Nach Aufnahme des Rechtstreits gegen den Sachwalter gemäß § 240 ZPO i. V. m. § 180 Abs. 2 InsO hat sie zunächst beantragt,

1. die Beklagte zu 1. in gesamtschuldnerischer Haftung mit dem Sachwalter zu verurteilen, an sie

a) 6.798.012,49 € nebst

b) Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils aus 500.000,- € seit dem 3. November und 29. Dezember 2009 sowie jeweils aus 1.000.000,- € seit dem 1. April, 31. Juli und 2. Oktober 2010 sowie aus 2.798.012,49 € seit dem 14. Dezember 2010 zu zahlen;

2. ihre Forderung in Höhe von 9.075.930,24 € zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 2. zur laufenden Nummer 32 festzustellen.

Nachdem das Amtsgericht München das Insolvenzverfahren wegen rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans durch Beschluss vom 29. Januar 2019 aufgehoben hat, beantragt die Klägerin nunmehr,

I. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie

a) 6.798.012,49 € nebst

b) Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils aus 500.000,- € seit dem 3. November und 29. Dezember 2009 sowie jeweils aus 1.000.000,- € seit dem 1. April, 31. Juli und 2. Oktober 2010 sowie aus 2.798.012,49 € seit dem 14. Dezember 2010 zu zahlen;

II. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagten verteidigen das landgerichtliche Urteil und beantragen insoweit,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit der Klägerin am 9. März 2018 zugestellten Schriftsatz vom 28. Februar 2018 hat die Beklagte zu 1. Widerklage auf Erstattung der von ihr selbst an die Kommission erbrachten Zahlungen erhoben. Hierzu beantragt sie,

die Klägerin zu verurteilen, an sie 7.847.260,27 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Der Senat hat Beweis durch Vernehmung der Zeugen Dr. L., N., G., E., K., J. und Dr. Li. erhoben; insoweit wird auf die Protokolle der Beweisaufnahmen vom 26. April 2018 und vom 20. Dezember 2018 Bezug genommen. Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 9. Februar 2012, vom 13. Juli 2017 vom 26. April 2018, vom 20. Dezember 2018 und vom 28. Februar 2019 Bezug genommen.

Teil 2

A.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet.

I. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs Calciumcarbid-Kartell II ist von Folgendem auszugehen:

1. Auf den Streitfall ist deutsches Recht anzuwenden (vgl. BGH, a. a. O., - CalciumcarbidKartell II Rn. 27 f.).

2. Der Ausgleich zwischen den Parteien richtet sich nach § 426 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 30 f.).

a) Da zwischen der Klägerin und den Beklagten unstreitig kein Ergebnisabführungsvertrag bestand, sind die Ausgleichsansprüche nach § 426 Abs. 1 BGB anhand der Umstände des Einzelfalls zu bemessen, insbesondere anhand der individuellen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der Beteiligten sowie anhand der für die Bemessung der Geldbuße maßgeblichen Tatsachen (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 40).

aa) Auch in der hier vorliegenden Konstellation bestimmt sich das Innenverhältnis der Gesamtschuldner entsprechend dem Rechtsgedanken des § 254 Abs. 1 BGB regelmäßig danach, inwieweit die einzelnen Gesamtschuldner zur Verursachung der für die Haftung maßgeblichen Umstände beigetragen haben und in welchem Maß sie ein Verschulden trifft (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 41 f.).

Dabei kann auch von Bedeutung sein, welcher Art die Tatbeiträge der einzelnen Gesellschaften waren. Nach allgemeinen Grundsätzen tritt die bloße Verletzung einer Aufsichtspflicht in der Abwägung regelmäßig hinter dem unmittelbaren und schuldhaften Verursachungsbeitrag des zu beaufsichtigenden Gesamtschuldners zurück. Wer eigenverantwortlich eine ihm obliegende Pflicht verletzt, kann sich im Innenverhältnis nach Treu und Glauben grundsätzlich nicht darauf berufen, bei der Erfüllung eben dieser Pflicht nicht genügend überwacht worden zu sein. Eine Gesellschaft, die in eigener Verantwortung Zuwiderhandlungen gegen Wettbewerbsvorschriften begeht, handelt in der Regel treuwidrig, wenn sie einer mit ihrer Aufsicht betrauten Gesellschaft vorwirft, sie bei der Einhaltung dieser Vorschriften nicht genügend beaufsichtigt zu haben (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 56 ff.).

bb) Zu den nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgeblichen Umständen gehört ferner der wirtschaftliche Erfolg, den die einzelnen Gesamtschuldner aufgrund der Zuwiderhandlung erzielt haben (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 59).

Derjenige Teil einer Geldbuße, der ausschließlich ein Äquivalent zu dem von einer Gesellschaft aufgrund der Tat erzielten Erlös darstellt, ist entsprechend dem Zweck der Sanktion im Innenverhältnis grundsätzlich von demjenigen Gesamtschuldner zu tragen, dem der Erlös ohne die Sanktionierung verblieben wäre (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 61).

Aber auch insoweit, als die festgesetzte Geldbuße nicht der Abschöpfung dient, kann der aufgrund der Zuwiderhandlung erzielte Erlös beim Gesamtschuldnerausgleich von Bedeutung sein. In dieser Konstellation dürfte es aber allenfalls in Ausnahmefällen in Betracht kommen, einem einzelnen Gesamtschuldner intern die volle Haftung zuzuweisen. Die erzielten Vermögensvorteile bilden in der Regel nur einen von mehreren Aspekten, die für die Bemessung der Geldbuße von Bedeutung sind. Angesichts dessen ist es in aller Regel verfehlt, diesen einzelnen Gesichtspunkt beim internen Ausgleich als allein ausschlaggebend zu behandeln. Dies gilt umso mehr in Fällen, in denen eine konkrete Zuordnung erlangter Vermögensvorteile nicht möglich ist - etwa deshalb, weil die Vorteile nicht bezifferbar sind oder weil aufgrund der Art und Weise, in der die beteiligten Gesellschaften bei der Zuwiderhandlung zusammengewirkt haben, nicht zu ermitteln ist, welchem der Gesamtschuldner sie in welcher Höhe zugeflossen sind (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 62 ff.).

cc) Ebenfalls von Bedeutung sind die Beiträge der einzelnen Gesamtschuldner zum Umfang der relevanten Marktbeteiligung des Unternehmens. Dies gilt namentlich in Fällen, in denen gemäß den Leitlinien der Kommission die Größenordnung der Geldbuße durch einen Grundbetrag bestimmt wird, in den der Wert der auf dem räumlich relevanten Markt verkauften Waren oder Dienstleistungen einfließt, mit denen der Verstoß in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang steht. In solchen Fällen wäre es verfehlt, einer Gesellschaft, die zu den danach relevanten Umsätzen wenig oder nichts beigetragen hat, einen übermäßig hohen Anteil der Geldbuße zuzuweisen. Soweit sich dieser Aspekt auf die Bemessung der Geldbuße ausgewirkt hat, ist diese vielmehr zu entsprechenden Anteilen auf die Gesamtschuldner umzulegen. Deshalb ist daran anzuknüpfen, ob und in welchem Umfang die Umsätze der einzelnen Gesellschaften in die Bemessung der Geldbuße eingeflossen sind (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 74 ff.).

dd) Ferner sind im Rahmen der Gesamtabwägung in der Regel die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die tatbefangenen Umsätze der einzelnen Gesellschaften zu berücksichtigen.

(1) Dies ist schon deshalb geboten, weil eine Geldbuße gemäß Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 und Abs. 4 Unterabs. 5 VO (EG) Nr. 1/2003 einen Betrag von zehn Prozent des Gesamtumsatzes in dem der Entscheidung der Kommission vorausgegangenen Geschäftsjahr nicht überschreiten darf. Diese Grenze bezieht sich nach den genannten Vorschriften zwar auf das betroffene Unternehmen bzw. die betroffene Unternehmensvereinigung insgesamt; beim Gesamtschuldnerausgleich ist sie jedoch nach Sinn und Zweck des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB auch für die zum Unternehmen gehörenden Gesellschaften heranzuziehen. Die umsatzabhängigen Bußgeldobergrenzen des Art. 23 VO (EG) Nr. 1/2003 sollen gewährleisten, dass die Geldbußen nicht außer Verhältnis zur Größe des betroffenen Unternehmens stehen. Eine vergleichbare Interessenlage besteht auch beim Innenausgleich zwischen den zum Unternehmen gehörenden und als Gesamtschuldner in Anspruch genommenen Gesellschaften. Ansonsten könnte eine einzelne Gesellschaft, auf die nur ein geringer Anteil der für die Bemessung der Geldbuße im Außenverhältnis maßgeblichen Umsätze entfällt, die aber an der Zuwiderhandlung an führender Stelle beteiligt war, mit einer Ausgleichsforderung konfrontiert werden, die außer Verhältnis zu ihrer Größe steht oder sogar ihre Existenz bedroht (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 67 ff.).

(2) Unabhängig davon, ob die Obergrenzen des Art. 23 VO (EG) Nr. 1/2003 erreicht werden, sind ferner das Verhältnis der Umsätze und die jeweilige wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Gesamtschuldner für den Binnenmarkt zu berücksichtigen. Die Größe des Unternehmens, der Wert der betroffenen Waren und die Gefahren, die die Zuwiderhandlungen für die Ziele der Union begründen, sind für die Bemessung der Geldbuße von Bedeutung. Die Finanzkraft des Unternehmens ist insbesondere auch dafür maßgeblich, welche Höhe die Geldbuße annehmen muss, um für das Unternehmen abschreckend zu wirken. Blieben diese Aspekte beim internen Ausgleich unberücksichtigt, so könnte die festgesetzte Sanktion zumindest für einzelne Gesamtschuldner ihren Zweck verfehlen; dies stünde in Widerspruch zu den Zielen der Geldbuße (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 71 ff.).

b) Sofern mehrere Gesamtschuldner zum Ausgleich verpflichtet sind, haftet im Innenverhältnis jeder von ihnen grundsätzlich nur in Höhe des auf ihn entfallenden Anteils. Eine abweichende Verteilung und eine gesamtschuldnerische Haftung der Ausgleichsverpflichteten gegenüber dem Ausgleichsberechtigten kämen nach der Grundregel allenfalls dann in Betracht, wenn die Ausgleichsverpflichteten zu einer Haftungseinheit zusammenzufassen und im Verhältnis zum Ausgleichsberechtigten wie eine Person zu behandeln wären (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 112 f.).

II. Danach kann die Klägerin lediglich von der Beklagten zu 2. einen Betrag von 3.550.000,- € nebst Rechtshängigkeitszinsen verlangen.

1. Wegen der Zahlung der Geldbuße selbst steht der Klägerin kein Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte zu 1. zu. Von der Beklagten zu 2. kann sie nur einen Teilbetrag von 3.550.000,- € verlangen.

a) Im Innenverhältnis hat die Beklagte zu 1. von dem auch gegen die Klägerin gesamtschuldnerisch verhängten Teil der Geldbuße in Höhe von 12.300.000,- € nur einen Betrag von 6.200.000,- € zu tragen, den sie durch ihre Zahlung in Höhe von 6.700.000,- € an die Kommission bereits erbracht hat.

aa) Der Zumessungsgesichtspunkt der individuellen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der Beteiligten begründet die vorrangige Pflicht der Beklagten zu 1., die Geldbuße im Innenverhältnis der Gesamtschuldner zu tragen.

Unmittelbar an den Kartellabsprachen beteiligt waren der Geschäftsführer und zwei Mitarbeiter der (Rechtsvorgängerin der) Beklagten zu 1., die auch insoweit für diese tätig waren. Der vom Senat in seinem Urteil vom 9. Februar 2012 vertretenen Auffassung, die Verursachungs- und Verschuldensbeiträge dieser Personen seien allen Gesamtschuldnern zuzurechnen, hat der Bundesgerichtshof dadurch eine Absage erteilt, dass er auf die Tatbeiträge der einzelnen Gesellschaften abgestellt (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 56) und vom unmittelbaren und schuldhaften Verursachungsbeitrag des zu beaufsichtigenden Gesamtschuldners (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 57) sowie von einer Gesellschaft gesprochen hat, die in eigener Verantwortung Zuwiderhandlungen gegen Wettbewerbsvorschriften begehe (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 58). Danach ist die Teilnahme an den Kartellabsprachen im Innenverhältnis zwischen den Parteien der Beklagten zu 1. zuzurechnen.

Allein der Umstand, dass die Klägerin als Konzernobergesellschaft grundsätzlich - vermittels der Beklagten zu 2. - einen bestimmenden Einfluss auf das Geschäftsverhalten der Beklagten zu 1. ausüben konnte, bietet entgegen der Auffassung der Beklagten keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung. Wenn die Obergesellschaft - wie im Streitfall die Klägerin - nicht um die Kartellbeteiligung der Untergesellschaft weiß, ist ihr allenfalls eine Verletzung einer Aufsichtspflicht anzulasten, die in der Abwägung hinter den unmittelbaren und schuldhaften Verursachungsbeitrag der zu beaufsichtigenden Untergesellschaft zurücktritt (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 57).

bb) Das weitere Zumessungskriterium der aufgrund der Zuwiderhandlung erzielten Erlöse führt ebenfalls zur vorrangigen Belastung der Beklagten zu 1. im Innenverhältnis, da nur diese auf dem vom Kartell betroffenen Markt aufgetreten war und dadurch tatbefangene Umsätze erzielt hatte, während weder die Beklagte zu 2. noch die Klägerin insoweit am Marktgeschehen teilgenommen hatten.

Entsprechendes gilt für den vom Bundesgerichtshof angesprochenen Gesichtspunkt der Beiträge der einzelnen Gesamtschuldner zum Umfang der relevanten Marktbeteiligung des Unternehmens im unionsrechtlichen Sinn.

cc) Eine Beschränkung der Belastung der Beklagten zu 1. ergibt sich dagegen aus deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Auch wenn sie an der Zuwiderhandlung an führender Stelle beteiligt war, darf sie doch nicht mit einer Ausgleichsforderung konfrontiert werden, die außer Verhältnis zu ihrer Größe stünde.

(1) Die Beklagte zu 1. darf nicht mit einem höheren Betrag als 6.200.000,- € an der endgültigen Geldbußentragung beteiligt werden.

aaa) Die Klägerin geht auf der Grundlage des entsprechenden Geschäftsberichts davon aus, dass sich im Jahr 2008 der Umsatz der Beklagten zu 1. auf 62 Millionen Euro belief (vgl. S. 11 d. klägerischen Schriftsatzes v. 23. September 2016 = Bl. 315 d. A.). Dem tritt die Beklagtenseite nicht entgegen; sie hat vielmehr bereits im ersten Rechtszug unwidersprochen vorgetragen, dass die Beklagte zu 1. in jenem Jahr Umsätze weit unter 100 Millionen Euro erzielt habe (vgl. S. 17 d. Schriftsatzes d. Beklagten v. 11. März 2011 = Bl. 128 d. A.). Zudem sind die Parteien dem Hinweis des Senats vom 14. Februar 2018 (Bl. 417 d. A.) zum Vortrag der Klägerin, der Umsatz der Beklagten zu 1. im Jahr 2008 habe 62 Millionen Euro betragen, nicht entgegengetreten.

Ist danach ein Umsatz der Beklagten zu 1. im Jahr 2008 von 62 Millionen Euro zugrunde zu legen, so darf die Beklagte zu 1. bei der vom Bundesgerichtshof geforderten Berücksichtigung der umsatzabhängigen Bußgeldobergrenzen des Art. 23 VO (EG) Nr. 1/2003 auch im Innenverhältnis nicht mit mehr als 6.200.000,- € für den Ausgleich der von der Klägerin erfüllten Geldbußenschuld belastet werden.

bbb) Entgegen der Auffassung der Beklagten (vgl. Rn. 21 f. d. Schriftsatzes d. Beklagten v. 8. November 2017 = Bl. 403 d. A.) ist nicht auf die Umsätze in dem Geschäftsjahr abzustellen, das der Entscheidung des Gerichts über den Streit im Innenverhältnis vorausgegangen ist, sondern ebenfalls auf dasjenige, das der Entscheidung der Kommission vorausgegangen ist.

Nur dadurch kann eine in sich stimmige Lastenverteilung im Innenverhältnis gesichert werden, denn eine Berücksichtigung der wirtschaftlichen Entwicklungen nach der Kommissionsentscheidung könnte zu nicht gerechtfertigten - weil nicht mit der zu ahndenden Wettbewerbsbeeinträchtigung zusammenhängenden - Verzerrungen führen. Wären etwa in der Zeit zwischen der Kommissionsentscheidung und der gerichtlichen Innenausgleichsentscheidung der relevante Markt geschrumpft und die Umsätze aller beteiligten Gesamtschuldner zurückgegangen, könnte die Gesamtgeldbuße die Summe aus den Zehn-Prozent-Anteilen an den aktuellen Umsätzen aller beteiligten Unternehmen übersteigen, was zur Folge hätte, dass derjenige der Gesamtschuldner, der es - mehr oder weniger zufällig - übernommen hat, an die Kommission zu leisten, bei den anderen Gesamtschuldnern nicht mehr den Anteil zurückverlangen könnte, der nach den von der Kommission zugrunde gelegten Umsatzzahlen nicht auf ihn entfiele, so dass er entgegen der Wertung des Art. 23 VO (EG) Nr. 1/2003 selbst mit mehr als zehn Prozent seines - unterstellterweise zugrunde gelegten - aktuellen Umsatzes belastet bliebe. Auch ansonsten könnte das Abstellen auf das Geschäftsjahr vor der gerichtlichen Entscheidung schon deshalb zu unangemessenen Zumessungen führen, weil das Datum, zu dem die gerichtliche Entscheidung ergeht, nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit den für den Innenausgleich maßgeblichen Umständen steht.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus dem Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 15. Juni 2005 - T-71/03 nichts anderes. In der insoweit von den Beklagten - unvollständig - zitierten Randnummer 389 dieser Entscheidung erläutert das Gericht der Europäischen Union lediglich den Sinn der Regelung, dass auf das Geschäftsjahr vor der Kommissionsentscheidung abzustellen ist; das Gericht der Europäischen Union hat auch selbst für die Bemessung des dort streitgegenständlichen Bußgelds nicht auf das Geschäftsjahr vor seiner eigenen Entscheidung abgestellt.

ccc) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann aus § 81 Abs. 4 Satz 3 GWB nicht hergeleitet werden, dass keine wirtschaftliche Überforderung der Beklagten zu 1. vorliege, wenn sie im Innenverhältnis die gesamte Geldbuße zu tragen hätte. Die genannte Vorschrift schließt an die Regelung des § 81 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 GWB an, wonach bei Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen eine über die in § 81 Abs. 4 Satz 1 GWB gesetzten Obergrenzen hinausgehende Geldbuße verhängt werden kann, die jedoch zehn Prozent des Gesamtumsatzes des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung nicht übersteigen darf, und bestimmt, dass bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes der weltweite Umsatz aller natürlichen und juristischen Personen sowie Personenvereinigungen zugrunde zu legen ist, die als wirtschaftliche Einheit operieren. Daraus folgt indes nicht - wie die Klägerin meint -, dass in einem hypothetischen Verfahren vor dem Bundeskartellamt gegen die Beklagte zu 1. - unter Heranziehung des Gesamtumsatzes der Beklagten zu 1. und zu 2. im Jahr 2008 von 377,8 Mio. Euro - eine Geldbuße in derselben Höhe wie im Streitfall hätte verhängt werden können, ohne dass diese auch nur die theoretische Möglichkeit gehabt hätte, diese teilweise auf andere Gesamtschuldner abzuwälzen. Eine derartige Angemessenheitserwägung scheitert bereits daran, dass die Vorschrift des § 81 Abs. 4 Satz 3 GWB die Obergrenze des für die Ahndung zu Gebote stehenden Bußgeldrahmens bestimmt (vgl. BGH NJW 2013, 1972 - GrauzementkartellI Rn. 55 ff.) und nicht eine Kappungsgrenze wie Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 VO (EG) Nr. 1/2003 (vgl. BGH, a. a. O., - Grauzementkartell I Rn. 52). Anders als im vorliegenden Fall, in dem die Anwendung der Kappungsgrenze gemäß Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 und Abs. 4 Unterabs. 5 VO (EG) Nr. 1/2003 zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 69 f.), darf die höchste Sanktion, die durch die Bußgeldobergrenze bestimmt wird, allein im denkbar schwersten Fall verhängt werden (vgl. BGH, a. a. O., - Grauzementkartell I Rn. 56).

ddd) Auch der Einwand der Klägerin, sie selbst habe im Jahr 2008 als Holdinggesellschaft ihres Konzerns (der in jenem Jahr insgesamt 5,5 Mrd. Euro Umsätze erwirtschaftete [vgl. S. 6 f. d. klägerischen Schriftsatzes v. 26. März 2018 = Bl. 443 f. d. A.]) keine eigenen Umsätze erzielt, vermag eine Heraufsetzung der für die Beklagte zu 1. zu beachtenden Obergrenze nicht zu rechtfertigen.

Bei der gebotenen Beachtung des Unionsrechts (vgl. EuGH, Urt. v. 10. April 2014, C-231-233/11 P; juris, - Siemens Österreich Rn. 62, 67 u. 70; BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 25) könnte eine derartige Heraufsetzung nur erfolgen, wenn bereits die Kommission bei der Festsetzung der Gesamtgeldbuße im Rahmen der Berücksichtigung der Obergrenze für die wirtschaftliche Einheit davon ausgegangen wäre, dass die Klägerin keinen Umsatzbeitrag geleistet habe. Das kann dem klägerischen Vorbringen nicht entnommen werden; insbesondere hat die Klägerin mit der Anlage K 1 lediglich eine Fassung der Kommissionsentscheidung vorgelegt, in der zahlreiche Angaben, unter anderem zu den zugrunde gelegten Umsätzen, unkenntlich gemacht wurden. Auch der Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union vom 23. Januar 2014 (T-395/09 - Gigaset), mit dem die Geldbuße herabgesetzt wurde, welche die Klägerin gesamtschuldnerisch trifft, kann nicht entnommen werden, dass in Bezug auf die Klägerin keine Umsätze berücksichtigt worden wären.

Zudem würde die Zugrundelegung eines Nullumsatzes bei der Klägerin deren sich aus der Stellung als Holdinggesellschaft ergebende Finanzkraft unberücksichtigt lassen und die Abschreckungswirkung der Geldbuße unterlaufen.

eee) Schließlich hindert entgegen der Auffassung der Klägerin auch der Ergebnisabführungsvertrag, der bis zum 30. November 2017 zwischen der Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. bestand, die Berücksichtigung der Obergrenze des Art. 23 VO (EG) Nr. 1/2003 nicht. Dass Ausgleichsansprüche einer Obergesellschaft ausgeschlossen sein können, wenn mit der anderen Gesellschaft ein Gewinnabführungsvertrag besteht, aufgrund dessen die Belastung im Ergebnis stets bei der Obergesellschaft verbleibt (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 35 m. w. N.), ist insoweit ohne Belang. Zum einen bestand der Ergebnisabführungsvertrag nicht zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1., zum anderen will die Klägerin daraus nicht einen Ausschluss ihrer Ansprüche gegen die Beklagte zu 1. herleiten, sondern deren Erhöhung im Vergleich zu dem Fall des Fehlens eines solchen Vertrags.

(2) Die Beklagte zu 1. hat unstreitig bereits einen Betrag von 6.700.000,- € auf die sie treffende Geldbuße an die Kommission gezahlt und damit mehr als die durch die Obergrenze des Art. 23 Abs. 2 VO (EG) 1/2003 vorgegebene Belastung übernommen. Das steht dem geltend gemachten Ausgleichsanspruch hinsichtlich der Geldbuße selbst entgegen.

b) Die Beklagte zu 2. hat von dem durch die Klägerin erbrachten Teil der Geldbuße in Höhe von 6.600.000,- € nur einen Teilbetrag von 3.550.000,- € auszugleichen sowie darauf Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen.

aa) Der gegen die Beklagte zu 2. geltend gemachte Anspruch aus § 826 BGB besteht nicht, weil es jedenfalls an einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der Klägerin durch die Beklagte zu 2. fehlt (vgl. BGH, a. a. O., - Calciumcarbid-Kartell II Rn. 119 ff.).

bb) Dagegen hat die Klägerin einen Ausgleichsanspruch gemäß § 426 Abs. 1 BGB.

(1) Die Beklagte zu 2. hatte während des Bestands des Kartells keine Kenntnis von den Kontakten zwischen den Zeugen Dr. L., N. und G. mit den Wettbewerbern und den kartellrechtswidrigen Absprachen zwischen diesen.

aaa) Die Klägerin hat eine entsprechende Kenntnis behauptet. Diesem Vorbringen kommt Entscheidungserheblichkeit zu, denn wenn die Beklagte zu 2. die Kartellrechtsverstöße wissentlich nicht unterbunden hätte, wäre ihr Verschulden als deutlich gewichtiger anzusehen als dasjenige der Klägerin. Diese hatte von der Kartellbeteiligung (der Rechtsvorgängerin) der Beklagten zu 1. keine Kenntnis; die Beklagtenseite spricht zwar in einer Zwischenüberschrift auf Seite 10 des Widerklageschriftsatzes v. 28. Februar 2018 (= Bl. 421 d. A.) von Kenntnis der Klägerin, die nachfolgenden Ausführungen verhalten sich indes lediglich dazu, dass die Klägerin - allgemein - einen bestimmenden Einfluss auf die Beklagte zu 2. ausgeübt habe; konkreten Sachvortrag dazu, dass und auf welche Weise die Klägerin Kenntnis von der Kartellbeteiligung der Beklagten zu 1. erlangt habe, kann dem nicht entnommen werden. Wegen der damit unstreitigen Unkenntnis der Klägerin könnte ihr allenfalls vorgeworfen werden, im Rahmen der Konzernaufsicht nicht sorgfältig genug vorgegangen zu sein, um die Kartellbeteiligung zu erkennen.

bbb) Der Klägerin ist indes der Beweis für die Richtigkeit ihrer bestrittenen Behauptung der Kenntnis der Beklagten zu 2. nicht gelungen. Die Beweisaufnahme durch den Senat hat nicht ergeben, dass der Zeuge E., der zunächst bei der Beklagten zu 1. beschäftigt war und am 21. August 2006 als Vorstand der Beklagten zu 2. in das Handelsregister eingetragen wurde (vgl. Anl. B 48 zum Schriftsatz d. Beklagten v. 1. Juni 2018 = Bl. 467 ff. d. A.), oder die Zeugin K., die seit dem 26. Mai 2006 als Vorstand der Beklagten zu 2. in das Handelsregister eingetragen war (vgl. Anl. B 48 zum Schriftsatz d. Beklagten v. 1. Juni 2018 = Bl. 467 ff. d. A.), vor den Nachprüfungsmaßnahmen der Kommission am 16. Januar 2007 Kenntnis von den Kartellabsprachen hatten, die der Beklagten zu 2. aufgrund deren Organstellung zugerechnet werden könnte.

a) Es ist nicht bewiesen, dass der Zeuge E. bei den sogenannten SSM-Gesprächen von den Kartellabsprachen erfahren hatte.

Der von der Klägerin benannte Zeuge Dr. L. hat in seiner Vernehmung durch den Senat am 26. April 2018 (vgl. d. Prot. Bl. 456 ff. d. A.) zunächst ausgesagt, sowohl er als auch der Zeuge G. hätten den Zeugen E. informiert, dass einvernehmliche Absprachen mit Wettbewerbern über Mengen und Preise getroffen worden seien. Zur Erläuterung hat er erklärt, E. habe an regelmäßigen betriebsinternen Treffen - den sogenannten SSM-Gesprächen - zu wirtschaftlicher Situation, Entwicklungsprojekten, Kundenbesuchen und Aufgaben für die nächste Zeit teilgenommen. Bei diesen Gesprächen sei zwar das Wort „Kartellabsprache“ nicht gefallen, es sei aber wiederholt über Mengen- und Preisabsprachen gesprochen worden. Jedem in der Runde sei bewusst gewesen, dass es sich dabei um verbotene Kundenabsprachen gehandelt habe. So sei etwa, wenn sich eine Position verbessert habe, von ihm oder den Zeugen G. oder N. gesagt worden, dass die verbesserten Werte daher rührten, dass mit Wettbewerbern Gespräche geführt würden. Er könne sich nicht erinnern, dass in den SSM-Gesprächen klar das Wort von einer Preisabsprache mit Wettbewerbern in den Mund genommen worden sei.

Der ebenfalls von der Klägerin benannte Zeuge G. hat ausgesagt, er habe an den SSMGesprächen seit 2004 teilgenommen. Bei diesen Gesprächen, an denen auch der Zeuge E. teilgenommen habe, seien auf die Vorstellung der Mengen- und Preissituation Worte gefallen wie „die Preise kriegen wir schon hoch“, was zu einem zustimmenden Grinsen der Teilnehmer geführt habe; jeder der Teilnehmer habe gewusst, was damit gemeint gewesen sei. Das Wort „Kartell“ sei nicht gefallen, das habe man natürlich vermeiden wollen. Unmittelbar und explizit habe er nicht mit E. über die Absprachen gesprochen. Er sei erst im Jahr 2006 zu Treffen mit den Wettbewerbern eingeladen worden, weil er als Nachfolger des Zeugen N. vorgesehen gewesen sei. Erst dann habe er begriffen, dass es Kartellabsprachen gegeben habe, und die Formulierungen und das zustimmende Grinsen entsprechend einordnen können.

Schon nach den klägerischen Zeugen kann nicht von einer Kenntnis des Zeugen E. ausgegangen werden. Ausdrücklich wurden bei den SSM-Gesprächen nach deren Bekundungen Kartellabsprachen nicht erörtert. Es kann lediglich von Anspielungen ausgegangen werden, zu deren Verständnis aber ein bereits vorhandenes Wissen um die Absprachen mit den Wettbewerbern notwendig war. So hat der Zeuge Dr. L. seine zunächst aufgestellte Behauptung, es sei wiederholt über Mengen- und Preisabsprachen gesprochen worden, in der Folge relativiert und ausgesagt, sich nicht erinnern zu können, dass ausdrücklich von Preisabsprachen mit Wettbewerbern die Rede gewesen sei. Die glaubhafte Aussage des Zeugen G. belegt, dass die Anspielungen einem Gesprächsteilnehmer ohne Vorwissen nicht zwingend die Kenntnis vermittelten, dass es zu Kartellabsprachen gekommen sei. Da keiner der Zeugen angegeben hat, dass E. dieses Vorwissen vermittelt worden sei, kann von dessen Teilnahme an den SSMGesprächen nicht auf eine entsprechende Kenntnis geschlossen werden.

Bestätigt wird diese Würdigung dadurch, dass die von der Beklagtenseite benannten Zeugen J. und Dr. Li., die an den SSM-Gesprächen teilgenommen und - wie anfangs G. - keine Kenntnis von derartigen Absprachen gehabt hatten, übereinstimmend und glaubhaft bekundet haben, den Gesprächen keine Andeutungen auf Kartellabsprachen entnommen zu haben.

ß) Es ist auch nicht bewiesen, dass E. durch Telefonate des Zeugen N. in seiner Anwesenheit von den Kartellabsprachen erfahren hatte.

Der von der Klägerin benannte Zeuge N. hat hierzu ausgesagt, er sei - wohl im Frühjahr 2005 - mit E. zu einem Lager in Voerde gefahren. Auf der Fahrt habe er Telefongespräche mit Wettbewerbern geführt, bei denen es um Mengen und Preise gegangen sei. E. sei gefahren und habe den Inhalt der Gespräche nicht mitbekommen; er - N.- habe das Handy am Ohr gehabt. E. habe nur gehört, was er - N. - gesagt habe. E. habe aber diese Gespräche mit den Worten „Ihr macht ja ganz schön mit den Wettbewerbern rum“ kommentiert.

Diese Aussage vermag die Überzeugung des Senats von der Kenntnis E. s von Kartellabsprachen nicht zu begründen. Nach der vom Zeugen geschilderten Situation konnte E. von den Telefongesprächen, die nicht über Lautsprecher geführt wurden, lediglich den Part N. s hören und war als Fahrer daran gehindert, sich auf die Gespräche zu konzentrieren. Auch die von N. bekundete Bemerkung E. s zu den Gesprächen begründet diese Überzeugung nicht. Zum einen erscheint es zweifelhaft, dass sich N. im Wortlaut zuverlässig an eine beiläufig während der Fahrt im Jahr 2005 gemachte Bemerkung erinnern kann, die erst im Anschluss an die Nachprüfungen durch die Kommission an Bedeutung gewonnen hat; zum anderen erlaubt auch der bekundete Wortlaut der vagen Äußerung keinen sicheren Schluss darauf, dass E. Inhalt und Bedeutung der Telefongespräche zutreffend erfasst hatte. Vor diesem Hintergrund ist die Aussage des Zeugen E. nachvollziehbar und glaubhaft, N. habe während der Fahrt mehrere Telefongespräche geführt, aber er könne sich an deren Inhalt nicht erinnern.

Es kann auch nicht sicher angenommen werden, dass E. in der Gesamtschau seiner Teilnahme an den SSM-Gesprächen und der Wahrnehmung der Telefonate N. s erkannt hatte, dass sich die Beklagte zu 1. an Kartellabsprachen beteiligte.

Y) Es ist schließlich nicht bewiesen, dass die Zeugin K. vor dem 16. Januar 2007 Kenntnis von den Kartellabsprachen gehabt habe.

Der Zeuge Dr. L. hat dazu ausgesagt, Mitte 2006 sei er mit K. nach Landeck in Österreich gefahren, um dort eine Anlage des Wettbewerbers D. zu besichtigen;

Grund seien Erwägungen gewesen, den mit Calciumcarbid befassten Teil jenes Unternehmens zu übernehmen. Auf der Hin- oder Rückfahrt habe er K. gesagt, dass die Beklagte zu 1. mit diesem Wettbewerber ein sehr gutes Verständnis über Preise und Mengen habe, ohne das Wort „Kartell“ zu verwenden.

Auch diese Äußerung ist nicht derart eindeutig, dass sie ohne entsprechendes Vorverständnis die Kenntnis von Kartellabsprachen vermitteln musste. Wie die Zeugin K. nachvollziehbar und glaubhaft dargelegt hat, deckte die Beklagte zu 1. gelegentlich ihren Bedarf bei der D., wenn sie selbst Lieferschwierigkeiten hatte, und lieferte ihrerseits an die D., wenn diese derartigen Bedarf hatte. Die Aussage, mit der D. bestehe ein sehr gutes Verständnis über Preise und Mengen, konnte deshalb auch als auf diese Geschäfte bezogen verstanden werden und gab nicht zwingend Veranlassung, von Kartellabsprachen auszugehen.

ccc) Der Antrag der Klägerin gemäß § 142 ZPO, der Beklagten zu 1. und dem Zeugen G. aufzuerlegen, die von diesem bei seiner Vernehmung erwähnte schriftliche Stellungnahme vorzulegen, die er im Jahr 2010 dem Zeugen E. gegenüber abgegeben habe, ist zurückzuweisen gewesen, weil die Voraussetzungen der genannten Vorschrift nicht vorgelegen haben.

Nach § 142 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann das Gericht anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Diese Vorschrift befreit die Partei, die sich auf eine Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast; dementsprechend darf das Gericht die Urkundenvorlegung nicht zum bloßen Zwecke der Informationsgewinnung, sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags der Partei anordnen (vgl. BGH NJW 2007, 2989 Rn. 20 a. E.).)

Im Streitfall hat sich schon nicht eine Partei, sondern lediglich der Zeuge G. auf das ihm vorliegende Schriftstück bezogen. Außerdem hat die Klägerin die Anordnung der Vorlage nicht mit schlüssigem, auf konkrete Tatsachen bezogenem Vortrag beantragt, sondern ersichtlich nur, weil sie sich davon Informationen dazu versprochen hat, wie G. die in seiner Vernehmung durch den Senat geschilderten Umstände im Jahr 2010 dargestellt hatte. Das genügt den Anforderungen des § 142 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht.

(2) Weil die Beklagte zu 2. keine Kenntnis von den Kartellverstößen hatte, kann deren Beitrag dazu nicht als gewichtiger denn derjenige der ebenfalls kenntnislosen Klägerin angesehen werden. Das führt dazu, dass der nicht von der Beklagten zu 1. zu tragende, den Betrag von 6.200.000,- € übersteigende Teil der Geldbuße von 12.300.000,- €, hinsichtlich deren auch die Klägerin Gesamtschuldnerin war, in Höhe von 6.100.000,- € von der Klägerin und der Beklagten zu 2. zu gleichen Teilen zu tragen ist.

(3) Für die Klage ergibt sich danach Folgendes:

aaa) Die Umstellung der Leistungsklage auf die Klage auf Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle hat keine Klageänderung i. S. d. § 263 ZPO beinhaltet, sondern ist vielmehr wegen einer später eingetretenen Veränderung gemäß § 525 Satz 1, § 264 Nr. 3 ZPO ohne weiteres zulässig gewesen (vgl. BGH NJW 2012, 3725 Rn. 22 m. w. N.). Nichts anderes gilt für die weitere Anpassung an die erneute, mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens eingetretene Veränderung, die in der Geltendmachung des ursprünglich geforderten Anspruchs liegt.

bbb) Nach dem oben Dargelegten hat die Klägerin im Innenverhältnis von der Geldbuße in Höhe von 12.300.000,- €, für die auch die Klägerin Gesamtschuldnerin war, lediglich die Hälfte desjenigen Teils in Höhe von 6.100.000,- € zu tragen, der nach Abzug des auf die vornehmlich haftende Beklagte zu 1. entfallenden Teils von 6.200.000,- € verbleibt, also lediglich 3.050.000,- €. Tatsächlich hat sie auf die Geldbuße einen Betrag von 6.600.000,- € an die Kommission geleistet. Den Differenzbetrag zu dem von ihr zu tragenden Teil, also 3.550.000,- €, hat sie zu viel geleistet und kann insoweit von der Beklagten zu 2. Ausgleich verlangen.

Dass dieser Betrag den entsprechenden auf die Beklagte zu 2. entfallenden Anteil von ebenfalls 3.050.000,- € an der Gesamtschuld mit der Klägerin in Höhe von 12.300.000,- € übersteigt, ist dem Umstand geschuldet, dass die Beklagte zu 2. zusammen mit der Beklagten zu 1. der Kommission nicht nur 12.300.000,- €, sondern den höheren Betrag von 13.300.000,- € schuldete, und steht dem klägerischen Anspruch nicht entgegen.

cc) Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 i. V. m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Gegen die Beklagte zu 2. ist der Anspruch erst am 6. Dezember 2010 rechtshängig geworden.

2. Der Klägerin stehen keine Ansprüche auf Ausgleich hinsichtlich der von ihr an die Kommission auf die Geldbuße gezahlten Zinsen zu.

a) Für die Aufteilung der von den Parteien an die Kommission gezahlten Zinsen sind grundsätzlich dieselben Gesichtspunkte zu berücksichtigen wie für die Aufteilung der Geldbuße selbst.

Nach dem Zumessungsgesichtspunkt der individuellen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge ist von einer vorrangigen Pflicht der Beklagten zu 1. auszugehen, die Geldbuße im Innenverhältnis der Gesamtschuldner zu tragen.

Allerdings ist auch insoweit die Kappungsgrenze des Art. 23 Abs. 2 VO (EG) 1/2003 zu berücksichtigen. Zwar bezieht sich diese unmittelbar lediglich auf die Höhe der festzusetzenden Geldbuße, nicht auch auf die Höhe der Zinsen, die bei nicht rechtzeitiger Zahlung der einmal solchermaßen festgesetzten Geldbuße anfallen. Es würde indes dem Zweck dieser Regelung, Unternehmen nicht unverhältnismäßig zu belasten, widersprechen, wenn ein nicht ausreichend leistungsfähiger Schuldner im Innenverhältnis zwar vor einer unverhältnismäßigen Beteiligung an der Geldbuße selbst geschützt würde, nicht jedoch vor einer unbegrenzten und daher unverhältnismäßigen Inanspruchnahme wegen der darauf entrichteten Zinsen. Deshalb können von einem Gesamtschuldner, dessen Inanspruchnahme wegen des Ausgleichs hinsichtlich der Geldbuße selbst durch die Kappungsgrenze des Art. 23 Abs. 2 VO (EG) 1/2003 eingeschränkt wird, auch auf die Geldbuße gezahlte Zinsen nur im selben Verhältnis verlangt werden, in dem seine Beteiligung an der internen Geldbußentragung zur gesamten Geldbuße steht.

b) Zinsen auf die Geldbuße wurden insgesamt in Höhe von 1.345.272,76 € an die Kommission gezahlt, und zwar 198.012,49 € von der Klägerin und 1.147.260,27 € von der Beklagten zu 1. aa) Von dieser Gesamtzinssumme hat die Beklagte zu 1. endgültig einen Bruchteil von 6,2 (Millionen €) zu 13,3 (Millionen €) zu tragen, also 627.119,58 €. Sie hat aber bereits mehr als diesen Betrag, nämlich 1.147.260,27 € getragen, so dass der Klägerin gegen sie auch insoweit kein Ausgleichsanspruch mehr zusteht.

bb) Auch von der Beklagten zu 2. kann die Klägerin wegen der von ihr an die Kommission gezahlten Zinsen keinen Ausgleich verlangen.

Der Teil der an die Kommission gezahlten Zinsen, der sich auf den Teil der Geldbuße bezieht, hinsichtlich dessen auch die Klägerin gesamtschuldnerisch einzustehen hat, beträgt einen Bruchteil von 12,3 (Millionen €) / 13,3 (Millionen €), beläuft sich also auf 1.244.124,43 €. Nach Abzug des von der Beklagten zu 1. zu tragenden Betrags von 627.119,58 € verbleibt ein Restbetrag von 617.004,85 €, den die Klägerin und die Beklagte zu 2. jeweils zur Hälfte, also jeweils zu 308.502,43 € zu tragen haben. Da die Klägerin Kommissionszinsen lediglich in Höhe von 198.012,49 € erbracht hat, gibt es keinen überschießenden Betrag, dessen Ausgleich sie von der Beklagten zu 2. verlangen könnte.

Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte zu 2. selbst keinerlei Zahlungen - insbesondere auch keine Zahlungen auf die Kommissionszinsen - erbracht hat. Denn als Gesamtschuldnerin musste die Klägerin mit der Inanspruchnahme auf das Ganze rechnen; es ist ihr daher selbst anzulasten, wenn sie den Gläubiger nicht rechtzeitig befriedigt (vgl. BGH NJW 2003, 2980 [juris Rn. 23] zum Ausgleich von Prozesskosten).

B.

Die Anschlussberufung, in deren Rahmen die Beklagte zu 1. ihre Widerklage erhebt, ist unzulässig.

I. Jeder vom Berufungsgegner ausgehende neue Angriff bedarf einer Anschlussberufung (vgl. BGH GRUR 2015, 1214 - Goldbären Rn. 65 m. w. N. zu einer Klageerweiterung des in erster Instanz in vollem Umfang erfolgreichen Klägers). Das gilt auch für eine vom Berufungsgegner gemäß § 533 ZPO erhobene Widerklage (vgl. Reicholdin: Thomas/Putzo, ZPO, 40. Aufl. 2019, Ball in Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 533 Rn. 18; Wulf in Beck'scher Online-Kommentar, ZPO, 1. Dezember 2018, § 533 Rn. 3; § 533 Rn. 2; Rimmelspacher in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 533 Rn. 37; vgl. auch BGH NJW 2008, 1953 Rn. 19 ff.), wie sie hier vorliegt.

Für die Einlegung einer Anschlussberufung ist keine dahingehende ausdrückliche Erklärung erforderlich; vielmehr kann der Anschluss an die Berufung der Gegenseite auch konkludent erfolgen (vgl. BGH NJW 2015, 1296 Rn. 16 m. w. N.). Danach ist im Streitfall die Erhebung der Widerklage als Anschlussberufung anzusehen, weil mit ihr mehr verfolgt wird als die Zurückweisung der klägerischen Berufung.

II. Diese Anschlussberufung ist jedoch unzulässig, weil sie nicht binnen der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO erhoben worden ist.

Die Anschlussberufung kann - mit Ausnahme des vorliegend bedeutungslosen Falls des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO - nur bis zum Ablauf der dem Berufungsgegner gesetzten Frist zur Berufungserwiderung eingelegt werden. Im Streitfall war diese Frist der Beklagten zu 1. mit - am 26. Oktober 2011 zugestellter - Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 20. Oktober 2010 (Bl. 193 d. A.) unter Belehrung über den für die Berufungserwiderung geltenden Anwaltszwang und die Folgen einer Versäumung der Frist zunächst bis zum 20. Dezember 2011 gesetzt und später auf Antrag der Beklagtenseite bis zum 17. Januar 2012 verlängert worden. Damit lief auch die Anschlussberufungsfrist bis zum 17. Januar 2012; insbesondere bedurfte es dafür keiner zusätzlichen Belehrung über die Folgen einer Versäumung der Frist für die Einlegung der Anschlussberufung (vgl. BGH GRUR 2017, 785 - Abdichtsystem Rn. 40 ff.).

Die Widerklage ist mit dem Schriftsatz vom 28. Februar 2018 nach Ablauf der Anschlussberufungsfrist erhoben und deshalb nicht zulässig in das Berufungsverfahren eingeführt worden.

C.

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 3. April 2019 hat die Beklagte zu 2. mitgeteilt, dass - nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 28. Februar 2019 - in der Hauptversammlung vom 12. März 2019 ihre formwechselnde Umwandlung in die S.

Holding GmbH beschlossen worden sei. Diese sei am 29. März 2019 unter dem Aktenzeichen HRB 33 in das Handelsregister des Amtsgerichts M. eingetragen worden; am selben Tag sei die unter dem Aktenzeichen HRB 15 geführte S. Holding AG aus dem Handelsregister des Amtsgerichts M. gelöscht worden.

Diese Mitteilung gibt dem Senat keine Veranlassung, die geschlossene Verhandlung gemäß § 156 Abs. 1 ZPO wieder zu eröffnen.

Teil 3

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Dabei hat der Senat für den ersten Rechtszug den dort festgesetzten Streitwert von 14.000.000,00 €, für das Berufungsverfahren den vom Senat festgesetzten Streitwert von 14.645.272,76 € und für das Revisionsverfahren den vom Bundesgerichtshof festgesetzten Streitwert von 6.798.012,49 € zugrunde gelegt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen unter Teil 2 zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.

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(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

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Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn1.der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und2.diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidu

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Oberlandesgericht München Urteil, 11. Apr. 2019 - U 3283/11 Kart zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2013 - KZR 15/12

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bei uns veröffentlicht am 18.11.2014

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. Februar 2012 aufgehoben.

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
KZR 15/12 Verkündet am:
9. Juli 2013
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
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BGHR: ja
Calciumcarbid-Kartell
AEUV Art. 101 Abs. 1, Art. 267 Abs. 1 und 3; Verordnung (EG) Nr. 1/2003 Art. 23
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 Abs. 1 und 3 AEUV folgende
die Auslegung des Unionsrechts betreffenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Muss die Kommission in einer Entscheidung, mit der sie wegen eines Verstoßes gegen
Art. 101 AEUV eine Geldbuße gegen mehrere natürliche oder juristische Personen als Gesamtschuldner
verhängt, auch eine abschließende Regelung zu der Frage treffen, in welchem
Verhältnis die Geldbuße intern auf die einzelnen Gesamtschuldner aufzuteilen ist?
2. Für den Fall, dass Frage 1 zu bejahen ist:

a) Ist eine Entscheidung der Kommission, die keine ausdrückliche Anordnung zur Verteilung im
Innenverhältnis enthält, dahin auszulegen, dass die Geldbuße intern von allen Gesamtschuldnern
zu gleichen Teilen zu tragen ist?

b) Für den Fall, dass Frage 2 a zu verneinen ist:
Kann die Entscheidungslücke, die entsteht, wenn die Kommission die Verteilung der Geldbuße
im Innenverhältnis nicht regelt, durch die Gerichte der Mitgliedstaaten geschlossen
werden, ohne dass es einer ergänzenden Entscheidung der Kommission bedarf?
3. Für den Fall, dass Frage 1 zu verneinen oder Frage 2 b zu bejahen ist:
Enthält das Unionsrecht Vorgaben zu der Frage, wie die Geldbuße im Innenverhältnis auf
die Gesamtschuldner zu verteilen ist?
4. Für den Fall, dass Frage 1 oder Frage 3 zu bejahen ist:
Kann ein Gesamtschuldner, der die Geldbuße ganz oder teilweise gezahlt hat, Ausgleichsansprüche
gegen die anderen Gesamtschuldner schon geltend machen, bevor eine rechtskräftige
Entscheidung über ein gegen die Festsetzung der Geldbuße eingelegtes Rechtsmittel
ergangen ist?
BGH, Beschluss vom 9. Juli 2013 - KZR 15/12 - OLG München
LG München
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. April 2013 durch die Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und Prof. Dr. Meier-Beck sowie die Richter Dr. Kirchhoff, Dr. Bacher und
Dr. Deichfuß

beschlossen:
Das Verfahren wird ausgesetzt. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 Abs. 1 und 3 AEUV folgende die Auslegung des Unionsrechts betreffenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Muss die Kommission in einer Entscheidung, mit der sie wegen eines Verstoßes gegen Art. 101 AEUV eine Geldbuße gegen mehrere natürliche oder juristische Personen als Gesamtschuldner verhängt, auch eine abschließende Regelung zu der Frage treffen, in welchem Verhältnis die Geldbuße intern auf die einzelnen Gesamtschuldner aufzuteilen ist? 2. Für den Fall, dass Frage 1 zu bejahen ist:
a) Ist eine Entscheidung der Kommission, die keine ausdrückliche Anordnung zur Verteilung im Innenverhältnis enthält, dahin auszulegen, dass die Geldbuße intern von allen Gesamtschuldnern zu gleichen Teilen zu tragen ist?
b) Für den Fall, dass Frage 2 a zu verneinen ist: Kann die Entscheidungslücke, die entsteht, wenn die Kommission die Verteilung der Geldbuße im Innenverhältnis nicht regelt, durch die Gerichte der Mitgliedstaaten geschlossen werden, ohne dass es einer ergänzenden Entscheidung der Kommission bedarf? 3. Für den Fall, dass Frage 1 zu verneinen oder Frage 2 b zu bejahen ist: Enthält das Unionsrecht Vorgaben zu der Frage, wie die Geldbuße im Innenverhältnis auf die Gesamtschuldner zu verteilen ist? 4. Für den Fall, dass Frage 1 oder Frage 3 zu bejahen ist: Kann ein Gesamtschuldner, der die Geldbuße ganz oder teilweise gezahlt hat, Ausgleichsansprüche gegen die anderen Gesamtschuldner schon geltend machen, bevor eine rechtskräftige Entscheidung über ein gegen die Festsetzung der Geldbuße eingelegtes Rechtsmittel ergangen ist?

Gründe:


I.


1
Die Klägerin verlangt von den beiden Beklagten internen Ausgleich nach Zahlung einer Geldbuße, die die Europäische Kommission gegen alle drei Parteien als Gesamtschuldner verhängt hat.
2
Die Klägerin war alleinige Gesellschafterin der Beklagten zu 2, die damals unter Arques Beteiligungsgesellschaft mbH firmierte. Mit Kaufvertrag vom 30. August 2004 erwarb die Beklagte zu 2 sämtliche Geschäftsanteile an der Beklagten zu 1, die damals unter SKW Stahl-Technik Verwaltungs-GmbH firmierte , sowie sämtliche Kommanditanteile an der SKW Stahl-Technik GmbH & Co. KG (nachfolgend: Kommanditgesellschaft), deren alleinige Komplementärin die Beklagte zu 1 war. Zum 31. Dezember 2004 trat die Beklagte zu 2 aus der Kommanditgesellschaft aus. Deren Vermögen ging dadurch ohne Liquidation auf die Beklagte zu 1 über.
3
Zum 25. Mai 2006 wurde die Beklagte zu 2 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Klägerin veräußerte in der Folgezeit ihre Anteile. Am 30. November 2006 hielt sie noch eine Beteiligung von 57%, zum 22. Juli 2007 schied sie vollständig aus.
4
Seit dem 22. April 2004 nahmen Beschäftigte der Beklagten zu 1 und der Kommanditgesellschaft an Kartellabsprachen zum Vertrieb von Calciumcarbid und seit dem 14. Juli 2005 an Absprachen zum Vertrieb von Magnesiumgranulat teil.
5
Mit Entscheidung vom 22. Juli 2009 verhängte die Europäische Kommission (COMP/39.396, K(2009) 5791 endg - Calciumcarbid und Reagenzien auf Magnesiumbasis für die Stahl- und die Gasindustrien) gegen die Klägerin und die Beklagten als Gesamtschuldner eine Geldbuße in Höhe von 13,3 Millionen Euro wegen einer einzigen und fortdauernden Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens. Als Tatzeitraum stellte sie für die Beklagte zu 1 die Zeit von 22. April 2004 bis 16. Januar 2007 und für die Klägerin sowie die Beklagte zu 2 die Zeit von 30. August 2004 bis 16. Januar 2007 fest. Über die gegen diese Entscheidungen erhobenen Nichtigkeitsklagen der Klägerin (T-395/09, ABl. C 297 vom 5. Dezember 2009, S. 27 f.) und der Beklagten (T-384/09, ebenda S. 23 f.) hat das Gericht der Europäischen Union noch nicht entschieden.
6
Die Klägerin zahlte auf die Geldbuße und angefallene Zinsen insgesamt 6.798.012,49 Euro. Die Beklagten stellten der Kommission Bankgarantien in Höhe von insgesamt 6,7 Millionen Euro.
7
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin - soweit noch von Bedeutung - von den Beklagten als Gesamtschuldner die vollständige Erstattung des von ihr gezahlten Betrags nebst Verzugszinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldner weiter. Hilfsweise beantragt sie, die Beklagten jeweils zur Zahlung eines Drittels der Klagesumme zu verurteilen.

II.


8
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
9
Der Innenausgleich der Geldbuße unterliege - aufgrund konkludenter Rechtswahl und im Übrigen wegen Erwägungsgrund 30 zur Verordnung (EG) Nr. 1/2003 - deutschem Recht. Danach sei die Klage unabhängig vom Ausgang der Nichtigkeitsklagen unbegründet, weil die Klägerin verpflichtet sei, die Geldbuße im Innenverhältnis allein zu tragen. Die Grundregel des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu gleichen Teilen verpflichtet seien, komme in der hier zu beurteilenden Konstellation nicht zum Tragen. Es entspreche vielmehr der Billigkeit, denjenigen Gesamtschuldner zu belasten, dem die wirtschaftlichen Erfolge aus dem kartellrechtswidrigen Verhalten zugeflossen seien. Dies sei hier die Klägerin. Etwaige Erlöse aus dem kartellrechtswidrigen Verhalten seien entweder an sie ausgeschüttet worden oder hätten den Wert ihrer Geschäftsanteile beeinflusst. Ob das Kartell tatsächlich eine Rendite erzielt habe, sei unerheblich. Auf Verursachungs- oder Ver- schuldensbeiträge komme es nicht an. Schadensersatzansprüche der Klägerin bestünden nicht, weil die Belastung mit der Geldbuße kein vom Schutzbereich der kartellrechtlichen Anspruchsgrundlagen erfasster Schaden sei und dem Vorbringen der Klägerin auch keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu entnehmen sei.

III.


10
Vor einer Entscheidung über die Revision der Klägerin ist das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 und 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.
11
Für den Erfolg der Revision ist maßgebend, ob der Klägerin Ausgleichsansprüche gegen die Beklagten zustehen. Dies hängt davon ab, ob die Entscheidung über Grund und Höhe solcher Ausgleichsansprüche bei der Kommission liegt und wie zu verfahren ist, wenn die Kommission es versäumt hat, eine solche Entscheidung zu treffen. Diese Fragen sind durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht geklärt. Ihre Beantwortung ist auch nicht offenkundig.
12
1. In der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist geklärt, dass die Kommission bei einem Verstoß gegen Art. 101 AEUV eine Geldbuße gegen mehrere natürliche oder juristische Personen als Gesamtschuldner verhängen darf, wenn diese als ein Unternehmen anzusehen sind.

13
a) Unternehmen im Sinne von Art. 101 AEUV ist nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung. Dies gilt auch dann, wenn sie rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristi- schen Personen gebildet wird. Verstößt eine solche wirtschaftliche Einheit gegen die Wettbewerbsregeln, hat sie nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung einzustehen. Da Geldbußen aber nur gegen einen Rechtsträger festgesetzt werden können, muss die Zuwiderhandlung eindeutig einer (juristischen) Person zugerechnet werden (EuGH, Urteil vom 10. September 2009 - C-97/08 P, Slg. 2009, I-8237 Rn. 57 = WuW/E EU-R 1639 - Akzo Nobel).
14
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist einer Muttergesellschaft das Verhalten einer unmittelbaren oder mittelbaren (dazu EuGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - C-90/09 P, WuW/E EU-R 1899 Rn. 86 ff. - General Química) Tochtergesellschaft zuzurechnen, wenn diese trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen , organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die die beiden Rechtssubjekte verbinden. Eine persönliche Beteiligung von Organen oder Mitarbeitern der Muttergesellschaft an der Zuwiderhandlung muss dafür nicht nachgewiesen werden. Denn in einem solchen Fall sind Mutter- und Tochtergesellschaft Teil derselben wirtschaftlichen Einheit und bilden deshalb ein Unternehmen im obengenannten Sinn (EuGH, Slg. 2009, I-8237 Rn. 58 f. - Akzo Nobel). Hält eine Muttergesellschaft das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft, streitet nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine widerlegliche Vermutung dafür , dass sie tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt (EuGH, Slg. 2009, I-8237 Rn. 60 - Akzo Nobel; WuW/E EU-R 1899 Rn. 39 f., 50 ff. - General Química).
15
Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen kann die Kommission die Haftung für die Zahlung der gegen die Tochteruntergesellschaft verhängten Geldbuße der Muttergesellschaft als Gesamtschuldnerin zuweisen (EuGH, Slg. 2009, I-8237 Rn. 61 - Akzo Nobel). Darin liegt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs keine verschuldensunabhängige, sondern eine auf dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit der wirtschaftlichen Einheit beruhende Haftung der Obergesellschaft (EuGH ebenda Rn. 77; Urteil vom 19. Juli 2012 - C-628/10 P, WuW/E EU-R 2532 Rn. 42 ff. - Alliance One; zustimmend Köhler, WRP 2011, 277, 282; kritisch de Bronett, EWS 2012, 113 ff.; Kling, WRP 2010, 506, 510).
16
b) Im Ausgangsfall hat die Kommission in Anwendung dieser Grundsätze gegen die Parteien als Gesamtschuldner eine Geldbuße verhängt. Die Haftung der Beklagten zu 2 hat sie auf den Umstand gestützt, dass diese im Tatzeitraum sämtliche Anteile an der Beklagten zu 1 gehalten hat. Die Haftung der Klägerin hat sie hinsichtlich des Zeitraums bis 30. November 2006 auf deren durch die Beklagte zu 2 vermittelte Alleininhaberschaft an der Beklagten zu 1 gestützt und für die Zeit danach auf Tatsachen, die ihrer Ansicht nach die Ausübung eines entscheidenden Einflusses aufgrund der verbliebenen Mehrheitsbeteiligung belegen (Entscheidung der Kommission vom 22. Juli 2009 Rn. 226 f., 245 ff., 251 ff.; vgl. aber auch Rn. 250, 262). Die Wirkung dieser Entscheidung ist durch die dagegen erhobenen Nichtigkeitsklagen nicht aufgeschoben (Art. 278 Satz 1 AEUV, ex-Art. 242 EG; vgl. Hirsch, ZWeR 2003, 233, 248).
17
2. Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob die Kommission dazu berechtigt und verpflichtet ist, die interne Verteilung der Geldbuße auf die Gesamtschuldner zu regeln.
18
a) Nach der Rechtsprechung des Gerichts der Europäischen Union löst eine Entscheidung, mit der die Kommission eine Geldbuße gegen mehrere Gesellschaften als Gesamtschuldner verhängt, sämtliche Wirkungen aus, die von Rechts wegen an die rechtliche Regelung der Zahlung von Geldbußen im Wettbewerbsrecht anknüpfen, und dies sowohl in den Beziehungen zwischen Gläubiger und Gesamtschuldnern als auch in den Beziehungen zwischen den Gesamtschuldnern untereinander (EuG, Urteile vom 3. März 2011 - T-117/07, Slg. 2011, II-633 Rn. 214 - Areva und T-122/07, Slg. 2011, II-793 Rn. 156 = WuW/E EU-R 1939 - Siemens Österreich).
19
Nach Auffassung dieses Gerichts können die Gesellschaften nicht frei darüber bestimmen, wie sie die Geldbuße untereinander aufteilen (EuG, Slg. 2011, II-633 Rn. 214 - Areva). Die Aufteilung könne auch nicht den nationalen Gerichten überlassen werden (EuG, Slg. 2011, II-793 Rn. 156 f. - Siemens Österreich ). Vielmehr sei allein die Kommission zur Entscheidung befugt. Eine Gesellschaft , die den gesamten Betrag der Geldbuße entrichtet habe, könne schon auf der Grundlage der Entscheidung der Kommission gegenüber den anderen Gesamtschuldnern Erstattung verlangen, und zwar gegen jeden in Höhe des von der Kommission bestimmten Anteils. Es sei davon auszugehen, dass die Kommission in Ermangelung einer gegenteiligen Angabe in der Entscheidung die Zuwiderhandlung, die zur Verhängung der Geldbuße geführt habe, allen Gesellschaften zu gleichen Teilen zurechne (EuG, Slg. 2011, II-633 Rn. 215 - Areva; Slg. 2011, II-793 Rn. 158 - Siemens Österreich).
20
b) Wenn die Rechtsauffassung des Gerichts der Europäischen Union zuträfe, wäre im vorliegenden Verfahren die Revision hinsichtlich des auf vollständigen Ersatz der geleisteten Zahlung gerichteten Hauptantrags unbegründet. Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf anteiligen Ausgleich wäre hinsichtlich desjenigen Teilbetrages begründet, der den von der Klägerin zu tragenden Anteil von einem Drittel übersteigt. Insoweit würde sich zusätzlichdie Frage stellen, ob dieser Ausgleichsanspruch schon geltend gemacht werden kann, bevor die Entscheidung der Kommission bestandskräftig ist.
21
aa) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Revision auch insoweit zulässig, als die Klägerin hilfsweise begehrt, jede Beklagte zur Erstattung eines Teils der erbrachten Bußgeldzahlung zu verurteilen. Zwar ist eine Klageänderung in der Revisionsinstanz wegen der in § 559 Abs. 1 ZPO vorgesehenen Beschränkung des Streitstoffs grundsätzlich unzulässig. Eine Beschränkung des Klageantrags (§ 264 Nr. 2 ZPO) ist aber zulässig, wenn sie sich auf einen Sachverhalt stützt, der vom Tatrichter bereits gewürdigt worden ist (BGH, Urteil vom 18. Juni 1998 - IX ZR 311/95, NJW 1998, 2969, 2970). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin stützt den hilfsweise gel- tend gemachten Anspruch nicht auf einen neuen Sachverhalt, sondern auf die vom Gericht der Europäischen Union vertretene Rechtsauffassung. Ihr Begehren , die Beklagten zu einer anteiligen Erstattung der erbrachten Zahlung zu verurteilen, ist damit im Verhältnis zu dem in erster Linie geltend gemachten Begehren nach vollständiger Erstattung kein Aliud, sondern ein schon vom ursprünglichen Antrag umfasstes Minus. Dass der rechtliche Gesichtspunkt, auf den der Anspruch auf anteilige Erstattung gestützt wird, im Berufungsverfahren nicht näher erörtert wurde, führt nicht zu einer anderen Beurteilung.
22
bb) Die Beantwortung der unionsrechtlichen Fragen kann auch nicht wegen einer Rechtswahlvereinbarung der Parteien offenbleiben. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Innenausgleich unterliege dem (einzelstaatlichen) deutschen Recht, weil sich die Parteien im Rechtsstreit darauf berufen und damit ihren Willen zum Ausdruck gebracht hätten, das streitige Rechtsverhältnis dieser Rechtsordnung zu unterwerfen. Diese Begründung vermag die Nichtanwendung von Unionsrecht nicht zu tragen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die revisionsrechtlich nur eingeschränkt nachprüfbare (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 2008 - I ZR 12/06, NJW 2009, 1205 Rn. 18 f. mwN) Beurteilung des Berufungsgerichts, die Parteien hätten sich im Laufe des Rechtsstreits konkludent auf die Anwendbarkeit des deutschen Rechts geeinigt, frei von Rechtsfehlern ist. Selbst wenn die Parteien eine solche Rechtswahlvereinbarung getroffen hätten, wäre lediglich die Anwendung ausländischen Rechts ausgeschlossen , nicht aber die Anwendung des Unionsrechts, das in allen Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht ist (vgl. Nettesheim in Grabitz/Hilf/Nettesheim , EU-Recht, Stand August 2012, AEUV Art. 288 Rn. 101).
23
cc) Die Klageforderung kann auch nicht auf einen von der Ausgleichspflicht im Innenverhältnis unabhängigen Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz gestützt werden.
24
(1) Kartellrechtliche Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagten scheiden schon deshalb aus, weil das Kartellverbot nicht dem Zweck dient, einzelne Organisationseinheiten eines Unternehmens, das gegen Art. 101 AEUV verstößt, vor der Belastung mit einer Geldbuße zu schützen. Ansprüche dieser Art sind zur effektiven Durchsetzung der Wettbewerbsregeln der Union (dazu EuGH, Urteil vom 13. Juli 2006 - C-295/04, Slg. 2006, I-6619 Rn. 60, 91 ff. = WuW/E EU-R 1107 - Manfredi; Urteil vom 20. September 2001 - C-453/99, Slg. 2001, I-6297 Rn. 25 ff. = WuW/E EU-R 479 - Courage; BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - KZR 75/10, BGHZ 190, 145 Rn. 34, 37, 61 f. - ORWI) weder notwendig noch förderlich.
25
Sofern die Verteilung der Geldbuße im Innenverhältnis durch das Unionsrecht abschließend geregelt sein sollte, käme die Anwendung einzelstaatlicher Vorschriften, die aufgrund von Schadensersatzansprüchen zu einer abweichenden Verteilung führen, ohnehin nicht in Betracht.
26
Sofern das Unionsrecht keine abschließenden Regelungen enthält, kann einer effektiven Durchsetzung der unionsrechtlichen Wettbewerbsregeln bei Anwendbarkeit deutschen Rechts schon durch § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB Rechnung getragen werden. Die genannte Vorschrift sieht grundsätzlich eine Aufteilung nach Köpfen vor. Sie gebietet aber eine davon abweichende Verteilung, soweit etwas anderes bestimmt ist. Eine andere Bestimmung in diesem Sinne kann sich aus einer Vereinbarung der Beteiligten, aus sonstigen zwischen ihnen bestehenden Rechtsbeziehungen, aus besonderen gesetzlichen Regeln oder aus den Umständen des Einzelfalles ergeben. Insbesondere ist auch der Rechtsgedanke des § 254 Abs. 1 BGB heranzuziehen, wonach sich die Aufteilung danach richtet, inwieweit die einzelnen Gesamtschuldner zur Verursachung der für die Haftung maßgeblichen Umstände beigetragen haben und in welchem Maße sie ein Verschulden trifft (vgl. nur BGH, Urteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 286/09, NJW 2011, 292 Rn. 9; Beschluss vom 9. Juni 2008 - II ZR 268/07, NJW-RR 2009, 49 Rn. 2; Urteil vom 9. März 1965 - VI ZR 218/63, BGHZ 43, 178, 187). Diese Regelung ermöglicht es, eine gegen mehrere Gesellschaften als Gesamtschuldner verhängte Geldbuße sachgerecht auf die einzelnen Schuldner zu verteilen. Ein ergänzender kartellrechtlicher Schadensersatzanspruch eines Gesamtschuldners ist angesichts dessen zur Durchsetzung des Unionsrechts nicht erforderlich. Unabhängig davon könnte der Schuldner auch einem solchen Anspruch gemäß § 254 BGB den Einwand der Mitverursachung entgegenhalten, so dass sich jedenfalls unter diesem Aspekt keine andere Aufteilung ergäbe als bei Anwendung des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB.
27
(2) Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche aus § 826 BGB sind für das Rechtsverhältnis zur Beklagten zu 1 schon deshalb nicht entscheidungserheblich , weil sie nur gegen die Beklagte zu 2 gerichtet sind.
28
Unabhängig davon wäre auch ein solcher Anspruch ausgeschlossen, sofern das Unionsrecht die interne Verteilung der Geldbuße auf die Gesamtschuldner abschließend regeln würde. Sofern das Unionsrecht Raum für die Anwendung einzelstaatlicher Vorschriften lässt, könnte ein Anspruch aus § 826 BGB jedenfalls insoweit nicht zu einer abweichenden Verteilung führen, als die Umstände, die einem Ausgleichsanspruch der Klägerin nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegenstehen, auch dem Ersatzanspruch aus § 826 BGB entgegengehalten werden können. Dies gilt insbesondere für den bereits erwähnten Einwand der Mitverursachung (§ 254 Abs. 1 BGB).
29
c) Die danach entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung des Unionsrechts sind durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht hinreichend geklärt. Gegen die oben dargestellte Rechtsprechung des Gerichts der Europäischen Union sind Bedenken erhoben worden, die nach Einschätzung des Senats nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen sind.
30
aa) Die Kommission hat das Urteil in der Sache Siemens Österreich angefochten (C-231/11 P). Sie macht geltend, ihre Befugnisse beträfen allein das Außenverhältnis, also die Verhängung von Geldbußen und gegebenenfalls die Bestimmung der gesamtschuldnerischen Haftung der Adressaten. Insoweit seien auch den Befugnissen der Unionsgerichte Grenzen gesetzt. Das aus der Festsetzung gesamtschuldnerischer Haftung resultierende Innenverhältnis der Gesamtschuldner einschließlich möglicher Regressansprüche unterliege dem Recht der Mitgliedstaaten (ABl. C 204 vom 9. Juli 2011, S. 17; ebenso Schlussanträge der Generalanwältin Stix-Hackl vom 26. September 2002 - C-196/99 P, Slg. 2003, I-11005 Rn. 118 Fn. 21 - Aristrain).
31
bb) In der deutschen Literatur und in Entscheidungen deutscher Instanzgerichte wird die Rechtsprechung des Gerichts der Europäischen Union unterschiedlich beurteilt. Einige Autoren sehen die gesamtschuldnerische Haftung als genuin unionsrechtliches autonomes Rechtsinstitut an. Dies ergebe sich daraus , dass diese Haftung aus dem Unternehmensbegriff des Art. 101 AEUV hergeleitet werde (Bueren, ZWeR 2011, 285, 302 f.; Kellerbauer/Weber, EuZW 2011, 666, 669; Kokott/Dittert, WuW 2012, 670, 681 f.). Ferner spreche der Grundsatz der Rechtssicherheit dafür, dass die Kommission auch für das Innenverhältnis eine Regelung treffe. Nach einer abweichenden Auffassung soll sich der interne Ausgleich unter den Gesamtschuldnern nach nationalem Recht richten (Köhler, WRP 2011, 277, 279; LG München I, WUW/E DE-R 3247, 3254) oder jedenfalls nicht der Entscheidung durch die Kommission unterliegen (Thomas, JZ 2011, 485, 494).
32
cc) Vor diesem Hintergrund bedarf es einer Klärung der aufgeworfenen Frage durch den Gerichtshof.
33
d) Allerdings dürfte nicht zu bezweifeln sein, dass der Union die Kompetenz zusteht, abschließende Regelungen zur internen Verteilung einer gegen mehrere Personen als Gesamtschuldner verhängten Geldbuße zu treffen.
34
Gemäß Art. 103 Abs. 1 AEUV können zweckdienliche Verordnungen oder Richtlinien zur Verwirklichung der in Art. 101 und 102 AEUV niedergelegten Grundsätze geschaffen werden. Dazu zählen gemäß Art. 103 Abs. 2 Buchst. a AEUV insbesondere Vorschriften, welche die Beachtung der darin genannten Verbote durch die Möglichkeit der Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern zu gewährleisten bezwecken. Die Verhängung von Geldbußen bezweckt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs insbesondere, unerlaubte Verhaltensweisen zu ahnden und künftigen Zuwiderhandlungen durch Abschreckung vorzubeugen (EuGH, Urteil vom 17. Juni 2010 - C-413/08 P, Slg. 2010, I-5406 Rn. 102 - Lafarge; Urteil vom 7. Juli 2007 - C-76/06 P, Slg. 2007, I-4443 Rn. 22 - Britannia Alloys & Chemicals). Diese Ziele können dadurch gefördert werden, dass die Kommission den einzelnen Gesamtschuldnern der Geldbuße bestimmte Haftungsanteile verbindlich zuweist und damit sicherstellt, dass die Geldbuße für jeden Gesamtschuldner eine wirksame und bleibende Sanktion darstellt.
35
e) Nicht hinreichend geklärt erscheint indes, ob die auf der Grundlage von Art. 83 EG (nunmehr Art. 103 AEUV) erlassene Verordnung (EG) Nr. 1/2003 eine solche Entscheidungskompetenz der Kommission vorsieht.
36
aa) Entgegen der Einschätzung des Berufungsgerichts kann allerdings nicht schon aus Erwägungsgrund 30 der Verordnung die sichere Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Auffassung des Gerichts der Europäischen Union unzutreffend ist. Nach diesem Erwägungsgrund erfolgt die Zahlung der Geldbuße durch eines oder mehrere Mitglieder einer Vereinigung unbeschadet der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, die einen Rückgriff auf andere Mitglieder der Vereinigung zur Erstattung des gezahlten Betrages ermöglichen. Dies betrifft indes lediglich Geldbußen, die gegen Unternehmensvereinigungen verhängt werden, und die für diesen Fall in Art. 23 Abs. 4 der Verordnung vorgesehene Ausfallhaftung. Zwar spricht einiges dafür, dass der in Erwägungsgrund 30 zum Ausdruck gekommene Regelungsgedanke auch auf die hier zu beurteilende Konstellation der Verhängung einer Geldbuße gegen mehrere Gesellschaften als Gesamtschuldner übertragbar ist. Angesichts des Umstandes, dass der Gerichtshof die gesamtschuldnerische Haftung aus dem autonomen Unternehmensbegriff des Art. 101 AEUV hergeleitet hat, ist indes nicht auszuschließen , dass auch der interne Ausgleich zwischen den Gesamtschuldnern ausschließlich dem Unionsrecht unterliegt und dass die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung vorgesehene Befugnis zur Verhängung von Geldbußen auch eine Ermächtigung und Verpflichtung zur Regelung des Innenverhältnisses umfasst.
37
bb) Gegen die Auffassung des Gerichts der Europäischen Union könnte sprechen, dass es für die Kommission in der Regel mit höherem Ermittlungsaufwand verbunden sein dürfte, wenn sie auch die Verteilung der Geldbuße im Innenverhältnis abschließend regeln müsste.
38
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs führt die Verhängung einer Geldbuße gegen mehrere Gesellschaften als Gesamtschuldner zu einer Verringerung des Ermittlungsaufwandes für die Kommission. Diese braucht eine persönliche Beteiligung von Vertretern der Muttergesellschaft an der Zuwiderhandlung nicht nachzuweisen. Vielmehr genügt der Nachweis, dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält (EuGH - Akzo Nobel Rn. 59 f.; General Química Rn. 39 f.). Die Kommission ist zudem nicht verpflichtet , vorrangig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Zurechnung der Zuwiderhandlung zur Muttergesellschaft erfüllt sind, weil ansonsten die Ermittlungen der Kommission erheblich erschwert würden (EuGH, Urteil vom 24. September 2009 - C-125/07 P, Slg. 2009, I-8681 Rn. 82 = WuW/E EU-R 1633 - Erste Group Bank; anderer Auffassung wohl Generalanwältin Stix-Hackl - Aristrain Rn. 114 ff.).
39
Dieser Zielsetzung könnte es zuwiderlaufen, wenn die Kommission die Umstände ermitteln müsste, die für die Verteilung der verhängten Geldbuße im Innenverhältnis maßgeblich sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Verteilung im Innenverhältnis davon abhängen sollte, inwieweit die einzelnen Gesellschaften zur Verursachung der für die Haftung maßgeblichen Umstände beigetragen haben und inwieweit ihnen ein Verschulden zur Last fällt. Dann hätte die Kommission im Ergebnis diejenigen Ermittlungen durchzuführen, von denen sie bei Verhängung einer Geldbuße gegen Gesamtschuldner gerade entlastet sein soll.
40
Wenn solche Ermittlungen allein zum Zwecke der Verteilung der Geldbuße im Innenverhältnis vorzunehmen wären, könnte der dafür erforderliche Aufwand zudem schon deshalb als nicht gerechtfertigt anzusehen sein, weil die wirtschaftlichen Auswirkungen einer solchen Aufteilung in den meisten Fällen gering sein dürften. Die als Gesamtschuldner haftenden Unternehmen gehören in der Regel einem einheitlichen Konzern an. Selbst wenn ihnen, wie das Gericht der Europäischen Union meint, Vereinbarungen über eine Erstattung von Bußgeldzahlungen verwehrt sind, dürften ihnen andere konzerninterne Instrumente zur Verfügung stehen, die es ermöglichen, die aus der Geldbuße resultierende wirtschaftliche Belastung innerhalb des Konzerns nach ihren Vorstellungen zu verteilen. Zu Rechtsstreitigkeiten über die interne Aufteilung dürfte es nur in Ausnahmefällen kommen, etwa dann, wenn der Konzernverbund nach der Zuwiderhandlung und vor deren Ahndung aufgelöst wurde, wie dies im hier zu beurteilenden Fall geschehen ist.
41
f) Ebenfalls nicht hinreichend geklärt erscheint die Frage, welche Wirkung einer Entscheidung der Kommission zukommt, die keine ausdrückliche Regelung dazu enthält, wie die Geldbuße auf die einzelnen Gesamtschuldner zu verteilen ist.
42
aa) Die bereits aufgezeigte Rechtsprechung des Gerichts der Europäischen Union, mangels einer abweichenden Angabe sei davon auszugehen, dass die Kommission die verhängte Geldbuße den einzelnen Gesamtschuldnern zu gleichen Teilen zurechne, ist ebenfalls auf Kritik gestoßen. In der deutschen Literatur wird insbesondere eingewendet, aus einem bloßen Schweigen der Kommission könne nicht gefolgert werden, dass sie die Zahlungspflichten der betroffenen Gesellschaften auch im Innenverhältnis habe regeln wollen. Eine interne Verteilung nach Köpfen könne zudem im Einzelfall sachwidrig, in bestimmten Fällen sogar rechtswidrig sein (Bueren, ZWeR 2011, 285, 304, 310; Mäsch, GRUR-Prax 2012, 268; ähnlich Thomas, JZ 2011, 485, 494). In ähnlichem Sinne hat sich die Kommission geäußert (EuG, Slg. 2011, II-633 Rn. 42 - Areva; Rechtsmittel C-231/11 P, ABl. C 204 vom 9. Juli 2011, S. 17 f. - Siemens Österreich).
43
bb) Nach Auffassung des Senats ist nicht auszuschließen, dass die Rechtsprechung des Gerichts der Europäischen Union zumindest in diesem Punkt einer Überprüfung durch den Gerichtshof nicht standhalten wird. Wenn die Kommission in einer Entscheidung nicht zu allen regelungsbedürftigen Fragen Stellung genommen hat, kann nach Auffassung des Senats nicht ohne weiteres unterstellt werden, sie habe dennoch eine bestimmte Regelung treffen wollen. Eine nach dem Wortlaut der Entscheidung verbleibende Regelungslücke mag im Einzelfall geschlossen werden können, indem aus dem Zusammenhang der Entscheidungsgründe oder aus sonstigen Umständen eine konkludente Regelung abgeleitet wird. Dies setzt aber voraus, dass ein entsprechender Regelungswille der Kommission feststellbar ist. Daran dürfte es im vorliegenden Zusammenhang schon deshalb fehlen, weil die Kommission sich nicht für verpflichtet hält, die Verteilung von Geldbußen im Innenverhältnis zu regeln. Angesichts dessen spricht vieles dafür, dass eine Entscheidung der Kommission, die die Frage der internen Verteilung nicht regelt, obwohl diese der Regelung bedarf, als lückenhaft und damit als ergänzungsbedürftig anzusehen ist (ähnlich Bueren, ZWeR 2011, 285, 304).
44
g) Sollte der Gerichtshof zu dem Ergebnis gelangen, dass eine Entscheidung der Kommission, die keine Regelung zur internen Verteilung der Geldbuße enthält, lückenhaft ist, stellt sich die weitere Frage, ob die Gerichte der Mitgliedstaaten befugt sind, diese Lücke ohne ergänzende Entscheidung der Kommission zu schließen.
45
Wenn eine Entscheidung der Kommission nicht zu allen regelungsbedürftigen Fragen eine Regelung enthält, erscheint es naheliegend, sie als rechtswidrig anzusehen. Dies hätte zur Folge, dass die Entscheidung jedenfalls auf das Rechtsmittel eines Betroffenen hin zu ergänzen wäre - sei es durch die Kommission, sei es durch das zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufe- ne Unionsgericht. Andererseits erscheint es nicht ausgeschlossen, dass eine lückenhafte Entscheidung der Kommission Bestandskraft erlangt, ohne dass die Lücke geschlossen worden ist. Zumindest für solche Fälle könnte in Betracht kommen, dass das Gericht eines Mitgliedstaats die Entscheidung über die Verteilung der Geldbuße im Innenverhältnis nachholt, wenn es mit einem Rechtsstreit über interne Ausgleichsansprüche befasst wird. Dies wiederum könnte die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten auch in anderen Konstellationen über die interne Verteilung der Geldbuße zu entscheiden haben, wenn und solange eine Entscheidung der Kommission hierzu nicht ergangen ist.
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h) Falls die Gerichte der Mitgliedstaaten die Verteilung der Geldbuße auf die Gesamtschuldner in eigener Zuständigkeit zu beurteilen haben, stellt sich die Frage, ob das Unionsrecht hierzu inhaltliche Vorgaben enthält.
47
Für die Beantwortung dieser Frage dürften im Wesentlichen die bereits im Zusammenhang mit Frage 1 aufgezeigten Gesichtspunkte von Bedeutung sein. Nach Einschätzung des Senats erscheint es jedoch nicht ausgeschlossen, dass der Gerichtshof einerseits zu dem Ergebnis gelangt, die Kommission dürfe die Verteilung der Geldbuße im Innenverhältnis den Gerichten der Mitgliedstaaten überlassen, andererseits aber die Auffassung vertreten wird, die materiellen Regeln oder zumindest die grundlegenden Leitlinien für die Verteilung seien dem Unionsrecht zu entnehmen. Dann würde sich für den Senat die Frage stellen , nach welchen Kriterien er die Verteilung der Geldbuße im Innenverhältnis vorzunehmen hat. Mangels einer ausdrücklichen Bestimmung in der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 müsste er hierzu auf allgemeine Rechtsgrundsätze zurückgreifen. Diese bedürften näherer Klärung.
48
aa) Allgemeine Rechtsgrundsätze könnten möglicherweise unmittelbar aus dem Unionsrecht abgeleitet werden. Maßgebliche Bedeutung könnte dabei vor allem dem Grundsatz der schuldangemessenen Sanktionierung und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zukommen (dazu Dannecker/Biermann in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., VO (EG) 1/2003, Art. 23 Rn. 138 mit weiteren Nachweisen).
49
Die Haftung des Unternehmens beruht auf dessen persönlicher Verantwortlichkeit und setzt nach Art. 23 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1/2003 Vorsatz oder Fahrlässigkeit voraus. Bei der Bemessung der Geldbuße sind gemäß Art. 23 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1/2003 sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen. Dabei sind insbesondere Umstände zu würdigen , welche die Schuld mindern oder erschweren (dazu insgesamt EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - C-389/10 P, WuW/E EU-R 2213 Rn. 58 ff., 122 ff. - KME; Nowak in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, 2. Aufl., VO 1/2003/EG, Art. 23 Rn. 36 mit weiteren Nachweisen).
50
Diese Grundsätze dürften auch die Ausgestaltung des internen Verhältnisses zwischen den eine wirtschaftliche Einheit bildenden Gesamtschuldnern prägen. Dem dürfte entgegen der vom Bundeskartellamt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung nicht entgegenstehen, dass die Kommission diese Kriterien bei der Auswahl der einzelnen Gesamtschuldner nicht heranzieht. Wie bereits oben in Randnummer 38 f. dargelegt wurde, wird die Kommission durch die Möglichkeit, eine Geldbuße gegen mehrere Personen als Gesamtschuldner zu verhängen, davon entlastet, die Verursachungsbeiträge einzelner Beteiligter innerhalb eines Unternehmens im Einzelnen zu ermitteln. Diese Zielsetzung wird nicht in Frage gestellt, wenn die einzelnen Verursachungsbeiträge in einem nachfolgenden Rechtsstreit zwischen den einzelnen Gesamtschuldnern vom Gericht eines Mitgliedstaats ermittelt werden, um die interne Verteilung der Geldbuße festzulegen. Es gehört gerade zu den typischen Wirkungen einer gesamtschuldnerischen Haftung, dass der Gläubiger davon enthoben ist, sich mit Umständen zu befassen, die nur für die interne Verteilung von Bedeutung sind. Dies hat in der Regel aber nicht zur Folge, dass diese Umstände auch in einem Rechtsstreit zwischen den einzelnen Gesamtschuldnern unberücksichtigt bleiben dürfen oder müssen.
51
bb) Allgemeine Rechtsgrundsätze dieses Inhalts können möglicherweise auch aus Regelungen hergeleitet werden, die allen Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten gemeinsam sind (vgl. dazu etwa EuGH, Urteil vom 14. September 2010 - C-550/07 P, Slg. 2010, I-8301 Rn. 69, 76 - Akzo Nobel; Urteil vom 18. Mai 1982 - C-155/79, Slg. 1982, 1575 Rn. 18 ff. - AM & S Europe).
52
Jedenfalls einige dem Senat zugängliche Rechtsordnungen sehen vor, dass sich die Verteilung einer gesetzlich oder sonst hoheitlich begründeten gesamtschuldnerischen Verbindlichkeit im Innenverhältnis regelmäßig insbesondere danach richtet, inwieweit die einzelnen Gesamtschuldner zur Verursachung der für die Haftung maßgeblichen Umstände beigetragen haben und in welchem Maße sie hierbei ein Verschulden trifft (vgl. zum deutschen Recht die oben in Rn. 26 zitierten Entscheidungen; zum französischen Recht Bentele, Gesamtschuld und Erlass, S. 85 mit weiteren Nachweisen; zum spanischen Recht v. Bar/Santdiumenge, Deliktsrecht in Europa, Spanien, S. 34; zum englischen Recht Sec. 2 (1) Civil Liability (Contribution) Act 1978).

53
cc) Nicht ausgeschlossen erscheint es, die oben aufgezeigten Rechtsgrundsätze dahin zu verallgemeinern, dass die interne Verteilung der Geldbuße aufgrund einer Gesamtabwägung vorzunehmen ist, bei der insbesondere die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die Beteiligung der einzelnen Gesamtschuldner am wirtschaftlichen Erfolg der Zuwiderhandlung, ihre individuellen Verursachungsbeiträge und ihre individuellen Verschuldensanteile (vgl. Bueren, ZWeR 2011, 285, 303, 310; anderer Auffassung Köhler, WRP 2011, 277, 280 ff.), aber auch sonstige im Einzelfall relevante Umstände Berücksichtigung finden müssen. Insbesondere könnte der von einem Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu tragende Anteil in entsprechender Anwendung von Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 und Abs. 4 Unterabs. 5 VO (EG) Nr. 1/2003 durch die dort vorgesehene umsatzbezogene Obergrenze beschränkt sein (siehe auch EuG, Urteil vom 15. Juni 2005 - T-71/03 Rn. 390 - Tokai Carbon).
54
i) Sofern das Unionsrecht Regelungen für die Verteilung der Geldbuße auf die einzelnen Gesamtschuldner enthält, stellt sich ferner die Frage, ob ein Gesamtschuldner, der die Geldbuße ganz oder teilweise zahlt, Ausgleichsansprüche gegen die anderen Gesamtschuldner schon geltend machen kann, bevor die Entscheidung der Kommission bestandskräftig geworden ist.
55
aa) In der deutschen Literatur wird die Ansicht vertreten, einem Ausgleichsverlangen in diesem Stadium stehe der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Der Ausgleichsberechtigte handle missbräuchlich, wenn er einerseits mit einer Nichtigkeitsklage geltend mache, er sei zur Zahlung einer Geldbuße nicht verpflichtet, andererseits aber Zahlungsansprüche gegen die anderen Gesamtschuldner erhebe und diesen damit das Risiko seiner Insolvenz aufbürde. Ein Gesamtschuldner, der mehr als den im Innenverhältnis auf ihn entfallenden Teil der Geldbuße gezahlt habe, könne bis zum Eintritt der Rechtskraft von den anderen Gesamtschuldner nur verlangen, ihn so zu stellen, dass ihm kein bleibender Nachteil erwachse. Dieser Anspruch könne namentlich durch Leistung einer Bankbürgschaft erfüllt werden (vgl. Köhler, WRP 2011, 277, 286).
56
bb) Diese Erwägungen vermögen nach Auffassung des Senats nicht vollständig zu überzeugen.
57
Eine Gesellschaft, gegen die als Gesamtschuldnerin eine Geldbuße verhängt worden ist, kann ein berechtigtes Interesse daran haben, die Geldbuße schon vor Bestandskraft der Entscheidung zu bezahlen. Zwar besteht die Möglichkeit , eine Vollstreckung bis zur Bestandskraft durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Dann besteht aber die Gefahr, dass die Höhe des zu zahlenden Betrags aufgrund einer angeordneten Verzinsung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine Nichtigkeitsklage erheblich ansteigt. Wenn ein Gesamtschuldner diesem Nachteil nicht ausgesetzt sein will, kann dies kaum als rechtsmissbräuchlich angesehen werden.
58
Treuwidrig könnte es allerdings sein, wenn ein Gesamtschuldner auch einen im Innenverhältnis auf die übrigen Gesamtschuldner entfallenden Anteil der Geldbuße bezahlt, ohne diesen zuvor Gelegenheit zu geben, ihn hinsichtlich dieses Anteils vor einer späteren Inanspruchnahme einschließlich einer drohenden Belastung mit Zinsen abzusichern, indem jeder Gesamtschuldner den auf ihn entfallenden Teil der Geldbuße selbst bezahlt oder der Kommission wegen dieses Betrags zuzüglich der zu erwartenden Zinsen Sicherheit leistet. Im vorliegenden Fall haben die Beklagten eine solche Leistung nur hinsichtlich der Hälfte der verhängten Geldbuße erbracht. Wenn die Rechtsauffassung des Gerichts der Europäischen Union zuträfe, hätten sie aber für zwei Drittel der Geldbuße eine Sicherheitsleistung erbringen müssen. Hinsichtlich des Differenzbetrages dürfte es kaum treuwidrig sein, dass sich die Klägerin für eine Zahlung statt für die Erbringung einer eigenen Sicherheitsleistung entschieden hat.

IV.


59
Der Senat hält es nicht für sachgerecht, den Rechtsstreit vor einer Vorlage an den Gerichtshof gemäß § 148 ZPO auszusetzen.
60
1. Eine Aussetzung des Rechtsstreits wegen des beim Gerichtshof anhängigen Rechtsmittels in der Sache Siemens Österreich (C-231/11 P) ist entgegen der Ansicht der Revision ausgeschlossen. Jenes Verfahren betrifft kein Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die hier zu treffende Entscheidung abhängt. Zwar kann eine Aussetzung in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO im Hinblick auf ein anhängiges Vorabentscheidungsverfahren erfolgen (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - VIII ZR 236/10, RIW 2012, 405 mit weiteren Nachweisen; anderer Auffassung Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 148 Rn. 3b). Anders als bei einem Vorabentscheidungsverfahren wird der Gerichtshof aber in der Sache Siemens Österreich, welche die Gültigkeit einer Entscheidung der Kommission zum Gegenstand hat, nicht die Funktion wahrnehmen, über eine bestimmte, ihm vorgelegte klärungsbedürftige abstrakte Rechtsfrage zu entscheiden. Deshalb kommt eine Aussetzung nach § 148 ZPO nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2012 - III ZB 3/12, WM 2012, 2024 Rn. 22).
61
2. Ob eine Aussetzung im Hinblick auf die von den Parteien erhobenen Nichtigkeitsklagen zulässig wäre, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Eine solche Aussetzung wäre im vorliegenden Verfahren jedenfalls deshalb nicht sachgerecht, weil die Klägerin die Beklagten möglicherweise schon vor der endgültigen Entscheidung über diese Rechtsmittel auf Ausgleich in Anspruch nehmen kann und weil auch diese Frage der Klärung durch den Gerichtshof bedarf.
Bornkamm Vors. Richter am BGH Prof. Dr. Meier-Beck Kirchhoff ist in Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Bacher Deichfuß
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 13.07.2011 - 37 O 20080/10 -
OLG München, Entscheidung vom 09.02.2012 - U 3283/11 Kart -

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. Februar 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich des Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von den beiden Beklagten die Erstattung von Zahlungen auf eine Geldbuße, die die Europäische Kommission gegen alle drei Parteien als Gesamtschuldner verhängt hat.

2

Die Klägerin war alleinige Gesellschafterin der Beklagten zu 2, die damals unter Arques Beteiligungsgesellschaft mbH firmierte. Mit Vertrag vom 30. August 2004 erwarb die Beklagte zu 2 sämtliche Geschäftsanteile an der Beklagten zu 1, die damals unter SKW Stahl-Technik Verwaltungs-GmbH firmierte, sowie sämtliche Kommanditanteile an der SKW Stahl-Technik GmbH & Co. KG (nachfolgend: Kommanditgesellschaft), deren alleinige Komplementärin die Beklagte zu 1 war. Zum 31. Dezember 2004 trat die Beklagte zu 2 aus der Kommanditgesellschaft aus. Deren Vermögen ging dadurch ohne Liquidation auf die Beklagte zu 1 über.

3

Zum 25. Mai 2006 wurde die Beklagte zu 2 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Klägerin veräußerte in der Folgezeit ihre Anteile. Am 30. November 2006 hielt sie noch eine Beteiligung von 57%, zum 22. Juli 2007 schied sie vollständig aus.

4

Seit dem 22. April 2004 nahmen Beschäftigte der Beklagten zu 1 und der Kommanditgesellschaft an Kartellabsprachen zum Vertrieb von Calciumcarbid und seit dem 14. Juli 2005 an Absprachen zum Vertrieb von Magnesiumgranulat teil.

5

Mit Entscheidung vom 22. Juli 2009 verhängte die Europäische Kommission (COMP/39.396, K(2009) 5791 endg - Calciumcarbid und Reagenzien auf Magnesiumbasis für die Stahl- und die Gasindustrien) gegen die Klägerin und die Beklagten als Gesamtschuldner eine Geldbuße in Höhe von 13,3 Millionen Euro wegen einer einzigen und fortdauernden Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens. Als Tatzeitraum stellte sie für die Beklagte zu 1 die Zeit von 22. April 2004 bis 16. Januar 2007 und für die Klägerin sowie die Beklagte zu 2 die Zeit von 30. August 2004 bis 16. Januar 2007 fest. Die Klägerin und die Beklagten erhoben gegen diese Entscheidungen jeweils Nichtigkeitsklage beim Gericht der Europäischen Union.

6

Die Klägerin zahlte - entsprechend dem Verlangen der Kommission - auf die Geldbuße und angefallene Zinsen insgesamt 6.798.012,49 Euro. Die Beklagten stellten der Kommission Bankgarantien in Höhe von insgesamt 6,7 Millionen Euro.

7

Die Klägerin begehrt - soweit noch von Bedeutung - von den Beklagten die vollständige Erstattung des von ihr gezahlten Betrags nebst Verzugszinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldner weiter. Hilfsweise beantragt sie, die Beklagten jeweils zur Zahlung eines Drittels der Klagesumme zu verurteilen.

8

Während des Revisionsverfahrens hat das Gericht der Europäischen Union mit Urteilen vom 23. Januar 2014 (T-395/09, NZKart 2014, 106 - Gigaset, und T-384/09, NZKart 2014, 99 - SKW) auf die Nichtigkeitsklage der Klägerin die gegen diese festgesetzte Geldbuße auf 12,3 Millionen Euro reduziert und die Nichtigkeitsklagen der Parteien im Übrigen abgewiesen. Die Beklagten haben dagegen Rechtsmittel zum Gerichtshof der Europäischen Union (C-154/14 P) eingelegt.

9

Mit Beschluss vom 9. Juli 2013 hat der Senat (KZR 15/12, WuW/E DE-R 3935 = NZKart 2013, 425 - Calciumcarbid-Kartell) dem Gerichtshof der Europäischen Union mehrere Fragen zur internen Aufteilung einer gegen mehrere natürliche oder juristische Personen als Gesamtschuldner verhängten Geldbuße zur Vorabentscheidung vorgelegt. Mit Beschluss vom 3. Juni 2014 hat der Senat das Ersuchen im Hinblick auf in der Zwischenzeit ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs zurückgenommen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

11

A. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

12

Der Innenausgleich der Geldbuße unterliege - aufgrund konkludenter Rechtswahl und im Übrigen wegen Erwägungsgrund 30 zur Verordnung (EG) Nr. 1/2003 - deutschem Recht. Danach sei die Klage unabhängig vom Ausgang der Nichtigkeitsklagen unbegründet, weil die Klägerin verpflichtet sei, die Geldbuße im Innenverhältnis allein zu tragen. Die Grundregel des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu gleichen Teilen verpflichtet seien, komme in der hier zu beurteilenden Konstellation nicht zum Tragen. Es entspreche vielmehr der Billigkeit, denjenigen Gesamtschuldner zu belasten, dem die wirtschaftlichen Erfolge aus dem kartellrechtswidrigen Verhalten zugeflossen seien. Dies sei hier die Klägerin. Etwaige Erlöse aus dem kartellrechtswidrigen Verhalten seien entweder an sie ausgeschüttet worden oder hätten den Wert ihrer Geschäftsanteile beeinflusst. Ob das Kartell tatsächlich eine Rendite erzielt habe, sei unerheblich. Auf Verursachungs- oder Verschuldensbeiträge komme es nicht an. Schadensersatzansprüche der Klägerin bestünden nicht, weil die Belastung mit der Geldbuße kein vom Schutzbereich der kartellrechtlichen Anspruchsgrundlagen erfasster Schaden sei und dem Vorbringen der Klägerin auch keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu entnehmen sei.

13

B. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

14

I. Allerdings war das Berufungsgericht nicht gehindert, darüber zu entscheiden, wie die Geldbuße im Verhältnis zwischen den Parteien aufzuteilen ist.

15

1. Wie der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) mittlerweile entschieden hat, ist die Kommission entgegen der Auffassung des Gerichts der Europäischen Union (im Folgenden: Gericht) weder verpflichtet noch befugt, die Anteile der Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu bestimmen (Urteile vom 10. April 2014 - C-231/11 P u.a., WuW/E EU-R 2970 = NZKart 2014, 177 Rn. 58 - Siemens Österreich; C-247/11 P u.a., WuW/E EU-R 2996 = NZKart 2014, 181 Rn. 151 - Areva). Vielmehr sind dazu erforderlichenfalls die nationalen Gerichte berufen (EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 62, 67 - Siemens Österreich; WuW/E EU-R 2996 Rn. 152, 157 - Areva).

16

2. Der Gerichtshof hat hierbei abweichend von den Schlussanträgen des Generalanwalts (Schlussanträge vom 19. September 2013 - C-231/11 u.a., Rn. 54 f., 85 ff. - Siemens Österreich) nicht danach differenziert, ob alle Rechtsträger, gegen die die Geldbuße festgesetzt worden ist, weiterhin der wirtschaftlichen Einheit angehören, die die Zuwiderhandlung begangen hat, oder ob - wie im Streitfall - einer oder mehrere von ihnen ausgeschieden sind. Er hat vielmehr entschieden, dass der unionsrechtliche Grundsatz der individuellen Straf- und Sanktionsfestsetzung nur für das Unternehmen gilt, dessen Zuwiderhandlung geahndet wird, nicht aber für die ihm angehörenden natürlichen oder juristischen Personen.

17

3. Einen Wechsel in der personellen Zusammensetzung des Unternehmens hat der Gerichtshof nur für den Fall als relevant angesehen, dass eine Gesellschaft während des Tatzeitraums nacheinander mehreren Unternehmen angehört und die gegen diese Unternehmen festgesetzten Geldbußen zusammengefasst werden. In solchen Fällen muss die Kommission für jedes Unternehmen individuell festlegen, in welcher Höhe sich die festgesetzte Geldbuße auf Zuwiderhandlungen bezieht, die diesem Unternehmen angelastet werden (EuGH, WuW/E EU-R 2996 Rn. 129 ff. - Areva).

18

Diesem Gesichtspunkt hat das Gericht dadurch Rechnung getragen, dass es die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße auf entsprechende Rüge hin um eine Million auf 12,3 Millionen Euro reduziert hat, weil die Klägerin die Beteiligung erst nach Beginn der Zuwiderhandlungen erworben hat (Urteil vom 23. Januar 2014 - T-395/09, NZKart 2014, 106 Rn. 152-192 - Gigaset). Die verbleibende Geldbuße bezieht sich ausschließlich auf Zuwiderhandlungen, die demselben Unternehmen angelastet werden.

19

4. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach juristische Personen, die im Zeitpunkt des Erlasses einer Geldbuße kein einheitliches Unternehmen mehr bilden, jeweils Anspruch auf individuelle Anwendung der Obergrenze von 10% des Umsatzes nach Art. 23 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1/2003 haben (dazu EuGH, Urteil vom 26. November 2013 - C-50/12 P, WuW/E EU-R 2886 = NZKart 2014, 138 Rn. 57 - Kendrion; EuG, Urteil vom 15. Juni 2005 - T-71/03 u.a. Rn. 390 - Tokai Carbon), führt im Streitfall ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

20

Diese Rechtsprechung betrifft das Außenverhältnis der Gesamtschuldner zur Kommission, nicht aber die hier zu beurteilenden Ansprüche auf internen Ausgleich zwischen den Gesamtschuldnern.

21

II. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass für den Gesamtschuldnerausgleich das deutsche Recht maßgeblich ist.

22

1. Allerdings könnte die vom Berufungsgericht als ausschlaggebend angesehene Rechtswahl nicht zur Anwendung einzelstaatlichen Rechts anstelle von Unionsrecht führen.

23

Mit einer Rechtswahl können die Beteiligten lediglich die Anwendung ausländischen Rechts ausschließen, nicht aber die Anwendung des Unionsrechts, das in allen Mitgliedstaaten unmittelbar wirksam ist (BGH, WuW/E DE-R 3935 Rn. 22 - Calciumcarbid-Kartell; vgl. Nettesheim in Grabitz/Hilf/Nettesheim, EU-Recht, Stand Aug. 2012, AEUV Art. 288 Rn. 101).

24

2. Die Anwendbarkeit einzelstaatlichen Rechts ergibt sich jedoch daraus, dass das Unionsrecht das Rechtsverhältnis zwischen den Gesamtschuldnern einer durch die Kommission verhängten Geldbuße nicht regelt.

25

Wie der Gerichtshof entschieden hat, enthalten weder die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 noch das Unionsrecht im Allgemeinen Regeln zur Lösung eines Streitfalls, der die interne Aufteilung der Gesamtschuld betrifft. Insbesondere besteht keine unionsrechtliche Auffangregel, wonach die Gesamtschuldner einander im Zweifel zu gleichen Anteilen verpflichtet wären (EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 61, 70 - Siemens Österreich). Vielmehr sind die Anteile der Gesamtschuldner einer Geldbuße unter Beachtung des Unionsrechts nach dem auf den Rechtsstreit anwendbaren nationalen Recht zu bestimmen (EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 62, 67, 70 - Siemens Österreich; WuW/E EU-R 2996 Rn. 152 - Areva).

26

3. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht das deutsche Recht als maßgeblich angesehen.

27

Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, die Parteien hätten ihren Willen, das streitige Rechtsverhältnis der deutschen Rechtsordnung zu unterwerfen, hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, indem sie sich im Rechtsstreit auf deutsches Recht berufen hätten.

28

Diese Beurteilung wird von den Parteien nicht angegriffen. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.

29

III. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, die Klägerin habe als frühere Obergesellschaft die Geldbuße im Innenverhältnis alleine zu tragen.

30

1. Wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend angenommen hat, richtet sich der Ausgleich zwischen den Parteien nach § 426 Abs. 1 BGB.

31

Diese Vorschrift ist im Verhältnis zwischen Rechtsträgern des Privatrechts auch dann anwendbar, wenn die Verpflichtung im Außenverhältnis auf öffentlich-rechtlichen oder strafrechtlichen Grundlagen beruht (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39 Rn. 26; Urteil vom 23. Mai 2007 - XII ZR 250/04, NJW 2007, 2554 Rn. 14; Urteil vom 6. Dezember 1978 - IV ZR 82/77, BGHZ 73, 29, 37; Urteil vom 10. Juli 2014 - III ZR 441/13, NJW 2014, 2730 Rn. 20; Urteil vom 29. Januar 2013 - II ZR 91/11, ZIP 2013, 409 Rn. 10; Urteil vom 1. Dezember 2003 - II ZR 202/01, WM 2004, 228, 229 mwN; Urteil vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50, 55 f.; BFHE 226, 391, 398; BVerwG, NJW 1993, 1667, 1668; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, § 426 Rn. 3; Staudinger/Looschelders, BGB, Neubearbeitung 2012, § 426 Rn. 275 f.). Dies gilt auch für den Fall der gesamtschuldnerischen Haftung für eine von der Europäischen Kommission festgesetzte Geldbuße.

32

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist für die Höhe der von den einzelnen Gesamtschuldnern zu tragenden Anteile nicht allein die Stellung der Klägerin als Obergesellschaft von Bedeutung. Die Ausgleichsansprüche sind vielmehr anhand der Umstände des Einzelfalls zu bemessen, insbesondere anhand der individuellen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der Beteiligten sowie anhand der für die Bemessung der Geldbuße maßgeblichen Tatsachen.

33

a) Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Eine andere Bestimmung in diesem Sinne kann sich aus einer (auch stillschweigenden) Vereinbarung der Beteiligten (BGH, Urteil vom 21. Juli 2010 - XII ZR 104/08, NJW-RR 2010, 1513 Rn. 14 ff.; Urteil vom 14. Juli 1983 - IX ZR 40/82, BGHZ 88, 185, 190), aus sonstigen zwischen ihnen bestehenden Rechtsbeziehungen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 2010 - XII ZR 53/08, NJW 2010, 868 Rn. 10), aus besonderen gesetzlichen Regeln (MünchKommBGB/Bydlinski, 6. Auflage, § 426 Rn. 21 mwN) oder aus der Natur der Sache und den Grundsätzen von Treu und Glauben ergeben (BGH, NJW 2010, 868 Rn. 9, 11; Urteil vom 11. Juni 1992 - IX ZR 161/91, NJW 1992, 2286, 2287;siehe dazu insgesamt Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, § 426 Rn. 9 ff.).

34

b) Im Streitfall ergibt sich die Höhe der Ausgleichspflicht nicht aus Vereinbarungen zwischen den Parteien.

35

aa) Nach den vom Bundesgerichtshof zu § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB entwickelten Grundsätzen können Ausgleichsansprüche einer Obergesellschaft ausgeschlossen sein, wenn mit der anderen Gesellschaft ein Gewinnabführungsvertrag besteht, aufgrund dessen die Belastung im Ergebnis stets bei der Obergesellschaft verbleibt - sei es aufgrund einer Pflicht zum Ausgleich eines Fehlbetrags (§ 302 AktG), sei es, weil eine Ausgleichszahlung den abzuführenden Gewinn mindert (BGH, Urteil vom 29. Januar 2013 - II ZR 91/11, ZIP 2013, 409 Rn. 20; Urteil vom 1. Dezember 2003 - II ZR 202/01, WM 2004, 228, 229; vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50, 55 f.; siehe auch Klahold/Kremer, ZGR 2010, 113, 122).

36

bb) Diese Grundsätze sind in der hier zu beurteilenden Konstellation anwendbar.

37

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs steht der Sanktionszweck einer wegen eines Verstoßes gegen Art. 101 AEUV festgesetzten Geldbuße einer privatautonomen Regelung der Haftung der Gesamtschuldner im Innenverhältnis nicht entgegen (vgl. EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 62 - Siemens Österreich; WuW/E EU-R 2996 Rn. 152, 157 - Areva). Demgemäß steht es den betroffenen Gesamtschuldnern frei, vor oder nach Entstehung des Gesamtschuldverhältnisses Vereinbarungen über die Ausgleichspflicht zu schließen.

38

cc) Ob eine Ausgleichspflicht nach diesen Grundsätzen auch dann ausgeschlossen ist, wenn ein bestehender Gewinnabführungsvertrag vor der Festsetzung des Bußgelds beendet worden ist (vgl. dazu Lüdeke/Skala, BB 2004, 1436, 1337 f.; Paschos in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2. Auflage, AktG § 302 Rn. 7, 10), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

39

Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich nicht, dass die Klägerin mit einer der Beklagten einen Gewinnabführungsvertrag oder eine sonstige Vereinbarung geschlossen hat, die Auswirkungen auf den Gesamtschuldnerausgleich haben könnte.

40

c) Mangels einer vertraglichen Vereinbarung sind die Ausgleichsansprüche anhand der Umstände des Einzelfalls zu bemessen, insbesondere anhand der individuellen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der Beteiligten sowie anhand der für die Bemessung der Geldbuße maßgeblichen Tatsachen.

41

aa) Bei einer Haftung auf Schadensersatz bestimmt sich das Innenverhältnis der Gesamtschuldner nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechend dem Rechtsgedanken des § 254 Abs. 1 BGB regelmäßig danach, inwieweit die einzelnen Gesamtschuldner zur Verursachung der für die Haftung maßgeblichen Umstände beigetragen haben und in welchem Maß sie ein Verschulden trifft (vgl. nur BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - III ZR 441/13, NJW 2014, 2730 Rn. 21; Urteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 286/09, NJW 2011, 292 Rn. 9; Beschluss vom 9. Juni 2008 - II ZR 268/07, NJW-RR 2009, 49 Rn. 2; Urteil vom 9. März 1965 - VI ZR 218/63, BGHZ 43, 178, 187; MünchKommBGB/Bydlinski, 6. Auflage, § 426 Rn. 21).

42

bb) Diese Gesichtspunkte sind auch in der hier zu beurteilenden Konstellation relevant.

43

(1) Die Haftung eines Unternehmens für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV ist mit einer Schadensersatzhaftung für schuldhaftes Handeln vergleichbar, weil sie gemäß Art. 23 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1/2003 eine vorsätzliche oder fahrlässige Beteiligung des betreffenden Unternehmens voraussetzt. Schon dies legt es nahe, die Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der an dem Verstoß beteiligten Unternehmen auch in diesem Zusammenhang bei der Bemessung der Ausgleichsansprüche zu berücksichtigen.

44

(2) Eine Berücksichtigung dieser Umstände erscheint zudem deshalb folgerichtig, weil insbesondere die Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung sowie Umstände, die die Schuld mindern oder erschweren, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (dazu insgesamt EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - C-389/10 P, WuW/E EU-R 2213 Rn. 58 ff., 122 ff. - KME; vgl. auch EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 52 f. - Siemens Österreich; Nowak in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, 2. Auflage, VO 1/2003/EG, Art. 23 Rn. 36 mwN) auch für die Bemessung der Geldbuße von Bedeutung sind.

45

Die Heranziehung dieser Umstände im Rahmen des internen Gesamtschuldnerausgleichs stellt sicher, dass die Geldbuße gerade auch für unmittelbar am Geschehen beteiligte Gesellschaften eine wirksame und bleibende Sanktion darstellt (vgl. Aberle, Sanktionsdurchgriff und wirtschaftliche Einheit im deutschen und europäischen Kartellrecht, S. 139). Sie steht deshalb in Einklang mit dem Zweck der festgesetzten Sanktion.

46

(3) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung und des Landgerichts kann aus dem unionsrechtlichen Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit in Verbindung mit der gesamtschuldnerischen Haftung einer Obergesellschaft für eine Geldbuße nicht hergeleitet werden, dass diese im Innenverhältnis stets die alleinige Verantwortung für das Handeln aller im Unternehmen beschäftigten Personen treffen muss.

47

Der Gerichtshof hat klargestellt, dass das Unionsrecht der internen Aufteilung einer Geldbuße unter Berücksichtigung der Verantwortung oder relativen Schuld der einzelnen Gesellschaften nicht entgegensteht (EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 71 - Siemens Österreich). Der Gerichtshof hat zudem ausgeführt, eine Gesamtschuld lasse sich nicht auf eine Form von Bürgschaft reduzieren, die eine Obergesellschaft leiste, um die Zahlung der gegen eine abhängige Gesellschaft verhängten Geldbuße zu garantieren (EuGH, WuW/E EU-R 2886 Rn. 56 - Kendrion; Urteil vom 19. Juni 2014 - C-243/12 P, NZKart 2014, 321 Rn. 107 - FLS Plast). Vielmehr sei die Muttergesellschaft so anzusehen, als habe sie selbst die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht begangen (EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 46 f. - Siemens Österreich). Daraus ist einerseits zu entnehmen, dass eine Obergesellschaft nicht stets und ohne weiteres zum Ausgleich in voller Höhe berechtigt ist. Andererseits kann aber auch eine abhängige Gesellschaft nicht stets und ohne weiteres als lediglich sekundär im Außenverhältnis haftende Schuldnerin angesehen werden, gegen die der Obergesellschaft im Innenverhältnis keine Ausgleichsansprüche zustehen.

48

(4) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Berücksichtigung der jeweiligen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge nicht entgegen, dass die Kommission diese Kriterien bei der Auswahl der einzelnen Gesamtschuldner nicht heranzieht.

49

Die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Gesellschaften hat nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs unter anderem zur Folge, dass sich der erforderliche Ermittlungsaufwand für die Kommission verringert. Diese braucht eine persönliche Beteiligung von Vertretern der Muttergesellschaft an der Zuwiderhandlung nicht nachzuweisen (EuGH, Urteil vom 10. September 2009 - C-97/08 P, Slg. 2009, I-8237 = WuW/E EU-R 1639 Rn. 59 f. - Akzo Nobel; Urteil vom 20. Januar 2011 - C-90/09 P, WuW/E EU-R 1899 Rn. 38 f. - General Química) und ist auch nicht verpflichtet, vorrangig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Zurechnung der Zuwiderhandlung zur Muttergesellschaft erfüllt sind (EuGH, Urteil vom 24. September 2009 - C-125/07 P u.a., Slg. 2009, I-8681 = WuW/E EU-R 1633 Rn. 82 - Erste Group Bank).

50

Dieser Aspekt betrifft lediglich die Haftung im Außenverhältnis. Wenn feststeht, dass ein Unternehmen eine Geldbuße in bestimmter Höhe verwirkt hat, ist es im Wesentlichen eine Frage der Zweckmäßigkeit, ob die Kommission diese Geldbuße nur gegen eine der zum Unternehmen gehörenden Gesellschaften festsetzt oder ob sie weitere Gesellschaften als Gesamtschuldner heranzieht. Sofern der festgesetzte Betrag von den Adressaten der Bußgeldentscheidung beigetrieben werden kann, ist es im Ergebnis bedeutungslos, ob wegen desselben Betrags noch weitere Schuldner zur Verfügung stünden.

51

Auf den internen Ausgleich unter mehreren Gesamtschuldnern lassen sich diese Erwägungen nicht übertragen. Zwar mag es innerhalb eines Konzerns in Einzelfällen ebenfalls nur eine Frage der Zweckmäßigkeit sein, welchen Anteil die einzelnen in Anspruch genommenen Gesellschaften im Ergebnis zu tragen haben. Zumindest in einer Konstellation, wie sie dem Streitfall zugrunde liegt, ist dies indes nicht der Fall. Jedenfalls in solchen Konstellationen muss der Ausgleich anhand von inhaltlichen Kriterien vorgenommen werden.

52

Das Ziel, einen hohen Ermittlungsaufwand für die Kommission zu vermeiden, steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil die Kommission für die Entscheidung über interne Ausgleichsansprüche nicht zuständig ist. Die zur Entscheidung berufenen Gerichte der Mitgliedstaaten sind demgegenüber auch in anderen Fällen des Gesamtschuldnerausgleichs gehalten, die dafür relevanten Tatsachen festzustellen.

53

(5) Entgegen der Auffassung des Bundeskartellamts gebietet der Zweck des Kartellverbots und der Bußgeldfestsetzung nicht, in Abweichung von § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB unabhängig von den sonstigen Umständen des jeweiligen Einzelfalls stets eine Aufteilung nach Kopfteilen vorzunehmen.

54

Im Interesse einer effektiven Durchsetzung des Kartellverbots mag es zwar häufig geboten sein, keiner der von einer Bußgeldentscheidung betroffenen natürlichen oder juristischen Personen eine vollständige Abwälzung ihrer finanziellen Belastung auf die übrigen Gesamtschuldner zu ermöglichen. Zur Erreichung dieses Zwecks ist eine starre Aufteilung nach Kopfteilen ohne Berücksichtigung der sonstigen Umstände des Einzelfalls aber weder geeignet noch erforderlich.

55

Die Frage, ob die interne Verteilung des Bußgelds mit dem Ziel einer effektiven Durchsetzung des Kartellverbots in Einklang steht, kann nicht unabhängig vom Einzelfall beurteilt werden. Ihre Beurteilung kann vielmehr ebenfalls davon abhängen, welche Verursachungs- und Verschuldensbeiträge den einzelnen Gesamtschuldnern zur Last fallen und welche Faktoren für die Bemessung des Bußgeldes von Bedeutung waren. Eine starre Verteilung, die unabhängig von den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles jedem Gesamtschuldner denselben Anteil zuweist, könnte diesen Anforderungen nicht gerecht werden. Die Anwendung des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ermöglicht demgegenüber auch unter diesem Aspekt eine angemessene und den Umständen des jeweiligen Einzelfalles Rechnung tragende Verteilung.

56

cc) Soweit sich der Gesamtschuldnerausgleich nach den Verursachungs- und Verschuldensbeiträgen bestimmt, kann auch von Bedeutung sein, welcher Art die Tatbeiträge der einzelnen Gesellschaften waren.

57

Nach allgemeinen Grundsätzen tritt die bloße Verletzung einer Aufsichtspflicht in der Abwägung regelmäßig hinter dem unmittelbaren und schuldhaften Verursachungsbeitrag des zu beaufsichtigenden Gesamtschuldners zurück. Wer eigenverantwortlich eine ihm obliegende Pflicht verletzt, kann sich im Innenverhältnis nach Treu und Glauben grundsätzlich nicht darauf berufen, bei der Erfüllung eben dieser Pflicht nicht genügend überwacht worden zu sein (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - VI ZR 366/03, NJW 2005, 2309, 2310; Urteil vom 22. April 1980 - VI ZR 134/78, NJW 1980, 2348, 2349; Urteil vom 16. Februar 1971 - VI ZR 125/69, NJW 1971, 752, 753; MünchKommBGB/Bydlinski, 6. Auflage, § 426 Rn. 22; zu möglichen Ausnahmen vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 1965 - GSZ 1/64, BGHZ 43, 227, 235).

58

Diese Grundsätze sind in der hier zu beurteilenden Konstellation ebenfalls heranzuziehen. Eine Gesellschaft, die in eigener Verantwortung Zuwiderhandlungen gegen Wettbewerbsvorschriften begeht, handelt in der Regel treuwidrig, wenn sie einer mit ihrer Aufsicht betrauten Gesellschaft vorwirft, sie bei der Einhaltung dieser Vorschriften nicht genügend beaufsichtigt zu haben.

59

dd) Zu den nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgeblichen Umständen gehört ferner der wirtschaftliche Erfolg, den die einzelnen Gesamtschuldner aufgrund der Zuwiderhandlung erzielt haben.

60

(1) Dies gilt insbesondere, soweit die Geldbuße zur Abschöpfung verbotswidrig erwirtschafteter Vorteile dient, was nach Nr. 31 der Leitlinien der Kommission für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Art. 23 Abs. 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006 C 210/02; dazu Dannecker/Biermann in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage, VO (EG) 1/2003, Art. 23 Rn. 224 mwN) möglich ist, wovon die Kommission aber nicht in jedem Fall Gebrauch macht (vgl. BFHE 243, 493 Rn. 33 ff.).

61

Derjenige Teil einer Geldbuße, der ausschließlich ein Äquivalent zu dem von einer Gesellschaft aufgrund der Tat erzielten Erlös darstellt, ist entsprechend dem Zweck der Sanktion im Innenverhältnis grundsätzlich von demjenigen Gesamtschuldner zu tragen, dem der Erlös ohne die Sanktionierung verblieben wäre (vgl. OLG Hamm, NJW 2002, 1054; OLG Bamberg, OLGR 2002, 162, 163 f.; siehe auch OLG Stuttgart, NJW-RR 1994, 876, 877).

62

(2) Aber auch insoweit, als die festgesetzte Geldbuße nicht der Abschöpfung dient, kann der aufgrund der Zuwiderhandlung erzielte Erlös beim Gesamtschuldnerausgleich von Bedeutung sein.

63

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs hat die Festsetzung von Geldbußen den Zweck, unerlaubte Verhaltensweisen zu ahnden und künftigen Zuwiderhandlungen durch Abschreckung vorzubeugen (EuGH, Urteil vom 17. Juni 2010 - C-413/08 P, Slg. 2010, I-5406 Rn. 102 - Lafarge mwN; siehe auch EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 59 - Siemens Österreich; WuW/E EU-R 2996 Rn. 132 - Areva). Die Kommission kann bei einer an der Schwere der Zuwiderhandlung orientierten Bemessung der Geldbuße daher auch den Gewinn, den das Unternehmen aus diesen Vereinbarungen oder Verhaltensweisen ziehen konnte, in ihre Erwägungen einbeziehen, weil dies die abschreckende Wirkung der Geldbuße gewährleistet (vgl. EuGH, Urteil vom 28. Juni 2005 - C-189/02 P u.a., Slg 2005, I-5488 = WuW/E EU-R 913 Rn. 242, 260, 292 mwN - Dansk Rørindustri, WuW/E EU-R 2970 Rn. 53 - Siemens Österreich).

64

Angesichts dessen ist es folgerichtig, diesem Umstand auch beim Gesamtschuldnerausgleich Bedeutung zuzumessen. Dies gilt auch dann, wenn die Kommission die Höhe der Geldbuße nicht mit entstandenen Gewinnen begründet hat. Die Berücksichtigung der Gewinnzuordnung fördert auch in dieser Konstellation den Abschreckungszweck der Geldbuße (Köhler, WRP 2011, 277, 282, 284). Sie hat insbesondere zur Folge, dass keine der beteiligten Gesellschaften darauf vertrauen kann, Vermögensvorteile, die sie aufgrund von Zuwiderhandlungen einer mit ihr verbundenen Gesellschaft erlangt hat, ungeachtet einer festgesetzten Geldbuße behalten zu können.

65

In dieser Konstellation dürfte es aber allenfalls in Ausnahmefällen in Betracht kommen, einem einzelnen Gesamtschuldner intern die volle Haftung zuzuweisen. Die erzielten Vermögensvorteile bilden in der Regel nur einen von mehreren Aspekten, die für die Bemessung der Geldbuße von Bedeutung sind. Angesichts dessen ist es in aller Regel verfehlt, diesen einzelnen Gesichtspunkt beim internen Ausgleich als allein ausschlaggebend zu behandeln. Dies gilt umso mehr in Fällen, in denen eine konkrete Zuordnung erlangter Vermögensvorteile nicht möglich ist - etwa deshalb, weil die Vorteile nicht bezifferbar sind oder weil aufgrund der Art und Weise, in der die beteiligten Gesellschaften bei der Zuwiderhandlung zusammengewirkt haben, nicht zu ermitteln ist, welchem der Gesamtschuldner sie in welcher Höhe zugeflossen sind.

66

ee) Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung sind in der Regel ferner die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die tatbefangenen Umsätze der einzelnen Gesellschaften zu berücksichtigen.

67

(1) Dies ist schon deshalb geboten, weil eine Geldbuße gemäß Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 und Abs. 4 Unterabs. 5 VO (EG) Nr. 1/2003 einen Betrag von 10% des Gesamtumsatzes in dem der Entscheidung der Kommission vorausgegangenen Geschäftsjahr nicht überschreiten darf.

68

Diese Grenze bezieht sich nach den genannten Vorschriften zwar auf das betroffene Unternehmen bzw. die betroffene Unternehmensvereinigung insgesamt. Beim Gesamtschuldnerausgleich ist sie jedoch nach Sinn und Zweck des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB auch für die zum Unternehmen gehörenden Gesellschaften heranzuziehen.

69

Die umsatzabhängigen Bußgeldobergrenzen des Art. 23 VO (EG) Nr. 1/2003 sollen gewährleisten, dass die Geldbußen nicht außer Verhältnis zur Größe des betroffenen Unternehmens stehen (Dannecker/Biermann in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage, VO EG 1/2003, Art. 23 Rn. 114). Eine vergleichbare Interessenlage besteht auch beim Innenausgleich zwischen den zum Unternehmen gehörenden und als Gesamtschuldner in Anspruch genommenen Gesellschaften. Ansonsten könnte eine einzelne Gesellschaft, auf die nur ein geringer Anteil der für die Bemessung der Geldbuße im Außenverhältnis maßgeblichen Umsätze entfällt, die aber an der Zuwiderhandlung an führender Stelle beteiligt war, mit einer Ausgleichsforderung konfrontiert werden, die außer Verhältnis zu ihrer Größe steht oder sogar ihre Existenz bedroht.

70

Wenn es bereits vor der Ahndung der Zuwiderhandlung zu einer Aufspaltung des Unternehmens kommt, ist diesem Aspekt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs dadurch Rechnung zu tragen, dass die umsatzbezogene Obergrenze bereits im Außenverhältnis gegenüber jeder in Anspruch genommenen juristischen Person individuell zu berechnen ist (EuGH, WuW/E EU-R 2886 Rn. 57 - Kendrion; ebenso bereits EuG, Urteil vom 15. Juni 2005 - T-71/03 u.a. Rn. 390 - Tokai Carbon). Für den Fall, dass die Aufspaltung erst nach der Festsetzung der Geldbuße erfolgt, kann für die Verteilung im Innenverhältnis nichts anderes gelten.

71

(2) Unabhängig davon, ob die Obergrenzen des Art. 23 VO (EG) Nr. 1/2003 erreicht werden, sind ferner das Verhältnis der Umsätze und die jeweilige wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Gesamtschuldner für den Binnenmarkt zu berücksichtigen.

72

Die Größe des Unternehmens, der Wert der betroffenen Waren und die Gefahren, die die Zuwiderhandlungen für die Ziele der Union begründen, sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (EuGH, WuW/E EU-R 2970 Rn. 53 mwN - Siemens Österreich) für die Bemessung der Geldbuße von Bedeutung. Die Finanzkraft des Unternehmens ist insbesondere auch dafür maßgeblich, welche Höhe die Geldbuße annehmen muss, um für das Unternehmen abschreckend zu wirken (Dannecker/Biermann in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage, VO (EG) 1/2003, Art. 23 Rn. 117 f. mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. Februar 2013 - KRB 20/12, BGHSt 58, 158 = WuW/E DE-R 3861 Rn. 70 - Grauzementkartell; siehe auch Kommission, Leitlinien, aaO Nr. 4, 30).

73

Blieben diese Aspekte beim internen Ausgleich unberücksichtigt, so könnte die festgesetzte Sanktion zumindest für einzelne Gesamtschuldner ihren Zweck verfehlen. Dies stünde in Widerspruch zu den Zielen der Geldbuße.

74

(3) Ebenfalls von Bedeutung sind die Beiträge der einzelnen Gesamtschuldner zum Umfang der relevanten Marktbeteiligung des Unternehmens.

75

Dies gilt namentlich in Fällen, in denen gemäß den Leitlinien der Kommission (aaO Nr. 5 f., 12 f.) die Größenordnung der Geldbuße durch einen Grundbetrag bestimmt wird, in den der Wert der auf dem räumlich relevanten Markt verkauften Waren oder Dienstleistungen einfließt, mit denen der Verstoß in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang steht. In solchen Fällen wäre es verfehlt, einer Gesellschaft, die zu den danach relevanten Umsätzen wenig oder nichts beigetragen hat, einen übermäßig hohen Anteil der Geldbuße zuzuweisen. Soweit sich dieser Aspekt auf die Bemessung der Geldbuße ausgewirkt hat, ist diese vielmehr zu entsprechenden Anteilen auf die Gesamtschuldner umzulegen.

76

Dies entspricht den Grundsätzen, die der Bundesgerichtshof zum Innenausgleich zwischen einer Organgesellschaft und einem Organträger entwickelt hat, die als Gemeinschuldner für die Umsatzsteuer haften. In solchen Fällen ist - dem Verursachungsprinzip folgend - für den Gesamtschuldnerausgleich daran anzuknüpfen, ob und in welchem Umfang die Steuerschuld aus dem Gewerbebetrieb der Organgesellschaft oder aus demjenigen des Organträgers herrührt (BGH, Urteil vom 29. Januar 2013 - II ZR 91/11, ZIP 2013, 409 Rn. 11, 20; Urteil vom 19. Januar 2012 - IX ZR 2/11, BGHZ 192, 221 Rn. 28, 36; Urteil vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50, 59; BFHE 226, 391, 398). In der hier zu beurteilenden Konstellation ist in entsprechender Weise daran anzuknüpfen, ob und in welchem Umfang die Umsätze der einzelnen Gesellschaften in die Bemessung der Geldbuße eingeflossen sind.

77

ff) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist es mit dem Zweck der Geldbuße nicht schlechthin unvereinbar, dass eine Obergesellschaft einen Teil der Haftung im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs auf eine abhängige Gesellschaft abwälzt.

78

Die insoweit auch vom Landgericht geäußerte Befürchtung, kartellanfällige Geschäfte könnten zur Vermeidung von Haftungsrisiken auf kapitalschwache Gesellschaften ausgelagert werden, ist schon deshalb unbegründet, weil sich das ausschlaggebende Haftungsrisiko aus dem Außenverhältnis ergibt. Soweit eine zum Unternehmen gehörende Gesellschaft finanziell nicht in der Lage ist, die Geldbuße zu bezahlen, verbleibt die Zahlungspflicht im wirtschaftlichen Ergebnis bei der als Gesamtschuldnerin mithaftenden Obergesellschaft. Unabhängig davon wirkt schon die entsprechende Anwendung der in Art 23 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1/2003 normierten Obergrenzen einer die finanziellen Möglichkeiten übersteigenden Inanspruchnahme einzelner Gesellschaften entgegen.

79

Die vom Landgericht und vom Bundeskartellamt geäußerte Befürchtung, eine Obergesellschaft könnte sich der Haftung für Geldbußen im Ergebnis entziehen, indem sie ihre Anteile an einer abhängigen Gesellschaft, auf die ein Großteil der Haftung im Innenverhältnis entfällt, auf einen Dritten überträgt, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Die Aufteilung der aus einer gesamtschuldnerischen Haftung für eine Geldbuße resultierenden Haftungsrisiken unterliegt im Falle einer Veräußerung der vertraglichen Regelung zwischen Veräußerer und Erwerber. Sofern die Risiken bekannt sind, bleibt es dem Erwerber unbenommen, diese bei seinem Kaufpreisangebot zu berücksichtigen oder sich Gewährleistungsrechte auszubedingen. Sofern die Risiken unbekannt sind oder vom Veräußerer verschwiegen werden, können dem Erwerber je nach Fallgestaltung Ansprüche wegen Leistungsstörung, Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen oder arglistiger Täuschung zustehen. Ob und in welchem Umfang solche Ansprüche im Veräußerungsvertrag ausgeschlossen werden, obliegt der Vereinbarung zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber. Eine Modifikation des Gesamtschuldnerausgleichs zwischen der veräußernden und der veräußerten Gesellschaft ist daneben weder geboten noch systemgerecht.

80

3. Ausgehend von diesen Grundsätzen halten die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht Ausgleichsansprüche der Klägerin gegen die Beklagten verneint hat, der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

81

a) Wie bereits ausgeführt, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, dass zwischen der Klägerin und den Beklagten ein Unternehmensvertrag bestand, aufgrund dessen die Beklagten alle aus den Zuwiderhandlungen erzielten Gewinne an die Klägerin abgeführt haben. Im Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten der Klägerin zu unterstellen, dass eine Gewinnabführung auf vertraglicher Grundlage nicht stattgefunden hat.

82

b) Die vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen zum wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin vermögen die angefochtene Entscheidung nicht zu tragen.

83

aa) Den Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich nicht entnehmen, ob und in welcher Höhe ein kartellbedingter Mehrerlös oder sonstige Vorteile angefallen sind.

84

Das Berufungsgericht hat unterstellt, schon die Durchführung des Kartells habe eine sichere Gewinnerwartung begründet. Dies vermag die Feststellung konkret entstandener Vorteile nicht zu ersetzen.

85

Die Bildung und Durchführung eines Kartells sprechen zwar in der Regel dafür, dass den Beteiligten hieraus ein wirtschaftlicher Vorteil erwächst. Dies entbindet den Tatrichter aber nicht davon, Feststellungen dazu zu treffen, ob sich diese Erwartung im konkreten Fall verwirklicht hat.

86

bb) Unabhängig davon ermöglichen die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht die Schlussfolgerung, dass eventuell entstandene Vorteile in vollem Umfang der Klägerin zuzuordnen sind.

87

Eine solche Zuordnung mag im Einzelfall auch ohne vollständige Gewinnabführung möglich sein. Der Umstand, dass der Wert der Beteiligung aufgrund der vom abhängigen Unternehmen erzielten Gewinne gestiegen ist, reicht dafür aber nicht aus. Soweit der interne Ausgleich an erzielte Vermögensvorteile anknüpft, ist es vielmehr geboten, die daraus resultierende Ausgleichspflicht derjenigen Gesellschaft aufzuerlegen, in deren Vermögen sich die Vorteile befinden. Eine Belastung der nur mittelbar, nämlich über den Wert ihrer Beteiligung profitierenden Obergesellschaft würde demgegenüber dazu führen, dass die eigentlich verantwortliche Gesellschaft den rechtswidrig erzielten Vorteil auf Dauer behalten darf. Eine Belastung der abhängigen Gesellschaft führt hingegen dazu, dass auch die Obergesellschaft mittelbar belastet wird, und zwar dadurch, dass der Wert der von ihr gehaltenen Beteiligung wieder entsprechend sinkt.

88

cc) Die Frage, ob die Klägerin eine mögliche Wertsteigerung durch die Veräußerung ihrer Anteile realisieren konnte, ist auch in diesem Zusammenhang unerheblich.

89

Wie bereits oben dargelegt wurde, sind Äquivalenzprobleme, die sich daraus ergeben, dass die veräußerte Gesellschaft mit Forderungen aus dem Gesamtschuldnerausgleich belastet ist, im Verhältnis zwischen der veräußernden Gesellschaft und dem Erwerber zu lösen. Auf den internen Ausgleich zwischen den Gesamtschuldnern hat die Veräußerung hingegen keine Auswirkung.

90

dd) Selbst wenn der Klägerin ein Teil der Vorteile zugeflossen wäre, dürfte zudem nicht außer Betracht bleiben, dass sie während eines Teils des in Rede stehenden Tatzeitraums nur 57% der Anteile an der Beklagten zu 2 gehalten hat. Schon dies lässt es eher fernliegend erscheinen, dass entstandene Vorteile in vollem Umfang an sie weitergereicht wurden.

91

ee) Der vom Berufungsgericht herangezogene Umstand, dass der Klägerin aufgrund der Konzernstruktur jedenfalls die Gewinnchancen zugeordnet waren, vermag die angefochtene Entscheidung ebenfalls nicht zu tragen.

92

Soweit die Erzielung von Kartellmehrerlösen oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteilen nicht festgestellt werden kann, mag es zulässig sein, auf die im Vorhinein bestehenden Gewinnaussichten abzustellen. Dieser Umstand bildet in aller Regel aber nur einen der in die gebotene Gesamtabwägung einzustellenden Faktoren und kann allenfalls in Ausnahmefällen eine alleinige Ausgleichspflicht eines der Gesamtschuldner begründen.

93

Im Streitfall erscheint eine alleinige oder mindestens hälftige Ausgleichspflicht der Klägerin zudem schon deshalb fernliegend, weil diese wie erwähnt nicht während des gesamten Tatzeitraums sämtliche Anteile an der Beklagten zu 2 gehalten hat.

94

C. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar (§ 561 ZPO).

95

1. Der Klageanspruch ist nicht wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin unbegründet.

96

a) Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin kann nicht darin gesehen werden, dass sie die Entscheidung der Kommission angefochten hat, die Beklagten aber dennoch auf Ausgleich in Anspruch nimmt.

97

Ein Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB entsteht nicht erst mit Zahlung durch einen Gesamtschuldner, sondern schon mit der Entstehung der Gesamtschuld im Außenverhältnis. Ist die Schuld fällig, kann der mithaftende Gesamtschuldner schon vor Erbringung seiner eigenen Leistung von seinen Mitschuldnern verlangen, ihren Anteilen entsprechend an der Befriedigung des Gläubigers mitzuwirken und ihn von einer Inanspruchnahme durch den Gläubiger freizustellen (BGH, Urteil vom 7. November 1985 - III ZR 142/84, NJW 1986, 978, 979; Urteil vom 15. Oktober 2007 - II ZR 136/06, NJW-RR 2008, 256 Rn. 14). Ob diese Freistellung durch Zahlung geschieht oder dadurch, dass die Zahlungspflicht durch Einlegung von Rechtsbehelfen abgewendet wird, bleibt, soweit es um den auf ihn entfallenden Anteil geht, jedem der zum Ausgleich verpflichteten Schuldner selbst überlassen. Soweit ein Gesamtschuldner mehr als den von ihm im Innenverhältnis geschuldeten Anteil an den Gläubiger zahlt, wandelt sich der ihm zustehende Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1985 - III ZR 90/84, NJW 1986, 1097; Beschluss vom 10. Dezember 2002 - X ARZ 208/02, BGHZ 153, 173, 175 f.).

98

b) Ob der Schuldner einer Geldbuße sich rechtsmissbräuchlich verhält, wenn er die übrigen Schuldner aufgrund einer von ihm erbrachten Zahlung in Regress nimmt, obwohl er die Möglichkeit gehabt hätte, die Zahlung durch Sicherheitsleistung abzuwenden (in diesem Sinne Köhler, WRP 2011, 277, 286), oder ob ein Schuldner schon wegen des damit verbundenen Zinsrisikos nicht gehalten ist, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen (vgl. dazu Kredel, BB 2013, 2644), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

99

Selbst wenn diese Frage grundsätzlich im zuerst genannten Sinne zu beantworten wäre, könnte das Begehren der Klägerin im Streitfall jedenfalls deshalb nicht (mehr) als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, weil die Entscheidung der Kommission ihr gegenüber inzwischen bestandskräftig ist. Dieser neue Umstand kann im Revisionsverfahren berücksichtigt werden, weil er unstreitig geblieben und eine Beeinträchtigung der Rechte der Beklagten nicht zu besorgen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 1992 - V ZR 192/91, NJW-RR 1992, 1149).

100

Mit der Bestandskraft der Entscheidung hat die Klägerin die Möglichkeit verloren, eine Vollstreckung der Geldbuße durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Jedenfalls in diesem Stadium ist es nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie die Beklagten auf Zahlung in Anspruch nimmt. Dass die Klägerin es unterlassen hat, den Eintritt der Bestandskraft durch Einlegung eines weiteren Rechtsmittels zu verhindern, kann für sich gesehen nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden.

101

2. Ebenfalls keiner Entscheidung bedarf die Frage, ob es als treuwidrig angesehen werden kann, wenn ein Gesamtschuldner einen Teilbetrag der Geldbuße bezahlt, der über den im Innenverhältnis auf ihn entfallenden Anteil hinausgeht, ohne den übrigen Gesamtschuldnern zuvor Gelegenheit zu geben, den auf sie entfallenden Teil der Geldbuße selbst zu bezahlen oder in entsprechender Höhe Sicherheit zu leisten, gleichwohl aber vor Bestandskraft der Bußgeldentscheidung Ausgleich verlangt.

102

Selbst wenn diese Frage zu bejahen wäre, stünde dies dem Klagebegehren im Streitfall jedenfalls deshalb nicht entgegen, weil nicht ersichtlich ist, dass die Beklagten einem Begehren der Klägerin nachgekommen wären, Sicherheit auch für den Teil der Geldbuße zu leisten, den die Kommission gegenüber der Klägerin geltend gemacht hatte.

103

Die Beklagten haben nur hinsichtlich der Hälfte der insgesamt verhängten Geldbuße Sicherheit geleistet. Im vorliegenden Rechtsstreit machen sie geltend, die Klägerin sei im Innenverhältnis allein verpflichtet, dürfe aber jedenfalls keine Ausgleichsansprüche gegen die Beklagten geltend machen. Bei dieser Ausgangslage bedürfte es besonderer Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten trotz der damit verbundenen Risiken einem nach Festsetzung der Geldbuße an sie herangetragenen Begehren der Klägerin, weitergehende Sicherheit zu leisten, nachgekommen wären. Solche Umstände sind nicht festgestellt und werden auch von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt.

104

D. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif.

105

1. Ob und in welchem Umfang der Klägerin gegen die Beklagten ein Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht, lässt sich mangels Feststellungen zu den maßgeblichen Umständen nicht beurteilen.

106

a) Der Tatbeitrag der Beklagten zu 1, deren Beschäftigte sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts an den Kartellabsprachen beteiligt haben, führt wegen der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht ohne weiteres zu deren alleiniger Haftung im Innenverhältnis.

107

b) Hinsichtlich der weiteren für den Ausgleich relevanten Umstände bedarf es ergänzender tatrichterlicher Feststellungen.

108

Die Revision weist insoweit mit Recht auf den Vortrag der Klägerin hin, wonach die Beklagte zu 2 - anders als die Klägerin - von den Verstößen Kenntnis gehabt und diese nicht unterbunden habe und die Klägerin nicht Nutznießerin des Kartells gewesen sei. Sofern dieser Vortrag zutrifft, kann nicht ausgeschlossen werden, dass auf die Klägerin intern ein geringerer Betrag entfällt als derjenige, den sie an die Kommission gezahlt hat.

109

Das Berufungsgericht, das sich - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - mit diesem Vorbringen nicht befasst hat, wird deshalb die erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben. Ergänzend wird es den Parteien Gelegenheit geben müssen, zu sonstigen Gesichtspunkten vorzutragen, die nach den oben aufgezeigten Grundsätzen für den Gesamtschuldnerausgleich relevant sind.

110

c) Vorsorglich weist der Senat für das weitere Verfahren darauf hin, dass eine Anwendung der Auffangregel des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht ohne weiteres eine hälftige Belastung der Klägerin oder eine gesamtschuldnerische Belastung der Beklagten zur Folge hätte.

111

Nach der Grundregel des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB haftet jeder Gesamtschuldner zu gleichen Anteilen. Im Streitfall entfiele danach auf die Klägerin und die beiden Beklagten je ein Drittel des Gesamtbetrags. Ein Ausgleichsanspruch stünde der Klägerin nur insoweit zu, als ihre Zahlungen an die Kommission den auf sie entfallenden Anteil überschritten haben.

112

Zudem haftet, sofern mehrere Gesamtschuldner zum Ausgleich verpflichtet sind, im Innenverhältnis jeder von ihnen grundsätzlich nur in Höhe des auf ihn entfallenden Anteils (BGH, Urteil vom 24. April 1952 - III ZR 78/51, BGHZ 6, 3, 25).

113

Eine abweichende Verteilung und eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten gegenüber der Klägerin kämen nach der Grundregel allenfalls dann in Betracht, wenn die Beklagten zu einer Haftungseinheit zusammenzufassen und im Verhältnis zur Klägerin wie eine Person zu behandeln wären (dazu BGH, Urteil vom 17. Dezember 2009 - VII ZR 172/08, NJW 2010, 1592 Rn. 23 mwN; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, § 426 Rn. 15 mwN). Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann eine solche Haftungseinheit zwischen den Beklagten indes nicht bejaht werden. Die Beklagte zu 2 ist zwar wegen Handlungen in Anspruch genommen worden, die Beschäftigte der Beklagten zu 1 und der Kommanditgesellschaft begangen haben. Dasselbe gilt aber auch für die Klägerin. Für eine Zusammenfassung (nur) der beiden Beklagten und die Bildung einer einheitlichen Haftungsquote für diese im Verhältnis zur Klägerin ist auf dieser Grundlage kein Raum.

114

2. Eine eigene Entscheidung des Senats kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines auf die Klägerin übergegangenen Anspruchs der Kommission in Betracht.

115

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob § 426 Abs. 2 BGB in der hier zu beurteilenden Konstellation anwendbar ist. Ein Anspruchsübergang nach dieser Vorschrift tritt jedenfalls nur in dem Umfang ein, in dem der zahlende Gesamtschuldner gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Ausgleich berechtigt ist.

116

3. Der Klage kann nicht auf der Grundlage eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin gegen die Beklagten stattgegeben werden.

117

a) Schadensersatzansprüche auf kartellrechtlicher Grundlage scheiden schon wegen des Zwecks solcher Ansprüche aus.

118

Ein kartellrechtlicher Anspruch auf Schadensersatz dient nach den Vorgaben des Unionsrechts dem Zweck, den Schaden auszugleichen, der den durch die Zuwiderhandlung Geschädigten entstanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - KZR 75/10, BGHZ 190, 145 Rn. 62 - ORWI). Angesichts dessen kommen, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, Ansprüche auf Erstattung einer gezahlten Geldbuße auf dieser Grundlage schon deshalb nicht in Betracht, weil das Wettbewerbsrecht der Union nicht dazu dient, einzelne Organisationseinheiten eines gegen dieses Recht verstoßenden Unternehmens vor der Belastung mit einer Geldbuße zu schützen. Ansprüche dieser Art sind weder zur effektiven Durchsetzung der Wettbewerbsregeln der Union (dazu EuGH, Urteil vom 13. Juli 2006 - C-295/04 u.a., Slg. 2006, I-6641 = WuW/E EU-R 1107 Rn. 60, 91 ff. - Manfredi; Urteil vom 20. September 2001 - C-453/99, Slg. 2001, I-6314 = WuW/E EU-R 479 Rn. 25 ff. - Courage; BGHZ 190, 145 Rn. 34, 37, 62 - ORWI) notwendig noch dieser förderlich. Die jeweils anzuwendenden einzelstaatlichen Regelungen über den Gesamtschuldnerausgleich, hier § 426 BGB, ermöglichen es, eine gegen mehrere Gesellschaften als Gesamtschuldner verhängte Geldbuße sachgerecht auf die einzelnen Schuldner zu verteilen.

119

b) Der von der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 geltend gemachte Anspruch aus § 826 BGB ist ebenfalls unbegründet.

120

Dabei kann offenbleiben, ob sich auf dieser Grundlage überhaupt eine von § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB abweichende Verteilung ergeben könnte, obwohl Umstände, die die Beklagte einem Schadensersatzanspruch gemäß § 254 BGB entgegenhalten kann, beim Ausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich in entsprechender Weise zu berücksichtigen sind. Das Berufungsgericht hat jedenfalls eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Beklagten zu 2 durch die Klägerin ohne Rechtsfehler verneint.

121

Die Revision macht unter Bezugnahme auf entsprechendes Vorbringen der Klägerin geltend, die Beklagte zu 2 sei nach dem Wettbewerbsrecht der Union, insbesondere den Grundsätzen der gesamtschuldnerischen Haftung für Geldbußen, verpflichtet gewesen, die Beteiligung der Beklagten zu 1 an dem Verstoß zu unterbinden, nachdem ihre gesetzlichen Vertreter davon Kenntnis erlangt hätten.

122

Hierbei verkennt die Revision, dass ein Unterlassen nicht allein deshalb gegen die guten Sitten verstößt, weil den in Anspruch Genommenen eine Rechtspflicht zum Handeln trifft. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks, wegen des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verwerflich machen (BGH, Urteil vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, NJW-RR 2013, 1448 Rn. 14 mwN). Solche Umstände sind im Streitfall weder festgestellt noch dem in der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Parteivortrag zu entnehmen. Weitergehenden Vortrag der Klägerin zeigt die Revision nicht auf.

123

E. Eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage der Beklagten hält der Senat nicht für zweckmäßig.

124

Zwar ist eine Entscheidung in dem noch vor dem Gerichtshof anhängigen Verfahren in dem Sinne vorgreiflich, dass die Klageansprüche auf jeden Fall unbegründet wären, wenn die Festsetzung der Geldbuße gegen beide Beklagte in vollem Umfang für nichtig erklärt würde. Dass es zu einer Entscheidung dieses Inhalts kommen wird, erscheint im Hinblick auf den bisherigen Verfahrensverlauf aber nicht hinreichend wahrscheinlich, zumal die Nichtigkeitsklage der Beklagten in erster Instanz in vollem Umfang erfolglos geblieben ist.

Limperg                    Meier-Beck                        Kirchhoff

                Bacher                          Deichfuß

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

(1) Auf die Feststellung ist im ordentlichen Verfahren Klage zu erheben. Für die Klage ist das Amtsgericht ausschließlich zuständig, bei dem das Insolvenzverfahren anhängig ist oder anhängig war. Gehört der Streitgegenstand nicht zur Zuständigkeit der Amtsgerichte, so ist das Landgericht ausschließlich zuständig, zu dessen Bezirk das Insolvenzgericht gehört.

(2) War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so ist die Feststellung durch Aufnahme des Rechtsstreits zu betreiben.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer gegen den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 2008 (ABl. C 115 vom 9.5.2008, S. 47) verstößt, indem er vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen Artikel 101 Absatz 1 eine Vereinbarung trifft, einen Beschluss fasst oder Verhaltensweisen aufeinander abstimmt oder
2.
entgegen Artikel 102 Satz 1 eine beherrschende Stellung missbräuchlich ausnutzt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
einer Vorschrift der §§ 1, 19, 20 Absatz 1 bis 3 Satz 1, Absatz 3a oder Absatz 5, des § 21 Absatz 3 oder 4, des § 29 Satz 1 oder des § 41 Absatz 1 Satz 1 über das Verbot einer dort genannten Vereinbarung, eines dort genannten Beschlusses, einer aufeinander abgestimmten Verhaltensweise, des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, des Missbrauchs einer Marktstellung oder einer überlegenen Marktmacht, einer unbilligen Behinderung oder unterschiedlichen Behandlung, der Ablehnung der Aufnahme eines Unternehmens, der Ausübung eines Zwangs, der Zufügung eines wirtschaftlichen Nachteils oder des Vollzugs eines Zusammenschlusses zuwiderhandelt,
2.
einer vollziehbaren Anordnung nach
a)
§ 19a Absatz 2, § 30 Absatz 3, § 31b Absatz 3 Nummer 1 und 3, § 32 Absatz 1, § 32a Absatz 1, § 32b Absatz 1 Satz 1 oder § 41 Absatz 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit § 40 Absatz 3a Satz 2, auch in Verbindung mit § 41 Absatz 2 Satz 3 oder § 42 Absatz 2 Satz 2, oder § 60 oder
b)
§ 39 Absatz 5 oder
c)
§ 47d Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 47f Nummer 1 oder
d)
§ 47d Absatz 1 Satz 5 erster Halbsatz in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 47f Nummer 2 zuwiderhandelt,
3.
entgegen § 39 Absatz 1 einen Zusammenschluss nicht richtig oder nicht vollständig anmeldet,
4.
entgegen § 39 Absatz 6 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet,
5.
einer vollziehbaren Auflage nach § 40 Absatz 3 Satz 1 oder § 42 Absatz 2 Satz 1 zuwiderhandelt,
5a.
einer Rechtsverordnung nach § 47f Nummer 3 Buchstabe a, b oder c oder einer vollziehbaren Anordnung aufgrund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
5b.
entgegen § 47k Absatz 2 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, jeweils in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 47k Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2, eine dort genannte Änderung oder Mengenangabe nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt,
6.
entgegen § 59 Absatz 2 oder Absatz 4, auch in Verbindung mit § 47d Absatz 1 Satz 1, § 47k Absatz 7 oder § 82b Absatz 1, ein Auskunftsverlangen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig beantwortet oder Unterlagen nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig herausgibt,
7.
entgegen § 59 Absatz 1 Satz 6, auch in Verbindung mit § 82b Absatz 1, nicht zu einer Befragung erscheint,
8.
entgegen § 59a Absatz 2, auch in Verbindung mit § 47d Absatz 1 Satz 1 und § 47k Absatz 7, geschäftliche Unterlagen nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig zur Einsichtnahme und Prüfung vorlegt oder die Prüfung von geschäftlichen Unterlagen sowie das Betreten von Geschäftsräumen und -grundstücken nicht duldet,
9.
entgegen § 59b Absatz 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 82b Absatz 1, eine Durchsuchung von Geschäftsräumen oder geschäftlich genutzten Grundstücken oder Sachen nicht duldet,
10.
ein Siegel bricht, das von den Bediensteten der Kartellbehörde oder von einer von diesen Bediensteten ermächtigten oder benannten Person gemäß § 59b Absatz 3 Satz 1 Nummer 2, auch in Verbindung mit § 82b Absatz 1, angebracht worden ist, oder
11.
ein Verlangen nach § 59b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit § 82b Absatz 1, nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig beantwortet.

(3) Ordnungswidrig handelt, wer

1.
entgegen § 21 Absatz 1 zu einer Liefersperre oder Bezugssperre auffordert,
2.
entgegen § 21 Absatz 2 einen Nachteil androht oder zufügt oder einen Vorteil verspricht oder gewährt oder
3.
entgegen § 24 Absatz 4 Satz 3 oder § 39 Absatz 3 Satz 5 eine Angabe macht oder benutzt.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen, dass die vorgelegten Unterlagen während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.

(2) Dritte sind zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Das Gericht kann anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Eine solche Übersetzung gilt als richtig und vollständig, wenn dies von dem Übersetzer bescheinigt wird. Die Bescheinigung soll auf die Übersetzung gesetzt werden, Ort und Tag der Übersetzung sowie die Stellung des Übersetzers angeben und von ihm unterschrieben werden. Der Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Übersetzung ist zulässig. Die Anordnung nach Satz 1 kann nicht gegenüber dem Dritten ergehen.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.