Oberlandesgericht München Endurteil, 16. Sept. 2016 - 10 U 4737/15

bei uns veröffentlicht am16.09.2016
vorgehend
Landgericht München I, 19 O 2558/13, 23.11.2015

Gericht

Oberlandesgericht München

Gründe

OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

Aktenzeichen: 10 U 4737/15

Im Namen des Volkes

Verkündet am 16.09.2016

19 O 2558/13 LG München I

Die Urkundsbeamtin …

In dem Rechtsstreit

- Klägerin und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt …

gegen

1) …

- Beklagter und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt …

2) …

- Beklagte und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt …

Nebenintervenientin zu 1: …

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt …

wegen Schadensersatzes

erlässt der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht … und die Richter am Oberlandesgericht … und … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12.08.2016 folgendes

Endurteil

1. Der Beklagte zu 1) ist des eingelegten Rechtsmittels der Berufung verlustig.

2. Auf die Berufung der Beklagten zu 2) vom 18.12.2015 wird das Endurteil des LG München I vom 23.11.2015, Az.: 19 O 2558/13, abgeändert und wie folgt neugefasst:

I.

Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 5.501,40 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 23.11.2012 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Gerichtskosten (erster Instanz) tragen die Klägerin 60% und der Beklagte zu 1) 40%.

Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten (erster Instanz) der Beklagten zu 2), soweit sie nicht auf die Nebenintervention entfallen, voll, der Beklagte zu 1) die der Klägerin zu 40% und die Klägerin die des Beklagten zu 1) zu 20%. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten (erster Instanz) selbst.

Von den Kosten der Nebenintervention trägt die Klägerin 20%. Im Übrigen trägt sie die Beklagte zu 2) selbst.

3. Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte zu 1) jeweils die Hälfte. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens der Beklagten zu 2), soweit sie nicht auf die Nebenintervention entfallen, voll, der Beklagte zu 1) die der Klägerin zur Hälfte. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst (damit die Beklagte zu 2) auch die Kosten der Nebenintervention).

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A. Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO).

I. B. Nachdem der Beklagte zu 1) die am 22.12.2015 eingelegte Berufung gegen das Endurteil des LG München I vom 23.11.2015 zurückgenommen hatte, war noch gem. § 516 III ZPO auszusprechen, dass er des eingelegten Rechtsmittels der Berufung verlustig ist. Da über den Rechtsstreit insgesamt abschließend entschieden werden konnte und da hinsichtlich der Kosten aufgrund der weiterhin anhängigen Berufung der Beklagten zu 2) ohnehin nur einheitlich im Endurteil zu entscheiden ist (vgl. Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 516, Rdnr. 22), erschien es sachgerecht, die o.g. Wirkung der Berufungsrücknahme nicht durch Beschluss auszusprechen, wie es § 516 III 2 ZPO eigentlich vorsieht, sondern ebenfalls im Rahmen dieses Urteils.

II. Die statthafte, sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung der Beklagten zu 2) hat in der Sache Erfolg. Das angefochtene Urteil war im o.g. Rahmen abzuändern und neuzufassen, weil die Klage gegen die Beklagte zu 2) abzuweisen war. Die Klage ist zwar bezüglich der Beklagten zu 2) zulässig, aber unbegründet. Unbegründet ist die Klage, weil die Beklagte zu 2) nicht passivlegitimiert ist. Denn die Beklagte zu 2) ist nicht der Versicherer i. S. d. § 115 VVG des am streitgegenständlichen Unfall beteiligten Pkw des Beklagten zu 1). Dies ergibt sich aus dem in erster Instanz bereits angesprochenen und nunmehr vorliegenden, einen vergleichbaren Sachverhalt betreffenden Urteil des BGH vom 11.11.2015, Az.: IV ZR 429/14, juris. Demnach gilt Folgendes: „Wird Haftpflichtversicherungsschutz für ein Fahrzeug mit einem Kurzzeitkennzeichen durch den Versicherer in der Weise gewährt, dass im Versicherungsschein ein namentlich benannter Halter aufgeführt ist, so ist die Versicherung auf Fahrzeuge dieses Halters beschränkt.“

Das Erstgericht hat sich insoweit im angefochtenen Urteil nur mit der Entscheidung des OLG Hamm (Urteil vom 07.12.2012, Az.: I-9 U 117/12), nicht aber auch mit der aktuelleren des OLG Stuttgart (Urteil vom 22.10.2014, Az.: 3 U 36/14) und vor allem nicht mit der o.g. des BGH auseinandergesetzt.

1.) Nach den - den Senat gem. § 529 I Nr. 1 ZPO bindenden - Feststellungen des Erstgerichts stehen nun folgende Umstände, welche den Sachverhalt dem der o.g. Entscheidung des BGH vergleichbar machen, fest:

- Am Pkw des Beklagten zu 1) war zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfalls das Kurzzeitkennzeichen M-…, angebracht. Hiervon hat sich das Erstgericht in nicht zu beanstandender - und auch von den Parteien, insb. der Beklagten zu 2), nicht gerügter - Weise eine Überzeugung gebildet.

- Unstreitig ist die Beklagte zu 2) die Versicherungsgeberin dieses Kurzzeitkennzeichens.

- Im hier betroffenen Versicherungsschein ist Frau I. S. B. als Halterin aufgeführt. Dies hat das Erstgericht so im Tatbestands des angefochtenen Urteils als unstreitig ausgeführt: „In dem Versicherungsschein (Anlage B12) wurde als Halterin Frau I. S. B. eingetragen“ (vgl. S. 2 des Urteils = Bl. 209 d. A.); diese Feststellung ist für das Berufungsgericht gem. § 529 I Nr. 1 ZPO bindend. Soweit die Klägerin nun vorträgt, der Beklagte zu 1) habe sich „wohl“ in dem Versicherungs- und Fahrzeugschein eingetragen (vgl. S. 4 des klägerischen Schriftsatzes vom 15.04.2016 = Bl. 268 d. A.), ist dieser Vortrag zum einen bereits unsubstantiiert und zum anderen auch deswegen unbehelflich, weil er im Widerspruch zu den Feststellungen im Tatbestand es Ersturteils steht. Wenn die Klägerin die erstgerichtlichen Feststellungen nicht hätte hinnehmen wollen, hätte sie ein - fristgebundenes - Tatbestandsberichtigungsverfahren nach § 320 ZPO durchführen müssen. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Anlage „B12“ (bzw. „BK1“) tatsächlich zu entnehmen ist, dass bei der Beklagten zu 2) Frau I. S. B. als Halterin geführt wird.

- Unstreitig handelte es sich bei Frau B. nicht um die Eigentümerin (und auch nicht die Halterin) des hier streitgegenständlichen Pkw des Beklagten zu 1), an welchem die Kurzzeitkennzeichen angebracht waren. Eigentümer war vielmehr der Beklagte zu 1).

2.) Entgegen dem Vortrag der Klägerin weicht der vorliegende Sachverhalt auch nicht etwa in anderer Hinsicht von dem der o.g. BGH-Entscheidung zugrunde liegenden ab: Soweit die Klägerin vorträgt, Frau B. sei nur Botin gewesen, sie habe die Kurzzeitkennzeichen-Schilder für den Beklagten zu 1) als Fremdgeschäft erworben, also nicht selbst (vgl. S. 3 des klägerischen Schriftsatzes vom 15.04.2016 = Bl. 268 d. A.), steht dies abermals im Widerspruch zu den Feststellungen im Tatbestand des Ersturteils: „Die Beklagte zu 2) ist Versicherungsgeberin für das Kurzzeitkennzeichen M-…, das von Frau Sarah B. (…) erworben worden war.“ Im Übrigen hätte selbst dann, wenn Frau B. die Schilder doch nicht für sich selbst, sondern als Fremdgeschäft für den Beklagten zu 1) erworben hätte, im Ergebnis nichts anderes gegolten: Denn gem. der o.g. BGH-Entscheidung kommt es allein darauf an, wer im Versicherungsschein als Fahrzeughalter eingetragen ist, und nicht darauf, wer Eigentümer der Schilder ist.

3.) Es bleibt bei dem überzeugenden Argument des BGH, dass der Versicherer ein berechtigtes Interesse daran hat, Versicherungsschutz nur zu gewähren für Fahrzeuge des (im Versicherungsschein) eingetragenen Halters und nicht für der Versicherung völlig unbekannte Dritte. Wie auch vom BGH in seiner Entscheidung ausgeführt, sind dabei die Interessen von unfallgeschädigten Dritten (hier der Klägerin) bei fehlendem Versicherungsschutz durch die Regelung des § 12 PflVG hinreichend gewahrt (mögliche Inanspruchnahme von Entschädigungsfonds, vgl. insb. § 12 I 1 Nr. 2 PflVG). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Allgemeinheit auch mittels des Straftatbestandes des § 6 PflVG vor Fällen des Gebrauchs eines Fahrzeugs ohne Haftpflichtversicherungsvertrag geschützt wird. Der Beklagte zu 1) wiederum hätte hier ohne weiteres über die Fa. M., und sei es auch unter entsprechender Beauftragung von Frau B., sich selbst als Halter eintragen lassen können; dass dies nicht erfolgt ist, stellt - entgegen der Ansicht der Klägerin - keinen Fall einer fehlerhaften rechtlichen Konstruktion des BGH dar.

III. Die Kostenentscheidungen beruhen jeweils auf §§ 91 I 1, 92 I 1, 101 I ZPO.

1.) Zu den Kosten des Verfahrens erster Instanz:

Hinsichtlich der Gerichtskosten erster Instanz war unter Anwendung der Baumbach’schen Formel zu berücksichtigen, dass die Klägerin anstatt der beantragten Verurteilung beider Beklagter zur samtverbindlichen Zahlung von 100% der Klageforderung nur bzgl. des Beklagten zu 1), und insoweit auch nur zu ca. 80%, obsiegt hat, während sie bzgl. der Beklagten zu 2) vollständig unterlegen ist.

Da die Klägerin im Verhältnis zur Beklagten zu 2) vollständig unterlegen ist, muss sie auch deren außergerichtliche Kosten (mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention) tragen.

Nachdem die Klägerin im Verhältnis zum Beklagten zu 1) und unter Berücksichtigung der Gesamtforderung zu ½ mal 80%, d. h. zu 40%, obsiegt hat, muss der Beklagte zu 1) 40% der außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen.

Da die Klage im Verhältnis zum Beklagten zu 1) nur zu 80% erfolgreich war, muss die Klägerin 20% der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) tragen. Entsprechendes gilt für die Kosten der Nebenintervention (§ 101 I ZPO).

2.) Zu den Kosten des Berufungsverfahrens:

Hinsichtlich der Gerichtskosten des Berufungsverfahrens war zu berücksichtigen, dass beide Beklagte zunächst mit im Hinblick auf den Streitwert des Berufungsverfahrens gleichwertigen Berufungen am Verfahren beteiligt waren, dass der Beklagte zu 1) dann seine Berufung zurückgenommen hat (§ 516 III 1 ZPO), während die Berufung der Beklagten zu 2) vollständig Erfolg hatte.

Da die Berufung der Beklagten zu 2) vollständig Erfolg hatte, muss die Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) (mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention) tragen.

Nachdem der Beklagte zu 1) seine Berufung zurückgenommen hat, muss er seine außergerichtlichen Kosten selbst tragen und die der Klägerin, angesichts der hälftigen Beteiligung der zurückgenommen Berufung am Berufungsstreitwert, zur Hälfte (§§ 516 III 1, 92 I 1 ZPO).

Da die Beklagte zu 2) wiederum ihren Beitritt am Rechtsstreit als Nebenintervenientin zurückgenommen hat, muss sie gem. § 269 III 2 ZPO analog (vgl. Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 66, Rdnr. 18) die Kosten der Nebenintervention selbst tragen, wobei sich dieses Ergebnis hier aber auch bereits aus einer direkten Anwendung von § 101 I 2. HS ZPO ergibt.

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 S. 1 ZPO, 711, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

V. Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gemäß § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Nachdem das OLG Stuttgart mit seiner o.g. Entscheidung vom 22.10.2014 von der o.g. Entscheidung des OLG Hamm vom 07.12.2012, welche die Meinung der Klägerin vertritt, abgewichen war und deswegen die Revision zugelassen hatte, hat sich der BGH mit seinem o.g. Urteil vom 11.11.2015, also erst unlängst, mit den gegenläufigen Argumenten auseinandergesetzt und die Rechtsauffassung des OLG Stuttgart bestätigt. Dieser Entscheidung des BGH wird hier nun gefolgt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Endurteil, 16. Sept. 2016 - 10 U 4737/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Endurteil, 16. Sept. 2016 - 10 U 4737/15

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht München Endurteil, 16. Sept. 2016 - 10 U 4737/15 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 115 Direktanspruch


(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen, 1. wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder2.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 320 Berichtigung des Tatbestandes


(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung ein

Pflichtversicherungsgesetz - PflVG | § 6


(1) Wer ein Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen gebraucht oder den Gebrauch gestattet, obwohl für das Fahrzeug der nach § 1 erforderliche Haftpflichtversicherungsvertrag nicht oder nicht mehr besteht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Ja

Pflichtversicherungsgesetz - PflVG | § 12


(1) Wird durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein Personen- oder Sachschaden verursacht, so kann derjenige, dem wegen dieser Schäden Ersatzansprüche gegen den Halter, den Eigentümer oder den

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberlandesgericht München Endurteil, 16. Sept. 2016 - 10 U 4737/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Oberlandesgericht München Endurteil, 16. Sept. 2016 - 10 U 4737/15 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht München Endurteil, 16. Sept. 2016 - 10 U 4737/15

bei uns veröffentlicht am 16.09.2016

Gründe OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN Aktenzeichen: 10 U 4737/15 Im Namen des Volkes Verkündet am 16.09.2016 19 O 2558/13 LG München I Die Urkundsbeamtin … In dem Rechtsstreit … - Klägerin un

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Nov. 2015 - IV ZR 429/14

bei uns veröffentlicht am 11.11.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 429/14 Verkündet am: 11. November 2015 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VVG § 1;

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 22. Okt. 2014 - 3 U 36/14

bei uns veröffentlicht am 22.10.2014

Tenor 1. Auf die Berufung der Beklagten zu 4 hin wird das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 14.02.2014 (4 O 71/13 Hl) a b g e ä n d e r t. Die Klage wird bezüglich der Beklagten zu 4 a b g e w i e s e n.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht München Endurteil, 16. Sept. 2016 - 10 U 4737/15.

Oberlandesgericht München Endurteil, 16. Sept. 2016 - 10 U 4737/15

bei uns veröffentlicht am 16.09.2016

Gründe OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN Aktenzeichen: 10 U 4737/15 Im Namen des Volkes Verkündet am 16.09.2016 19 O 2558/13 LG München I Die Urkundsbeamtin … In dem Rechtsstreit … - Klägerin un

Referenzen

(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,

1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder
2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder
3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
Der Anspruch besteht im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen des § 117 Abs. 1 bis 4. Der Versicherer hat den Schadensersatz in Geld zu leisten. Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer haften als Gesamtschuldner.

(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 429/14 Verkündet am:
11. November 2015
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VVG § 1; FZV a.F. § 16 Abs. 2
Wird Haftpflichtversicherungsschutz für ein Fahrzeug mit einem Kurzzeitkennzeichen
durch den Versicherer in der Weise gewährt, dass im Versicherungsschein
ein namentlich benannter Halter aufgeführt ist, so ist die Versicherung
auf Fahrzeuge dieses Halters beschränkt.
BGH, Urteil vom 11. November 2015 - IV ZR 429/14 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die
mündliche Verhandlung vom 11. November 2015

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. Oktober 2014 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt aufgrund übergegangenen und abgetretenen Rechts Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalles, der sich im Oktober 2010 ereignete und an dem der Pkw eines bei ihr kaskoversicherten Versicherungsnehmers sowie die Fahrzeuge der Beklagten zu 1 und 3 beteiligt waren. Das Fahrzeug des Beklagten zu 1 war bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversichert; am Fahrzeug des Beklagten zu 3 waren Kurzzeitkennzeichen gemäß § 16 Abs. 2 FZV in der damals gültigen Fassung (im Folgenden FZV a.F.) angebracht, die auf die Beklagte zu 4 als Haftpflichtversicherer hinwiesen. Die Klägerin hat den ihrem Versicherungsnehmer entstandenen Schaden mit insgesamt 4.644,98 € reguliert; eine Forderung in Höhe weiterer 1.768,20 € (Selbstbeteiligung und Mietwagenkosten ) hat dieser an die Klägerin abgetreten. Diese Beträge hat die Klägerin mit der Klage geltend gemacht.

2
Im Revisionsverfahren streiten die Parteien nur noch darum, ob die Beklagte zu 4 Versicherungsschutz für das Fahrzeug des Beklagten zu 3 zu gewähren hat. Die Beklagte zu 4 verweigert diesen, weil der im Versicherungsschein und in der Zulassungsbescheinigung zu diesem Kurzzeitkennzeichen angegebene - vom Versicherungsnehmer personenverschiedene - Halter weder Halter noch Eigentümer des vom Beklagten zu 3 geführten unfallbeteiligten Fahrzeugs war. Auch hatte der Beklagte zu 3 das Fahrzeug nicht von dem angegebenen Halter erworben.
3
Das Landgericht hat die Beklagten gesamtschuldnerisch in Höhe von 5.737,02 € verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 4 auf deren Berufung hin abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist unbegründet.
5
I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in VersR 2015, 483 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, der im Versicherungsvertrag genannte Halter dürfe das im Vertrag genannte Kurzzeitkennzeichen nur an einem von ihm gehaltenen Fahrzeug anbringen und die Weitergabe des Kennzeichens an einen Dritten führe nicht dazu, dass der Versicherungsschutz aus dem Versicherungsvertrag für das Kurzzeitkennzeichen auf den Dritten übergehe oder auf ihn ausgedehnt werde.

6
Insoweit sei die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Oberlandesgerichts Stuttgart, nach der sich der Versicherungsschutz bei der Verwendung roter Kennzeichen für Kraftfahrzeughandel und -handwerk nicht auf Fahrzeuge erstrecke, die nie zum Bestand des Versicherungsnehmers gehört haben, auf das Kurzzeitkennzeichen gemäß § 16 Abs. 2 FZV a.F. übertragbar. Beide Kennzeichen dienten dem gleichen Zweck, die Möglichkeit zu eröffnen, dass der Halter ein in seiner Obhut oder seinem Verfügungsbereich befindliches Fahrzeug für den bestimmten Zweck einer Prüfungs-, Probe- oder Überführungsfahrt kurzfristig mit einem Kennzeichen versehen könne, ohne dass bei Abschluss des Versicherungsvertrages bereits feststehe, um welches konkrete Fahrzeug es sich handele. Das setze einen Bezug des Halters zum Fahrzeug voraus. Dem Versicherungsnehmer und Halter sei daher auch im Fall des Kurzzeitkennzeichens nach § 16 Abs. 2 FZV a.F. klar, dass nur die Fahrzeuge des nach dem Vertrag vorgesehenen Halters vom Vertrag erfasst sein sollen.
7
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
8
1. Der Gegenstand des versicherten Risikos ergibt sich aus den Vereinbarungen der Parteien im Versicherungsvertrag. Diesen hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin ausgelegt, dass die Beklagte zu 4 Versicherungsschutz nur für ein Fahrzeug des im Versicherungsschein angegebenen Halters übernommen hat.
9

a) In dem Versicherungsschein ist ausdrücklich ein namentlich benannter Halter aufgeführt.Der Wortlaut regelt danach eindeutig, dass die Versicherung für eine ganz bestimmte Person, nämlich diesen Halter, genommen ist, so dass die noch vorzunehmende Konkretisierung auf ein bestimmtes Fahrzeug insoweit auf Fahrzeuge dieses Halters beschränkt war. Anderes ergibt sich nicht daraus, dass bei den Fahrzeugdaten das Wort "Universal" eingetragen worden ist. Daraus ist nur zu schließen, dass Versicherungsnehmer und Halter bei der Auswahl des versicherten Fahrzeugs keinen Beschränkungen hinsichtlich der Fahrzeugart (Pkw, Lkw, Anhänger) unterlagen.
10
b) Gegen diesen Wortlaut sprechende Umstände ergeben sich weder aus dem Sinn und Zweck der abgeschlossenen Versicherung noch der Interessenlage der Vertragsparteien oder sonstigen Umständen.
11
Der für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbare Sinn und Zweck der Haftpflichtversicherung für mit einem Kurzzeitkennzeichen versehene Fahrzeuge besteht darin, den nach § 1 PflVG gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungsschutz für privilegierte Fahrten mit nicht zugelassenen Fahrzeugen im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 FZV a.F. zu gewährleisten. Dem steht es nicht entgegen, wenn die hierfür abgeschlossene Versicherung auf die Fahrzeuge eines bestimmten Halters beschränkt wird. Da die Ausgabe eines Kurzzeitkennzeichens gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 FZV a.F. einen vorhandenen Bedarf voraussetzt, der von der Zulassungsbehörde vor der Zuteilung eines Kurzzeitkennzeichens zu überprüfen ist (Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 43. Aufl. § 16 FZV Rn. 3 a.E.), steht bereits zu diesem Zeitpunkt fest, wer das Kurzzeitkennzeichen zur Durchführung einer privilegierten Fahrt benötigt, so dass es einer Versicherung für einen unbe- stimmten Personenkreis nicht bedarf, zumal auch der Zulassungsbehörde gemäß § 16 Abs. 4 FZV a.F. ein konkreter Halter zu benennen ist.
12
Auf der anderen Seite besteht im Hinblick auf einen offenbar verbreiteten Handel mit Kurzzeitkennzeichen und die damit verbundene Missbrauchs- und Betrugsgefahr (vgl. dazu Thiemer, NZV 2009, 587; Blum, SVR 2009, 126) ein berechtigtes Interesse des Versicherers daran , Deckung nur für solche Halter zu gewähren, die in diesem Zusammenhang noch nicht auffällig geworden sind. Entgegenstehende Interessen des Versicherungsnehmers sind nicht erkennbar. Ebenso wenig erfordert der Schutzzweck des § 3 PflVG eine Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf andere Personen als den angegebenen Halter. Die Interessen von unfallgeschädigten Dritten bei fehlendem Versicherungsschutz sind durch die Regelung des § 12 PflVG hinreichend gewahrt.
13
Auch der Charakter des Kurzzeitkennzeichens spricht nicht gegen eine wortlautgetreue Auslegung des Versicherungsscheins dahin, dass mit der darin erfolgten Angabe eines konkreten Halters Versicherungsschutz nur für dessen Fahrzeuge übernommen wird. Die gegenteilige Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm (r+s 2013, 325 Rn. 21) verkennt , dass die Begrenzung der zulässigen Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges auf die Dauer von fünf Tagen und auf bestimmte privilegierte Fahrten einem darüber hinaus persönlich begrenzten Versicherungsschutz nicht entgegensteht.
14
2. Zu Unrecht beruft sich die Revision darauf, dass der Empfänger eines Kurzzeitkennzeichens nach der Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts das mit diesem Kennzeichen ausgerüstete Fahrzeug erst vor Antritt der ersten Fahrt konkretisieren müsse und in- soweit das Kennzeichen grundsätzlich auch Dritten zum privilegierten Gebrauch überlassen dürfe. Diese Rechtsprechung (BayObLG NZV 2003, 147 unter II 2 und NZV 1995, 458 unter III 3 a) ist - unabhängig davon, ob ihr zu folgen wäre - schon nicht einschlägig, weil sie ausschließlich die Verwendung roter Kennzeichen zum Gegenstand hat.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 14.02.2014- 4 O 71/13 Hl -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 22.10.2014- 3 U 36/14 -

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten zu 4 hin wird das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 14.02.2014 (4 O 71/13 Hl)

a b g e ä n d e r t.

Die Klage wird bezüglich der Beklagten zu 4

a b g e w i e s e n.

2. Von den Gerichtskosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin 1/10, die Beklagten zu 1, 2 und 3 3/10 und der Beklagte zu 3 weitere 6/10 alleine.

Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 2/3 und die Beklagten zu 1 und 2 1/3.

Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren tragen die Beklagten zu 1, 2 und 3 3/10 und der Beklagte zu 3 weitere 6/10 alleine. Die Klägerin trägt 7/10 der außergerichtlichen Kosten der Beklagte zu 1 und 2 sowie 1/10 der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3 und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 4 ganz.

Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren tragen die Beklagten zu 1 und 2 1/3. Die Klägerin trägt im Berufungsverfahren von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 und 2 2/3 und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 4 ganz.

Im Übrigen tragen die Parteien in beiden Instanzen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin und die Beklagten können die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei Sicherheit von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Berufungsstreitwert: 5.737,02 EUR

Gründe

 
I.
Die Klägerin fordert u.a. von der Beklagten zu 4 Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall am 03.10.2010. Hinsichtlich des Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf das angefochtene landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
An dem mittleren am Unfall beteiligten VW Touran des Beklagten zu 3 war das Kurzzeitkennzeichen N-0 angebracht, welches auf die Beklagte zu 4 als Haftpflichtversicherer hinwies. Der Beklagte zu 3 erwarb sein Fahrzeug nicht von dem im „Versicherungsschein“ (Bildschirmausdruck) und in der Zulassungsbescheinigung zu diesem Kurzzeitkennzeichen als Halter angegebenen A. A war weder Halter, Eigentümer oder Lenker des am Unfall beteiligten Fahrzeugs des Beklagten zu 3.
Das Landgericht hat die Beklagte zu 4 zur Zahlung des am klägerischen Fahrzeugs entstandenen Schadens verurteilt, weil ein mit einem Kurzzeitkennzeichen in Betrieb gesetztes Fahrzeug auch bei Weitergabe des Kennzeichens an einen Dritten vom Versicherungsvertrag über das Kurzzeitkennzeichen erfasst sei. Für die Haftung im Außenverhältnis sei alleine das Bestehen eines Versicherungsvertrages maßgeblich. Im Übrigen könne sich die Beklagte zu 4 nicht auf einen fehlenden Versicherungsschutz berufen, wenn das Kennzeichen wie hier online erworben worden sei, weil durch diese Art des Vertriebs erst recht erhöhte Risiken der unberechtigten Weitergabe bestehen würden.
Die Beklagte zu 4 ist der Auffassung, im Unfallzeitpunkt habe für das Fahrzeug des Beklagten zu 3 kein Versicherungsschutz ihrerseits bestanden. Das am Fahrzeug des Beklagten zu 3 angebrachte Kurzzeitkennzeichen sei auf einen anderen Halter zugelassen und ohne ihr Wissen weiterverkauft worden.
Die Beklagte zu 4 beantragt:
Unter Abänderung des am 14.02.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Heilbronn, Az. 4 O 71/13 HI, wird die Klage gegen die Beklagte 4 abgewiesen.
Die Klägerin beantragt:
Zurückweisung der Berufung.
Die Klägerin ist der Auffassung, die für das „rote Kennzeichen“ entwickelte Rechtsprechung sei nicht auf das „Kurzzeitkennzeichen“ übertragbar. Die Beklagte zu 4 vertreibe das Kurzzeitkennzeichen online ohne ausreichende Sicherungen gegen Missbrauch. Komme daher Missbrauch mit Kurzzeitkennzeichen vor, für die sie Versicherungen eingegangen sei, müsse sie sich die Folgen zurechnen lassen, wenn sie einen entsprechenden Verdacht habe.
10 
Die Klägerin hat mit den Beklagten zu 1 und 2 am 13.10.2014 einen Vergleich zur Abgeltung ihrer gegen diese gerichteten streitgegenständlichen Ansprüche geschlossen, wobei sich die Beklagten zu 1 und 2 verpflichtet haben, an die Klägerin 1.912,34 EUR zzgl. Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.06.2011 zu bezahlen. Das entspricht einem Drittel der Klageforderung, wie sie in erster Instanz zugesprochen wurde. Der Beklagte zu 3 ist vom Landgericht mit dem Urteil vom 14.02.2014 rechtskräftig zur Zahlung von 5.737,02 EUR verurteilt worden.
11 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze jeweils mit Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2014 (Bl. 153 d.A.) Bezug genommen.
II.
12 
Die zulässige Berufung der Beklagten zu 4 ist begründet.
13 
Entgegen der Auffassung des Landgerichts besteht keine Haftung der Beklagten zu 4 für die Folgen des Unfalls vom 03.10.2010 gemäß §§ 18,17 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, § 1 ff PflVG, weil sie für den Beklagten zu 3 im Zusammenhang mit dem Führen des VW Touran keinen Versicherungsschutz gewährte. Die Weitergabe des Kurzzeitkennzeichens N-0 an den Beklagten zu 3 hatte nicht zur Folge, dass der Versicherungsschutz aus dem vom Versicherungsnehmer P für den im Versicherungsschein und in der Zulassungsbescheinigung genannten Halter A mit der Beklagten zu 4 abgeschlossenen Versicherungsvertrag für dieses Kurzzeitkennzeichen auf den Beklagten zu 3 übergeht. Weder liegt ein Verkauf des VW Touran durch den A an den Beklagten zu 3 mit der Folge eines Übergangs des Versicherungsschutzes nach §§ 95, 122 VVG vor, noch hat die Beklagte zu 4 einem Eintritt des Beklagten zu 3 in den Versicherungsvertrag und/oder den Versicherungsschutz zugestimmt.
1.
14 
Auf der Grundlage des Versicherungsscheins ist davon auszugehen, dass der sich auf dieses Kennzeichen beziehende Haftpflichtversicherungsvertrag zwischen dem P und der Beklagten zu 4 zustande gekommen ist.
a)
15 
Aus dem von der Beklagten 4 vorgelegten Versicherungsschein in Form eines Bildschirmausdrucks für die Kfz-Haftpflichtversicherung Serie X eVB-Nr. Y (Bl. 58 d. A.) ergibt sich, dass als Halter ein A, und als Versicherungsnehmer ein P angegeben ist. In der Rubrik „Fahrzeugdaten“ wird angegeben: „universal“. Die Nummer des Kennzeichens ist N-0. Die Laufzeit betrug 5 Tage für Fahrten mit ungestempelten Kennzeichen und Vorliegen der grünen Karte. Beginn des Versicherungsschutzes war der 01.10.2010 und das Ende der 05.10.2010. Der VW Touran des Beklagten 3 war unstreitig im Zeitpunkt des Unfalls mit dem Kennzeichen N-0 versehen.
b)
16 
Zwar bestreitet die Klägerin, dass zwischen der Beklagten zu 4 und dem P ausdrücklich vereinbart worden sei, dass der Vertrag für einen A als Halter eines Kfz habe gelten sollen. Dieses Bestreiten mit Nichtwissen ist für die Klägerin möglich. Allerdings legt die Beklagte zu 4 den Versicherungsschein vor. Für eine Manipulation des vorgelegten Versicherungsscheins durch die Beklagte zu 4 fehlen die Anhaltspunkte. Solche trägt die Klägerin auch nicht vor. Für den Abschluss des Haftpflichtversicherungsvertrages gemäß der Angaben im Versicherungsschein spricht auch, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagte zu 4 in der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2014 unwidersprochen vorgetragen hat, dass A in der Zulassungsbescheinigung zu diesem Kennzeichen als Halter eingetragen worden sei.
2.
17 
Entgegen der Auffassung des Landgericht, welche sich auf das Urteil des OLG Hamm, NJW 2013, 1248 stützt (ebenso LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 14.03.2012 - 8 S 6486/11), hat die von der Beklagten zu 4 behauptete Weitergabe des Kurzzeit-Kennzeichens an den Beklagten zu 3 nicht dazu geführt, dass der Versicherungsschutz auf den Beklagten zu 3 übergegangen oder auf ihn ausgedehnt worden ist.
18 
Zweck des Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsvertrages ist es, dem Versicherungsnehmer Schutz vor unberechtigten und die Freistellung von berechtigten Haftpflichtansprüchen zu gewähren, die aus dem Gebrauch von Fahrzeugen entstehen können (BGH MDR 2007, 216, juris Rn. 12).
a)
19 
Nach den AKB der Beklagten zu 4 vom 01.01.2010 besteht bei einem Haftpflichtversicherungsvertrag für ein Kurzzeitkennzeichen nach Abschnitt A.2 Versicherungsschutz für den Versicherungsnehmer und für folgende Personen (mitversicherte Personen):
20 
a. den Halter des Fahrzeugs,
b. den Eigentümer des Fahrzeugs,
c. den Fahrer des Fahrzeugs.
21 
Dabei können sich Ansprüche nach § 7 Abs. 1 StVG nur gegen den Halter i. S. d. § 7 Abs. 1 StVG richten. Insoweit ist der Halterbegriff im StVG entgegen der Auffassung des OLG Hamm, NJW 2013, 1248 einheitlich. Wenn daher in §§ 31 ff. StVG vom Halter des Fahrzeugs die Rede ist, ist der Halter gemäß § 7 Abs. 1 StVG gemeint. Halter ist demnach nicht, wer im Fahrzeugschein steht, sondern wer das Kfz im eigenen Namen nicht nur ganz vorübergehend für eigene Rechnung in Gebrauch hat und der die Verfügungsgewalt über das Kfz ausübt, also Anlass, Zeit und Zeitpunkt der Fahrt selbst bestimmen kann (BGH NJW 92, 900; Burmann in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl. 2014, § 7 StVG Rn. 5). Es ist folglich nicht möglich, ein halterloses Fahrzeug im Verkehr zu bewegen. Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, wer noch oder schon Halter ist, wenn das Fahrzeug mit dem Kurzzeitkennzeichen gemäß § 16 Abs. 1 FZV geprüft, erprobt oder überführt wird. Entweder wird das noch der Verkäufer oder schon der Käufer sein, weil beim Verkauf eines Kfz’s der Erwerber mit der Übergabe Halter wird (vgl. Burmann in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl. 2014, § 7 StVG Rn. 5). Entsprechendes gilt für den Begriff des „Halters“ nach Abschnitt A 2 der AKB der Beklagten zu 4. Auch insoweit ist der Halter i.S.v. § 7 Abs. 1 StVG gemeint.
22 
Nachdem im vorliegenden Haftpflichtversicherungsvertrag als Halter der A genannt wird, bezieht sich das im Versicherungsschein in Bezug genommene Kurzzeitkennzeichen N-0 auf den A. Dieser darf daher das Kurzzeitkennzeichen an einem von ihm gehaltenen Fahrzeug anbringen. Dieses Fahrzeug ist noch nicht näher bestimmt, wie die Angabe „universal“ im Versicherungsschein unter der Rubrik „Fahrzeugdaten“ zeigt. Erst durch die Eintragung des konkreten Fahrzeugs, an dem das Kurzzeitkennzeichen angebracht werden soll, auf Seite 2 des Fahrzeugscheins für Fahrzeuge mit Kurzzeitkennzeichen (Anl. 9 zu § 16 Abs. 2 Satz 1 FZV) durch den Halter bezieht sich der Versicherungsvertrag mit der Beklagten zu 4 auf dieses Fahrzeug.
b)
23 
Im vorliegenden Fall erstreckte sich der Versicherungsschutz aus dem Versicherungsvertrag zwischen der Beklagten zu 4 und dem P nicht auf den am Unfall beteiligten VW Touran des Beklagten zu 3, an dem das Kurzzeitkennzeichen N-0 angebracht war, weil der A unstreitig weder Halter, Eigentümer oder Lenker dieses VW Touran im Zeitpunkt des Unfalls war.
c)
24 
Aus dem Vortrag der Klägerin ist nicht zu entnehmen, dass der Versicherungsschutz aus dem Versicherungsvertrag zwischen der Beklagten zu 4 und dem P auf den Beklagten zu 3 vor dem Unfall übergegangen ist.
aa)
25 
Der Versicherungsschutz ist nicht gemäß §§ 95, 122 VVG auf den Beklagten zu 3 übergegangen. Von der Klägerin wurde nicht vorgetragen und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass der Beklagte 3 den von ihm gesteuerten VW Touran von A oder gegebenenfalls auch von P erworben hat.
bb)
26 
Allein die Weitergabe des Kurzzeit-Kennzeichens an den Beklagten zu 3 durch den P, so wie von der Beklagten 4 behauptet, erweitert den Versicherungsschutz nicht auf den Beklagten zu 3.
27 
Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erschließt sich nicht, dass sich der Versicherungsschutz allein infolge der Kennzeichenklausel auch auf Fahrzeuge erstrecken soll, die nie zu seinem Bestand gehört haben, sondern lediglich infolge des eigenmächtigen Verhaltens eines Dritten, etwa auch eines Kennzeichen-Diebes, mit rotem Kennzeichen versehen sind, die die Kraftfahrzeugzulassungsstelle dem Versicherungsnehmer zugeteilt hat. Eine Erstreckung des Versicherungsschutzes auf solche Fahrzeuge entspricht daher nicht seinem rechtlichen Interesse und auch nicht dem des Versicherers (BGH MDR 2007, 216, juris-Rn. 17). Das rote Kennzeichen muss vielmehr unter Umständen angebracht worden sein, die mit dem Betriebszweck des Handelsgeschäfts des Versicherungsnehmers und mit dem Willen des Betriebsinhabers, innerhalb dieses Betriebszwecks zu handeln, in irgendeiner Beziehung stehen (OLG Stuttgart VersR 2001, 1375, juris Rn. 2).
28 
Diese Rechtsprechung des BGH und des OLG Stuttgart, die zu den roten Kennzeichen für den Kraftfahrzeug-Handel und -Handwerk gemäß § 16 Abs. 3 FZV ergangen ist, ist auf das Kurzzeitkennzeichen gemäß § 16 Abs. 2 FZV übertragbar. Denn der Zweck beider Kennzeichen ist der gleiche. Beide sollen die Möglichkeit eröffnen, dass der Halter ein in seiner Obhut bzw. in seinem Verfügungsbereich befindliches Kraftfahrzeug für den bestimmten Zweck der Prüfungs-, Probe- oder Überführungsfahrt kurzfristig mit einem Kennzeichen versehen kann, ohne dass bei Abschluss des Versicherungsvertrages bereits feststeht, um welches konkrete Fahrzeug es sich handelt. Dabei ist jeweils Voraussetzung, dass ein Bezug des Halters zu dem Fahrzeug besteht. Das ist beim roten Kennzeichen nach § 16 Abs. 3 FZV die vorübergehende Verfügungsgewalt oder zumindest Obhut des Kfz-Händlers-Handwerkers und beim Kurzzeitkennzeichen nach § 16 Abs. 2 FZV die Haltereigenschaft. Auch im Fall des Kurzzeitkennzeichens nach § 16 Abs. 2 FZV ist dem Versicherungsnehmer und dem Halter klar, dass nur die Fahrzeuge des nach dem Vertrag vorgesehenen Halters vom Vertrag erfasst sein und nur diese ein entsprechendes Kurzzeitkennzeichen bekommen sollen. Die Unterschiede zwischen dem roten Kennzeichen zur wiederkehrenden Benutzung nach § 16 Abs. 3 FZV, dem roten Kennzeichen und dem Kurzzeitkennzeichen nach § 16 Abs. 2 FZV betreffen die verwaltungstechnische Abwicklung des Zulassungsverfahrens. Dabei verbleibt das Eigentum beim roten Kennzeichen bei der Zulassungsbehörde, so dass es zurückgegeben werden muss, was immer wieder Probleme bereitet, während das Kurzzeitkennzeichen im Eigentum des Empfängers dieses Kennzeichen steht (vgl. hierzu Blum, Der Missbrauch von Kurzzeitkennzeichen in www.praxisverkehrsrecht.de).
29 
Im vorliegenden Fall war der nach dem Versicherungsvertrag vorgesehene Halter der A. Diesem und dem P als Versicherungsnehmer der Beklagten zu 4 war daher bewusst, dass sie das Kennzeichen nicht an einen Dritten, also hier dem Beklagten zu 3, weitergeben durfte, ohne dass die Beklagte 4 dem zugestimmt hat. Folglich erstreckt sich der Versicherungsschutz allein durch die Weitergabe des Kurzzeit-Kennzeichens nicht auf den Beklagten zu 3.
30 
Die Klägerin hat zwar bestritten, dass der P nach Zulassung eines Fahrzeugs auf A die Kennzeichen und die Zulassungsbescheinigung an den Beklagten zu 3 verkauft und übergeben habe. Ferner hat sie bestritten, dass P in einigen Fällen, wie auch im streitgegenständlichen Fall, Kennzeichen in seiner „Schilderbude“ rechtswidrig weiterverkauft habe. Die Klägerin trägt im Übrigen nicht vor, wie der Beklagten zu 3 sonst in den Besitz des Kurzzeitkennzeichens N-0 gekommen sein soll. Darauf kommt es aber nicht an, weil die im Hinblick auf die Erstreckung des Versicherungsschutzes auf den Beklagten zu 3 darlegungs- und beweispflichtige Klägerin nicht vorgetragen hat, dass irgendein Bezug des A oder des P zu dem mit dem Kurzzeitkennzeichen versehenen VW Touran des Beklagten zu 3 bestand. Ein solcher Bezug ist auch sonst nicht ersichtlich.
31 
Aus dem im Versicherungsschein in der Rubrik Fahrzeugdaten eingetragenen Wort „universal“ ergibt sich ebenfalls kein Übergang des Versicherungsschutzes auf den Beklagten zu 3. Damit ist vor dem Hintergrund der Angabe des A als Halter nicht irgendein Fahrzeug gemeint, sondern ein Fahrzeug, dessen Halter der A ist oder zum Beispiel durch Kauf noch werden wird. Das Wort „universal“ bezieht sich dabei auf die Fahrzeugklasse wie Personen- oder Lastkraftwagen, für die jeweils eine bestimmte Prämie von der Beklagten zu 4 bei Abschluss des Versicherungsvertrages verlangt wird. Insoweit hat die Beklagte zu 4 nachvollziehbar und glaubhaft vorgetragen, dass die Angabe „universal“ bedeute, der Versicherungsvertrag betreffe jedes Kraftfahrzeug, an das ein Kurzzeitkennzeichen angebracht werden könne und gebe daher dem Halter die größtmögliche Flexibilität. Dafür werde dann auch die höchste Prämie fällig.
(3)
32 
Die Klägerin trägt nicht vor, dass die Beklagte zu 4 mit der Weitergabe des streitgegenständlichen Kurzzeitkennzeichens an den Beklagten zu 3 einverstanden gewesen ist.
d)
33 
Der Umstand, dass die Beklagte zu 4 die streitgegenständliche Versicherung über das Internet vertrieben hat, hat keine Auswirkungen auf die rechtliche Wertung, ob ein Versicherungsschutz aus dem Vertrag der Beklagten zu 4 mit dem P für den Beklagten zu 3 besteht oder nicht. Dabei mag das Verfahren über das Internet größere Möglichkeiten des Missbrauchs bieten. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Weitergabe des Kurzzeitkennzeichens durch den Versicherungsnehmer an Dritte so nicht vertraglich vorgesehen und daher nicht gestattet ist. Folglich hat der Umstand, dass der Vertrag unter Zuhilfenahme des Internets und damit im Fernabsatz zustande kommt, keine Auswirkungen auf den materiellen Inhalt des Vertragsverhältnisses.
3.
34 
Soweit die Klägerin ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten zu 4 im Zuge des Anbietens entsprechender Versicherungen über das Internet sieht, müsste sie einen entsprechenden Rechtsverstoß gemäß § 823 Abs. 1 BGB darlegen und das Verschulden der Beklagten zu 4 beweisen. Der bisherige Vortrag der Klägerin reicht hierzu nicht aus. Insbesondere trägt die Klägerin nicht vor, dass die Beklagte zu 4 bereits vor der - wie auch immer - erfolgten Weitergabe des Kurzzeitkennzeichens durch den P und/oder den A an den Beklagten zu 3 von derartigen Praktiken Kenntnis hatte und trotzdem weiter entsprechende Vertragsangebote des P akzeptierte. Allein der Umstand, dass es in der Vergangenheit immer wieder unzulässige Weitergaben von Kurzzeitkennzeichen im Zusammenhang mit Versicherungsverträgen der Beklagten zu 4 mit anderen Versicherungsnehmern gegeben haben soll, begründet noch kein schuldhaftes Verhalten der Beklagten zu 4.
III.
35 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO. Die Revision war im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des OLG Hamm, NJW 2013, 1248, die einen vergleichbaren Fall betraf, an dem auch die Beklagten zu 4 beteiligt war, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen.

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.

(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.

(1) Wird durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein Personen- oder Sachschaden verursacht, so kann derjenige, dem wegen dieser Schäden Ersatzansprüche gegen den Halter, den Eigentümer oder den Fahrer des Fahrzeugs zustehen, diese Ersatzansprüche auch gegen den "Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen" (Entschädigungsfonds) geltend machen,

1.
wenn das Fahrzeug, durch dessen Gebrauch der Schaden verursacht worden ist, nicht ermittelt werden kann,
2.
wenn die auf Grund eines Gesetzes erforderliche Haftpflichtversicherung zugunsten des Halters, des Eigentümers und des Fahrers des Fahrzeugs nicht besteht,
2a.
wenn der Halter des Fahrzeugs nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 oder nach einer in Umsetzung des Artikels 5 Absatz 2 der Richtlinie 2009/103/EG erlassenen Bestimmung eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union von der Versicherungspflicht befreit ist,
3.
wenn für den Schaden, der durch den Gebrauch des ermittelten oder nicht ermittelten Fahrzeugs verursacht worden ist, eine Haftpflichtversicherung deswegen keine Deckung gewährt oder gewähren würde, weil der Ersatzpflichtige den Eintritt der Tatsache, für die er dem Ersatzberechtigten verantwortlich ist, vorsätzlich und widerrechtlich herbeigeführt hat,
4.
wenn die Versicherungsaufsichtsbehörde den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des leistungspflichtigen Versicherers stellt oder, sofern der Versicherer seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, von der zuständigen Aufsichtsbehörde eine vergleichbare Maßnahme ergriffen wird.
Das gilt nur, soweit der Ersatzberechtigte in den Fällen der Nummern 1 bis 3 glaubhaft macht, dass er weder von dem Halter, dem Eigentümer oder dem Fahrer des Fahrzeugs noch in allen Fällen nach Satz 1 von einem Schadensversicherer oder einem Verband von im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Haftpflichtversicherern Ersatz seines Schadens zu erlangen vermag. Die Leistungspflicht des Entschädigungsfonds entfällt, soweit der Ersatzberechtigte in der Lage ist, Ersatz seines Schadens nach den Vorschriften über die Amtspflichtverletzung zu erlangen, oder soweit der Schaden durch Leistungen eines Sozialversicherungsträgers, durch Fortzahlung von Dienst- oder Amtsbezügen, Vergütung oder Lohn oder durch Gewährung von Versorgungsbezügen ausgeglichen wird. Im Falle einer fahrlässigen Amtspflichtverletzung geht abweichend von § 839 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches die Ersatzpflicht auf Grund der Vorschriften über die Amtspflichtverletzung der Leistungspflicht des Entschädigungsfonds vor. Die Leistungspflicht des Entschädigungsfonds entfällt ferner bei Ansprüchen wegen der Beschädigung von Einrichtungen des Bahn-, Luft- und Straßenverkehrs sowie des Verkehrs auf Binnenwasserstraßen einschließlich der mit diesen Einrichtungen verbundenen Sachen, sowie wegen der Beschädigung von Einrichtungen der Energieversorgung oder der Telekommunikation.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 können gegen den Entschädigungsfonds Ansprüche nach § 253 Abs. 2 BGB nur geltend gemacht werden, wenn und soweit die Leistung einer Entschädigung wegen der besonderen Schwere der Verletzung zur Vermeidung einer groben Unbilligkeit erforderlich ist. Für Sachschäden beschränkt sich in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 die Leistungspflicht des Entschädigungsfonds auf den Betrag, der 500 Euro übersteigt. Ansprüche auf Ersatz von Sachschäden am Fahrzeug des Ersatzberechtigten können darüber hinaus in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 nur geltend gemacht werden, wenn der Entschädigungsfonds auf Grund desselben Ereignisses zur Leistung einer Entschädigung wegen der Tötung einer Person oder der erheblichen Verletzung des Körpers oder der Gesundheit des Ersatzberechtigten oder eines Fahrzeuginsassen des Fahrzeugs verpflichtet ist.

(3) Der Anspruch des Ersatzberechtigten gegen den Entschädigungsfonds verjährt in drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Ersatzberechtigte von dem Schaden und von den Umständen Kenntnis erlangt, aus denen sich ergibt, daß er seinen Ersatzanspruch gegen den Entschädigungsfonds geltend machen kann. Ist der Anspruch des Ersatzberechtigten bei dem Entschädigungsfonds angemeldet worden, so ist die Verjährung bis zum Eingang der schriftlichen Entscheidung des Entschädigungsfonds und, wenn die Schiedsstelle (§ 14 Nr. 3) angerufen worden ist, des Einigungsvorschlags der Schiedsstelle gehemmt. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 wird die gegenüber dem leistungspflichtigen Versicherer verstrichene Verjährungsfrist eingerechnet.

(4) Im übrigen bestimmen sich Voraussetzungen und Umfang der Leistungspflicht des Entschädigungsfonds sowie die Pflichten des Ersatzberechtigten gegenüber dem Entschädigungsfonds nach den Vorschriften, die bei Bestehen einer auf Grund dieses Gesetzes abgeschlossenen Haftpflichtversicherung für das Verhältnis zwischen dem Versicherer und dem Dritten in dem Falle gelten, daß der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber von der Verpflichtung zur Leistung frei ist. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 bestimmt sich die Leistungspflicht des Entschädigungsfonds nach der vereinbarten Versicherungssumme; sie beträgt maximal das Dreifache der gesetzlichen Mindestversicherungssumme. In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 haben der Halter, der Eigentümer und der Fahrer des Fahrzeugs gegenüber dem Entschädigungsfonds die einen Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalls gegenüber dem Versicherer treffenden Verpflichtungen zu erfüllen.

(5) Der Entschädigungsfonds kann von den Personen, für deren Schadensersatzverpflichtungen er nach Absatz 1 einzutreten hat, wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen.

(6) Der Ersatzanspruch des Ersatzberechtigten gegen den Halter, den Eigentümer und den Fahrer des Fahrzeugs sowie ein Ersatzanspruch, der dem Ersatzberechtigten oder dem Halter, dem Eigentümer oder dem Fahrer des Fahrzeugs gegen einen sonstigen Ersatzpflichtigen zusteht, gehen auf den Entschädigungsfonds über, soweit dieser dem Ersatzberechtigten den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Ersatzberechtigten geltend gemacht werden. Gibt der Ersatzberechtigte seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung des Anspruchs dienendes Recht auf, so entfällt die Leistungspflicht des Entschädigungsfonds insoweit, als er aus dem Anspruch oder dem Recht hätte Ersatz erlangen können. Soweit der Entschädigungsfonds Ersatzansprüche nach Absatz 1 Nr. 4 befriedigt, sind dessen Ersatzansprüche gegenüber dem Versicherungsnehmer und mitversicherten Personen auf je 2.500 Euro beschränkt. Die Beschränkung der Ersatzansprüche gilt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 auch für diejenigen Ansprüche gegen den Versicherungsnehmer und die mitversicherte Person, soweit eine Leistungspflicht des Entschädigungsfonds nach Absatz 1 Satz 2 und 3 entfällt. Machen mehrere Berechtigte Ersatzansprüche geltend, sind diese Ersatzansprüche gegenüber dem Versicherungsnehmer auf insgesamt 2 500 Euro und gegenüber mitversicherten Personen ebenfalls auf insgesamt 2 500 Euro beschränkt; die Auszahlung erfolgt nach dem Verhältnis der Beträge.

(7) Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 sind der Versicherer und sein nach § 8 Abs. 2 Satz 1 bestellter Vertreter, der vorläufige Insolvenzverwalter ebenso wie der Insolvenzverwalter (§ 22 Abs. 1 Satz 1, § 56 der Insolvenzordnung), der von der Aufsichtsbehörde bestellte Sonderbeauftragte sowie alle Personen, die mit der Verwaltung der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsverträge einschließlich der Regulierung der diesen Verträgen zuzurechnenden Schadensfälle betraut sind, verpflichtet, dem Entschädigungsfonds die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen, die benötigten Unterlagen zu überlassen und ihn bei der Abwicklung zu unterstützen.

(1) Wer ein Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen gebraucht oder den Gebrauch gestattet, obwohl für das Fahrzeug der nach § 1 erforderliche Haftpflichtversicherungsvertrag nicht oder nicht mehr besteht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen.

(3) Ist die Tat vorsätzlich begangen worden, so kann das Fahrzeug eingezogen werden, wenn es dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Entscheidung gehört.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.