Oberlandesgericht Koblenz Urteil, 22. Mai 2014 - 2 U 574/12

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2014:0522.2U574.12.0A
bei uns veröffentlicht am22.05.2014

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Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Mainz vom 20.04.2012,  Az. 4 O 292/09, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.140.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die klagende Berufsgenossenschaft nimmt den Beklagten im Wege der Leistungs- und Feststellungsklage auf Ersatz der Aufwendungen in Anspruch, die ihr als Sozialversicherungsträger durch einen Arbeitsunfall ihres Versicherten, des Zeugen und Geschädigten ...[A], vom 21.11.2002 entstanden sind.

2

Der Geschädigte war bei der Fa. ...[B] GmbH & Co. KG (Firma ...[B]) als Zimmermann angestellt. Zusammen mit seinem Arbeitskollegen, dem Zeugen ...[C], war er am Unfalltag auf dem Kasernengelände der britischen ...[D] in ...[Z] im Zusammenhang mit dem Neubau eines Kantinengebäudes mit Holzverlegearbeiten an der Dachkonstruktion beschäftigt. Die Arbeiten wurden im Auftrag des öffentlich-rechtlichen Bauherrn von der Firma ...[E] durchgeführt, die von der Firma ...[B] mit Holzbauteilen beliefert wurde. Verantwortlicher der Firma ...[E] auf der Baustelle war der Beklagte, ein Zimmermannsmeister, dessen Funktion im Einzelnen zwischen den Parteien umstritten ist. Da die Firma ...[E] zu dieser Zeit nicht über ausreichend Personal verfügte, überließ ihr die Firma ...[B] ihre Angestellten ...[A] und ...[C] als Arbeitnehmer.

3

Der Geschädigte ...[A] verlegte gegen 15.25 Uhr zusammen mit dem Zeugen ...[C] auf dem Dach des Neubaus 14 m lange Leimbinderplatten auf Sparren. Unterhalb der noch unfertigen Dachkonstruktion, auf der die Zeugen ...[A] und ...[C] zu dieser Zeit arbeiteten, befand sich ein abgemauerter Bereich, der später den Toilettentrakt der Kantine bilden sollte. Die Platten wurden mit dem Kran zunächst quer über drei Leimbindersparren gelegt und sodann von den beiden Zeugen parallel und bündig zum Traufelement gezogen. Innerhalb des abgemauerten Bereiches war eine Zwischendecke eingezogen, so dass hier eine maximale Absturzhöhe zwischen 2 und 3 m bestand. Außerhalb des ummauerten Bereiches betrug die Absturzhöhe 5,50 m. Bei der Durchführung der vorbeschriebenen Verlegearbeiten stand der Zeuge ...[A] auf der etwa 36 cm breiten Mauer des abgemauerten Trakts. Der Beklagte befand sich zu diesem Zeitpunkt etwa 10 bis 15 m von der Unfallstelle entfernt. Er verrichtete dort Schweißarbeiten, wobei zwischen den Parteien umstritten ist, ob und inwieweit er Sichtkontakt zu dem Zeugen ...[A] hatte oder haben konnte.

4

Beim Heranziehen einer Leimbinderplatte mittels eines Zimmermannhammers verlor der Zeuge ...[A] das Gleichgewicht und stürzte von der Mauer. Dabei fiel er 5,50 m tief auf den Betonboden außerhalb des ummauerten Bereichs und zog er sich schwerste, von der Klägerin näher dargelegte, Schädel- und Wirbelsäulenverletzungen zu. Der Zeuge ...[A] ist seither querschnittsgelähmt, leidet an vollständiger Blasen- und Mastdarmentleerungsstörung, hat seinen Geruchs- und Geschmackssinn verloren und leidet an einem hirnorganischen Psychosyndrom. Er kann seinen erlernten Beruf als Zimmermann nicht mehr ausüben und erhält von der Deutschen Rentenversicherung Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Klägerin hat den Unfall des Klägers als Arbeitsunfall anerkannt.

5

Die Unfallstelle war zum Unfallzeitpunkt nur in einzelnen Teilflächen mit Sicherheitsnetzen gegen Abstürze gesichert und entsprach damit nach Auffassung des für die Baustelle eingesetzten Sicherheits- und Gesundheitskoordinators nicht den einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften. Etwa zwei Stunden vor dem Unfall hatte der vom Liegenschaftsbetrieb … als Bauherr beauftragte Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator, der Zeuge ...[F], zusammen mit dem verantwortlichen Bauleiter des Bau- und Liegenschaftsbetriebs ..., dem Zeugen ...[G], gegenüber dem Beklagten die unzureichenden Sicherheitsmaßnahmen, insbesondere eine aus ihrer Sicht in mehreren Bereichen unzureichende Absturzsicherung, moniert. In einem Bautagebuch hat der Zeuge ...[F] dieses Gespräch protokolliert und als Beanstandung vermerkt, dass Schutznetze sowie an den Randseiten der Arbeitsabschnitte Schutzgeländer angebracht werden müssten. Die bereits angebrachten Schutznetze seien nicht ausreichend befestigt. In dem Protokoll wurde der Beklagte als Verantwortlicher für die Sicherungsmaßnahmen bezeichnet und als Termin für die deren Durchführung "sofort" vermerkt.

6

Das Amtsgericht Paderborn verurteilte den Beklagten wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe.

7

Eine Klage des Geschädigten gegen den Beklagten und die Firma ...[E] auf Schadensersatz und Schmerzensgeld hat das Bundesarbeitsgericht durch Urteil vom 19.2.2009 (8 AZR 188/08 - DB 2009, 1134) letztinstanzlich abgewiesen. Der Zeuge ...[A] sei zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls im selben Betrieb wie der Beklagte tätig gewesen. Damit greife die Haftungsprivilegierung des § 105 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. SBG VII ein. Der Beklagte habe den Unfall schuldhaft, wenngleich nicht vorsätzlich verursacht. Nach Auffassung des BAG konnte es offen bleiben, ob der Beklagte selbst für die Umsetzung der geforderten Sicherungsmaßnahmen verantwortlich war. Das BAG hat das Verschulden des Beklagten, der eine Vorgesetztenstellung innegehabt habe, in der Anweisung an die Zeugen ...[A] und ...[C] gesehen, die geschilderten Arbeiten im ungesicherten Bereich durchzuführen.

8

Der Beklagte steht unter dem Schutz der Betriebshaftpflichtversicherung der Firma ...[E] mit einer Deckungshöchstsumme von 1.534.000,- €.

9

Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren erstinstanzlich unter anderem die Auffassung vertreten, dem Beklagten habe die Leitung der Baustelle oblegen. Er sei auch für die Einhaltung der maßgeblichen Sicherheitsvorschriften verantwortlich gewesen. Der Sturz des Versicherten sei nur deshalb möglich gewesen, weil trotz eindeutiger Sicherheitsanforderungen aus der Arbeitsstättenverordnung sowie den Unfallverhütungsvorschriften trotz vorheriger Beanstandung durch den Sicherheitskoordinator und entsprechende Abhilfezusagen durch den Beklagten keinerlei Absturzsicherung angebracht gewesen seien. Der Zeuge ...[A] sei über die notwendigen Sicherungsmaßnahmen nicht informiert worden. Stattdessen habe der Beklagte ihn und den Zeugen ...[C] mit Nachdruck angewiesen, die Arbeiten im ungesicherten Dachstuhlbereich fortzusetzen. Ein Mitverschulden des Zeugen ...[A] liege nicht vor. Dieser habe in der Situation nicht autonom, sondern fremdbestimmt durch den Beklagten gehandelt.

10

Die Klägerin hat beantragt,

11

den Beklagten zu verurteilen, an sie 942.436,13 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.5.2009 zu zahlen sowie festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche zukünftigen Aufwendungen bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs zu ersetzen, die sie aus Anlass des Arbeitsunfalls ihres Versicherten ...[A] vom 21.11.2002 zu erbringen hat.

12

Der Beklagten hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags unter anderem vorgetragen, die Bauleitung habe nicht ihm, sondern dem Zeugen ...[G] oblegen. Bei dem vorangegangenen Gespräch mit dem Zeugen ...[F] habe man einvernehmlich die Anbringung eines Sicherungsnetzes im Bereich des Toilettentrakts wegen der dort vorhandenen Zwischendecke nicht für erforderlich gehalten. Die Zimmerleute hätten ihre Arbeiten dort auf den Bindern sitzend erledigen sollen. Er habe zu keinem Zeitpunkt angeordnet, dass die Zeugen ...[A] und ...[C] diese Arbeit allein ausführten. Die Platten seien schon aufgrund ihres Gewichts stets zu dritt oder viert verlegt worden. Er habe weder den Zeugen ...[A], noch den Zeugen ...[C] veranlasst, ungesichert an der Unfallstelle zu arbeiten und insbesondere auf die Zeugen auch keinen Druck ausgeübt. Die durch die Zeugen ...[F] und ...[G] erfolgten Beanstandungen habe er direkt unter anderem an die Zeugen ...[A] und ...[C] weiter gegeben. Es habe für ihn keine Veranlassung zu der Annahme gegeben, diese würden die so weitergegebene Anweisungen nicht befolgen. Ihm sei nicht einmal bekannt gewesen, dass die Zeugen ...[A] und ...[C] beabsichtigten, allein die schweren Leimbinderplatten, noch dazu ungesichert, verlegen zu wollen.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands einschließlich der weiteren tatsächlichen Feststellungen der Kammer nimmt der Senat Bezug auf das angegriffene erstinstanzliche Urteil.

14

Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben unter Annahme grober Fahrlässigkeit auf Seiten des Beklagten als dem für die Sicherung der Baustelle Verantwortlichen.

15

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme vermochte die Kammer den Angaben des Beklagten in der persönlichen Anhörung sowie den Bekundungen des Zeugen ...[H], der die Angaben des Beklagten im Wesentlichen bestätigt hat, in wesentlichen Teilen nicht zu folgen. Hingegen ist die Kammer den Angaben des Zeugen ...[F] gefolgt, wonach dieser den Beklagten aufgefordert hat, die Arbeiter sofort vom Dach zu holen, weil nicht der gesamte Bereich mit Netzen gegen Abstürze gesichert war. Es hat darüber hinaus die Angaben des Zeugen ...[C] als glaubhaft erachtet, wonach der Beklagte keine Anweisung gegeben habe, wie gearbeitet werden solle, insbesondere auch nicht, dass im Sitzen gearbeitet werden solle. Aufgrund der Aussagen der Zeugen ...[F] und …[C] hat sich die Kammer davon überzeugt, dass auf der Baustelle insgesamt mangelnde Sicherheitsvorkehrungen herrschten und der Beklagte vor dem Unfall durch den Zeugen ...[F] hierauf auch ausdrücklich hingewiesen wurde. Dementsprechend ist die Kammer von einer groben Missachtung der dem Beklagten obliegenden Pflichten, für eine ausreichende Sicherung der Baustelle zu sorgen, ausgegangen. Ein zu berücksichtigendes Mitverschulden auf Seiten des Geschädigten hat die Kammer nicht gesehen.

16

Die von der Klägerin im Einzelnen behaupteten Aufwendungen hat die Kammer als hinreichend belegt erachtet und, soweit in Einzelfällen Belege nicht mehr vorhanden waren, den Angaben der Zeugin ...[J] geglaubt.

17

Die Kammer hat angenommen, dem Geschädigten ...[A] stehe ein - fiktives - Schmerzensgeld in Höhe von 300.000,- € zu. Unter Berücksichtigung dessen könne es letztlich dahingestellt bleiben, ob tatsächlich auch ein Verdienstausfallschaden des Verletzten in behaupteter Höhe von 138.561,- € bestehe, da der festgestellte fiktive Ersatzanspruch des Verletzten die geltend gemachten Aufwendungen der Klägerin auch unabhängig davon bereits übersteige.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

19

Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung greift der Beklagte seine Verurteilung vollumfänglich mit dem weiterverfolgten Ziel der Klageabweisung an.

20

Zur Begründung hält der Beklagte an seiner erstinstanzlichen Bewertung seiner eigenen Funktion und der Schilderung der tatsächlichen Verhältnisse auf der Baustelle am Unfalltag fest.

21

Er bestreitet weiterhin ausdrücklich mit Nichtwissen, dass der Zeuge ...[A] zum Unfallzeitpunkt bei der Klägerin versichert gewesen sei.

22

Zu seiner eigenen Funktion betont er auch in der Berufung, die Bauleitung habe nicht ihm, sondern dem Zeugen ...[G] oblegen.

23

Es sei zwar zutreffend, dass Sicherungsnetze gegen Abstürze der Arbeiter nur über Teilflächen gespannt gewesen seien, so, wie der Zeuge ...[F] dies bekundet habe. Dies entspreche aber den Vorgaben von Sicherheit und Technik.

24

Die Aussagen der Zeugen ...[G] und ...[F] seien widersprüchlich. So habe keiner der Arbeiter bestätigt, dass der Zeuge ...[F] sie, wie von diesem behauptet, vom Dach geholt habe. Das Landgericht habe stattdessen den Zeugen ...[H] zu Unrecht als unglaubwürdig angesehen. Zudem gehe das Landgericht insoweit von einem falschen Sachverhalt aus. Es stehe bereits nicht fest, dass der Zeuge ...[F] die Arbeiter vom Dach geholt habe. Er, der Beklagte, habe die Anweisungen des Zeugen ...[F] an die Mitarbeiter der Firma ...[B] weitergegeben. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass der Zeuge ...[A] zum Unfallzeitpunkt überhaupt an der Unfallstelle gearbeitet habe.

25

In rechtlicher Hinsicht sei zu beachten, dass auf der Baustelle grundsätzlich der Bauherr verkehrssicherungspflichtig sei, in diesem Fall mithin der Bau- und Liegenschaftsbetrieb .... Eine Delegation der Verkehrssicherungspflicht von dort auf den Beklagten habe nicht stattgefunden. Dies sei bereits dadurch belegt, dass stattdessen die Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordination der Firma ...[F] übertragen gewesen sei. Es liege auch kein Verstoß gegen die §§ 3 und 44 der Arbeitsstättenverordnung vor, wobei die letztgenannte Vorschrift überhaupt nicht existiere. Er, der Beklagte, sei nicht der Arbeitgeber des Geschädigten gewesen. Die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung beträfen aber den Arbeitgeber.

26

Die Zeugen ...[A] und ...[C] seien selbst für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften in ihrem Gefahrenbereich als Zustandsverantwortliche verantwortlich gewesen. Die Absturzgefahr sei für diese Zeugen auch ohne weiteres erkennbar gewesen. Ein pflichtwidriges Verhalten des Beklagten sei hingegen nicht zu sehen, insbesondere liege keine grobe Fahrlässigkeit vor. Stattdessen sei auch ein Mitverschulden des Beklagten zu berücksichtigen. Hier liege ein "halsbrecherisches" Handeln auf eigene Gefahr vor. Schließlich blieben auch die erstinstanzlich geltend gemachten Einwände gegen die Schadenshöhe aufrecht erhalten. Das Landgericht habe sich in verschiedenen, im Einzelnen benannten, Punkten unter Verstoß gegen § 286 ZPO über Sachvortrag und Beweisantritte des Beklagten hinweggesetzt.

27

In rechtlicher Hinsicht hat der Beklagte darüber hinaus darauf hingewiesen, dass aus seiner Sicht zu seinen Gunsten die Grundsätze der Begrenzung der Arbeitnehmerhaftung eingreifen müssten. Der Regress der Klägerin stelle für ihn grundsätzlich eine existenzbedrohende Situation dar. Im Hinblick auf die absehbare Überschreitung der Deckungssumme der Betriebshaftpflichtversicherung sei die Beklagte nach § 110 Abs. 2 SGB VII gehalten, auf einen darüber hinausgehenden Ersatzanspruch zu verzichten.

28

Die Klägerin ist dem insgesamt unter Aufrechterhaltung ihrer erstinstanzlichen Rechts- und Tatsachenposition entgegen getreten und trägt auf Zurückweisung der Berufung an.

29

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die gewechselten und zur Akte gelangten Schriftsätze nebst Anlage Bezug genommen.

II.

30

Die zulässige Berufung verbleibt in der Sache ohne Erfolg.

31

Das Landgericht hat der Klage sowohl bezüglich des Leistungs- als des Feststellungsbegehrens zu Recht stattgegeben.

32

Dabei ist die Kammer zutreffend vom Vorliegen eines für die Klägerin eintrittspflichtigen Versicherungsfalls und der Anwendbarkeit der Regressregelung des § 110 Abs. 1 SGB VII ausgegangen. Auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des umfassend und sehr sorgfältig begründeten landgerichtlichen Urteils kann zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug genommen werden.

33

Die hiergegen geführten Angriffe der Berufung greifen nicht durch.

34

Soweit der Beklagte auch in der Berufung ausdrücklich die Mitgliedschaft des Geschädigten als Versicherten der Klägerin bestreitet, verbleibt dies unter mehreren Aspekten unbeachtlich.

35

Das Landgericht hat in dem angegriffenen Urteil bereits im unstreitigen Tatbestand festgestellt, dass es sich bei dem Zeugen ...[A] um den Versicherten der Klägerin handele. Ein Verfahren zur Tatbestandsberichtigung hat die Klägerin insoweit nicht betrieben, so dass die Versicherteneigenschaft bereits nach § 314 ZPO auch für das Berufungsverfahren grundsätzlich bindend festgestellt ist. Ungeachtet dieser zivilprozessualen Erwägung sind die zur Entscheidung über die Ersatzansprüche nach den §§ 104 bis 107 SGB VII berufenen Zivilgerichte nach § 108 Abs. 1 SGB VII an eine unanfechtbare Entscheidung, ob ein Versicherungsfall vorliegt, gebunden. Die Klägerin hat das Vorliegen eines für sie eintrittspflichtigen Versicherungsfalls nach § 7 Abs. 1 SGB VII unanfechtbar bejaht. Diese Bindungswirkung erstreckt sich auch auf die Frage, ob der Verletzte versichert war und darauf, in welchem Betrieb sich der Unfall ereignet hat (zur vorliegenden Sache BAG, Urteil vom 19.2.2009 - 8 AZR 188/08 - DB 2009, 1134-; vertiefend zur Problematik insgesamt Krasney, NZS 2004, 68, 71 ff.). Die Bindungswirkung erstreckt sich insgesamt auf den Umfang, d.h., Art, Ausmaß, Höhe und Dauer der zu gewährenden Leistungen einschließlich ihrer Berechnungsgrundlagen, den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Versicherungsfall und der Gesundheitsbeeinträchtigung sowie die Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers. Sie besteht selbst dann, wenn der Unfallversicherungsträger zu Unrecht einen Versicherungsfall angenommen oder abgelehnt hat (so insges. Schmitt, SGB VII, 4. Auflage 2009, § 108 Rn. 5 mwN).

36

Schließlich hat die Klägerin bereits erstinstanzlich auch die tatsächlichen Daten zur Mitgliedschaft der Fa. ...[B] im Einzelnen mitgeteilt (GA 124 f.). Dem ist die Beklagtenseite nicht entgegengetreten.

37

Von der Berufung nicht angegriffen und in der Sache zu Recht ist das Landgericht der (nicht bindenden) Beurteilung des BAG im arbeitsgerichtliche Verfahren gefolgt, wonach die Haftung des Beklagten nach § 105 Abs. 1 SGB VII beschränkt ist, da es sich um einen durch eine betriebliche Tätigkeit im selben Betrieb verursachten Versicherungsfall handelt. Der Zeuge ...[A] wurde - obgleich er bei der Firma Firma ...[B] angestellt war - von der Firma ...[E] zur Erfüllung deren vertraglicher Verpflichtungen an der Baustelle in ...[Z] eingesetzt. Zum Unfallzeitpunkt bestand die Tätigkeit des Zeugen ...[A] ausschließlich darin, die Firma ...[E] bei der Erfüllung ihres Auftrags zu unterstützen. Er war in seiner konkreten Weisungsgebundenheit dem Beklagten gleichsam wie eigene Arbeitnehmer der Firma ...[E] unterstellt und mithin ebenso wie diese in deren Betrieb eingegliedert (vgl. BAG, aaO, BAGU 12 ff., BA S. 162 ff.).

38

Selbst wenn man aber diese Frage mit dem Landesarbeitsgericht dahingehend beantworten wollte, dass es sich bei der Baustelle - lediglich - um eine gemeinsame Betriebsstätte iSd § 106 Abs. 3, Alt. 3 SGB VII gehandelt haben sollte, ergibt sich für die hier zu treffende Entscheidung kein abweichendes Ergebnis, als nach dieser Vorschrift die §§ 104, 105 SGB VII entsprechend gelten.

39

Der Beklagte hat die ihm als dem für die Sicherheit der ihm arbeitsorganisatorisch und weisungsabhängig unterstellen Personen obliegenden Pflichten grob fahrlässig verletzt.

40

Dass der Beklagte gegenüber dem Geschädigten ...[A] ebenso wie gegenüber dem Zeugen ...[C] die maßgebliche Rolle des weisungsbefugten Vorgesetzten innehatte, haben in der Beweisaufnahme die vernommenen Zeugen sowie auch der Beklagte selbst in seiner persönlichen Anhörung bestätigt.

41

Der Beklagte hat in seiner Anhörung vom 7.6.2010 vor dem Landgericht bestätigt, er sei auf der Baustelle der Richtmeister, dh, der Bauleiter gewesen (GA 129). Als am Nachmittag des Unfalltages die Zeugen ...[F] und ...[G] als Sicherheits- und Gesundheitskoordinator und Bauleiter die Baustelle besuchten, um die Sicherheitsvorkehrungen zu überprüfen, war der Beklagte für sie der maßgebliche Ansprechpartner. Er hat nach eigenen Angaben diesen Zeugen gegenüber die Handhabung der Sicherungsmaßnahmen erläutert (GA 130). Nach eigenem Bekunden war der Beklagte auch derjenige, der die Arbeiter auf der Baustelle über die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen unterrichtet haben will (GA 131). Der Beklagte war damit diejenige Person, die - gleichsam als Bindeglied zwischen der (öffentlichen) Bau- und Gesundheitsaufsicht und den ihm unterstellten Arbeitnehmern vor Ort - nach eigenem wie dem Verständnis aller weiteren Beteiligten, für die Einhaltung der erforderlichen Sicherheit auf der Baustelle verantwortlich war. Er hat den Zeugen ...[A] und ...[C] auch vor dem Unfall die konkreten Arbeitsanweisungen erteilt. Nach eigenen Angaben hat er die Arbeiter angewiesen, noch die Folie zu Ende zu verlegen und anschließend die Dachplatten zu verlegen und zu vernageln (GA 132). Insoweit ist allein die Frage umstritten, ob und inwieweit der Beklagte dabei mit Drohungen Druck auf die Zeugen ausgeübt hat und ob und welche konkreten Anweisungen er zur Art und Weise der Sicherung auf dem Dach erteilt hat .

42

In diesem Kontext hat das Landgericht weder übersehen, dass durch den Landesbetrieb dem Zeugen ...[K] insgesamt die Bauleitung übertragen und zudem der Zeuge ...[F] als Sicherheits- und Gesundheitskoordinator eingesetzt war.

43

Die Verantwortlichkeit des Beklagten knüpft insoweit aber weder an die formale Stellung eines (alleinigen) Bauleiters an, noch an die Frage, ob und inwieweit Verkehrssicherungspflichten eingehalten worden sind und wer für deren Einhaltung die Verantwortung trägt. Verkehrssicherungspflichten sind maßgeblich für die Pflichten der Bauverantwortlichen gegenüber Dritten. Ihre Verletzung ist nicht Tatbestandsvoraussetzung für den Anspruch des Sozialversicherungsträgers aus § 110 SGB VII. Voraussetzung hierfür ist allein, dass das schädigende Verhalten den Versicherungsfall im Sinne der zivilrechtlichen Adäquanz herbeigeführt hat (vgl. Ricke in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Bd. II, § 110 Rn. 6). Dabei muss sich das Verschulden nach § 110 Abs. 1 S. 3 SGB VII nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen, nicht mehr, wie unter Geltung der §§ 640, 641 RVO, auch auf die konkreten Schadensfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 15.7.2008 - VI ZR 212/07 - NJW 2009, 681 mwN sowie Schmitt, aaO, § 110 Rn. 9 mwN).

44

Maßgeblich für die Beurteilung sind damit vorliegend die Vorgesetztenstellung des Beklagten und sein Verhalten als solches in der konkreten Situation.

45

Dementsprechend sieht auch die Unfallverhütungsvorschrift für Bauarbeiten (BGV C 22) in § 4 Abs. 1 vor, dass die Bauarbeiten von fachlich geeigneten Vorgesetzten geleitet werden müssen und diese die vorschriftsmäßige Durchführung der Bauarbeiten zu gewährleisten haben. Ob damit, wofür nach Dafürhalten des Senats viel spricht, eine eigenständige Garantenpflicht statuiert wird, bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung.

46

Unabhängig davon nämlich, ob sich die Unfallverhütungsvorschriften, wie der Beklagte meint, zuvörderst an den Arbeitgeber richten und inwieweit der Beklagte allgemein zur Überwachung und Sicherstellung der Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften auf der Baustelle verpflichtet war, gehört es grundsätzlich zu den Pflichten eines Vorgesetzten nicht nur, einem ihm unterstellten Arbeitnehmer keine Arbeit zuzuweisen, welche dieser aus gesundheitlichen Gründen nicht ausüben darf, sondern auch, ihm keine Tätigkeiten zuzuweisen, bei denen die Gefahr einer gesundheitlichen Schädigung besteht, weil vom Arbeitgeber zu ergreifende Schutzmaßnahmen nicht ergriffen worden sind (vgl. BAG, aaO, S. 15 f., Hervorhebung. d.d.Senat). Diese Verpflichtung des Vorgesetzten besteht nicht nur gegenüber ihm unterstellten Arbeitnehmern, die beim selben Arbeitgeber wie er tätig sind, sondern auch gegenüber Arbeitnehmern eines anderen Unternehmens, wenn sie im Rahmen einer vorübergehende Tätigkeit im Betrieb tätig sind und - wie hier - wie die übrigen dem Vorgesetzten unterstellten Beschäftigten eingesetzt werden (wie vor).

47

Gegen diese Verpflichtung hat der Beklagte in grob fahrlässiger Weise verstoßen, unabhängig von der auch in der Berufung umfassend thematisierten Frage, ob die Arbeiter auf Veranlassung des Zeugen ...[F] zunächst das Dach verlassen haben und vom Beklagten sodann wieder dorthin zurückgeschickt wurden. Der Beklagte hätte die ihm weisungsgebunden unterstellten Arbeiter spätestens, nachdem er durch die Zeugen ...[F] und ...[G] auf die unzureichende Absturzsicherung hingewiesen worden war, nicht mehr weiter ungesichert auf dem Dach arbeiten lassen dürfen. Selbst wenn der Zeuge ...[F] nicht alle Arbeiter selbst vom Dach geholt hätte, hätte dies - ungeachtet der Frage, ob und inwieweit die Zeugen ...[G] und ...[F] ggf. eigene Versäumnisse treffen - nach den dargestellten Verpflichtungen als Vorgesetzter - unverzüglich durch den Beklagten erfolgen müssen.

48

Nach der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung setzt grobe Fahrlässigkeit einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGH, Urteil vom 30.01.2001 - VI ZR 49/00 - NJW 2001, 2092, Rn. 12). Besteht, wie hier, die Pflichtverletzung des Schädigers in einen Verstoß gegen eine Unfallverhütungsvorschrift, so gilt, dass nicht jeder Verstoß schon für sich als eine schwere Verletzung der Sorgfaltspflicht anzusehen ist. Vielmehr kommt es darauf an, ob es sich um eine Unfallverhütungsvorschrift handelt, die sich mit Vorrichtungen zum Schutz der Arbeiter vor tödlichen Gefahren befasst und somit elementare Sicherungspflichten zum Inhalt hat. Damit spielt insbesondere eine Rolle, ob der Schädiger nur unzureichende Sicherungsmaßnahmen getroffen oder von den vorgeschriebenen Schutzvorkehrungen völlig abgesehen hat, obwohl die Sicherungsanweisungen eindeutig waren. Im Letzteren Fall kann der objektive Verstoß gegen elementare Sicherungspflichten ein solches Gewicht haben, dass der Schluss auf ein auch subjektiv gesteigertes Verschulden gerechtfertigt ist (wie vor, Rn. 13).

49

So liegt der Fall hier, wie das Landgericht zutreffend gesehen hat (LGU 13 ff.). Es geht vorliegend um die Frage der ausreichenden Sicherung der mit der Dachkonstruktion an dem Kantinengebäude betrauten Arbeiter mit einer möglichen Absturzhöhe von über 5 Metern. Diese dienen selbstredend dem Schutz vor erheblicher Gesundheitsgefahr und Tod der Arbeitnehmer. Dabei kann es dahinstehen, ob und in welcher Weise über dem abgemauerten Bereich eine Sturzhöhe von lediglich 2, 2,5 oder, wie der Beklagte in seiner Anhörung eingeräumt hat, möglicherweise bis zu 3 Metern (GA 130), zu gewärtigen und in diesem Bereich eine gesonderte Absturzsicherung durch Anbringung von Netzen nach den einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften erforderlich war.

50

Nach § 12 Abs. 1 Ziff. 4 BGV C 22 ist an Arbeitsplätzen auf Dächern mit einer Absturzhöhe von mehr als 3 Metern in jedem Fall eine Absturzsicherung erforderlich. Selbst wenn über dem Toilettentrakt die Absturzhöhe unterhalb dieser Grenze verblieben sein sollte, war sie außerhalb dieses Bereichs mit über 5 Metern unstreitig deutlich überschritten.

51

Dass die Absturzsicherung im Dachbereich jedenfalls außerhalb des abgemauerten Bereichs (Toilettentrakt) nachzubessern war, stellt der Beklagte selbst auch nicht in Abrede. Ergebnis der Besprechung mit den Zeugen ...[F] und ...[G] war nach eigenen Angaben des Beklagten, dass jenseits des abgemauerten Bereichs Netze gespannt werden sollten (GA 130), dort mithin nicht vorhanden waren und, wie der Zeuge ...[F] bestätigt hat, auch nach dem Unfall nicht gespannt waren (GA 197). Nach eigenem Vortrag der Beklagtenseite war die Absturzgefahr in diesem Bereich offensichtlich. Die einschlägigen Sicherheitsbestimmungen waren mithin zum einen insoweit eindeutig und zum anderen dem Beklagten auch nicht nur latent, sondern durch das Gespräch mit den Zeugen ...[F] und ...[G] auch aktuell in ihrer Bedeutung präsent und bei Missachtung in ihrer akuten Gefahr für Leib und Leben der Arbeiter offensichtlich.

52

Anstatt aber diese für Leib und Leben der Arbeiter elementaren Vorkehrungen vor jedweder Fortsetzung der Dacharbeiten umzusetzen, will der Beklagte nach eigener - von den Zeugen zudem teilweise nicht bestätigter - Darstellung, die Verantwortung vielmehr an die Arbeiter selbst delegiert haben. Diese hätten entweder ein Rollgerüst verschieben oder nur im Sitzen arbeiten und ihre Tätigkeit auf den abgemauerten Bereich beschränken sollen.

53

Selbst derartige Anweisungen als zutreffend unterstellt, hätten in der Sache in keinem Fall ausgereicht. Der Beklagte hat selbst eingeräumt, dass im nicht abgemauerten Bereich eine Absturzsicherung durch Sicherheitsnetze erforderlich und mit den Zeugen ...[F] und ...[G] auch so abgesprochen war. Soweit eine vorübergehende Fortsetzung der Arbeiten in sitzender Position mit dem Zeugen ...[F] erörtert worden ist, hat dieser klargestellt, dass dann die Arbeiter aber hätten angegurtet sein müssen und er dies dem Beklagten auch so erklärt habe, ohne, dass dieser ihm widersprochen habe (GA 196).

54

Des Weitern würde es die dargelegten Pflichten des Vorgesetzten in Bezug auf die Sicherheit der ihm unterstellten Arbeitnehmer leerlaufen lassen, wenn er diese schlicht auf die zu schützenden Arbeitnehmer delegieren könnte. Selbst wenn man eine Delegation bezüglich der tatsächlichen Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen grundsätzlich billigen wollte, könnte der Vorgesetzte seiner eigenen originären Verantwortlichkeit zur Gewährleistung der vorschriftsmäßigen Durchführung der Bauarbeiten aber nur dann gerecht werden, wenn er vor Fortsetzung der Arbeiten die tatsächliche Umsetzung der Maßnahmen durch die Arbeiter wenigstens durch eigene Überprüfung sicherstellt. Auch dies hat der Beklagte aber nach eigenem Bekunden unterlassen. Er will vielmehr stattdessen darauf vertraut haben, dass die Arbeiter die erforderlichen Maßnahmen selbst ergreifen und sich insbesondere auch ausschließlich über dem abgemauerten Bereich aufhalten. Bezüglich des Geschädigten ...[A] hat dem Beklagten nach eigener Darstellung der Sichtkontakt gefehlt, so dass er nicht hat sehen können, wo, wie und unter welchen Sicherungsbedingungen dieser konkret arbeitete. Trotz der unterstellten Sichtbehinderung wäre dem Beklagten bei pflichtgemäßem Verhalten mit Überprüfung der Umsetzung der Sicherungsmaßnahmen ein tatsächliches Eingreifen und Einwirken auch im unmittelbaren Arbeitsbereich des Zeugen ...[A] jederzeit zwanglos möglich gewesen. Die Annahme eines quasi dem Zugriff des Beklagten entzogenen, abgeschotteten Verantwortungsbereichs der Zeugen ...[A] und ...[C] entbehrt jeder tatsächlichen Grundlage. Im Übrigen zeigt der Unfallhergang, dass der Beklagte selbst dann, wenn sich am Nachmittag des Unfalls die Verlegearbeiten auf den Bereich über dem Toilettentrakt beschränken sollten, unter Berücksichtigung der tatsächlichen Abläufe auf einer Großbaustelle keinesfalls darauf vertrauen durfte, dass die Arbeiter diesen Bereich auch nicht - jedenfalls kurzfristig - übertreten würden. Insoweit hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass der Beklagte angesichts der durchzuführenden Arbeiten mit den großen, schweren Holzteilen immer die Möglichkeit in Betracht ziehen musste, dass Arbeiter während dieser Tätigkeiten auch in den Gefahrenbereich geraten könnten und es, insbesondere durch den Verlust des Gleichgewichts, zu einem Absturz auch im ungesicherten Bereich kommen könnte (vgl. insbesondere LGU 24 f.).

55

Damit stellt sich das Verhalten des Beklagten in seinem dargestellten Handeln und Unterlassen nach Maßgabe der dargestellten anerkannten Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits auf Grundlage seines eigenen Sachvortrags als grob fahrlässig dar.

56

Zutreffend hat das Landgericht in dieser Situation auch ein Mitverschulden des Geschädigten nach § 254 BGB verneint. Insoweit ist zunächst erneut auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen (LGU 24 ff.) Bezug zu nehmen, wobei es in diesem Kontext nach Dafürhalten des Senats in der Sache, wie ausgeführt, in der Bewertung keinen Unterschied darstellt, ob der Beklagte die Arbeiter wieder zurück auf das Dach beordert hat, nachdem der Zeuge ...[F] sie zuvor herunterbeordert hatte, oder aber, ob er trotz und in Kenntnis der konkreten Gefährdung die Arbeiter angewiesen hat, ihre Arbeiten auf dem insgesamt nicht ausreichend gesicherten Dach fortzusetzen bzw. die ihnen erteilte Arbeitsanweisung nach dem Gespräch mit den Zeugen ...[F] und ...[G] nicht umgehend widerrufen und die Arbeiter seinerseits vom Dach beordert hat.

57

Dass der Beklagte auch die Arbeiter einschließlich des Zeugen ...[A] selbst angewiesen hatte, die Arbeiten an jenem Nachmittag vor dem Wochenende noch fertig zu stellen, ist als solches unstreitig und hat der Beklagte in seiner persönlichen Anhörung auch entsprechend bestätigt (s.o.).

58

Für die Frage der Berücksichtigung etwaigen Mitverschuldens des Geschädigten verbleibt es in dieser Konstellation auch ohne Bedeutung, ob dem Verunfallten selbst die Gefährlichkeit der Arbeit bewusst war oder hätte bewusst sein können.

59

Übernimmt der Arbeitnehmer eine gefährliche Arbeit in Kenntnis deren Gefährlichkeit, begründet dies kein Mitverschulden, wenn er damit einer Anordnung seines weisungsbefugten Vorgesetzten entspricht (OLG Naumburg, Urteil vom 12.12.2007 - 6 U 200/06 - VersR 2008, 704).

60

In diesem Kontext hat das Landgericht, wie dargestellt, auch zutreffend darauf hingewiesen, dass der Beklagte angesichts des Umstands, dass der vorgesehene Arbeitsbereich unmittelbar an den ungesicherten Bereich mit der vollen Absturzhöhe angrenzte, bei seiner Anweisung bei lebensnaher Betrachtung damit rechnen musste, dass der Aufenthalt der Arbeiter nicht durchgängig exakt auf den Bereich über dem abgemauerten Trakt beschränkt bleiben würde. Darüber hinaus hat die Beweisaufnahme die Behauptung des insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten zu den vermeintlich genauen Anweisungen bzgl. Arbeitsweise und Arbeitsbereich, gerade nicht bestätigt. Zwar hat, worauf die Berufung als solches zutreffend hinweist, auch der Zeuge ...[C] bestätigt, der Beklagte habe die Arbeiter darüber in Kenntnis gesetzt, dass Netze aufgehängt werden müssten. Dabei hat der Zeuge jedoch einschränkend erklärt, dies sei "in der Woche" gewesen, er wisse nicht mehr, ob am Unfalltag selbst (GA 199). Eine Anweisung, wie in dem Bereich gearbeitet werden sollte, habe es vom Beklagten aber nicht gegeben (GA 200). Insbesondere die vom Beklagten behauptete - im Hinblick auf die fehlende Angurtung aber ohnehin unzureichende, s.o. - Anweisung, nur sitzend auf den Bindern zu arbeiten, hat der Zeuge auch auf Vorhalt entgegenstehender anderer Zeugenangaben ausdrücklich bestritten (GA 200). Auch an eine Anweisung des Beklagten, ein Rollgerüst herumzuschieben, konnte sich der Zeuge nicht erinnern (GA 201). Bezüglich des Rollgerüst ist nur der Vollständigkeit halber und ohne, dass es letztlich hierauf ankommt, darauf hinzuweisen, dass der Beklagte selbst im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in seiner anwaltlichen Stellungnahme hat erklären lassen, das mobile Gerüst hätte sowieso nicht dort gestanden und stehen sollen, wo der Zeuge ...[A] später abstürzte (EA 50). Die Missachtung einer unterstellten dahingehenden Anweisung des Beklagten durch die Zeugen ...[A] und ...[C] hätte sich damit ohnehin nicht schadensrelevant auswirken können.

61

Entgegen der Auffassung der Berufung wird die Haftung des Beklagten auch nicht dem Grunde nach durch entsprechende Heranziehung der arbeitsrechtlichen Grundsätze zur Arbeitnehmerhaftung relativiert.

62

Nach den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätzen hat ein Arbeitnehmer grundsätzlich vorsätzlich und grob fahrlässig verursachte Schäden in vollem Umfang zu tragen (vgl. etwa BAG, Urteil vom 15.11.2012 - DB 2013, 705- unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Großen Senats d. BAG vom 27.09.1994 - GS 1/89). Damit hat der Arbeitnehmer auch auf Grundlage der einschlägigen arbeitsrechtlichen Rechtsprechung im Falle der grob fahrlässigen Schadensverursachung dem gesamten Schaden zu tragen (vgl. wie vor, Leitsatz 1.).

63

Gleichsam erkennt die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung an, dass im Einzelfall auch bei grober Fahrlässigkeit im Hinblick auf ein mögliches Missverhältnis vom Verdienst des Arbeitnehmers zum verwirklichten Schadensrisiko der Tätigkeit und einer drohenden wirtschaftlichen Existenzgefährdung des Arbeitnehmers Haftungserleichterungen in Betracht kommen können (wie vor, Leitsatz 2.; vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2.11.1995 - 7 Sa 843/ 95 - NZA-RR 1996, 443 mwN).

64

Einer Heranziehung dieser Grundsätze bedarf es im Rahmen des Erstattungsanspruchs nach § 110 SGB VII aber nicht.

65

Soweit in der Literatur teilweise eine Angleichung der Haftungsregime der arbeitsrechtlichen Haftungsprivilegierung einerseits und andererseits dem haftungsrechtlichen Ansatz nach dem SGB VII, insbesondere beim Regress nach § 110 SGB VII, gefordert wird, betrifft dies, soweit ersichtlich, maßgeblich die Frage der bereits oben angesprochenen Anknüpfungsgrundlagen sowie der Voraussetzungen und Reichweite des jeweiligen Verschuldens sowie die Berücksichtigung des fiktiven Schmerzensgeldes im Rahmen der Ermittlung des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs nach § 110 Abs. 1 S. 1 SGB VII (vgl. etwa Brose, RdA 2011, 205, 213 ff.mwN).

66

Zu berücksichtigen bleibt in der Sache, dass maßgeblich für die in § 110 Abs. 1 SGB VII getroffene Regelung letztlich präventive und erzieherische Gründe sind, die nur dann greifen, wenn der durch das Haftungsprivileg begünstigte Schädiger den Unfall und damit die Aufwendungen des Sozialversicherungsträgers durch ein besonders zu missbilligendes Verhalten verursacht hat (BGH, NJW 2009, 681, 684, Tz. 31 mwN; vgl. auch Kasseler Kommentar-Ricke, aaO, § 110 Rn. 2; Schmitt, aaO, § 110 Rn. 2, jew. mwN). So wird in dieser Regelung auch die gesetzgeberisch bewusst vorgesehene "Kehrseite" des Haftungsausschlusses nach 104 ff. SGB VII gesehen (vgl. Brose, aaO, S. 214 unter Bezugnahme auf Lauterbach-Dahm, Unfallversicherung, § 110 Rn. 9). Damit müsste eine Vereinheitlichung beider Haftungsregime durch die Rechtsprechung unter Beachtung der dargestellten bewussten gesetzgeberischen Differenzierung von vorneherein als bedenklich erscheinen. Auch das Bundesarbeitsgericht hat in seinem vom Beklagten angeführten Urteil vom 10.10.2001 (8 AZR 103/02 - NJW 2003, 1890) die bewusste gesetzgeberische Differenzierung zwischen dem Schadensersatzanspruch des Geschädigten und dem Regressanspruch des Sozialversicherungsträgers betont (juris Rn. 23).

67

Für eine generelle Haftungsabfederung für den Fall der wirtschaftlichen Überforderung des Ersatzpflichtigen durch Heranziehung arbeitsrechtlicher Grundsätze besteht im Hinblick auf die Regelung des § 110 Abs. 2 SGB VII darüber hinaus schon kein Bedürfnis.

68

Nach § 110 Abs. 2 SGB VII können die Sozialversicherungsträger nach billigem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten. Dies wird allgemein dahin verstanden, dass, soweit die Voraussetzungen für einen Verzicht in der Sache gegeben sind, der Sozialversicherungsträger nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, auf seine Ansprüche (teilweise) zu verzichten. Er hat in jedem Fall abzuwägen, ob die Geltendmachung des Anspruchs unter Berücksichtigung einerseits des ihm eigenen Erziehungs- und Strafcharakters sowie der wirtschaftlichen Belange der Gesamtheit der Mitglieder (Versicherten) und andererseits der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des Schädigers geboten ist (BGH, Urteil vom 28.9.1971 - VI ZR 216/69 - BGHZ 57, 96, 99 = NJW 1972, 107; vgl. auch Schmitt, aaO, § 110 Rn. 23; Kasseler Kommentar-Ricke, aaO; § 110 Rn. 15, jew. mwN). Dieser grundsätzlichen Verpflichtung verschließt sich vorliegend auch die Klägerin nicht.

69

Damit wird aber genau dem Aspekt der Verhinderung der wirtschaftlichen Überforderung und Vernichtung des Ersatzpflichtigen, auf den die Berufung insoweit abstellt, ausdrücklich Rechnung getragen. Eine durch die Rechtsprechung ausfüllungsbedürftige Regelungslücke liegt damit insoweit gerade nicht vor.

70

Zwar obliegt die Überprüfung der Ausübung dieses Ermessens durch den Sozialversicherungsträgers ebenfalls den Zivilgerichten (vgl. nur Schmitt, aaO § 110 Rn. 23; BGH, NJW 1972, 109). Zur verfahrensmäßigen Handhabung der Regelung des § 110 Abs. 2 SGB VII hat der BGH jedoch bereits seit langem einschlägige Leitlinien entwickelt. So hat er in seinem vorgenannten Urteil vom 28.9.1971 (NJW 1972, 107, 109) darauf hingewiesen, dass das Gesetz für den Verzicht nicht nur keine Form, sondern auch keinen bestimmten Zeitpunkt vorsehe. Eine gleichzeitige Entscheidung des Gerichts über den Verzicht bereits im Regressverfahren könne nur dann gefordert werden, wenn sich die Versagung des Verzichts schon jetzt abschließend als Rechtsmissbrauch darstellen würde. Im Übrigen sei es Sache des Schuldners, gegebenenfalls einen solchen Einwand mittels Vollstreckungsgegenklage, Abänderungsklage oder Feststellungsklage geltend zu machen, und zwar auch insoweit, als er die betreffenden Umstände schon im Zeitpunkt der Verurteilung vorgelegen hätten. Es ergebe sich damit eine ähnliche Lage wie im Fall des § 780 ZPO mit dem Unterschied, dass sich hier der Vorbehalt unmittelbar aus dem Gesetz ergebe und keine Aufnahme in das Urteil bedürfe (wie vor).

71

Zu Recht weist die Klägerseite darauf hin, dass, wenngleich es absehbar sein mag, dass die Deckungssumme der Betriebshaftpflichtversicherung ausgeschöpft werden wird, derzeit noch keine abschließende Beurteilung möglich ist, ob und inwieweit der Beklagte selbst in der Zukunft jenseits des bestehenden Versicherungsschutzes wirtschaftlich in der Lage sein wird, eine möglicherweise verbleibende, derzeit noch nicht abschließend bezifferbare Deckungslücke, ggf. selbst zumindest anteilig zu decken. Einstweilen ist vorliegend, wie im vom BGH in NJW 1972, 107 entschiedenen Fall, damit davon auszugehen, dass derzeit der Haftpflichtversicherer für den Beklagten einzutreten hat und schon aus diesem Grunde derzeit für die Klägerin kein Anlass für einen Verzicht besteht und dessen Unterbleiben daher jedenfalls jetzt nicht als rechtsmissbräuchlich bezeichnet werden kann (vgl. BGH, aaO, Tz. 4).

72

Ungeachtet der Reichweite der Bindungswirkung des § 108 Abs. 1 SGB VII hat das Landgericht zutreffend gesehen, dass die Klägerin die von ihr getätigten Aufwendungen hinreichend belegt und, soweit Belege nicht mehr vorhanden waren, der Klägervortrag sich durch die Angaben der Zeugin...[J] bestätigt hat. Tragfähige Angriffe gegen die landgerichtliche Beweiswürdigung insoweit führt die Berufung nicht. Dass ein Dauerschaden vorliegt, hat die Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 13.09.2010 unstreitig gestellt (GA 205). Ebenso beanstandungsfrei hat das Landgericht unter umfassender Würdigung aller Umstände auf Grundlage hinreichend aussagekräftiger Anknüpfungsgrundlagen die Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs ermittelt, § 287 ZPO. Insbesondere hat das Landgericht auch die Kosten der berufsfördernden Maßnahmen zutreffend als solche des Schadens des Geschädigten gewertet. Auch insoweit ist abermals auf die zutreffenden Gründe des angegriffenen Urteils Bezug zu nehmen (LGU 26 ff.). Bezüglich letztendlich vergeblich aufgewendeter Kosten, etwa für die abgebrochene Umschulung oder die Umbauten bei der Firma ...[B] liegt es auf der Hand, dass die erst ex-post vorhandenen Erkenntnisse zur gesundheitlichen Überforderung des Geschädigten die erfolgten Bemühungen um dessen berufliche Wiedereingliederung nicht nachträglich in ihrer Berechtigung relativieren können. Hätte die Klägerin diese Bemühungen von vorneherein unterlassen, hätte sie sich zugleich dem Vorwurf des Beklagten ausgesetzt gesehen, die Chance einer berufliche Wiedereingliederung und damit die Sicherung einer eigenen wirtschaftlichen Existenzgrundlage durch den Geschädigten versäumt und damit zugleich gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen zu haben. Dies wird anschaulich dadurch belegt, dass der Beklagte in der Berufung weiterhin trotz allem die Umschulungsfähigkeit des Zeugen ...[A] weiterhin behauptet. Damit erweist sich diese - zwar unter Sachverständigenbeweis gestellte, gleichwohl aber gänzlich unsubstantiierte - Behauptung, der Geschädigte sei umschulungsfähig, als widersprüchlich zu dem zugleich gegenüber der Klägerin erhobenen Vorwurf, die berufliche Re-Integration ihres Versicherten überhaupt versucht zu haben. Dass diese Maßnahmen letztlich angesichts der weitreichenden unfallbedingten körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen des Zeugen ...[A] sämtlich gescheitert sind, hat sich erstinstanzlich- unter anderem durch die Angaben der Zeugin ...[J] - mit aller Deutlichkeit bestätigt. Dementsprechend ist das Landgericht zutreffend zu der Überzeugung gelangt, dass die durch den Abbruch der entsprechenden Versuche dokumentierte körperliche und seelische Überforderung des Geschädigten zeigt, dass dieser nicht mehr die Fähigkeit besitzt, umgeschult zu werden und dem Berufsleben gewachsen zu sein. Beachtliche Angriffe gegen diese Würdigung führt die Berufung nicht. Die bloße -wenngleich unter Beweis gestellte - Behauptung des Gegenteils erfolgt ersichtlich „ins Blaue“ und mutmaßlich wider bessere eigene Erkenntnis.

73

Entgegen der Auffassung des Beklagten entspricht es schließlich der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, auch den fiktiven Schmerzensgeldanspruch bei der Ermittlung des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs mit zu berücksichtigen (vgl. etwa BGH, Urteile vom 27.6.2006 - VI ZR 143/05 - NJW 2006, 3563 sowie vom 29.1.2008 - VI ZR 70/07 - NJW 2008, 323; vgl. auch Schmitt, aaO; § 110 Rn 13 mwN). Die landgerichtliche Bemessung des (fiktiven) Schmerzensgeldes mit 300.000,- € ist unter den gegebenen Umständen nicht zu beanstanden. Substantiierte Angriffe hiergegen führt auch die Berufung nicht. Zutreffend hat das Landgericht schließlich gesehen, dass angesichts der sich damit ergebenden Gesamthöhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs die Frage, ob tatsächlich ein Verdienstausfallschaden in Höhe von 138.561,- € besteht, insgesamt dahinstehen kann (vgl. LGU 31). Dass sich die insgesamt erforderlichen Aufwendungen der Klägerin zwischenzeitlich weiter erheblich erhöht haben und aller Voraussicht nach noch erheblich erhöhen werden, ist letztlich unstreitig.

74

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

75

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

76

Die Revision war nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Über die Frage, ob hier ein voller oder teilweiser Verzicht der Klägerin nach § 110 Abs. 2 SGB VII veranlasst ist, hatte der Senat nicht zu entscheiden.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Zivilprozessordnung - ZPO | § 314 Beweiskraft des Tatbestandes


Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 104 Beschränkung der Haftung der Unternehmer


(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 7 Begriff


(1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. (2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 105 Beschränkung der Haftung anderer im Betrieb tätiger Personen


(1) Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschaden

Verordnung über Arbeitsstätten


Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 110 Haftung gegenüber den Sozialversicherungsträgern


(1) Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 108 Bindung der Gerichte


(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicher

Zivilprozessordnung - ZPO | § 780 Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung


(1) Der als Erbe des Schuldners verurteilte Beklagte kann die Beschränkung seiner Haftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist. (2) Der Vorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der Fiskus als gesetzlicher Erbe verurteilt wird

Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV 2004 | § 3 Gefährdungsbeurteilung


(1) Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber zunächst festzustellen, ob die Beschäftigten Gefährdungen beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein könn

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 70/07 Verkündet am: 29. Januar 2008 Böhringer-Mangold, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

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Tenor Die Beklagten zu 1) bis 4) werden verurteilt, an die Klägerin 89.232,32 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.3.2013 (Beklagte zu 1) bis 3)) bzw. seit dem 29.5.2014 (Beklagte zu 4)) zu zahlen. Es wird

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(1) Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber zunächst festzustellen, ob die Beschäftigten Gefährdungen beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können. Ist dies der Fall, hat er alle möglichen Gefährdungen der Sicherheit und der Gesundheit der Beschäftigten zu beurteilen und dabei die Auswirkungen der Arbeitsorganisation und der Arbeitsabläufe in der Arbeitsstätte zu berücksichtigen. Bei der Gefährdungsbeurteilung hat er die physischen und psychischen Belastungen sowie bei Bildschirmarbeitsplätzen insbesondere die Belastungen der Augen oder die Gefährdung des Sehvermögens der Beschäftigten zu berücksichtigen. Entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten gemäß den Vorschriften dieser Verordnung einschließlich ihres Anhangs nach dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene festzulegen. Sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse sind zu berücksichtigen.

(2) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass die Gefährdungsbeurteilung fachkundig durchgeführt wird. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, hat er sich fachkundig beraten zu lassen.

(3) Der Arbeitgeber hat die Gefährdungsbeurteilung vor Aufnahme der Tätigkeiten zu dokumentieren. In der Dokumentation ist anzugeben, welche Gefährdungen am Arbeitsplatz auftreten können und welche Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 4 durchgeführt werden müssen.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs. Statt der Rente kann der Kapitalwert gefordert werden. Das Verschulden braucht sich nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen.

(1a) Unternehmer, die Schwarzarbeit nach § 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes erbringen und dadurch bewirken, dass Beiträge nach dem Sechsten Kapitel nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet werden, erstatten den Unfallversicherungsträgern die Aufwendungen, die diesen infolge von Versicherungsfällen bei Ausführung der Schwarzarbeit entstanden sind. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung wird vermutet, wenn die Unternehmer die Personen, bei denen die Versicherungsfälle eingetreten sind, nicht nach § 28a des Vierten Buches bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle der Rentenversicherung angemeldet hatten.

(2) Die Sozialversicherungsträger können nach billigem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten.

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist.

(2) Das Gericht hat sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt das Gericht dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.

(1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.

(2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus.

(1) Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Satz 1 gilt entsprechend bei der Schädigung von Personen, die für denselben Betrieb tätig und nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 versicherungsfrei sind. § 104 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn nicht versicherte Unternehmer geschädigt worden sind. Soweit nach Satz 1 eine Haftung ausgeschlossen ist, werden die Unternehmer wie Versicherte, die einen Versicherungsfall erlitten haben, behandelt, es sei denn, eine Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Unternehmer ist zivilrechtlich ausgeschlossen. Für die Berechnung von Geldleistungen gilt der Mindestjahresarbeitsverdienst als Jahresarbeitsverdienst. Geldleistungen werden jedoch nur bis zur Höhe eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs erbracht.

(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Ein Forderungsübergang nach § 116 des Zehnten Buches findet nicht statt.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Personen, die als Leibesfrucht durch einen Versicherungsfall im Sinne des § 12 geschädigt worden sind.

(3) Die nach Absatz 1 oder 2 verbleibenden Ersatzansprüche vermindern sich um die Leistungen, die Berechtigte nach Gesetz oder Satzung infolge des Versicherungsfalls erhalten.

(1) Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Satz 1 gilt entsprechend bei der Schädigung von Personen, die für denselben Betrieb tätig und nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 versicherungsfrei sind. § 104 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn nicht versicherte Unternehmer geschädigt worden sind. Soweit nach Satz 1 eine Haftung ausgeschlossen ist, werden die Unternehmer wie Versicherte, die einen Versicherungsfall erlitten haben, behandelt, es sei denn, eine Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Unternehmer ist zivilrechtlich ausgeschlossen. Für die Berechnung von Geldleistungen gilt der Mindestjahresarbeitsverdienst als Jahresarbeitsverdienst. Geldleistungen werden jedoch nur bis zur Höhe eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs erbracht.

(1) Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs. Statt der Rente kann der Kapitalwert gefordert werden. Das Verschulden braucht sich nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen.

(1a) Unternehmer, die Schwarzarbeit nach § 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes erbringen und dadurch bewirken, dass Beiträge nach dem Sechsten Kapitel nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet werden, erstatten den Unfallversicherungsträgern die Aufwendungen, die diesen infolge von Versicherungsfällen bei Ausführung der Schwarzarbeit entstanden sind. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung wird vermutet, wenn die Unternehmer die Personen, bei denen die Versicherungsfälle eingetreten sind, nicht nach § 28a des Vierten Buches bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle der Rentenversicherung angemeldet hatten.

(2) Die Sozialversicherungsträger können nach billigem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs. Statt der Rente kann der Kapitalwert gefordert werden. Das Verschulden braucht sich nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen.

(1a) Unternehmer, die Schwarzarbeit nach § 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes erbringen und dadurch bewirken, dass Beiträge nach dem Sechsten Kapitel nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet werden, erstatten den Unfallversicherungsträgern die Aufwendungen, die diesen infolge von Versicherungsfällen bei Ausführung der Schwarzarbeit entstanden sind. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung wird vermutet, wenn die Unternehmer die Personen, bei denen die Versicherungsfälle eingetreten sind, nicht nach § 28a des Vierten Buches bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle der Rentenversicherung angemeldet hatten.

(2) Die Sozialversicherungsträger können nach billigem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten.

(1) Der als Erbe des Schuldners verurteilte Beklagte kann die Beschränkung seiner Haftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist.

(2) Der Vorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der Fiskus als gesetzlicher Erbe verurteilt wird oder wenn das Urteil über eine Nachlassverbindlichkeit gegen einen Nachlassverwalter oder einen anderen Nachlasspfleger oder gegen einen Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, erlassen wird.

(1) Hat ein Gericht über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 genannten Art zu entscheiden, ist es an eine unanfechtbare Entscheidung nach diesem Buch oder nach dem Sozialgerichtsgesetz in der jeweils geltenden Fassung gebunden, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist.

(2) Das Gericht hat sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt das Gericht dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 143/05 Verkündet am:
27. Juni 2006
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein Sozialversicherungsträger kann wegen der von ihm erbrachten Aufwendungen
beim Rückgriff nach § 110 SGB VII grundsätzlich auch auf den fiktiven Schmerzensgeldanspruch
des Geschädigten gegen den nach den §§ 104 ff. SGB VII haftungsprivilegierten
Schädiger zurückgreifen.
BGH, Urteil vom 27. Juni 2006 - VI ZR 143/05 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Juni 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 30. Mai 2005 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die klagende Berufsgenossenschaft nimmt die Beklagte wegen eines Arbeitsunfalls ihres Versicherten gemäß § 110 SGB VII in Anspruch.
2
Der Versicherte stürzte am 25. Mai 2001 im Betrieb der Beklagten aus beträchtlicher Höhe ab und verletzte sich schwer. Aus Anlass dieses Unfalls erbrachte die Klägerin Leistungen in Höhe von 32.687,64 €, von denen die Beklagte bzw. ihr Haftpflichtversicherer 15.000 € ersetzte. Die Parteien sind sich einig, dass die grundsätzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 110 SGB VII wegen einer groben Fahrlässigkeit auf Beklagtenseite vorliegen und von einem 50%igen Mitverschulden des Versicherten auszugehen ist. Sie streiten darüber, ob die Klägerin wegen der von ihr erbrachten Aufwendungen auch auf den fiktiven Schmerzensgeldanspruch des Geschädigten gegen die Beklagte zurückgreifen kann.
3
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin einen weiteren Betrag von 15.000 € geltend, welcher dem - der Höhe nach unstreitigen - fiktiven Schmerzensgeldanspruch des Geschädigten gegen die Beklagte entspricht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Beklagte zur Zahlung von 15.000 € nebst Zinsen verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in r+s 2005, 306 veröffentlicht worden ist, kann die Klägerin wegen der von ihr erbrachten Aufwendungen im Rahmen des § 110 SGB VII auch auf den fiktiven Schmerzensgeldanspruch des Geschädigten gegen die Beklagte zurückgreifen. Von dem Haftungsprivileg der §§ 104 ff. SGB VII werde auch der Schmerzensgeldanspruch erfasst, obwohl der Sozialversicherungsträger nach dem für ihn maßgebenden Leistungskatalog kein Schmerzensgeld zahle. Eine Kongruenz, wie sie § 116 SGB X vorsehe, sei bei dem Rückgriff nach § 110 SGB VII nicht erforderlich. Hierbei handele es sich um einen originären Anspruch des Sozialversicherungsträgers und nicht um einen übergegangenen Anspruch wie bei § 116 SGB X. Aus dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung ergebe sich nicht, dass für jede Aufwendung des Sozialversicherungsträgers ein kongruenter zivilrechtlicher Anspruch des Geschädigten gegeben sein müsse. Vielmehr sei die Haftung des Unternehmers der Höhe nach beschränkt, nämlich auf den Umfang des Schadens, den er ohne die Haftungsbeschränkung der §§ 104 ff. SGB VII dem Geschädigten zivilrechtlich hätte ersetzen müssen. Dazu gehöre auch das Schmerzensgeld. Auch dann stehe der Unternehmer besser als nach der früheren Vorschrift des § 640 RVO.
5
Eine Doppelhaftung des Unternehmers bei der Entsperrung nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sei mehr theoretischer Natur und könne nicht vorkommen , weil der Sozialversicherungsträger dann gegenüber dem Unternehmer gemäß § 110 Abs. 2 SGB VII auf den Rückgriff verzichten müsse. Auch das Argument, bei Zulassung des Rückgriffs auf das fiktive Schmerzensgeld sei der Betriebsfrieden gestört, überzeuge nicht. Diese Situation ergebe sich nämlich auch, wenn um die Frage der groben Fahrlässigkeit oder um ein etwaiges Mitverschulden des Geschädigten gestritten werde.

II.

6
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass ein Sozialversicherungsträger wegen der von ihm erbrachten Aufwendungen im Rahmen des § 110 SGB VII auch auf den fiktiven Schmerzensgeldanspruch des Geschädigten gegen den nach den §§ 104 ff. SGB VII haftungsprivilegierten Schädiger zurückgreifen kann.
7
1. Nach einer Auffassung im Schrifttum, auf die sich die Revision stützt, ist der Ersatzanspruch des Sozialversicherungsträgers auf die Höhe eines sachlich und zeitlich kongruenten Schadensersatzanspruchs begrenzt (vgl. Gamperl, NZV 2001, 401, 404; HWK/Giesen, § 110 SGB VII Rn. 6; Küppers- busch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 8. Aufl., Rn. 563 und NZV 2005, 393, 395; Rolfs in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 6. Aufl., SGB VII, § 110 Rn. 7; Stern-Krieger/Arnau, VersR 1997, 408, 412; vgl. auch Peck, SP 2005, 123 f.). Nach anderer Meinung ist dies nicht der Fall (vgl. BereiterHahn /Mehrtens, Unfallversicherung, 4. Aufl., Stand: Mai 2005, § 110 Rn. 7.2; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, Band 3/2, Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII -, 12. Aufl., Stand: April 2003, § 110 Rn. 14; Hauck/Noftz/Nehls, SGB VII, Stand: Mai 2005, § 110 Rn. 17; Kornes, r+s 2002, 309, 312; Krasney, NZS 2004, 68, 75; Lauterbach-Dahm, Unfallversicherung, Sozialgesetzbuch VII, 4. Aufl., § 110 Rn. 19; Lehmacher, die BG 2003, 464, 465 f. und NZV 2006, 63 f.; F. Müller NZV 2001, 366, 369; vgl. auch Lemcke r+s 2005, 307 f.). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an.
8
a) Das Haftungsprivileg der §§ 104 ff. SGB VII bezweckt zum einen, mit der aus den Beiträgen der Unternehmer finanzierten, verschuldensunabhängigen Unfallfürsorge die zivilrechtliche auf Verschulden gestützte Haftung der Unternehmer abzulösen, indem sie über die Berufsgenossenschaften von allen dazugehörigen Unternehmen gemeinschaftlich getragen und damit für den jeweils betroffenen Unternehmer kalkulierbar wird. Sie dient dem Unternehmer als Ausgleich für die allein von ihm getragene Beitragslast. Zum andern soll mit ihr der Betriebsfrieden im Unternehmen zwischen diesem und den Beschäftigten sowie den Beschäftigten untereinander gewahrt werden (vgl. Senatsurteile BGHZ 148, 214, 219 f.; 157, 213, 218; vom 24. Januar 2006 - VI ZR 290/04 - VersR 2006, 548, 549; vgl. auch BVerfGE 34, 118, 129 f., 132). Dem liegt zugleich die Überlegung zugrunde, dass das Zusammenwirken im Betrieb je nach den daraus drohenden Gefahren leicht zu Schädigungen führen kann, so dass eine Haftung des Schädigers in der Regel als unbillig erscheint und nur dann Platz greifen soll, wenn ihn ein besonders schwerer Vorwurf trifft und des- halb eine Belastung der Versichertengemeinschaft nicht mehr vertretbar erscheint (vgl. Senatsurteil BGHZ 154, 11, 18).
9
b) Um die einer Berufsgenossenschaft angehörenden Unternehmen nicht über Gebühr zu belasten, hat der Gesetzgeber den Sozialversicherungsträgern einen Rückgriffsanspruch eingeräumt, weil diese dann für ihre Aufwendungen zu Lasten des verantwortlichen Schädigers (sei es der Unternehmer, sei es der Arbeitskollege) schadlos gestellt werden sollen, wenn der an sich nach den §§ 636, 637 RVO oder den §§ 104 ff. SGB VII Haftungsprivilegierte den Unfall durch ein besonders zu missbilligendes Verhalten herbeigeführt hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 57, 314, 317; 75, 328, 330 f.; vom 15. Januar 1974 - VI ZR 137/72 - VersR 1974, 651, 652). Bei einem solchen Verhalten sind neben dem das Schadensrecht beherrschenden Ausgleichsgedanken auch präventive und erzieherische Gründe zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile BGHZ 57, 96, 99, 102; 57, 314, 322; 75, 328, 331; 154, 11, 18).
10
Diese Schadlosstellung hat der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 1996 durch § 640 RVO verwirklicht. Nach dieser Vorschrift hafteten die durch § 636 oder 637 RVO privilegierten Personen, die den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hatten, für alle Aufwendungen, die die Träger der Sozialversicherung nach Gesetz oder Satzung infolge des Arbeitsunfalls erbringen mussten (vgl. Senatsurteil BGHZ 57, 314, 318 ff.), also nicht nur für Sozialleistungen des Sozialversicherungsträgers, sondern auch für dessen weitere Aufwendungen. Eine Begrenzung der Höhe nach bestand nicht. Auch wenn die Aufwendungen über den zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch hinaus gingen, musste der Schädiger sie in voller Höhe ersetzen. Nach dieser Regelung stand mithin der Refinanzierungsgedanke des Sozialversicherungsträgers und damit die Beitragsentlastung der Mitglieder bei der Schadenbereinigung im Vordergrund (Kornes, r+s 2002, 309, 312).
11
Nach Überleitung des Unfallversicherungsrechts in das SGB VII ist der Regressanspruch der Sozialversicherungsträger für Unfälle ab dem 1. Januar 1997 in § 110 SGB VII geregelt. Nach dieser Vorschrift haften Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist, bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls ebenfalls für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs.
12
Mit dieser Änderung hat der Gesetzgeber der am bis dahin geltenden Recht geäußerten Kritik Rechnung getragen. Der Rückgriff nach § 640 RVO konnte dazu führen, dass der nach dieser Vorschrift Haftende dem Sozialversicherungsträger mehr zahlen musste als er nach allgemeinem Schadensersatzrecht an den Geschädigten hätte zahlen müssen. Es wurde als unbillig empfunden , dass der Unternehmer bei grob fahrlässiger Verursachung eines Unfalls seines Arbeitnehmers gegenüber dem von ihm mitfinanzierten Sozialversicherungsträger in größerem Umfang haften konnte als gegenüber seinem Arbeitnehmer nach Zivilrecht und zudem ohne die Möglichkeit, ein Mitverschulden einzuwenden (vgl. Kornes, aaO; Lang SVR 2005, 391, 392; Lehmacher, die BG 2003, 464; Stern-Krieger/Arnau, aaO). Die Haftung sollte deshalb mit Einführung des § 110 SGB VII nach der amtlichen Gesetzesbegründung auf den Umfang des Schadensersatzes beschränkt werden, den der Verpflichtete zivilrechtlich hätte leisten müssen. Im Übrigen sollte die in § 110 Abs. 1 SGB VII geregelte Schadensersatzpflicht im Wesentlichen dem bis dahin geltenden Recht entsprechen (vgl. BT-Drucks. 13/2204 S. 101).
13
c) Hieraus ergibt sich nicht, dass der Ersatzanspruch des Sozialversicherungsträgers auf die Höhe eines sachlich und zeitlich kongruenten Schadensersatzanspruchs begrenzt werden sollte.
14
Der Wortlaut des § 110 SGB VII enthält anders als § 116 SGB X, der den Übergang der zivilrechtlichen Ansprüche des versicherten Sozialleistungsberechtigten auf den Sozialleistungsträger bei Arbeitsunfällen außerhalb des Sozialversicherungsverhältnisses regelt, eine solche Einschränkung nicht. § 110 SGB VII begründet im Unterschied zu § 116 SGB X auch keinen gesetzlichen Übergang eines Anspruchs des Geschädigten, der vielmehr bei Bestehen einer Haftungsprivilegierung nach §§ 104 ff. SGB VII schon dem Grunde nach entfällt. Deshalb handelt es sich bei § 110 SGB VII um einen originären Anspruch des Sozialversicherungsträgers (vgl. Senatsurteil BGHZ 154, 11, 18). Gegenüber der früheren Rechtslage, wonach dem Sozialversicherungsträger sämtliche Aufwendungen ersetzt wurden, zielte die Gesetzesänderung darauf ab, die Haftung des Unternehmers auf den Umfang seiner zivilrechtlichen Haftung zu beschränken. Daraus ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber abweichend vom früheren Recht eine sachliche und zeitliche Kongruenz verlangen wollte. Ohnehin wird mit dem Erfordernis der Kongruenz regelmäßig das Ziel verfolgt, den Übergang von Ansprüchen, wie etwa bei § 116 SGB X, zu begrenzen. Um einen solchen Anspruch handelt es sich hier jedoch nicht.
15
Nach allem ist die Gesetzesänderung so zu verstehen, dass die Haftung des Schädigers bei einem Regress des Sozialversicherungsträgers der Höhe nach - auch im Hinblick auf ein etwaiges Mitverschulden - an die fiktive zivilrechtliche Haftung gegenüber dem Geschädigten angeglichen werden sollte. Nach der Neuregelung durch § 110 SGB VII soll der dem Regress ausgesetzte Schädiger so gestellt werden, wie er ohne die Privilegierung nach den §§ 104 ff. SGB VII stünde. Er soll einerseits nicht auf Kosten der Solidargemeinschaft der der Berufsgenossenschaft angehörenden Unternehmen privilegiert werden, andererseits aber nicht einer höheren Haftung ausgesetzt sein als ohne Privilegierung.
16
2. Da somit eine Kongruenz der Ansprüche nicht erforderlich ist, ist der fiktive Anspruch auf Schmerzensgeld entgegen der Auffassung der Revision und eines Teils des Schrifttums (vgl. HWK/Giesen, § 110 SGB VII Rn. 6; Küppersbusch NZV 2005, 393, 395 f.; Lemcke, aaO; Rolfs in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 6. Aufl., SGB VII, § 110 Rn. 7; Stern-Krieger/Arnau, VersR 1997, 408, 412; vgl. auch Arbeitskreis VI des 39. Verkehrsgerichtstages, VersR 2001, 308, 310; Peck, SP 2005, 123 f.) bei der Ermittlung des Umfangs des fiktiven zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs zu berücksichtigen (so: Bereiter -Hahn/Mehrtens, aaO; Brackmann/Krasney, aaO; Hauck/Nehls, aaO; Kornes , aaO; Krasney, aaO; Lehmacher, die BG 2003, 464, 465 f. und NZV 2006, 63 f.; F. Müller NZV 2001, 366, 369).
17
Die entgegengesetzte Auffassung (Nichtberücksichtigung des Schmerzensgeldanspruchs ) wird insbesondere damit begründet, dass es in § 847 BGB a.F. und § 253 BGB nicht "Schadensersatz", sondern "Entschädigung in Geld" heißt. Dies ändert indes nichts daran, dass es sich dabei um einen Anspruch auf Ersatz (immateriellen) Schadens und somit um einen Schadensersatzanspruch handelt. § 847 BGB a.F. war in das System der Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung nach §§ 823 ff. BGB eingebettet und damit als bürgerlichrechtlicher Schadensersatzanspruch konstruiert (vgl. BGHZ [GS] 18, 149, 157; BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - III ZR 9/03 - VersR 2004, 332, 335; G. Müller, VersR 1993, 909, 910 f.). Für § 253 BGB ergibt sich dies sowohl aus seiner gesetzessystematischen Einordnung bei den §§ 249 ff. BGB als auch aus dem Wortlaut der Vorschrift, die an einen "Schaden, der nicht Vermögensschaden ist" anknüpft. § 253 Abs. 2 BGB setzt einen Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach voraus und besagt, dass ein solcher Anspruch auch den Ausgleich eines vom Geschädigten erlittenen immateriellen Schadens umfasst. Dabei spricht die Formulierung "wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist" statt "Ersatz des … Schadens" nicht gegen die Einordnung als Schadensersatzanspruch. Vielmehr erklärt sich die weniger bestimmte Formulierung in § 847 BGB a.F. und § 253 BGB aus den Besonderheiten des immateriellen Schadens (vgl. dazu grundlegend BGHZ 7, 223, 225 ff.; [GS] 18, 149, 154 ff.), ohne dass hierdurch die Wertung des Anspruchs als Schadensersatzanspruch in Frage gestellt werden könnte (vgl. BGHZ 7, 223, 225 f.; G. Müller , aaO, 911). Das Gleiche gilt für die Bezeichnung als Schadensersatzanspruch eigener Art (BGHZ [GS] 18, 149).
18
Es ist auch von der Sache her konsequent, den Schmerzensgeldanspruch in die Ermittlung des fiktiven Schadensersatzanspruchs einzubeziehen. Nur dies wird dem Anliegen des Gesetzgebers gerecht, den Schädiger im Falle des Regresses so zu stellen, wie er ohne die Haftungsprivilegierung wegen des dann gegebenen Schadensersatzanspruchs des Geschädigten stünde.
19
3. Entgegen der Auffassung der Revision steht der Einbeziehung des Anspruchs auf Zahlung eines Schmerzensgeldes auch nicht entgegen, dass es (insbesondere) in den Fällen der Entsperrung des Haftungsprivilegs wegen der Möglichkeit sowohl eines Regresses durch den Sozialversicherungsträger als auch eines Schadensersatzverlangens des Geschädigten zu einer Doppelbelastung des Schädigers kommen könnte. Derartige Fälle einer Anspruchskonkurrenz , die zudem nicht häufig sein dürften, könnten ggf. durch einen Verzicht des Sozialversicherungsträgers auf seinen Anspruch gelöst werden, zu dem er in pflichtgemäßer Ausübung seines Ermessens nach §§ 110 Abs. 2 SGB VII, 39 SGB I sogar verpflichtet sein kann (vgl. Senatsurteile BGHZ 57, 96, 99; 69, 354, 360). Danach wird der Sozialversicherungsträger regelmäßig auf eine Anspruchsrealisierung zum Nachteil des Versicherten ganz oder teilweise verzichten müssen (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, aaO; Kornes, aaO, 314 f.; Lehmacher , die BG 2003, 464 f.; Regress - Referenten - Tagung des HVBG 1997, HVBG-Info 10/1997, 899, 902).
20
4. Nach allem ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 20.08.2004 - 18 O 433/03 -
OLG Köln, Entscheidung vom 30.05.2005 - 21 U 22/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 70/07 Verkündet am:
29. Januar 2008
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Bei einem Rückgriff gemäß § 110 SGB VII trägt der Sozialversicherungsträger
die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Höhe des fiktiven zivilrechtlichen
Schadensersatzanspruchs des Geschädigten gegen den nach §§ 104 ff.
SGB VII haftungsprivilegierten Schädiger.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - VI ZR 70/07 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 14. Februar 2007 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die klagende Berufsgenossenschaft nimmt den Beklagten wegen eines Arbeitsunfalls ihres Versicherten gemäß § 110 SGB VII in Anspruch.
2
Der bei dem Beklagten beschäftigte Versicherte stürzte am 27. April 1999 aus einer Höhe von 5,5 m von einem Gerüst in eine Baugrube und verletzte sich schwer. Aus Anlass dieses Unfalls erbrachte die Klägerin Leistungen , von denen sie 36.577,03 € von dem Beklagten ersetzt verlangt. Die Parteien sind sich einig, dass die grundsätzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 110 SGB VII wegen einer groben Fahrlässigkeit auf Beklagtenseite vorliegen.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch des Geschädigten nicht dargelegt habe und sie auf den fiktiven Schmerzensgeldanspruch des Versicherten nicht zurückgreifen könne. Die dagegen gerichtete Berufung hatte zum Teil Erfolg. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 25.000 € verurteilt und dem Feststellungsbegehren hinsichtlich weiterer Aufwendungen der Klägerin - bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs des Versicherten - entsprochen. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in r+s 2007, 260 veröffentlicht ist, folgt der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteil BGHZ 168, 161, 163 ff.), wonach der Sozialversicherungsträger wegen der von ihm erbrachten Aufwendungen beim Rückgriff nach § 110 SGB VII grundsätzlich auch auf den fiktiven Schmerzensgeldanspruch des Geschädigten gegen den nach den §§ 104 ff. SGB VII haftungsprivilegierten Schädiger zurückgreifen kann. Aufgrund der unfallbedingten Verletzungen des Geschädigten sei dessen fiktiver Schmerzensgeldanspruch mit 25.000 € zu bemessen. Mit diesem Betrag seien die Rentenzahlungen der Klägerin für 1999/2000, 2001 und 2002 (insgesamt 19.844,90 €), ihr im Jahre 2002 entstandene Gutachterkosten von 436,23 € sowie ihre Rentenzahlungen für 2003 in Höhe von 4.718,87 € ausgeglichen. Dass dem Geschädigten über den Schmerzensgeldanspruch hinaus ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zustehe, habe die Klägerin, die insoweit jedenfalls eine sekundäre Darlegungslast treffe, nicht dargelegt. Bei einem Rückgriff gemäß § 110 SGB VII trage der Sozialver- sicherungsträger die Beweislast hinsichtlich der Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs.

II.

5
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
6
1. Das Berufungsgericht geht davon aus, die Klägerin habe nicht dargelegt , dass dem Geschädigten über seinen - von beiden Parteien nach Grund und Höhe nicht in Zweifel gezogenen - Schmerzensgeldanspruch hinaus ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch zustehe. Diese Beurteilung wird von der Revision nicht angegriffen und lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.
7
2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe die Grundsätze der sogenannten sekundären Darlegungslast verkannt. Es habe erwogen, dass der Beklagte als Schädiger die Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs darzulegen und zu beweisen habe und die Klägerin insoweit eine gesteigerte, sogenannte sekundäre Darlegungslast treffe. Das Berufungsgericht habe dabei aber übersehen, dass die Annahme einer sekundären Darlegungslast vorliegend den - wenn auch allgemein gehaltenen - Vortrag des Beklagten voraussetze, dass dem Verletzten kein weiterer zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch zustehe. Eine entsprechende Behauptung habe der Beklagte jedoch nicht aufgestellt. Dies trifft nicht zu. Wie die Revision selbst geltend macht, kann sich derjenige, der im Rechtsstreit eine negative Tatsache darlegen und beweisen muss, zunächst auf deren schlichte Behauptung beschränken (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - I ZB 17/06 - GRUR 2007, 629, 630). Vorliegend ist dem Vortrag des Beklagten zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Anspruchshöhe in Verbindung mit seinem Antrag auf Klageabweisung die Behauptung zu entnehmen, dass es an einem weiteren zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch des Versicherten fehle. Auch hat das Berufungsgericht - von der Revision unbeanstandet - festgestellt, dass der Beklagte seine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit über die bereits bezahlten Beträge hinaus bestritten habe. Dieses Vorbringen genügt grundsätzlich zur Behauptung des Nichtbestehens eines weitergehenden Anspruchs.
8
3. Entgegen der Auffassung der Revision trifft die Klägerin im Streitfall allerdings nicht nur eine sekundäre Darlegungslast, sondern die primäre Darlegungs - und Beweislast.
9
a) Die Frage, wer bei einem Rückgriff des Sozialversicherungsträgers nach § 110 SGB VII die Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs darlegen und beweisen muss, ist streitig. In der Literatur wird teilweise die Auffassung vertreten, der Sozialversicherungsträger könne über § 110 SGB VII seine Aufwendungen in voller Höhe geltend machen, während der Schädiger darlegen müsse, dass der (fiktive) zivilrechtliche Schadensersatzanspruch des Geschädigten niedriger sei (KassKomm-Ricke, § 110 SGB VII [Stand: November 2006], Rn. 8; Rapp in LPK-SGB VII, § 110, Rn. 23; Wannagat, SGB VII, § 110 [Stand: April 2007], Rn. 7; Schmitt, SGB VII, § 110, Rn. 13; AR-Blattei SD [Pfeifer], 870.1 [Stand: August 2003], Rn. 155; Kater/Leube, SGB VII, § 110, Rn. 15; Lehmacher, NZV 2006, 63, 65; Kornes, BG 2006, 309, 316 f.; Waltermann , NJW 1997, 3401, 3404; ebenso: OLG Köln, Urteil vom 30. Mai 2005 - 21 U 22/04, juris, Rn. 29, insoweit in r+s 2005, 306 f. nicht abgedruckt; LG München I, NJOZ 2003, 1699, 1701 f.; offen gelassen: Wussow, WI 1996, 201, 202; zweifelnd: Lauterbach/Dahm, Unfallversicherung SGB VII, 4. Aufl., § 110 [Stand Mai 2005], Rn. 14; Stern-Krieger/Arnau, VersR 1997, 408, 412). Demgegenüber sieht die Gegenmeinung die Darlegungs- und Beweislast auf Seiten des Sozial- versicherungsträgers (Bereiter/Hahn, Gesetzliche Unfallversicherung, § 110 SGB VII [Stand: März 2007], Rn. 7.2; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung , Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, § 110 [Stand: Juli 2007], Rn. 15; Hauck/Nehls, SGB VII, K § 110 [Stand: April 2005], Rn. 19; Geigel /Wellner, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., Kap. 32, Rn. 29; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 32, Rn. 137; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 9. Aufl., Rn. 563; ders., NZV 2005, 393, 396 ff.; Krasney, NZS 2004, 68, 75; Lemcke/Heß, r+s 2007, 221, 228 ff.; Lemcke , r+s 2005, 307, 308). Diese Auffassung trifft zu.
10
b) Hierfür sprechen sowohl der Wortlaut der Vorschrift als auch die Systematik der gesetzlichen Regelung. § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB VII bestimmt, dass haftungsprivilegierte Personen, die den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben, den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen haften, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs. Daraus folgt, dass der Rückgriffsanspruch des Sozialversicherungsträgers von vornherein nur in Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs besteht (Bereiter/Hahn, aaO; Brackmann/Krasney, aaO; Krasney, aaO). Zwar nimmt die Vorschrift zur Frage der Darlegungslast und der dieser grundsätzlich folgenden Beweislast nicht ausdrücklich Stellung, doch gilt als Grundregel, dass jede Partei die Voraussetzungen einer ihr günstigen Norm darzulegen und zu beweisen hat. Deshalb ist es grundsätzlich Sache des Anspruchstellers, diejenigen Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, die seine Vorstellungen zur Schadenshöhe rechtfertigen (vgl. Senatsurteile vom 14. Februar 2006 - VI ZR 126/05 - VersR 2006, 669, 670 und vom 13. November 2007 - VI ZR 89/07 - VersR 2008, 134, 135; Baumgärtel/Strieder, Handbuch der Beweislast im Privatrecht , Bd. 1, 2. Aufl., § 249, Rn. 1).
11
Dieser Gesetzesauslegung steht nicht entgegen, dass die im zweiten Halbsatz der Vorschrift geregelte Begrenzung des Anspruchs mit dem Wort "jedoch" eingeleitet wird. Dieser Formulierung lässt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber die Begrenzung der Haftung auf die Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs als Ausnahmefall ausgestaltet hat, dessen Voraussetzungen der Schädiger darzulegen und zu beweisen hätte (vgl. MünchKommZPO/Prütting, 3. Aufl., § 286, Rn. 108 ff.; Hk-ZPO/Saenger, 2. Aufl., § 286, Rn. 58). Eine solche Beurteilung könnte etwa dann geboten sein, wenn der Gesetzgeber statt des Wortes "jedoch" eine Formulierung wie "es sei denn" gewählt hätte und deswegen auf das Bestehen eines Regel/Ausnahme-Verhältnisses geschlossen werden könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Anders als nach § 640 RVO gibt es nach heute geltender Rechtslage keine allgemeine Regel des Inhalts, dass der Sozialversicherungsträger grundsätzlich einen Anspruch auf vollen Ersatz seiner Aufwendungen hätte. Insoweit unterscheidet sich die in § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB VII getroffene Regelung von der Bestimmung des § 640 RVO a.F., wonach der Regressanspruch von der Höhe des zivilrechtlichen Anspruchs des Geschädigten unabhängig war und dementsprechend über diesen hinausgehen konnte (Marschner, BB 1996, 2090, 2092 f.; Kornes, r+s 2002, 309, 311 f.). Dass der Unternehmer danach bei grob fahrlässiger Verursachung eines Unfalls seines Arbeitnehmers gegenüber dem von ihm mitfinanzierten Sozialversicherungsträger in größerem Umfang haften konnte als gegenüber seinem Arbeitnehmer nach Zivilrecht und zudem ohne die Möglichkeit, ein Mitverschulden einzuwenden , wurde allgemein als unbillig empfunden. Deshalb ist durch die in § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB VII getroffene Neuregelung die Haftung des Verpflichteten auf den Umfang des Schadensersatzes beschränkt worden, den er zivilrechtlich hätte leisten müssen (vgl. Senatsurteil BGHZ 168, 161, 165 m.w.N.; BT-Drucks.
13/2204, S. 101), und der auch geringer sein kann als die Aufwendungen des Sozialversicherers.
12
Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Haftungsbegrenzung auch nicht allein deshalb stets von dem Anspruchsgegner darzulegen, weil sie für diesen günstig ist. So ist z. B. die Haftungsbegrenzung des § 12 StVG (Haftungshöchstbetrag ) nicht vom Anspruchsgegner darzulegen bzw. einzuwenden, sondern schon von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. OLG Celle, OLGR 2007, 505, 508; Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., § 12 StVG, Rn. 1). Soll eine Haftungsbegrenzung nur greifen, wenn der Anspruchsgegner sich auf sie beruft, hat der Gesetzgeber dies - anders als bei § 110 SGB VII - z. B. in den §§ 1990 oder 1629a BGB oder im früheren § 419 BGB a.F. explizit im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck gebracht.
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c) Gegen die hier vertretene Auslegung spricht auch nicht die Entstehungsgeschichte der Vorschrift des § 110 SGB VII. Ein entgegenstehender Wille des Gesetzgebers lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. In der amtlichen Begründung zum "Entwurf eines Gesetzes zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs -Einordnungsgesetz - UVEG)" vom 7. August 1996 (BGBl I 1996, 1254) heißt es dazu (BT-Drucks. 13/2204, S. 101): "Die Haftung wird auf den Umfang des Schadensersatzes beschränkt, den der Verpflichtete zivilrechtlich hätte leisten müssen; es ist Sache des Schädigers, den Umfang seiner zivilrechtlichen Haftung darzulegen." Soweit daraus der Wille des Gesetzgebers abgeleitet wird, der Schädiger müsse ein den Umfang seiner Haftung minderndes Mitverschulden des Geschädigten darlegen, entspricht dies allgemeinen Grundsätzen, denn für die Voraussetzungen des § 254 BGB ist regelmäßig der Schädiger darlegungs- und beweispflichtig (MünchKommBGB/Oetker, 5. Aufl., § 254 Rn. 145; Meyke, Darlegen und Beweisen im Zivilprozess, 2. Aufl., Rn. 413). Dass dies im Gesetzgebungsverfahren dennoch ausdrücklich erwähnt wurde, mag damit zu erklären sein, dass nach früherer Rechtslage der Schädiger gegenüber dem Regressanspruch nach § 640 RVO ein Mitverschulden des Geschädigten gerade nicht einwenden konnte (vgl. Senatsurteil BGHZ 168, 161, 165 f.). Aus der Formulierung der Gesetzesbegründung kann darüber hinaus aber nicht gefolgert werden, dass der Schädiger mit dem "Umfang seiner zivilrechtlichen Haftung" auch die Höhe des Schadensersatzanspruchs des Geschädigten darlegen müsse. Die weitere Gesetzesbegründung bringt vielmehr deutlich zum Ausdruck, dass durch § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB VII im Gegensatz zum früheren § 640 RVO die Haftung des Verpflichteten auf den Umfang des Schadensersatzes beschränkt werden sollte, den er zivilrechtlich hätte leisten müssen (BT-Drucks. 13/2204, S. 101). Damit sollte er so gestellt werden, wie er ohne die Privilegierung nach den §§ 104 ff. SGB VII stünde (Senatsurteil BGHZ 168, 161, 166). Ohne Haftungsprivilegierung aber obläge es nicht ihm, die Höhe des Personenschadens darzulegen, sondern dem Geschädigten, also dem Anspruchsteller. Wäre dies im Rahmen von § 110 SGB VII anders, stünde der Schädiger eben nicht so wie ohne die Privilegierung nach den §§ 104 ff. SGB VII, sondern prozessual schlechter, sodass die beabsichtigte Besserstellung gegenüber § 640 RVO häufig leerliefe (Geigel/Wellner, aaO, Kap. 32, Rn. 29; Küppersbusch, NZV 2005, 393, 397).
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d) Auch Sinn und Zweck der Regelung des § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sowie die Interessenlage sprechen dafür, die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe des (fiktiven) zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs des Geschädigten dem Sozialversicherungsträger aufzuerlegen. Anders als dieser ist der Schädiger nämlich in der Regel nicht - jedenfalls nicht ohne Mitwirkung des Geschädigten - in der Lage, die Höhe des Schadens des Geschädigten darzulegen. Dazu müsste er Fakten ausforschen, die nicht in seiner Sphäre liegen, und die ihm daher meist nicht bekannt und für ihn kaum feststellbar sind (Küppers- busch, NZV 2005, 393, 396 f.). Sein Kontakt zum Geschädigten wird wegen der nach den §§ 104 ff. SGB VII gegebenen Haftungsprivilegierung nach dem Schadensereignis oftmals beeinträchtigt sein. Regelmäßig werden ihm die unfallbedingten Verletzungen im Einzelnen und die weitere gesundheitliche Entwicklung ebenso wenig bekannt sein wie die sich aus dem Unfall ergebenden materiellen Kosten des Geschädigten. Dagegen spricht auch nicht, dass er, etwa wenn er - wie vorliegend - der Arbeitgeber des Geschädigten ist, über dessen Verdienstausfall informiert sein kann (vgl. Kornes, BG 2006, 309, 317). In vielen anderen Fallkonstellationen wird ihm diese Kenntnis nämlich fehlen. Hinzu kommt, dass es dem Schädiger regelmäßig auch nicht möglich sein wird, sich die notwendigen Informationen zu beschaffen, denn der Geschädigte ist ihm gegenüber nicht auskunftspflichtig. Andererseits muss der Sozialversicherungsträger im Rahmen der Regulierung ohnehin die für die Schadensberechnung maßgeblichen Faktoren von sich aus klären, weil sie häufig Grundlage für die zu erbringenden Sozialleistungen sind. Auch kann er sich die notwendigen Informationen leichter beschaffen, denn der Sozialversicherungsträger steht mit dem Geschädigten in einem öffentlich-rechtlichen Sozialleistungsverhältnis und hat gegen ihn einen Auskunfts- und Mitwirkungsanspruch (§§ 60 ff. SGB I; vgl. BSGE 45, 119, 123; KassKomm-Seewald, § 60 SGB I [Stand: September 2007], Rn. 13 ff.; KassKomm-Kater, § 116 SGB X [Stand: März 2007], Rn. 161). Zudem hat er die Möglichkeit, Auskünfte bei anderen Sozialversicherungsträgern , Ärzten und Arbeitgebern anzufordern (Lemcke/Heß, r+s 2007, 221, 228 f.).
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e) Dagegen sind Gründe, die für eine Darlegungslast des Schädigers sprechen, nicht ersichtlich. Das Argument, eine Darlegungs- und Beweislast des Schädigers füge sich nahtlos in die Systematik der Beweiserleichterungen bei schweren Fehlern ein (Kornes, BG 2006, 309, 317), überzeugt nicht. Besonders grobes Verschulden des Schädigers - wie im Falle des § 110 SGB VII vorausgesetzt - ist regelmäßig kein Grund für Erleichterungen bei der Darlegungs - und Beweislast des Geschädigten. Deshalb verfängt auch nicht der Hinweis darauf, dass § 110 SGB VII wie seine Vorgängernorm § 640 RVO erzieherische bzw. präventive Gründe habe (vgl. Senatsurteil vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88 - NJW-RR 1989, 339, 340 f.). Erleichterungen bei der Darlegungs - und Beweislast dienen nicht der Sanktion, sondern sind regelmäßig nur dann gerechtfertigt, wenn der Geschädigte außerstande ist, den objektiven Geschehensablauf zu überblicken und diese Tatsachen schlüssig darzulegen, wie dies etwa bei der Produzentenhaftung oder bei der Arzthaftung im Falle einer durch einen groben Behandlungsfehler zulasten des Patienten verschlechterten Beweissituation gegeben sein kann (vgl. Hk-ZPO/Saenger, aaO, Rn. 70 f. m.w.N.). Im Rahmen des § 110 SGB VII verschlechtert aber ein grobes Verschulden des Schädigers die Beweissituation nicht. Das Problem, den Schaden einer nicht am Verfahren beteiligten Person (des Geschädigten) darlegen zu müssen, stellt sich bei § 110 SGB VII grundsätzlich sowohl für den Anspruchsteller als auch den Anspruchsgegner. Bei dieser Sachlage ist eine Abweichung von dem allgemeinen Grundsatz, wonach der Anspruchsteller nicht nur den Grund, sondern auch die Höhe des von ihm geltend gemachten Anspruchs darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, nicht gerechtfertigt.

III.

16
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Heidelberg, Entscheidung vom 12.05.2006 - 1 O 102/05 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 14.02.2007 - 7 U 135/06 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs. Statt der Rente kann der Kapitalwert gefordert werden. Das Verschulden braucht sich nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen.

(1a) Unternehmer, die Schwarzarbeit nach § 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes erbringen und dadurch bewirken, dass Beiträge nach dem Sechsten Kapitel nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet werden, erstatten den Unfallversicherungsträgern die Aufwendungen, die diesen infolge von Versicherungsfällen bei Ausführung der Schwarzarbeit entstanden sind. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung wird vermutet, wenn die Unternehmer die Personen, bei denen die Versicherungsfälle eingetreten sind, nicht nach § 28a des Vierten Buches bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle der Rentenversicherung angemeldet hatten.

(2) Die Sozialversicherungsträger können nach billigem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten.