Oberlandesgericht München Endurteil, 22. Aug. 2017 - 18 U 1632/17 Pre

22.08.2017

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 3.5.2017 wird zurückgewiesen.

2. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe

(teilweise abgekürzt nach § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO)

I.

Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers gegen die Zurückweisung seines dahingehenden Antrags hat der Senat am 8.3.2017, Aktenzeichen 18 W 370/17, folgende einstweilige Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte erlassen, die das Landgericht auf Widerspruch der Verfügungsbeklagten mit Endurteil 3.5.2017 aufrechterhalten hat:

Einstweilige Verfügung

Der Antragsgegnerin wird auferlegt, in dem gleichen Teil der Zeitschrift „...“, in dem die Meldung „G ... Erwischt! Nachts in Potsdam …“ erschienen ist (Titelseite), unter Hervorhebung des Wortes „Gegendarstellung“ als Überschrift durch entsprechende drucktechnische Anordnung und Schriftart und -große wie „G “ in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Nummer ohne Einschaltungen und Weglassungen die folgende Gegendarstellung zu veröffentlichen, wobei der Fließtext die gleiche Schriftgröße und -art aufzuweisen hat wie das Wort „Januar“ (oben auf der Titelseite):

Gegendarstellung

Auf der Titelseite von „t “ vom 28. Januar 2017 wird ein Foto von mir mit einer Frau veröffentlicht mit der Bildunterschrift:

„G Erwischt!

Nachts in Potsdam …"

Hierzu stelle ich fest:

Das Foto zeigt mich beim Verlassen einer Museumseröffnung zwischen 18 Uhr und 19 Uhr neben einer Ehefrau eines Politikers, der mit uns die Veranstaltung verließ, aber nicht abgebildet wurde.

Potsdam, den 2. Februar 2017 G. J.

Gegen das genannte Urteil hat die Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 12.5.2017, eingegangen am selben Tag, Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Nachdem die Verfügungsbeklagte die Gegendarstellung auf der Titelseite der Ausgabe Nr. 23/3. Juni 2017 von „“ abgedruckt hatte, erklärte der Verfügungskläger mit Schriftsatz vom 4.7.2017 zunächst den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt; die Verfügungsbeklagte schloss sich der Erledigterklärung nicht an.

Wegen des Berufungsvorbringens der Verfügungsbeklagten wird auf die Schriftsätze vom 12.5.2017 (Bl. 79/95 d. A.), vom 16.5.2017 (Bl. 99/103 d. A.), vom 9.6.2017 (Bl. 130 d. A.), vom 17.7.2017 (Bl. 138 d. A.) und vom 24.7.2017 (Bl. 139 d. A.) nebst Anlagen verwiesen.

Die Verfügungsbeklagte stellt den Antrag gemäß Schriftsatz vom 12.5.2017 (Bl. 80 d. A.).

Der Verfügungskläger stellt den Antrag gemäß Schriftsatz vom 11.5.2017 (Bl. 96 d. A.) mit der in der mündlichen Verhandlung vom 22.8.2017 erklärten Maßgabe (Bl. 144 d. A.).

Hinsichtlich des Vorbringens des Verfügungsklägers in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze vom 11.5.2017 (Bl. 96 d. A.), vom 24.5.2017 (Bl. 109/120 d. A.), vom 4.7.2017 (Bl. 135/136 d. A.) und vom 21.8.2017 (Bl. 141/142 d. A.) verwiesen.

Ergänzend wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.8.2017 (Bl. 143/145 d. A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Verfügungsbeklagten ist gemäß §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Der Verfügungskläger hat zulässigerweise mit Schriftsatz vom 21.8.2017 seine einseitige Erledigungserklärung widerrufen (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 31. Aufl. § 91a Rn. 35 m.w.N.). In der mündlichen Verhandlung vom 22.08.2017 hat er den Rechtsstreit nur hilfsweise für erledigt erklärt, so dass die Begründetheit der Berufung davon abhängt, ob der Verfügungskläger weiterhin den ihm vom Senat mit der einstweiligen Verfügung vom 8.3.2017 und vom Landgericht mit dem angefochtenen Urteil zugebilligten Anspruch geltend machen kann. Das ist der Fall.

1. Der Verfügungskläger hat gegen die Verfügungsbeklagte gemäß Art. 10 Abs. 1 S. 1 Bay-PrG einen Anspruch auf Abdruck der ihm zugebilligten Gegendarstellung. Das Berufungsvorbringen der Verfügungsbeklagten rechtfertigt keine andere Beurteilung.

a) Nach Art. 10 Abs. 1 S. 1 BayPrG kann eine von einer Presseberichterstattung betroffene Person den darin mitgeteilten Tatsachen im Weg der Gegendarstellung ihre eigenen tatsächlichen Angaben entgegensetzen (vgl. Seitz/Schmidt, Der Gegendarstellungsanspruch, 4. Aufl., 5. Kap. Rn. 136). Hierbei dürfen die für Unterlassungsansprüche geltenden Grundsätze für den Umgang mit mehrdeutigen Äußerungen nicht angewandt werden. Ein Anspruch auf Gegendarstellung besteht daher nicht schon dann, wenn eine nicht fernliegende Deutung bei der Ermittlung einer verdeckten Aussage einen gegendarstellungsfähigen Inhalt ergibt (BVerfG, Beschluss vom 19.12.2007 - 1 BvR 967/05, NJW 2008, 1654). Insoweit gelten vielmehr die Grundsätze, die vom Bundesverfassungsgericht bei der Überprüfung eines Strafurteils oder von zivilrechtlichen Verurteilungen zu Schadensersatz, Entschädigung oder Berichtigung angewandt werden. Danach wird die Meinungsfreiheit verletzt, wenn ein Gericht bei mehrdeutigen Äußerungen die zu einer Verurteilung führende Bedeutung zugrunde legt, ohne vorher mit nachvollziehbaren Gründen Deutungen ausgeschlossen zu haben, welche die Verurteilung nicht zu rechtfertigen vermögen (vgl. BVerf-GE85, 1; 86, 1; 93, 266; 94, 1).

b) Maßgeblich für die Ermittlung des vollständigen Aussagegehalts der streitgegenständlichen Äußerung ist der Sinn, den die Äußerung nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums hat.

aa) Bei der Interpretation ist stets vom Wortlaut der Äußerung auszugehen, der ihren Sinn aber nicht abschließend festlegt. Dieser wird vielmehr auch von dem Kontext bestimmt, in dem die umstrittene Äußerung steht, und von den Begleitumständen, unter denen sie fällt, soweit diese für den Rezipienten erkennbar sind (BVerfG, Beschluss vom 10.10.1995- 1 BvR 1476/91, NJW 1995, 3303/3305). Die begleitende Bildberichterstattung ist zur Interpretation der Wortberichterstattung mit heranzuziehen. Die Äußerung darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (BGH, Urteile vom 22.9.2009 - VI ZR 19/08; vom 3.2.2009 - VI ZR 36 /07; vom 16.11.2004 - VI ZR 298/03; vom 30.1.1996 - VI ZR 386, 94; vom 28.6.1994 - VI ZR 252/93). Fernliegende Deutungen sind auszuscheiden. Ist der Sinn unter Zugrundelegung dieses Maßstabs eindeutig, ist er der weiteren Prüfung zugrunde zu legen. Zeigt sich aber, dass ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum die Äußerung als mehrdeutig wahrnimmt, oder verstehen erhebliche Teile des Publikums den Inhalt jeweils unterschiedlich, ist bei der weiteren Prüfung von einem mehrdeutigen Inhalt auszugehen (BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98 Rnr. 31; vgl. auch BGH, Urteil vom 12.5.1987 -VI ZR 195/86).

Wenn die Titelseite - wie hier - eine eigenständige Tatsachenaussage enthält, die aus sich heraus, das heißt ohne den im Heftinneren stehenden Artikel, verständlich ist, kann diese auch ohne Rücksicht auf den Inhalt des Artikels angegriffen werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.1.1998 - 1 BvR 1861/3, NJW 1998, 1381; Burkhardt in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage 4. Kap. Rn. 36). Bei der Interpretation ist daher der Inhalt des angekündigten Berichts auf Seite 20 der Zeitschrift in den Kontext nicht einzubeziehen. Soweit die Verfügungsbeklagte vorträgt, dass der Leser, um die streitgegenständliche Schlagzeile zu lesen, die Zeitschrift in die Hand nehmen muss und „aus der Nähe studiert“, erschließt sich nicht, welche Folgerungen für die Auslegung sie daraus ziehen möchte. Auch sie beruft sich nicht auf den mit der streitgegenständlichen Titelschlagzeile angekündigten Artikel im Inneren der Zeitschrift, dessen Inhalt im Übrigen von keiner der Parteien mitgeteilt wird.

bb) Nach den dargestellten Maßstäben hat die angegriffene Pressemitteilung folgenden Aussagegehalt:

Die Mitteilung befindet sich in der rechten oberen Ecke des Titelblattes auf leuchtend blauem Grund. Darüber ist ein etwa 4 x 6 cm großes Foto abgedruckt, das den Antragsteller neben einer blonden Frau zeigt, bei der es sich nicht um die - aus zahlreichen illustrierten Presseberichten dem Aussehen nach bekannte - Ehefrau des Antragstellers handelt. Der Antragsteller trägt ein dunkles Sakko, eine dunkle Hose und eine gemusterte Krawatte zu weißem Hemd und hat ein weiteres, dunkles Kleidungsstück über den linken Arm gelegt. Die Frau ist in einem kurzen weißen Mantel zu sehen, den sie mit der linken Hand über der Brust zusammenhält, und trägt in der rechten Hand eine helle Tragetasche. Die beiden abgebildeten Personen stehen nebeneinander vor einem Undefinierten hellen Hintergrund und blicken mit unverkennbar erschrockenem Gesichtsausdruck ungefähr in Richtung des Fotografen, wenn auch nicht direkt in die Kamera.

Darunter befindet sich der folgende Text:

G

Erwischt!

Nachts in Potsdam …

Seite 20

Die Worte „G“ und „Erwischt!“ sind in gelber Schrift abgefasst, das Wort „Erwischt!“ etwa doppelt so groß wie der Name. Der übrige Text ist in weißer Schrift in mittlerer Größe abgedruckt. Der Text entspricht in Farbe, Größe und graphischer Gestaltung der darunter befindlichen, ebenfalls mit einem kleinen Foto illustrierten Meldung „Königin Silvia Krebs-Schock! Madeleine ist bei ihr".

Die Aussagen „Erwischt! Nachts in Potsdam …“ werden vom maßgeblichen Leserpublikum, dem Titelseiten- und Kioskleser, unter Berücksichtigung der zugehörigen Bildberichterstattung naheliegend nur so verstanden, dass der Antragsteller in einer Nacht, d.h. jedenfalls deutlich nach 20 Uhr, allein mit der abgebildeten Frau zusammen war und dabei von dem Fotografen, der das beigefügte Bild aufgenommen hat, ertappt wurde. Zwar wird nicht ausgesprochen, wobei genau der Antragsteller und die Frau „erwischt“ wurden. Jedoch versteht der maßgebliche Leser das optisch deutlich hervorgehobene Wort „Erwischt!“ so, dass es sich bei dem auf dem Foto abgebildeten Zusammentreffen um ein solches handelte, das der Antragsteller nicht nur zur Wahrung seiner Privatsphäre geheim halten wollte, sondern auch, weil es als rechtlich bedenklich oder moralisch anstößig gelten und bei Bekanntwerden sein Ansehen in der Öffentlichkeit, seine Ehe oder sein Familienleben beeinträchtigen könnte.

Dies entnimmt der maßgebliche verständige Leser schon dem Wort „Erwischt!“, weil das Verbum „erwischen“ in erster Linie verwendet wird in der Bedeutung „nach einem Vergehen oder Ähnlichem fassen, bei einem Vergehen oder Ähnlichem ertappen“ (www.duden.de), und zusätzlich der Aussage, dass das Ereignis, bei dem der Verfügungskläger „erwischt“ worden sei, „nachts“ stattgefunden habe.

Bei letzterer Aussage handelt es sich entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten nicht um eine Meinungsäußerung, sondern um eine Tatsachenbehauptung. Von einer Tatsachenbehauptung ist nach herrschender Meinung auszugehen, wenn der Gehalt der Äußerung entsprechend dem Verständnis des Durchschnittsempfängers der objektiven Klärung zugänglich ist und als etwas Geschehenes grundsätzlich dem Beweis offensteht. Es kommt darauf an, ob der Durchschnittsleser der Äußerung, mag sie auch wertend eingekleidet sein, einen dem Beweis zugänglichen Sachverhalt entnehmen kann (Burkhardt in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., 2. Teil, 4. Kapitel, Rn. 43 m.w.N.). Das ist hier der Fall.

Nicht gefolgt werden kann auch der Auffassung der Verfügungsbeklagten, „Nachts“ sei auch im vorliegenden Zusammenhang im astronomischen Sinn als die Zeit der maximalen Dunkelheit oder gar die Zeit zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang zu verstehen. Nach dieser Interpretation würde die „Nacht“ im Dezember und Januar bereits um 18 Uhr oder gar 16 Uhr, also noch während der üblichen Arbeits- und Geschäftszeiten, beginnen. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird demgegenüber unter „Nacht“ die Zeit der Ruhe verstanden, in der das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen kommt und das „Nachtleben“ einsetzt, soweit die Menschen sich nicht zur Nachtruhe zurückziehen. Diesem Gedanken tragen etwa § 104 Abs. 3 StPO und § 758a Abs. 4 S. 2 ZPO Rechnung, die die „Nachtzeit“ unabhängig von der Jahreszeit als die Stunden nach neun Uhr abends definieren, während nach § 2 ArbZG „Nachtzeit“ in der Regel erst die Zeit nach 23 Uhr ist. Die Zeit zwischen 18 und 19 Uhr, zu der die zu der streitgegenständlichen Äußerung gehörende Fotoaufnahme unstreitig entstanden ist, wird danach auch im Januar nicht zur „Nachtzeit“ gerechnet.

cc) Dagegen, dass hier lediglich mitgeteilt werden soll, man habe den Verfügungskläger gerade noch angetroffen oder unverhofft zu fassen bekommen (weitere Wortbedeutung, vgl. www.duden.de), spricht der auf dem beigefügten Foto erkennbare Gesichtsausdruck des Antragstellers und seiner Begleiterin, der sich nicht allein mit der Tatsache erklären lässt, dass die beiden Personen unerwartet fotografiert wurden, und insbesondere die hervorgehobene Stellung der Nachricht auf der Titelseite, die eine sensationelle Meldung in dem angekündigten Artikel auf „Seite 20“ erwarten lässt.

Die - nach Ansicht der Verfügungsbeklagten geringe - Größe der Darstellung spricht keineswegs gegen einen derartigen Inhalt der Äußerung. Schon der Umstand, dass die Mitteilung auf der Titelseite abgedruckt war, zeigt an, dass etwas berichtet werden sollte, das geeignet war, in besonderem Maß das Interesse der Leser zu erregen und sie zum Kauf der Zeitschrift zu veranlassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.1.1998 - 1 BvR 1861/93, BVerfGE 97, 125-156). Der Text entspricht überdies in Farbe, Größe und graphischer Gestaltung einschließlich der Beifügung eines Fotos der darunter befindlichen Meldung „Königin Silvia Krebs-Schock! Madeleine ist bei ihr“, einer Mitteilung, der man ein erhebliches öffentliches Interesse sicherlich nicht absprechen kann.

Gegen die dargestellte Auslegung der Ausgangsmitteilung spricht weder der Umstand, dass die Personen auf dem Foto nicht direkt in die Kamera sehen, noch die Tragetasche in der Hand der abgebildeten Frau, die auf der streitgegenständlichen Veröffentlichung -anders als auf dem mit der Anlage AG5 vorgelegten Foto - nicht deutlich als Einkaufstüte zu erkennen ist.

dd) Die von der Verfügungsbeklagten im Hinblick darauf angebotene, ohnehin fernliegende Deutungsvariante, die Dame habe den Verfügungskläger als Beraterin in Stilfragen beim „Shopping“ begleitet, erscheint dadurch ausgeschlossen, dass das abgebildete Treffen „nachts“ stattgefunden haben soll.

Fernliegend, und damit bei der weiteren Prüfung außer Betracht zu lassen, ist auch die mit der Gegendarstellung übereinstimmende Interpretationsvariante, dass der Verfügungskläger bei einem gesellschaftlichen Ereignis in Potsdam fotografiert wurde, das er mit mehreren anderen Personen besuchte. Die auf dem Foto erkennbare Kleidung des Verfügungsklägers und seiner Begleiterin ist nicht so festlich oder formal, dass sie für das private Treffen eines Paares zu zweit ungeeignet erscheint, sondern gehobene Straßenkleidung. Auch wäre der triumphierende Ausruf „Erwischt!“ unverständlich, wenn der Verfügungskläger in großer Gesellschaft, erst recht in öffentlichem Rahmen, angetroffen worden wäre. Es ist nicht davon auszugehen, dass ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum die Äußerung als in dieser Weise mehrdeutig wahrnimmt oder erhebliche Teile des Publikums den Inhalt in dieser Weise verstehen.

Der von der Verfügungsbeklagten geschilderte Versuch ihres Prozessbevollmächtigten mit 43 Studenten, der im Übrigen bestritten und nicht glaubhaft gemacht ist, spricht nicht gegen die vom Gericht vorgenommene Auslegung. Zum einen lässt bereits die Sachverhaltsschilderung der Verfügungsbeklagten selbst erkennen, dass die Reaktionen der genannten Studenten keineswegs unbeeinflusst waren. Zum anderen sind auch andere Gründe als ein „Fremdgehen“ denkbar, die das Zusammentreffen des Verfügungsklägers mit der abgebildeten Frau anstößig und deshalb geheimhaltungsbedürftig gemacht hätten; ausschlaggebend für die gerichtlichen Entscheidungen war, dass es sich bei dem berichteten Zusammentreffen um ein solches handelte, das der Verfügungskläger nicht nur zur Wahrung seiner Privatsphäre geheim halten wollte, sondern auch, weil es bei Bekanntwerden sein Ansehen in der Öffentlichkeit und/oder seine Ehe beeinträchtigt hätte.

Die eidesstattliche Versicherung der Frau R (Anlage BB2) ist entgegen der Ansieht der Verfügungsbeklagten nicht geeignet, glaubhaft zu machen, dass die Auslegung der streitgegenständlichen Ausgangsmitteilung durch den Senat und das Landgericht nicht dem „Verständnis des Durchschnittslesers“ entspricht. Daraus ergibt sich nämlich nicht, dass die Leserinnen, mit denen Frau R als „Marktforschungsberaterin“ in den letzten sieben Jahren Gruppendiskussionen unter anderem über aktuelle Ausgaben der Zeitschrift „…“ geführt hatte, die streitgegenständliche Mitteilung anders als die damit befassten Gerichte interpretierten oder sich im Rahmen der geschilderten Gespräche überhaupt damit beschäftigten. Frau R gibt vielmehr an, dass die befragten Leserinnen durchaus eine Vorstellung davon hätten, was die Zeitschriften sie mit den Schlagzeilen auf dem Titelblatt glauben lassen wollten, aber wüssten, „dass dies in der Realität gar nicht so ist“. Damit äußert sie sich überhaupt nicht zur Auslegung der besprochenen Pressemitteilungen durch ihre Gesprächspartnerinnen, sondern zu der davon zu unterscheidenden und im vorliegenden Zusammenhang nicht interessierenden Frage, ob diese die Mitteilungen für wahr halten. Sollte die Verfügungsbeklagte aus dem Umstand, dass die befragten Leserinnen von „Unterhaltungsmedien der GmbH“ diese zur Realitätsflucht auch in dem Sinn nutzen, dass sie bewusst „keine 'Wahrheiten' erwarten“ - dies als wahr unterstellt - das Recht ableiten wollen, über Dritte unwahre Tatsachen zu behaupten, ohne die entsprechenden Beiträge deutlich als Fiktion kenntlich zu machen, kann sie sich damit nicht auf geltendes Recht stützen. Im Übrigen werden insbesondere die Meldungen auf der Titelseite nicht nur von ständigen Lesern der jeweiligen Zeitschrift gelesen, die ausreichende Erfahrungen damit haben, um ihren Wahrheitsgehalt realistisch einschätzen zu können, sondern auch von Personen, die die Zeitschriften nur gelegentlich, etwa an einer Verkaufsstelle oder im Wartezimmer, zur Kenntnis nehmen.

c) Anders als die Verfügungsbeklagte meint, hat der Verfügungskläger der in der Gegendarstellung wiedergegebenen Ausgangsmitteilung richtigerweise die Behauptungen entgegengesetzt, das Foto zeige ihn, als er

– zusammen mit einem Politiker und dessen Frau

– eine Museumseröffnung verlassen habe,

– und zwar zwischen 18 und 19 Uhr.

Damit hat der Verfügungskläger ausreichend, aber ohne geschwätzig zu sein, den in der Ausgangsmitteilung enthaltenen Behauptungen widersprochen, er sei fotografiert worden, als er

– allein mit einer Frau

– heimlich zusammen gewesen sei,

– und zwar nachts.

aa) Angesichts der Bedeutung der zeitlichen Einordnung des berichteten Geschehnisses für die Auslegung der streitgegenständlichen Äußerungen (s.o. b) bb) und dd)) handelt es sich bei der Entgegnung, die Fotoaufnahme sei „zwischen 18 und 19 Uhr“, also nicht „nachts“ entstanden, nicht um eine Belanglosigkeit.

bb) Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Gegendarstellung insoweit irreführend ist, als darin behauptet wird, das Foto zeige den Verfügungskläger, als er „zusammen mit einem Politiker und dessen Frau“ die Ausstellung verlassen habe, hat die Verfügungsbeklagte nicht vorgetragen.

Die Gegendarstellung kann insbesondere nicht so verstanden werden, dass der Verfügungskläger der Verfügungsbeklagten eine Manipulation des Fotos vorwirft. Sie richtet sich vielmehr allein gegen die Textberichterstattung, die, wie dargelegt, die Behauptung enthält, der Verfügungskläger sei allein und unter geheimhaltungsbedürftigen Umständen mit der auf dem Foto abgebildeten Frau zusammen gewesen. Der entsprechende optische Eindruck lässt sich auch ohne technische Manipulation des zur Illustration beigefügten Fotos dadurch erzeugen, dass der von der Verfügungsbeklagten abgedruckte Ausschnitt des mit der Anlage AG5 vorgelegten Bildes den Verfügungskläger und seine Begleiterin bildfüllend zeigt und deshalb nicht erkennen lässt, ob sich rechts oder links von ihnen weitere Personen befinden. Auch das ganze Foto zeigt, ebenso wie das mit der Anlage AG4 vorgelegte, nur einen kleinen Bereich von etwa einem Meter zu beiden Seiten der Abgebildeten, während auf dem mit Anlage AG6 vorgelegten Foto sogar eine weitere Person unmittelbar neben der Begleiterin des Verfügungsklägers zu sehen ist. Aus keinem der von der Verfügungsbeklagten vorgelegten Fotos geht hervor, dass der Ehemann der Begleiterin des Verfügungsklägers nicht „zusammen“, also gleichzeitig und in einer gewissen räumlichen Nähe, mit den beiden abgebildeten Personen die Veranstaltung (laut Begleittext auf den Anlagen AG4 und AG6 die Eröffnung des Museums Bi ') verließ.

cc) Der Zusatz „aber nicht abgebildet wurde“, macht die Gegendarstellung entgegen der Ansicht der Berufung nicht geschwätzig und damit unstatthaft. Die Einschränkung, dass die Gegendarstellung sich auf das beschränken muss, was zur Widerlegung der Erstmitteilung erforderlich ist, darf nicht zu kleinlich gehandhabt werden. Erklärende Zusätze, die noch in unmittelbarem Zusammenhang mit der Entgegnung stehen, sind zulässig (vgl. Seitz, Der Gegendarstellungsanspruch, 5. Aufl. 5. Kap. Rn. 169; Brose/Grau in Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, § 1004 BGB Rn. 43).

d) Der gemäß Art. 10 Abs. 2 S. 3 BayPrG zulässige Umfang der Gegendarstellung ist nicht überschritten.

aa) Danach soll die Gegendarstellung den Umfang des beanstandeten Textes nicht wesentlich überschreiten, wobei eine Überschreitung jedoch ggf. nur zu einer Vergütungspflicht führt (vgl. OLG München, Urteil vom 10.12.1997 - 21 U 5795/97, AfP 1999, 72 - Birgenair). Bei der Prüfung dieser Voraussetzung ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen und kein kleinlicher Maßstab anzulegen. Entscheidend ist, dass die Gegendarstellung grundsätzlich nur so viel Raum in Anspruch nehmen darf, wie zur klaren und konzentrierten Widerlegung der Erstmitteilung erforderlich ist (OLG München, Urteil vom 5.7.2002 - 21 U 2390/02, juris; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 8.2.1990 - 3 U 223/89, ZUM 1990, 581, und Urteil vom 25.10.1984 - 3 U 149/84, AfP 1985, 53-54). Von einer wesentlichen Überschreitung des Umfangs des beanstandeten Textes ist zwar in der Regel auszugehen, wenn der Text der Gegendarstellung mehr als doppelt so lang ist wie der der Ausgangsmitteilung, wobei nur der eigentliche Text der Gegendarstellung zu berücksichtigen ist, nicht aber die Überschrift „Gegendarstellung“ und die nähere Bezeichnung der Erstveröffentlichung (OLG München, Urteil vom 10.12.1997 -21 U 5795/97, AfP 1999, 72). Jedoch verbietet sich ein schematisches Wörter- oder Buchstabenzählen besonders dann, wenn wie im vorliegenden Fall eine schlagwortartige Ausgangsmitteilung eine Aussage enthält, auf die nur durch eine deutlich längere Gegendarstellung verständlich entgegnet werden kann.

bb) Zu berücksichtigen ist zwar auch, dass in der Verpflichtung zum Abdruck von Gegendarstellungen in einer näher bestimmten Aufmachung auf dem Titelblatt von Zeitschriften regelmäßig eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Pressefreiheit liegt. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt zwar nicht, Titelblätter von Gegendarstellungen freizuhalten. Den Belangen der Pressefreiheit muss aber u.a. dadurch Rechnung getragen werden, dass die Titelseite durch Umfang und Aufmachung der Gegendarstellung nicht ihre Funktion verliert, eine Identifizierung des Blattes zu ermöglichen, die als besonders wichtig erachteten Mitteilungen aufzunehmen und das Interesse des Publikums zu erregen (BVerfG, Beschluss vom 14.1.1998 - 1 BvR 1861/93, BVerfGE 97, 125-156).

cc) Dem berechtigten Interesse der Verfügungsbeklagten daran, dass die Gegendarstellung keinen zu großen Teil der Titelseite einnimmt, trägt die durch das angegriffene Urteil aufrechterhaltene einstweilige Verfügung dadurch Rechnung, dass der Abdruck in einer kleineren Schrift als die Ausgangsmitteilung angeordnet wurde. Wie aus der Anlage zu Bl. 131 d. A. ersichtlich, stellt die Abdruckanordnung gleichzeitig sicher, dass die Gegendarstellung insgesamt nur geringfügig größer ausfällt als die beanstandete Erstmitteilung.

2. Der Rechtsstreit ist nicht dadurch in der Hauptsache erledigt, dass die Verfügungsbeklagte die Gegendarstellung auf der Titelseite der Zeitschrift „vom 3.6.2017 abgedruckt hat.

a) Angesichts dessen, dass das Landgericht bereits mit Beschluss vom 13.4.2017 zur Erzwingung des angeordneten Abdrucks gegen die Verfügungsbeklagte ein Zwangsgeld verhängt hatte, hat die Verfügungsbeklagte die Gegendarstellung nämlich nur zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung und damit ersichtlich unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintritts veröffentlicht. Unter diesen Umständen stellt diese Veröffentlichung kein erledigendes Ereignis dar, infolgedessen der Verfügungsanspruch entfallen wäre.

b) Wird aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil, einem Arrestbefehl oder einer einstweiligen Verfügung vollstreckt, tritt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Erfüllung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB und damit auch keine Erledigung ein. Dasselbe gilt für Leistungen, die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel erbracht werden (BGH, Urteile vom 8.5.1985 - IVa ZR 138/83, NJW 1985, 2405; vom 9.2.2011 -VIII ZR 155/10, NJW 2011, 1135; vom 15.3.2012 - IX ZR 35/11, NJW 2012, 1717; vom 19.11.2014 - VIII ZR 191/13, NJW 2015, 699; jeweils m.w.N. ebenso bereits RGZ 29, 379, 382; Palandt/Grüneberg BGB 76. Aufl. § 362 Rn. 15 m.w.N.). Die Leistung erfolgt in beiden Fällen unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintritts, sofern der Schuldner nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt (BGH, Urteil vom 14.3.2014 - V ZR 115/13, NJW 2014, 2199; Krüger, NJW 1990, 1208, 1210 f.). Der Bundesgerichtshof unterscheidet dabei nicht, ob der Leistungserfolg im Fall der Aufhebung des Vollstreckungstitels tatsächlich rückgängig gemacht werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 19.11.2014 - VIII ZR 191/13, NJW 2015, 699, zur Beseitigung eines Mangels der Mietsache und BGH, Urteil vom 8.5.1985 - IVa ZR 138/83, NJW 1985, 2405, zur Erteilung einer Auskunft).

c) Die Frage, ob die dargestellten Grundsätze auch gelten, wenn die Veröffentlichung einer Gegendarstellung nach Erlass einer hierzu verpflichtenden einstweiligen Verfügung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten (bejahend: OLG Brandenburg, NJW-RR 2000, 325f.; OLG Karlsruhe, AfP 1998, 65 und OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.4.2016 - 6 U 224/15, AfP 2017, 75; OLG München, Urteil vom 13.9.1989 - 21 U 3567/89, AfP 1990, 53; verneinend: OLG Koblenz, Urteil vom 13.12.2005 - 4 U 1491/05, juris m.w.N.; OLG Karlsruhe, OLGR 2004, 63; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, MDR 1973, 1028; OLG Frankfurt, AfP 1983, 279; Burkhardt in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 11, Rn. 254). Sie ist jedoch zu bejahen.

Die gegenteilige Ansicht wird damit begründet, dass ein die Erfüllungs- und Erledigungswirkung hindernder Vorbehalt der Rückforderung nur dann möglich sei und nur dann aus dem Verhalten des Beklagten hergeleitet werden könne, wenn eine Rückgängigmachung der Leistung überhaupt denkbar sei. Dies sei bei dem Abdruck einer Gegendarstellung -anders als etwa bei Zahlungen - nicht der Fall. Da sie nicht mit einem Vorbehalt versehen werden dürfe, schaffe ihr Abdruck ein nicht rückgängig zu machendes Faktum. Nach Abänderung eines zum Abdruck der Gegendarstellung zwingenden Titels käme allenfalls noch die Veröffentlichung eines entsprechenden Hinweises in Betracht. Dieser aber wäre wegen des fehlenden zeitlichen Zusammenhangs mit Erstmitteilung und Gegendarstellung für die angesprochenen Leserkreise weitgehend ohne Interesse und damit wirkungslos (OLG Karlsruhe, Urteil vom 16.4.1999 - 14 U 189/98 Rn. 42, juris; Burkhardt a.a.O.). Diese Auffassung überzeugt nicht. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung tritt eine Erledigung der Hauptsache grundsätzlich auch dann nicht ein, wenn die unter dem Druck der drohenden Zwangsvollstreckung erbrachte Leistung nicht mehr zurückgefordert werden kann (BGH, Urteile vom 19.11.2014 - VIII ZR 191/13 a.a.O. und vom 8.5.1985 - IVa ZR 138/83 a.a.O.).

Ein sachgerechter Grund, die Rechtsfolgen einer Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel bei einem Gegendarstellungsanspruch abweichend von allen anderen Ansprüchen, etwa auf Mängelbeseitigung oder Auskunftserteilung, zu behandeln, ist nicht erkennbar. Der Streitgegenstand des Verfahrens wird mit der zwangsweise abgedruckten Gegendarstellung ebenso wenig beseitigt wie beispielsweise mit der zwangsweisen Räumung einer Wohnung (vgl. BGH, NJW 2011, 1135 Rn. 11) oder der zwangsweisen Erteilung einer Auskunft (vgl. BGHZ 94, 268, 274), die gerade nicht dadurch rückgängig gemacht werden kann, dass über § 945 ZPO angeordnet wird, von der erteilten Information keinen Gebrauch zu machen und diese auch nicht an Dritte weiterzuleiten (so aber Burkhardt a.a.O.). Der Abdruck erfolgt vielmehr wie andere zur Abwendung der Zwangsvollstreckung vorgenommene Erfüllungshandlungen unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintritts und soll nur für diesen Fall materiell rechtliche Wirkungen entfalten (vgl. BGH, NJW 2014, 2199 Rn. 11).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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Oberlandesgericht München Endurteil, 22. Aug. 2017 - 18 U 1632/17 Pre zitiert 18 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 511 Statthaftigkeit der Berufung


(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 513 Berufungsgründe


(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt we

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 517 Berufungsfrist


Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 313a Weglassen von Tatbestand und Entscheidungsgründen


(1) Des Tatbestandes bedarf es nicht, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. In diesem Fall bedarf es auch keiner Entscheidungsgründe, wenn die Parteien auf sie verzichten oder wenn ihr wesentlicher Inhalt in das Pro

Zivilprozessordnung - ZPO | § 945 Schadensersatzpflicht


Erweist sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt oder wird die angeordnete Maßregel auf Grund des § 926 Abs. 2 oder des § 942 Abs. 3 aufgehoben, so ist die Partei, welche die Anordnung er

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit. (2) Arbeitn

Zivilprozessordnung - ZPO | § 758a Richterliche Durchsuchungsanordnung; Vollstreckung zur Unzeit


(1) Die Wohnung des Schuldners darf ohne dessen Einwilligung nur auf Grund einer Anordnung des Richters bei dem Amtsgericht durchsucht werden, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll. Dies gilt nicht, wenn die Einholung der Anordnung den Erfo

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(1) Zur Nachtzeit dürfen die Wohnung, die Geschäftsräume und das befriedete Besitztum nur in folgenden Fällen durchsucht werden: 1. bei Verfolgung auf frischer Tat,2. bei Gefahr im Verzug,3. wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass währe

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Oberlandesgericht München Endurteil, 22. Aug. 2017 - 18 U 1632/17 Pre zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Des Tatbestandes bedarf es nicht, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. In diesem Fall bedarf es auch keiner Entscheidungsgründe, wenn die Parteien auf sie verzichten oder wenn ihr wesentlicher Inhalt in das Protokoll aufgenommen worden ist.

(2) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestands und der Entscheidungsgründe nicht, wenn beide Parteien auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten. Ist das Urteil nur für eine Partei anfechtbar, so genügt es, wenn diese verzichtet.

(3) Der Verzicht nach Absatz 1 oder 2 kann bereits vor der Verkündung des Urteils erfolgen; er muss spätestens binnen einer Woche nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht erklärt sein.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden im Fall der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen oder wenn zu erwarten ist, dass das Urteil im Ausland geltend gemacht werden wird.

(5) Soll ein ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe hergestelltes Urteil im Ausland geltend gemacht werden, so gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisurteilen entsprechend.

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 23.02.2017, Az. 9 O 2680/17, abgeändert und folgende einstweilige Verfügung erlassen:

Einstweilige Verfügung

Der Antragsgegnerin wird auferlegt, in dem gleichen Teil der Zeitschrift „d. a.“, in dem die Meldung „G. J. Erwischt! Nachts in P. …“ erschienen ist (Titelseite), unter Hervorhebung des Wortes „Gegendarstellung“ als Überschrift durch entsprechende drucktechnische Anordnung und Schriftart und -größe wie „G. J.“ in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Nummer ohne Einschaltungen und Weglassungen die folgende Gegendarstellung zu veröffentlichen, wobei der Fließtext die gleiche Schriftgröße und -art aufzuweisen hat wie das Wort „Januar“ (oben auf der Titelseite):

Gegendarstellung

Auf der Titelseite von „d. a.“ vom 28. Januar 2017 wird ein Foto von mir mit einer Frau veröffentlicht mit der Bildunterschrift:

„G. J.

Erwischt!

Nachts in P. …“

Hierzu stelle ich fest:

Das Foto zeigt mich beim Verlassen einer Museumseröffnung zwischen 18 Uhr und 19 Uhr neben einer Ehefrau eines Politikers, der mit uns die Veranstaltung verließ, aber nicht abgebildet wurde.

P., den ... 2017

G. J.

2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Verfügungsverfahrens tragen die Antragstellerin 1/4 und die Antragsgegnerin 3/4.

4. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 30.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller verlangt im Wege der einstweiligen Verfügung eine Gegendarstellung.

Die Antragsgegnerin veröffentlichte auf der Titelseite der von ihr herausgegebenen Zeitschrift „d. a.“ Nr. 5 vom 28.1.2017 ein Foto des Antragstellers und einer nicht namentlich bezeichneten Frau mit der Bildunterschrift: "G. J. Erwischt! Nachts in P. …“. Wegen des genauen Inhalts dieser Titelseite wird auf die Anlage AST1 Bezug genommen.

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 13.2.2017, der Beklagten zugegangen per Fax am selben Tag und mit Briefpost am 14.2.2017, forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin auf, zu erklären, dass sie die mit übersandte, vom Antragsteller unterzeichnete Gegendarstellung mit dem aus dem Tenor ersichtlichen Inhalt abdrucken werde (Anlagenkonvolut AST2). Mit Schriftsatz vom 20.2.2017, eingegangen am selben Tag, beantragte der Antragsteller, die Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung zur Veröffentlichung dieser Gegendarstellung zu verpflichten. Wegen des genauen Inhalts und der Begründung des Verfügungsantrags wird auf Blatt 1/4 der Akten Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 23.2.2017 (Bl. 6/10 d.A.), dem Antragsteller zugestellt am 28.2.2017, wies das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück mit der Begründung, die angegriffene Darstellung lasse eine Vielzahl von Deutungsvarianten zu. Sie lege den vom Antragsteller bekämpften Eindruck dem Leser nicht als unabweisliche Schlussfolgerung nahe. Entsprechend sei die beantragte Gegendarstellung nicht kongruent zur Ausgangsbehauptung, auch in der vom Antragsteller dargestellten Deutungsvariante; sie erschöpfe sich vielmehr in der Aufzählung von Tatsachen, die dieser Auslegung entgegenstünden.

Mit Schriftsatz vom 27.2.2017, eingegangen am selben Tag, legte der Antragsteller gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde ein. Er bringt im Wesentlichen vor, die streitgegenständliche Äußerung lasse keine andere Deutung zu, als dass der Antragsteller mit „einer anderen Frau“ erwischt worden sei. Wahr sei jedoch der mit der Gegendarstellung behauptete Sachverhalt.

Mit Beschluss vom 2.3.2017 hat das Erstgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die nach § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses und zum Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung.

Der Antragsteller kann von der Antragsgegnerin den Abdruck der streitgegenständlichen Gegendarstellung verlangen.

1. Nach Art. 10 Abs. 1 S. 1 BayPrG kann eine von einer Presseberichterstattung betroffene Person den darin mitgeteilten Tatsachen im Weg der Gegendarstellung ihre eigenen tatsächlichen Angaben entgegensetzen (vgl. Seitz/Schmidt, Der Gegendarstellungsanspruch, 4. Aufl., 5.136). Hierbei dürfen die für Unterlassungsansprüche geltenden Grundsätze für den Umgang mit mehrdeutigen Äußerungen nicht angewandt werden. Ein Anspruch auf Gegendarstellung besteht daher nicht schon dann, wenn eine nicht fernliegende Deutung bei der Ermittlung einer verdeckten Aussage einen gegendarstellungsfähigen Inhalt ergibt (BVerfG, Beschluss vom 19.12.2007 – 1 BvR 967/05 - NJW 2008, 1654). Insoweit gelten vielmehr die Grundsätze, die vom Bundesverfassungsgericht bei der Überprüfung eines Strafurteils oder von zivilrechtlichen Verurteilungen zu Schadensersatz, Entschädigung oder Berichtigung angewandt werden. Danach wird die Meinungsfreiheit verletzt, wenn ein Gericht bei mehrdeutigen Äußerungen die zu einer Verurteilung führende Bedeutung zugrunde legt, ohne vorher mit nachvollziehbaren Gründen Deutungen ausgeschlossen zu haben, welche die Verurteilung nicht zu rechtfertigen vermögen (vgl. BVerfGE 85, 1 86, 1; 93, 266; 94, 1).

2. Maßgeblich für die Ermittlung des vollständigen Aussagegehalts der streitgegenständlichen Äußerung ist der Sinn, den die Äußerung nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums hat.

a) Bei der Interpretation ist stets vom Wortlaut der Äußerung auszugehen, der ihren Sinn aber nicht abschließend festlegt. Dieser wird vielmehr auch von dem Kontext bestimmt, in dem die umstrittene Äußerung steht, und von den Begleitumständen, unter denen sie fällt, soweit diese für den Rezipienten erkennbar sind (BVerfG, Beschluss vom 10.10.1995 – 1 BvR 1476/91, NJW 1995, 3303/3305). Die begleitende Bildberichterstattung ist zur Interpretation der Wortberichterstattung mit heranzuziehen. Die Äußerung darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (BGH, Urteile vom 22.9.2009 – VI ZR 19/08; vom 3.2.2009 – VI ZR 36 /07; vom 16.11.2004 – VI ZR 298/03; vom 30.1.1996 – VI ZR 386, 94; vom 28.6.1994 – VI ZR 252/93). Fernliegende Deutungen sind auszuscheiden. Ist der Sinn unter Zugrundelegung dieses Maßstabs eindeutig, ist er der weiteren Prüfung zugrunde zu legen. Zeigt sich aber, dass ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum die Äußerung als mehrdeutig wahrnimmt, oder verstehen erhebliche Teile des Publikums den Inhalt jeweils unterschiedlich, ist bei der weiteren Prüfung von einem mehrdeutigen Inhalt auszugehen (BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 – 1 BvR 1696/98 Rnr. 31; vgl. auch BGH, Urteil vom 12.5.1987 – VI ZR 195/86).

Wenn die Titelseite - wie hier - eine eigenständige Tatsachenaussage enthält, die aus sich heraus, das heißt ohne den im Heftinneren stehenden Artikel, verständlich ist, kann diese auch ohne Rücksicht auf den Inhalt des Artikels angegriffen werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.1.1998 - 1 BvR 1861/3, NJW 1998, 1381; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage Rnr. 4.36). Bei der Interpretation ist daher der – hier nicht mitgeteilte - Inhalt des angekündigten Berichts auf Seite 20 der Zeitschrift in den Kontext nicht einzubeziehen.

b) Nach diesen Maßstäben hat die angegriffene Pressemitteilung folgenden Aussagegehalt: Die Mitteilung befindet sich in der rechten oberen Ecke des Titelblattes auf leuchtend blauem Grund. Darüber ist ein etwa 4 x 6 cm großes Foto abgedruckt, das den Antragsteller neben einer blonden Frau zeigt, bei der es sich nicht um die - aus zahlreichen illustrierten Presseberichten dem Aussehen nach bekannte – Ehefrau des Antragstellers handelt. Der Antragsteller trägt ein dunkles Sakko, eine dunkle Hose und eine gemusterte Krawatte zu weißem Hemd und hat ein weiteres, dunkles Kleidungsstück über den linken Arm gelegt. Die Frau ist in einem kurzen weißen Mantel zu sehen, den sie mit der linken Hand über der Brust zusammenhält, und trägt in der rechten Hand eine helle Tragetasche. Die beiden abgebildeten Personen stehen nebeneinander vor einem undefinierten hellen Hintergrund und blicken mit unverkennbar erschrockenem Gesichtsausdruck ungefähr in Richtung des Fotografen. Darunter befindet sich folgender Text:

G. J.

Erwischt!

Nachts in P. …

Seite 20

Die Worte „G. J.“ und „Erwischt!“ sind in gelber Schrift abgefasst, das Wort „Erwischt!“ etwa doppelt so groß wie der Name. Der übrige Text ist in weißer Schrift in mittlerer Größe abgedruckt. Der Text entspricht in Farbe, Größe und graphischer Gestaltung der darunter befindlichen, ebenfalls mit einem kleinen Foto illustrierten Meldung „Königin S. Krebs-Schock! M. ist bei ihr“.

Die Aussagen „Erwischt! Nachts in P. …“ werden vom maßgeblichen Leserpublikum, dem Titelseiten- und Kioskleser, unter Berücksichtigung der zugehörigen Bildberichterstattung naheliegend nur so verstanden, dass der Antragsteller in einer Nacht, d.h. jedenfalls deutlich nach 20 Uhr, allein mit der abgebildeten Frau zusammen war und dieses Zusammentreffen geheim halten wollte, dabei jedoch von dem Fotografen, der das beigefügte Bild aufgenommen hat, ertappt wurde. Zwar wird nicht ausgesprochen, wobei genau der Antragsteller und die Frau „erwischt“ wurden. Jedoch versteht der maßgebliche Leser das optisch deutlich hervorgehobene Wort „Erwischt!“ so, dass es sich bei dem auf dem Foto abgebildeten Zusammentreffen um ein solches handelte, das der Antragsteller nicht nur zur Wahrung seiner Privatsphäre geheim halten wollte, sondern auch weil es als moralisch anstößig gelten und bei Bekanntwerden sein Ansehen in der Öffentlichkeit, seine Ehe und/oder sein Familienleben beeinträchtigen könnte. Dies drängt sich dem maßgeblichen verständigen Leser schon deshalb als unabweisbare Schlussfolgerung auf, weil das Verbum „erwischen“ in erster Linie verwendet wird in der Bedeutung „nach einem Vergehen oder Ähnlichem fassen, bei einem Vergehen oder Ähnlichem ertappen“ (www.d...de), und wird verstärkt durch die Aussage, dass das Ereignis nachts stattgefunden habe. Dagegen, dass hier lediglich mitgeteilt werden soll, man habe den Antragsteller gerade noch angetroffen oder unverhofft zu fassen bekommen (weitere Wortbedeutung, vgl. www.d...de), spricht sowohl der auf dem beigefügten Foto erkennbare Gesichtsausdruck des Antragstellers und seiner Begleiterin, der sich nicht allein mit der Tatsache erklären lässt, dass die beiden Personen unerwartet fotografiert wurden, als auch die hervorgehobene Stellung der Nachricht, die eine sensationelle Meldung in dem angekündigten Artikel auf „Seite 20“ erwarten lässt.

Fernliegend, und damit bei der weiteren Prüfung außer Betracht zu lassen, ist deshalb die mit der Gegendarstellung übereinstimmende Interpretationsvariante, dass der Antragsteller bei einem gesellschaftlichen Ereignis in P. fotografiert wurde, das er mit mehreren anderen Personen besuchte. Die auf dem Foto erkennbare Kleidung des Antragstellers und seiner Begleiterin ist entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht so festlich oder „formal“, dass sie für das private Treffen eines Paares zu zweit ungeeignet erscheint, sondern gehobene Straßenkleidung. Auch wäre der triumphierende Ausruf „Erwischt!“ unverständlich, wenn der Antragsteller in großer Gesellschaft, erst recht in öffentlichem Rahmen, angetroffen worden wäre. Es ist nicht davon auszugehen, dass ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum die Äußerung als in dieser Weise mehrdeutig wahrnimmt oder erhebliche Teile des Publikums den Inhalt in dieser Weise verstehen. Das Landgericht hat selbst nicht ausgeführt, welche „beliebig viele“ weitere Deutungsvarianten es für möglich hält.

3. Anders als das Landgericht meint, hat der Antragsteller der in der Gegendarstellung wiedergegebenen Ausgangsmitteilung richtigerweise die Behauptungen entgegengesetzt, das Foto zeige ihn, als er

– zusammen mit einem Politiker und dessen Frau

– eine Museumseröffnung verlassen habe,

– und zwar zwischen 18 und 19 Uhr.

Damit hat der Antragsteller ausreichend, aber ohne geschwätzig zu sein, den in der Ausgangsmitteilung enthaltenen Behauptungen widersprochen, er sei fotografiert worden, als er

– allein mit einer Frau

– heimlich zusammen gewesen sei,

– und zwar nachts.

4. Allerdings konnte dem Abdruckverlangen des Antragstellers nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang entsprochen werden, denn eine Verpflichtung zum Abdruck der Überschrift und des Textes der Gegendarstellung in derselben Schriftgröße wie das Wort „Erwischt!“ würde Art. 10 Abs. 2 S. 3 BayPrG widersprechen und die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Pressefreiheit der Antragsgegnerin verletzen. In der Verpflichtung zum Abdruck von Gegendarstellungen in einer näher bestimmten Aufmachung auf dem Titelblatt von Zeitschriften liegt regelmäßig eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Pressefreiheit. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt zwar nicht, Titelblätter von Gegendarstellungen freizuhalten. Den Belangen der Pressefreiheit muss aber u.a. dadurch Rechnung getragen werden, dass die Titelseite durch Umfang und Aufmachung der Gegendarstellung nicht ihre Funktion verliert, eine Identifizierung des Blattes zu ermöglichen, die als besonders wichtig erachteten Mitteilungen aufzunehmen und das Interesse des Publikums zu erregen (BVerfG, Beschluss vom 14.1.1998 – 1 BvR 1861/93 –, BVerfGE 97, 125-156). Dies ist durch die vorliegend ausgesprochene Abdruckanordnung gewährleistet, die gleichzeitig sicherstellt, dass die Gegendarstellung insgesamt nur geringfügig größer ausfällt als die beanstandete Erstmitteilung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Der Senat veranschlagt das Unterliegen des Antragstellers hinsichtlich der Schriftgröße von Überschrift und Text der Gegendarstellung mit einem Viertel.

Die Festsetzung des Streitwerts des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 53 Abs. 1 Nr. 1, § 47 GKG, § 3 ZPO.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 19/08 Verkündet am:
22. September 2009
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Schutz der Meinungsfreiheit bei kritischen Äußerungen über ein Unternehmen
und dessen Vorstandsvorsitzenden.
BGH, Urteil vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. September 2009 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Wellner, Pauge, Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2007 aufgehoben. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 19. Januar 2007 abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin zu 1 ist ein Großunternehmen. Der Kläger zu 2 war bis Ende 2005 Vorsitzender ihres Vorstands. Der Beklagte ist Aktionär der Klägerin zu 1 und Sprecher eines Aktionärsverbandes. Er hat sich wiederholt als Buchautor kritisch zu den Klägern geäußert.
2
Am 28. Juli 2005 meldete die Klägerin zu 1, ihr Aufsichtsrat habe beschlossen , dass der Kläger zu 2 zum 31. Dezember 2005 aus dem Unternehmen ausscheide. Am gleichen Tag wurde in der - auch in Hamburg zu empfan- genden - Fernsehsendung "SWR-Landesschau" ein mit dem Beklagten geführtes Interview ausgestrahlt, in dem dieser unter anderem folgende Äußerungen machte: "Frage: Was für viele ja den Rücktritt hier fast schon sympathisch macht, ist die Tatsache, dass er überhaupt keine Abfindungen annimmt, da er kein Geld möchte, obwohl er ja eigentlich vertraglich den Anspruch hätte. Gibt es da eine Erklärung? Antwort des Beklagten: Jetzt muss man mutmaßen, aber wenn Sie Herrn S. [den Kläger zu 2] kennen, da gibt es nun Fälle, wo ich denke, jemand will Millionen, man schätzt er hat zwischen 5 und 7 Millionen Euro pro Jahr verdient, er nun durchaus darauf Wert gelegt hat, dass man ja auch die Kleinigkeiten im Leben gezahlt hat, dann kann man nicht sagen, dass der S. unbedingt so orientiert ist, dass er gerne auf das Geld verzichtet. Es gibt meines Erachtens andere Dinge, die im Raume stehen und die jetzt geklärt werden müssen in den nächsten Monaten. Ich glaube nicht, dass der Rücktritt freiwillig war. Ich glaube, dass er dazu gedrängt und genötigt wurde. Aufsichtsratsbörse, Aktionäre, alle wichtigen Partner hat er nun verloren, die Rückendeckung verloren, und das muss damit zusammenhängen , dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat."
3
Das Landgericht hat dem Antrag der Kläger stattgegeben, folgende Äußerungen zu untersagen: "a) Ich glaube nicht, dass der Rücktritt (des Klägers zu 2 als Vorsitzender des Vorstands der Klägerin zu 1) freiwillig war. Ich glaube, dass er dazu gedrängt und genötigt wurde.
b) … und das muss damit zusammenhängen, dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat."
4
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts ist zurückgewiesen worden. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen den Klägern die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog zu, weil die Verbreitung der angegriffenen Äußerungen den Kläger zu 2 in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und die Klägerin zu 1 in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletze.
6
Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die Äußerungsteile "Ich glaube nicht, dass der Rücktritt … freiwillig war. Ich glaube, dass er dazu gedrängt und genötigt wurde." als Tatsachenbehauptungen einzuordnen. Die einleitenden Worte "Ich glaube nicht, …" und "Ich glaube, …" verliehen der Äußerung nicht den Charakter einer Bewertung. In Betracht käme deshalb allenfalls eine Einordnung der Äußerungen als - zulässige - Verdachtsäußerungen. Jedoch seien die insoweit zu stellenden Anforderungen nicht erfüllt. Es sei davon auszugehen, dass die beanstandeten Behauptungen unwahr seien, weil der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte weder dargetan noch Beweis dafür angetreten habe, dass der Kläger zu 2 nicht freiwillig den Rücktritt erklärt habe und dass er dazu gedrängt oder genötigt worden sei.
7
Die Äußerung "… und das muss damit zusammenhängen, dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat." habe das Landgericht zu Recht als Meinungsäußerung eingestuft, aber als unzulässige Schmähkritik untersagt. Der Beklagte habe für seine Kritik keine Anknüpfungspunkte dargelegt. In einem solchen Fall müsse, da die Aussage - weil jeder tatsächlichen Grundlage entbehrend - nur der Kränkung und Demütigung der Kläger zu dienen bestimmt gewesen sei, die Meinungsfreiheit hinter dem Schutz der Persönlichkeit der Kläger zurücktreten.
8
Der Beklagte könne sich zur Rechtfertigung seiner Äußerungen auch nicht darauf berufen, dass er Presseberichte guten Glaubens aufgegriffen habe. Hinsichtlich seiner Behauptung, er glaube, dass der Kläger zu 2 nicht freiwillig zurückgetreten sei, fehle es an Presseberichten zum Zeitpunkt seiner Äußerungen , weil solche erst an den Tagen nach dem Interview veröffentlicht worden seien. Zudem habe der Beklagte eine Biografie über den Kläger zu 2 verfasst und sei deshalb keine unkundige Person gewesen. Hinsichtlich seiner Kritik, die Geschäfte des Klägers zu 2 seien "nicht immer so sauber" gewesen, enthielten die vorgelegten Presseberichte keine Fakten.

II.

9
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
10
Diese rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht die Ausführungen des Beklagten zu Unrecht teilweise als Tatsachenbehauptungen eingestuft sowie die Anforderungen an das Vorliegen einer Schmähkritik verkannt hat. Deshalb hat es die gebotene Abwägung zwischen dem Recht des Beklagten auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und dem Recht der persönlichen Ehre und auf öffentliches Ansehen der Kläger, zu dessen Wahrung auch juristische Personen Ehrenschutz in Anspruch nehmen können (vgl. Senatsurteile vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279 m.w.N.; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - VersR 2009, 555 Rn. 10), nicht vorgenommen.
11
1. a) Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es nach ständiger Rechtsprechung der Ermittlung des vollständigen Aussagegehalts. Insbesondere ist jede beanstandete Äußerung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - aaO; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 11). So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem - zu würdigenden - Gesamtzusammenhang in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (vgl. Senatsurteile vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842, 843; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - aaO; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06 - VersR 2009, 365 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO). Dabei ist zu beachten, dass sich der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG auch auf die Äußerung von Tatsachen erstreckt , soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können, sowie auf Äußerungen , in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 12; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07 - VersR 2008, 971 Rn. 16; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO).
12
b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht bei der Ermittlung des Aussagegehalts nicht beachtet, was revisionsrechtlich in vollem Umfang zur Überprüfung steht (vgl. Senatsurteile vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 - VersR 2006, 382 m.w.N.; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - aaO, Rn. 11; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 12). Entgegen seiner Auffassung sind auch die von ihm als Tatsachenbehauptungen eingestuften Äußerungsteile dem Schutz des Art. 5 GG zu unterstellen, weil es sich bei Berücksichtigung des Gesamtkontextes um Äußerungen handelt, die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden.
13
aa) Es ist zwar richtig, dass sich alleine aus den einleitenden Worten "Ich glaube nicht, …" bzw. "Ich glaube, …" nicht der Charakter einer Bewertung ergibt , die dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG unterliegt. Solche Formulierungen stehen ebenso wie die Formulierungen "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" , "sollen angeblich", "ich meine, dass" oder "offenbar" der Qualifizierung als Tatsachenbehauptungen nicht prinzipiell entgegen. Der Ansehensschutz würde leerlaufen, wenn es der Äußernde in der Hand hätte, allein durch solche Einschübe aus seinen Tatsachenbehauptungen zivilrechtlich weniger angreifbare Meinungsäußerungen zu machen (vgl. Senatsurteil vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07 - VersR 2008, 971 Rn. 18 m.w.N.).
14
bb) Aus dem Gesamtzusammenhang des Interviews, in dem die streitigen Äußerungen gefallen sind, ergibt sich aber, dass es sich insgesamt um Äußerungen handelt, die dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG zu unterstellen sind. In dem Interview hat der Beklagte nicht nur durch die Worte "ich glaube" deutlich gemacht, dass er auf die Frage des Reporters nur seine Meinung zu dem Vorfall kundgeben wolle. Vielmehr hat er bereits am Anfang seiner Antwort klargestellt, dass er "mutmaßen" müsse. Zudem hat er darauf hingewiesen, dass Dinge im Raum stünden, die "in den nächsten Monaten" geklärt werden müssten. Er hat die Entwicklung des Unternehmens während der Vorstandstätigkeit des Klägers zu 2 als Grundlage genommen, diesen zu charakterisieren.
Hierzu zieht er auch dessen Visionen und die Art und Weise heran, wie dieser sich an die Spitze des Konzerns gekämpft und dort gehalten habe. Auf die Frage des Journalisten, ob er eine Erklärung dafür habe, dass der Kläger zu 2 ohne Abfindung aus dem Unternehmen ausgeschieden sei, folgt dann die Antwort, von der die Instanzgerichte Äußerungsteile untersagt haben und die das Berufungsgericht teilweise als Tatsachenbehauptung eingestuft hat. Aufgrund dieses Gesamtzusammenhangs wird seine Äußerung jedoch insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt und ist mithin insgesamt grundsätzlich dem Schutz des Grundrechts aus Art. 5 GG zu unterstellen.
15
2. Dies gilt - wie von den Instanzgerichten zutreffend angenommen - auch hinsichtlich des im Tenor unter b) untersagten Äußerungsteils, "… dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren". Die Beurteilung eines Vorgangs anhand rechtlicher oder sittlicher Maßstäbe wird nicht anders als die Äußerung von Rechtsmeinungen grundsätzlich als eine ganz überwiegend auf Wertung beruhende subjektive Beurteilung des Äußernden angesehen. Dies gilt in der Regel selbst für Fallgestaltungen, in denen ein Vorgang als strafrechtlich relevanter Tatbestand eingestuft wird (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905 und - VI ZR 255/80 - VersR 1982, 906, 907; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 15). Der hier verwendete wertende Begriff "sauber" ist derart substanzarm, dass sich ihm eine konkret greifbare Tatsache nicht entnehmen lässt (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - VersR 2008 Rn. 14).
16
3. Um die Zulässigkeit der angegriffenen Äußerungen zu beurteilen, sind mithin hinsichtlich der beiden untersagten Äußerungsteile grundsätzlich die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen, wobei alle wesentlichen Umstände und die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichti- gen sind (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 13; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 17, jeweils m.w.N.). Diese Abwägung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, weil es den unter a) untersagten Äußerungsteil als Tatsachenbehauptung eingestuft und deshalb dem Beklagten die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Wahrheit seiner Aussage auferlegt und in dem unter b) untersagten Äußerungsteil eine unzulässige Schmähkritik gesehen hat. Entgegen dieser Auffassung ist jedoch eine Abwägung erforderlich, weil beide Äußerungsteile vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erfasst werden und keine unzulässige Schmähkritik vorliegt.
17
a) An die Bewertung einer Äußerung als Schmähkritik sind strenge Maßstäbe anzulegen, weil andernfalls eine umstrittene Äußerung ohne Abwägung dem Schutz der Meinungsfreiheit entzogen und diese damit in unzulässiger Weise verkürzt würde (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - aaO, Rn. 15; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO, Rn. 18 m.w.N.). Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, nimmt die Äußerung den Charakter einer unzulässigen Schmähung an (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 199, 209; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 251; vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07 - VersR 2008, 357 Rn. 22; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/96 - aaO; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - aaO).
18
b) Im Streitfall ist hinsichtlich beider Äußerungsteile ein sachlicher Bezug anzunehmen.
19
Der Rücktritt des Klägers zu 2 und die Frage, ob dieser freiwillig zurückgetreten ist, waren von großem öffentlichem Interesse. Dies zeigt nicht nur der Umstand, dass sich die SWR-Landesschau am Tag des Rücktritts mit dieser Frage beschäftigte, sondern ergibt sich auch aus den vom Beklagten vorgelegten Presseberichten, die an den Tagen nach dem Interview veröffentlicht wurden. Der Beklagte hat sich mithin zu einem Sachthema von erheblichem öffentlichem Interesse geäußert, wobei nicht die Herabsetzung der Person des Klägers zu 2 im Vordergrund stand.
20
Eine Herabsetzung des Klägers zu 2, in einer Weise, dass dieser gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, ergibt sich auch nicht aus dem zweiten angegriffenen Äußerungsteil. Die Formulierung "das muss damit zusammenhängen , dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat" stellt keine Formalbeleidigung dar. Die Formulierung ist nicht mit dem Vorwurf illegaler Geschäfte gleichzusetzen, sondern als weiter gefasster Vorwurf missbilligenswerter Geschäftspraktiken zu verstehen, wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend angenommen hat. Diese Bewertung hat der Beklagte nicht isoliert vorgenommen, sondern im Zusammenhang mit dem Umstand , dass der Kläger zu 2 vorzeitig ohne eine Abfindung zurückgetreten ist. Da dies aus Sicht des Beklagten mit der Persönlichkeitsstruktur des Klägers zu 2 nicht in Einklang zu bringen ist, zog er die angegriffenen Schlussfolgerungen. Vor diesem Hintergrund kann der Äußerung des Beklagten ein Sachbezug nicht abgesprochen werden.
21
4. Bei der hiernach gebotenen Abwägung fällt zugunsten der Kläger ins Gewicht, dass die beanstandeten Äußerungen geeignet sind, sie in ihrem öffentlichen Ansehen zu beeinträchtigen und möglicherweise auch ihre geschäftliche Tätigkeit zu erschweren. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass der verwendete Begriff "sauber" ein bloß pauschales Urteil enthält, bei dem der tat- sächliche Gehalt gegenüber der Wertung zurücktritt und die Abwägung nicht beeinflusst (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - aaO; BVerfGE 61, 1, 9 f.; BVerfG NJW-RR 2004, 1710, 1711). Zudem ist zugunsten der Meinungsfreiheit des Beklagten zu beachten, dass an der Bewertung der Geschäftstätigkeit des Vorstandsvorsitzenden eines deutschen Großunternehmens und dessen vorzeitigem Rücktritt ein großes öffentliches Interesse besteht und es sich um eine Berichterstattung über die berufliche Sphäre bzw. einen Vorgang im Wirtschaftsleben handelt. Dabei muss ein solches Unternehmen eine genaue Beobachtung seiner Handlungsweise in der Öffentlichkeit hinnehmen. Deshalb sind die Grenzen zulässiger Kritik ihm gegenüber ebenso wie gegenüber ihren Führungskräften weiter gezogen (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - aaO; vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05 - VersR 2007, 511, 512; EGMR NJW 2006, 1255, 1259 Rn. 94 - Steel und Morris/ Vereinigtes Königreich sowie 1994, Serie A, Bd. 294-B, Nr. 75 - Fayed/ Vereinigtes Königreich).
22
Es ist allgemein bekannt und lässt sich den vorgelegten Presseberichten entnehmen, dass der Kläger zu 2 aufgrund seiner Geschäftstätigkeit in der Öffentlichkeit sehr kritisiert worden ist. In diesem Zusammenhang hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass während der Leitung des Unternehmens durch den Kläger zu 2 ein Börsenwertverlust in Höhe von 35 Mrd. € sowie eine Drittelung des Aktienkurses eingetreten und zahlreiche Mitarbeiter entlassen worden seien. Da die Kläger keine Begründung für das Ausscheiden gegeben haben und der Kläger zu 2 auch keine Abfindung erhalten hat, war der Weg für Spekulationen über die Gründe des Rücktritts eröffnet. Bei der gebotenen Gesamtabwägung aller Umstände stellen sich die Äußerungen des Beklagten in einem Interview am Tage des Rücktritts - auch unter Berücksichtigung seiner Vorkenntnisse über das Unternehmen und einen möglicherweise bevorstehenden Rücktritt des Klägers zu 2 - mithin als noch zulässig und damit nicht als rechtswidrig dar. Wollte man in einem solchen Fall eine Äußerung der vorliegenden Art unterbinden , wäre eine spontane öffentliche Diskussion aktueller Ereignisse von besonderem Öffentlichkeitsinteresse - auch unter Würdigung des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen - in einer mit Art. 5 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Weise erschwert.
23
5. Da die zu beurteilenden Tatsachen feststehen und somit eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich ist, kann der Senat aufgrund seiner eigenen Abwägung abschließend entscheiden. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge der §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO abzuweisen. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 19.01.2007 - 324 O 283/06 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 18.12.2007 - 7 U 18/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 298/03 Verkündet am:
16. November 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Wiedergabe des Zitats eines Dritten im Rahmen einer komplexen Äußerung kann
in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fallen, wenn es mit der eigenen Auffassung
des Äußernden verknüpft ist und sich die Aussage in i hrer Gesamtheit betrachtet
als Meinungsäußerung darstellt.
BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. September 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Januar 2003 wird zurückgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten wird das vorgenannte Urteil teilweise abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die sich auf dem Gebiet der Prozeßkostenfinanzierung betätigt. Sie finanziert u.a. Musterverfahren, mit denen
durch Rechtsanwalt F. vertretene Kapitalanleger Schadensersatzansprüche gegen Banken wegen angeblich mangelnder Beratung bei Immobiliengeschäften geltend machen. Dabei läßt sich die Klägerin jeweils die Hälfte des Betrages versprechen, den der betreffende Anleger in dem Prozeß erstreitet. In den Vertragsbedingungen der Klägerin heißt es auszugsweise: „8. Vergleichsvorschlag durch das Gericht oder Gegenseite 8.1 Der Anspruchsinhaber verpflichtet sich, einem von der Gegenseite oder dem Gericht vorgeschlagenen Vergleich über die streitigen Ansprüche zuzustimmen , wenn die Fo. Beteiligungs AG (scil. die Klägerin) diesen aufgrund des erreichten Verfahrensstandes für sachgerecht hält. 8.2 Der Anspruchsinhaber ist allerdings berechtigt, für den Fall, daß er einem derartigen Vergleich nicht zustimmen will, diese Vereinbarung zu kündigen. In diesem Fall hat er der Fo. Beteiligungs AG den Betrag zu erstatten, der im Fall des vorgesehenen Vergleichs auf die Fo. Beteiligungs AG entfallen wäre.“ Am 21. Oktober 1998 erschien in der Ausgabe 43/1998 des Brancheninformationsdienstes „k.m.-intern“ ein Artikel, in dem darüber berichtet wurde, daß die Klägerin unter der Anwaltschaft eine Aktienbeteiligung akquiriere. Die Verfasser dieses Berichts gingen dabei irrtümlich von einer Aktien-Zeichnungsfrist von drei Wochen aus. Wörtlich heißt es dort: „ ...Ohne hier die Frage prüfen zu wollen, ob es sich für Kläger tatsächlich lohnt, sich mit Fo., deren Ziel es ist, Prozesse zu finanzieren, einzulassen, da im Fall des gewünschten Prozeßgewinns 50 % der Klagesumme an Fo. abzuführen sind, womit wir grundsätzlich Zweifel am Klage-Finanzierungssystem von Fo. äußern wollen, halten wir eine derart kurze Fristsetzung zur Aktien-
zeichnung, wie Fo. sie derzeit praktiziert, für unseriös. Potentiellen Kunden gegenüber mit der Wurst zu winken und gleichzeitig zu suggerieren, die Wurst habe ein nach Stunden zu berechnendes Verfallsdatum, ist u.E. nichts anderes als Bauernfängerei...“. Der Beklagte ist Rechtsanwalt. Er vertritt Mandanten, die an der Vermittlung der betreffenden Immobiliengeschäfte beteiligt waren. Er verfaßte eine Abhandlung mit dem Titel „Das Interesse an der Lüge - Auch im Zivilrecht?“. Diese sandte er u.a. an verschiedene Landgerichte, Redaktionen von Wirtschaftszeitschriften , Staatsanwaltschaften, eine betroffene Bank, die Notarkammer H. und an die Bundesnotarkammer. Über die Klägerin heißt es darin: „Die öffentliche Resonanz ist gemischt: Der Brancheninformationsdienst k.m.-intern (43/1998 Seite 2) bezeichnete dies als 'Bauernfängerei' und hat gerade im Fall F. recht damit: ...“. Weiter wird dort ausgeführt: „Weder die Fo. AG in ihrem Werbeblatt noch F. klärten ferner darüber auf, daß der Mandant sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe verpflichten muß, wenn das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar Fo. AG zustimmt, den aber der Mandant ablehnt (Ströbel, BRAK-Mitt. 1998, 263, 264).“ Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung einzelner in seiner Abhandlung enthaltener Äußerungen . Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten u.a. verurteilt, die Behauptung zu unterlassen, der Brancheninformationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Auf die Berufung der
Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten verurteilt, auch die Behauptung zu unterlassen, der Mandant, dessen Prozeß durch die Klägerin finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten , daß das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Klägerin zustimmt, den aber der Mandant ablehnt. Die Berufung des Beklagten hatte teilweise Erfolg und führte zur Klageabweisung , soweit er vom Landgericht zur Unterlassung einer weiteren Äußerung verurteilt worden war. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die beiden von ihm untersagten Äußerungen seien Tatsachenbehauptungen. Der Begriff „V ertragsstrafe“ sei ein feststehendes juristisches Rechtsinstitut. Bei der Auslegung einer Äußerung sei darauf abzustellen, wie der verständige Durchschnittsleser sie verstehen durfte, nicht darauf, wie der Autor sie gemeint habe oder verstanden wissen wollte. Gerade weil der Beklagte Jurist sei und seine Abhandlung unter Hinweis darauf verfaßt habe, dürfe der verständige Durchschnittsleser davon ausgehen, daß der Autor den Begriff „Vertragsstrafe“ tatsächlich im Rechtssinne gemeint habe. Bei den Adressaten seiner Abhandlung könne ohne weiteres unterstellt werden, daß ihnen dieser Begriff als Rechtsinstitut bekannt sei. Insbesondere weil der Beklagte im nachfolgenden Absatz zwischen „Vertragsstrafe“ einerseits und „Abstandssumme“ andererseits unterscheide, erwarte der Leser nicht, daß hier
ein Begriff falsch angewandt werde. Daß der Beklagte seine Abhandlung als „Gutachten“ bezeichne, ändere nichts an dem Charakter der Äußerung; sie enthalte keine Wertung des Beklagten. Die Äußerung sei u nwahr und geeignet, die Klägerin in ihrer wirtschaftlichen Betätigung zu beeinträchtigen. Der Berufsstand des Beklagten führe zu keiner anderen Beurteilung. Der Beklagte werde nicht als Rechtsanwalt, sondern als Autor der Abhandlung in Anspruch genommen. Diese sei kein anwaltliches Gutachten; die Schrift sei nicht in einer konkreten Rechtssache seiner Mandanten gefertigt worden, sondern aus Anlaß eines Aufsatzes von Rechtsanwalt F. et. al. in einer wissenschaftlichen Zeitschrift. Solche Veröffentlichungen unterfielen nicht der grundgesetzlich geschützten Mandantenvertretung. Der Beklagte behaupte nicht, die Äußerungen namens und im Auftrag seiner Mandanten abg egeben zu haben. Selbst wenn er die Abhandlung auf deren Initiative und zu deren Verteidigung abgefaßt haben sollte, rechtfertige das nicht das Aufstellen und die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen über die Klägerin, mit der kein Streit bestanden habe. Auch die mit einer Belegstelle versehene Behauptung, der Brancheninformationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungssystem der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet, sei unwahr. In dem zitierten Artikel beziehe sich der Ausdruck „Bauernfängerei“ nämlich nicht auf das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin, sondern auf die Aktien-Zeichnungsfrist. Der Beklagte könne sich nicht damit rechtfertigen, dies anders verstanden zu haben. Der Wortlaut der Belegstelle sei sprachlich eindeutig und nicht mißzuverstehen.

II.



Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. 1. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Rechtsanwalts auf freie, unreglementierte Berufsausübung stehe der Inanspruchnahme des Beklagten auf Unterlassung im Streitfall entgegen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats können ehrenkränkende Äußerungen, die der Rechtsverfolgung ode r -verteidigung in einem Gerichtsverfahren oder dessen konkreter Vorbereitung dienen, in aller Regel nicht mit Ehrenschutzklagen abgewehrt werden. Das sogenannte Ausgangsverfahren soll nämlich nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfreiheit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - VersR 1992, 443 m.w.N.). Vielmehr sollen die Parteien und infolgedessen auch die von ihnen bevollmächtigten Rechtsanwälte in einem Gerichtsverfahren alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung der Rechte der Parteien für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft werden. Mit den schutzwürdigen Belangen der Betroffenen und mit den Erfordernissen eines sachgerechten Funktionierens der Rechtspflege wäre es nämlich unvereinbar, wenn die Kompetenzen des Gerichts des Ausgangsverfahrens durch die Möglichkeit einer Geltendmachung von Abwehransprüchen in einem gesonderten Prozeß vor einem anderen Gericht unterlaufen werden könnten. Deshalb fehlt in derartigen Fällen für eine Ehrenschutzklage grundsätzlich das
Rechtsschutzbedürfnis. Diese Grundsätze gelten auch für Verfahren vor Verwaltungsbehörden (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1970 - VI ZR 70/69 - NJW 1971, 284; vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - aaO und vom 18. Oktober 1994 - VI ZR 74/94 - VersR 1995, 176, 177 m.w.N.; Senatsbeschluß vom 13. Juli 2004 - VI ZB 63/03).
b) Entgegen der Auffassung der Revision können die aufgezeigten Grundsätze den Ausschluß von Ehrenschutzklagen jedoch nicht rechtfertigen, wenn die beanstandeten Äußerungen - wie im vorliegend en Fall - in einer ähnlich einem Rundschreiben verteilten Abhandlung zur Durchsetzung von Interessen außerhalb der prozessualen Rechtsverfolgung aufgestellt werden. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats finden sie auf Äuße rungen, mit denen der Äußernde in einer außergerichtlichen Kampagne an die Öffentlichkeit tritt, keine Anwendung. Der Ausschluß der Ehrenschutzklage gegenüber dem Prozeßgegner stellt sich nämlich als einschneidende Beschränkung des Ehrenschutzes dar, die nur mit der besonderen Interessenlage anläßlich eines laufenden oder im Hinblick auf ein konkret bevorstehendes gerichtliches oder behördliches Verfahren gerechtfertigt werden kann. Das Interesse des Äußernden daran, seine Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem anhängigen oder künftigen Verfahren führen oder vorbereiten zu können, ohne sich damit einem Ehrenschutzverfahren auszusetzen, ist nicht betroffen, wenn er mit solchen Beschränkungen für eine Verfolgung seiner Angelegenheit außerhalb eines Verfahrens durch öffentliche Angriffe, Rundschreiben und ähnliches belastet wird (Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 5. Mai 1981 - VI ZR 184/79 - NJW 1981, 2117, 2118; BVerfG, NJW 1991, 2074, 2075). Zu Unrecht mißt die Revision im Streitfall dem Umstand besondere Bedeutung bei, daß die Mandanten des Beklagten durch eine Medienkampagne beeinträchtigt worden seien, die ihnen eine besondere Abwehrsituation auferlegt habe. Im Rahmen des nach Art. 5 Abs. 1 GG Zulässigen kann der
Rechtsanwalt als Vertreter seines Mandanten zwar auch an die Öffentlichkeit gehen, um dessen Interessen zu wahren. Dabei müssen die Befugnisse desjenigen , der seine Rechte hierdurch beeinträchtigt sieht, jedoch ungeschmälert erhalten bleiben, da er ansonsten die grundrechtlich garantierte Möglichkeit verlöre , seine Rechte in einem gerichtlichen Verfahren zu wahren (vgl. BVerfG, aaO m.w.N.). Die durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Berufsfreiheit gewährt dem Rechtsanwalt insoweit keinen weitergehenden Schutz, als er der Partei selbst zukommt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegt die anwaltliche Berufsausübung grundsätzlich der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des einzelnen (BVerfGE 50, 16, 29 = NJW 1979, 1159, 1160; 63, 266, 284 = NJW 1983, 1535, 1536; BVerfG, NJW 1996, 3267 m.w.N.). Die Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG kann seine Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden (BVerfGE 50, 16, 29 = NJW 1979, 1159, 1160 m.w.N.; 63, 266, 284 = NJW 1983, 1535, 1536; 76, 171, 184 = NJW 1988, 191). Als unabhängiges Organ der Rechtspflege ist es Aufgabe des Rechtsanwalts, die Interessen seines Mandanten unabhängig zu vertreten und wahrzunehmen, um dessen Rechte zu wahren und zu verfolgen und Gerichte und Behörden vor Fehlentscheidungen zum Nachteil seines Mandanten zu bewahren. Soweit er sich im Interesse eines Mandanten äußert, wird er nicht als Privatperson tätig, sondern in seiner Funktion als Rechtsanwalt und Vertreter seines Mandanten. Regelmäßig macht er sich den Sachverhalt, den ihm sein Mandant schildert, nicht als persönliche Behauptung zu eigen und stellt, indem er diesen wiedergibt, keine eigene persönliche Behauptung auf. Materiell-rechtlich ist in diesen Fällen gegebenenfalls nicht er, sondern sein Mandant als Störer anzusehen (vgl. KG, MDR 1998, 504). Die Zulässigkeit einer gegen den Rechtsanwalt gerichteten
Unterlassungsklage wird dadurch nicht berührt. Das gilt auch dann, wenn seine Äußerung im Zusammenhang mit einer Medienkampagne im Vorfeld oder am Rande einer gerichtlichen Auseinandersetzung erfolgt. 2. In der Sache steht der Klägerin jedoch hinsichtlich beider beanstandeter Äußerungen ein Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 823, 824, 1004 BGB nicht zu.
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der Behauptung des Beklagten, der Mandant, dessen Prozeß durch die Klägerin finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten, daß das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Klägerin zustimmt, den aber der Mandant ablehnt, nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine zulässige Meinungsäußerung. aa) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als W erturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, welche vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163 f. m.w.N.). Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen dadurch, daß bei diesen die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vor dergrund steht, während für jene die objektive Beziehung des sich Äußer nden zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch ist (vgl. BVerfG, NJW 2000, 199 , 200 m.w.N.). Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es wesentlich darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden
und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (Senatsurteile vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - VersR 1999, 1162 f. und vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - NJW-RR 1999, 1251, 1252 m.w.N.; BGHZ 154, 54, 60; BVerfGE 61, 1, 9 = NJW 1983, 1415, 1416; 85, 1, 14 = NJW 1992, 1439, 1440). Für die Ermittlung des Aussagegehalts einer Äußerung ist darauf abzustellen, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird, wobei eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils regelmäßig nicht zulässig ist, sondern auch der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile BGHZ 139, 95, 102 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO, S. 1163). Enthält eine Äußerung einen rechtlichen Fachbegriff, so deutet dies darauf hin, daß sie als Rechtsauffassung und damit als Meinungsäußerung einzustufen ist (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905 f. und - VI ZR 255/80 - VersR 1982, 906, 907). Als Tatsachenmitteilung ist eine solche Äußerung hingegen dann zu qualifiz ieren, wenn die Beurteilung nicht als bloße Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Hierfür ist der Kontext entscheidend, in dem der Rechtsbegriff verwendet wird (Senatsurteil vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - aaO m.w.N.). bb) Ob eine vertragliche Bestimmung ein Vertragsstrafeversprechen enthält , ist durch Auslegung zu ermitteln. Denn ein solches kann nicht nur dann vorliegen, wenn die Parteien eine für den Eintritt bestimmter Umstände ausbedungene Zahlung als Vertragsstrafe bezeichnet haben. Andererseits muß nicht jede von den Parteien so bezeichnete Zahlung eine Vertragsstrafe im Rechts-
sinne darstellen. Die Beurteilung der Vertragsbestimmung erfordert - anders als die Deutung einfacher, auch in der Alltagssprache gängiger Rechtsbegriffe - eine rechtliche Bewertung (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - aaO und - VI ZR 255/80 - aaO; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - aaO S. 1121 f.; vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - aaO und vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - aaO; siehe auch BVerfG, NJW 2000, 199, 200; BVerfG, NJW-RR 2001, 411 f.; BVerfG, NJW 2003, 1109 f.; MünchKomm -BGB/Wagner, 4. Aufl., § 824, Rdn. 21 f. m.w.N.). Ob sich diese im Ergebnis als vertretbar oder unvertretbar erweist, macht die Verwendung des Rechtsbegriffs nicht zu einer Tatsachenbehauptung, sondern hält sich im Rahmen des subjektiven Dafürhaltens und Meinens. Die rechtliche Subsumtion ist nicht einem Beweis zugänglich, sondern erfordert eine eigene Bewertung. Eine solche Beurteilung hat der Beklagte hier vorgenommen. Die rechtliche Bewertung der von der Klägerin verwendeten Vertragsbestimmung als Vertragsstrafeversprechen gibt die subjektive Beurteilung des Beklagten wieder. Ihr kann zwar eine andere Auffassung entgegengehalten werden, doch stellt sie sich, worauf die Revision zutreffend hinweist, gerade deshalb als Meinungsäußerung dar. Hinzu kommt, daß sich die von der Klägerin beanstandete Äußerung im Rahmen einer rechtlichen Abhandlung findet, die als solche insgesamt von Elementen der Wertung durchdrungen ist. cc) Allerdings ist die Meinungsfreiheit nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern unterliegt den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG. Zu diesen gehört das Recht der persönlichen Ehre und auf öffentliches Ansehen, zu dessen Wahrung auch juristische Personen Ehrenschutz in Anspruch nehmen können (vgl. Senatsurteil vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO; BVerfGE 99, 185, 195 ff. = NJW 1999, 1322, 1323 f.). Im Streitfall führt die gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Meinungsfreiheit des Beklagten dazu, daß
diese den Vorrang verdient. Die Behauptung, jemand lasse sich eine Vertragsstrafe versprechen, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem Beklagten geschaffenen Kontext ehrenrührig. Die Rechtsordnung erlaubt die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ausdrücklich und setzt dieser Möglichkeit zugleich Grenzen. Jedenfalls solange - wie im Streitfall - nicht der Eindruck erweckt wird, jemand überschreite diesbezüglich die Grenze des rechtlich Zulässigen, beeinträchtigt die bloße rechtliche Bewertung eines Vertragspassus‘ als Vertragsstrafe denjenigen, der sich eine Zahlung für den Fall des Eintritts bestimmter Umstände versprechen läßt, nicht derart, daß im Hinblick auf die grundlegende Bedeutung der Meinungsfreiheit für die Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen ein Unterlassungsanspruch bestehen könnte.
b) Ebenfalls mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht die Äußerung des Beklagten, der Branchenin formationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet, im Streitfall als Tatsachenbehauptung gewertet hat. aa) Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es nach gefestigter Rechtsprechung der Ermittlung ihres vollständigen Aussagegehalts. Insbesondere ist jede beanstandete Äußerung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21 und vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - aaO, jeweils m.w.N.). So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen werden und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem - zu würdigenden - Gesamtzusammenhang in den Schutz-
bereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842; BVerfGE 85, 1, 15 f. = NJW 1992, 1439, 1440). bb) Die Revision beanstandet mit Recht, daß das Berufungsgericht die betreffende Äußerung des Beklagten zwar insgesamt wiede rgegeben, aber nur deren ersten Teil, der einen tatsächlichen Gehalt aufweist, gewürdigt hat. Diese Aufspaltung führt notwendigerweise zu einer isolierten Betrachtungsweise, die den Aussagegehalt der gesamten Äußerung nicht erfaßt. H ierfür muß vielmehr auch der zweite sich anschließende, nicht in den Klageantrag aufgenommene Halbsatz gewürdigt werden, welcher lautet: „und hat gerade im Fall F. recht damit.“. Dieser zweite Teil der Äußerung gibt nicht n ur die Auffassung des Beklagten wieder. Durch die Bezugnahme auf den ersten Satzteil macht sich der Äußernde hier vielmehr auch den Inhalt des von ihm dor t wiedergegebenen Zitats zu eigen. Er setzt dieses Zitat, von dem er sich nicht etwa distanziert (vgl. hierzu Senatsurteil BGH 132, 13, 18 f.), sondern das er durch den Nachsatz sogar inhaltlich bekräftigt, an dieser Stelle gezielt ein, um seiner eigenen Meinungsäußerung durch den Hinweis auf die übereinstimmende Meinung eines Dritten ein größeres Gewicht zu verleihen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Beklagte das Zitat richtig oder unrichtig wiedergegeben hat. Durch die Verknüpfung des Zitats mit der Wiedergabe der eigenen Auffassung des Äußernden stellt sich die Aussage in ihrer Gesamtheit betrachtet als ein Zusammenspiel von Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung dar. Daß mit dem Klageantrag lediglich der Teil herausgegriffen und vom restlichen Teil der Äußerung abgetrennt worden ist, der einen tatsächlichen Gehalt hat, kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen (vgl. Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - aaO). Für den Leser der Abhandlung liegt der Akzent der Ge-
samtaussage in dem Vorwurf des Beklagten, das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin sei - jedenfalls im Fall F. - Bauernfängerei. Damit stellt sich die Aussage insgesamt als eine Meinungsäußerung dar, die grundsätzlich in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fällt. cc) Die danach im Streitfall gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Meinungsfreiheit des Beklagten führt dazu, daß letztere den Vorrang verdient. Die Äußerung, das Prozeßfinanzie rungsmodell der Klägerin sei - jedenfalls im Fall F. - Bauernfängerei, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem Beklagten geschaffenen Kontext ehrenrührig. (1.) Wegen seines die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Von einer solchen kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. z.B. Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - VersR 2000, 327, 320 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO S. 1163, jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 3760 und NJW 2004, 590, 591). Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteil BGHZ 138, 311, 320 und vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445).
(2.) Diese Anforderungen an eine unzulässige Schmähkritik erfüllt die in Rede stehende Bezeichnung als Bauernfängerei nicht. Die hierin enthaltene Bewertung des geschäftlichen Vorgehens der Klägerin kann nicht als bloße Diffamierung angesehen werden; sie entbehrt vielmehr keineswegs des erforderlichen Sachbezugs im Rahmen der Abhandlung des Beklagten. Letzterer setzt sich - wenn auch an dieser Stelle in recht scharfer Form - mit dem Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin auseinander. Er bewertet die vertraglichen Rechte und Pflichten der von der Klägerin angesprochenen Kapitalanleger und gelangt zu dem Ergebnis, daß für sie das System der Klägerin unvorteilhaft sei. Eine solche Bewertung ist, auch wenn sie sich teilweise überzogener Formulierungen bedient, unter Berücksichtigung der erörterten Rechtsgrundsätze noch vom Grundrecht des Beklagten auf freie Meinungsäußerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt.

III.

Da weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, kann der Senat gem. § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden und die Klage insgesamt abweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Zur Nachtzeit dürfen die Wohnung, die Geschäftsräume und das befriedete Besitztum nur in folgenden Fällen durchsucht werden:

1.
bei Verfolgung auf frischer Tat,
2.
bei Gefahr im Verzug,
3.
wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass während der Durchsuchung auf ein elektronisches Speichermedium zugegriffen werden wird, das als Beweismittel in Betracht kommt, und ohne die Durchsuchung zur Nachtzeit die Auswertung des elektronischen Speichermediums, insbesondere in unverschlüsselter Form, aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre oder
4.
zur Wiederergreifung eines entwichenen Gefangenen.

(2) Diese Beschränkung gilt nicht für Räume, die zur Nachtzeit jedermann zugänglich oder die der Polizei als Herbergen oder Versammlungsorte bestrafter Personen, als Niederlagen von Sachen, die mittels Straftaten erlangt sind, oder als Schlupfwinkel des Glücksspiels, des unerlaubten Betäubungsmittel- und Waffenhandels oder der Prostitution bekannt sind.

(3) Die Nachtzeit umfasst den Zeitraum von 21 bis 6 Uhr.

(1) Die Wohnung des Schuldners darf ohne dessen Einwilligung nur auf Grund einer Anordnung des Richters bei dem Amtsgericht durchsucht werden, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll. Dies gilt nicht, wenn die Einholung der Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde.

(2) Auf die Vollstreckung eines Titels auf Räumung oder Herausgabe von Räumen und auf die Vollstreckung eines Haftbefehls nach § 802g ist Absatz 1 nicht anzuwenden.

(3) Willigt der Schuldner in die Durchsuchung ein oder ist eine Anordnung gegen ihn nach Absatz 1 Satz 1 ergangen oder nach Absatz 1 Satz 2 entbehrlich, so haben Personen, die Mitgewahrsam an der Wohnung des Schuldners haben, die Durchsuchung zu dulden. Unbillige Härten gegenüber Mitgewahrsamsinhabern sind zu vermeiden.

(4) Der Gerichtsvollzieher nimmt eine Vollstreckungshandlung zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen nicht vor, wenn dies für den Schuldner und die Mitgewahrsamsinhaber eine unbillige Härte darstellt oder der zu erwartende Erfolg in einem Missverhältnis zu dem Eingriff steht, in Wohnungen nur auf Grund einer besonderen Anordnung des Richters bei dem Amtsgericht. Die Nachtzeit umfasst die Stunden von 21 bis 6 Uhr.

(5) Die Anordnung nach Absatz 1 ist bei der Zwangsvollstreckung vorzuzeigen.

(6) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung nach Absatz 1 einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.

(2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

(3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.

(4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.

(5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die

1.
auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder
2.
Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 155/10 Verkündet am:
9. Februar 2011
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine vom Vermieter wegen eines geplanten Abrisses und Neubaus ausgesprochene
Kündigung genügt dem Begründungserfordernis des § 573 Abs. 3 BGB,
wenn dem Mieter mitgeteilt wird, aus welchen Gründen der Vermieter die vorhandene
Bausubstanz nicht für erhaltenswert hält und welche baulichen Maßnahmen
er stattdessen plant.

b) Zu den Voraussetzungen einer Verwertungskündigung (hier: Abriss eines Gebäudes
mit geringem, angemessenen Wohnbedürfnissen nicht mehr entsprechendem
Wohnwert zwecks Errichtung von Neubaumietwohnungen).
BGH, Urteil vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 155/10 - LG Hamburg
AG Hamburg-St. Georg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Februar 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Fetzer sowie den Richter
Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 34, vom 10. Juni 2010 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte hat im Jahr 1995 von der Stadt H. als Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Zweieinhalbzimmerwohnung im ersten Obergeschoss des Wohnblocks R. gemietet. Der Wohnblock gehört zu einer ursprünglich aus rund 500 Wohneinheiten bestehenden, in den 1930er Jahren in einfacher Bauweise errichteten Siedlung.
2
Die Klägerin hat die "R. -Siedlung" im Oktober 1996 erworben. Ein Teil der Siedlung ("He. ") wurde von der Stadt H. unter Milieuschutz gestellt und von der Klägerin mit verhältnismäßig geringen Maßnahmen instand gesetzt. Die grundlegenden Nachteile der Wohnungen - kleine, gefangene Räume mit niedrigen Decken, schlechte Belichtung, Ausstattung nur mit kleinem WC-Raum und Waschbecken - konnten dadurch nicht beseitigt werden. Für die übrigen 20 Wohnblocks der ehemaligen R. siedlung hat die Stadt H. eine Zweckentfremdungsgenehmigung erteilt, die auf der Planung der Klägerin beruht, nach dem Abriss der bestehenden Gebäude zeitgemäß zugeschnittene und ausgestattete, auch für Familien geeignete Mietwohnungen mit einer größeren Gesamtwohnfläche zu errichten. Die Klägerin hat hierfür ein städtebauliches Konzept der neuen Siedlung mit aufeinander abgestimmten Neubauhäusern erstellt und öffentliche Fördermittel erhalten.
3
Die Klägerin hat das Mietverhältnis mit der Beklagten mit Schreiben vom 31. Januar 2008 gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB ordentlich gekündigt. Zu diesem Zeitpunkt waren - abgesehen von dem unter Milieuschutz gestellten Siedlungsteil - sämtliche Wohnhäuser der alten Siedlung bis auf den Block, in dem sich die von der Beklagten gemietete Wohnung befindet, bereits abgerissen und durch Neubauwohnungen ersetzt. Die Beklagte ist die einzig verbliebene Mieterin im letzten Block; die Anschlüsse für den an seiner Stelle geplanten Neubau sind in dem neu errichteten Nachbarhaus Nr. schon vorhanden.
4
Das Amtsgericht hat die Räumungsklage abgewiesen. Das Landgericht hat das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin hat in der Revisionsinstanz den Rechtsstreit in der Hauptsache (einseitig) für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte die Wohnung nach dem Erlass des Berufungsurteils geräumt hatte.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
7
Die Kündigung der Klägerin vom 31. Januar 2008 habe das Mietverhältnis mit der Beklagten beendet.
8
Die Kündigung sei nicht aus formellen Gründen unwirksam, denn die Klägerin habe die Gründe für die Beendigung des Mietverhältnisses im Kündigungsschreiben hinreichend konkret bezeichnet. Die Wirksamkeit der Kündigung scheitere nicht daran, dass die Klägerin keine ausreichenden Berechnungen zur wirtschaftlichen Rentabilität einer etwaigen Sanierung des von der Beklagten bewohnten Altbaus angestellt und mitgeteilt hätte. Es genüge vielmehr, dass die Klägerin im Einzelnen dargelegt habe, dass sie wegen der nach heutigen Maßstäben unzulässig niedrigen Raumhöhen, der mangelhaften Belichtung , fehlenden Wärmedämmung sowie wegen der gravierenden Schäden an der Bausubstanz den Abriss der vorhandenen Bebauung und seine Ersetzung durch moderne Neubauten für erforderlich halte.
9
Die Kündigung der Klägerin sei auch begründet, weil sie durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert wäre und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Die Kammer sei aufgrund einer Inaugenscheinnahme der Häuserzeile R. und der bereits errichteten öffentlich geförderten Neubaumietwohnungen in der Umgebung davon überzeugt, dass der Abriss des letzten Blocks und die Errichtung moderner Neubauten einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks entspreche. Entgegen der Auffassung der Beklagten könne insoweit nicht allein auf einen Vergleich der Erträge im Falle einer Sanierung der Häuser einerseits und im Falle des Abrisses und der Errichtung von Neubauten andererseits abgestellt werden.
10
Dem Vermieter könne die Möglichkeit, sich für einen Abriss der sanierungsbedürftigen Bausubstanz und die Bebauung des Grundstücks mit Neubauwohnungen zu entscheiden, nicht verwehrt werden, wenn auch im Falle der Sanierung nur ein mit heutigen Wohnbedürfnissen und Vorstellungen nicht im Einklang stehender baulicher Zustand geschaffen würde. Dies sei hier der Fall, denn die vorhandenen Unzulänglichkeiten wie geringe Deckenhöhen, kleine Fenster, steile Treppen und gefangene Räume könnten nur unter gravierenden Eingriffen in die Bausubstanz und die Grundrissgestaltung behoben werden. Die Klägerin würde durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses auch erhebliche Nachteile erleiden. Sie wäre gezwungen, erhebliche finanzielle Mittel für den Erhalt der vorhandenen minderwertigen Bebauung aufzuwenden, und könnte das von ihr für die Flächen der R. siedlung erstellte städtebauliche Konzept mit diversen aufeinander abgestimmten Neubauhäusern bezüglich des verbleibenden Wohnblocks nicht verwirklichen.

II.

11
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen. Durch die Räumung der Wohnung durch die Beklagte nach Erlass des Berufungsurteils ist keine Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache eingetreten, weil die Räumung (lediglich) zur Abwendung der bevorstehenden Zwangsvollstreckung aus dem vorläufig vollstreckba- ren Berufungsurteil erfolgt ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1981 - IVa ZR 104/80, NJW 1981, 2244 unter III mwN).
12
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses ausreichend begründet hat (§ 573 Abs. 3 Satz 1 BGB).
13
Nach § 573 Abs. 3 BGB sind die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Der Zweck der Vorschrift besteht darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen (vgl. BT-Drucks. 6/1549, S. 6 f. zu § 564a Abs. 1 Satz 1 BGB aF). Diesem Zweck wird im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann (Senatsurteile vom 17. März 2010 - VIII ZR 70/09, NZM 2010, 400 Rn. 8, sowie vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, NJW 2007, 2845 Rn. 23).
14
Entgegen der Auffassung der Revision wird das Kündigungsschreiben der Klägerin vom 31. Januar 2008 diesen Anforderungen gerecht. Die Klägerin hat darin im Einzelnen ausgeführt, dass die in der Zeit von 1934 bis 1939 als Behelfsheim gebaute R. siedlung sowohl erhebliche städtebauliche Mängel (geringe bauliche Dichte, fehlende Zuordnung der gemeinschaftlichen Freiflächen zu den einzelnen Wohnungen sowie fehlende Gliederung der Siedlung in überschaubare Nachbarschaften) als auch gravierende gebäudetechnische Mängel (unzulässig niedrige Raumhöhen, geringe Haustiefe, beengte Erschließung , mangelnde Belichtung und Ausstattung) aufweise und die Kosten einer Modernisierung mit 1.250 € je qm fast die mit 1.650 € je qm kalkulierten Neu- baukosten erreichten. Da auch mit der Modernisierung ein großer Teil der städtebaulichen Mängel nicht beseitigt würde, sei im Jahr 1998 - auch im Interesse des Allgemeinwohls - die Entscheidung für einen Abriss und den Neubau einer auch für größere Familien attraktiven Siedlung mit deutlich größerer Gesamtwohnfläche und besserer Nutzung der vorhandenen Flächen gefallen; die Stadt H. habe insoweit die erforderliche Abriss- und Zweckentfremdungsgenehmigung erteilt.
15
Aus dem Kündigungsschreiben ergibt sich mithin, dass die Klägerin die Wohnung beansprucht, um das von ihr für die R. siedlung geplante und im Einzelnen dargelegte städtebauliche Konzept der Schaffung moderner bedarfsgerechter Neubaumietwohnungen anstelle der alten und heutigen Wohnbedürfnissen nicht mehr entsprechenden Bebauung zu verwirklichen. Ohne Erfolg macht die Revision demgegenüber geltend, das Kündigungsschreiben sei deshalb aus formellen Gründen unwirksam, weil die Klägerin keine aktuellen Berechnungen dazu vorgelegt habe, welche Kosten bei einer Sanierung entstünden , sondern sich mit veralteten Berechnungen aus dem Jahr 1998 begnügt habe. Die Revision überspannt damit die an die Begründung einer Kündigung zu stellenden Anforderungen. Bei einer Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB wegen eines geplanten Abrisses und Neubaus ist dem Begründungserfordernis des § 573 Abs. 3 BGB Genüge getan, wenn dem Mieter mitgeteilt wird, aus welchen Gründen der Vermieter die vorhandene Bausubstanz nicht für erhaltenswert hält und welche baulichen Maßnahmen er stattdessen plant. Damit erhält der Mieter eine ausreichende Grundlage für die von ihm zu treffende Entscheidung , ob er der Kündigung widersprechen oder sie hinnehmen will. Entgegen der Auffassung der Revision und einer zum Teil in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur vertretenen Auffassung (LG Aachen, WuM 1991, 495, 496; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 10. Aufl., § 573 BGB Rn. 186; wohl auch Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 6. Aufl., § 573 Rn. 46, 52) bedarf es deshalb zur Begründung einer Verwertungskündigung im Rahmen des § 573 Abs. 4 BGB keiner Vorlage von Wirtschaftlichkeitsberechnungen , etwa zu einer "Sanierungsalternative". Etwaige Fehler einer solchen vom Vermieter gleichwohl vorgelegten Berechnung oder die Bezugnahme des Vermieters auf eine nicht mehr aktuelle Berechnung führen nicht dazu, dass die Kündigung aus formellen Gründen unwirksam ist. Die Frage, ob der vom Vermieter für den Fall des Fortbestehens des Mietverhältnisses geltend gemachte erhebliche Nachteil angesichts einer wirtschaftlich vertretbaren Sanierungsmöglichkeit tatsächlich besteht, betrifft die materielle Berechtigung der Kündigung und ist, soweit es im Einzelfall darauf ankommt, im Prozess durch Beweisaufnahme zu klären. Die von der Revision an die Begründung einer Verwertungskündigung gestellten Anforderungen laufen darauf hinaus, dass bereits das Kündigungsschreiben selbst die gerichtliche Feststellung des Vorliegens der Kündigungsvoraussetzungen erlauben müsste; dies ist durch das berechtigte Informationsbedürfnis des Mieters nicht geboten (vgl. BVerfG, NJW 1998, 2662, 2663; NZM 2003, 592 f.).
16
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die Klägerin durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert wäre und ihr dadurch erhebliche Nachteile entstehen würden.
17
a) Der von der Klägerin geplante Abriss des vorhandenen Gebäudes und seine Ersetzung durch einen Neubau stellt eine wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks dar (Senatsurteil vom 24. März 2004 - VIII ZR 188/03, NJW 2004, 1736 unter II 1 a aa). Angemessen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist eine wirtschaftliche Verwertung dann, wenn sie von vernünftigen, nachvollziehbaren Erwägungen getragen wird (Senatsurteil vom 28. Januar 2009 - VIII ZR 8/08, NZM 2009, 234 Rn. 12). Dies hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen für die von der Klägerin geplanten Baumaßnahmen rechtsfehlerfrei bejaht. Denn der noch vorhandene Wohnblock befindet sich in einem schlechten Bauzustand und entspricht heutigen Anforderungen an eine angemessene Wohnraumversorgung nicht; die erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung wurde der Klägerin bereits erteilt. Unter diesen Umständen beruhen der von der Klägerin beabsichtigte Abriss und die Errichtung der geplanten Neubaumietwohnungen auf vernünftigen und nachvollziehbaren wirtschaftlichen Überlegungen.
18
b) Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, dass der Klägerin erhebliche Nachteile entstehen würden, wenn sie durch den Fortbestand des Mietverhältnisses mit der Beklagten an der von ihr beabsichtigten wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert würde.
19
aa) Die Beurteilung der Frage, ob dem Eigentümer durch den Fortbestand eines Mietvertrages ein erheblicher Nachteil entsteht, ist vor dem Hintergrund der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) und damit des grundsätzlichen Bestandsinteresses des Mieters, in der bisherigen Wohnung als seinem Lebensmittelpunkt zu verbleiben, vorzunehmen. Die im Rahmen des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB erforderliche Abwägung zwischen dem Bestandsinteresse des Mieters und dem Verwertungsinteresse des Eigentümers entzieht sich einer generalisierenden Betrachtung; sie lässt sich nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und der konkreten Situation des Vermieters treffen. Dabei handelt es sich um eine tatrichterliche Frage, die vom Revisionsgericht nur eingeschränkt dahin überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht die Wertungsgrenzen erkannt, die tatsächliche Wertungsgrundlage ausgeschöpft und die Denk- und Erfahrungssätze beachtet hat (Senatsurteil vom 28. Januar 2009 - VIII ZR 8/08, aaO Rn. 15). Einen dem Berufungsgericht in dieser Hinsicht unterlaufenen Fehler zeigt die Revision nicht auf.
20
bb) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe die Wertungsgrenzen verkannt und die tatsächliche Wertungsgrundlage nicht ausgeschöpft , indem es einen erheblichen Nachteil der Klägerin bejaht habe, ohne dass ihm eine (aktuelle) Vergleichsrechnung dazu vorgelegen habe, welche Kosten bei einer Sanierung unter Erhalt der Wohnung der Klägerin entstanden wären und wie die Wirtschaftlichkeit dieser "Sanierungsalternative" zu beurteilen sei.
21
Das Berufungsgericht hat den "erheblichen Nachteil" darin gesehen, dass die Klägerin bei einer Fortsetzung des Mietverhältnisses mit der Beklagten den Wohnblock, in dem sich die Wohnung der Beklagten befindet, nicht durch einen Neubau ersetzen und somit das von ihr mit der "R. siedlung" verfolgte städtebauliche Konzept nur unvollständig verwirklichen könne. Nach den - von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts kann durch bloße Sanierungsmaßnahmen der alten Bausubstanz unter Erhalt der Wohnung der Beklagten ein baulicher Zustand, der einer angemessenen Wohnraumversorgung entspricht, nicht erreicht werden.
22
Die hierauf gestützte Würdigung des Berufungsgerichts, der Klägerin könne nicht zugemutet werden, mit Rücksicht auf das Mietverhältnis mit der Beklagten den letzten noch vorhandenen Wohnblock trotz seines nicht behebbaren niedrigen Wohnwerts weiter zu bewirtschaften und insoweit auf die Verwirklichung ihres an einer angemessenen Wohnraumversorgung ausgerichteten städtebaulichen Konzepts zu verzichten, weist keinen Rechtsfehler auf. Entgegen der Auffassung der Revision kommt es angesichts der hier vom Berufungsgericht festgestellten Umstände nicht darauf an, welche Kosten bei der von der Klägerin befürworteten "Sanierungsalternative" (Instandsetzung des Wohnblocks unter Erhalt der Wohnung der Beklagten) aufzuwenden wären und ob die Klägerin auch in diesem Fall noch eine Rendite erzielen könnte. Es ist des- halb auch nicht erheblich, ob der schlechte bauliche Zustand des noch vorhandenen Wohnblocks - wie die Beklagte behauptet hat - auch darauf zurückzuführen ist, dass die Klägerin seit Ende der 1990er Jahre im Hinblick auf den geplanten Abriss keine Erhaltungsmaßnahmen mehr vorgenommen hat. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Hamburg-St. Georg, Entscheidung vom 05.08.2009 - 919 C 101/09 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 10.06.2010 - 334 S 46/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 35/11
Verkündet am:
15. März 2012
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Gläubiger, der ein nicht rechtskräftiges Berufungsurteil erwirkt hat, aus dem er
nicht vollstreckt, hat weiterhin Anspruch auf Verzugszinsen, wenn er die ihm zur
Abwendung der Zwangsvollstreckung angebotene Zahlung des Schuldners zurückweist.
BGH, Urteil vom 15. März 2012 - IX ZR 35/11 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den
Richter Vill, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 15. Februar 2011 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 15. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der K. GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin). In einem Vorprozess erstritt er am 4. Januar 2008 ein Berufungsurteil gegen die jetzige Klägerin, nach welchem diese 9.979.906,23 € nebst 5 v.H. Zinsen im Zeitraum vom 1. Juni 2000 bis zum 19. Mai 2002 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Mai 2002 an ihn zu zahlen hatte. Mit Schreiben vom 28. Januar 2008 forderte der Beklagte die Klägerin auf, den ausgeurteilten Betrag nebst von ihm bis zum 28. Januar 2008 auf 4.852.929 € berechneter Zinsen zu bezahlen. Auf Anfrage der Klägerin, die zwischenzeitlich Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil vom 4. Januar 2008 eingelegt hatte, erklärte er, dass er bis auf weiteres nicht beabsichtige, die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Dennoch bezahlte die Klägerin am 3. März 2008 auf die Hauptforderung und die Zinsen 14.909.266,88 €, nachdem sie zuvor mitgeteilt hatte, dass die Zahlung lediglich zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolge und deshalb nicht als Erfüllung der vom Beklagten behaupteten Ansprüche betrachtet werden könne. Aufgrund dieses Vorbehalts verweigerte der Beklagte die Annahme des überwiesenen Betrags und veranlasste dessen sofortige Rücküberweisung. Durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 7. Mai 2009 wurde die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zurückgewiesen. Am 5. Juni 2009 zahlte die Klägerin an den Beklagten die Hauptforderung und die titulierten Zinsen bis zum 3. März 2008.
2
Mit Anwaltsschreiben vom 5. Juni 2009 forderte der Beklagte die Klägerin unter Androhung der Zwangsvollstreckung zur Zahlung der seiner Ansicht nach im Zeitraum vom 4. März 2008 bis zum 4. Juni 2009 angefallenen Zinsen auf. Die Klägerin hat daraufhin Vollstreckungsgegenklage erhoben. Sie hat beantragt , die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil vom 4. Januar 2008 für unzulässig zu erklären und den Beklagten zur Herausgabe der ihm erteilten vollstreckbaren Ausfertigung dieses Urteils zu verurteilen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hin ist der Beklagte antragsgemäß verurteilt worden. Mit seiner vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision will der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.


4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klägerin habe den im Urteil vom 4. Januar 2008 titulierten Anspruch vollständig erfüllt. Über den 3. März 2008 hinaus stünden dem Beklagten keine Verzugszinsen zu. Zwar komme der Zahlung vom 3. März 2008 keine Erfüllungswirkung zu. Erfüllt worden sei die Hauptforderung erst durch die Zahlung vom 5. Juni 2009. Nach der Zahlung vom 3. März 2008 habe sich die Klägerin jedoch nicht mehr im Verzug befunden. Der Beklagte sei durch die Zurückweisung der Zahlung vom 3. März 2008 in Annahmeverzug geraten. Die unter Vorbehalt geleistete Zahlung entspreche in ihrer Wirkung letztlich einer Hinterlegung, zu welcher die Klägerin gemäß §§ 711, 108 ZPO ebenfalls berechtigt gewesen sei. Die Bestimmung des § 378 BGB, nach welcher die Ansprüche des Gläubigers mit dem Verzicht des Schuldners auf eine Rücknahme der hinterlegten Sache rückwirkend als erfüllt gälten, könne auf einen zur Sicherheitsleistung hinterlegten Geldbetrag entsprechend angewandt werden. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen den prozessualen Befugnissen und den materiellrechtlichen Pflichten der Klägerin sei es geboten, das unter prozessual unvermeidbaren Vorbehalten stehende Zahlungsangebot ausreichen zu lassen, um die Wirkungen des § 293 BGB herbeizuführen. Das Interesse des Beklagten, die hohen Verzugszinsen zu erhalten, sei nicht höher zu bewerten als das Interesse der Klägerin, sich von der Verpflichtung zur Zahlung der Verzugszinsen zu befreien. Einer Haftung nach § 717 Abs. 2 ZPO wäre der Beklagte bei einem Erfolg der Nichtzu- lassungsbeschwerde und der Revision deshalb nicht ausgesetzt gewesen, weil es sich bei dem Urteil vom 4. Januar 2008 um ein Berufungsurteil gehandelt habe; eine Haftung nach § 717 Abs. 3 ZPO sei nicht in Betracht gekommen, nachdem der Beklagte ausdrücklich erklärt habe, nicht vollstrecken zu wollen.

II.


5
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil vom 4. Januar 2008 ist nicht unzulässig geworden, weil die titulierte Zinsforderung bisher nicht vollständig erfüllt worden ist; die Klägerin schuldete Verzugszinsen bis zur Zahlung am 5. Juni 2009. Aus diesem Grund besteht auch kein Anspruch auf Rückgabe der vollstreckbaren Ausfertigung dieses Urteils.
6
1. Die Zahlung am 3. März 2008 hat schon deshalb nicht zu einer Erfüllung der titulierten Forderung geführt, weil der Beklagte sie nicht angenommen hat.
7
2. Durch die Ablehnung der angebotenen Zahlung ist der Beklagte nicht in Annahmeverzug geraten, der jegliche Verzinsung ausgeschlossen hätte (§ 301 BGB). Der Gläubiger kommt dann in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt (§ 293 BGB). Die Leistung muss dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden (§ 294 BGB). Das ist hier nicht geschehen. Zahlungen aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils sind in der Regel dahin zu verstehen, dass sie nur eine vorläufige Leistung darstellen sollen und unter der aufschiebenden Bedingung der rechtskräftigen Bestätigung der zugrunde liegenden Verbindlichkeit erfolgen (BGH, Beschluss vom 25. Mai 1976 - III ZB 4/76, WM 1976, 1069; Urteil vom 19. Januar 1983 - VIII ZR 315/81, BGHZ 86, 267, 269). Im Streitfall hat die Klägerin einen entsprechenden Vorbehalt sogar ausdrücklich erklärt. Die unter einer solchen Bedingung stehende Zahlung stellte nicht die von der Klägerin geschuldete Leistung dar. Eine Leistung unter dem Vorbehalt der Rückforderung hat keine Erfüllungswirkung (§ 362 BGB). Der Gläubiger muss also damit rechnen, dass er das Geleistete zurückgewähren muss; er kann nicht nach seinem Belieben mit dem Gegenstand der Leistung verfahren.
8
3. Die Ablehnung der angebotenen Zahlung verstieß nicht gegen das Schikaneverbot (§ 226 BGB) oder gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).
9
a) Die Ausübung eines Rechts ist nach § 226 BGB unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen; jeder andere Zweck muss ausgeschlossen sein (RGZ 68, 424, 425; 98, 15, 17). Ein berechtigtes Interesse an der Zurückweisung der so nicht geschuldeten Leistung folgt hier bereits daraus, dass der Beklagte den gezahlten Betrag, hätte er ihn angenommen , im Falle der Aufhebung des Urteils vom 4. Januar 2008 hätte zurückgewähren müssen. Gemäß § 717 Abs. 3 Satz 4 ZPO, § 818 Abs. 4 BGB hätte er sich nicht auf einen Wegfall der Bereicherung berufen können. Die Annahme der Leistung hätte ihm damit ein Risiko auferlegt, das er bei Ablehnung der Leistung nicht zu tragen hatte. Schon damit steht fest, dass die Ablehnung der Leistung nicht ausschließlich der Schädigung der Klägerin diente.
10
b) Eine Rechtsausübung ist unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 226 BGB missbräuchlich, wenn sie beachtliche Interessen eines anderen verletzt, ihr aber kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt (BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 - IX ZR 120/93, WM 1994, 623, 625 mwN). Diese Voraussetzungen sind gleichfalls nicht erfüllt.
11
aa) Die Beklagte wollte mit der Vorbehaltsleistung erreichen, dass sie keine Verzugszinsen mehr zu zahlen hatte. Obwohl die Leistung unter Vorbehalt keine Erfüllung der titulierten Forderung bewirkt und nicht die geschuldete Leistung darstellt, hat der Bundesgerichtshof dieses Interesse in früheren Entscheidungen nicht von vornherein für unbeachtlich gehalten. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 24. Juni 1981 - IVa ZR 104/80, NJW 1981, 2244; vom 7. Oktober 1982 - VII ZR 163/81, WM 1983, 21; vom 26. Juni 1984 - VI ZR 232/82, VersR 1984, 868; vom 21. September 1989 - III ZR 15/88, BGHR GG vor Art. 1/enteignungsgleicher Eingriff Verzögerungsschaden 1; BAGE 126, 198 Rn. 16; offen gelassen allerdings von BGH, Urteil vom 30. Januar 1987 - V ZR 220/85, ZZP 102, 366, 367 f), die in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (OLG Karlsruhe VersR 1992, 370) und in der Literatur (MünchKomm-BGB/Ernst, 5. Aufl., § 286 Rn. 94, § 288 Rn. 17; Staudinger/ Löwisch/Feldmann, BGB, 2009, § 286 Rn. 120; Erman/Hager, BGB, 13. Aufl., § 286 Rn. 73; kritsch etwa Braun, AcP 184 [1984], 152, 161 ff; Krüger, NJW 1990, 1208, 1211; Kerwer, Die Erfüllung in der Zwangsvollstreckung [1996], S. 163 ff; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, 12. Aufl., § 14 Rn. 71) überwiegend Zustimmung gefunden hat, vermag eine Leistung des Schuldners, die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil erfolgt, den Verzug des Schuldners zu beenden, obwohl sie keine Erfüllung bewirkt. Grund dafür ist, dass auch eine im Wege der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil beigetriebene Leistung die Beendigung des Schuldnerverzuges zur Folge hat. Die Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung soll die nämlichen Folgen nach sich ziehen.

12
bb) Diesem Interesse stehen jedoch schutzwürdige eigene Interessen des Gläubigers (des Beklagten) entgegen. Der Gläubiger hat Anspruch auf die geschuldete Leistung, nicht nur auf eine Leistung unter dem Vorbehalt der Rückzahlung. Mit der Annahme der Vorbehaltsleistung verliert der Gläubiger seinen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen, obgleich nicht sicher ist, dass er die Leistung letztlich behalten darf. Bei einer Abänderung oder Aufhebung des Titels kann er nach Maßgabe des § 717 Abs. 3 ZPO zur Erstattung des Geleisteten nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe ab dem Empfang der Leistung verpflichtet sein, ohne sich auf einen Wegfall der Bereicherung berufen zu können. Ob die Voraussetzungen dieser Norm im konkreten Fall tatsächlich erfüllt gewesen wären, was die Klägerin bezweifelt, ist nicht entscheidend. Bestand auch nur das Risiko einer Inanspruchnahme, diente die Zurückweisung der Vorbehaltszahlung eigenen berechtigten Interessen des Beklagten. Im Übrigen setzt der Erstattungsanspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO nach der neueren Rechtsprechung des Senats nicht voraus, dass vor der Zahlung oder Leistung des Titelschuldners die Zwangsvollstreckung angedroht worden war (BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 - IX ZR 176/10, NJW 2011, 2518 Rn. 17 ff, zVb in BGHZ 189, 320). Unabhängig hiervon will der Titelschuldner mit der Vorbehaltszahlung regelmäßig so gestellt werden, wie er stünde, wenn die Zahlung durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erzwungen worden wäre (BGH, Urteil vom 24. Juni 1981 - IVa ZR 104/80, NJW 1981, 2244). Um diese Rechtsfolge abzuwenden, muss dem Titelgläubiger das Recht zugestanden werden, die Annahme der Vorbehaltsleistung abzulehnen. Der Gläubiger kann aus dem vorläufig vollstreckbaren Berufungsurteil vollstrecken, muss es aber nicht. Er kann es ohne Angabe von Gründen bei dem bestehenden Zustand belassen und den Eintritt der Rechtskraft des Berufungsurteils abwarten. Das Recht, die titulierte Leistung erst dann entgegenzunehmen, wenn er diese bedingungslos behalten darf, kann man dem Gläubiger nicht nehmen.
13
c) Entgegen der Ansicht der Klägerin hat der Beklagte schließlich nicht gegen das aus § 242 BGB folgende Verbot widersprüchlichen Verhaltens verstoßen , indem er die Vorbehaltsleistung nicht annahm. Der Beklagte hat die Klägerin nicht, wie ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargelegt hat, durch die Zahlungsaufforderung am 28. Januar 2008 in die für sie missliche Situation der fortdauernden Zinspflicht trotz Angebots einer Vorbehaltsleistung gebracht. Er hat die Klägerin zur Erfüllung ihrer Schuld aufgefordert, nicht zu einer Vorbehaltsleistung. Hätte er dies nicht getan und hätte die Klägerin die Vorbehaltsleistung nicht angeboten, hätte sie überdies ebenfalls Verzugszinsen bis zum 5. Juni 2009, dem Zeitpunkt der Erfüllung der Hauptforderung, zahlen müssen. Widersprüchlich wäre die Zurückweisung der Vorbehaltszahlung sicherlich dann gewesen, wenn der Beklagte die Klägerin nicht nur zur Zahlung aufgefordert, sondern zugleich die Zwangsvollstreckung aus dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Berufungsurteil angedroht hätte. Dies hat er jedoch nicht getan; er hat ausdrücklich erklärt, nicht vollstrecken zu wollen.
14
4. Der vom Berufungsgericht beschriebene Widerspruch zwischen den prozessualen Befugnissen und den materiellrechtlichen Pflichten der Klägerin als Titelschuldnerin besteht nicht. Die Klägerin hätte zwar den dem Beklagten angebotenen und von diesem zurückgewiesenen Betrag als prozessuale Sicherheit nach §§ 711, 108 ZPO hinterlegen können. Unter den Voraussetzungen des § 372 BGB wirkt eine Hinterlegung schuldbefreiend, wenn die Rücknahme der hinterlegten Sache ausgeschlossen wird (§§ 378, 376 Abs. 2 Nr. 1 BGB); ist die Rücknahme der hinterlegten Sache nicht ausgeschlossen worden, kann der Schuldner den Gläubiger auf die hinterlegte Sache verweisen und ist der Schuldner nicht verpflichtet, Zinsen zu zahlen oder Ersatz für nicht gezogene Nutzungen zu leisten (§ 379 Abs. 1 und 2 BGB). Die Hinterlegung von Geld als prozessuale Sicherheit (§ 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO) ist jedoch von der Hinterlegung als Erfüllungssurrogat (§§ 372 ff BGB) zu unterscheiden. Die Vorschriften der §§ 372 BGB sind nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar. Vielmehr galten bis zum 30. November 2010 die Vorschriften der Hinterlegungsordnung und gelten nunmehr die Vorschriften der Hinterlegungsgesetze der Länder (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 108 Rn. 15; Prütting/Gehrlein/K. Schmidt, ZPO, 3. Aufl., § 108 Rn. 7). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die Umwandlung der Hinterlegung einer prozessualen Sicherheit in ein Hinterlegungsverhältnis nach §§ 372 ff BGB für möglich gehalten worden (RG JW 1914, 466 Nr. 6; BGH, Urteil vom 19. Oktober 1983 - VIII ZR 169/82, WM 1983, 1337, 1338). Eine Rückwirkung kommt dieser Umwandlung jedoch nicht zu. Auch dann, wenn die Klägerin am 3. März 2008 einen Betrag in Höhe der Hauptforderung und der bis dahin angefallenen Zinsen als Sicherheit hinterlegt und nach Rechtskraft des Urteils vom 4. Januar 2008 zugunsten des Beklagten auf die Rückgabe dieses Betrages verzichtet hätte, hätte sie bis zum Wirksamwerden dieser Erklärung Verzugszinsen zu zahlen gehabt.

III.


15
Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei der Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil, welches die Klage abgewiesen hatte , wird zurückgewiesen.
Kayser Vill Lohmann Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 15.12.2009 - 2 O 183/09 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 15.02.2011 - 17 U 151/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 191/13 Verkündet am:
19. November 2014
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Hat der Vermieter eine Wohngebäudeversicherung abgeschlossen, deren Kosten
vom Mieter getragen werden, und verursacht der Mieter leicht fahrlässig einen von
dieser Versicherung umfassten Wohnungsbrand, so trifft den Vermieter in der Regel
die mietvertragliche Pflicht, wegen des Brandschadens nicht den Mieter, sondern
die Versicherung in Anspruch zu nehmen. Zudem hat der Vermieter in einem
solchen Fall aufgrund seiner Pflicht zur Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen
Gebrauch geeigneten Zustand (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) den
Brandschaden grundsätzlich auch dann zu beseitigen, wenn er von einer Inanspruchnahme
der Wohngebäudeversicherung absieht (Bestätigung und Fortführung
von BGH, Urteile vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04, NJW-RR 2005, 381
unter II 3; vom 10. November 2006 - V ZR 62/06, NJW 2007, 292 Rn. 7; BGH, Beschluss
vom 21. Januar 2014 - VIII ZR 48/13, GE 2014, 661 Rn. 5).

b) Zur Frage des erledigenden Ereignisses bei der Beseitigung eines Mangels der
Mietsache zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren
Urteil (Anschluss an und Fortführung von BGH, Urteil vom 8. Mai
1985 - IVa ZR 138/83, BGHZ 94, 268, 274 [zur Auskunftserteilung]).
BGH, Urteil vom 19. November 2014 - VIII ZR 191/13 - LG Bonn
AG Euskirchen
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. November 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die
Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Bünger und Kosziol

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 13. Juni 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das vorgenannte Urteil teilweise abgeändert und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Euskirchen vom 8. November 2012 auch insoweit zurückgewiesen wird, als die Beklagte darin verurteilt worden ist, den Wohnungsbrandschaden durch geeignete Maßnahmen zu beheben. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger sind seit dem Jahr 2006 Mieter einer Wohnung der Beklagten in E. . Die monatliche Bruttomiete beträgt 885,10 €. Nach dem Mietvertrag werden die Kosten der von der Beklagten abgeschlossenen Wohngebäudeversicherung anteilig auf die Kläger umgelegt. Der Mietvertrag sieht zudem vor, dass die Kläger Tapezier- und sonstige Malerarbeiten auf ihre Kosten auszuführen haben.
2
Am 7. März 2012 kam es zu einem Brand in der Küche der von den Klägern gemieteten Wohnung. Hierdurch wurden die Küche und weitere Räume der Wohnung - überwiegend in Gestalt von Rußverschmutzungen - beschädigt. Brandursache war, dass die damals 12-jähige Tochter der Kläger Öl in einem Kochtopf auf dem Herd erhitzt, sodann die Küche bei eingeschalteter Herdplatte zeitweise verlassen und sich das Öl währenddessen entzündet hatte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts fällt den Klägern hinsichtlich der Verursachung des Brandschadens (allenfalls) einfache Fahrlässigkeit zur Last.
3
Die Haftpflichtversicherung der Kläger verwies die Beklagte an deren Gebäudeversicherung. Eine Inanspruchnahme ihrer Gebäudeversicherung lehnte die Beklagte jedoch mit der Begründung ab, dies führe zu einem Ansteigen der Versicherungskosten für den Gesamtbestand ihrer Mietwohnungen. Auch die von den Klägern geforderte Beseitigung des Brandschadens lehnte die Beklagte ab, da ein Mieter, der Mietmängel schuldhaft verursacht habe, weder einen Mangelbeseitigungsanspruch noch eine Minderung der Miete geltend machen könne.
4
Mit ihrer daraufhin erhobenen Klage haben die Kläger - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - die Beseitigung des Brandschadens sowie die Feststellung einer Berechtigung zur Mietminderung um monatlich 366,06 € (= 60 % der Kaltmiete) seit dem 7. März 2012 und die Freistellung von außerge- richtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 878,70 € begehrt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Nachdem die Beklagte daraufhin die Brandschäden - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - beseitigt hat, haben die Kläger im Berufungsverfahren den Rechtstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil mit Ausnahme der Verurteilung zur Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten abgeändert und - unter Klageabweisung im Übrigen - festgestellt, dass die Kläger in der Zeit vom 7. Juni 2012 bis zum 13. Dezember 2012 zu einer monatlichen Mietminderung in Höhe von 132,76 € (= 15 % der Bruttomiete) berechtigt waren und sich der Rechtsstreit hinsichtlich der erstrebten Beseitigung des Brandschadens in der Hauptsache erledigt hat. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
7
Hinsichtlich der erstrebten Beseitigung des Brandschadens sei der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Insoweit sei die Klage durch ein erledigendes Ereignis - die Schadensbehebung seitens der Beklagten - nach Verkündung des amtsgerichtlichen Urteils unbegründet geworden. Das Amtsgericht habe die Beklagte zu Recht und mit zutreffender Begründung zur Behebung des eingetretenen Brandschadens verurteilt. In der durch den Brand eingetretenen Beschädigung der Mietsache sei ein Mangel im Sinne von § 536 BGB zu sehen, der den vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtige. Die Beklagte treffe als Vermieterin grundsätzlich die unbedingte Pflicht zur Erhaltung der Mietsache gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB und damit zur Beseitigung der durch den Brand entstandenen Mängel und zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands.
8
Die Erhaltungspflicht entfalle - ebenso wie eine Mietminderung - nach ständiger Rechtsprechung allerdings in den Fällen, in denen die Beschädigung der Mietsache auf einem Verschulden des Mieters beruhe. Insoweit gehe das Amtsgericht von einer (allenfalls) leichten Fahrlässigkeit der Kläger und damit von einem Verschulden in diesem Sinne aus. Bei einer durch leichte Fahrlässigkeit erfolgten Schadensverursachung durch die Kläger verbleibe es unter Heranziehung der nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung geltenden Grundsätze der so genannten versicherungsrechtlichen Lösung jedoch bei der Erhaltungspflicht der Beklagten als Vermieterin. Diese nach der gesetzlichen Regelung des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB uneingeschränkt vorgesehene Erhaltungspflicht des Vermieters entfalle in den Fällen einer schuldhaften Beschädigung der Mietsache durch den Mieter nur deshalb, weil der Mieter hier seinerseits Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB zu leisten habe. Der Vermieter sei nicht zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands der Mietsache verpflichtet, wenn diese Verpflichtung über § 280 Abs. 1 BGB ausdrücklich dem Mieter obliege; anderenfalls verbleibe es bei der umfassenden Garantiehaftung des Vermieters.
9
Eine derartige Verpflichtung aber treffe die Kläger im vorliegenden Fall gerade nicht, da sie einem etwaigen Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen schuldhafter Beschädigung der Mietsache aus § 280 Abs. 1 BGB ihrerseits einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung nach § 242 BGB entgegenhalten könnten. Die Beklagte habe nämlich ihre mietvertragliche Pflicht verletzt, ihre Gebäudeversicherung in Anspruch zu nehmen, um die Beseitigung des Brandschadens zu finanzieren. In Fällen, in denen der Mieter - wie hier - bereits durch die umgelegte Zahlung der Versicherungsprämie für eine Wohngebäudeversicherung zur Deckung des durch ihn verursachten Schadens beigetragen habe, dürfe er davon ausgehen, als Gegenleistung für die von ihm anteilig übernommenen Versicherungskosten im Schadensfall ei- nen Nutzen von der Gebäudeversicherung zu haben. Der Vermieter habe dagegen insoweit, als er durch die Versicherung geschützt sei, im Regelfall kein vernünftiges Interesse daran, den Schadensausgleich durch den Mieter zu suchen , obwohl dieser bereits durch die Zahlung der Versicherungsprämie zur Deckung des Schadens beigetragen habe. Aus dieser Interessenlage folge nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die mietvertragliche Pflicht des Vermieters, die Versicherung in Anspruch zu nehmen, wenn ein Versicherungsfall vorliege, ein Regress des Versicherers gegen den Mieter ausgeschlossen sei und der Vermieter nicht ausnahmsweise ein besonderes Interesse an einem Schadensausgleich durch den Mieter habe.
10
Bei dem eingetretenen Brandschaden handele es sich um einen von der Wohngebäudeversicherung umfassten Versicherungsfall. Diese erfasse unter anderem auch die ordnungsgemäße Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der durch den Brand beschädigten Wände und Decken. Dass den Klägern durch den Mietvertrag die Schönheitsreparaturen übertragen worden seien , ändere nichts an der Einstandspflicht der Versicherung. Es gehe vorliegend um die Beseitigung der versicherten Folgen eines Brandes und nicht lediglich um die Durchführung von Schönheitsreparaturen durch den Mieter, der zudem durch die anteilige Übernahme der Wohngebäudeversicherungskosten im Ergebnis so zu stellen sei, als hätte er die Versicherung selbst abgeschlossen. Die Wohngebäudeversicherung wäre verpflichtet gewesen, die für die Brandschadensbeseitigung hier erforderlichen Kosten zu ersetzen.
11
Ein besonderes Interesse der Beklagten, dass der Schadensausgleich ausnahmsweise durch den Mieter und nicht durch die Wohngebäudeversicherung erfolge, habe das Amtsgericht zutreffend verneint. Insbesondere begründe der pauschale Verweis der Beklagten auf angeblich steigende Versicherungsbeiträge kein derartiges, einen Ausnahmefall voraussetzendes besonderes Interesse. Das mit jeder Inanspruchnahme einer Gebäudeversicherung einhergehende generelle Risiko einer Beitragserhöhung genüge nicht.
12
Ein Regress des Versicherers gegen die Kläger wäre ausgeschlossen gewesen, weil den Klägern nach den fehlerfreien Feststellungen des Amtsgerichts (allenfalls) einfache Fahrlässigkeit zur Last falle. Anhaltspunkte für ein grob fahrlässiges oder gar vorsätzliches Verhalten der Kläger habe die Beklagte weder vorgetragen noch seien diese sonst ersichtlich.
13
Die Beklagte sei daher mietvertraglich verpflichtet gewesen, die Wohngebäudeversicherung zur Schadensbeseitigung in Anspruch zu nehmen. Da sie dies nicht getan habe, könne sie auch keinen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB gegen die Kläger geltend machen; dementsprechend verbleibe es bei der ihr obliegenden Erhaltungspflicht nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB. Diese Wertung folge zwingend aus den Grundsätzen des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 3. November 2004 (VIII ZR 28/04). Zwar gehe es in dieser Entscheidung nicht um eine etwaige Erhaltungspflicht des Vermieters oder den Fortbestand des Mietzahlungsanspruchs in voller Höhe, sondern um einen Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen schuldhafter Beschädigung der Mietsache durch den Mieter. Könne jedoch der Mieter mit Erfolg die Entrichtung von Schadensersatz für die von ihm zu vertretenden Schäden verweigern , wirke sich dies zwangsläufig auch auf die damit weiterhin dem Vermieter obliegende Wiederherstellungspflicht aus. Bei einer Beschädigung der Mietwohnung sei im Interesse beider Mietparteien stets entweder der Mieter oder der Vermieter zur Schadensbeseitigung verpflichtet. Bei einem restriktiven Verständnis der versicherungsrechtlichen Lösung würde dies zu dem Ergebnis führen , dass zwar der Vermieter keinen Schadensersatz verlangen könnte, er aber gleichwohl auch nicht zur Schadensbeseitigung verpflichtet wäre. Damit einher ginge entweder der weder rechtlich noch praktisch hinnehmbare dauerhafte Zustand der Vermietung einer mangelhaften Mietsache oder aber eine den Mieter trotz der monatlichen Versicherungsbeiträge wiederum mit der Schadensbeseitigung belastende Lösung, die allein auf das schuldhafte Herbeiführen des Brandschadens durch den Mieter abstelle. Beides widerspreche nicht nur dogmatischen Grundsätzen, sondern auch der durch den Bundesgerichtshof mit der versicherungsrechtlichen Lösung in den Vordergrund gestellten Interessenabwägung.
14
Ausgehend von der Überlegung, dass der Gesetzgeber dem Vermieter grundsätzlich im Rahmen des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB die uneingeschränkte Erhaltungs- und Wiederherstellungspflicht für die Mietsache auferlegt habe, könne diese nur in den Fällen entfallen, in denen ausnahmsweise der Mieter für die Erhaltung und Wiederherstellung (etwa) nach § 280 Abs. 1 BGB zu sorgen habe. Stehe einem solchen Vermieteranspruch wiederum ein Schadensersatzanspruch des Mieters aus positiver Vertragsverletzung entgegen, verbleibe es vollumfänglich bei der Erhaltungspflicht des Vermieters.
15
Die Kläger könnten überdies die Feststellung verlangen, dass die Miete gemäß § 536 BGB in der Zeit vom 7. Juni 2012 bis zum 13. Dezember 2012 wegen der streitgegenständlichen, zwischenzeitlich beseitigten Brandschäden monatlich in Höhe von 132,76 € (= 15 % der Bruttomiete) gemindert gewesen sei. Zwar könne sich ein Mieter grundsätzlich dann nicht auf eine Mietminderung berufen, wenn der Mangel auf sein Verhalten zurückzuführen sei oder er ihn zu vertreten habe. Bleibe es jedoch wegen der versicherungsrechtlichen Lösung bei der Erhaltungs- und Wiederherstellungspflicht des Vermieters, gelte diese Wertung auch im Rahmen des § 536 BGB. Sei der Mieter nicht gehalten, für die Schäden Ersatz zu leisten, gehe mit dem vertragswidrigen Zustand der Mietsache notwendig auch die Herabsetzung der Miete nach § 536 BGB einher. Im Falle der pflichtgemäßen und unverzüglichen Inanspruchnahme der Versi- cherung durch die Beklagte wäre erfahrungsgemäß mit einer Regulierungsfrist von etwa drei Monaten ab dem Brand zu rechnen gewesen. Eine Minderung der Miete komme damit erstmalig ab dem 7. Juni 2012 in Betracht; sie ende aufgrund der Vornahme der Instandsetzungsarbeiten mit Ablauf des 13. Dezember 2012. Unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände sei hier ein Minderungsbetrag von lediglich 15 % der Bruttomiete, mithin monatlich 132,76 €, angemessen.

II.

16
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung - wenn auch teilweise nur im Ergebnis - stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.
17
1. Das Berufungsgericht hat allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass die seitens der Beklagten nach erfolgter erstinstanzlicher Verurteilung durchgeführte Beseitigung des Brandschadens ein erledigendes Ereignis darstellt , infolge dessen die Klage hinsichtlich des vom Amtsgericht in dessen Urteilstenor unter Ziffer 1 a bis g zugesprochenen Anspruchs auf Behebung des Brandschadens unbegründet geworden ist.
18
a) Die Hauptsache ist erledigt, wenn die Klage im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und durch das Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde (BGH, Urteile vom 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02, BGHZ 155, 392, 395 mwN; vom 14. März 2014 - V ZR 115/13, NJW 2014, 2199 Rn. 7).
19
Wird aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil, einem Arrestbefehl oder einer einstweiligen Verfügung vollstreckt, tritt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Erfüllung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB - und damit auch keine Erledigung - ein (BGH, Urteile vom 19. Januar 1983 - VIII ZR 315/81, BGHZ 86, 267, 269; vom 14. März 2014 - V ZR 115/13, aaO Rn. 8). Dasselbe gilt für Leistungen, die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel erbracht werden (BGH, Urteile vom 8. Mai 1985 - IVa ZR 138/83, BGHZ 94, 268, 274; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 155/10, NJW 2011, 1135 Rn. 11; vom 15. März 2012 - IX ZR 35/11, NJW 2012, 1717 Rn. 7; vom 14. März 2014 - V ZR 115/13, aaO; jeweils mwN; BGH, Beschlüsse vom 25. Mai 1976 - III ZB 4/76, WM 1976, 1069 unter [3] b; vom 21. September 2005 - XII ZR 256/03, NJW-RR 2006, 16 unter II 2; ebenso bereits RGZ 29, 379, 382). Die Leistung erfolgt in beiden Fällen unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintritts (BGH, Urteile vom 19. Januar 1983 - VIII ZR 315/81, aaO; vom 14. März 2014 - V ZR 115/13, aaO; MünchKommZPO/Götz, 4. Aufl., § 708 Rn. 5), sofern der Schuldner nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt (BGH, Urteil vom 14. März 2014 - V ZR 115/13, aaO; MünchKommBGB /Fetzer, 6. Aufl., § 362 Rn. 28 mwN; Musielak/Lackmann, ZPO, 11. Aufl., § 708 Rn. 4; Krüger, NJW 1990, 1208, 1210 f.).
20
b) Hiervon ausgehend handelt es sich bei der von der Beklagten vorgenommenen Behebung des Brandschadens nicht um ein erledigendes Ereignis. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte die in Ziffer 1 a bis g des Tenors des vorläufig vollstreckbaren Urteils des Amtsgerichts genannten Schäden innerhalb der ihr im vorbezeichneten Urteil gesetzten Frist ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht beseitigt. Zudem hat sie die erstinstanzliche Verurteilung mit der Berufung angegriffen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 6. Oktober 1998 - XI ZR 36/98, BGHZ 139, 357, 367 f.).
21
Die Leistung der Beklagten erfolgte daher ersichtlich unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintritts und stellt demgemäß - ungeachtet der Schwierigkeit , die hier erbrachte Leistung im Falle einer Aufhebung des vorläufig voll- streckbaren Urteils zurückzufordern (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 1985 - IVa ZR 138/83, aaO; BAG, AP Nr. 23 zu § 1 TVG Tarifverträge Bau; OLG Köln, NJWRR 2005, 1319, 1321; aA OLG Köln, Urteil vom 10. Februar 2010 - 2 U 64/09, juris Rn. 93 ff.; [jeweils zur Auskunftserteilung]; vgl. auch BeckOK-ZPO/ Jaspersen/Wache, Stand: 15. September 2014, § 91a Rn. 64) - keine Erfüllung des Anspruchs der Kläger nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand und damit kein die Hauptsache insoweit erledigendes Ereignis dar.
22
c) Der Antrag der Kläger, hinsichtlich des Antrags auf Behebung des Brandschadens die Erledigung der Hauptsache festzustellen, war demnach unbegründet. Nachdem sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hilfsweise von ihrer Erledigungserklärung Abstand genommen und ihren ursprünglichen Antrag entsprechend Ziffer 1 a bis g des Tenors des amtsgerichtlichen Urteils weiterverfolgt haben, bleibt der Revision der Erfolg jedoch versagt.
23
Die Kläger sind nicht gehindert gewesen, zu ihrem vorbezeichneten ursprünglichen Antrag zurückzukehren. Eine Erledigungserklärung ist frei widerruflich , solange sich die beklagte Partei ihr nicht angeschlossen und das Gericht keine Entscheidung über die Erledigung der Hauptsache getroffen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die klagende Partei regelmäßig - auch in der Revisionsinstanz - von der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung Abstand nehmen und ohne das Vorliegen weiterer Voraussetzungen zu ihrem ursprünglichen Klageantrag zurückkehren (BGH, Urteile vom 7. Juni 2001 - I ZR 157/98, NJW 2002, 442 unter 1; vom 14. März 2014 - V ZR 115/13, aaO Rn. 14; BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - XII ZR 256/03, aaO). Die darin liegende Klageänderung ist nach § 264 Nr. 2 ZPO noch in der Revisionsinstanz zulässig, wenn - wie hier der Fall - der Sachverhalt, auf den sich der frühere Antrag stützt, vom Tatrichter bereits gewürdigt worden ist (BGH, Urteile vom 7. Juni 2001 - I ZR 157/98, aaO; vom 14. März 2014 - V ZR 115/13, aaO).
24
2. Der ursprüngliche, auf Behebung des Brandschadens gemäß Ziffer 1 a bis g des Tenors des Urteils des Amtsgerichts gerichtete Antrag ist begründet. Die Kläger können aufgrund des ihnen zustehenden Anspruchs nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand von der Beklagten die Wiederherstellung dieses Zustands durch Behebung des vorstehend genannten Brandschadens verlangen. Dem steht nicht entgegen, dass die Kläger den Brandschaden nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch (allenfalls) einfache Fahrlässigkeit verursacht haben. Denn die Beklagte kann gemäß den Grundsätzen der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anzuwendenden versicherungsrechtlichen Lösung ihren Wohngebäudeversicherer auf Leistung in Anspruch nehmen, ohne dass dieser bei den Klägern Rückgriff nehmen könnte. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, folgt hieraus bei Würdigung der Interessenlage der Mietvertragsparteien nicht nur die mietvertragliche Pflicht der Beklagten, wegen des Ersatzes des Brandschadens die Wohngebäudeversicherung (und nicht die Kläger) in Anspruch zu nehmen; die Beklagte ist vielmehr, auch wenn sie von einer Inanspruchnahme ihres Wohngebäudeversicherers absieht, nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB verpflichtet, den vertragsgemäßen Zustand der Mietsache durch Behebung der streitgegenständlichen Brandschäden wiederherzustellen.
25
a) Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Grundsätzlich obliegen somit ihm die Instandhaltung und die Instandsetzung des Mietobjekts (BGH, Urteil vom 6. April 2005 - XII ZR 158/01, NZM 2005, 863 unter II 3 a). Entsteht während der Mietzeit ein Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 BGB - wie hier in Gestalt des Brandschadens -, schuldet der Vermieter dessen Beseitigung im Rahmen seiner Erfüllungspflicht gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB unabhängig davon, ob die Mangelursache in seinem eigenen oder im Gefahrenbereich des Mieters zu suchen ist (Senatsurteil vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 271/07, NJW 2008, 2432 Rn. 9; OLG Hamm, OLGR 2007, 540, 541; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10. Aufl., Rn. 297). Dies zieht auch die Revision nicht in Zweifel.
26
Wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, entfällt die Pflicht zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands jedoch, soweit der Mieter den Mangel der Mietsache zu vertreten hat (BGH, Urteile vom 26. November 1997 - XII ZR 28/96, NJW 1998, 594 unter 2 a; vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 271/07, aaO; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2014, § 535 Rn. 28a; Wolf/Eckert/Ball, aaO). In diesem Fall steht dem Vermieter vielmehr bei einer Beschädigung der Mietsache ein Anspruch auf Schadensersatz - nach Wahl des Vermieters (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 11. Aufl., § 535 BGB Rn. 93) in Form der Wiederherstellung (§ 249 Abs. 1 BGB) oder des Geldersatzes (§ 249 Abs. 2 BGB) - gegen den Mieter zu (Palandt/ Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., § 535 Rn. 58; Erman/Lützenkirchen, BGB, 14. Aufl., § 535 Rn. 40; MünchKommBGB/Häublein, 6. Aufl., § 535 Rn. 106).
27
b) Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht rechtsfehlerfrei zu der von der Revision nicht angegriffenen Beurteilung gelangt, dass den Klägern hinsichtlich des Brandschadens (allenfalls) einfache Fahrlässigkeit zur Last fällt. Ebenfalls frei von Rechtsfehlern ist die Annahme des Berufungsgerichts , dass die Kläger der Beklagten nach den Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Lösung trotzdem nicht zum Ersatz dieses Schadens ver- pflichtet sind, sondern ihnen vielmehr ein Anspruch auf Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands der Mietsache zusteht.
28
c) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Mieter, der einen Brandschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat, (regelmäßig) vor einem Rückgriff des Gebäudeversicherers (§ 86 Abs. 1 VVG) in der Weise geschützt, dass eine durch die Interessen der Vertragsparteien gerechtfertigte ergänzende Auslegung des Gebäudeversicherungsvertrages einen konkludenten Regressverzicht des Versicherers für die Fälle ergibt, in denen der Wohnungsmieter einen Brandschaden - wie hier - durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat (BGH, Urteile vom 8. November 2000 - IV ZR 298/99, BGHZ 145, 393, 398 ff.; vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04, NJW-RR 2005, 381 unter II 2; vom 13. September 2006 - IV ZR 273/05, BGHZ 169, 86 Rn. 8; vom 10. November 2006 - V ZR 62/06, NJW 2007, 292 Rn. 7 [betr. Wohnungseigentümer ]; vom 20. Dezember 2006 - VIII ZR 67/06, NJW-RR 2007, 684 Rn. 8; vom 27. Januar 2010 - IV ZR 129/09, BGHZ 184, 148 Rn. 8 f.; vom 10. Mai 2011 - VI ZR 196/10, NJW-RR 2011, 1055 Rn. 6; BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2001 - XII ZR 153/99, NJW-RR 2002, 1243; vom 15. November 2011 - II ZR 304/09, NJW-RR 2012, 280 Rn. 11; vom 21. Januar 2014 - VIII ZR 48/13, GE 2014, 661 Rn. 4). Der Mieter steht hierdurch im Ergebnis nicht anders da, als wenn er selbst eine Versicherung abgeschlossen hätte (Senatsurteil vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04, aaO).
29
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Mieter - wie hier - eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat und diese für den Brandschaden ebenfalls eintrittspflichtig wäre (BGH, Urteile vom 8. November 2000 - IV ZR 298/99, aaO S. 399 f.; vom 20. Dezember 2006 - VIII ZR 67/06, aaO; vom 13. September 2006 - IV ZR 273/05, aaO Rn. 9 ff.).
30
Die vorbezeichnete sogenannte versicherungsrechtliche Lösung schützt den Mieter allerdings nur, wenn der Vermieter/Versicherungsnehmer die Versicherung tatsächlich in Anspruch nimmt. Verzichtet der Vermieter darauf und fordert er unmittelbar Schadensersatz vom Mieter, wird dieser in seiner Erwartung enttäuscht, als Gegenleistung für die von ihm (anteilig) übernommenen Versicherungskosten im Schadensfall einen Nutzen von der Gebäudeversicherung zu haben. Der Vermieter hat dagegen insoweit, als er durch die Versicherung geschützt ist, im Regelfall kein vernünftiges Interesse daran, den Schadensausgleich durch den Mieter zu suchen, obwohl dieser bereits durch die Zahlung der Versicherungsprämie zur Deckung des Schadens beigetragen hat. Aus dieser Interessenlage folgt die mietvertragliche Pflicht des Vermieters, die Versicherung in Anspruch zu nehmen (oder auf Schadensersatz zu verzichten), wenn ein Versicherungsfall vorliegt, ein Regress des Versicherers gegen den Mieter ausgeschlossen ist und der Vermieter nicht ausnahmsweise ein besonderes Interesse an einem Schadensausgleich durch den Mieter hat. Verletzt der Vermieter diese Pflicht, steht dem Mieter seinerseits ein Schadensersatzanspruch zu, den er dem Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen seiner Obhutspflichtverletzung gemäß § 242 BGB ("dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est") entgegen halten kann (BGH, Urteile vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04, aaO unter II 3; vom 10. November 2006 - V ZR 62/06, aaO; jeweils mwN; BGH, Beschluss vom 21. Januar 2014 - VIII ZR 48/13, aaO Rn. 5).
31
d) Davon ausgehend hat das Berufungsgericht zu Recht die Beklagte als mietvertraglich verpflichtet erachtet, ihren Wohngebäudeversicherer und nicht die Kläger auf Schadensausgleich in Anspruch zu nehmen. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht mit seiner weiter gehenden Annahme , wonach aus den Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Lösung für den Streitfall folge, dass die Beklagte, auch wenn sie ihre Wohngebäudeversicherung nicht in Anspruch nehme, aufgrund ihrer Erhaltungspflicht nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Beseitigung des Brandschadens verpflichtet sei, weder die Reichweite der Erhaltungspflicht der Beklagten verkannt noch deren mietvertragliche Nebenpflichten bei Vorliegen eines Versicherungsfalles überdehnt, indem es als Voraussetzung des Wegfalls der Erhaltungspflicht die Durchsetzbarkeit des Schadensersatzanspruchs der Beklagten gegen die Kläger angenommen hat. Das Berufungsgericht hat vielmehr zutreffend die Grundsätze der versicherungsrechtlichen Lösung auf die Beurteilung des Umfangs der Erhaltungspflicht des Vermieters im Falle eines vom Mieter durch leichte Fahrlässigkeit verursachten Wohnungsbrandes angewendet. Ist nach diesen Grundsätzen der Mieter weder zur Beseitigung des Brandschadens noch sonst insoweit zum Schadensersatz verpflichtet, verbleibt es bei der vom Gesetz als dauerhafte vertragliche Hauptpflicht ausgestalteten Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB und ist dieser regelmäßig auch dann zur Wiederherstellung eines zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustands der Mietsache verpflichtet, wenn er die von ihm abgeschlossene Wohngebäudeversicherung wegen des Brandschadens nicht in Anspruch nimmt.
32
aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht ein besonderes Interesse der Beklagten , welches ausnahmsweise gegen eine Inanspruchnahme der Wohngebäudeversicherung sprechen könnte, verneint und insbesondere den pauschalen Hinweis der Beklagten auf möglicherweise steigende Versicherungsbeiträge als nicht ausreichend erachtet. Wie oben (unter II 2 c) ausgeführt, hat der Vermieter insoweit, als er durch die Versicherung geschützt ist, im Regelfall kein vernünftiges Interesse daran, den Schadensausgleich nicht durch die Versicherung zu suchen (Senatsurteil vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04, aaO). Der Mieter wiederum darf im Verhältnis zum Vermieter die berechtigte Erwartung haben, dass ihm seine Aufwendungen für die Wohngebäudeversicherung im Schadensfall zugutekommen und er durch diese Versicherung geschützt ist, wenn er leicht fahrlässig einen Schaden verursacht (vgl. BGH, Urteile vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04, aaO unter II 2 und 3; vom 13. September 2006 - IV ZR 273/05, aaO Rn. 19).
33
Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob - wie das Berufungsgericht offenbar meint - im Einzelfall ausnahmsweise etwa eine durch die Inanspruchnahme der Wohngebäudeversicherung verursachte erhebliche Erhöhung der Versicherungsprämie ein besonderer Grund sein kann, der es für den Vermieter rechtfertigt , von einer Inanspruchnahme der Versicherung abzusehen, oder ob einem solchen Ausnahmetatbestand vielmehr die Möglichkeit entgegensteht, allein den Mieter, der den Brandschaden verursacht hat, mit dem Erhöhungsbetrag der Versicherungsprämie zu belasten. Denn es fehlt hier, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, bereits an einem konkreten Vortrag der Beklagten hinsichtlich einer zu erwartenden Beitragserhöhung. Übergangenen Sachvortrag hierzu zeigt die Revision nicht auf.
34
bb) Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, dass im Streitfall aus der gebotenen Anwendung der Grundsätze der versicherungsrechtlichen Lösung auf den Erhaltungsanspruch des Mieters aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB folgt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den von den Klägern verursachten Brandschaden zu beheben. Diesem Anspruch steht auch nicht entgegen, dass die Kläger wegen des Brandschadens zugleich die Minderung der Miete geltend machen (vgl. Senatsurteil vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 271/07, aaO; SchmidtFutterer /Eisenschmid, aaO, § 536 BGB Rn. 529; MünchKommBGB/Häublein, aaO, Vorbemerkung zu §§ 536 ff. Rn. 5).
35
(1) Die Frage, ob und inwieweit die Grundsätze der versicherungsrechtlichen Lösung auch für die Beurteilung der Frage des Bestehens eines Mangelbeseitigungsanspruchs des Mieters in Bezug auf einen von diesem durch einfache Fahrlässigkeit verursachten Brandschaden maßgeblich sind, hat der Bun- desgerichtshof bisher nicht entschieden. Der Senat hat allerdings bereits in einem vor der Entwicklung der Grundsätze der versicherungsrechtlichen Lösung ergangenen Urteil, welches den Fall eines außerhalb des Mietgebrauchs durch Brand unbenutzbar gewordenen Mietobjekts betraf, entschieden, dass der Vermieter in diesem Fall den vertragsmäßigen Zustand wiederherzustellen hat, auch wenn im Mietvertrag Instandhaltung und Instandsetzung des Mietobjekts sowie - wie im Streitfall - Schönheitsreparaturen grundsätzlich auf den Mieter abgewälzt worden sind (Senatsurteil vom 25. Februar 1987 - VIII ZR 88/86, WM 1987, 822 unter 3 b und c; Wolf/Eckert/Ball, aaO Rn. 297).
36
(2) Nichts anderes hat für den Fall zu gelten, dass die mit leichter Fahrlässigkeit verursachte Beschädigung der Mietsache zwar innerhalb des Mietgebrauchs erfolgt ist, der Schaden des Vermieters aber durch dessen Wohngebäudeversicherung abgedeckt ist und der Mieter deshalb nach den Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Lösung für den Brandschaden nicht einzustehen hat. Auch bei dieser - hier gegebenen - Fallgestaltung bleibt die Erhaltungspflicht des Vermieters gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB bestehen und ist der Vermieter zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands des Mietobjekts verpflichtet.
37
Die von der Revision vertretene Auffassung, wonach der Vermieter weder zu einer Inanspruchnahme seiner Wohngebäudeversicherung noch sonst zu einer Beseitigung des Brandschadens verpflichtet und auch eine Mietminderung (dazu nachfolgend unter 3) nicht eingetreten sei, liefe darauf hinaus, dass der Mieter als Gegenleistung für die von ihm (anteilig) übernommenen Versicherungskosten im Schadensfall zwar vor einer Inanspruchnahme durch den Vermieter auf Schadensersatz sowie vor einem Rückgriff des Wohngebäudeversicherers geschützt wäre, er jedoch - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - entweder den in dem vorliegenden Brandschaden zu sehenden erheblichen Mangel der Mietsache hinzunehmen oder diesen auf eigene Kosten zu beseitigen hätte. Dies ist mit der Zielsetzung der versicherungsrechtlichen Lösung unvereinbar. Diese dient dem Schutz der Interessen des Vermieters und des Mieters (BGH, Urteil vom 27. Januar 2010 - IV ZR 129/09, aaO Rn. 9 mwN) und hierbei - was die Revision verkennt - insbesondere auch dazu, den Mieter im Ergebnis nicht anders zu stellen, als wenn er selbst eine Versicherung abgeschlossen hätte (Senatsurteil vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04, aaO unter II 2; ebenso bereits Senatsurteil vom 13. Dezember 1995 - VIII ZR 41/95, BGHZ 131, 288, 293 f.).
38
(3) Ohne Erfolg wendet die Revision gegen eine Pflicht der Beklagten zur Beseitigung des Brandschadens ein, die im Gebrauch der Mietsache liegenden Risiken träfen - anders als die in ihrer Beschaffenheit begründeten oder gar von außen auf sie einwirkenden schädlichen Einflüsse - stets und allein den Mieter (vgl. Senatsurteil vom 14. April 1976 - VIII ZR 288/74, BGHZ 66, 349, 353). Denn die Revision verkennt insoweit die Bedeutung der spezielleren Grundsätze der versicherungsrechtlichen Lösung, die hier aus den oben genannten Gründen auch hinsichtlich des aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB folgenden Anspruchs auf Beseitigung des Brandschadens anzuwenden sind.
39
(4) Fehl geht auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe bei der Annahme einer den Brandschaden umfassenden Erhaltungspflicht der Beklagten die Bedeutung des Umstands verkannt, dass die Kläger im Mietvertrag die Schönheitsreparaturen, insbesondere die Tapezier- und sonstige Malerarbeiten , übernommen hätten und dass die von der Erledigungserklärung umfassten Wiederherstellungsmaßnahmen die Beseitigung der infolge des Brandes eingetretenen Rußverschmutzungen durch Streichen der Wände beträfen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei den hier streitgegenständlichen Maßnahmen zur Behebung des Brandschadens - mö- gen diese auch mit Tapezier- und Streicharbeiten verbunden sein - nicht um Schönheitsreparaturen, sondern um Schadensbeseitigung.
40
(5) Vergeblich macht die Revision zudem geltend, der Annahme, die Beklagte sei gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Behebung des Brandschadens verpflichtet, stehe entgegen, dass der Senat im oben bereits erwähnten Urteil vom 3. November 2004 (VIII ZR 28/04) dem Vermieter ein Wahlrecht eingeräumt habe, seine Wohngebäudeversicherung in Anspruch zu nehmen oder auf Schadensersatz gegen den Mieter zu verzichten. Die Revision meint, den Vermieter treffe daher als mietvertragliche Nebenpflicht lediglich eine Verschonungspflicht , den Mieter bei bestehendem Versicherungsschutz nicht in Anspruch zu nehmen. Dieser Verpflichtung habe die Beklagte entsprochen.
41
Diese Auffassung der Revision greift zu kurz. Die mietvertraglichen Pflichten der Beklagten hinsichtlich des streitgegenständlichen Brandschadens beschränken sich aus den oben dargestellten Gründen nicht darauf, von einer Inanspruchnahme der Kläger abzusehen, sondern umfassen auch die Verpflichtung der Beklagten, den vertragsgemäßen Zustand der Mietsache durch Behebung der streitgegenständlichen Brandschäden wiederherzustellen (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB).
42
Der Senat hat zwar in dem von der Revision genannten Urteil vom 3. November 2004 (VIII ZR 28/04, aaO unter II 3) ausgeführt, aus der Interessenlage der Mietvertragsparteien folge bei Vorliegen der oben (unter II 2 c) genannten Voraussetzungen die mietvertragliche Pflicht des Vermieters, die Versicherung in Anspruch zu nehmen (oder auf Schadensersatz zu verzichten). Diese Ausführungen beziehen sich jedoch ersichtlich auf die dort gegebene Fallgestaltung, dass der Vermieter trotz bestehender Wohngebäudeversicherung den Mieter auf Schadensersatz in Anspruch nimmt. Für die hier maßgebli- che Frage des Umfangs der Erhaltungspflicht des Vermieters gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt sich hieraus nichts, insbesondere lässt sich dem vorgenannten Senatsurteil entgegen der Auffassung der Revision nicht entnehmen , dass der Vermieter von seiner mietvertraglichen Hauptpflicht zur Erhaltung der Mietsache (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) befreit sei, wenn er - wie nach den Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Lösung ohnehin geboten - von einer Inanspruchnahme des Mieters auf Schadensersatz absieht.
43
(6) Fehl geht auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe, indem es den Klägern einen Anspruch auf Inanspruchnahme der Versicherung der Beklagten zuerkannt habe, den Umstand nicht hinreichend beachtet, dass die Kläger nicht in der Wohngebäudeversicherung der Beklagten mitversichert seien. Aus der versicherungsrechtlichen Lösung ergebe sich lediglich ein Regressverzicht des Versicherers. Diese Rechtsprechung werde "ausgehebelt", wenn die Kläger mittels eines mietvertraglichen Anspruchs gegen die Beklagte auf Inanspruchnahme der Versicherung im Ergebnis doch wie der Versicherungsnehmer oder eine mitversicherte Person in den Genuss der Versicherungsleistung oder eines Schadensersatzes in entsprechender Höhe kämen.
44
Zwar trifft es zu, dass der Wohnungsmieter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in der Wohngebäudeversicherung des Vermieters mitversichert, sondern Dritter im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG aF [heute: § 86 Abs. 1 VVG] ist (BGH, Urteile vom 8. November 2000 - IV ZR 298/99, aaO S. 397 f.; vom 14. Februar 2001 - VIII ZR 292/98, VersR 2001, 856 unter 2 a; jeweils mwN). Anders als die Revision meint, steht die Beurteilung des Berufungsgerichts jedoch hierzu nicht im Widerspruch. Mit den vorgenannten Ausführungen des Bundesgerichtshofs ist lediglich die - ohne die Annahme eines konkludenten Regressverzichts bestehende - Möglichkeit des Versicherers aufgezeigt worden, den Mieter aus kraft Gesetzes übergegangenem Recht des Vermieters in Regress zu nehmen. Eine Einschränkung der aus dem Mietvertrag folgenden Ansprüche des Mieters, insbesondere des hier maßgeblichen Erhaltungsanspruchs aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB, ergibt sich hieraus nicht.
45
e) Das Berufungsurteil lässt schließlich auch hinsichtlich des Umfangs des Mangelbeseitigungsanspruchs einen Rechtsfehler nicht erkennen.
46
3. Auch soweit das Berufungsgericht auf den - zulässigen (vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 1985 - VIII ZR 142/84, WM 1985, 1213 unter II; Blank in Blank/Börstinghaus, Miete, 4. Aufl., § 536 Rn. 238) - Feststellungsantrag der Kläger eine Minderung der Miete für den Zeitraum vom 7. Juni 2012 bis zum 13. Dezember 2012 in Höhe von 15 % der Bruttomiete angenommen hat, ist das angefochtene Urteil frei von Rechtsfehlern. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Minderung zwar grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn ein Mangel - wie hier - der Sphäre des Mieters zuzurechnen ist (Senatsurteil vom 15. Dezember 2010 - VIII ZR 113/10, WuM 2011, 97 Rn. 18 mwN), im Streitfall jedoch gleichwohl die Voraussetzungen einer Miet- minderung gegeben sind, da die Beklagte unter Berücksichtigung der Grundsätze der versicherungsrechtlichen Lösung zur Beseitigung des Mangels verpflichtet ist. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Bünger Kosziol
Vorinstanzen:
AG Euskirchen, Entscheidung vom 08.11.2012 - 4 C 188/12 -
LG Bonn, Entscheidung vom 13.06.2013 - 6 S 188/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 115/13 Verkündet am:
14. März 2014
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Besitzverlust, den der Besitzer einer Sache infolge einer (drohenden) Zwangsvollstreckung
eines auf die Herausgabe der Sache gerichteten vorläufig vollstreckbaren
Titels erleidet, lässt den Herausgabeanspruch nach § 985 BGB nicht entfallen
und hat daher nicht die Erledigung der Hauptsache zur Folge.
BGH, Urteil vom 14. März 2014 - V ZR 115/13 - LG Köln
AG Köln
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Februar 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den
Richter Dr. Czub, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter
Dr. Kazele

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 28. März 2013 wird auf Kosten der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass unter Abänderung des Schlussurteils des Amtsgerichts Köln vom 26. Juni 2012 dessen Versäumnisurteil vom 10. Oktober 2011 aufrechterhalten wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

I.

1
Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung, die an Herrn W. vermietet war. Dieser wurde rechtskräftig zur Räumung und Herausgabe der Wohnung an die Kläger verurteilt. Die Beklagte - nach ihren Angaben Lebensgefährtin von Herrn W. - nutzte die Wohnung in der Folgezeit weiter.
2
Die Kläger haben daraufhin gegen die Beklagte Klage auf Herausgabe der Wohnung erhoben. Gegen die Beklagte ist ein Versäumnisurteil ergangen, auf dessen Grundlage die Kläger die Wohnung im Wege der Zwangsvollstre- ckung geräumt haben. Nach dem Einspruch gegen das Versäumnisurteil haben die Kläger wegen der erfolgten Räumung die Erledigung der Hauptsache erklärt. Dem hat die Beklagte widersprochen.
3
Das Amtsgericht hat die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision will die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen. Die Kläger haben im Revisionsverfahren von ihrer Erledigungserklärung Abstand genommen und wollen die Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils des Amtsgerichts erreichen. Mit dieser Maßgabe beantragen sie die Zurückweisung der Revision.

II.

4
Das Berufungsgericht meint, den Klägern habe gegen die Beklagte ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB zugestanden. Ein Recht zum Besitz habe die Beklagte nicht schlüssig vorgetragen. Aus dem rechtskräftigen Räumungsurteil gegen den Mieter folge, dass dieser kein Recht zum Besitz mehr für sich in Anspruch habe nehmen können. Der Hinweis der Beklagten, dass sie schon länger mit dem Mieter in der Wohnung zusammengelebt und auch die Miete gezahlt habe, sei daher ohne Belang. Mit der Räumung der Wohnung sei eine Erledigung des Rechtsstreits eingetreten. Zwar sei eine Leistungsbewirkung im Rahmen der Zwangsvollstreckung grundsätzlich nicht als erledigendes Ereignis anzusehen. Für den Herausgabeanspruch nach § 985 BGB gelte aber etwas anderes, da auch eine unfreiwillige Aufgabe des Besitzes zum Verlust desselben führe. Im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung habe daher ein Besitz der Beklagten nicht mehr bestanden , so dass der Herausgabeanspruch nach § 985 BGB entfallen sei.

III.

5
Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg.
6
1. Das Berufungsgericht nimmt allerdings rechtsfehlerhaft an, dass die im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgte Räumung der Wohnung ein erledigendes Ereignis darstellt, infolge dessen die Klage unbegründet geworden ist.
7
a) Die Hauptsache ist erledigt, wenn die Klage im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und durch das Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde (BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02, BGHZ 155, 392, 395 mwN).
8
aa) Wird aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil, einem Arrestbefehl oder einer einstweiligen Verfügung vollstreckt, tritt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Erfüllung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 19. Januar 1983 - VIII ZR 315/81, BGHZ 86, 267, 269) und damit auch keine Erledigung ein. Dasselbe gilt für Leistungen, die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel erbracht werden (BGH, Urteil vom 8. Mai 1985 - IVa ZR 38/83, BGHZ 94, 268, 274; Beschluss vom 21. September 2005 - XII ZR 256/03, NJW-RR 2006, 16). Die Leistung erfolgt in beiden Fällen unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintritts (BGH, Urteil vom 19. Januar 1983 - VIII ZR 315/81, BGHZ 86, 267, 269), sofern der Schuldner nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt (MünchKommBGB /Fetzer, 6. Aufl., § 362 Rn. 28; MünchKomm-ZPO/Götz, 4. Aufl., § 708 Rn. 5; Musielak/Lackmann, ZPO, 10. Aufl., § 708 Rn. 4; Saenger/Kindl, ZPO, 5. Aufl., § 708 Rn. 2; Krüger, NJW 1990, 1208, 1210 f.). Daher stellt auch die Räumung im Wege der Zwangsvollstreckung keine Erfüllung des Rückgewähranspruchs nach § 546 Abs. 1 ZPO (BGH, Urteil vom 24. März 2004 - VIII ZR 188/03, NJW 2004, 1736, 1737) und damit kein die Hauptsache erle- digendes Ereignis dar (BGH, Urteil vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 155/10, NJW 2011, 1135 Rn. 11).
9
bb) Für den Herausgabeanspruch nach § 985 BGB gilt nichts anderes.
10
(1) Allerdings wird vertreten, dass jeder Besitzverlust zum Wegfall der Vindikationslage führe und deshalb auch der auf einer (drohenden) Zwangsvollstreckung eines vorläufig vollstreckbaren, auf die Herausgabe einer Sache gerichteten Titels beruhende Besitzverlust die Erledigung der Hauptsache zur Folge habe (BeckOK-BGB/Fritzsche, Edition 29, § 985 Rn. 10; Staudinger /Gursky, BGB [2013], § 985 Rn. 48, 55).
11
(2) Diese Auffassung vermag jedoch nicht zu überzeugen. Ein sachgerechter Grund, die Rechtsfolgen einer Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel bei einem Herausgabeanspruch nach § 985 BGB abweichend von anderen Ansprüchen zu behandeln, ist nicht erkennbar. Der Streitgegenstand des Verfahrens wird mit der zwangsweisen Herausgabe der Sache nicht beseitigt. Sie erfolgt, wie andere Erfüllungshandlungen, unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintritts und soll nur für diesen Fall materiellrechtliche Wirkungen entfalten. Das rechtfertigt es, bis zum Eintritt der Rechtskraft für den Herausgabeanspruch von einer fortbestehenden Vindikationslage zwischen den Parteien auszugehen (so im Ergebnis auch RG, HRR 1929 Nr. 104; OLG Düsseldorf, ZMR 2010, 677, 679; OLGR 2009, 341, 342; Palandt/Bassenge, BGB, 73. Aufl., § 985 Rn. 5; MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 985 Rn. 153).
12
Nur so lassen sich zudem Wertungswidersprüche insbesondere zu dem Herausgabeanspruch nach § 546 Abs. 1 BGB vermeiden. Bei diesem hat die zwangsweise Räumung einer Wohnung keine Erledigung der Hauptsache zur Folge (BGH, Urteil vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 155/10, NJW 2011, 1135 Rn. 11). Konkurriert der Anspruch aus § 546 BGB, wie häufig, mit einem Anspruch aus § 985 BGB (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. November 1995 - VIII ZR 41/80, BGHZ 79, 232, 235), wäre es unverständlich, wenn die Vollstreckung aus einem stattgebenden Urteil den einen Anspruch unberührt, den anderen dagegen entfallen ließe.
13
2. Der Antrag der Kläger, die Erledigung der Hauptsachefestzustellen, war demnach unbegründet. Nachdem sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von ihrer Erledigungserklärung Abstand genommen und erklärt haben , ihren ursprünglichen Antrag weiterzuverfolgen, bleibt der Revision der Erfolg jedoch versagt.
14
a) Die Kläger waren nicht gehindert, zu ihren ursprünglichen Anträgen zurückzukehren. Eine Erledigungserklärung ist frei widerruflich, solange sich die beklagte Partei ihr nicht angeschlossen und das Gericht keine Entscheidung über die Erledigung der Hauptsache getroffen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die klagende Partei regelmäßig - auch in der Revisionsinstanz - von der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung Abstand nehmen und ohne das Vorliegen weiterer Voraussetzungen zu ihrem ursprünglichen Klageantrag zurückkehren. Die darin liegende Klageänderung ist nach § 264 Nr. 2 ZPO noch in der Revisionsinstanz zulässig, wenn - wie hier - der Sachverhalt, auf den sich die früheren Anträge stützen, vom Tatrichter bereits gewürdigt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - I ZR 157/98, NJW 2002, 442 f.).
15
b) Der ursprüngliche, auf Herausgabe der Wohnung gerichtete Antrag ist begründet. Die Kläger können als Eigentümer von der Beklagten die Herausgabe der Räume nach § 985 BGB verlangen, da ein Recht zum Besitz (§ 986 BGB) nicht dargelegt worden ist.
16
aa) Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, dass sich dies bereits aus dem rechtskräftigen Räumungsurteil gegenüber dem Mieter W. ergibt. Dieses Urteil wirkt nur zwischen den Klägern und dem Mieter, nicht aber auch im Verhältnis zu der Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2006 - XII ZR 178/03, NZM 2006, 699 Rn. 32; Urteil vom 21. April 2010 - VIII ZR 6/09, NZM 2010, 699 Rn. 9 zu § 546 BGB). Etwas anderes käme nur dann in Betracht, wenn die Beklagte erst nach Rechtshängigkeit der gegen den Mieter erhobenen Räumungsklage in den Besitz der streitbefangenen Sache gekommen wäre (vgl. § 325 Abs. 1 ZPO). Dies ist jedoch nicht festgestellt; die Revision zeigt auch keinen Vortrag hierzu auf.
17
bb) Rechtsfehlerfrei stützt das Berufungsgericht seine Entscheidung aber zusätzlich darauf, dass die Beklagte ein Recht zum Besitz der Wohnung nicht dargelegt hat. Im Gegensatz zu einem Herausgabeanspruch nach § 546 BGB, bei dem der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für die Beendigung des Mietverhältnisses trägt (BeckOK-BGB/Ehlert, Edition 30, § 546 Rn. 33; MünchKomm-BGB/Bieber, 6. Aufl., § 546 Rn. 26), hat im Rahmen des § 985 BGB der Besitzer darzulegen und zu beweisen, dass ihm ein Recht zum Besitz zusteht (BGH, Urteil vom 25. September 1985 - VIII ZR 270/84, NJW-RR 1986, 282). Die Beklagte hätte daher darlegen müssen, dass das Mietverhältnis zwischen den Klägern und dem Mieter W. fortbestand und sie die Berechtigung zum Mitbesitz der Wohnung von dem Mieter ableitete. Schon an Ersterem - der Darstellung, dass der Mieter (weiterhin) zum Besitz berechtigt ist - fehlt es.

IV.

18
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann Czub Brückner
Weinland Kazele

Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 26.06.2012 - 208 C 338/11 -
LG Köln, Entscheidung vom 28.03.2013 - 10 S 118/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 191/13 Verkündet am:
19. November 2014
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Hat der Vermieter eine Wohngebäudeversicherung abgeschlossen, deren Kosten
vom Mieter getragen werden, und verursacht der Mieter leicht fahrlässig einen von
dieser Versicherung umfassten Wohnungsbrand, so trifft den Vermieter in der Regel
die mietvertragliche Pflicht, wegen des Brandschadens nicht den Mieter, sondern
die Versicherung in Anspruch zu nehmen. Zudem hat der Vermieter in einem
solchen Fall aufgrund seiner Pflicht zur Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen
Gebrauch geeigneten Zustand (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) den
Brandschaden grundsätzlich auch dann zu beseitigen, wenn er von einer Inanspruchnahme
der Wohngebäudeversicherung absieht (Bestätigung und Fortführung
von BGH, Urteile vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04, NJW-RR 2005, 381
unter II 3; vom 10. November 2006 - V ZR 62/06, NJW 2007, 292 Rn. 7; BGH, Beschluss
vom 21. Januar 2014 - VIII ZR 48/13, GE 2014, 661 Rn. 5).

b) Zur Frage des erledigenden Ereignisses bei der Beseitigung eines Mangels der
Mietsache zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren
Urteil (Anschluss an und Fortführung von BGH, Urteil vom 8. Mai
1985 - IVa ZR 138/83, BGHZ 94, 268, 274 [zur Auskunftserteilung]).
BGH, Urteil vom 19. November 2014 - VIII ZR 191/13 - LG Bonn
AG Euskirchen
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. November 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die
Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Bünger und Kosziol

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 13. Juni 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das vorgenannte Urteil teilweise abgeändert und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Euskirchen vom 8. November 2012 auch insoweit zurückgewiesen wird, als die Beklagte darin verurteilt worden ist, den Wohnungsbrandschaden durch geeignete Maßnahmen zu beheben. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger sind seit dem Jahr 2006 Mieter einer Wohnung der Beklagten in E. . Die monatliche Bruttomiete beträgt 885,10 €. Nach dem Mietvertrag werden die Kosten der von der Beklagten abgeschlossenen Wohngebäudeversicherung anteilig auf die Kläger umgelegt. Der Mietvertrag sieht zudem vor, dass die Kläger Tapezier- und sonstige Malerarbeiten auf ihre Kosten auszuführen haben.
2
Am 7. März 2012 kam es zu einem Brand in der Küche der von den Klägern gemieteten Wohnung. Hierdurch wurden die Küche und weitere Räume der Wohnung - überwiegend in Gestalt von Rußverschmutzungen - beschädigt. Brandursache war, dass die damals 12-jähige Tochter der Kläger Öl in einem Kochtopf auf dem Herd erhitzt, sodann die Küche bei eingeschalteter Herdplatte zeitweise verlassen und sich das Öl währenddessen entzündet hatte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts fällt den Klägern hinsichtlich der Verursachung des Brandschadens (allenfalls) einfache Fahrlässigkeit zur Last.
3
Die Haftpflichtversicherung der Kläger verwies die Beklagte an deren Gebäudeversicherung. Eine Inanspruchnahme ihrer Gebäudeversicherung lehnte die Beklagte jedoch mit der Begründung ab, dies führe zu einem Ansteigen der Versicherungskosten für den Gesamtbestand ihrer Mietwohnungen. Auch die von den Klägern geforderte Beseitigung des Brandschadens lehnte die Beklagte ab, da ein Mieter, der Mietmängel schuldhaft verursacht habe, weder einen Mangelbeseitigungsanspruch noch eine Minderung der Miete geltend machen könne.
4
Mit ihrer daraufhin erhobenen Klage haben die Kläger - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - die Beseitigung des Brandschadens sowie die Feststellung einer Berechtigung zur Mietminderung um monatlich 366,06 € (= 60 % der Kaltmiete) seit dem 7. März 2012 und die Freistellung von außerge- richtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 878,70 € begehrt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Nachdem die Beklagte daraufhin die Brandschäden - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - beseitigt hat, haben die Kläger im Berufungsverfahren den Rechtstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil mit Ausnahme der Verurteilung zur Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten abgeändert und - unter Klageabweisung im Übrigen - festgestellt, dass die Kläger in der Zeit vom 7. Juni 2012 bis zum 13. Dezember 2012 zu einer monatlichen Mietminderung in Höhe von 132,76 € (= 15 % der Bruttomiete) berechtigt waren und sich der Rechtsstreit hinsichtlich der erstrebten Beseitigung des Brandschadens in der Hauptsache erledigt hat. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
7
Hinsichtlich der erstrebten Beseitigung des Brandschadens sei der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Insoweit sei die Klage durch ein erledigendes Ereignis - die Schadensbehebung seitens der Beklagten - nach Verkündung des amtsgerichtlichen Urteils unbegründet geworden. Das Amtsgericht habe die Beklagte zu Recht und mit zutreffender Begründung zur Behebung des eingetretenen Brandschadens verurteilt. In der durch den Brand eingetretenen Beschädigung der Mietsache sei ein Mangel im Sinne von § 536 BGB zu sehen, der den vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtige. Die Beklagte treffe als Vermieterin grundsätzlich die unbedingte Pflicht zur Erhaltung der Mietsache gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB und damit zur Beseitigung der durch den Brand entstandenen Mängel und zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands.
8
Die Erhaltungspflicht entfalle - ebenso wie eine Mietminderung - nach ständiger Rechtsprechung allerdings in den Fällen, in denen die Beschädigung der Mietsache auf einem Verschulden des Mieters beruhe. Insoweit gehe das Amtsgericht von einer (allenfalls) leichten Fahrlässigkeit der Kläger und damit von einem Verschulden in diesem Sinne aus. Bei einer durch leichte Fahrlässigkeit erfolgten Schadensverursachung durch die Kläger verbleibe es unter Heranziehung der nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung geltenden Grundsätze der so genannten versicherungsrechtlichen Lösung jedoch bei der Erhaltungspflicht der Beklagten als Vermieterin. Diese nach der gesetzlichen Regelung des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB uneingeschränkt vorgesehene Erhaltungspflicht des Vermieters entfalle in den Fällen einer schuldhaften Beschädigung der Mietsache durch den Mieter nur deshalb, weil der Mieter hier seinerseits Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB zu leisten habe. Der Vermieter sei nicht zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands der Mietsache verpflichtet, wenn diese Verpflichtung über § 280 Abs. 1 BGB ausdrücklich dem Mieter obliege; anderenfalls verbleibe es bei der umfassenden Garantiehaftung des Vermieters.
9
Eine derartige Verpflichtung aber treffe die Kläger im vorliegenden Fall gerade nicht, da sie einem etwaigen Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen schuldhafter Beschädigung der Mietsache aus § 280 Abs. 1 BGB ihrerseits einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung nach § 242 BGB entgegenhalten könnten. Die Beklagte habe nämlich ihre mietvertragliche Pflicht verletzt, ihre Gebäudeversicherung in Anspruch zu nehmen, um die Beseitigung des Brandschadens zu finanzieren. In Fällen, in denen der Mieter - wie hier - bereits durch die umgelegte Zahlung der Versicherungsprämie für eine Wohngebäudeversicherung zur Deckung des durch ihn verursachten Schadens beigetragen habe, dürfe er davon ausgehen, als Gegenleistung für die von ihm anteilig übernommenen Versicherungskosten im Schadensfall ei- nen Nutzen von der Gebäudeversicherung zu haben. Der Vermieter habe dagegen insoweit, als er durch die Versicherung geschützt sei, im Regelfall kein vernünftiges Interesse daran, den Schadensausgleich durch den Mieter zu suchen , obwohl dieser bereits durch die Zahlung der Versicherungsprämie zur Deckung des Schadens beigetragen habe. Aus dieser Interessenlage folge nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die mietvertragliche Pflicht des Vermieters, die Versicherung in Anspruch zu nehmen, wenn ein Versicherungsfall vorliege, ein Regress des Versicherers gegen den Mieter ausgeschlossen sei und der Vermieter nicht ausnahmsweise ein besonderes Interesse an einem Schadensausgleich durch den Mieter habe.
10
Bei dem eingetretenen Brandschaden handele es sich um einen von der Wohngebäudeversicherung umfassten Versicherungsfall. Diese erfasse unter anderem auch die ordnungsgemäße Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der durch den Brand beschädigten Wände und Decken. Dass den Klägern durch den Mietvertrag die Schönheitsreparaturen übertragen worden seien , ändere nichts an der Einstandspflicht der Versicherung. Es gehe vorliegend um die Beseitigung der versicherten Folgen eines Brandes und nicht lediglich um die Durchführung von Schönheitsreparaturen durch den Mieter, der zudem durch die anteilige Übernahme der Wohngebäudeversicherungskosten im Ergebnis so zu stellen sei, als hätte er die Versicherung selbst abgeschlossen. Die Wohngebäudeversicherung wäre verpflichtet gewesen, die für die Brandschadensbeseitigung hier erforderlichen Kosten zu ersetzen.
11
Ein besonderes Interesse der Beklagten, dass der Schadensausgleich ausnahmsweise durch den Mieter und nicht durch die Wohngebäudeversicherung erfolge, habe das Amtsgericht zutreffend verneint. Insbesondere begründe der pauschale Verweis der Beklagten auf angeblich steigende Versicherungsbeiträge kein derartiges, einen Ausnahmefall voraussetzendes besonderes Interesse. Das mit jeder Inanspruchnahme einer Gebäudeversicherung einhergehende generelle Risiko einer Beitragserhöhung genüge nicht.
12
Ein Regress des Versicherers gegen die Kläger wäre ausgeschlossen gewesen, weil den Klägern nach den fehlerfreien Feststellungen des Amtsgerichts (allenfalls) einfache Fahrlässigkeit zur Last falle. Anhaltspunkte für ein grob fahrlässiges oder gar vorsätzliches Verhalten der Kläger habe die Beklagte weder vorgetragen noch seien diese sonst ersichtlich.
13
Die Beklagte sei daher mietvertraglich verpflichtet gewesen, die Wohngebäudeversicherung zur Schadensbeseitigung in Anspruch zu nehmen. Da sie dies nicht getan habe, könne sie auch keinen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB gegen die Kläger geltend machen; dementsprechend verbleibe es bei der ihr obliegenden Erhaltungspflicht nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB. Diese Wertung folge zwingend aus den Grundsätzen des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 3. November 2004 (VIII ZR 28/04). Zwar gehe es in dieser Entscheidung nicht um eine etwaige Erhaltungspflicht des Vermieters oder den Fortbestand des Mietzahlungsanspruchs in voller Höhe, sondern um einen Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen schuldhafter Beschädigung der Mietsache durch den Mieter. Könne jedoch der Mieter mit Erfolg die Entrichtung von Schadensersatz für die von ihm zu vertretenden Schäden verweigern , wirke sich dies zwangsläufig auch auf die damit weiterhin dem Vermieter obliegende Wiederherstellungspflicht aus. Bei einer Beschädigung der Mietwohnung sei im Interesse beider Mietparteien stets entweder der Mieter oder der Vermieter zur Schadensbeseitigung verpflichtet. Bei einem restriktiven Verständnis der versicherungsrechtlichen Lösung würde dies zu dem Ergebnis führen , dass zwar der Vermieter keinen Schadensersatz verlangen könnte, er aber gleichwohl auch nicht zur Schadensbeseitigung verpflichtet wäre. Damit einher ginge entweder der weder rechtlich noch praktisch hinnehmbare dauerhafte Zustand der Vermietung einer mangelhaften Mietsache oder aber eine den Mieter trotz der monatlichen Versicherungsbeiträge wiederum mit der Schadensbeseitigung belastende Lösung, die allein auf das schuldhafte Herbeiführen des Brandschadens durch den Mieter abstelle. Beides widerspreche nicht nur dogmatischen Grundsätzen, sondern auch der durch den Bundesgerichtshof mit der versicherungsrechtlichen Lösung in den Vordergrund gestellten Interessenabwägung.
14
Ausgehend von der Überlegung, dass der Gesetzgeber dem Vermieter grundsätzlich im Rahmen des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB die uneingeschränkte Erhaltungs- und Wiederherstellungspflicht für die Mietsache auferlegt habe, könne diese nur in den Fällen entfallen, in denen ausnahmsweise der Mieter für die Erhaltung und Wiederherstellung (etwa) nach § 280 Abs. 1 BGB zu sorgen habe. Stehe einem solchen Vermieteranspruch wiederum ein Schadensersatzanspruch des Mieters aus positiver Vertragsverletzung entgegen, verbleibe es vollumfänglich bei der Erhaltungspflicht des Vermieters.
15
Die Kläger könnten überdies die Feststellung verlangen, dass die Miete gemäß § 536 BGB in der Zeit vom 7. Juni 2012 bis zum 13. Dezember 2012 wegen der streitgegenständlichen, zwischenzeitlich beseitigten Brandschäden monatlich in Höhe von 132,76 € (= 15 % der Bruttomiete) gemindert gewesen sei. Zwar könne sich ein Mieter grundsätzlich dann nicht auf eine Mietminderung berufen, wenn der Mangel auf sein Verhalten zurückzuführen sei oder er ihn zu vertreten habe. Bleibe es jedoch wegen der versicherungsrechtlichen Lösung bei der Erhaltungs- und Wiederherstellungspflicht des Vermieters, gelte diese Wertung auch im Rahmen des § 536 BGB. Sei der Mieter nicht gehalten, für die Schäden Ersatz zu leisten, gehe mit dem vertragswidrigen Zustand der Mietsache notwendig auch die Herabsetzung der Miete nach § 536 BGB einher. Im Falle der pflichtgemäßen und unverzüglichen Inanspruchnahme der Versi- cherung durch die Beklagte wäre erfahrungsgemäß mit einer Regulierungsfrist von etwa drei Monaten ab dem Brand zu rechnen gewesen. Eine Minderung der Miete komme damit erstmalig ab dem 7. Juni 2012 in Betracht; sie ende aufgrund der Vornahme der Instandsetzungsarbeiten mit Ablauf des 13. Dezember 2012. Unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände sei hier ein Minderungsbetrag von lediglich 15 % der Bruttomiete, mithin monatlich 132,76 €, angemessen.

II.

16
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung - wenn auch teilweise nur im Ergebnis - stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.
17
1. Das Berufungsgericht hat allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass die seitens der Beklagten nach erfolgter erstinstanzlicher Verurteilung durchgeführte Beseitigung des Brandschadens ein erledigendes Ereignis darstellt , infolge dessen die Klage hinsichtlich des vom Amtsgericht in dessen Urteilstenor unter Ziffer 1 a bis g zugesprochenen Anspruchs auf Behebung des Brandschadens unbegründet geworden ist.
18
a) Die Hauptsache ist erledigt, wenn die Klage im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und durch das Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde (BGH, Urteile vom 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02, BGHZ 155, 392, 395 mwN; vom 14. März 2014 - V ZR 115/13, NJW 2014, 2199 Rn. 7).
19
Wird aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil, einem Arrestbefehl oder einer einstweiligen Verfügung vollstreckt, tritt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Erfüllung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB - und damit auch keine Erledigung - ein (BGH, Urteile vom 19. Januar 1983 - VIII ZR 315/81, BGHZ 86, 267, 269; vom 14. März 2014 - V ZR 115/13, aaO Rn. 8). Dasselbe gilt für Leistungen, die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel erbracht werden (BGH, Urteile vom 8. Mai 1985 - IVa ZR 138/83, BGHZ 94, 268, 274; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 155/10, NJW 2011, 1135 Rn. 11; vom 15. März 2012 - IX ZR 35/11, NJW 2012, 1717 Rn. 7; vom 14. März 2014 - V ZR 115/13, aaO; jeweils mwN; BGH, Beschlüsse vom 25. Mai 1976 - III ZB 4/76, WM 1976, 1069 unter [3] b; vom 21. September 2005 - XII ZR 256/03, NJW-RR 2006, 16 unter II 2; ebenso bereits RGZ 29, 379, 382). Die Leistung erfolgt in beiden Fällen unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintritts (BGH, Urteile vom 19. Januar 1983 - VIII ZR 315/81, aaO; vom 14. März 2014 - V ZR 115/13, aaO; MünchKommZPO/Götz, 4. Aufl., § 708 Rn. 5), sofern der Schuldner nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt (BGH, Urteil vom 14. März 2014 - V ZR 115/13, aaO; MünchKommBGB /Fetzer, 6. Aufl., § 362 Rn. 28 mwN; Musielak/Lackmann, ZPO, 11. Aufl., § 708 Rn. 4; Krüger, NJW 1990, 1208, 1210 f.).
20
b) Hiervon ausgehend handelt es sich bei der von der Beklagten vorgenommenen Behebung des Brandschadens nicht um ein erledigendes Ereignis. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte die in Ziffer 1 a bis g des Tenors des vorläufig vollstreckbaren Urteils des Amtsgerichts genannten Schäden innerhalb der ihr im vorbezeichneten Urteil gesetzten Frist ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht beseitigt. Zudem hat sie die erstinstanzliche Verurteilung mit der Berufung angegriffen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 6. Oktober 1998 - XI ZR 36/98, BGHZ 139, 357, 367 f.).
21
Die Leistung der Beklagten erfolgte daher ersichtlich unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintritts und stellt demgemäß - ungeachtet der Schwierigkeit , die hier erbrachte Leistung im Falle einer Aufhebung des vorläufig voll- streckbaren Urteils zurückzufordern (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 1985 - IVa ZR 138/83, aaO; BAG, AP Nr. 23 zu § 1 TVG Tarifverträge Bau; OLG Köln, NJWRR 2005, 1319, 1321; aA OLG Köln, Urteil vom 10. Februar 2010 - 2 U 64/09, juris Rn. 93 ff.; [jeweils zur Auskunftserteilung]; vgl. auch BeckOK-ZPO/ Jaspersen/Wache, Stand: 15. September 2014, § 91a Rn. 64) - keine Erfüllung des Anspruchs der Kläger nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand und damit kein die Hauptsache insoweit erledigendes Ereignis dar.
22
c) Der Antrag der Kläger, hinsichtlich des Antrags auf Behebung des Brandschadens die Erledigung der Hauptsache festzustellen, war demnach unbegründet. Nachdem sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hilfsweise von ihrer Erledigungserklärung Abstand genommen und ihren ursprünglichen Antrag entsprechend Ziffer 1 a bis g des Tenors des amtsgerichtlichen Urteils weiterverfolgt haben, bleibt der Revision der Erfolg jedoch versagt.
23
Die Kläger sind nicht gehindert gewesen, zu ihrem vorbezeichneten ursprünglichen Antrag zurückzukehren. Eine Erledigungserklärung ist frei widerruflich , solange sich die beklagte Partei ihr nicht angeschlossen und das Gericht keine Entscheidung über die Erledigung der Hauptsache getroffen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die klagende Partei regelmäßig - auch in der Revisionsinstanz - von der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung Abstand nehmen und ohne das Vorliegen weiterer Voraussetzungen zu ihrem ursprünglichen Klageantrag zurückkehren (BGH, Urteile vom 7. Juni 2001 - I ZR 157/98, NJW 2002, 442 unter 1; vom 14. März 2014 - V ZR 115/13, aaO Rn. 14; BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - XII ZR 256/03, aaO). Die darin liegende Klageänderung ist nach § 264 Nr. 2 ZPO noch in der Revisionsinstanz zulässig, wenn - wie hier der Fall - der Sachverhalt, auf den sich der frühere Antrag stützt, vom Tatrichter bereits gewürdigt worden ist (BGH, Urteile vom 7. Juni 2001 - I ZR 157/98, aaO; vom 14. März 2014 - V ZR 115/13, aaO).
24
2. Der ursprüngliche, auf Behebung des Brandschadens gemäß Ziffer 1 a bis g des Tenors des Urteils des Amtsgerichts gerichtete Antrag ist begründet. Die Kläger können aufgrund des ihnen zustehenden Anspruchs nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand von der Beklagten die Wiederherstellung dieses Zustands durch Behebung des vorstehend genannten Brandschadens verlangen. Dem steht nicht entgegen, dass die Kläger den Brandschaden nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch (allenfalls) einfache Fahrlässigkeit verursacht haben. Denn die Beklagte kann gemäß den Grundsätzen der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anzuwendenden versicherungsrechtlichen Lösung ihren Wohngebäudeversicherer auf Leistung in Anspruch nehmen, ohne dass dieser bei den Klägern Rückgriff nehmen könnte. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, folgt hieraus bei Würdigung der Interessenlage der Mietvertragsparteien nicht nur die mietvertragliche Pflicht der Beklagten, wegen des Ersatzes des Brandschadens die Wohngebäudeversicherung (und nicht die Kläger) in Anspruch zu nehmen; die Beklagte ist vielmehr, auch wenn sie von einer Inanspruchnahme ihres Wohngebäudeversicherers absieht, nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB verpflichtet, den vertragsgemäßen Zustand der Mietsache durch Behebung der streitgegenständlichen Brandschäden wiederherzustellen.
25
a) Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Grundsätzlich obliegen somit ihm die Instandhaltung und die Instandsetzung des Mietobjekts (BGH, Urteil vom 6. April 2005 - XII ZR 158/01, NZM 2005, 863 unter II 3 a). Entsteht während der Mietzeit ein Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 BGB - wie hier in Gestalt des Brandschadens -, schuldet der Vermieter dessen Beseitigung im Rahmen seiner Erfüllungspflicht gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB unabhängig davon, ob die Mangelursache in seinem eigenen oder im Gefahrenbereich des Mieters zu suchen ist (Senatsurteil vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 271/07, NJW 2008, 2432 Rn. 9; OLG Hamm, OLGR 2007, 540, 541; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10. Aufl., Rn. 297). Dies zieht auch die Revision nicht in Zweifel.
26
Wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, entfällt die Pflicht zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands jedoch, soweit der Mieter den Mangel der Mietsache zu vertreten hat (BGH, Urteile vom 26. November 1997 - XII ZR 28/96, NJW 1998, 594 unter 2 a; vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 271/07, aaO; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2014, § 535 Rn. 28a; Wolf/Eckert/Ball, aaO). In diesem Fall steht dem Vermieter vielmehr bei einer Beschädigung der Mietsache ein Anspruch auf Schadensersatz - nach Wahl des Vermieters (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 11. Aufl., § 535 BGB Rn. 93) in Form der Wiederherstellung (§ 249 Abs. 1 BGB) oder des Geldersatzes (§ 249 Abs. 2 BGB) - gegen den Mieter zu (Palandt/ Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., § 535 Rn. 58; Erman/Lützenkirchen, BGB, 14. Aufl., § 535 Rn. 40; MünchKommBGB/Häublein, 6. Aufl., § 535 Rn. 106).
27
b) Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht rechtsfehlerfrei zu der von der Revision nicht angegriffenen Beurteilung gelangt, dass den Klägern hinsichtlich des Brandschadens (allenfalls) einfache Fahrlässigkeit zur Last fällt. Ebenfalls frei von Rechtsfehlern ist die Annahme des Berufungsgerichts , dass die Kläger der Beklagten nach den Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Lösung trotzdem nicht zum Ersatz dieses Schadens ver- pflichtet sind, sondern ihnen vielmehr ein Anspruch auf Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands der Mietsache zusteht.
28
c) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Mieter, der einen Brandschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat, (regelmäßig) vor einem Rückgriff des Gebäudeversicherers (§ 86 Abs. 1 VVG) in der Weise geschützt, dass eine durch die Interessen der Vertragsparteien gerechtfertigte ergänzende Auslegung des Gebäudeversicherungsvertrages einen konkludenten Regressverzicht des Versicherers für die Fälle ergibt, in denen der Wohnungsmieter einen Brandschaden - wie hier - durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat (BGH, Urteile vom 8. November 2000 - IV ZR 298/99, BGHZ 145, 393, 398 ff.; vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04, NJW-RR 2005, 381 unter II 2; vom 13. September 2006 - IV ZR 273/05, BGHZ 169, 86 Rn. 8; vom 10. November 2006 - V ZR 62/06, NJW 2007, 292 Rn. 7 [betr. Wohnungseigentümer ]; vom 20. Dezember 2006 - VIII ZR 67/06, NJW-RR 2007, 684 Rn. 8; vom 27. Januar 2010 - IV ZR 129/09, BGHZ 184, 148 Rn. 8 f.; vom 10. Mai 2011 - VI ZR 196/10, NJW-RR 2011, 1055 Rn. 6; BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2001 - XII ZR 153/99, NJW-RR 2002, 1243; vom 15. November 2011 - II ZR 304/09, NJW-RR 2012, 280 Rn. 11; vom 21. Januar 2014 - VIII ZR 48/13, GE 2014, 661 Rn. 4). Der Mieter steht hierdurch im Ergebnis nicht anders da, als wenn er selbst eine Versicherung abgeschlossen hätte (Senatsurteil vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04, aaO).
29
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Mieter - wie hier - eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat und diese für den Brandschaden ebenfalls eintrittspflichtig wäre (BGH, Urteile vom 8. November 2000 - IV ZR 298/99, aaO S. 399 f.; vom 20. Dezember 2006 - VIII ZR 67/06, aaO; vom 13. September 2006 - IV ZR 273/05, aaO Rn. 9 ff.).
30
Die vorbezeichnete sogenannte versicherungsrechtliche Lösung schützt den Mieter allerdings nur, wenn der Vermieter/Versicherungsnehmer die Versicherung tatsächlich in Anspruch nimmt. Verzichtet der Vermieter darauf und fordert er unmittelbar Schadensersatz vom Mieter, wird dieser in seiner Erwartung enttäuscht, als Gegenleistung für die von ihm (anteilig) übernommenen Versicherungskosten im Schadensfall einen Nutzen von der Gebäudeversicherung zu haben. Der Vermieter hat dagegen insoweit, als er durch die Versicherung geschützt ist, im Regelfall kein vernünftiges Interesse daran, den Schadensausgleich durch den Mieter zu suchen, obwohl dieser bereits durch die Zahlung der Versicherungsprämie zur Deckung des Schadens beigetragen hat. Aus dieser Interessenlage folgt die mietvertragliche Pflicht des Vermieters, die Versicherung in Anspruch zu nehmen (oder auf Schadensersatz zu verzichten), wenn ein Versicherungsfall vorliegt, ein Regress des Versicherers gegen den Mieter ausgeschlossen ist und der Vermieter nicht ausnahmsweise ein besonderes Interesse an einem Schadensausgleich durch den Mieter hat. Verletzt der Vermieter diese Pflicht, steht dem Mieter seinerseits ein Schadensersatzanspruch zu, den er dem Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen seiner Obhutspflichtverletzung gemäß § 242 BGB ("dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est") entgegen halten kann (BGH, Urteile vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04, aaO unter II 3; vom 10. November 2006 - V ZR 62/06, aaO; jeweils mwN; BGH, Beschluss vom 21. Januar 2014 - VIII ZR 48/13, aaO Rn. 5).
31
d) Davon ausgehend hat das Berufungsgericht zu Recht die Beklagte als mietvertraglich verpflichtet erachtet, ihren Wohngebäudeversicherer und nicht die Kläger auf Schadensausgleich in Anspruch zu nehmen. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht mit seiner weiter gehenden Annahme , wonach aus den Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Lösung für den Streitfall folge, dass die Beklagte, auch wenn sie ihre Wohngebäudeversicherung nicht in Anspruch nehme, aufgrund ihrer Erhaltungspflicht nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Beseitigung des Brandschadens verpflichtet sei, weder die Reichweite der Erhaltungspflicht der Beklagten verkannt noch deren mietvertragliche Nebenpflichten bei Vorliegen eines Versicherungsfalles überdehnt, indem es als Voraussetzung des Wegfalls der Erhaltungspflicht die Durchsetzbarkeit des Schadensersatzanspruchs der Beklagten gegen die Kläger angenommen hat. Das Berufungsgericht hat vielmehr zutreffend die Grundsätze der versicherungsrechtlichen Lösung auf die Beurteilung des Umfangs der Erhaltungspflicht des Vermieters im Falle eines vom Mieter durch leichte Fahrlässigkeit verursachten Wohnungsbrandes angewendet. Ist nach diesen Grundsätzen der Mieter weder zur Beseitigung des Brandschadens noch sonst insoweit zum Schadensersatz verpflichtet, verbleibt es bei der vom Gesetz als dauerhafte vertragliche Hauptpflicht ausgestalteten Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB und ist dieser regelmäßig auch dann zur Wiederherstellung eines zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustands der Mietsache verpflichtet, wenn er die von ihm abgeschlossene Wohngebäudeversicherung wegen des Brandschadens nicht in Anspruch nimmt.
32
aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht ein besonderes Interesse der Beklagten , welches ausnahmsweise gegen eine Inanspruchnahme der Wohngebäudeversicherung sprechen könnte, verneint und insbesondere den pauschalen Hinweis der Beklagten auf möglicherweise steigende Versicherungsbeiträge als nicht ausreichend erachtet. Wie oben (unter II 2 c) ausgeführt, hat der Vermieter insoweit, als er durch die Versicherung geschützt ist, im Regelfall kein vernünftiges Interesse daran, den Schadensausgleich nicht durch die Versicherung zu suchen (Senatsurteil vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04, aaO). Der Mieter wiederum darf im Verhältnis zum Vermieter die berechtigte Erwartung haben, dass ihm seine Aufwendungen für die Wohngebäudeversicherung im Schadensfall zugutekommen und er durch diese Versicherung geschützt ist, wenn er leicht fahrlässig einen Schaden verursacht (vgl. BGH, Urteile vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04, aaO unter II 2 und 3; vom 13. September 2006 - IV ZR 273/05, aaO Rn. 19).
33
Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob - wie das Berufungsgericht offenbar meint - im Einzelfall ausnahmsweise etwa eine durch die Inanspruchnahme der Wohngebäudeversicherung verursachte erhebliche Erhöhung der Versicherungsprämie ein besonderer Grund sein kann, der es für den Vermieter rechtfertigt , von einer Inanspruchnahme der Versicherung abzusehen, oder ob einem solchen Ausnahmetatbestand vielmehr die Möglichkeit entgegensteht, allein den Mieter, der den Brandschaden verursacht hat, mit dem Erhöhungsbetrag der Versicherungsprämie zu belasten. Denn es fehlt hier, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, bereits an einem konkreten Vortrag der Beklagten hinsichtlich einer zu erwartenden Beitragserhöhung. Übergangenen Sachvortrag hierzu zeigt die Revision nicht auf.
34
bb) Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, dass im Streitfall aus der gebotenen Anwendung der Grundsätze der versicherungsrechtlichen Lösung auf den Erhaltungsanspruch des Mieters aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB folgt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den von den Klägern verursachten Brandschaden zu beheben. Diesem Anspruch steht auch nicht entgegen, dass die Kläger wegen des Brandschadens zugleich die Minderung der Miete geltend machen (vgl. Senatsurteil vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 271/07, aaO; SchmidtFutterer /Eisenschmid, aaO, § 536 BGB Rn. 529; MünchKommBGB/Häublein, aaO, Vorbemerkung zu §§ 536 ff. Rn. 5).
35
(1) Die Frage, ob und inwieweit die Grundsätze der versicherungsrechtlichen Lösung auch für die Beurteilung der Frage des Bestehens eines Mangelbeseitigungsanspruchs des Mieters in Bezug auf einen von diesem durch einfache Fahrlässigkeit verursachten Brandschaden maßgeblich sind, hat der Bun- desgerichtshof bisher nicht entschieden. Der Senat hat allerdings bereits in einem vor der Entwicklung der Grundsätze der versicherungsrechtlichen Lösung ergangenen Urteil, welches den Fall eines außerhalb des Mietgebrauchs durch Brand unbenutzbar gewordenen Mietobjekts betraf, entschieden, dass der Vermieter in diesem Fall den vertragsmäßigen Zustand wiederherzustellen hat, auch wenn im Mietvertrag Instandhaltung und Instandsetzung des Mietobjekts sowie - wie im Streitfall - Schönheitsreparaturen grundsätzlich auf den Mieter abgewälzt worden sind (Senatsurteil vom 25. Februar 1987 - VIII ZR 88/86, WM 1987, 822 unter 3 b und c; Wolf/Eckert/Ball, aaO Rn. 297).
36
(2) Nichts anderes hat für den Fall zu gelten, dass die mit leichter Fahrlässigkeit verursachte Beschädigung der Mietsache zwar innerhalb des Mietgebrauchs erfolgt ist, der Schaden des Vermieters aber durch dessen Wohngebäudeversicherung abgedeckt ist und der Mieter deshalb nach den Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Lösung für den Brandschaden nicht einzustehen hat. Auch bei dieser - hier gegebenen - Fallgestaltung bleibt die Erhaltungspflicht des Vermieters gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB bestehen und ist der Vermieter zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands des Mietobjekts verpflichtet.
37
Die von der Revision vertretene Auffassung, wonach der Vermieter weder zu einer Inanspruchnahme seiner Wohngebäudeversicherung noch sonst zu einer Beseitigung des Brandschadens verpflichtet und auch eine Mietminderung (dazu nachfolgend unter 3) nicht eingetreten sei, liefe darauf hinaus, dass der Mieter als Gegenleistung für die von ihm (anteilig) übernommenen Versicherungskosten im Schadensfall zwar vor einer Inanspruchnahme durch den Vermieter auf Schadensersatz sowie vor einem Rückgriff des Wohngebäudeversicherers geschützt wäre, er jedoch - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - entweder den in dem vorliegenden Brandschaden zu sehenden erheblichen Mangel der Mietsache hinzunehmen oder diesen auf eigene Kosten zu beseitigen hätte. Dies ist mit der Zielsetzung der versicherungsrechtlichen Lösung unvereinbar. Diese dient dem Schutz der Interessen des Vermieters und des Mieters (BGH, Urteil vom 27. Januar 2010 - IV ZR 129/09, aaO Rn. 9 mwN) und hierbei - was die Revision verkennt - insbesondere auch dazu, den Mieter im Ergebnis nicht anders zu stellen, als wenn er selbst eine Versicherung abgeschlossen hätte (Senatsurteil vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04, aaO unter II 2; ebenso bereits Senatsurteil vom 13. Dezember 1995 - VIII ZR 41/95, BGHZ 131, 288, 293 f.).
38
(3) Ohne Erfolg wendet die Revision gegen eine Pflicht der Beklagten zur Beseitigung des Brandschadens ein, die im Gebrauch der Mietsache liegenden Risiken träfen - anders als die in ihrer Beschaffenheit begründeten oder gar von außen auf sie einwirkenden schädlichen Einflüsse - stets und allein den Mieter (vgl. Senatsurteil vom 14. April 1976 - VIII ZR 288/74, BGHZ 66, 349, 353). Denn die Revision verkennt insoweit die Bedeutung der spezielleren Grundsätze der versicherungsrechtlichen Lösung, die hier aus den oben genannten Gründen auch hinsichtlich des aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB folgenden Anspruchs auf Beseitigung des Brandschadens anzuwenden sind.
39
(4) Fehl geht auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe bei der Annahme einer den Brandschaden umfassenden Erhaltungspflicht der Beklagten die Bedeutung des Umstands verkannt, dass die Kläger im Mietvertrag die Schönheitsreparaturen, insbesondere die Tapezier- und sonstige Malerarbeiten , übernommen hätten und dass die von der Erledigungserklärung umfassten Wiederherstellungsmaßnahmen die Beseitigung der infolge des Brandes eingetretenen Rußverschmutzungen durch Streichen der Wände beträfen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei den hier streitgegenständlichen Maßnahmen zur Behebung des Brandschadens - mö- gen diese auch mit Tapezier- und Streicharbeiten verbunden sein - nicht um Schönheitsreparaturen, sondern um Schadensbeseitigung.
40
(5) Vergeblich macht die Revision zudem geltend, der Annahme, die Beklagte sei gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Behebung des Brandschadens verpflichtet, stehe entgegen, dass der Senat im oben bereits erwähnten Urteil vom 3. November 2004 (VIII ZR 28/04) dem Vermieter ein Wahlrecht eingeräumt habe, seine Wohngebäudeversicherung in Anspruch zu nehmen oder auf Schadensersatz gegen den Mieter zu verzichten. Die Revision meint, den Vermieter treffe daher als mietvertragliche Nebenpflicht lediglich eine Verschonungspflicht , den Mieter bei bestehendem Versicherungsschutz nicht in Anspruch zu nehmen. Dieser Verpflichtung habe die Beklagte entsprochen.
41
Diese Auffassung der Revision greift zu kurz. Die mietvertraglichen Pflichten der Beklagten hinsichtlich des streitgegenständlichen Brandschadens beschränken sich aus den oben dargestellten Gründen nicht darauf, von einer Inanspruchnahme der Kläger abzusehen, sondern umfassen auch die Verpflichtung der Beklagten, den vertragsgemäßen Zustand der Mietsache durch Behebung der streitgegenständlichen Brandschäden wiederherzustellen (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB).
42
Der Senat hat zwar in dem von der Revision genannten Urteil vom 3. November 2004 (VIII ZR 28/04, aaO unter II 3) ausgeführt, aus der Interessenlage der Mietvertragsparteien folge bei Vorliegen der oben (unter II 2 c) genannten Voraussetzungen die mietvertragliche Pflicht des Vermieters, die Versicherung in Anspruch zu nehmen (oder auf Schadensersatz zu verzichten). Diese Ausführungen beziehen sich jedoch ersichtlich auf die dort gegebene Fallgestaltung, dass der Vermieter trotz bestehender Wohngebäudeversicherung den Mieter auf Schadensersatz in Anspruch nimmt. Für die hier maßgebli- che Frage des Umfangs der Erhaltungspflicht des Vermieters gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt sich hieraus nichts, insbesondere lässt sich dem vorgenannten Senatsurteil entgegen der Auffassung der Revision nicht entnehmen , dass der Vermieter von seiner mietvertraglichen Hauptpflicht zur Erhaltung der Mietsache (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) befreit sei, wenn er - wie nach den Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Lösung ohnehin geboten - von einer Inanspruchnahme des Mieters auf Schadensersatz absieht.
43
(6) Fehl geht auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe, indem es den Klägern einen Anspruch auf Inanspruchnahme der Versicherung der Beklagten zuerkannt habe, den Umstand nicht hinreichend beachtet, dass die Kläger nicht in der Wohngebäudeversicherung der Beklagten mitversichert seien. Aus der versicherungsrechtlichen Lösung ergebe sich lediglich ein Regressverzicht des Versicherers. Diese Rechtsprechung werde "ausgehebelt", wenn die Kläger mittels eines mietvertraglichen Anspruchs gegen die Beklagte auf Inanspruchnahme der Versicherung im Ergebnis doch wie der Versicherungsnehmer oder eine mitversicherte Person in den Genuss der Versicherungsleistung oder eines Schadensersatzes in entsprechender Höhe kämen.
44
Zwar trifft es zu, dass der Wohnungsmieter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in der Wohngebäudeversicherung des Vermieters mitversichert, sondern Dritter im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG aF [heute: § 86 Abs. 1 VVG] ist (BGH, Urteile vom 8. November 2000 - IV ZR 298/99, aaO S. 397 f.; vom 14. Februar 2001 - VIII ZR 292/98, VersR 2001, 856 unter 2 a; jeweils mwN). Anders als die Revision meint, steht die Beurteilung des Berufungsgerichts jedoch hierzu nicht im Widerspruch. Mit den vorgenannten Ausführungen des Bundesgerichtshofs ist lediglich die - ohne die Annahme eines konkludenten Regressverzichts bestehende - Möglichkeit des Versicherers aufgezeigt worden, den Mieter aus kraft Gesetzes übergegangenem Recht des Vermieters in Regress zu nehmen. Eine Einschränkung der aus dem Mietvertrag folgenden Ansprüche des Mieters, insbesondere des hier maßgeblichen Erhaltungsanspruchs aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB, ergibt sich hieraus nicht.
45
e) Das Berufungsurteil lässt schließlich auch hinsichtlich des Umfangs des Mangelbeseitigungsanspruchs einen Rechtsfehler nicht erkennen.
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3. Auch soweit das Berufungsgericht auf den - zulässigen (vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 1985 - VIII ZR 142/84, WM 1985, 1213 unter II; Blank in Blank/Börstinghaus, Miete, 4. Aufl., § 536 Rn. 238) - Feststellungsantrag der Kläger eine Minderung der Miete für den Zeitraum vom 7. Juni 2012 bis zum 13. Dezember 2012 in Höhe von 15 % der Bruttomiete angenommen hat, ist das angefochtene Urteil frei von Rechtsfehlern. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Minderung zwar grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn ein Mangel - wie hier - der Sphäre des Mieters zuzurechnen ist (Senatsurteil vom 15. Dezember 2010 - VIII ZR 113/10, WuM 2011, 97 Rn. 18 mwN), im Streitfall jedoch gleichwohl die Voraussetzungen einer Miet- minderung gegeben sind, da die Beklagte unter Berücksichtigung der Grundsätze der versicherungsrechtlichen Lösung zur Beseitigung des Mangels verpflichtet ist. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Bünger Kosziol
Vorinstanzen:
AG Euskirchen, Entscheidung vom 08.11.2012 - 4 C 188/12 -
LG Bonn, Entscheidung vom 13.06.2013 - 6 S 188/12 -

Erweist sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt oder wird die angeordnete Maßregel auf Grund des § 926 Abs. 2 oder des § 942 Abs. 3 aufgehoben, so ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)