Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 15. Okt. 2015 - 24 U 2657/15

published on 15/10/2015 00:00
Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 15. Okt. 2015 - 24 U 2657/15
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Gründe

Oberlandesgericht München

Az.: 24 U 2657/15

12 O 409/14 LG Kempten (Allgäu)

Leitsatz:

Zustimmend zitiert: BGH, Urteil vom 11.11.2014 - VI ZR 76/13 -, NJW 2015, 411

In dem Rechtsstreit

Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

gegen

- Beklagter und Berufungsbeklagter -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

wegen Schmerzensgeld

erteilt das Oberlandesgericht München - 24. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht … und den Richter am Oberlandesgericht …

am 15.10.2015 folgenden

Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 ZPO

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 24.06.2015, Az. 12 O 409/14, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für beide Instanzen auf 25.607,48 € festzusetzen.

Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.

Gründe:

I. Der am 04.11.1971 geborene Kläger war am 13.03.2012 im MVZ I. von Dr. M. ambulant am rechten Knie operiert worden. Es wurde eine Kniegelenksarthroskopie mit Innenmeniskusteilresektion und Mikrofrakturierung des Patellagleitlagers bei ausgestanztem Knorpelschaden durchgeführt. Nach der Operation erhielt der Kläger eine Mecron-Schiene zur Ruhigstellung des Kniegelenks, die er vier Wochen lang tragen sollte; in dieser Zeit sollte nur eine Teilbelastung des operierten Kniegelenks erfolgen. Zur Thromboseprophylaxe erhielt der Kläger ein Rezept über 10 Fertigspritzen Clexane 40 mg. Ab dem 21.03.2012 begab sich der Kläger zur Weiterbehandlung zum Beklagten, seinem Hausarzt, der zur weiteren Thromboseprophylaxe 10 Fertigspritzen Clexane 20 mg und am 02.04.2012 nochmals 20 Fertigspritzen Clexane 20 mg verschrieb. Am 15.04.2012 musste sich der Kläger wegen einer Lungenembolie in das Krankenhaus K. begeben, wo er bis 19.04.2012 stationär behandelt wurde; Ursache war eine tiefe Beinvenenthrombose rechts.

Der Kläger fordert vom Beklagten Schmerzensgeld, den Ersatz eines materiellen Schadens in Höhe von 3.607,48 € sowie die Feststellung der Ersatzpflicht weiterer materieller und immaterieller Schäden. Er wirft dem Beklagten vor, er habe einen groben Behandlungsfehler begangen, indem er ohne eigene diagnostische Maßnahmen die Thromboseprophylaxe von Clexane 40 mg auf Clexane 20 mg reduziert habe, und dadurch die tiefe Beinvenenthrombose verursacht. Dies stützt er auf ein Gutachten der Chirurgin Dr. Bu. vom MDK Bayern vom 11.07.2013 (Anlage K3). Der Beklagte bestreitet einen Behandlungsfehler, den Kausalzusammenhang sowie die behaupteten Schäden.

Das Landgericht hat ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Dr. Br., eines Facharztes für Allgemeinmedizin, vom 28.10.2014 eingeholt (Bl. 43/44 d. A.), das zum Ergebnis kommt, dass beim Kläger nach den Leitlinien AWMF-S3 „Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)“ von einem hohen Thromboserisiko auszugehen sei und damit Clexane 40 mg indiziert gewesen sei. Durch diese Dosierung wäre eine Thrombose mit hoher Wahrscheinlichkeit, aber nicht mit Sicherheit, vermieden worden.

Mit Schriftsatz vom 06.02.2015 erhob der Beklagte Einwände gegen das Gutachten und legte ein Privatgutachten der Leiterin der Arbeitsgruppe für Blutgerinnung und Thromboseforschung an der TU München, Prof. Dr. H., vom 27.01.2015 (Bl. 61/69 d. A.) vor, das zum Ergebnis kommt, dass beim Kläger ein Fall eines mittleren Thromboserisikos vorgelegen habe und die Verordnung von Clexane 20 mg leitliniengerecht gewesen sei und ein Kausalzusammenhang mit der erst fünf Wochen nach dem operativen Eingriff aufgetretenen Thrombose zu verneinen sei.

In der mündlichen Verhandlung vor der Zivilkammer wurde der Sachverständige Dr. Br. angehört. Er verneinte nunmehr einen Verstoß gegen den Facharztstandard. Es habe kein hohes, sondern nur ein erhöhtes Thromboserisiko vorgelegen. Auch im Fall einer höheren Dosis bestehe eine geringe Wahrscheinlichkeit einer Thrombose.

Das Landgericht Kempten hat sodann die Klage nach ausführlicher Auseinandersetzung mit den widerstreitenden Gutachten abgewiesen, da ein Behandlungsfehler nicht vorliege und zudem ein Anspruch am fehlenden Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität scheitere.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er seine Anträge aus der 1. Instanz weiter verfolgt. Er beantragt - wie bereits im innerhalb einer Schriftsatzfrist zur Stellungnahme zur Beweisaufnahme vorgelegten Schriftsatz vom 18.06.2015 - die Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO. Das schriftliche und das mündliche Gutachten des Sachverständigen Dr. Br. seien widersprüchlich. Er gehe von falschen Anknüpfungstatsachen aus und sei erkennbar nicht sachkundig. Das Landgericht habe quasi das Parteigutachten von Prof. Dr. H. zum gerichtlichen Gutachten erhoben und darauf seine Überzeugung gestützt.

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Urteil weist weder Rechtsfehler auf noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Das Landgericht geht mit Recht davon aus, dass den Kläger als Anspruchsteller die Beweislast sowohl für den von ihm behaupteten ärztlichen Behandlungsfehler als auch für die haftungsbegründende Kausalität trifft. Für beide Fragen gilt das strenge Beweismaß des § 286 ZPO (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl. 2014, Rn. C 200, 217). Diesen Beweis hat der Kläger nicht zur Überzeugung des Landgerichts geführt. Die dagegen gerichteten Berufungsangriffe greifen nicht durch.

1. Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung vom 27.05.2015 erstatteten Gutachten des Sachverständigen Dr. Br. einen Behandlungsfehler verneint.

a) In Arzthaftungsprozessen hat der Tatrichter nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die Pflicht, Widersprüchen zwischen Äußerungen mehrerer Sachverständiger von Amts wegen nachzugehen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, auch wenn es sich um Privatgutachten handelt. Legt eine Partei ein medizinisches Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, so darf der Tatrichter den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt (BGH, Urteil vom 11.11.2014 - VI ZR 76/13 -, Rn. 15, NJW 2015, 411 m. w. N.).

Dieser Pflicht ist die Zivilkammer nachgekommen, indem sie sich ausführlich mit dem Gutachten des MDK Bayern (Frau Dr. Bu.) vom 11.07.2013 und dem Privatgutachten von Frau Prof. Dr. H. vom 27.01.2015 sowie dem schriftlichen und dem mündlichen Gutachten des Sachverständigen Dr. Br. befasst hat, der sich zunächst in seinem schriftlichen Gutachten vom 28.10.2014 dem MDK-Gutachten angeschlossen hatte, in seinem mündlichen Gutachten jedoch einen Behandlungsfehler verneint hat. Es hat die Widersprüche zwischen den Gutachten abgewogen und sich selbst mit der S3-Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE) der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) (im Folgenden: Leitlinie) auseinandergesetzt.

Alle Gutachten stützen sich auf die Auslegung der genannten Leitlinie. Die Zivilkammer war daher verpflichtet, die Widersprüche zwischen den beiden von den Parteien vorgelegten Gutachten und dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Br. aufzuklären. Sachgerecht hat sie zu diesem Zweck den gerichtlich bestellten Sachverständigen angehört. Dass er in dieser Anhörung seine zunächst schriftlich geäußerte Meinung revidiert hat, disqualifiziert ihn nicht als Sachverständigen. Der Sachverständige ist verpflichtet, sein Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen zu erstatten (vgl. die Eidesformel in § 410 Abs. 1 S. 2 ZPO). Diese Verpflichtung beinhaltet, dass er von einer in seinem schriftlichen Gutachten vertretenen Auffassung abweichen muss, wenn er aufgrund der Argumentation in der Stellungnahme einer Partei, insbesondere aber aufgrund eines von einer Partei vorgelegten Gutachtens zu einer anderen Einschätzung kommt. Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen, der als praktischer Arzt der Berufsgruppe des Beklagten angehört, ergeben sich daraus nicht. Zwar ist nicht auszuschließen, dass der Sachverständige von der Persönlichkeit von Prof. Dr. H. beeindruckt war, die als Leiterin der Arbeitsgruppe für Blutgerinnung und Thromboseforschung an der TU München und Mitverfasserin der Leitlinie über hohe Fachkompetenz verfügt. Die Anhörung des Sachverständigen Dr. Br. zeigt jedoch, dass er sich sachlich mit der Argumentation in dem Privatgutachten auseinandergesetzt hat und im Ergebnis in der gegebenen Dosis von 20 mg „noch keine Abweichung vom Facharztstandard“ gesehen hat. Allerdings sei geboten, die Sache zu beobachten, was der Beklagte getan hat, da er zunächst nur 10 Einwegspritzen verordnet und den Kläger nach acht Tagen am 29.03.2012 untersucht und nach weiteren vier Tagen am 02.04.2012 weitere 20 Einwegspritzen verordnet hat.

b) Das Landgericht gibt in den Entscheidungsgründen eine einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung dafür, dass es dem mündlichen erstatteten Gutachten des Sachverständigen Dr. Br. und damit auch dem Privatgutachten von Prof. Dr. H. den Vorzug gegenüber dem schriftlichen Gutachten von Dr. Br. und den MDK-Gutachten von Dr. Bu. gibt.

Die von Dr. Bu. in ihrem Erstgutachten vom 11.07.2013 (Anlage K4a) auf S. 10 zitierte Stelle aus der Leitlinie, die auch bei Patienten mit immobilisierenden Verbänden eine „eindeutige Indikation zur Gabe eines NMH (niedermolekulare Heparine) in Hochrisikodosierung“ sieht, stammt aus dem Abschnitt 3.1.6 der Leitlinie (Operationen und Verletzungen an Gelenken, Knochen und Weichteilen der unteren Extremität ) und dort aus dem Unterabschnitt „Immobilisation an der unteren Extremität und Eingriffe an Sprunggelenk und Fuß“. Sie findet sich dort nicht in den fett gedruckten und eingerahmten Leitlinien, sondern - wie schon aus dem im Zitat enthaltenen Bezug auf die Studienlage ersichtlich ist - in dem erläuternden Langtext; die eigentliche Leitlinie enthält sich einer Empfehlung hinsichtlich der Dosierung.

Für die Behandlung des Beklagten unmittelbar anwendbar war dagegen der Abschnitt 3.7 der Leitlinie, der Besonderheiten der VTE-Prophylaxe in der ambulanten Medizin betrifft und auch „Patienten, die aus dem Krankenhaus in die ambulante Versorgung entlassen werden“ zum Gegenstand hat. Dort sollen zwar die gleichen Kriterien wie für die Versorgung im Krankenhaus gelten; allerdings ist zu entscheiden, ob eine im Krankenhaus begonnene Prophylaxe fortzuführen ist, wobei auf Empfehlungen des Krankenhauses basierend gehandelt werden muss. Wenn die Privatgutachterin Prof. Dr. H. und ihr folgend das Landgericht hieraus keine Empfehlung hinsichtlich der Dosierung bei einer ambulanten Nachbehandlung abgeleitet hat, ist dies nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Operateur (der Zeuge Dr. M.) dem Nachbehandler (dem Beklagten) keine Hinweise für die Dosierung der Thromboseprophylaxe gegeben hat.

Nicht auf Rechts- oder Denkfehlern beruht auch die vom Landgericht auf der Grundlage der Ausführungen der Privatgutachterin und der mündlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. Br. vorgenommene Einstufung des Klägers als Patient mit mittlerem Thromboserisiko. Zwar ging die ambulante Operation vom 13.03.2012 mit der Mikrofrakturierung des Gleitlagers über eine Meniskusglättung etwas hinaus; der Eingriff lag bei Übernahme der Behandlung durch den Beklagten am 21.03.2012 aber schon acht Tage zurück, bei der zweiten Verordnung von Clexane 20 mg am 02.04.2012 schon drei Wochen. Zwar war das Kniegelenk durch die Mecron-Schiene ruhig gestellt und das rechte Knie durfte nur zu 20% belastet werden; das Sprunggelenk war jedoch frei beweglich. Die Zuordnung des Klägers als Hochrisikopatient aufgrund von Übergewicht war auch nicht geboten, da er mit einem Body-Mass-Index von 29,6 bzw. 30,5 kg/m² die maßgebliche Grenze von 30 kg/m² jedenfalls nicht deutlich überschritten hatte. Im Übrigen hat der in der mündlichen Verhandlung vom 09.07.2014 als Zeuge vernommene Operateur Dr. M. auch nicht bekundet, dass er für die ersten zehn Tage Clexane 40 mg verschrieben hätte, weil er den Kläger für einen Hochrisikopatienten gehalten hätte; aus seiner Sicht handelte es sich um die Standarddosierung (vgl. Prot. vom 09.07.2014, S. 3).

Daher liegen keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Landgerichts vor, dass die vom Beklagten verordnete Dosis von Clexane 20 mg täglich nicht gegen die Leitlinie verstößt und keinen Behandlungsfehler darstellt.

2. Das Landgericht hat zudem festgestellt, dass der Operateur dem Beklagten als Nachbehandler keine Anweisungen hinsichtlich der Thromboseprophylaxe gegeben hat. Das Landgericht konnte offen lassen, ob der Beklagte den OP-Bericht, der erst am 21.03.2012 (dem Tag des Behandlungsbeginns beim Beklagten) erstellt wurde, erhalten hat, weil sich daraus keine Hinweise für die Nachbehandlung ergeben. Der Beklagte hat also nicht gegen Weisungen oder Empfehlungen zur Weiterbehandlung verstoßen.

Das Landgericht hat weiter festgestellt, dass der Kläger die von ihm behauptete Rückfrage an den Beklagten, warum er jetzt nur noch Clexane 20 mg erhalten, nicht nachgewiesen hat. Gegen die entsprechende Würdigung der Anhörung des Klägers und der Vernehmung der Zeugin Isabella S. erhebt die Berufung keine Einwände.

3. Eine Verurteilung des Beklagten zu Schmerzensgeld und Schadensersatz scheitert zudem daran, dass der Kläger die Ursächlichkeit des von ihm behaupteten Behandlungsfehlers für den Eintritt der tiefen Beinvenenthrombose, der die Embolie zur Folge hatte, nicht bewiesen hat. Auf die Ausführungen auf S. 10 des Ersturteils wird Bezug genommen. Diese greift der Kläger mit der Berufung nicht an; damit steht der fehlende Kausalitätsnachweis für das Berufungsgericht bindend fest, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Im Übrigen ergibt sich auch aus den MDK-Gutachten nicht mehr, als dass sich „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ bei ausreichender Dosierung der Thromboseprophylaxe durch Clexane 40 mg die Entstehung der tiefen Beinvenenthrombose hätte vermeiden lassen. „Hohe Wahrscheinlichkeit“ genügt jedoch nicht für den nach § 286 ZPO zu führenden Vollbeweis.

Einen groben Behandlungsfehler, der zu einer Umkehr der Beweislast für die haftungsbegründende Kausalität führen würde (vgl. Geiß/Greiner, Rn. E 251 und jetzt auch § 631 h Abs. 5 S. 1 BGB), hat das Landgericht nicht festgestellt. Ein grober Behandlungsfehler liegt vor, wenn ein eindeutiger, fundamentaler Verstoß gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse vorliegt, der nach den Umständen des konkreten Falls aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint und einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf (BGH Urteil vom 28.05.2002, VI ZR 42/01 = NJW 2002, 2944 Rz.11, Urteil vom 03.07.2001, VI ZR 418/99 = NJW 2001, 2792 Rz. 7). Das Landgericht hat - wie dargelegt - ohne Rechtsfehler einen Behandlungsfehler überhaupt verneint. Doch selbst wenn man die Ausführungen in den vom Kläger vorgelegten MDK-Gutachten zugrunde legt, ergeben sich daraus keine Hinweise dafür, dass die Dosierung von Clexane mit 20 mg täglich einen fundamentalen Verstoß darstellen würde, der nach den Umständen des konkreten Falls aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint und einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf. Selbst wenn man acht Tage nach der ambulanten Operation noch aufgrund der Ruhigstellung des Knies und des im Grenzbereich bei 30 kg/m² liegenden BMI ein hohes Thromboserisiko annehmen würde, wäre die Entscheidung zur Gabe von Clexane 20 mg kein grober und unverständlicher Verstoß. Schon aus diesem Grund hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu; weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

II. Bei der Streitwertfestsetzung erscheint die Bewertung des Feststellungsantrags mit 16.485,98 € überhöht. Nach § 3 ZPO ist der Wert nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung zu schätzen. Der Kläger macht einen Haushaltsführungsschaden, vermehrte Bedürfnisse und Verdienstausfall nur für 60 Tage vom Vorfall bis etwa Mitte 2012 geltend; für einen Dauerschaden ist nichts ersichtlich. Eine Bewertung der begehrten Feststellung mit 5.000,00 € erscheint danach ausreichend. Die Streitwertfestsetzung des Landgerichts im Beschluss vom 27.05.2015 wird gemäß § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG entsprechend zu ändern sein.

Hinweis:

Auf den Hinweis des Senats wurde die Berufung zurückgenommen.

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Der Sachverständige wird vor oder nach Erstattung des Gutachtens beeidigt. Die Eidesnorm geht dahin, dass der Sachverständige das von ihm erforderte Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erstatten werde oder erstattet habe.

(2) Ist der Sachverständige für die Erstattung von Gutachten der betreffenden Art im Allgemeinen beeidigt, so genügt die Berufung auf den geleisteten Eid; sie kann auch in einem schriftlichen Gutachten erklärt werden.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.