Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 19. Aug. 2015 - 2 OLG 4 Ss 91/15

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2015:0819.2OLG4SS91.15.0A
bei uns veröffentlicht am19.08.2015

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Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 13. kleinen Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 23. Dezember 2014 im Rechtsfolgenausspruch mit den dazu gehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als offensichtlich unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Koblenz zurückverwiesen.

Gründe

I.

1.

1

Am 27. Februar 2012 verurteilte das Amtsgericht - Wirtschaftsschöffengericht - Mainz den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Auf die Berufung des Angeklagten hob die 8. kleine Strafkammer des Landgerichts Koblenz diese Entscheidung durch Urteil vom 18. Dezember 2012 auf und verurteilte diesen wegen Steuerhinterziehung in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auf die Revision des Angeklagten hob der Senat das Berufungsurteil wegen Darlegungsmängeln auf und wies die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Koblenz zurück (Beschl. 2 Ss 48/13 v. 05.06.2013).

2.

2

Mit der im Tenor genannten Entscheidung hat die infolge der Zurückverweisung zuständige 13. kleine Strafkammer des Landgerichts Koblenz unter Verwerfung der Berufung im Übrigen das Urteil des Amtsgerichts Mainz im Rechtsfolgenausspruch abgeändert und den Angeklagten wiederum zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil wurde dem Verteidiger des Angeklagten am 16. März 2015 zugestellt.

3

Nach den Urteilsfeststellungen betrieb der Angeklagte als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) seit Oktober 2007 ein Gewerbe zum An- und Verkauf von Edelmetallen, Edelsteinen, Antiquitäten und Schmuck. Er kaufte Altschmuck über Auktions- und Pfandhäuser an und verkaufte diese Waren gewinnbringend an Scheideanstalten weiter, wobei ihm die jeweiligen Anstalten Rechnungen im Form von Gutschriften ausstellten, die er sich regelmäßig auszahlen ließ. Um die auf diese Geschäfte entfallende Umsatzsteuer zu verkürzen, gab er - gemeinsam mit der für seine steuerlichen Angelegenheiten zuständigen Mitarbeiterin der Firma a. Steuerberatungsgesellschaft mbH, der gesondert Verfolgten C. -, für die zwölf Monate von August 2008 bis Juli 2009 beim zuständigen Finanzamt M. Umsatzsteuervoranmeldungen ab, die deutlich niedrigere Umsätze als die von ihm tatsächlich erzielten aufwiesen, und verkürzte dadurch die Umsatzsteuer für diese Zeit um insgesamt 537.718,24 Euro. Feststellungen zu einem geltend gemachten Vorsteuerabzug bzw. zu einer Vorsteuerabzugsberechtigung (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG) des Angeklagten im Tatzeitraum hat die Strafkammer nicht getroffen.

3.

4

Gegen das Urteil hat der Angeklagte am 30. Dezember 2014 Revision eingelegt und dieses Rechtsmittel am 14. April 2015 näher begründet; er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

5

Der Senat kann entscheiden, da dem Angeklagten hinreichend rechtliches Gehör zum Verwerfungsantrag der Generalstaatsanwaltschaft gewährt worden ist. Soweit er die per Telefax an seinen Verteidiger erfolgte Übersendung des Antrags mangels förmlicher Zustellung für unwirksam hält, ist dem nicht zu folgen. Gemäß § 349 Abs. 3 Satz 1 StPO ist der Verwerfungsantrag nach § 349 Abs. 2 StPO dem Beschwerdeführer lediglichmitzuteilen, eine förmliche Zustellung gemäß §§ 35 Abs. 2, 37 Abs. 2 StPO nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung ist nicht vorgesehen. Wie bereits aus der amtlichen Überschrift des 4. Abschnitts der StPO zu §§ 33 bis 41 hervorgeht, gelten diese Vorschriften nur für gerichtliche Entscheidungen und nicht für staatsanwaltschaftliche Erklärungen. Eine sinngemäße Anwendung dieser Vorschriften auf den Verwerfungsantrag nach § 349 Abs. 2 StPO kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei diesem Antrag nicht um eine (staatsanwaltschaftliche) Entscheidung handelt. Außerdem ist die Zweiwochenfrist des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO keine Notfrist im Sinne einer gesetzlichen Ausschlussfrist gemäß § 187 Satz 2 ZPO, sondern lediglich eine Ordnungsfrist, deren Überschreitung unschädlich ist, solange das Revisionsgericht das Rechtsmittel noch nicht verworfen hat (vgl. BayObLG, 1 StRR 9/99 v. 03.03.1999 - NStZ-RR 1999, 244 f. ). Es reicht deshalb aus, wenn - auch ohne förmliche Zustellung - der Nachweis erbracht ist, dass der Verwerfungsantrag dem Beschwerdeführer zugegangen ist. Dies ist vorliegend durch den Telefax-Sendebericht vom 19. Juni 2015 (Bl. 1293 d.A.) geschehen.

III.

6

Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg und zieht die Aufhebung des Urteils im Rechtsfolgenausspruch nach sich. Unberührt hiervon bleiben der Schuldspruch und die dazu getroffenen Feststellungen.

1.

7

Hinsichtlich der Erfolglosigkeit der erhobenen Verfahrensrügen nimmt der Senat Bezug auf die Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 17. Juni 2015; die Ausführungen des Verteidigers im Telefax-Schriftsatz vom 5. Juli 2015 rechtfertigen keine andere Beurteilung. Ergänzend ist lediglich auf folgendes hinzuweisen:

8

a) § 229 Abs. 1 StPO ist nicht verletzt, da die Hauptverhandlung zu keinem Zeitpunkt länger als drei Wochen unterbrochen war. Zur Sache hat die Strafkammer auch am 3. Dezember 2014 verhandelt, denn in diesem Termin hat der Vorsitzende Richter das Selbstleseverfahren angeordnet, welches die Verlesung von Urkunden und damit die Beweisaufnahme ersetzt; diesem Termin kommt deshalb entgegen der Auffassung der Revision Unterbrechungswirkung zu (vgl. BGH, 5 StR 412/12 v. 28.11.2012 - BGHSt 58, 59 ). Der Hinweis des Verteidigers auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. Oktober 2007 (3 StR 254/07 - NStZ 2008, 115) verfängt nicht, da der dort entschiedene Fall nicht die Unterbrechungswirkung durch Anordnung des Selbstleseverfahrens, sondern die bloße - keine Verhandlung zur Sache darstellende - Feststellung der Kenntnisnahme nach § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO betraf.

9

b) Die Rüge der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) mit dem Vortrag, der Tatrichter hätte die Höhe der abzugsfähigen Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG und damit den tatsächlichen Steuerschaden ermitteln müssen, ist nicht in zulässiger Form geltend gemacht (§ 344 Abs. 2 S. 2 StPO). Erhebt der Revisionsführer eine Aufklärungsrüge, so muss er jedenfalls ein bestimmtes Beweismittel, dessen sich das Gericht seiner Ansicht nach hätte bedienen müssen, eine konkrete Beweistatsache, das zu erwartende und für ihn günstige Beweisergebnis sowie die Umstände vortragen, die das Gericht zu der vermissten Beweiserhebung hätten drängen müssen; es muss zudem deutlich werden, weshalb das Beweismittel geeignet ist, die aufgestellte Behauptung unmittelbar zu belegen (vgl. die Nachweise zur ständigen Rechtsprechung des BGH bei Cirener, NStZ-RR 2014, 100). Der Angeklagte hätte mit der Revision daher im Einzelnen darlegen müssen, aufgrund welcher Einzelrechnungen (Beweismittel) und in welcher Höhe (Beweistatsache) eine Vorsteuerabzugsberechtigung tatsächlich bestand oder geltend gemacht wurde. Denn gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG setzt die Ausübung des Vorsteuerabzugs voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.

10

Der mit der Aufklärungsrüge geltend gemachte Umstand der fehlenden Erörterung einer möglichen Vorsteuerabzugsberechtigung des Angeklagten führt hier jedoch auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils im Rechtsfolgenausspruch (s.u.).

2.

11

Die Überprüfung des Schuldspruchs nach Maßgabe der Revisionsrechtfertigung und der Gegenerklärung vom 5. Juli 2015 hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

12

Die zum Schuldspruch getroffenen Feststellungen tragen eine Verurteilung wegen Umsatzsteuerhinterziehung in zwölf Fällen in objektiver und subjektiver Weise. Für die Darstellung einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO muss das Urteil grundsätzlich erkennen lassen, welches steuerlich erhebliche Verhalten des Angeklagten bezüglich welcher Abgabenart und in welchem Besteuerungszeitraum zu einer Steuerverkürzung geführt hat und welche innere Einstellung der Angeklagte dazu hatte; dabei ist regelmäßig zunächst darzustellen, wann der Angeklagte welche Steuererklärungen abgegeben hat, und dann zu erörtern, welche Umsätze oder Einkünfte er etwa verschwiegen oder welche unberechtigten Vorsteuerabzüge oder Betriebsausgaben er etwa geltend gemacht hat. Der Tatrichter hat für jede Steuerart und jeden Besteuerungszeitraum unter Schuldgesichtspunkten so klare Feststellungen zu treffen, dass sowohl die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen als auch die Berechnung der verkürzten Steuern der Höhe nach erkennbar werden (vgl. BGH, 5 StR 368/05 v. 13.10.2005 - NStZ-RR 2006, 177 ). Diesen Anforderungen wird das angegriffene Urteil - jedenfalls was den Schuldspruch betrifft - gerecht. Im Fall einer Steuerhinterziehung durch Vorlage unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen gehören zu den für den Schuldspruch maßgeblichen steuerlich erheblichen Tatsachen die Darstellung der erklärten und der tatsächlichen Umsätze (vgl. Senat, 2 Ws 48/13 v. 05.06.2013 - in dieser Sache).

13

Soweit das Urteil Feststellungen zu einer möglichen Vorsteuerabzugsberechtigung des Angeklagten nicht enthält, berührt dies den Schuldspruch nicht. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann ein umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge von der Umsatzsteuer abziehen, wenn er eine den §§ 14, 14a UStG entsprechende Rechnung besitzt. Dies setzt aber voraus, dass der Unternehmer einen entsprechenden Abzug im Besteuerungsverfahren geltend macht. Dass der Angeklagte hier in den tatgegenständlichen Umsatzsteuervoranmeldungen entsprechende Vorsteuerbeträge abgezogen hätte, lässt sich den Urteilsfeststellungen nicht entnehmen und wird auch von der Revision nicht behauptet. Wegen des Kompensationsverbots des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO hat es keinetatbestandlichen Auswirkungen, wenn der Täter einer Umsatzsteuerhinterziehung tatsächlich entstandene Vorsteuern nicht geltend gemacht hat (vgl. BGH, 5 StR 582/07 v. 08.01.2008 - wistra 2008, 153 ). Der Gesichtspunkt der Vorsteuerabzugsberechtigung muss deshalb beim Schuldspruch außer Betracht bleiben.

3.

14

Aufzuheben war das Urteil jedoch im Rechtsfolgenausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen.

15

a) Der Rechtsfolgenausspruch kann schon deswegen keinen Bestand haben, weil die Ausführungen des Urteils zur Strafzumessung einen Erörterungsmangel enthalten, der zur Verletzung des § 46 Abs. 2 StGB führt. Zwar hat es, wie dargestellt, keine tatbestandlichen Auswirkungen, wenn der Täter einer Steuerhinterziehung - wie hier - tatsächlich entstandene Vorsteuern nicht geltend gemacht hat. Ein nicht geltend gemachter Vorsteuerabzug kann jedoch zu einer Minderung der nach § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB bei der Strafzumessung zu beachtenden verschuldeten Auswirkungen der Tat führen (vgl. BGH, 5 StR 582/07 v. 08.01.2008 - wistra 2008, 153 ; 5 StR 516/01 v. 11.07.2002 - BGHSt 47, 343 <351>; 5 StR 420/03 v. 05.02.2004 - NStZ 2004, 579 <580>; OLG Koblenz, 1 Ss 31/03 v. 19.02.2003). Die Frage einer Vorsteuerabzugsberechtigung ist daher jedenfalls in solchen Fällen zu erörtern, in denen es nach Art der konkreten Erwerbs- und Verkaufsgeschäfte des Unternehmers nahe liegt, dass eine solche Berechtigung besteht. In diesen Fällen hat der Tatrichter aufzuklären und in den Strafzumessungserwägungen darzustellen, ob und in welcher Höhe eine - nicht geltend gemachte - Abzugsberechtigung bestanden hat, um die für die Strafbemessung maßgeblichen Tatauswirkungen festzustellen.

16

So liegt der Fall hier. Der Angeklagte kaufte Altschmuck von ihrerseits umsatzsteuerpflichtigen Unternehmern an, um diesen dann gewinnbringend an weitere Unternehmer zu verkaufen. Diese Vorgänge unterliegen sämtlich der Umsatzsteuerpflicht. Es ist deshalb naheliegend, dass der Angeklagte vorsteuerabzugsberechtigt war und über entsprechende Rechnungen verfügte. In welcher Höhe er dies für den hier maßgeblichen Tatzeitraum war, wird der neue Tatrichter aufzuklären haben. Sollten, wie mit der Revision unter Vorlage der Jahresumsatzsteuerbescheide für 2008 und 2009 behauptet wird, im Festsetzungsverfahren zugunsten des Angeklagten nachträglich abziehbare Vorsteuerbeträge aus Eingangsrechnungen anderer Unternehmen anerkannt worden sein, dann wäre auch dies unter dem Gesichtspunkt einer (teilweisen) Schadenswiedergutmachung nach § 46 Abs. 2 StGB strafmildernd zu würdigen.

17

b) Soweit die Revision rügt, die Strafkammer habe der Strafzumessung in den Fällen 4 (November 2008), 5 (Dezember 2008), 7 (Februar 2009), 11 (Juni 2009) und 12 (Juli 2009) rechtsfehlerhaft eine Steuerverkürzung großen Ausmaßes und damit einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO zugrunde gelegt, ist dies zutreffend. Die von der Strafkammer angenommene Betragsgrenze von 50.000,- Euro kommt nur dann zur Anwendung, wenn der Täter ungerechtfertigte Zahlungen vom Finanzamt erlangt hat, etwa bei Steuererstattungen durch Umsatzsteuerkarusselle, Kettengeschäfte oder durch Einschaltung von sog. Serviceunternehmen. Beschränkt sich das Verhalten des Täters - wie hier - dagegen darauf, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen und führt das lediglich zu einer Gefährdung des Steueranspruchs, dann ist hierfür zur Abgrenzung der Fälle des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO eine Wertgrenze von 100.000,- Euro angemessen (vgl. BGH, 1 StR 416/08 v. 02.12.2008 - BGHSt 53, 71 ). Ein solcher Wert ist in den genannten fünf Fällen nicht erreicht.

IV.

18

Das Urteil ist wegen dieser Rechtsfehler in der Strafzumessung gemäß § 353 Abs. 1 StPO im Rechtsfolgenausspruch mit den hierzu gehörigen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) aufzuheben.

19

Da die Frage des Vorsteuerabzugs noch der Klärung bedarf, kommt eine Verfahrensweise nach § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO nicht in Betracht.

20

Die Sache ist daher gemäß 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Koblenz zurückzuverweisen.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 35 Bekanntmachung


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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Entscheidungen, die in Anwesenheit der davon betroffenen Person ergehen, werden ihr durch Verkündung bekanntgemacht. Auf Verlangen ist ihr eine Abschrift zu erteilen.

(2) Andere Entscheidungen werden durch Zustellung bekanntgemacht. Wird durch die Bekanntmachung der Entscheidung keine Frist in Lauf gesetzt, so genügt formlose Mitteilung.

(3) Dem nicht auf freiem Fuß Befindlichen ist das zugestellte Schriftstück auf Verlangen vorzulesen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Das Prozessgericht kann zusätzlich anordnen, dass die Benachrichtigung einmal oder mehrfach im Bundesanzeiger oder in anderen Blättern zu veröffentlichen ist.

(1) Eine Hauptverhandlung darf bis zu drei Wochen unterbrochen werden.

(2) Eine Hauptverhandlung darf auch bis zu einem Monat unterbrochen werden, wenn sie davor jeweils an mindestens zehn Tagen stattgefunden hat.

(3) Hat eine Hauptverhandlung bereits an mindestens zehn Tagen stattgefunden, so ist der Lauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen gehemmt, solange

1.
ein Angeklagter oder eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen Krankheit oder
2.
eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen gesetzlichen Mutterschutzes oder der Inanspruchnahme von Elternzeit
nicht zu der Hauptverhandlung erscheinen kann, längstens jedoch für zwei Monate. Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen enden frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung. Beginn und Ende der Hemmung stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluß fest.

(4) Wird die Hauptverhandlung nicht spätestens am Tage nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist fortgesetzt, so ist mit ihr von neuem zu beginnen. Ist der Tag nach Ablauf der Frist ein Sonntag, ein allgemeiner Feiertag oder ein Sonnabend, so kann die Hauptverhandlung am nächsten Werktag fortgesetzt werden.

(5) Ist dem Gericht wegen einer vorübergehenden technischen Störung die Fortsetzung der Hauptverhandlung am Tag nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist oder im Fall des Absatzes 4 Satz 2 am nächsten Werktag unmöglich, ist es abweichend von Absatz 4 Satz 1 zulässig, die Hauptverhandlung unverzüglich nach der Beseitigung der technischen Störung, spätestens aber innerhalb von zehn Tagen nach Fristablauf fortzusetzen. Das Vorliegen einer technischen Störung im Sinne des Satzes 1 stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Sachverhandlung durch Anordnung und Vollzug des Selbstleseverfahrens.
BGH, Urteil vom 28. November 2012 – 5 StR 412/12
Landgericht Hamburg –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 28. November 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 27. November 2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Schaal,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dölp,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt M. ,
Rechtsanwältin Gr.
als Verteidiger für den Angeklagten F. ,
Rechtsanwalt H.
als Verteidiger für den Angeklagten G. ,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
in der Sitzung vom 28. November 2012 für Recht erkannt:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 7. Mai 2012 werden verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges verurteilt, den Angeklagten F. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten G. zu einer solchen von drei Jahren. Ihre Revisionen, mit denen sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügen, bleiben ohne Erfolg.
2
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen hat, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 22. August 2012 ausgeführt hat, einen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur die von beiden Beschwerdeführern jeweils erhobene Verfahrensrüge, dass die im Hauptverhandlungstermin vom 3. Januar 2012 vom Vorsitzenden nach § 249 Abs. 2 StPO getroffenen Feststellungen zum Selbstleseverfahren keine fristwahrende Sachverhandlung im Sinne des § 229 Abs. 1, 2 und 4 Satz 1 StPO darstellten.
3
1. Den Verfahrensrügen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
4
Der Vorsitzende der Strafkammer verfügte mit Erlass des Eröffnungsbeschlusses und Terminsanberaumung, dass von der Verlesung von 520 in einer „Selbstleseliste“ angeführten Urkunden nach § 249 Abs. 2 StPOin der Hauptverhandlung abgesehen werden solle. Die Selbstleseliste wurde den Verfahrensbeteiligten mit dem Zusatz mitgeteilt, dass bereits jetzt für die Verteidiger , die Angeklagten und den Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft Gelegenheit bestehe, diese Urkunden nach Terminsvereinbarung auf der Geschäftsstelle einzusehen.
5
Im ersten Hauptverhandlungstermin bestätigten alle Verfahrensbeteiligten , dass sie die Selbstleseliste erhalten hätten. Der Vorsitzende ordnete bis zum elften Hauptverhandlungstag, dem 20. Dezember 2011, gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 StPO hinsichtlich weiterer Urkunden das Selbstleseverfahren an, darunter auch schriftliche Angaben von Zeugen, deren Verlesung die Strafkammer gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO mit Zustimmung der Verfahrensbeteiligten zuvor beschlossen hatte.
6
In dem nachfolgenden Hauptverhandlungstermin am 3. Januar 2012, der von 7.50 Uhr bis 7.55 Uhr dauerte, wurden zunächst antragsgemäß zwei Pflichtverteidiger anstelle der abwesenden Pflichtverteidiger beigeordnet. Anschließend erklärten die Schöffen und die Berufsrichter jeder für sich, dass sie vom Wortlaut der in der Selbstleseliste genannten Urkunden und der weiteren Urkunden, für die im Laufe der Hauptverhandlung das Selbstleseverfahren angeordnet worden war, durch Lesen Kenntnis genommen hätten. Es wurde des Weiteren festgestellt, dass die übrigen Verfahrensbeteiligten Gelegenheit hatten, vom Wortlaut all dieser Urkunden selbst Kenntnis zu nehmen. Sodann ordnete der Vorsitzende zusammenfassend an, dass von der Verlesung vorgenannter Urkunden und Schriftstücke nach „§ 249 Abs. 2 Satz 1 StPO“ abgesehen werde. Die Hauptverhandlung wurde danach unterbrochen und am 1. Februar 2012 fortgesetzt.
7
2. Eine Verletzung der Vorschriften über die Höchstdauer der Unterbrechung der Hauptverhandlung gemäß § 229 Abs. 1, 2 und 4 Satz 1 StPO liegt nicht vor.
8
a) Der Senat erachtet die Anordnungen und Feststellungen des Vorsitzenden im Hauptverhandlungstermin vom 3. Januar 2012 zur Durchführung des Selbstleseverfahrens (§ 249 Abs. 2 Sätze 1 und 3 StPO) als Sachverhandlung im Sinne der Unterbrechungsvorschriften. Eine solche liegt vor, wenn die Verhandlung den Fortgang der zur Urteilsfindung führenden Sachverhaltsaufklärung betrifft (BGH, Urteil vom 11. Juli 2008 – 5 StR 74/08 – und Beschluss vom 22. Juni 2011 – 5 StR 190/11, BGHR StPO § 229 Abs. 1 Sachverhandlung 9 und 13 mwN).
9
b) Entgegen der Entscheidung des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 16. Oktober 2007 – 3 StR 254/07, BGHR StPO § 229 Abs. 1 Sachverhandlung 8) stellen allein die Feststellungen des Vorsitzenden nach § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO schon eine inhaltliche Sachverhandlung dar. Die Feststellung, dass außerhalb der Hauptverhandlung eine Beweiserhebung durch Selbstlesung einer Urkunde stattgefunden hat, erschöpft sich nicht in deren Protokollierung (vgl. hierzu Winkler, jurisPR-StrafR 6/2008 Anm. 1), sondern betrifft den Fortgang der zur Urteilsfindung führenden Sachaufklärung. Die Berufsrichter und die Schöffen geben auf Nachfrage des Vorsitzenden regelmäßig – wie auch hier – die festzustellende Erklärung ab, dass sie vom Wortlaut der Urkunde Kenntnis genommen haben; gleiches gilt für die Erklärung der übrigen Verfahrensbeteiligten, dass sie hierzu Gelegenheit hatten. Erst mit dem Akt der Feststellung durch den Vorsitzenden ist nach § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO dieser Teil einer Beweisaufnahme durch das Selbstleseverfahren abgeschlossen. Die Urkunde kann dann zum Gegenstand von Erklärungen (§ 257 StPO) gemacht werden. Dem Tatgericht ist es ohne die abschließende Feststellung verwehrt, die Urkunde zur Urteilsfindung heranzuziehen (§ 261 StPO, vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 – 5 StR 169/09, BGHSt 55, 31, 32).
10
c) Der Senat ist – abweichend von den Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Hauptverhandlung – nicht gehalten, gemäß § 132 Abs. 2 und 3 GVG beim 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs anzufragen, ob er an seiner entgegenstehenden Rechtsauffassung festhält, weil der prozessuale Sachverhalt eine Besonderheit aufweist.
11
Der Vorsitzende der Strafkammer hat zwar teilweise hinsichtlich in der Hauptverhandlung vorausgegangener Anordnungen des Selbstleseverfahrens die Feststellungen nach § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO getroffen; eine insoweit auch getroffene wiederholte Anordnung mag ohne verfahrensrechtlichen Gehalt sein. In Bezug auf die Selbstleseliste lag aber noch keine Anordnung des Selbstleseverfahrens durch den Vorsitzenden vor, die in der Hauptverhandlung erfolgen muss, deren Inbegriff (§ 261 StPO) sie mitbestimmt. Die Verfügung des Vorsitzenden in der Terminsanberaumung, dass von der Verlesung der in dieser Liste angeführten Urkunden gemäß § 249 Abs. 2 StPO abgesehen werden solle, stellt noch keine Anordnung im Sinne dieser Vorschrift , sondern lediglich eine Vorankündigung zur Verfahrensgestaltung dar (vgl. auch Mosbacher in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 249 Rn. 68, 69). Jedenfalls insoweit bedurfte es – anders als etwa bei einem Beschluss nach § 247a StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 2011 – 5 StR 315/11, StV 2012, 65) – in der Hauptverhandlung nach § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO neben den gebotenen Feststellungen im Zusammenhang mit der Kenntnisnahme von den Urkunden noch einer Anordnung des Vorsitzenden. Diese erfolgte ausdrücklich – so dass es auf eine etwa mögliche konkludente Anordnung nicht ankommt – in dem hier in Streit stehenden Hauptverhandlungstermin vom 3. Januar 2012. Hierdurch unterscheidet sich der prozessuale Sachverhalt von dem vom 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs entschiedenen Fall, in dem die Anordnung des Selbstleseverfahrens an einem früheren Hauptverhandlungstag getroffen worden war und lediglich dessen Vollzug protokolliert wurde. Dass die Anordnung der Feststellung des Vollzugs des Selbstleseverfahrens durch Kenntnisnahme und Gelegenheit hierzu nicht vorausging, sondern ihr nachfolgte, ist zwar strukturell ungeschickt (vgl.
BGH, Beschluss vom 28. August 2012 – 5 StR 251/12, NJW 2012, 3319, zum Abdruck in BGHSt bestimmt), indes unschädlich (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Januar 2012 – 1 StR 587/11, NStZ 2012, 346, 347).
12
Die Anordnung des Selbstleseverfahrens nach § 249 Abs. 2 Satz 1 StPO stellt unzweifelhaft eine Sachverhandlung dar, in gleicher Weise wie eine Beweisanordnung (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2000 – 3 StR 442/99, NJW 2000, 2754: Beauftragung eines Sachverständigen), die Entgegennahme von die Sachverhaltsaufklärung betreffenden Verteidigeranträgen (BGH, Beschluss vom 6. Juli 2000 – 5 StR 613/99, BGHR StPO § 229 Abs. 1 Sachverhandlung
5) oder die Ladung von Zeugen nach einem gestellten Beweisantrag (BGH, Urteil vom 19. August 2010 – 3 StR 98/10, BGHR StPO § 229 Abs. 1 Sachverhandlung 11). Allein die kurze Dauer des Termins am 3. Januar 2012 steht bei dem inhaltlichen Gehalt der Verhandlung der Annahme einer Sachverhandlung nicht entgegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. April 2011 – 3 StR 61/11 – und vom 22. Juni 2011 – 5 StR 190/11, BGHR StPO § 229 Abs. 1 Sachverhandlung 12 und 13).
Basdorf Schaal Schneider Dölp Bellay

(1) Urkunden sind zum Zweck der Beweiserhebung über ihren Inhalt in der Hauptverhandlung zu verlesen. Elektronische Dokumente sind Urkunden, soweit sie verlesbar sind.

(2) Von der Verlesung kann, außer in den Fällen der §§ 253 und 254, abgesehen werden, wenn die Richter und Schöffen vom Wortlaut der Urkunde Kenntnis genommen haben und die übrigen Beteiligten hierzu Gelegenheit hatten. Widerspricht der Staatsanwalt, der Angeklagte oder der Verteidiger unverzüglich der Anordnung des Vorsitzenden, nach Satz 1 zu verfahren, so entscheidet das Gericht. Die Anordnung des Vorsitzenden, die Feststellungen über die Kenntnisnahme und die Gelegenheit hierzu und der Widerspruch sind in das Protokoll aufzunehmen.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Hat der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und führt er einen Umsatz in einem anderen Mitgliedstaat aus, an dem eine Betriebsstätte in diesem Mitgliedstaat nicht beteiligt ist, so ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet, wenn die Steuer in dem anderen Mitgliedstaat von dem Leistungsempfänger geschuldet wird und keine Gutschrift gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Führt der Unternehmer eine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2 in einem anderen Mitgliedstaat aus, so ist die Rechnung bis zum fünfzehnten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, auszustellen. In dieser Rechnung sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Wird eine Abrechnung durch Gutschrift gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 über eine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2 vereinbart, die im Inland ausgeführt wird und für die der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b Absatz 1 und 5 schuldet, sind die Sätze 2 und 3 und Absatz 5 entsprechend anzuwenden.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung im Sinne des § 3c Absatz 1 im Inland aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18j teilnimmt.

(3) Führt der Unternehmer eine innergemeinschaftliche Lieferung aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung bis zum fünfzehnten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, verpflichtet. In der Rechnung sind auch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Satz 1 gilt auch für Fahrzeuglieferer (§ 2a). Satz 2 gilt nicht in den Fällen der §§ 1b und 2a.

(4) Eine Rechnung über die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs muss auch die in § 1b Abs. 2 und 3 bezeichneten Merkmale enthalten. Das gilt auch in den Fällen des § 2a.

(5) Führt der Unternehmer eine Leistung im Sinne des § 13b Absatz 2 aus, für die der Leistungsempfänger nach § 13b Absatz 5 die Steuer schuldet, ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet; Absatz 1 bleibt unberührt. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung nach § 14 Absatz 4 Satz 1 Nummer 8 wird nicht angewendet.

(6) In den Fällen der Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 hat die Rechnung die Angabe „Sonderregelung für Reisebüros“ und in den Fällen der Differenzbesteuerung nach § 25a die Angabe „Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung“, „Kunstgegenstände/Sonderregelung“ oder „Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung“ zu enthalten. In den Fällen des § 25 Abs. 3 und des § 25a Abs. 3 und 4 findet die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8) keine Anwendung.

(7) Wird in einer Rechnung über eine Lieferung im Sinne des § 25b Abs. 2 abgerechnet, ist auch auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers hinzuweisen. Dabei sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8) findet keine Anwendung.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

5 StR 368/05

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. Oktober 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Oktober 2005

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 11. März 2005 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben; davon ausgenommen sind die Feststellungen zur unbeschränkten Steuerpflicht des Angeklagten im Tatzeitraum , diese bleiben aufrechterhalten.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten „wegen Steuerhi nterziehung in elf Fällen, davon in zwei Fällen im Versuch“, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte – der ab Ende der 1980er Jahre versucht hatte, in der Schweiz unternehmerisch tätig zu werden – seinen Lebensmittelpunkt spätestens ab 1996 wieder in Solingen. In den Jahren 1996 und 1999 bis 2002 erwirtschaftete der Angeklagte – vom Landgericht im Einzelnen festgestellte – Umsätze und Gewinne aus seinen unternehmerischen Aktivitäten, die er nicht den Finanzbehörden offenbarte; hierdurch hinterzog er mehr als eine Millionen DM Steuern. Die Rechnungsstellung erfolgte „in vielen Fällen“ über die noch existierenden schweizer (Domizil-)Gesellschaften des Angeklagten, „obwohl er persönlich Auftragnehmer war und die Leistungen weitgehend selbst erbrachte“.
Das Landgericht geht in seiner rechtlichen Würdigung von elf Fällen der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO aus, wobei es in zwei Fällen beim Versuch blieb. Der Angeklagte habe für die Jahre 1996, 2000, 2001 und 2002 unzutreffende Umsatzsteuerjahreserklärungen und für die Jahre 1996, 1999, 2000, 2001 und 2002 unzutreffende Einkommensteuererklärungen abgegeben sowie die Abgabe der für die Jahre 2000 und 2001 erforderlichen Gewerbesteuererklärungen unterlassen.

II.


Die Verurteilung des Angeklagten kann keinen Bestand haben, weil das angefochtene Urteil lückenhaft ist und an durchgreifenden Darstellungsmängeln leidet, so dass eine revisionsgerichtliche Nachprüfung nicht möglich ist.
1. Für die Darstellung einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO ist es grundsätzlich erforderlich, dass das Urteil erkennen lässt, welches steuerlich erhebliche Verhalten des Angeklagten im Rahmen welcher Abgabenart und in welchem Besteuerungszeitraum zu einer Steuerverkürzung
geführt hat und welche innere Einstellung der Angeklagte dazu hatte (BGH NStZ 2001, 200 m.w.N.). Dabei ist regelmäßig zunächst darzustellen, wann der Angeklagte welche Steuererklärungen abgegeben hat, und dann zu erörtern , welche Umsätze oder Einkünfte er etwa verschwiegen oder welche unberechtigten Vorsteuerabzüge oder Betriebsausgaben er etwa geltend gemacht hat (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 Berechnungsdarstellung 3). Der Tatrichter hat für jede Steuerart und jeden Besteuerungszeitraum unter Schuldgesichtspunkten so klare Feststellungen zu treffen, dass sowohl die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen als auch die Berechnung der verkürzten Steuern der Höhe nach erkennbar werden. Eine ins Einzelne gehende Berechnungsdarstellung ist nur dann ausnahmsweise entbehrlich, wenn ein sachkundiger Angeklagter ein Geständnis abgelegt hat (st. Rspr., vgl. nur BGH wistra 2005, 307 m.w.N.).
2. Den dargelegten Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.

a) Rechtlich bedenklich ist bereits die vom Landgericht wiederholt verwendete Formulierung, der Angeklagte habe bestimmte Umsatz- und Gewerbesteuerbeträge „nicht abgeführt“. Die Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO ist ein Erklärungsdelikt; die bloße Nichtzahlung einer Steuer erfüllt den Tatbestand nicht (vgl. zur Strafbarkeit der Nichtentrichtung der Umsatzsteuer § 26c UStG).

b) In den Urteilsgründen fehlt jegliche Feststellung dazu, wann und für welchen Steuerpflichtigen der Angeklagte welche Steuererklärungen abgegeben hat, in denen er nach Auffassung des Landgerichts bestimmte Umsätze und Einnahmen verschwiegen hat; auch wird nicht mitgeteilt, ob und gegebenenfalls welche Steuerfestsetzungen aufgrund der falschen Angaben des Angeklagten erfolgt sind. Diese Feststellungen waren schon deshalb unentbehrlich, weil jede Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung grundsätzlich als selbständige Tat im Sinne des § 53 StGB zu werten ist (vgl. BGH
wistra 2005, 30; 56); zudem bilden die Steuererklärungen die Grundlage für die Bestimmung der prozessualen Tat im Sinne von § 264 StPO (vgl. aber zum Verhältnis vom Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärung des nämlichen Jahres BGHSt 49, 359).
Vorliegend ist aus dem Urteil schon nicht erkennbar, welche konkreten Erklärungspflichten der Angeklagte nach Ansicht des Landgerichts verletzt hat. In Betracht kommt einerseits, dass der Angeklagte als Geschäftführer für seine inländischen Gesellschaften (jeweils) falsche Angaben über steuerpflichtige Umsätze und Einnahmen gemacht hat, die diesen Gesellschaften zuzuordnen sind. Es liegt aber – insbesondere bezüglich der Vermittlung von Titeln – ebenso nicht fern, dass der Angeklagte verpflichtet war, Umsätze und Einnahmen als selbständiger Einzelunternehmer offen zu legen und seine Angaben insoweit falsch waren.
In Bezug auf die Einkommensteuer kommt hinzu, dass das Landgericht zwar ausführt, es habe sich auf die vom Angeklagten abgegebenen Einkommensteuererklärungen gestützt und lediglich die Berechnungen um die zusätzlichen Einnahmen ergänzt. Mangels Mitteilung, welche Angaben der Angeklagte in diesen Steuererklärungen gemacht hat und welche Steuerfestsetzungen daraufhin erfolgt sind, lässt sich jedoch nicht überprüfen, ob die Annahme des Landgerichts zutrifft, dass die – sich aus seiner Berechnung ergebende – Zahllast mit dem tatbestandlichen Steuerschaden identisch ist.

c) Darüber hinaus hat der Angeklagte nach den Urteilsgründen bestimmte von ihm erbrachte Leistungen seinen Auftraggebern in Rechnung gestellt. Ausführungen dazu, dass die Rechnungen auch beglichen wurden, fehlen jedoch. Solche Feststellungen wären aber jedenfalls in den Fällen notwendig gewesen, in denen das Landgericht die Rechnungssummen einkommensteuerlich als verdeckte Gewinnausschüttungen wertet (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 5, § 8 Abs. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG; Schmidt, EStG 24. Aufl. § 20 Rdn. 61). Der Umstand, dass der im Fall 3 der Urteilsgründe
der Firma S in Rechnung gestellte Betrag in Höhe von 17.241 DM ersichtlich keinen Eingang in die Berechnung der hinterzogenen Einkommensteuer gefunden hat, beschwert den Angeklagten nicht.
3. Nach alledem kann das Urteil keinen Bestand haben. Allerdings hat das Landgericht die Feststellungen zur Steuerpflicht des Angeklagten in Deutschland im Tatzeitraum rechtsfehlerfrei getroffen; diese können daher aufrechterhalten bleiben.
Das Landgericht hat mit einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung belegt , dass der Angeklagte seinen Lebensmittelpunkt „spätestens ab 1996“ wieder in Deutschland hatte und hier auch unternehmerisch tätig wurde. Anders als die Revision meint, ist dem Urteil damit hinreichend zu entnehmen, dass der Angeklagte bereits von Beginn des Jahres 1996 wieder in Deutschland wohnhaft war. Somit unterlag er ab dem Steuerjahr 1996 (wieder) der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht in Deutschland (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG). Er war ab diesem Zeitpunkt auch verpflichtet, eine Gewerbesteuererklärung (§ 14a GewStG) abzugeben und hatte die auf den erwirtschafteten Gewerbeertrag (§ 7 GewStG) entfallende Gewerbesteuer zu entrichten, so
weit er mit seinen deutschen Gewerbebetrieben (§ 2 GewStG) tätig geworden war.
Harms Häger Gerhardt Raum Schaal

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Hat der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und führt er einen Umsatz in einem anderen Mitgliedstaat aus, an dem eine Betriebsstätte in diesem Mitgliedstaat nicht beteiligt ist, so ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet, wenn die Steuer in dem anderen Mitgliedstaat von dem Leistungsempfänger geschuldet wird und keine Gutschrift gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Führt der Unternehmer eine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2 in einem anderen Mitgliedstaat aus, so ist die Rechnung bis zum fünfzehnten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, auszustellen. In dieser Rechnung sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Wird eine Abrechnung durch Gutschrift gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 über eine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2 vereinbart, die im Inland ausgeführt wird und für die der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b Absatz 1 und 5 schuldet, sind die Sätze 2 und 3 und Absatz 5 entsprechend anzuwenden.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung im Sinne des § 3c Absatz 1 im Inland aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18j teilnimmt.

(3) Führt der Unternehmer eine innergemeinschaftliche Lieferung aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung bis zum fünfzehnten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, verpflichtet. In der Rechnung sind auch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Satz 1 gilt auch für Fahrzeuglieferer (§ 2a). Satz 2 gilt nicht in den Fällen der §§ 1b und 2a.

(4) Eine Rechnung über die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs muss auch die in § 1b Abs. 2 und 3 bezeichneten Merkmale enthalten. Das gilt auch in den Fällen des § 2a.

(5) Führt der Unternehmer eine Leistung im Sinne des § 13b Absatz 2 aus, für die der Leistungsempfänger nach § 13b Absatz 5 die Steuer schuldet, ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet; Absatz 1 bleibt unberührt. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung nach § 14 Absatz 4 Satz 1 Nummer 8 wird nicht angewendet.

(6) In den Fällen der Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 hat die Rechnung die Angabe „Sonderregelung für Reisebüros“ und in den Fällen der Differenzbesteuerung nach § 25a die Angabe „Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung“, „Kunstgegenstände/Sonderregelung“ oder „Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung“ zu enthalten. In den Fällen des § 25 Abs. 3 und des § 25a Abs. 3 und 4 findet die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8) keine Anwendung.

(7) Wird in einer Rechnung über eine Lieferung im Sinne des § 25b Abs. 2 abgerechnet, ist auch auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers hinzuweisen. Dabei sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8) findet keine Anwendung.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

5 StR 582/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 8. Januar 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Januar 2008

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 10. August 2007 wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass
a) der Angeklagte wegen Steuerhinterziehung in 15 Fällen verurteilt ist,
b) die Urteilsformel dahin ergänzt wird, dass die in den Niederlanden erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 auf die erkannte Strafe angerechnet wird.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen ‚gemeinschaftlicher’ Steuerhinterziehung in zehn Fällen und Steuerhinterziehung in fünf weiteren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte und auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Sie führt lediglich zu einer Klarstellung des Schuldspruchs und zur Nachholung der Bestimmung des Anrechnungsmaßstabs für die gegen den Angeklagten in den Niederlanden vollzogene Auslieferungshaft.
2
1. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts hinterzog der in vollem Umfang geständige Angeklagte als faktischer Inhaber der Firma R. (Metallhandelsgewerbe) und faktischer Geschäftsführer der A. S. für die Besteuerungszeiträume vom Beginn des Jahres 2005 bis einschließlich Juni 2006 Umsatzsteuern in Höhe von mehr als 2,1 Mio. Euro. Beide Firmen hatten als Geschäftsgegenstand den Handel mit Alt- oder Schrottmetallen. Für die Firma R. gab der Angeklagte für die Voranmeldungszeiträume erstes Quartal 2005 bis Februar 2006 keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab und verkürzte dadurch gemeinsam mit dem Mitangeklagten R. in zehn Fällen Umsatzsteuern in Höhe von insgesamt 820.000 Euro. Abziehbare Vorsteuerbeträge standen nach den Feststellungen in diesem Zeitraum der Firma R. nicht zu. Zugunsten der A. S. verkürzte der Angeklagte in weiteren fünf Fällen Umsatzsteuern in Höhe von mehr als 1,28 Mio. Euro, indem er in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Februar bis April 2006 tatsächlich nicht entstandene Vorsteuern aus zum Zwecke der Steuerhinterziehung erstellten Scheingutschriften (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG) geltend machte und für die Monate Mai und Juni 2006 Umsatzsteuervoranmeldungen nicht mehr abgab.
3
2. Entgegen der Auffassung der Revision enthalten die Ausführungen des Landgerichts zur Strafzumessung keinen Erörterungsmangel.
4
a) Allerdings weist der Beschwerdeführer zutreffend darauf hin, dass es wegen des Kompensationsverbots des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO zwar keine tatbestandlichen Auswirkungen hat, wenn der Täter einer Steuerhinterziehung tatsächlich entstandene Vorsteuern nicht geltend gemacht hat, dass aber ein nicht geltend gemachter Vorsteuerabzug zu einer Minderung der nach § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB im Rahmen der Strafzumessung zu beachtenden verschuldeten Auswirkungen der Tat führen kann (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 47, 343, 351; BGH NStZ 2004, 579, 580).
5
b) Solche Vorsteuerbeträge hat das Landgericht indes nicht festgestellt. Es hat im Gegenteil für die Firma R. ausdrücklich klargestellt, dass Vorsteuern nicht entstanden sind. Dieses Ergebnis wird auch von der Beweiswürdigung getragen. Das Landgericht konnte sich insoweit nicht nur auf die Auswertung der im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen sichergestellten und die Firma R. betreffenden Rechnungen stützen. Grundlage seiner Überzeugungsbildung war darüber hinaus das vollumfängliche Geständnis des Angeklagten, der auch die Bedeutung eventueller Vorsteuern für die sich ergebende Zahllast kannte. Er wurde bereits im Jahr 2002 wegen ähnlicher Steuerhinterziehungen, ebenfalls betreffend den Handel mit aus anderen Staaten der Europäischen Union bezogenen Alt- und Schrottmetallen , zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.
6
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liegt kein Fall vor, bei dem der Angeklagte „zwingend“ Eingangsrechnungen mit Vorsteuerausweis erhalten haben musste. Soweit die Revision vorträgt, es sei „nicht denkbar , dass der Angeklagte die von ihm weitergehandelten großen Schrott- und Metallmengen seinerseits umsatzsteuerfrei gekauft haben könnte“, übersieht sie die sich hier angesichts der Vorverurteilung des Angeklagten geradezu aufdrängende Möglichkeit, dass der Angeklagte – wie bei den Vortaten, an die er bei seinem Tatentschluss anknüpfte – die Metalle auf legalem Wege aus anderen Staaten der Europäischen Union bezogen hat. Zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsatzsteuern wären in diesem Fall nur dann entstanden , wenn der Angeklagte die innergemeinschaftlichen Erwerbe und die hierauf entfallenden Umsatzsteuern (§ 1 Abs. 1 Nr. 5, § 1a UStG) angemeldet hätte (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG). So verhielt es sich indes nicht. Vielmehr hat der Angeklagte für die Firma R. keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben. Ohnehin wäre mit derartigen Vorsteuerabzugsbeträgen das Ziel des Angeklagten nicht zu erreichen gewesen, durch Inlandsgeschäfte vereinnahmte Umsatzsteuern gegenüber dem Fiskus zu verheimlichen und für sich zu behalten.
7
Angesichts dieser Umstände bedurfte es insbesondere im Hinblick auf das Geständnis des Angeklagten keiner ausdrücklichen Erörterung der hier bloß theoretischen Möglichkeit – die vom Angeklagten bei seiner geständigen Einlassung ersichtlich auch nicht geltend gemacht worden ist –, der Angeklagte könnte die weiterverkauften Metalle im Inland gegen Rechnung mit Umsatzsteuerausweis (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) erworben haben. Eine solche Vorgehensweise wäre im Übrigen mit seinem „Entschluss, erneut Steuern – insbesondere Umsatzsteuern – in möglichst hohem Umfang zu hinterziehen“ (UA S. 18), auch nur schwer in Einklang zu bringen.
8
Nichts anderes gilt für die Steuerverkürzungen im Rahmen der Tätigkeit des Angeklagten für die A. S. Das Landgericht hat auf der Grundlage der bei den Durchsuchungsmaßnahmen aufgefundenen Rechnungen die Höhe der tatsächlich entstandenen Vorsteuern festgestellt. Das „Zwischenschalten“ der Scheinfirma des Zeugen B. und das Ausstellen von Scheingutschriften wären entbehrlich gewesen, wenn der Angeklagte den Metallschrott von inländischen Unternehmern bezogen hätte. Der Angeklagte verfügte bezeichnenderweise über keine Eingangsrechnungen mit Umsatzsteuerausweis (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG). Eine Aufklärungsrüge hat der Beschwerdeführer nicht erhoben.
9
3. Allerdings bedarf die Urteilsformel der Ergänzung. Das Landgericht hat entgegen § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB keine Bestimmung über den Maßstab getroffen, nach dem die in den Niederlanden vollstreckte Auslieferungshaft auf die erkannte Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen ist. Dies holt der Senat nach. Zugleich lässt er die entbehrliche Kennzeichnung einzelner Taten als gemeinschaftlich begangen (vgl. BGH wistra 2007, 149 m.w.N.) und die damit zusammenhängende Unterscheidung der Fälle im Urteilstenor entfallen.
Gerhardt Raum Brause Schaal Jäger

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

5 StR 582/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 8. Januar 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Januar 2008

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 10. August 2007 wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass
a) der Angeklagte wegen Steuerhinterziehung in 15 Fällen verurteilt ist,
b) die Urteilsformel dahin ergänzt wird, dass die in den Niederlanden erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 auf die erkannte Strafe angerechnet wird.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen ‚gemeinschaftlicher’ Steuerhinterziehung in zehn Fällen und Steuerhinterziehung in fünf weiteren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte und auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Sie führt lediglich zu einer Klarstellung des Schuldspruchs und zur Nachholung der Bestimmung des Anrechnungsmaßstabs für die gegen den Angeklagten in den Niederlanden vollzogene Auslieferungshaft.
2
1. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts hinterzog der in vollem Umfang geständige Angeklagte als faktischer Inhaber der Firma R. (Metallhandelsgewerbe) und faktischer Geschäftsführer der A. S. für die Besteuerungszeiträume vom Beginn des Jahres 2005 bis einschließlich Juni 2006 Umsatzsteuern in Höhe von mehr als 2,1 Mio. Euro. Beide Firmen hatten als Geschäftsgegenstand den Handel mit Alt- oder Schrottmetallen. Für die Firma R. gab der Angeklagte für die Voranmeldungszeiträume erstes Quartal 2005 bis Februar 2006 keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab und verkürzte dadurch gemeinsam mit dem Mitangeklagten R. in zehn Fällen Umsatzsteuern in Höhe von insgesamt 820.000 Euro. Abziehbare Vorsteuerbeträge standen nach den Feststellungen in diesem Zeitraum der Firma R. nicht zu. Zugunsten der A. S. verkürzte der Angeklagte in weiteren fünf Fällen Umsatzsteuern in Höhe von mehr als 1,28 Mio. Euro, indem er in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Februar bis April 2006 tatsächlich nicht entstandene Vorsteuern aus zum Zwecke der Steuerhinterziehung erstellten Scheingutschriften (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG) geltend machte und für die Monate Mai und Juni 2006 Umsatzsteuervoranmeldungen nicht mehr abgab.
3
2. Entgegen der Auffassung der Revision enthalten die Ausführungen des Landgerichts zur Strafzumessung keinen Erörterungsmangel.
4
a) Allerdings weist der Beschwerdeführer zutreffend darauf hin, dass es wegen des Kompensationsverbots des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO zwar keine tatbestandlichen Auswirkungen hat, wenn der Täter einer Steuerhinterziehung tatsächlich entstandene Vorsteuern nicht geltend gemacht hat, dass aber ein nicht geltend gemachter Vorsteuerabzug zu einer Minderung der nach § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB im Rahmen der Strafzumessung zu beachtenden verschuldeten Auswirkungen der Tat führen kann (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 47, 343, 351; BGH NStZ 2004, 579, 580).
5
b) Solche Vorsteuerbeträge hat das Landgericht indes nicht festgestellt. Es hat im Gegenteil für die Firma R. ausdrücklich klargestellt, dass Vorsteuern nicht entstanden sind. Dieses Ergebnis wird auch von der Beweiswürdigung getragen. Das Landgericht konnte sich insoweit nicht nur auf die Auswertung der im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen sichergestellten und die Firma R. betreffenden Rechnungen stützen. Grundlage seiner Überzeugungsbildung war darüber hinaus das vollumfängliche Geständnis des Angeklagten, der auch die Bedeutung eventueller Vorsteuern für die sich ergebende Zahllast kannte. Er wurde bereits im Jahr 2002 wegen ähnlicher Steuerhinterziehungen, ebenfalls betreffend den Handel mit aus anderen Staaten der Europäischen Union bezogenen Alt- und Schrottmetallen , zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.
6
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liegt kein Fall vor, bei dem der Angeklagte „zwingend“ Eingangsrechnungen mit Vorsteuerausweis erhalten haben musste. Soweit die Revision vorträgt, es sei „nicht denkbar , dass der Angeklagte die von ihm weitergehandelten großen Schrott- und Metallmengen seinerseits umsatzsteuerfrei gekauft haben könnte“, übersieht sie die sich hier angesichts der Vorverurteilung des Angeklagten geradezu aufdrängende Möglichkeit, dass der Angeklagte – wie bei den Vortaten, an die er bei seinem Tatentschluss anknüpfte – die Metalle auf legalem Wege aus anderen Staaten der Europäischen Union bezogen hat. Zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsatzsteuern wären in diesem Fall nur dann entstanden , wenn der Angeklagte die innergemeinschaftlichen Erwerbe und die hierauf entfallenden Umsatzsteuern (§ 1 Abs. 1 Nr. 5, § 1a UStG) angemeldet hätte (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG). So verhielt es sich indes nicht. Vielmehr hat der Angeklagte für die Firma R. keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben. Ohnehin wäre mit derartigen Vorsteuerabzugsbeträgen das Ziel des Angeklagten nicht zu erreichen gewesen, durch Inlandsgeschäfte vereinnahmte Umsatzsteuern gegenüber dem Fiskus zu verheimlichen und für sich zu behalten.
7
Angesichts dieser Umstände bedurfte es insbesondere im Hinblick auf das Geständnis des Angeklagten keiner ausdrücklichen Erörterung der hier bloß theoretischen Möglichkeit – die vom Angeklagten bei seiner geständigen Einlassung ersichtlich auch nicht geltend gemacht worden ist –, der Angeklagte könnte die weiterverkauften Metalle im Inland gegen Rechnung mit Umsatzsteuerausweis (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) erworben haben. Eine solche Vorgehensweise wäre im Übrigen mit seinem „Entschluss, erneut Steuern – insbesondere Umsatzsteuern – in möglichst hohem Umfang zu hinterziehen“ (UA S. 18), auch nur schwer in Einklang zu bringen.
8
Nichts anderes gilt für die Steuerverkürzungen im Rahmen der Tätigkeit des Angeklagten für die A. S. Das Landgericht hat auf der Grundlage der bei den Durchsuchungsmaßnahmen aufgefundenen Rechnungen die Höhe der tatsächlich entstandenen Vorsteuern festgestellt. Das „Zwischenschalten“ der Scheinfirma des Zeugen B. und das Ausstellen von Scheingutschriften wären entbehrlich gewesen, wenn der Angeklagte den Metallschrott von inländischen Unternehmern bezogen hätte. Der Angeklagte verfügte bezeichnenderweise über keine Eingangsrechnungen mit Umsatzsteuerausweis (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG). Eine Aufklärungsrüge hat der Beschwerdeführer nicht erhoben.
9
3. Allerdings bedarf die Urteilsformel der Ergänzung. Das Landgericht hat entgegen § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB keine Bestimmung über den Maßstab getroffen, nach dem die in den Niederlanden vollstreckte Auslieferungshaft auf die erkannte Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen ist. Dies holt der Senat nach. Zugleich lässt er die entbehrliche Kennzeichnung einzelner Taten als gemeinschaftlich begangen (vgl. BGH wistra 2007, 149 m.w.N.) und die damit zusammenhängende Unterscheidung der Fälle im Urteilstenor entfallen.
Gerhardt Raum Brause Schaal Jäger
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
Können Scheinrechnungen nach den vom Gerichtshof
der Europäischen Gemeinschaften vorgegebenen steuerlichen
Grundsätzen berichtigt werden, hat dies regelmäßig
keinen Einfluß auf den Schuldspruch, ist aber im Rahmen
der Strafzumessung zu berücksichtigen.
Bei sogenannten Umsatzsteuerkarussellen ist jedenfalls
dann, wenn den einzelnen Beteiligten die Struktur und die
Funktionsweise des Karussells bekannt sind, der durch das
System verursachte Gesamtschaden zu ermitteln und in die
Strafzumessung einzustellen.
BGH, Urt. v. 11. Juli 2002 – 5 StR 516/01
LG Stuttgart –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 11. Juli 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Sitzung vom
10. und 11. Juli 2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
am 11. Juli 2002 für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 9. Juli 2001 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen diese Verurteilung wenden sich der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft, die ihre vom Generalbundesanwalt vertretene Revision auf den Strafausspruch beschränkt. Beide Rechtsmittel haben in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts erzielte der Angeklagte, der zusammen mit seinem Vater und seinem Bruder ein Sägewerk mit angeschlossenem Holzgroßhandel in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG betrieb , im Laufe des Jahres 1997 Erlöse in Höhe von etwa 34.000 DM, die er entweder in bar oder über das Konto seines Schwiegervaters vereinnahmte. Im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung 1997, die der Angeklagte als Mit-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH vorbereitet und die sein Vater gutgläubig unterschrieben hatte, gab der Angeklagte für die L GmbH & Co. KG (im folgenden: Firma L ) diese Umsätze nicht an, so daß Umsatzsteuer in Höhe von ca. 4.500 DM verkürzt wurde.
Ebenfalls noch im Jahre 1997 begann der Angeklagte mit dem anderweitig verfolgten Zeugen M , der bei der G der für den Holzhandel verantwortliche Mitarbeiter war, Luftgeschäfte vorzunehmen. Dabei gingen M und der Angeklagte dergestalt vor, daß sie über Scheinrechnungen Lieferungen vortäuschten, die tatsächlich nicht erfolgt waren. So bezog der Angeklagte von der G angeblich Holz über einen Rechnungsbetrag in Höhe von 2,9 Mio. DM. Von M kaufte er laut Rechnungsstellung Waren in Höhe von etwa 2,4 Mio. DM an. Gleichzeitig lieferte der Angeklagte aber auch zum Schein an die G und an M . Er entrichtete auf diese von der Firma L gestellten Rechnungen die dafür ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von knapp 600.000 DM; umgekehrt zog er die Vorsteuer aus den an die Firma L gerichteten Scheinrechnungen, die entweder von der Firma M oder der G erstellt worden waren. Der Angeklagte buchte die Beträge aus den Scheinrechnungen gegen die G ± entsprechend der zwischen den Partnern bestehenden Übung ± direkt ab und zahlte 90 % des Rechnungsbetrages an M aus. M betrieb ein gleichartiges Scheinrechnungskarussell mit vier weiteren Firmen.
Der Angeklagte, der aus den nicht erfolgten Lieferungen keine Vorsteuer hätte geltend machen dürfen, verkürzte dadurch Umsatzsteuer für das Jahr 1997 in Höhe von 800.000 DM, worin auch die Steuerverkürzung in Höhe von 4.500 DM für die Gelder enthalten war, die auf die nicht verbuchten Lieferungen entfiel.
In den Monaten Januar bis März 1998 führten der Angeklagte und M dieses System weiter. Da auch in diesen Monaten der Angeklagte aus den jeweiligen an die Firma L gerichteten Scheinrechnungen unberechtigt die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer in den von ihm unterschriebenen monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen in Abzug brachte, entstanden weitere Steuerverkürzungen in Höhe von 170.000 DM (Januar 1998), 120.000 DM (Februar 1998) und 110.000 DM (März 1998). Der Angeklagte beabsichtigte schon bei Abgabe der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen , diese unzutreffenden Angaben später im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 1998 nicht zu berichtigen.

II.


Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft führen im Strafausspruch zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils.
1. Die Revision des Angeklagten bleibt allerdings ohne Erfolg, soweit sie den Schuldspruch angreift.

a) Die von ihm erhobenen Verfahrensrügen sind sämtlich nicht ordnungsgemäû ausgeführt im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und damit unzulässig.

b) Die sachlichrechtlichen Beanstandungen gegen den Schuldspruch sind unbegründet. Das Landgericht hat den Angeklagten rechtsfehlerfrei wegen vollendeter Steuerhinterziehung in vier Fällen verurteilt.
aa) Hinsichtlich der Umsatzsteuerjahreserklärung 1997 wird der Schuldspruch schon allein durch die von der Revision nicht angegriffene Feststellung getragen, daû der Angeklagte die bar vereinnahmten oder auf das Konto seines Schwiegervaters überwiesenen Erlöse der Firma L in der Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 1997 nicht angab. Da die Firma L aus diesen Geschäftsvorfällen Umsatzsteuer schuldete (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, § 13 Abs. 2 Nr. 1 UStG a.F./§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG n.F.), verkürzte der Angeklagte als verantwortlicher Geschäftsführer (§ 34 AO) gemäû § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO Steuern, indem er die bereits erfolgten Lieferungen den Finanzbehörden verschwieg.
bb) Die Verurteilungen wegen dreier vollendeter Steuerhinterziehungen bezüglich der unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Januar bis März 1998 begegnen gleichfalls keinen rechtlichen Bedenken, weil der Angeklagte ± was auch hinsichtlich der Umsatzsteuerjahreserklärung 1997 den Schuldspruch rechtfertigt ±, Vorsteuern aus Scheinrechnungen geltend gemacht und damit den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt hat.
Unabhängig davon, ob der Adressat einer Scheinrechnung, die einen Umsatzsteuerausweis enthält, diese tatsächlich bezahlt hat, scheidet ein Vorsteuerabzug aus. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist der Rechnungsadressat nur dann zum Vorsteuerabzug befugt, wenn die in Rechnung gestellte Lieferung oder sonstige Leistung tatsächlich ausgeführt worden ist (BGH NJW 2002, 1963, 1965 sub d). Da den Rechnungen jeweils keine tatsächlich durchgeführten Lieferungen oder sonstigen Leistungen zugrunde lagen, war der Angeklagte zum Vorsteuerabzug nicht berechtigt (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, UStG § 15 Rdn. 96 m. w. N.).
Entgegen der Auffassung der Revision kann im Rahmen der Prüfung der Schuldfrage ein gegebenenfalls zu Unrecht geltend gemachter Vorsteu-
erbetrag nicht mit solchen Umsatzsteuerverbindlichkeiten saldiert werden, die aufgrund einer späteren Berichtigung in Wegfall gelangen.
(1) Selbst wenn eine Berichtigungsmöglichkeit gegeben wäre, könnte diese den Schuldspruch nicht in Frage stellen. Die Umsatzsteuer war zum Zeitpunkt der Abgabe der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen nämlich nach § 14 Abs. 3 UStG geschuldet. Nach Satz 2 2. Alternative dieser Vorschrift haftet derjenige, der ± ohne daû ein entsprechender Geschäftsvorfall zugrunde liegt ± Rechnungen mit einem gesonderten Umsatzsteuerausweis erstellt. Mit der Schaffung eines allein an den Umsatzsteuerausweis geknüpften Steuertatbestandes soll die Erstellung entsprechender Scheinrechnungen verhindert werden, die ein erhebliches Gefährdungspotential aufweisen, weil aus ihnen Vorsteuerabzüge geltend gemacht werden können (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 Versuch 2). Eine solche Gefährdung liegt aufgrund der Besonderheiten des Umsatzsteuererhebungssystems, das überwiegend auf Vertrauen aufgebaut und weitgehend automatisiert ist, besonders nahe. Der Steuerpflichtige errechnet seine Umsatzsteuerschuld selbst; er legt allenfalls die Rechnungen vor. Eine Prüfung des hinter einer Rechnung stehenden Sachverhalts ist der Finanzbehörde im Rahmen des Massengeschäftes , welches die Umsatzsteuererhebung darstellt, grundsätzlich nicht möglich. Die Finanzverwaltung verfügt dabei im wesentlichen über ein auf Stichproben beschränktes weitmaschiges Kontrollsystem. Vor diesem Hintergrund erschlieût sich auch der Zweck des § 14 Abs. 3 Satz 2 2. Alternative UStG. Mit dieser Regelung, die auf der gemeinschaftsrechtlichen Norm des Art. 21 Nr. 1 lit. c (jetzt: lit. d) der 6. EG-Richtlinie (77/388/EWG) beruht, ist ein Tatbestand geschaffen worden, der eine Ausfallhaftung gewährleistet (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG 8. Aufl. § 14 Rdn. 267.3).
Allerdings beschränkt der Gefährdungsgedanke auch den durch § 14 Abs. 3 UStG geschaffenen Haftungsumfang. Ist die Gefährdung nämlich rechtzeitig und vollständig beseitigt, verlangt es der Grundsatz der Neutralität
der Umsatzsteuer, daû eine zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer berichtigt werden kann. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) aufgrund einer Vorlage des Bundesfinanzhofes (BFHE 187, 84) entschieden, dabei aber gleichzeitig ausgeführt, daû die Umsetzung der Berichtigungsmöglichkeit, die allerdings nicht von einem behördlichen Ermessen abhängig gemacht werden darf, den nationalen Verfahrensordnungen obliegt (EuGH, Urt. vom 19. September 2000 ± C-454/98, Slg. 2000, I ± 6973 ± Schmeink & Cofreth und Manfred Strobel). In Umsetzung dieses Urteils des Europäischen Gerichtshofs hat der Bundesfinanzhof hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Behandlung einer etwaigen Berichtigung differenziert. Entfällt die Gefährdungslage bereits im Besteuerungszeitraum, ist analog § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG noch in demselben Besteuerungszeitraum die Rechnung zu berichtigen (BFH UR 2001, 255, 257). Tritt der Wegfall der Gefährdungslage später ein, erfolgt eine Berichtigung der Steuer nach der Billigkeitsregelung des § 227 AO (BFH UR 2001, 312, 314). Die Gefährdungslage wird beseitigt, wenn die Scheinrechnung zurückgegeben oder storniert ist, ohne daû vorher ein Vorsteuerabzug getätigt wurde (BFH UR 2001, 255, 257). Sie wird aber auch trotz erfolgten Vorsteuerabzuges beseitigt, sobald umgekehrt die in der Scheinrechnung ausgewiesene Umsatzsteuer gezahlt ist (BFH UR 2001, 312, 314). Damit ist der in der Rechnung angelegte umsatzsteuerliche Saldo ausgeglichen und der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer wiederum gewahrt. Berichtigungsfähig sind solche Rechnungen auch, wenn die gezogene Vorsteuer unzweifelhaft zurückgeführt wurde (vgl. zu den Berichtigungsmöglichkeiten eingehend Wagner aaO § 14 Rdn. 201 ff.).
Voraussetzung für eine entsprechende Berichtigung ist aber, daû eine solche in der hierfür erforderlichen Form durchgeführt wurde. In den Fällen der Berichtigung nach § 17 Abs. 1 UStG muû die Berichtigung durch beide Partner des Scheinrechnungsverhältnisses erfolgen. In den Fällen, in denen nur noch eine Billigkeitsentscheidung nach § 227 AO in Betracht kommt, bedarf es eines gesonderten Verwaltungsverfahrens, in dem geprüft wird, ob
eine Gefährdung tatsächlich ausgeschlossen ist. Hier hatte jedenfalls im Voranmeldungszeitraum keine beiderseitige Berichtigung nach § 17 Abs.1 UStG stattgefunden. Selbst wenn die Finanzbehörde später einen Teil des Steueranspruches nach § 227 AO erlassen würde, lieûe dies den bereits vor dem getroffenen Billigkeitserlaû erfüllten Tatbestand der vollendeten Steuerhinterziehung unberührt. Dies hätte allenfalls als strafmildernder Umstand für die Rechtsfolgenbemessung Auswirkungen. Ein Einfluû auf den Schuldspruch läût sich mithin schon aus diesen Gründen ausschlieûen.
(2) Eine derartige Verrechnung, wie sie der Angeklagte mit seiner Revision geltend macht, unterfiele zudem dem Kompensationsverbot gemäû § 370 Abs. 4 Satz 3 AO. Der Abzug von Vorsteuern und die Bezahlung von Umsatzsteuern nach § 14 Abs. 3 UStG stehen nämlich in keinem so engen wirtschaftlichen Zusammenhang, als daû beide Gesichtspunkte nur einheitlich beurteilt werden könnten (BGH wistra 1984, 183; 1982, 199; Kohlmann AO 7. Aufl. § 370 Rdn. 160.2; Gast-de Haan in Klein AO 7. Aufl. § 370 Rdn. 74). Die jeweiligen umsatzsteuerrechtlich relevanten Tatbestände, nämlich der Vorsteuerabzug und die Rechnungsbesteuerung nach § 14 Abs. 3 UStG beruhen auf unterschiedlichen Sachverhalten. Dies ergibt sich hier schon daraus, daû die Firma L einmal Rechnungsaussteller und zum anderen Rechnungsempfänger war. Beide steuerlichen Tatbestände stehen nicht in einem untrennbaren Zusammenhang, auch wenn sie jeweils als Einzelrechnungsposten in die monatlichen Voranmeldungen eingehen (vgl. BGH wistra 1991, 107; kritisch hierzu Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 5. Aufl. § 370 Rdn. 71). Sowohl der Vorsteuerabzug als auch die Besteuerung nach § 14 Abs. 3 UStG haben jeweils unterschiedliche tatsächliche Grundlagen. Schon allein deshalb ist auch die Ermäûigung einer auf § 14 Abs. 3 UStG beruhenden Steuerlast aufgrund einer späteren Berichtigung ein anderer Grund im Sinne des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO.
cc) Das Landgericht hat zutreffend den Angeklagten jeweils wegen vollendeter Steuerhinterziehung verurteilt. Entgegen der Auffassung der Re-
vision ergibt sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-454/98 ± Schmeink & Cofreth und Manfred Strobel ± nicht, es könne insoweit nur der Tatbestand einer versuchten Steuerhinterziehung erfüllt sein. Die eher beiläufige Anmerkung des Gerichtshofs in Rdn. 62, die über die Vorlegungsfragen hinausgeht und Bezug nimmt auf Ausführungen der Kommission, die Mitgliedstaaten seien nicht gehindert, die Ausstellung fingierter Rechnungen mit Mehrwertsteuerausweis als versuchte Steuerhinterziehung mit den im nationalen Recht vorgesehenen Sanktionen wie Geldstrafe oder Geldbuûe zu belegen, verweist lediglich allgemein auf die den Mitgliedstaaten obliegende strafrechtliche Verfolgung derartiger Manipulationen und erwähnt beispielhaft unterschiedliche Sanktionsmöglichkeiten. Ob die Verwendung fingierter Belege als buûgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit (§ 379 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder als Straftat zu ahnden ist, richtet sich allein nach nationalem Recht.
Für die Strafvorschrift des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ist die relevante Tathandlung die Abgabe einer entsprechenden Steuererklärung gegenüber den Finanzbehörden, in der die unrichtige Rechnung Verwendung findet oder auf sie Bezug genommen wird. Für die Abgrenzung von Versuch und Vollendung ist nach deutschem Recht maûgebend, ob durch die unrichtige Erklärung Steuern verkürzt werden, mithin also ein Steuerschaden wenigstens auf Zeit entstanden ist (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO). Die Voraussetzung tritt regelmäûig dann ein, wenn aufgrund der falschen Angaben eine zu niedrige Steuer festgesetzt wurde. Ob im Einzelfall eine Berichtigung nach § 17 Abs. 1 UStG vor der Steuerfestsetzung als Rücktritt zu werten sein mag oder jedenfalls im Falle fehlender Freiwilligkeit im Sinne des § 24 StGB nur zu einer Versuchsstrafbarkeit führt, braucht der Senat hier ebensowenig zu prüfen wie die Frage , ob eine Berichtigung nach der Steuerfestsetzung zu einem persönlichen Strafaufhebungsgrund nach § 371 AO führen kann. Im vorliegenden Fall war der Steuerschaden schon in dem ungerechtfertigten Vorsteuerabzug begründet. Die Rechnungen, die den Vorsteuerabzügen zugrunde lagen, hat der Angeklagte jedenfalls bis zur Abgabe der Erklärungen, nicht berichtigt.
Da seine Steueranmeldungen mit einer Zahllast endeten, standen sie nach § 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Damit lag eine zu geringe Steuerfestsetzung vor, die zugleich den Eintritt der Vollendung bewirkte (BGHR AO § 370 Abs. 1 Vollendung 2). Soweit der Angeklagte eigene (möglicherweise berichtigungsfähige) Steuerverbindlichkeiten nach § 14 Abs. 3 UStG gegenrechnen und so einen Steuerschaden beseitigen will, steht dem ± wie dargestellt ± das Kompensationsverbot entgegen; im übrigen hat er auch diese Rechnungen nicht innerhalb des Veranlagungszeitraumes und auch nicht vor Einleitung eines Steuerstrafverfahrens berichtigt.
2. Die Strafzumessung begegnet dagegen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie enthält Rechtsfehler zum Vor- und Nachteil des Angeklagten.

a) Zum Nachteil des Angeklagten hat das Landgericht einer für die Firma L gegebenenfalls bestehenden Berichtigungsmöglichkeit nicht das erforderliche Gewicht beigemessen. Soweit nämlich eine solche besteht, wäre der vom Landgericht festgestellte Schaden in der Höhe dieser Berichtigung nur ein solcher auf Zeit. Für die Bestimmung des Schuldumfangs ist dieser Umstand von erheblicher Bedeutung; denn bei einer Verkürzung auf Zeit ist der Verkürzungserfolg allein im Zinsschaden zu sehen (BGH wistra 1997, 186; vgl. auch Kohlmann aaO § 370 Rdn. 156). Insoweit steht einer möglichen Berichtigung auch nicht das Kompensationsverbot gemäû § 370 Abs. 4 Satz 3 AO entgegen, weil es sich hierbei um die nach § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB im Rahmen der Strafzumessung zu beachtenden verschuldeten Auswirkungen der Tat handelt (BGH NJW 2002, 1963, 1965 f.; vgl. Kohlmann aaO Rdn. 166; Gast-de Haan aaO Rdn. 75 jeweils m. w. N.). Auch soweit eine Berichtigung noch nicht erfolgt ist, hat schon die bloûe Möglichkeit hierzu als strafmildernder Gesichtspunkt Einfluû auf die Strafzumessung. Nur wenn nämlich ein umsatzsteuerlich neutraler und ausgeglichener Saldo besteht , ist überhaupt eine Berichtigungsmöglichkeit eröffnet.
Dies erfordert allerdings keine detailgenaue Ermittlung der etwaigen Gröûenordnung von Berichtigungsmöglichkeiten. Der neue Tatrichter wird aber festzustellen haben, hinsichtlich welcher Rechnungen überhaupt eine im Sinne des Umsatzsteuerrechts relevante Gefährdungslage bestand. Dies ist nach den vorgenannten Entscheidungen des Bundesfinanzhofes (UR 2001, 255 und 312), die im Anschluû des Urteils des EuGH im Vorlageverfahren ergangen sind, bei den Sachverhaltskonstellationen nicht der Fall, in denen überhaupt keine Vorsteuer geltend gemacht wurde und die Rechnung zurückgegeben oder storniert ist. Ob aus den Rechnungen, die vom Angeklagten für die Firma L ausgestellt worden waren, Vorsteuern gezogen wurden, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Selbst wenn aber ein Vorsteuerabzug geltend gemacht worden wäre, wäre die Neutralität der Umsatzsteuer wiederum gewahrt, soweit der Rechnungssteller in entsprechendem Umfang Umsatzsteuer abgeführt hat. Dies verlangt deshalb eine Prüfung in zweifacher Hinsicht. Hat der Empfänger von Scheinrechnungen des Angeklagten Vorsteuern geltend gemacht, wären diese durch eigene Steuerzahlungen nach § 14 Abs. 3 UStG durch die Firma des Angeklagten auszugleichen. Soweit der Angeklagte selbst aus an ihn gerichteten Scheinrechnungen für seine Firma Vorsteuern gezogen hat, kommt es darauf an, ob der Aussteller seinerseits Umsatzsteuer gezahlt hat. Für den Angeklagten könnte es sich schlieûlich jedenfalls schuldmindernd auswirken, wenn er für seine Firma Umsatzsteuer an den Rechnungssteller geleistet hätte, die jedoch von diesem nicht an das Finanzamt abgeführt wurde. Daû eine der vorstehend aufgeführten Fallgruppen gegeben sein könnte, liegt im vorliegenden Fall schon deshalb nahe, weil nach den Feststellungen des Landgerichts der Angeklagte für die Firma L 67.000 DM mehr an Umsatzsteuern abgeführt hatte, als er dies bei korrektem Verhalten hätte tun müssen.

b) Das landgerichtliche Urteil enthält aber auch einen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten. Dies führt zum Erfolg der Revision der Staatsanwaltschaft.
aa) Allerdings kann den Erwägungen der Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsbegründung nicht gefolgt werden. Sie vertritt die Auffassung, eine Berichtigung von Scheinrechnungen könne nur der Aussteller dieser Rechnungen erreichen. Die Staatsanwaltschaft meint dabei offenbar, daû der Angeklagte die eingetretene Steuergefährdung aus eigener Kraft gar nicht hätte beseitigen können. Wie bereits vorstehend ausgeführt, kann aber auch bei gezogenen Vorsteuern eine Gefährdung dann ausgeschlossen sein, wenn die Umsatzsteuer abgeführt wurde. Auch bei dieser Sachverhaltskonstellation besteht dann eine Berichtigungsmöglichkeit, wenn die unberechtigt gezogene Vorsteuer zurückgezahlt wird. Nach Rückzahlung der Vorsteuer ist dann auch die Rückführung der nach § 14 Abs. 3 UStG geschuldeten Umsatzsteuer möglich, wodurch wiederum ein ausgeglichener neutraler umsatzsteuerlicher Saldo hergestellt wird (BFH UR 2001, 312, 314). Gleichfalls kann der Staatsanwaltschaft nicht zugestimmt werden, wenn sie meint, eine Berichtigung könne dem Angeklagten nicht strafmildernd zugerechnet werden, weil er erst aktiv wurde, als das Steuerstrafverfahren bereits eingeleitet war. Es kommt nämlich nicht auf die Berichtigung an, sondern auf die Steuergefährdung , deren Beseitigung letztlich die Berichtigungsmöglichkeit auslöst. Wenn der Angeklagte aber aus den von ihm gestellten Rechnungen die ausgewiesene Umsatzsteuer angemeldet und diese auch abgeführt haben sollte bzw. einzelne Rechnungsempfänger möglicherweise keine Vorsteuer gezogen haben, dann sind dies Umstände, die eine Steuergefährdung ausschlieûen oder zumindest mindern und die zudem vor der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens entstanden sind.
bb) Ein Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten ergibt sich aber aus einem anderen Grund. Das Landgericht hat nämlich den Umstand nicht berücksichtigt , daû es sich im vorliegenden Fall um ein aus mehreren Beteiligten bestehendes Umsatzsteuerkarussell gehandelt hat. Dies hat Auswirkung auf die Bestimmung des Schuldumfanges.
(1) Solche Karussellgeschäfte sind dadurch geprägt, daû eine Mehrzahl von Personen jeweils gegenüber dem nächsten Glied in der Kette Scheinrechnungen ausstellt. Bei den sogenannten Umsatzsteuerkarussellen wird dieses System ± in der Regel grenzübergreifend ± betrieben, weil über Vorsteuererstattungen Steuergelder betrügerisch erlangt werden sollen (vgl. hierzu Kühn/Winter, UR 2001, 478 ff.; Merk, UR 2001, 97 ff.). Bei entsprechenden Karussellen ist in der Regel als immer gleichartige Vorgehensweise kennzeichnend, daû in die Kette einzelne oder mehrere Glieder (meist vermögenslose natürliche oder juristische Personen) eingebaut sind, die entweder keine Umsatzsteuer anmelden oder geschuldete Umsatzsteuer nicht abführen. Damit werden in diesem System zwar sämtliche Vorsteuern aus den Scheinrechnungen gezogen, aber nicht sämtliche Umsatzsteuerschulden aus den Scheinrechnungen bezahlt. Der Gewinn entsteht aus der Differenz von voll gezogenen Vorsteuern, aber nicht vollständig abgeführten Umsatzsteuern.
Innerhalb eines solchen Karussellsystems tritt typischerweise die Situation ein, daû aus Sicht eines einzelnen Glieds der Kette die umsatzsteuerlichen Auswirkungen neutral sein können. Werden nämlich von einzelnen Personen in der Kette sämtliche Umsatzsteuern bezahlt und stehen den von dieser Person gezogenen Vorsteuern wieder vom Scheinrechnungsaussteller gezahlte Umsatzsteuern gegenüber, dann wäre aus dem Blickwinkel dieser Person die umsatzsteuerliche Bilanz an sich ausgeglichen. Dies würde zwar bei einer strafrechtlichen Bewertung nicht ± wie oben ausgeführt ± den Schuldspruch berühren, hätte aber naturgemäû auf die Bestimmung des Schuldumfanges erhebliche Auswirkungen. Bei materieller ± die jeweiligen Berichtigungsmöglichkeiten einschlieûenden ± Betrachtung könnte sich dann im Hinblick auf diese Person ein gegen Null konvergierender Steuerschaden ergeben.
(2) Eine solche auf das einzelne Scheinrechnungsverhältnis beschränkte Betrachtung würde ± wie der Senat schon in seiner Entscheidung vom 20. März 2002 (NJW 2002, 1963, 1966) angedeutet hat ± dem Gesamtunrechtsgehalt nicht gerecht. Dieser wird nämlich nicht durch das einzelne Rechnungsverhältnis geprägt, sondern durch das Karussellsystem als Ganzes, mit dem auf kriminelle Art und Weise Vorsteuerüberschüsse erzielt werden sollen. Jedenfalls soweit den einzelnen Beteiligten die Struktur und die Funktionsweise des Karussells bekannt sind, muû dies auch bei der Feststellung der für die Strafzumessung bestimmenden verschuldeten Auswirkungen der Tat (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB) Gewicht erlangen. Maûgeblich ist deshalb der aus dem Gesamtsystem erwachsene deliktische Schaden, der in dem Überschuû von gezogener Vorsteuer im Vergleich zu gezahlter Umsatzsteuer besteht. Eine solche Zurechnung ist jedenfalls bei den Personen geboten, die sich bewuût in entsprechende Systeme einbinden lassen. Sie spielen nämlich, insbesondere wenn sie über einen eingeführten Betrieb verfügen, als vertrauenswürdige Deckadressen eine nicht zu unterschätzende Rolle für das Gelingen des kriminellen Gesamtunternehmens. Sind diese Betriebe der Finanzverwaltung als zuverlässig bekannt, wird sie auf die kurzfristige Anberaumung von Umsatzsteuerauûenprüfungen eher verzichten. Diese Einbeziehung in das Gesamtsystem rechtfertigt es dann auch, den steuerlichen Gesamtschaden, der durch dieses System erzeugt wurde, strafschärfend zu berücksichtigen.
Der neue Tatrichter wird demnach auch zu prüfen haben, inwieweit der Angeklagte in das Gesamtkarussellgeschäft eingeweiht war und gegebenenfalls in welcher Höhe ein deliktischer Steuerschaden entstanden ist.
Harms Häger Gerhardt Raum Brause
5 StR 420/03

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 5. Februar 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
5. Februar 2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt P und
Rechtsanwalt W
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 7. April 2003 im gesamten Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung zu einer Gesamt- freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg; dies führt zur Aufhebung des Strafausspruchs.

I.


Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
1. Der Angeklagte war seit 1994 geschäftsführender Alleingesellschafter der D U h GmbH (im folgenden: DUH). Die DUH führte bundesweit zum einen Kurse für Sofortmaßnahmen am Unfallort für Führerscheinbewerber durch und vermittelte diesen die nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 StVG nachzuweisenden Kenntnisse zur Versorgung Unfallverletzter im Straßenverkehr; für diesen Teilnehmerkreis führte die DUH auch Sehtests durch. Daneben nahmen auch andere Personen an diesen und weiteren „Erste-Hilfe-Kursen“ der DUH teil, die eine solche Ausbildung und entsprechende Kenntnisse berufsbedingt nachweisen mußten, wie etwa Berufskraftfahrer, Krankenschwestern, Sportlehrer und Erzieher.
Der DUH war seit ihrer Gründung zum 1. Januar 1994 durch das zuständige Finanzamt die Gemeinnützigkeit zuerkannt worden, so daß die GmbH im wesentlichen von der Umsatzsteuer (§ 4 Nr. 18 UStG), der Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 6 GewStG) und der Körperschaftsteuer (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) befreit war.
In Kenntnis dieser Umstände und der rechtlichen Bedeutung der Gemeinnützigkeit gemäß §§ 51 ff. AO begann der Angeklagte 1996 bar vereinnahmte Kursgebühren nicht mehr in der Buchführung der GmbH zu erfassen, sondern einzubehalten und auf private Konten einzubezahlen. Auf diese Weise zweigte er in der Zeit von Januar 1996 bis Ende September 2001 brutto 1,3 Millionen DM ab, von denen er 20 % für die Bezahlung der Schulungsleiter einsetzte und rund 1,1 Millionen DM für eigene private Zwecke verwendete. Wegen der eigenwirtschaftlichen Mittelverwendung entfielen die Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit und der damit zusammenhängenden Steuerbefreiungen (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO) in den Jahren 1996 bis 2001.
Nach Einleitung des Steuerstrafverfahrens einigte sich der Beschwerdeführer mit dem Finanzamt für Steuerstrafsachen am 7. Mai 2002 im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung, mit der er den Sachverhalt aner-
kannte und sich zur Nachzahlung der durch die verdeckten Gewinnaus- schüttungen verkürzten Körperschaftsteuer sowie der Umsatz- und Gewerbesteuer für die GmbH und die durch das Verschweigen der verdeckten Gewinnausschüttungen in seinen jeweiligen Einkommensteuererklärungen verkürzten Einkommensteuer 1996 bis 2001 bereiterklärte. Die entsprechend dieser tatsächlichen Verständigung nachzuzahlenden Steuern hat der Angeklagte mittlerweile in vollem Umfang bezahlt.
2. Der Beschwerdeführer, der auch in der Hauptverhandlung hinsichtlich des festgestellten Sachverhalts geständig war, hat rechtlich geltend gemacht , die von der DUH erbrachten Leistungen seien nach § 4 Nr. 21 Buchstabe b UStG 1993 / § 4 Nr. 21 Buchstabe a bb UStG 1999 umsatzsteuerfrei, weil sie entweder berufsbildenden Charakter hätten oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung – nämlich die Führerscheinprüfung – vorbereiteten. Ergänzend dazu hat der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung zwei Bescheinigungen der Bezirksregierung Köln und der Bezirksregierung Detmold jeweils vom 31. März 2003 vorgelegt , nach denen rückwirkend ab 1. Januar 1996 gemäß § 4 Nr. 21 Buchstabe a bb UStG bescheinigt wird, daß die durchgeführten Lehrgänge der DUH als berufsvorbereitende oder berufsbegleitende Maßnahme (für Berufskraftfahrer , Krankenschwestern, Sportlehrer und Erzieher laut Bescheinigung der Bezirksregierung Köln) ordnungsgemäß durchgeführt werden.
Das Landgericht hat eine entsprechende steuerliche Berücksichtigung des Befreiungstatbestandes nach § 4 Nr. 21 Buchstabe b UStG 1993 / § 4 Nr. 21 Buchstabe a bb UStG 1999 abgelehnt. Es hat dies zum einen darauf gestützt, die Bezirksregierungen Köln und Detmold seien nicht zuständig für eine solche Bescheinigung und die eigentlich zuständige Bezirksregierung Arnsberg werde den entsprechenden Antrag des Beschwerdeführers vermutlich ablehnen. Zum anderen handele es sich bei der Einrichtung der DUH weder um eine private Schule noch sei die GmbH eine allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung. Nach der Rechtsprechung des Bundesfi-
nanzhofs gehöre schon eine Fahrschule nicht zu den allgemeinbildenden Einrichtungen; dies gelte erst recht für die Leistungen der DUH gegenüber den Fahrschülern, die nach der Teilnahme an den Lehrgängen keinerlei Prüfungen abzulegen hätten.

II.


Diese steuerliche Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zumindest ein Teil der von der DUH bewirkten Umsätze kann umsatzsteuerbefreit sein.
1. Gemäß § 4 Nr. 21 Buchstabe b UStG 1993 (ab 1. April 1999 § 4 Nr. 21 Buchstabe a bb UStG 1999) sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen steuerfrei, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, daß sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.
Die Bescheinigung ist insoweit für die Finanzverwaltung bindend, als die zuständige Landesbehörde darüber entscheidet, ob die Einrichtung auf einen Beruf oder auf eine bestimmte Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Ob es sich indes um eine allgemein- oder berufsbildende Einrichtung handelt , die nach § 4 Nr. 21 UStG steuerfrei ist, fällt nicht in die Entscheidungsbefugnis der Landesbehörden, sondern ist von den Finanzbehörden zu beurteilen (vgl. BFH BStBl II 1989, 815). Zuständige Landesbehörden sind bei bundesweit tätigen Einrichtungen sowohl die Behörde in dem Bundesland, in dem der Unternehmer steuerlich geführt wird, als auch Behörden in den Bundesländern, in denen der Unternehmer tätig wird (Weymüller in Sölch/Ringleb/List, UStG Stand: 1. September 2003, § 4 Nr. 21 Rdn. 20). Bei unterschiedlichen Leistungen sind die verschiedenartigen Bildungszwecke zu bezeichnen (Weymüller aaO).
2. Der Begriff der berufsbildenden Einrichtung, der hier allein in Be- tracht kommt, umfaßt nicht nur die Berufsausbildung; vielmehr ist der Begriff im Einklang mit Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, dahin auszulegen, daß auch Einrichtungen der Berufsfortbildung oder der beruflichen Umschulung erfaßt werden sollen sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen anderer Einrichtungen (Unternehmer), deren Zielsetzungen als vergleichbar von den Mitgliedstaaten anerkannt sind. Das bedeutet, daß die erbrachten Leistungen ihrer Art nach den Zielen der Berufsaus- und Berufsfortbildung dienen müssen; diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Leistung allein oder zusammen mit den Leistungen anderer Unternehmer die Ausbildung ermöglicht, fördert, ergänzt oder erleichtert (BFH BStBl II 1999, 578, 579 f.; BFH Urt. vom 18. September 2003 – V R 62/02).
3. Zwar hat das Landgericht im Ansatz zutreffend darauf abgestellt, daß Fahrschulen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs generell keine allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen sind, soweit sie auf den Erwerb der Fahrerlaubnis in den (seinerzeit noch so bezeichneten ) Klassen 1 oder 3 vorbereiten, obwohl eine solche für die Ausübung zahlreicher Berufe erforderlich ist (vgl. BFH BStBl II 1974, 527). Damit entfällt auch für die eng mit der Vorbereitung zur Fahrprüfung für diese Führerscheine zusammenhängenden Kurse „Sofortmaßnahmen am Unfallort“ (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 StVG) die Möglichkeit der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe b UStG 1993 / § 4 Nr. 21 Buchstabe a bb UStG 1999.
Indessen hat der Tatrichter nicht bedacht, daß diese steuerrechtliche Beurteilung regelmäßig insoweit eine Ausnahme erfährt, als andere Arten von Kursen durchgeführt werden, die den jeweiligen Teilnehmer auf eine Tätigkeit als Berufskraftfahrer vorbereiten, etwa durch Erwerb der LKW-
Fahrerlaubnis oder der Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung. Insoweit ist nach den Umsatzsteuerrichtlinien (UStR 96 Abschnitt 112 Abs. 3; vgl. BMFSchreiben vom 8. Februar 2000, BStBl I S. 359; vgl. auch BFH BStBl II 1974, 527 re. Spalte) für entsprechende Lehrgänge eine Umsatzsteuerbefreiung vorgesehen, ohne daß es darauf ankommt, daß ein Kurs ausschließlich zu diesem Zweck angeboten wird. Als begünstigt ist danach vielmehr die dem einzelnen Fahrschüler gegenüber erbrachte Leistung anzusehen (a. A. Weymüller in: Sölch/Ringleb/List aaO Rdn. 18). Demnach können auch die mit dem Erwerb der Fahrerlaubnis eng zusammenhängenden Leistungen zur Schulung in Unfallhilfe, die gegenüber diesen Kursusteilnehmern erbracht werden, steuerbegünstigt sein, soweit die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen nach § 4 Nr. 21 UStG vorliegen.
Die im Rahmen einer solchen berufsbedingten Maßnahme erbrachten Leistungen der DUH hätten bei der strafrechtlichen Würdigung dementsprechend berücksichtigt und möglicherweise mit Hilfe einer Schätzung dem Umfang nach schuldmindernd ermittelt werden müssen. Dasselbe gilt auch für solche Erste-Hilfe-Lehrgänge, die von der DUH gegenüber anderen Berufsangehörigen erbracht worden sind, soweit die Teilnehmer solche Kenntnisse bei Ausübung ihres Berufes regelmäßig nachweisen müssen; auch insoweit hätte es weiterer Aufklärung durch das Landgericht bedurft.
Dem angefochtenen Urteil ist zudem weder zu entnehmen, warum die Bezirksregierungen in Köln und Detmold die Bescheinigungen vom 31. März 2003 ausgestellt haben sollten, obwohl sie nach Auffassung des Landgerichts keine „zuständigen Landesbehörden“ im Sinne des § 4 Nr. 21 UStG sein sollen; ebensowenig ist erkennbar, aus welchem Grund die Bezirksregierung Arnsberg die Rechtsfragen abweichend von den übrigen Bezirksregierungen entscheiden sollte. Insoweit wird der neue Tatrichter ergänzende Feststellungen zu treffen haben.

III.


Allerdings führt die unzutreffende steuerrechtliche Würdigung des Sachverhalts nicht zur Aufhebung des Schuldspruchs; dem steht das Kompensationsverbot nach § 370 Abs. 4 Satz 3 AO entgegen.
1. Danach ist es für die strafrechtliche Beurteilung der Tat ohne Bedeutung , ob die Steuer aus anderen Gründen hätte ermäßigt werden können. Das bedeutet, daß im Rahmen des Schuldspruchs als verkürzte Steuern diejenigen Beträge angesehen werden müssen, die auf die unrichtig erklärten oder verschwiegenen steuerlichen Vorgänge entfallen (Kohlmann, Steuerstrafrecht § 370 AO 1977 Rdn. 160.3). Nur für solche Ermäßigungsgründe oder Steuervorteile, die im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den unzutreffenden Steuererklärungen stehen, bei denen es sich somit um die steuerrechtliche Beurteilung desselben Vorgangs handelt, gilt das Kompensationsverbot nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht (vgl. die Nachweise bei Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 5. Aufl. § 370 Rdn. 67 ff.).
2. Ein derart untrennbarer Zusammenhang, der das Kompensationsverbot ausschlösse, ist hier nicht gegeben. Zwar kann grundsätzlich zwischen dem Steuerentstehungstatbestand und einzelnen Steuerbefreiungstatbeständen ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Dies gilt indes dann nicht, wenn der Befreiungstatbestand seinerseits ein weiteres verwaltungsrechtliches Prüfungsverfahren voraussetzt. So liegt es hier: Zum Zeitpunkt , als der Angeklagte im Rahmen der seinerzeit noch zuerkannten Gemeinnützigkeit für die DUH wegen seiner eigennützigen Entnahmen unzutreffende Steuererklärungen für die Steuerjahre 1996 – 1999 beim Finanzamt einreichte und die DUH GmbH – mit Ausnahme des Jahres 1999 – entsprechend veranlagt wurde, lagen die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung der Umsätze nach § 4 Nr. 21 Buchstabe b UStG 1993 / § 4 Nr. 21 Buchstabe a bb UStG 1999 noch nicht vor. Die danach erforderlichen Bescheinigun-
gen der zuständigen Landesbehörden, daß die berufsbildende Einrichtung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet, wurden erst sehr viel später von der DUH beantragt und von den Bezirksregierungen Köln und Detmold erst am 31. März 2003 erteilt; die Entscheidung der Bezirksregierung Arnsberg erging erst nach Erlaß des angefochtenen Urteils vom 7. April 2003. Bei der Abgabe wahrheitsgemäßer Steuererklärungen wäre die GmbH demnach zunächst ohne Berücksichtigung möglicher steuerfreier Umsätze nach § 4 Nr. 21 Buchstabe b UStG 1993 veranlagt worden mit der Folge einer entsprechenden steuerlichen Behandlung im Rahmen der Gewerbeund Körperschaftsteuer 1996 bis 1999. Erst nach Erlangung der in der Hauptverhandlung vorgelegten behördlichen Bescheinigungen, die rückwirkend ab 1996 eine entsprechende Bestätigung erteilten, war die steuerliche Voraussetzung für eine Prüfung der Steuerbefreiung durch das Finanzamt gegeben. Die durch die Abgabe falscher Steuererklärungen begangenen Steuerstraftaten des Angeklagten werden dadurch nicht berührt. Eine nachträgliche rückwirkende schuldmindernde Berücksichtigung im Rahmen des Schuldspruchs kann wegen des Kompensationsverbots nicht in Betracht kommen.
Allerdings sind Ermäßigungsgründe und Steuervorteile, die insoweit wegen des Kompensationsverbots nicht berücksichtigungsfähig sind, im Rahmen der Strafzumessung zu bedenken und strafmildernd einzustellen; denn dem Täter einer Steuerhinterziehung sind nur die tatsächlichen steuerlichen Auswirkungen der Tat zur Last zu legen (vgl. BGHSt 47, 343, 350 f.; NJW 2002, 1963, 1965 f. und Kohlmann aaO Rdn. 323.2). Das Landgericht hat dies nicht berücksichtigt, so daß die wegen tateinheitlich begangener Umsatzsteuer-, Gewerbe- und Körperschaftsteuerhinterziehung 1996 bis 1999 (vgl. UA S. 13) verhängten drei Einzelstrafen aufzuheben sind. Es ist nicht auszuschließen, daß bei Bedacht auf die abweichende steuerrechtliche Beurteilung und bei entsprechend geringerem Umfang der verkürzten Steuern für die jeweiligen Taten geringere Einzelstrafen gefunden worden wären.
Damit entfällt auch die Gesamtstrafe. Dem neuen Tatrichter wird zudem mit Aufhebung des gesamten Strafausspruchs die Möglichkeit eröffnet, die Einzelstrafen neu zueinander zu gewichten und den Sachverhalt umfassend neu zu würdigen.
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(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 416/08
vom
2. Dezember 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_________________________
1. Die Berechnung der nach § 266a StGB vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge
richtet sich in Fällen illegaler Beschäftigungsverhältnisse nach § 14 Abs. 2
Satz 2 SGB IV.
2. Zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung.
BGH, Urt. vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08 - LG Landshut
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. Dezember
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte persönlich,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 21. April 2008 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte statt in 43 Fällen in 33 Fällen des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt schuldig ist. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 48 Fällen, Beihilfe zur Steuerhinterziehung in vier Fällen und wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 43 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilt. Die Revision des Beschwerdeführers , mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, führt lediglich zur Berichtigung eines offensichtlichen Schreibversehens in der Urteilsformel. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
Nach den Urteilsfeststellungen betrieb der Angeklagte als Einzelfirma ein Trockenbau-Unternehmen, das für verschiedene Auftraggeber als Subunternehmer tätig war. Aufgrund der Preisvorgaben der Auftraggeber war dem Angeklagten in den Jahren 2001 bis 2005 ein „auskömmliches Wirtschaften“ nur dadurch möglich, dass er den wesentlichen Teil seiner Arbeitnehmer „schwarz“ beschäftigte, ohne die Arbeitsverhältnisse den zuständigen Stellen zu melden und ohne für diese Personen Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Darüber hinaus erklärte er die Umsatzerlöse, die er aufgrund der Tätigkeit der nicht gemeldeten Arbeitnehmer erzielte, in den für die betreffenden Zeiträume abzugebenden Umsatzsteuervoranmeldungen und -jahreserklärungen nicht. Er wollte hierdurch die Abführung von Umsatzsteuern auf die unter Einsatz der illegal beschäftigten Arbeitnehmer erbrachten Leistungen vermeiden. Um andererseits den Auftraggebern zu ermöglichen, die an ihn als Subunternehmer geleisteten Zahlungen ertragsteuerlich als Betriebsausgaben ansetzen und umsatzsteuerlich einen Vorsteuerabzug geltend machen zu können , unterstützte der Angeklagte die Auftraggeber bei der Beschaffung sog. Abdeckrechnungen. Bei diesen Rechnungen handel te es sich um Scheinrechnungen mit gesondertem Vorsteuerausweis, mit denen unter dem Namen von Firmen, die tatsächlich nicht tätig geworden waren, Leistungen abgerechnet wurden. Die Abdeckrechnungen für die L. AG erstellte der Angeklagte selbst. Sowohl dem Angeklagten als auch seinen Auftraggebern war bewusst, dass die vorgeblichen Aussteller der Rechnungen die darin ausgewiesenen Umsatzsteuern weder anmelden noch an die Finanzbehörden abführen würden.
3
Insgesamt verkürzte der Angeklagte durch diese Vorgehensweise in den Jahren 2001 bis 2005 Umsatzsteuern in Höhe von mehr als 373.000 Euro sowie Lohnsteuer von 354.000 Euro und enthielt er den Einzugsstellen Gesamt- sozialversicherungsbeiträge in Höhe von mehr als 947.000 Euro vor, davon Arbeitnehmeranteile an der Sozialversicherung in Höhe von über 473.000 Euro. Zudem ermöglichte er durch das Ausstellen von Scheinrechnungen den Verantwortlichen der L. AG, in den Jahren 2001 bis 2004 in Umsatzsteuervoranmeldungen und -jahreserklärungen ungerechtfertigt Vorsteuern in einer Gesamthöhe von mehr als 220.000 Euro geltend zu machen.

II.

4
Die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen tragen den Schuldspruch. Die Urteilsformel ist lediglich dahin zu berichtigen, dass der Angeklagte statt in 43 Fällen nur in 33 Fällen des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) schuldig ist. Bei der Nennung von 43 Taten des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in der Urteilsformel handelt es sich um ein offensichtliches Verkündungsversehen ; dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Urteilsgründen, die lediglich 33 Einzeltaten aufführen und diesen jeweils bestimmte Einzelstrafen zuordnen. Die Berichtigung kann der Senat selbst vornehmen (vgl. BGH NStZ 2000, 386; Kuckein in KK, 6. Aufl., § 354 Rdn. 20 m.w.N.).

III.

5
Die Strafzumessung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt enthält keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler. Auch der Schuldumfang - die Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge - ist zutreffend bestimmt.
6
1. Da die Strafkammer in den Urteilsgründen die Zahl der Einzeltaten zutreffend bestimmt hat, wirkt sich die Schuldspruchberichtigung auf den Strafausspruch nicht aus.
7
2. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht bei den einzelnen Taten jeweils auch den zutreffenden Schuldumfang zugrunde gelegt. Dies gilt auch, soweit es in den Fällen D 10 bis D 33 der Urteilsgründe den Angeklagten wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) verurteilt hat. Das Landgericht hat hierbei die Höhe der den Einzugsstellen vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge unter Heranziehung der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV bestimmt, indem es die an die illegal beschäftigten Arbeitnehmer gezahlten Löhne als Nettoarbeitsentgelt gewertet hat.
8
a) Die Schätzung der an die illegal beschäftigten Arbeitnehmer tatsächlich ausgezahlten Lohnsummen ist rechtlich nicht zu beanstanden. Da der Angeklagte über die Beschäftigung der bei den Einzugsstellen nicht angemeldeten Arbeitnehmer keine Aufzeichnungen führte, durfte das Landgericht die Höhe der an diese Personen gezahlten Löhne auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisse schätzen (vgl. BGHSt 38, 186, 193; BGHR StGB § 266a Sozialabgaben 5; BGH wistra 2007, 220 f.). Dies waren hier insbesondere die vom Landgericht festgestellten Umsätze des Angeklagten mit den Auftraggebern , der Umstand, dass die Auftraggeber das erforderliche Material zur Verfügung stellten, und die Tatsache, dass es sich bei den vorgenommenen Arbeiten fast ausschließlich um Lohnarbeiten handelte (UA S. 19, 37). Angesichts dieser Erkenntnisse und des Umstandes, dass nach den Feststellungen des Landgerichts auch in anderen - mit den verfahrensgegenständlichen vergleichbaren - Fällen bei Arbeiten im Rahmen von Trockenbaumaßnahmen 60 Pro-zent der Rechnungssummen als Löhne ausgezahlt wurden, ist die Schätzung der ausgezahlten Lohnsummen auf 60 Prozent des Nettoumsatzes des Angeklagten mit seinen Auftraggebern aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. auch BGH wistra 1983, 107, 108; OLG Düsseldorf wistra 1988, 123, 124).
9
b) Keinen rechtlichen Bedenken begegnet auch, dass das Landgericht in den Fällen D 10 bis D 33 der Urteilsgründe, d.h. für die Beitragsmonate ab August 2002, die so ermittelten Lohnzahlungen nicht als Bruttolohn, sondern - wie sich aus den mitgeteilten Beträgen ergibt - als Nettoarbeitsentgelt gewertet und ausgehend hiervon anhand der jeweils gültigen Beitragssätze die der Einzugsstelle vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge errechnet hat. Diese Vorgehensweise rechtfertigt sich auch für das Strafrecht aus der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV, die zum 1. August 2002 in Kraft getreten ist (BGBl. I 2002, 2787 ff.).
10
aa) Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV im Rahmen des Gesetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit vom 23. Juli 2002 (BGBl. I 2787 ff.) dem Umstand Rechnung getragen, dass bei illegaler Beschäftigung Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt werden. Er hat daher bestimmt, dass in solchen Fällen für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge zwischen den Beteiligten die Zahlung eines Nettoarbeitsentgelts als vereinbart gilt, weil dem Arbeitnehmer auch wirtschaftlich ein Nettoarbeitsentgelt zufließt (BTDrucks. 14/8221 S. 14). Neben der Beseitigung von Beweisschwierigkeiten zum Inhalt von Lohnvereinbarungen bei illegaler Beschäftigung (BTDrucks. aaO ) war die Verhinderung von Wettbewerbsvorteilen, die sich die Beteiligten von illegalen Beschäftigungsverhältnissen verschaffen, ein wesentliches Anliegen des Gesetzgebers bei der Schaffung des Gesetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit (BTDrucks. 14/8221 S. 11, 16).
11
bb) Bei der Regelung in § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV handelt es sich um die Fiktion einer Nettolohnabrede für illegale Beschäftigungsverhältnisse, bei denen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt werden. Diese Fiktion greift unabhängig vom tatsächlichen Inhalt der Lohnvereinbarung ein. Das Arbeitsentgelt der Beschäftigten besteht daher in solchen Fällen aus dem als Nettolohn zu behandelnden Barlohn, der um die darauf entfallenden Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung zu erhöhen, d.h. zu einem Bruttolohn „hochzurechnen“ ist (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Denn Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge ist stets das Bruttoarbeitsentgelt (vgl. § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V; § 162 Nr. 1 SGB VI; § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB VII; § 342 SGB III; § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI i.V.m. § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V; BSGE 64, 110, 111 f.). Illegale Beschäftigung im Sinne der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV liegt nicht nur bei verbotenen Beschäftigungsverhältnissen (§ 134 BGB) vor, sondern auch dann, wenn der Arbeitgeber pflichtwidrig die für die Arbeitsverhältnisse vorgeschriebenen Meldungen nicht erstattet oder Beiträge für die versicherten Arbeitnehmer nicht zahlt. Der Gesetzgeber verwendet den Begriff der illegalen Beschäftigung als „Sammelbegriff für eine Vielzahl von Ordnungswidrigkeitstatbeständen oder Straftaten, von Verstößen gegen das Arbeitnehmerüberlassungsrecht bis hin zu Verstößen gegen das Steuerrecht oder zum Leistungsmissbrauch“ (BTDrucks. 14/8221, S. 11).
12
cc) Mit Einführung der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV wurde die bis dahin geltende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundessozialgerichts , nach der bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen mit Schwarzlohnabreden der Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge eine Bruttolohnvereinbarung zu Grunde zu legen ist (vgl. BGHSt 38, 285; BGH wistra 1993, 148 f.; BSGE 64, 110 ff.), für den Bereich des Sozialversicherungsrechts durch einen "Federstrich des Gesetzgebers" obsolet (BTDrucks. 15/726 S. 3 f.). Überzeugende Gründe, die Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV im Strafrecht nicht anzuwenden und für die Bestimmung der Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge im Sinne des § 266a StGB weiterhin an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten, bestehen angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung nicht.
13
(1) Die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundessozialgerichts (vgl. BGH und BSG aaO) bezeichnet als maßgeblichen gegen die Annahme einer Nettolohnvereinbarung bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen sprechenden Gesichtspunkt, dass die Abrede eines Schwarzlohns gerade beinhalte, dass Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt werden sollen. Die wesentliche Rechtsfolge einer Nettolohnvereinbarung - die Befreiung des Arbeitnehmers von seiner Lohnsteuerpflicht und seiner Beitragslast zu Lasten des Arbeitgebers - werde daher von den Parteien des illegalen Beschäftigungsverhältnisses nicht angestrebt (BGH wistra 1993, 148 m.w.N.; BSGE 64, 110, 114 f., 116); vielmehr wolle in solchen Fällen gerade auch der Arbeitgeber im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis keine Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abführen. Eine derartige Vereinbarung führt zwar zur Nichtigkeit der Schwarzlohnabrede, nicht aber zu der des gesamten Beschäftigungsverhältnisses (vgl. BAGE 105, 187, 191 ff.). Die sich wegen der Nichtigkeit der Schwarzlohnabrede stellende und „früher streitige Frage, ob bei derartigen Zahlungen unter der Hand von Brutto- oder Nettolöhnen auszugehen ist“ (BTDrucks. 15/726 S. 3 f.), hat der Gesetzgeber nun mit der in § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV normierten Fiktion einer Nettolohnvereinbarung eindeutig und abschließend geklärt (BTDrucks. aaO).
14
(2) Der Schuldumfang bei Straftaten der Beitragsvorenthaltung gemäß § 266a StGB im Rahmen von illegalen, aber versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen bestimmt sich nach dem nach sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben zu ermittelnden Bruttoentgelt und der hieran anknüpfenden Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge. Vorenthalten im Sinne von § 266a StGB sind die nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften tatsächlich geschuldeten Beiträge. Denn der Straftatbestand des § 266a StGB ist sozialrechtsakzessorisch ausgestaltet (BGHSt 47, 318 f.; 51, 125, 128 m.w.N.; 52, 67, 70). Der Umfang der abzuführenden Beiträge bestimmt sich daher, wie die Abführungspflicht selbst, nach materiellem Sozialversicherungsrecht. Ein entgegenstehender Wille der Vertragsparteien des Beschäftigungsverhältnisses ist im Strafrecht ebenso unbeachtlich wie im Sozialversicherungsrecht. Für die Beurteilung, ob ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis vorliegt, sind allein die tatsächlichen Gegebenheiten maßgeblich. Liegt danach ein Arbeitsverhältnis vor, können die Vertragsparteien die sich hieraus ergebenden Beitragspflichten nicht durch eine abweichende vertragliche Gestaltung beseitigen (vgl. BGH NStZ 2001, 599, 600). Nach den tatsächlichen Verhältnissen bemessen sich auch die Sozialversicherungsbeiträge. Dabei entspricht die Lohnzahlung aufgrund einer Schwarzlohnabrede nach der Wertung des Gesetzgebers bei Einführung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise dem Nettoarbeitsentgelt eines legalen Beschäftigungsverhältnisses (BTDrucks. 14/8221 S. 14). Eine rechtmäßige Vereinbarung, nach der dem Arbeitnehmer das tatsächlich ausgezahlte Entgelt verbleibt, ohne dass hierfür Sozialversicherungsbeiträge aus einem nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ermittelten Bruttoentgelt berechnet werden, kann nicht getroffen werden.

15
(3) Der Umstand, dass der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV, mit der dem Phänomen der illegalen Beschäftigung entgegengewirkt werden soll (vgl. BTDrucks. 15/726 S. 3 f.), im Ergebnis Sanktionscharakter zukommt (vgl. Klattenhoff in Hauck/Noftz SGB, 38. Lfg. 2003, § 14 SGB IV Rdn. 43 Fußnote 194), steht der Anwendung dieser Norm bei der Bestimmung des Umfangs der im Sinne von § 266a StGB vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge nicht entgegen. Zwar bezweckt diese Vorschrift auch, den Arbeitgeber von einer Schwarzlohnabrede abzuhalten (vgl. BAGE 105, 187, 194). Jedoch ist dies nicht alleiniger Zweck der Vorschrift. Vielmehr soll § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV Beweisschwierigkeiten beseitigen und der wirtschaftlichen Situation bei einer Schwarzlohnabrede Rechnung tragen (BTDrucks. 14/8221 S. 14). Damit hat die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV einen materiellen Regelungsgehalt und nicht den Charakter eines Säumnis- oder Verspätungszuschlages oder eines Zwangsgelds (vgl. dazu BGHSt 43, 381, 400 ff.).
16
(4) Der Senat verkennt nicht, dass die Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV im Rahmen der Strafnorm des § 266a StGB zur Folge hat, dass insoweit ein anderes Bruttoentgelt zugrunde zu legen ist als bei der Bestimmung des Verkürzungsumfangs der bei Schwarzlohnabreden zumeist ebenfalls verwirklichten Hinterziehung von Lohnsteuer (vgl. Heitmann in MüllerGugenberger /Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 4. Aufl. 2006, § 36 Rdn. 26; Boxleitner in Wabnitz/Janovsky, Handbuch Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 3. Aufl. 2007, Kap. 17 Rdn. 59 Fn. 89). Von der Schaffung einer der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV entsprechenden Norm im Steuerrecht hat der Gesetzgeber aber wegen des dort geltenden Zuflussprinzips bewusst abgesehen (BTDrucks. 15/2948 S. 7, 20). Demgegenüber gilt im Sozialversicherungsrecht grundsätzlich das Entstehungsprinzip (§ 22 Abs. 1 SGB IV, BGHSt 47, 318, 319; vgl. auch BSGE 41, 6, 11; 54, 136 ff.; 59, 183, 189; 75, 61, 65), das auch bei der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV Anwendung findet (einschränkend Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 57. Ergän-zungslieferung 2008 SGB IV § 14 Rdn. 139; vgl. aber BAGE 105, 187, 191 ff.). Diese Unterschiede zwischen Lohnsteuer und Sozialabgaben rechtfertigen auch für das Strafrecht eine unterschiedliche Bemessungsgrundlage für die Hinterziehung von Lohnsteuer einerseits und das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen andererseits (vgl. BGHSt 47, 318, 319 zu § 266a StGB: „unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird“).
17
(5) Der Umstand, dass die Fiktion einer Nettolohnvereinbarung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV zu einem Bruttoarbeitsentgelt führen kann, das den Wert der Arbeitsleistung übersteigt (vgl. BSGE 64, 110, 117; Boxleitner aaO Kap. 17 Rdn. 59), steht der Anwendung der Vorschrift § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV bei der Bemessung der im Sinne von § 266a StGB vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge ebenfalls nicht entgegen. Auch insoweit ist zu berücksichtigen , dass eine rechtmäßige Vereinbarung, nach der dem Arbeitnehmer das tatsächlich ausgezahlte Entgelt verbleibt, ohne dass hierfür Sozialversicherungsbeiträge aus einem nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ermittelten Bruttoentgelt berechnet werden, nicht getroffen werden kann (vgl. oben [2]). Die strafrechtliche Verantwortlichkeit wird in diesem Zusammenhang lediglich durch die dem Straftatbestand des § 266a StGB als echtem Unterlassungsdelikt immanente Tatbestandsvoraussetzung beschränkt, dass dem Arbeitgeber die Erfüllung der Handlungspflicht möglich und zumutbar sein muss (BGHSt 47, 318, 320). An der Zumutbarkeit der Zahlung der gegenüber der legalen Beschäftigung erhöhten Sozialversicherungsbeiträge bestehen hier keine Zweifel, denn der Angeklagte verschaffte sich durch die Schwarzlohnabrede wirtschaftliche Vorteile im Wettbewerb gegenüber legal tätigen Arbeitgebern.

18
(6) Auch gegen die Berechnung des Bruttoarbeitsentgelts auf der Grundlage der Lohnsteuerklasse VI bestehen im vorliegenden Fall keine Bedenken (vgl. Boxleitner aaO Kap. 17 Rdn. 59 und SG Dortmund, Urt. vom 8. September 2008 - S 25 R 129/06 - BeckRS 2008 57420). Nach § 39c EStG ist diese Steuerklasse zu Grunde zu legen, wenn bei einem Arbeitsverhältnis die Lohnsteuerkarte dem Arbeitgeber nicht vorgelegt wird. Bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen besteht regelmäßig kein Grund zu der Annahme, dass die Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ihre Lohnsteuerkarte vorgelegt haben. Mangels erkennbarer Anhaltspunkte für eine andere Handhabung ergibt sich hier auch aus dem Zweifelsgrundsatz nichts anderes (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 371; NStZ 2004, 35, 36 m.w.N.).

IV.

19
Auch die tatrichterliche Strafhöhenbemessung wegen Steuerhinterziehung ist rechtsfehlerfrei. Die dem angefochtenen Urteil insoweit zugrunde liegenden Strafzumessungserwägungen tragen den nachfolgend dargelegten Kriterien Rechnung, die bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung Anwendung finden müssen:
20
1. Grundlage für die Zumessung der Strafe ist bei einer Steuerhinterziehung - wie bei jeder anderen Straftat auch - die persönliche Schuld des Täters. Dabei sind auch die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 StGB). § 46 Abs. 2 Satz 1 StGB bestimmt, dass bei der Zumessung der Strafe die Umstände gegeneinander abzuwägen sind, die für und gegen den Täter sprechen. Dabei kommen namentlich die in § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB genannten Umstände in Betracht.

21
2. Bei der Zumessung einer Strafe wegen Steuerhinterziehung hat das von § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB vorgegebene Kriterium der „verschuldeten Auswirkungen der Tat“ im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung besonderes Gewicht. „Auswirkungen der Tat“ sind insbesondere die Folgen für das durch die Strafnorm geschützte Rechtsgut. Das durch § 370 AO geschützte Rechtsgut ist die Sicherung des staatlichen Steueranspruchs, d.h. des rechtzeitigen und vollständigen Steueraufkommens (vgl. BGHSt 36, 100, 102; 40, 109, 111; 41, 1, 5; 46, 107, 120). Deshalb ist die Höhe der verkürzten Steuern ein bestimmender Strafzumessungsumstand i.S.d. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO (vgl. auch BGH wistra 1998, 269, 270).
22
Das gilt nicht nur für die Strafrahmenwahl (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO), sondern auch für die konkrete Strafzumessung in dem - wie hier vom Landgericht - zugrunde gelegten Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO. Dass der Hinterziehungsbetrag nicht nur ein bestimmender Strafzumessungsfaktor, sondern darüber hinaus, dann wenn er hoch ist, ein auch für die konkrete Strafzumessung gewichtiger Strafschärfungsgrund ist, zeigt insbesondere die gesetzgeberische Wertung in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO.
23
Schon die bis Ende des Jahres 2007 - und damit noch zur Tatzeit geltende - Fassung des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO hob die Höhe des Hinterziehungsbetrags als einen Umstand heraus, der zur Verschärfung des Strafrahmens führen konnte. Danach war in der Regel ein nur mit Freiheitsstrafe (von sechs Monaten bis zu zehn Jahren) bedrohter besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung gegeben, wenn der Täter „aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt“. Zwar musste nach der früheren Fassung für die Erfüllung des Regelbeispiels zu dem objektiven Merkmal „in großem Ausmaß“ noch das subjektive Merkmal „aus grobem Eigennutz“ hinzukommen, gleichwohl hatte der Gesetzgeber schon damals zum Ausdruck gebracht, dass die Strafhöhenbemessung maßgeblich auch von der Höhe des Hinterziehungsbetrags bestimmt wird.
24
3. Auch wenn der Hinterziehungsbetrag ein bestimmender Strafzumessungsgrund für die Steuerhinterziehung ist, kann allein dessen Ausmaß für die Strafhöhenbemessung nicht in dem Sinne ausschlaggebend sein, dass die Strafe gestaffelt nach der Höhe des Hinterziehungsbetrags schematisch und quasi „tarifmäßig“ verhängt wird. Jeder Einzelfall ist vielmehr nach den von § 46 StGB vorgeschriebenen Kriterien zu beurteilen.
25
Das schließt indes nicht aus, die Strafhöhe an den vom Gesetzgeber auch in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO vorgegebenen Wertungen auszurichten. Das gilt auch für die konkrete Strafzumessung innerhalb des gefundenen Strafrahmens , und zwar auch beim Normalstrafrahmen des § 370 Abs. 1 AO. Gerade auch bei der Bemessung der schuldangemessenen Strafe kommt dem Merkmal „großes Ausmaß“ Bedeutung zu, weil es aufzeigt, wann der Gesetzgeber eine Freiheitsstrafe (mit erhöhtem Mindestmaß) für angebracht hält. Dazu bedarf das Merkmal einer näheren Konturierung.
26
Der Senat ist der Ansicht, dass insoweit vergleichbare Kriterien wie für das wortgleiche Merkmal in § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB (auf das auch § 263a Abs. 2, § 266 Abs. 2 StGB verweisen) zur Anwendung kommen müssen.
27
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 48, 360; BGH wistra 2004, 262, 263; StV 2007, 132) erfüllt ein Vermögensverlust von mehr als 50.000 € beim Regelbeispiel des besonders schweren Falles des Betrugs (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB) das Merkmal „in großem Ausmaß“. Dazu hatte der Senat in BGHSt 48, 360 ausgeführt: „Der Begriff des Vermögensverlustes großen Ausmaßes ist nach objektiven Gesichtspunkten zu bestimmen … Die Abgrenzung, die sich für § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB wertmäßig an einem Vermögensverlust in Höhe von 50.000 € ausrichtet, schafft für die Praxis Rechtssicherheit. Im Einzelfall bleibt genügend Spielraum für eine gerechte Straffindung. Der Tatrichter hat ohnehin im Rahmen einer Gesamtbetrachtung auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des Regelbeispiels zu bewerten, ob tat- oder täterbezogene Umstände vorliegen, die die Indizwirkung des Regelbeispiels aufheben und trotz seiner Verwirklichung zur Verneinung eines besonders schweren Falles führen können, oder ob auch ohne dass dieses Regelbeispiel erfüllt ist besondere Umstände einen unbenannten besonders schweren Fall zu begründen vermögen oder etwa ein anderes benanntes Regelbeispiel anzunehmen ist.“
28
b) Das vergleichbare Merkmal des „großen Ausmaßes“ im Sinne des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO hat der Bundesgerichtshof bislang nicht - wie beim Betrug - betragsmäßig bestimmt. Das lag in erster Linie daran, dass bei der früheren Gesetzesfassung - zu der die Entscheidungen ergangen sind - die objektive Komponente („großes Ausmaß“) mit der subjektiven Komponente („aus grobem Eigennutz“) verknüpft war, so dass eine eigenständige Auslegung nur des Merkmals „großes Ausmaß“ nicht veranlasst war.
29
Wegen der Verknüpfung von objektivem und subjektivem Merkmal hatte der Bundesgerichtshof eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände gefordert (vgl. BGH wistra 1993, 109,110). Von Bedeutung war dabei insbesondere, ob sich das Ausmaß aus dem noch durchschnittlich vorkommen- den Verkürzungsumfang heraushebt und ob ein „Täuschungsgebäude großen Ausmaßes“ vorliegt (vgl. BGH wistra 1987, 71, 72).
30
Auch in der Kommentarliteratur finden sich bisher sehr unterschiedliche und daher keine hinreichend klaren Maßstäbe für eine Grenzziehung. Während überwiegend - indes unter Geltung des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO aF - für die Annahme des „großen Ausmaßes“ eine Hinterziehung in Millionenhöhe für erforderlich erachtet wurde (Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 370 AO Rdn. 270; Klein/Gast-de Haan, AO 9. Aufl. § 370 Rdn. 68; Scheurmann -Kettner in Koch/Scholz, AO 5. Aufl. § 370 Rdn. 59), finden sich in der neueren Literatur Stimmen, die eine Steuerhinterziehung „in großem Ausmaß“ bereits ab einem Mindestbetrag von 50.000 € für möglich erachten (Kohlmann, Steuerstrafrecht 38. Lfg. August 2008 § 370 AO Rdn. 1099.7; Schäfer /Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung 4. Aufl. Rdn. 1022). Demgegenüber nehmen andere Autoren auch für die neue Fassung des Merkmals ein „großes Ausmaß“ erst bei einem Betrag von 500.000 € (Blesinger in Kühn/v. Wedelstädt, AO und FGO, 19. Aufl. § 370 AO Rdn. 114) oder einer Hinterziehung in Millionenhöhe an (Rolletschke in Rolletschke/Kemper, Steuerverfehlungen , 87. Ergänzungslieferung § 370 AO Rdn. 169) und halten teilweise auch weiterhin auch für die Bejahung des Merkmals eine Gesamtschau aller Umstände für erforderlich (Rolletschke in Stbg 2008, 49 und in Rolletschke/ Kemper aaO).
31
c) Das Merkmal „in großem Ausmaß“ im Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO bedarf nach Ansicht des Senats - in gleicher Weise wie beim Betrug - der Interpretation durch die Gerichte. Nur dann erhält das Merkmal seine den Anforderungen der Rechtssicherheit gerecht werdenden Konturen. Für eine Vergleichbarkeit mit dem Betrug spricht auch, dass der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in BGHSt 50, 299, 309 zu Recht ausgeführt hat, es sei geboten, „dem drohenden Ungleichgewicht zwischen der Strafpraxis bei der allgemeinen Kriminalität und der Strafpraxis in Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren entgegenzutreten und dem berechtigten besonderen öffentlichen Interesse an einer effektiven Strafverfolgung schwerwiegender Wirtschaftskriminalität gerecht zu werden.“
32
Dass der Gesetzgeber nicht selbst bestimmt hat, wann bei der Prüfung des Regelbeispiels von einem großen Ausmaß auszugehen ist, steht einer verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen. Anders mag das etwa bei der Verwendung des Begriffs des großen Ausmaßes als Tatbestandsmerkmal eines Verbrechenstatbestandes sein (vgl. zu dem inzwischen aufgehobenen § 370a AO: BGH wistra 2004, 393 ff.; 2005, 30 ff.). Wie beim Begriff des Vermögensverlustes großen Ausmaßes im Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall des Betruges in § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB ist der Begriff des großen Ausmaßes auch in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in erster Linie nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Zwar ist anerkannt, dass die Auslegung tatbestandsspezifisch zu erfolgen hat; gleichwohl ist bei von der Begehungsweise und vom Unwertgehalt ähnlichen Delikten wie dem Betrug und der Steuerhinterziehung eine einheitliche Grenzziehung in Betracht zu ziehen (vgl. BGHSt 48, 360, 364).
33
Dem steht nicht entgegen, dass sich, anders als bei der Einführung des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB (vgl. BTDrucks. 13/8587 S. 43), in den Materialien zur Gesetzesentstehung des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO nF keine Anhaltspunkte dafür finden, ab welchem Grenzwert der Gesetzgeber eine Steuerhinterziehung von „großem Ausmaß“ als gegeben erachtet. Begründet wird lediglich die Streichung des einschränkenden subjektiven Merkmals des „groben Eigennutzes“ (BTDrucks. 16/5846 S. 75). Dass der Gesetzgeber hierbei an die Rechtsprechung anknüpfen wollte, die den Begriff des „großen Ausmaßes“ in den § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB konkretisierte, kann daher nicht ohne weiteres angenommen werden. Allerdings wollte der Gesetzgeber bereits mit der Einführung des § 370 Abs. 3 AO zum Ausdruck bringen, dass die Steuerhinterziehung „hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit und ihrer Strafwürdigkeit nicht geringer zu bewerten ist als der Betrug“ (BGHSt 32, 95, 99 mit Hinweis auf BRDrucks. 23/71 S. 194).
34
d) Der Senat ist daher der Ansicht, dass das Merkmal „in großem Ausmaß“ des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO wie beim Betrug nach objektiven Maßstäben zu bestimmen ist. Das Merkmal „in großem Ausmaß“ liegt danach nur dann vor, wenn der Hinterziehungsbetrag 50.000 € übersteigt.
35
aa) Der Senat hat dabei auch bedacht, dass bei großen Geschäftsvolumina Steuerschäden in dieser Größenordnung schneller erreicht werden als bei wirtschaftlicher Betätigung im kleineren Umfang, dass der Tatbestand der Steuerhinterziehung regelmäßig bereits bei Gefährdung des Steueraufkommens verwirklicht wird (vgl. § 370 Abs. 4 Satz 1 AO), dass die Tatbestandsmäßigkeit weder direkten Vorsatz noch Bereicherungsabsicht voraussetzt und dass regelmäßig auch die bloße Untätigkeit den Straftatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt, weil die Abgabe von Steuererklärungen gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO).
36
Gleichwohl lassen derartige „qualitative“ Besonderheiten des Einzelfalls die Erfüllung des Ausmaßes der Steuerverkürzung unberührt, da solche Umstände die Auswirkungen der Tat auf das Steueraufkommen nicht verändern. Schutzgut des Straftatbestandes der Steuerhinterziehung ist - wie oben ausge- führt - das öffentliche Interesse am vollständigen und rechtzeitigen Aufkommen jeder einzelnen Steuerart. Im Übrigen schafft eine Abgrenzung, die sich an einer eindeutigen Betragsgrenze ausrichtet, größere Rechtssicherheit für die Praxis. Eine solche Relation von Geschäftsvolumen und Steuerschaden kann allerdings das Gewicht des Hinterziehungsbetrags bei der Strafzumessung vermindern.
37
bb) Der Umstand, dass sich die Betragsgrenze von 50.000 € an derjenigen des Vermögensverlustes großen Ausmaßes im Sinne von § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB orientiert, bedeutet zugleich, dass - ähnlich wie beim Betrug - zwischen schon eingetretenem Vermögensverlust und einem Gefährdungsschaden zu differenzieren ist:
38
(1) Die Betragsgrenze von 50.000 € kommt namentlich dann zur Anwendung , wenn der Täter ungerechtfertigte Zahlungen vom Finanzamt erlangt hat, etwa bei Steuererstattungen durch Umsatzsteuerkarusselle, Kettengeschäfte oder durch Einschaltung von sog. Serviceunternehmen. Ist hier - der „Steuerbetrug“ hat zu einem „Vermögensverlust“ geführt - diese Wertgrenze überschritten, dann ist das Merkmal erfüllt.
39
(2) Beschränkt sich das Verhalten des Täters dagegen darauf, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen und führt das lediglich zu einer Gefährdung des Steueranspruchs, dann kann das „große Ausmaß“ höher angesetzt werden. Der Senat hält hierbei eine Wertgrenze von 100.000 € für angemessen.
40
cc) Ob die Schwelle des „großen Ausmaßes“ überschritten ist, ist für jede einzelne Tat im materiellen Sinne gesondert zu bestimmen. Dabei genügt derjenige Erfolg, der für die Vollendung der Steuerhinterziehung ausreicht (vgl. Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 370 AO Rdn. 268). Der Senat ist der Ansicht, dass bei mehrfacher tateinheitlicher Verwirklichung des Tatbestandes der Steuerhinterziehung das „Ausmaß“ des jeweiligen Taterfolges zu addieren ist, da in solchen Fällen eine einheitliche Handlung im Sinne des § 52 StGB vorliegt, die für die Strafzumessung einer einheitlichen Bewertung bedarf.
41
e) Liegt nach diesen Maßstäben eine Hinterziehung von „großem Ausmaß“ vor, so hat dies - unabhängig von der Frage, ob die Regelwirkung einer besonders schweren Steuerhinterziehung im konkreten Fall zur Anwendung kommt - „Indizwirkung“, freilich auch nicht mehr, für die zu findende Strafhöhe. Das bedeutet:
42
Jedenfalls bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag wird die Verhängung einer Geldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen noch schuldangemessen sein. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe kommt eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 176, 178).
43
Schon deswegen wird bei der letztgenannten Fallgestaltung (Millionenbetrag ) ein Strafbefehlsverfahren regelmäßig nicht geeignet erscheinen (vgl. § 400 AO i.V.m. § 407 StPO). Hinzu kommt, dass bei Steuerverkürzungen in dieser Größenordnung in der Regel auch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Wahrung der Gleichbehandlung vor Gericht - das eine öffentliche Haupt- verhandlung am besten gewährleistet - nicht gering zu achten ist (vgl. § 407 Abs. 1 Satz 2 StPO).
44
f) Die „Indizwirkung“ des „großen Ausmaßes“ kann einerseits durch sonstige Milderungsgründe beseitigt, andererseits aber auch durch Strafschärfungsgründe verstärkt werden.
45
aa) Ein die Indizwirkung des Hinterziehungsbetrages beseitigender Milderungsgrund ist etwa gegeben, wenn sich der Täter im Tatzeitraum im Wesentlichen steuerehrlich verhalten hat und die Tat nur einen verhältnismäßig geringen Teil seiner steuerlich relevanten Betätigungen betrifft. Bedeutsam ist daher das Verhältnis der verkürzten zu den gezahlten Steuern. Hat sich der Täter vor der Tat über einen längeren Zeitraum steuerehrlich verhalten, ist auch dies in den Blick zu nehmen. In die vorzunehmende Gesamtwürdigung ist auch die Lebensleistung und das Verhalten des Täters nach Aufdeckung der Tat einzubeziehen , etwa ein (frühzeitiges) Geständnis, verbunden mit der Nachzahlung verkürzter Steuern oder jedenfalls dem ernsthaften Bemühen hierzu. Der „Schadenswiedergutmachung“ durch Nachzahlung verkürzter Steuern kommt schon im Hinblick auf die Wertung des Gesetzgebers im Falle einer Selbstanzeige (§ 371 AO) besondere strafmildernde Bedeutung zu.
46
bb) Gegen eine Geldstrafe oder - bei entsprechend hohem Hinterziehungsbetrag - eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe spricht es insbesondere, wenn der Täter Aktivitäten entfaltet hat, die von vornherein auf die Schädigung des Steueraufkommens in großem Umfang ausgelegt waren, etwa weil der Täter unter Vorspiegelung erfundener Sachverhalte das „Finanzamt als Bank“ betrachtete und in erheblichem Umfang ungerechtfertigte Vorsteuererstattungen erlangt hat oder weil der Täter die Steuerhinterziehung in sonstiger Weise ge- werbsmäßig oder gar „als Gewerbe“ betrieb. Gleiches gilt auch für den Aufbau eines aufwändigen Täuschungssystems, die systematische Verschleierung von Sachverhalten und die Erstellung oder Verwendung unrichtiger oder verfälschter Belege zu Täuschungszwecken.
47
Strafschärfende Bedeutung hat es zudem, wenn der Täter besondere Unternehmensstrukturen aufgebaut hat, die auch der Bereicherung durch Steuerhinterziehung dienen sollten, wenn der Täter das Ziel verfolgt hat, das Steueraufkommen durch wiederholte Tatbegehung über einen längeren Zeitraum nachhaltig zu schädigen, wenn er andere Personen verstrickt hat, wenn er systematisch Scheingeschäfte getätigt oder Scheinhandlungen vorgenommen hat (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 1 AO) oder wenn er in größerem Umfang buchtechnische Manipulationen vorgenommen oder gezielt durch Einschaltung von Domizilfirmen im Ausland oder Gewinnverlagerungen ins Ausland schwer aufklärbare Sachverhalte geschaffen hat (vgl. auch die Beispiele bei Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung 4. Aufl. Rdn. 1018 m.w.N.). Solche Umstände sind bei anpassungsfähigen Hinterziehungssystemen, wie etwa den sog. Umsatzsteuerkarussellgeschäften, bei Kettengeschäften unter Einschaltung sog. „Serviceunternehmen“ und im Bereich der illegalen Arbeitnehmerüberlassungen regelmäßig gegeben (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 176, 178).
48
4. Für Steuerhinterziehungen, die seit dem 1. Januar 2008 - dem Inkrafttreten der neuen Fassung des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO durch das Gesetz zur Änderung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmethoden sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG v. 21. Dezember 2007 (BGBl. I 3198) - begangen wurden, kommt der Streichung des subjektiven Merkmals „aus grobem Eigennutz“ aus dem Regelbeispiel zusätzliches Gewicht zu. Hier erfüllt schon das objektive Merkmal „großes Aus- maß“ - wie es oben vom Senat bestimmt wurde - das Regelbeispiel des besonders schweren Falles des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO.
49
Die Bejahung bzw. Verneinung des Regelbeispiels in einem ersten Prüfungsschritt bei der Strafrahmenwahl bedeutet freilich, dass - wie bei sonstigen Regelbeispielen - in einem zweiten Schritt zu prüfen ist, ob die Besonderheiten des Einzelfalls die Indizwirkung des Regelbeispiels entkräften, bzw. ob - umgekehrt - ein unbenannter besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt , obwohl der Hinterziehungsbetrag unter 50.000 € liegt.
50
Insoweit gelten die allgemeinen Grundsätze für die Strafrahmenwahl bei Regelbeispielen. Danach entfällt die Regelwirkung, wenn diese Faktoren jeweils für sich oder in ihrer Gesamtheit so gewichtig sind, dass sie bei der Gesamtabwägung die Regelwirkung entkräften. Es müssen in dem Tun oder in der Person des Täters Umstände vorliegen, die das Unrecht seiner Tat oder seiner Schuld deutlich vom Regelfall abheben, so dass die Anwendung des erschwerten Strafrahmens unangemessen erscheint (ständige Rspr.; vgl. BGHSt 20, 121, 125). Für die hierbei vorzunehmende Gesamtabwägung haben namentlich die oben genannten Milderungs- und Schärfungsgründe Gewicht.
51
5. Gemessen daran sind die dem Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO entnommenen Einzelstrafen und die Gesamtstrafe rechtsfehlerfrei. Das Landgericht hat zu Recht den hohen Steuerschäden das ihnen zukommende Gewicht beigemessen. Namentlich die beiden Einsatzstrafen von jeweils einem Jahr und drei Monaten für die Umsatzsteuerhinterziehungen 2002 und 2003 mit hinterzogenen Steuern in Höhe von jeweils über 150.000 € werden den oben genannten Strafzumessungskriterien gerecht.

V.

52
Die Revision bemängelt, das Landgericht habe sowohl bei der Beitragsals auch bei der Steuerhinterziehung einerseits die Höhe der durch die Taten verursachten Schäden zu Lasten des Angeklagten gewertet, andererseits aber strafmildernd berücksichtigt, dass die Schäden ausgeglichen worden seien. Hiergegen ist jedoch nichts zu erinnern. Diese Strafzumessungserwägungen erweisen sich nicht als widersprüchlich. Gemäß § 46 Abs. 2 StGB sind sowohl die verschuldeten Folgen der Tat als auch die Schadenswiedergutmachung strafzumessungsrelevante Faktoren. Bei einer nachträglichen Schadenswiedergutmachung ist das Landgericht nicht gehalten, den Umfang der zunächst hinterzogenen Steuern und den Umfang der den Einzugsstellen zunächst vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge im Rahmen der Strafzumessung unberücksichtigt zu lassen.

VI.

53
Die Versagung der Strafaussetzung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten zur Bewährung hält rechtlicher Nachprüfung noch stand.
54
Allerdings weist die Revision mit Recht darauf hin, dass auch bei der gemäß § 56 Abs. 2 StGB vom Tatgericht vorzunehmenden Prüfung, ob die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, die ein Jahr übersteigt, zur Bewährung ausgesetzt werden kann, der Kriminalprognose des Täters Bedeutung zukommt. Denn die Prüfung, ob besondere Umstände von Gewicht im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB vorliegen, erfordert eine Gesamtwürdigung der Tat und der Persönlichkeit des Verurteilten. Zu den dabei zu berücksichtigenden Umständen gehört auch eine günstige Kriminalprognose (vgl. BGH StV 2003, 670; BGH NStZ 1997, 434; jeweils m.w.N.). Es wäre daher rechtsfehlerhaft, die Frage der Kriminalprognose als von vornherein für die Gesamtwürdigung bedeutungslos dahinstehen zu lassen (vgl. BGH, Beschl. vom 11. Dezember 2002 - 1 StR 454/02). Anders verhält es sich aber dann, wenn das Tatgericht die Gesamtwürdigung auch auf der Basis einer günstigen Kriminalprognose durchführt und dabei zum Ergebnis gelangt, dass selbst unter dieser Prämisse besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB nicht vorliegen. Bei einem solchen Vorgehen wird die Kriminalprognose des Täters nicht als bedeutungslos angesehen ; sie hat aber im konkreten Fall auf das Ergebnis der Gesamtwürdigung keine für den Verurteilten günstigen Auswirkungen.
55
So liegt der Fall hier. Die Strafkammer hatte zwar im Hinblick auf die einschlägige Vorstrafe des Angeklagten und seinen Bewährungsbruch erhebliche Zweifel daran, dass sich der Angeklagte schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird (UA S. 43). Aus dem Gesamtzusammenhang der vom Landgericht insoweit angestellten Erwägungen ergibt sich aber, dass es im Rahmen der durchgeführten Gesamtwürdigung auch unter Berücksichtigung einer günstigen Kriminalprognose zum Fehlen besonderer Umstände gelangt ist. Der Senat entnimmt der missverständlichen Formulierung in den Urteilsgründen , die Frage der Kriminalprognose könne „letztlich“ offen bleiben, nicht, die Strafkammer habe diese Frage für die nach § 56 Abs. 2 StGB als von vornherein unbeachtlich gehalten.
Nack Wahl Hebenstreit
Jäger Sander

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.