Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 28. Sept. 2006 - 3 Ss 140/06

bei uns veröffentlicht am28.09.2006

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Bezirksjugendschöffengericht - M. vom 14. März 2006 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere jugendschöffengerichtliche Abteilung des Amtsgerichts M. zurückverwiesen.

Gründe

 
I.
Das Amtsgericht - Jugendschöffengericht - M. erkannte mit Urteil vom 14.03.2006 gegen den 16 Jahre alten Angeklagten wegen Diebstahls in zwei Fällen auf die Jugendstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Sprungrevision des Angeklagten, mit der eine Verfahrensrüge und die Sachrüge erhoben wurden. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt mit Schrift vom 01.09.2006 die Verwerfung der Revision als unbegründet.
II.
Das nach § 335 Abs. 1 StPO statthafte und formgerecht begründete Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.
1. Die Rüge, die Hauptverhandlung vor dem Jugendschöffengericht sei unter Verstoß gegen §§ 338 Nr. 5, 140 Abs. 2 StPO, 68 Nr. 1 JGG durchgeführt worden, obwohl ein Fall notwendiger Verteidigung vorgelegen habe, ist begründet. Die Bestellung eines Verteidigers war geboten.
Nach § 68 Nr. 1 JGG ist einem jugendlichen Angeklagten ein Verteidiger zu bestellen, wenn auch einem Erwachsenen ein Verteidiger nach § 140 Abs. 1 oder Abs. 2 StPO beigeordnet werden müsste. Da dem Angeklagten vorliegend kein Verbrechen zur Last gelegt wird, kommt es darauf an, ob die Schwere der Tat, die Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage oder die Unfähigkeit des Angeklagten, sich selbst zu verteidigen, die Mitwirkung eines Verteidigers erfordert. Den Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift ist dahin zu folgen, dass die Sach- und Rechtslage keineswegs schwierig war, da den Diebstahlsvorwürfen einfache, vom Angeklagten schon im Ermittlungsverfahren eingeräumte Sachverhalte zu Grunde lagen, deren rechtliche Einordnung keine schwierigen Rechtsfragen aufwarf. Auch war die Bestellung eines Verteidigers nicht wegen der Schwere der Tat angezeigt. Dieses Merkmal bemisst sich nicht allein nach der zu treffenden Rechtsfolgenentscheidung, denn die von der Rechtsprechung gezogene Grenze der Straferwartung von mindestens einem Jahr (Senat NStZ 1991, 504; OLG Brandenburg NStZ-RR 2002, 184; OLG Hamm NJW 2004, 1338) darf nicht als starre Grenze verstanden werden; ob ein Verteidiger zu bestellen ist, hängt u. a. auch davon ab, ob dem Angeklagten im Falle seiner Verurteilung weitere Nachteile - etwa der Widerruf von Strafaussetzungen oder die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt - drohen (Senat StraFo 2002, 193). Eine solche Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor. Die in der Revisionsrechtfertigung vertretene Ansicht, allein die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Jugendschöffengericht gebiete die gerichtliche Bestellung eines Verteidigers, teilt der Senat nicht; vielmehr sind die besonderen Umstände des Einzelfalls und Auswirkung einer Jugendstrafe auf die persönliche Situation des jugendlichen Angeklagten in die Wertung mit einzubeziehen (Senat aaO; OLG Brandenburg aaO).
Für die Annahme des Senats, dass ein Fall notwendiger Verteidigung vorliegt, war vielmehr maßgebend, dass der Angeklagte nach seiner persönlichen Entwicklung nicht ausreichend in der Lage war, sich selbst zu verteidigen. Insoweit hat die Revision mit Recht auf das niedrige Alter des Angeklagten - 15 Jahre bei Begehung der letzten Tat, 16 Jahre zur Zeit der Hauptverhandlung - sowie seine justizielle Unerfahrenheit hingewiesen. Hinzu kommt, dass der Angeklagte sowohl im Bereich der schulischen Ausbildung wie auch auf dem Gebiet des Erwerbs sozialer Kompetenzen ganz erhebliche Defizite aufweist, wie durch die Schilderung seines problembehafteten Lebenswegs im Urteil belegt ist. Diese Umstände schränkten ihn in seiner Verteidigungsfähigkeit derart ein, dass er des Beistands eines Verteidigers bedurfte, um das sich aus Art. 6 MRK ableitende Recht auf ein faires Verfahren zu wahren.
Bereits auf Grund des aufgezeigten Rechtsfehlers kann das Urteil keinen Bestand haben.
2. Die Revision dringt aber auch mit der Sachrüge durch, soweit diese sich gegen den Rechtsfolgenausspruch wendet.
Das Jugendschöffengericht hat die Verhängung der auf sechs Monate bemessenen Jugendstrafe damit begründet, dass der Angeklagte nicht bereit sei, sich an Regeln zu halten und infolge seines bisherigen Lebenswandels und seiner unsteten Lebensweise die Gefahr bestehe, dass er wieder auf Abwege gerate. Das Gericht äußert die Überzeugung, dass beim Angeklagten zwischenzeitlich schädliche Neigungen vorlägen, weshalb eine Jugendstrafe verhängt werden müsse.
Diese Bewertung vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Schädliche Neigungen sind erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel, die ohne längere Gesamterziehung des Täters die Gefahr weiterer Straftaten begründen. Sie können in aller Regel nur bejaht werden, wenn erhebliche Persönlichkeitsmängel schon vor der Tat, wenn auch verborgen, angelegt waren (BGHR JGG § 17 Abs. 2 Schädliche Neigungen 2 und 5; Senat Urt. V. 18.03.2004 - 3 Ss 213/03 -). Dass diese Voraussetzungen beim Angeklagten vorgelegen haben, ist auf Grund der Urteilsfeststellungen nicht erkennbar. So bleibt bei der Prüfung, ob schädliche Neigungen vorliegen, unerörtert, dass der Angeklagte bislang strafrechtlich ungeahndet blieb und durch den Erzieher seiner Wohngruppe eine ausgeprägte sozialpädagogische Betreuung erfährt. Den Darlegungen im Urteil kann auch nicht entnommen werden, dass die festgestellten Bildungs- und Sozialisationsdefizite nicht nur auf entwicklungs-bedingten Reifungsverzögerungen, sondern auf erheblichen, schon verfestigten Persönlichkeitsmängeln beruhen, denen mit weniger einschneidenden Erziehungsmaßnahmen nicht wirksam begegnet werden könnte. Solcher Ausführungen hätte es aber bedurft. Schließlich enthalten die Urteilsgründe keine Auseinandersetzung mit der Frage, ob der in erster Linie zu berücksichtigende Erziehungsgedanke die Verhängung einer Strafe erfordert (BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 8; BGH NStZ-RR 1998, 86) und welche Wirkungen von der verhängten Strafe auf den Angeklagten nach der Vorstellung des Jugendschöffengerichts ausgehen sollen (Senat Urt. v. 18.03.2004 - 3 Ss 213/03 -). Danach ist nicht auszuschließen, dass bei der Festsetzung der Rechtsfolge erzieherische Belange nicht hinreichend gewürdigt wurden.
III.
10 
Die Sache war demnach unter Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 353 Abs. 1 und 2 StPO) zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an ein anderes Jugendschöffengericht des Amtsgerichts M. zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 StPO).
11 
Die Entscheidung ergeht einstimmig gemäß § 349 Abs. 4 StPO.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Strafprozeßordnung - StPO | § 338 Absolute Revisionsgründe


Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid

Strafprozeßordnung - StPO | § 140 Notwendige Verteidigung


(1) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor, wenn 1. zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht, dem Landgericht oder dem Schöffengericht stattfindet;2. dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last g

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 18 Dauer der Jugendstrafe


(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so is

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 17 Form und Voraussetzungen


(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung. (2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder

Strafprozeßordnung - StPO | § 335 Sprungrevision


(1) Ein Urteil, gegen das Berufung zulässig ist, kann statt mit Berufung mit Revision angefochten werden. (2) Über die Revision entscheidet das Gericht, das zur Entscheidung berufen wäre, wenn die Revision nach durchgeführter Berufung eingelegt w

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 68 Notwendige Verteidigung


Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor, wenn 1. im Verfahren gegen einen Erwachsenen ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegen würde,2. den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertretern ihre Rechte nach diesem Gesetz entzogen

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(1) Ein Urteil, gegen das Berufung zulässig ist, kann statt mit Berufung mit Revision angefochten werden.

(2) Über die Revision entscheidet das Gericht, das zur Entscheidung berufen wäre, wenn die Revision nach durchgeführter Berufung eingelegt worden wäre.

(3) Legt gegen das Urteil ein Beteiligter Revision und ein anderer Berufung ein, so wird, solange die Berufung nicht zurückgenommen oder als unzulässig verworfen ist, die rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form eingelegte Revision als Berufung behandelt. Die Revisionsanträge und deren Begründung sind gleichwohl in der vorgeschriebenen Form und Frist anzubringen und dem Gegner zuzustellen (§§ 344 bis 347). Gegen das Berufungsurteil ist Revision nach den allgemein geltenden Vorschriften zulässig.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor, wenn

1.
im Verfahren gegen einen Erwachsenen ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegen würde,
2.
den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertretern ihre Rechte nach diesem Gesetz entzogen sind,
3.
die Erziehungsberechtigten und die gesetzlichen Vertreter nach § 51 Abs. 2 von der Verhandlung ausgeschlossen worden sind und die Beeinträchtigung in der Wahrnehmung ihrer Rechte durch eine nachträgliche Unterrichtung (§ 51 Abs. 4 Satz 2) oder die Anwesenheit einer anderen geeigneten volljährigen Person nicht hinreichend ausgeglichen werden kann,
4.
zur Vorbereitung eines Gutachtens über den Entwicklungsstand des Beschuldigten (§ 73) seine Unterbringung in einer Anstalt in Frage kommt oder
5.
die Verhängung einer Jugendstrafe, die Aussetzung der Verhängung einer Jugendstrafe oder die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt zu erwarten ist.

(1) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor, wenn

1.
zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht, dem Landgericht oder dem Schöffengericht stattfindet;
2.
dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird;
3.
das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann;
4.
der Beschuldigte nach den §§ 115, 115a, 128 Absatz 1 oder § 129 einem Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorzuführen ist;
5.
der Beschuldigte sich auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befindet;
6.
zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten seine Unterbringung nach § 81 in Frage kommt;
7.
zu erwarten ist, dass ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird;
8.
der bisherige Verteidiger durch eine Entscheidung von der Mitwirkung in dem Verfahren ausgeschlossen ist;
9.
dem Verletzten nach den §§ 397a und 406h Absatz 3 und 4 ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist;
10.
bei einer richterlichen Vernehmung die Mitwirkung eines Verteidigers auf Grund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten erscheint;
11.
ein seh-, hör- oder sprachbehinderter Beschuldigter die Bestellung beantragt.

(2) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt auch vor, wenn wegen der Schwere der Tat, der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann.

(3) (weggefallen)

(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.

(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.

(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht.

(2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.