Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 25. Nov. 2004 - 1 Ws 186/04

bei uns veröffentlicht am25.11.2004

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen werden der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - Z. vom 13. April 2004 und der Bescheid der Justizvollzugsanstalt X. vom 20. November 2003 aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Entscheidung an die Justizvollzugsanstalt X. zurückgegeben.

3. Die Justizvollzugsanstalt X. wird verpflichtet, den Strafgefangenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.

4. Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens sowie die dem Strafgefangenen entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

5. Der Gegenstandswert wird auf 1000 Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der sich seit 15.07.1997 in der Justizvollzugsanstalt X. zur Verbüßung einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren wegen versuchten Mordes u.a. befindliche Strafgefangene U. beantragte mit Anwaltsschriftsatz vom 14.11.2003, ihm einen anderen als den bislang für ihn zuständigen Psychologen zuzuteilen, da mit diesem eine zufriedenstellende Zusammenarbeit nicht erfolgen könne. Diesen Antrag lehnte die Anstalt mit Bescheid vom 20.11.2003 mit der Begründung ab, eine möglicherweise beim Strafgefangenen bestehende Abneigung rechtfertige einen Wechsel nicht, vielmehr sei es dem Strafgefangenen zuzumuten, sich auch dann mit dem nach der Geschäftsverteilung Zuständigen auseinander zu setzen, wenn er diesem keine Sympathie entgegenzubringen vermöge.
Den vom Strafgefangenen hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung wies die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 13.04.2004 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Anstalt genüge ihrer Verpflichtung, die Bereitschaft des Strafgefangenen an seiner Behandlung zu wecken und zu fördern schon dadurch, dass sie (auch) die erforderliche Anzahl von Psychologen beschäftige, ein Anspruch des Strafgefangenen, dass die Anstalt für ihn auch den am besten Geeigneten auswähle, bestehe jedoch nicht. Deshalb käme eine Ablösung eines Psychologen allenfalls dann in Betracht, wenn sich dieser einer Verletzung seiner Dienstpflichten schuldig gemacht habe.
II.
Der hiergegen vom Strafgefangenen eingelegten Rechtsbeschwerde kann ein zumindest vorläufiger Erfolg nicht versagt bleiben. Sie führt zur Aufhebung der angeführten Entscheidungen und zur Verpflichtung der Anstalt, den Strafgefangenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden (§ 115 Abs. 4 Satz 2 StVollzG).
1. Nach § 3 Abs. 3 StVollzG ist der Strafvollzug darauf auszurichten, dass er dem Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern, wobei dieser an der Gestaltung seiner Behandlung und an der Erreichung des Vollzugsziels mitwirkt, also aktiv an den Interaktionen mit den Bediensteten und anderen Gefangenen teilnimmt (§ 4 Abs. 1 StVollzG). Seine Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern (§ 4 Abs. 1 Satz 2 StVollzG), weshalb die Anstalt die hierfür erforderliche Anzahl von Bediensteten u.a. auch von Psychologen zur Verfügung stellt (§ 155 Abs. 2 StVollzG). Welche individuellen Behandlungsmaßnahmen ein Strafgefangener zur Erreichung des Behandlungs- bzw. Vollzugsziels, künftig ein Leben ohne Straftaten in sozialer Verantwortung führen zu können (§ 2 Abs. 1 Satz 1 StVollzG), benötigt, wird im Vollzugsplan näher umschrieben (§ 7 Abs. 2 StVollzG).
2. Der Begriff der Behandlung ist im Gesetz nicht definiert. Der Senat teilt die Auffassung, dass sich dieser nicht an einem eng auszulegenden Krankheitsbegriff und daraufhin bestimmten Therapievorstellungen ausrichtet. Dies ergibt sich bereits aus der Vorschrift des § 7 Abs. 2 StVollzG, der als Mindestangaben der in einem Vollzugsplan aufzuführenden „Behandlungsmaßnahmen“ u.a. auch Planungen zur beruflichen Ausbildung und Weiterbildung (§ 7 Abs. 2 Nr. 4 StVollzG), die Zuweisung zu Wohngruppen (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 StVollzG), Lockerungen des Vollzuges (§ 7 Abs. 2 Nr. 7 StVollzG) und schließlich notwendige Maßnahmen zur Vorbereitung der Entlassung aufzählt (§ 7 Abs. 2 Nr. 8 StVollzG). Der Begriff der Behandlung umfasst daher sowohl die besonderen medizinischen und individual- wie sozialtherapeutischen Maßnahmen als auch diejenigen allgemeiner Art, die den Gefangenen durch Ausbildung und Unterricht, Beratung bei der Lösung persönlicher und wirtschaftlicher Probleme und Beteiligung an gemeinschaftlichen Aufgaben der Anstalt in das Sozial- und Wirtschaftsleben einbeziehen und zur Behebung krimineller Neigungen dienen (BT-Dr. 7/918, S.45; Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 10. Auflage 2005, § 4 Rn. 6).
3. In einem so verstandenen Sinne gehört zum Begriff der Behandlung insbesondere auch, den Strafgefangenen zu befähigen, sich mit der Tat, ihren Ursachen und Folgen auseinander zu setzen, denn in einer Vielzahl von Fällen wird das Vollzugsziel (§ 2 StVollzG) nur dann zu erreichen sein, wenn der Täter die Sozialschädlichkeit seines Verhaltens erkennt und verinnerlicht. Zudem wird oftmals eine vorzeitige Entlassung des Strafgefangenen nur bei einer ausreichenden Tataufarbeitung in Betracht kommen (für den Bereich von Sexualdelikten ausführlich Senat, Beschluss vom 26.07.2004, 1 Ws 189/04). Dieser zur Vermeidung künftiger Straftaten wichtigen Behandlungsmaßnahme kommt daher im Strafvollzug besondere Bedeutung bei, auch wenn es nicht um eine auf längere Zeit und auf Erreichung eines Behandlungserfolges angelegte Gruppen- oder einzeltherapeutische Maßnahme handelt (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 6 StVollzG; Callies, a.a.O., § 7 Rn. 6; zum Anspruch eines Strafgefangenen auf Durchführung einer Therapie vgl. Senat ZfStrVo 2004, 118 f.; NStZ-RR 2004, 287 f.).
Der sich aus § 4 Abs. 1 Satz 2 StVollzG ergebenden Förderungspflicht wird die Anstalt entgegen der Auffassung der Strafvollstreckungskammer deshalb nicht allein dadurch gerecht, dass sie eine psychologische Betreuung in der Anstalt anbietet, vielmehr hat sie dafür Sorge zu tragen, dass sich diese in sachgerechter Weise auch mit den behandlungsbedürftigen Defiziten des/der Strafgefangenen auseinander setzt und diesen auch von sich aus die erforderliche Hilfestellung zukommen lässt. Zwar trifft den Strafgefangenen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 StVollzG die Pflicht, an der Gestaltung seiner Behandlung und Erreichung des Vollzugszieles mitzuwirken, hiermit kann es aber gerade im Zuständigkeitsbereich des psychologischen Dienstes nicht sein Bewenden haben, denn es liegt auf der Hand, dass Kommunikationsstörungen zwischen „Behandler und Patient“ oftmals gerade ihre Ursache in den Persönlichkeitsdefiziten oder gar -störungen des/der Strafgefangenen haben. Aus diesem Grund obliegt es auch der Anstalt, an der Beseitigung aufgetretener Störungen durch geeignete organisatorische oder individuelle Regelungen mitzuwirken und dies nicht allein dem damit oftmals überforderten Strafgefangenen zu überlassen.
4. Einem Strafgefangenen steht - wie die Strafvollstreckungskammer zu Recht darlegt - zwar kein Anspruch auf Zuteilung eines Behandlers seiner Wahl zu (vgl. OLG Karlsruhe NJW 2001, 114 f. m.w.N.), denn ansonsten würde der Sinn einer solchen Behandlungsmaßnahme, den Strafgefangenen auch mit unangenehmen Wahrheiten zu konfrontieren, leer laufen, zumal es nahe läge, dass die Strafgefangenen sich in diesem Falle nur die ihnen angenehmen Gesprächspartner auswählen würden. Andererseits ist aber zu sehen, dass über den von der Strafvollstreckungskammer angeführten Fall einer Dienstpflichtverletzung hinaus eine derartige Behandlungsmaßnahme auch dann ihren Sinn verlieren kann, wenn zwischen dem Behandler und Strafgefangenen auch in objektiver Sicht keine „Kommunikationsebene“ (mehr) besteht und eine solche sich trotz aller Bemühungen auch nicht herstellen lässt.
5. Ob ein solcher Fall hier vorliegt, hat die Anstalt nicht geprüft, vielmehr sich mit der Feststellung einer bloß „fehlenden Sympathie“ bzw. einer möglicherweise „bestehenden Abneigung“ begnügt. Diese Einschätzung wird jedoch von den von der Strafvollstreckungskammer getroffenen Feststellungen nicht getragen.
10 
a. Danach ist zunächst davon auszugehen, dass der Strafgefangene durchaus behandlungswillig ist, nachdem ihm von der Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 17.10.2003 zur Ermöglichung einer vorzeitigen Entlassung (§ 57 Abs. 1 StGB) auferlegt worden war, sich unverzüglich mit dem psychologischen Dienst der Anstalt in Verbindung zu setzen und sich um die Aufarbeitung seiner Straftaten zu bemühen.
11 
Über die Bereitschaft des Strafgefangenen hinaus besteht auch die Notwendigkeit einer solchen Behandlung.
12 
Der von der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Z. beauftragte Sachverständige hat in seiner Begutachtung zur Lockerungseignung des Strafgefangenen folgendes ausgeführt:
13 
„Die Einleitung einer Lockerungsphase, die aus Sicht des Sachverständigen einer Entlassung aus grundsätzlichen Überlegungen in jedem Falle vorausgehen sollte, kann bei Herrn U. aus psychiatrischer Sicht nur dann verantwortet werden, wenn es zu einer weiteren Veränderung der beschriebenen dynamischen Risikofaktoren kommt. Von wesentlicher Bedeutung wäre dabei, Herrn U. erneut in ein psychologisches bzw. sozialpädagogisches Gesprächssetting einzubinden, das sich konkret dem Ziel einer Verbesserung der angegebenen dynamischen Risikofaktoren stellt. ... Bei einem günstigen Verlauf in der beschriebenen Weise von mindestens neun bis zwölf Monaten wäre für den Fall einer positiven Bilanzierung die Einleitung von Lockerungsmaßnahmen zu rechtfertigen. Dies selbstredend unter der Voraussetzung eines beanstandungsfreien Verlaufes und einer Bereitschaft seitens des Herrn U., allfällige Konflikte einer angemessen Klärung zuzuführen und sich auf das vorhandene Gesprächsangebot einzulassen.“
14 
b. Ob es während des ersten Gesprächskontaktes zwischen dem Strafgefangenen und dem Anstaltspsychologen tatsächlich zu einer nach Auffassung des Senates wenig nachvollziehbaren Bemerkung des Psychologen über den Tod des Vaters des Strafgefangenen gekommen ist oder eine solche aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten lediglich missverstanden wurde, hat die Strafvollstreckungskammer nicht abschließend geklärt, sondern lediglich die Sachdarstellung des Psychologen in seiner dienstlichen Erklärung vom 10.02.2004 als „wahrscheinlicher“ angesehen. Unabhängig davon kann die angefochtene Entscheidung und der Bescheid der Justizvollzugsanstalt jedoch keinen Bestand haben, weil sich die Anstalt nicht mit der Frage auseinander gesetzt hat, ob aufgrund der Vorfälle überhaupt noch zwischen dem Psychologen L. und dem Strafgefangenen eine die Durchführung einer psychologischen und nach derzeitiger Aktenlage hier dringend notwendige Behandlungsmaßnahme ermöglichende „Kommunikationsebene“ besteht.
IV.
15 
Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer und der Bescheid der Justizvollzugsanstalt X. vom 20.11.2003 waren daher aufzuheben und die Neubescheidung des Strafgefangenen (§ 115 Abs. 4 Satz 2 StVollzG) anzuordnen. ...

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Strafgesetzbuch - StGB | § 57 Aussetzung des Strafrestes bei zeitiger Freiheitsstrafe


(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1. zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,2. dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 115 Gerichtliche Entscheidung


(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die na

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 2 Aufgaben des Vollzuges


Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Vollzugsziel). Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 7 Vollzugsplan


(1) Auf Grund der Behandlungsuntersuchung (§ 6) wird ein Vollzugsplan erstellt. (2) Der Vollzugsplan enthält Angaben mindestens über folgende Behandlungsmaßnahmen: 1. die Unterbringung im geschlossenen oder offenen Vollzug,2. die Verlegung in ein

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 3 Gestaltung des Vollzuges


(1) Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden. (2) Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken. (3) Der Vollzug ist darauf auszurichten, daß er dem Gefangenen hilft, sich i

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 4 Stellung des Gefangenen


(1) Der Gefangene wirkt an der Gestaltung seiner Behandlung und an der Erreichung des Vollzugszieles mit. Seine Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern. (2) Der Gefangene unterliegt den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen seiner Fr

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 155 Vollzugsbedienstete


(1) Die Aufgaben der Justizvollzugsanstalten werden von Vollzugsbeamten wahrgenommen. Aus besonderen Gründen können sie auch anderen Bediensteten der Justizvollzugsanstalten sowie nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Personen übertragen wer

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 26. Juli 2004 - 1 Ws 189/04

bei uns veröffentlicht am 26.07.2004

Tenor Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschuss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - Karlsruhe vom 28. April 2004 wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen. Gründe   I. 1  Durch Urteil des La

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(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die nach Herkunft und Datum genau zu bezeichnen sind, verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Das Gericht kann von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1a) Das Gericht kann anordnen, dass eine Anhörung unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Gefangenen zeitgleich in Bild und Ton in die Vollzugsanstalt und das Sitzungszimmer übertragen wird. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Die Entscheidung nach Satz 1 ist nicht anfechtbar.

(2) Soweit die Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht die Maßnahme auf. Ist die Maßnahme schon vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat, soweit die Sache spruchreif ist.

(3) Hat sich die Maßnahme vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag aus, daß die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(4) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Vollzugsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Anderenfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(5) Soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(1) Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden.

(2) Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken.

(3) Der Vollzug ist darauf auszurichten, daß er dem Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern.

(1) Der Gefangene wirkt an der Gestaltung seiner Behandlung und an der Erreichung des Vollzugszieles mit. Seine Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.

(2) Der Gefangene unterliegt den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen seiner Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihm nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerläßlich sind.

(1) Die Aufgaben der Justizvollzugsanstalten werden von Vollzugsbeamten wahrgenommen. Aus besonderen Gründen können sie auch anderen Bediensteten der Justizvollzugsanstalten sowie nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden.

(2) Für jede Anstalt ist entsprechend ihrer Aufgabe die erforderliche Anzahl von Bediensteten der verschiedenen Berufsgruppen, namentlich des allgemeinen Vollzugsdienstes, des Verwaltungsdienstes und des Werkdienstes, sowie von Seelsorgern, Ärzten, Pädagogen, Psychologen und Sozialarbeitern vorzusehen.

Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Vollzugsziel). Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.

(1) Auf Grund der Behandlungsuntersuchung (§ 6) wird ein Vollzugsplan erstellt.

(2) Der Vollzugsplan enthält Angaben mindestens über folgende Behandlungsmaßnahmen:

1.
die Unterbringung im geschlossenen oder offenen Vollzug,
2.
die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt,
3.
die Zuweisung zu Wohngruppen und Behandlungsgruppen,
4.
den Arbeitseinsatz sowie Maßnahmen der beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung,
5.
die Teilnahme an Veranstaltungen der Weiterbildung,
6.
besondere Hilfs- und Behandlungsmaßnahmen,
7.
Lockerungen des Vollzuges und
8.
notwendige Maßnahmen zur Vorbereitung der Entlassung.

(3) Der Vollzugsplan ist mit der Entwicklung des Gefangenen und weiteren Ergebnissen der Persönlichkeitserforschung in Einklang zu halten. Hierfür sind im Vollzugsplan angemessene Fristen vorzusehen.

(4) Bei Gefangenen, die wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches zu Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt worden sind, ist über eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt jeweils nach Ablauf von sechs Monaten neu zu entscheiden.

Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Vollzugsziel). Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschuss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - Karlsruhe vom 28. April 2004 wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen.

Gründe

 
I.
Durch Urteil des Landgerichts H. vom 12.09.2002 wurde der 1956 in Z./Westsibirien geborene Y. wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 17 Fällen, des sexuellen Missbrauchs von Kindern in 137 Fällen sowie des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 57 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt, weil er 1992 beginnend seine 1985 geborene Stieftochter V. vorwiegend bei heimlichen Gelegenheiten im Badezimmer und nachts im Kinderschlafzimmer der ehegemeinschaftlichen Wohnung sexuell belästigt hatte, indem er das Mädchen am Geschlechtsteil streichelte und mit dem Finger penetrierte. Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts K. nach Einholung eines die bewährungsweise Aussetzung der Reststrafe befürworteten Sachverständigengutachtens die bedingte Entlassung des Verurteilten nach Verbüßung von mehr als zwei Dritteln abgelehnt, weil der Verurteilte sich noch nicht mit der Tat und ihren Folgen auseinander gesetzt habe und sie die Ansicht des Sachverständigen, eine Wiederholung vergleichbarer sexueller Übergriffe des Verurteilten sei mangels Vorhandenseins von Kindern in seinem künftigen Lebensumfeld nicht zu erwarten, nicht zu teilen vermochte.
Auf die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Verurteilte hat der Senat die Vornahme einer weiteren Sachaufklärung für notwendig erachtet und hierzu die Gerichtshilfe der Staatsanwaltschaft H. mit der Abklärung der persönlichen Lebensumständen der derzeitigen Lebenspartnerin des Verurteilten – Frau U. - sowie des Opfers und dessen Mutter – der geschiedenen Ehefrau des Verurteilten – veranlasst. Außerdem hat der Senat am 08.07.2004 den Verurteilten, den Sachverständigen Dr. Sp. vom Zentrum für Psychiatrie in O. zu seiner Expertise, die in der Justizvollzugsanstalt Z. für den Strafgefangenen zuständige Diplompsychologien Frau W. zum Vollzugsablauf und den dortigen Bestrebungen zur Behandlungen des Verurteilten sowie die Gerichtshelfer zu ihrem Bericht persönlich angehört.
II.
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg, da dem Verurteilten - noch - keine hinreichend günstige Prognose gestellt werden kann.
1. Die Bejahung einer günstigen Täterprognose nach der Verantwortungsklausel des § 57 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB fordert die überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolges der Aussetzung der Vollstreckung, wobei - wie der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Sexualstraftaten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26.01.1998 (BGBl. I, 160) klargestellt hat – die Kriterien des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit und des Gewichts des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsgutes dem Wahrscheinlichkeitsurteil Grenzen setzen. In diesem Sinne bedingt das mit der Aussetzung verbundene Erprobungswagnis gleichwohl keine Gewissheit künftiger Straffreiheit, es genügt, wenn eindeutig festzustellende positive Umstände die Erwartung i.S. einer wirklichen Chance rechtfertigen, dass der Verurteilte im Falle seiner Freilassung nicht mehr straffällig und die Bewährungszeit durchstehen wird. Dies entspricht ebenso der ständigen Rechtsprechung des Senates wie die Einschränkung, dass nicht aufklärbare Unsicherheiten und Zweifel zu Lasten des Verurteilten gehen (vgl. ausführlich OLG Karlsruhe StV 2002, 322 f.). Die Anforderungen an die Erfolgsaussichten, welche an die Prognose zu stellen sind, werden dabei desto strenger, je höher das Gewicht des bedrohten Rechtsgutes ist. Dies gilt insbesondere bei Verbrechen gegen das Leben und bei anderen Gewaltdelikten (OLG Karlsruhe a.a.O. m.z.w.N.). Aber auch sexuelle Straftaten zum Nachteil von Kindern stellen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erhöhte Anforderungen an die zu treffende Prognose, weshalb eine Aussetzung der Reststrafe dann nicht in Betracht kommt, wenn sich trotz einer Vielzahl günstiger Faktoren noch nicht durch eine therapeutische Behandlung behobene bzw. herabgeminderte und Rückschlüsse auf eine Tatwiederholung rechtfertigende Charaktermängel zeigen.
So liegt der Fall hier.
2. Vorliegend spricht zugunsten des Verurteilten, dass er bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und der erstmalige Vollzug von Haft ihn ersichtlich in erheblichem Maße beeindruckt hat. Auch hat er sich im Strafvollzug beanstandungsfrei geführt und familiäre Kontakte zu seinen Eltern und seinem Bruder aufrechterhalten. Auch im Übrigen wäre seine Entlasssituation günstig. Zwar hätte er eine Arbeitsstelle noch nicht unmittelbar in Aussicht, bis auf kurze Zeiten der Arbeitslosigkeit war er jedoch überwiegend in Arbeit und hat selbst für den Lebensunterhalt seiner Familie gesorgt. Auch könnte er bei seiner neuen Lebenspartnerin - Frau U. - in H. Wohnsitz nehmen, was ihm einen neuen Anfang erleichtern würde.
3. Diese Gesichtspunkte können indes den aus dem bisherigen Verhalten des Verurteilten sich ergebenden erheblichen, hier eindeutig im Vordergrund stehenden Bedenken hinsichtlich seiner künftigen Lebensführung nicht ausreichend entgegenwirken. Gerade bei Verurteilungen wegen Gewalttaten und Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung kommt - wie ausgeführt - eine Bewährungsaussetzung nur in Betracht, wenn dies unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit verantwortet werden kann. Die kritische Probe in Freiheit kann nur gewagt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte es wahrscheinlich machen, dass der Verurteilte sie besteht (vgl. Senat, Beschluss vom 14.05.2002, 1 Ws 123/02).
An einer solchen überwiegend günstigen Beurteilung mangelt es aber vorliegend, weil sich der Verurteilte bislang noch nicht hinreichend mit seiner Tat, deren Ursachen und Folgen auseinander gesetzt hat.
a. Inwieweit eine unzureichende Tataufarbeitung einen kriminalprognostisch negativen Umstand darstellt, lässt sich nicht für alle Fallgestaltungen einheitlich beantworten, denn die Ursachen hierfür können mannigfaltig sein (OLG Karlsruhe a.a.O.; ausführlich hierzu: Kröber R&P 1993, 140 ff.; Müller-Dietz StV 1990, 29 ff.). Manche Täter finden ihre Tat derart beschämend, dass sie allein deshalb nicht darüber reden wollen (Kröber, a.a.O., 142). Auch kann insbesondere bei Affekttaten (OLG Karlsruhe a.a.O) und bei fortbestehender Tatleugnung (OLG Saarbrücken NJW 1999, 438 ff.; OLG Frankfurt NStZ-RR 2000, 251 ff.; KG Beschluss vom 28.11.2000, 5 Ws 749/00) eine fehlende Schuldeinsicht- und Schuldverarbeitung als Indiz für eine Tatwiederholung ungeeignet sein. Anders ist dies aber zu beurteilen, wenn die mangelnde Tataufarbeitung ihre Ursache in einem fortbestehenden krankheits- oder emotional bedingten Persönlichkeitsdefizit hat und sich hierauf die Besorgnis gründet, ohne eine Überwindung dieser Störung könne es zu erneuter Straffälligkeit nach Haftentlassung kommen. In solchen Fällen ist - ungeachtet einer erfolgten therapeutischen Aufarbeitung - grundsätzlich eine aktive Auseinandersetzung des Verurteilten mit der Tat erforderlich, wobei sich dieser u.a. damit beschäftigen muss, welche Charakterschwächen zu seinem Versagen geführt haben. Auch muss er Tatsachen schaffen, die für eine Behebung dieser Defizite sprechen und die es wahrscheinlich machen, dass er künftigen Tatanreizen zu widerstehen vermag (vgl. KG Beschlüsse vom 06.08.2001, 5 Ws 741/00, und 02.08.2000, 5 Ws 437/00; OLG Oldenburg Beschluss vom 30.09.1998, 1 Ws 421/98).
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b. Einen gewichtigen Hinweis auf eine kriminalprognostisch relevante Versagungshaltung stellt insbesondere die emotionale Haltung des Täters zur Tat dar. Ist er von dieser noch immer betroffen und erschüttert oder steht er dieser ruhig und distanziert gegenüber? Sucht er die Ursache seiner Straffälligkeit bei sich selber oder bagatellisiert er die Tat und weist die Schuld daran dem Opfer zu? Als prognostisch ungünstig sind dabei vor allem die Fälle anzusehen, in denn eine aggressive Handlungsbereitschaft durch eine gute Vollzugsanpassung verdeckt wird oder in denen der Gefangene - ohne dass über Jahre eine Veränderung festzustellen ist - in seiner egozentrischen Sichtweise befangen bleibt (Kröber, a.a.O., 143).
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c. der Strafgefangene Y. hat - auch wenn keine krankheits- oder psychische bedingten Störungen bei ihm vorliegen - bislang noch keine zureichenden Anstrengungen zur Überwindung der bei ihm und auch in der Anhörung zu Tage getretenen Persönlichkeitsdefizite unternommen. Zwar stellt er die sexuellen Übergriffe gegenüber seiner Stieftochter - in der Hauptverhandlung hat er auf Anraten seines Verteidiger ein pauschales Geständnis abgelegt - weiterhin nicht in Abrede, er beschönigt und bagatellisiert sein Verhalten jedoch noch immer. Das Angebot der Vollzugsanstalt Z. auf Teilnahme an gruppentherapeutischen Gesprächen hat er abgelehnt, weil er in seinen regelmäßigen Gebeten ausreichend Kraft finde, damit sich solche Übergriffe auf Kinder nicht wiederholen. Auch wenn der Senat nicht abschließend beurteilten kann, ob diese Einlassung der Wahrheit entspricht oder nur zur Vermittlung eines guten Eindrucks - nach den Erkundigungen der Gerichtshelfer wird der Verurteilte von seiner Familie und seiner neuen Lebenspartnerin nicht als besonders religiös eingeschätzt - gegenüber dem Gericht vorgebracht wurde, ist festzustellen, dass eine solche „innere Befassung“ noch nicht zu einem wirklichen Einstellungswandel des Verurteilten geführt hat. In die Situation seines Opfers kann er sich weiterhin nicht hineinversetzen, vielmehr hat er bei seiner Anhörung angegeben, „seine Stieftochter V. tue ihm schon leid, er habe aber nie erfahren, dass das Mädchen deshalb Schaden genommen habe“. Auch sucht er eine „Mitschuld bei Dritten“, indem er seiner früheren Frau vorwirft, diese habe nicht zureichend auf ihn aufgepasst. Schließlich lässt er seine neue Lebenspartnerin - Frau U. - weiterhin im Glauben an seine Unschuld.
12 
4. Diese Umstände sprechen dafür, dass dem Verurteilten bislang noch keine ausreichende Tataufarbeitung gelungen ist.
13 
Eine solche ist nach Auffassung des Senats vorliegend aber zur Verhinderung künftiger Straftaten z.N. von Kindern dringend geboten (vgl. BVerfG NStZ 2000, 502 ff.).
14 
Dabei kann der Senat die von der Strafvollstreckungskammer aufgeworfene und im Ergebnis bejahte Frage, ob hierfür bereits die abstrakte Möglichkeit genügt, der Verurteilte könne nach seiner Haftentlassung im Laufe der Zeit wieder in Kontakt zu Kindern kommen, genügt oder es hierfür bereits einer konkreten Gefahr bedarf, offen lassen, denn nach den vom Senat durchgeführten Nachermittlungen stellt sich diese Problematik nicht.
15 
Zwar ist seine 1985 geborene Stieftochter V. zwischenzeitlich volljährig und scheidet damit als taugliches Opfer - Anhaltspunkte für die Gefahr von Gewaltdelikten i.S.d. § 177 ff. StGB bestehen nicht - eines sexuellen Übergriffs nach § 176 StGB aus. Auch die Kinder der neuen Lebensgefährtin des Verurteilten, mit welcher dieser im Falle seiner Haftentlassung zusammenziehen will, sind erwachsen. Jedoch hat der Sohn von Frau U. eigene Kinder - eine dreijährigen Sohn und ein einjähriges Mädchen -, die regelmäßig die Oma besuchen und dort auch übernachten. Bereits in absehbarer Zeit wird der Verurteilte damit in seiner neuen Lebensumgebung erneut einer Versuchung ausgesetzt sein, der er über Jahre hinweg bei seiner Stieftochter V. nicht widerstehen konnte.
16 
Bei dieser Sachlage hat auch der vom Senat angehörte Sachverständige Dr. Sp. in Abweichung von seiner schriftlich Expertise und in Anbetracht der von ihm in seinem Gutachten aufgezeigten hohen Rückfallraten von 25 bis zu 50% bei Sexualdelikten (vgl. hierzu auch: Pfäfflin R&P 1995, 106 ff.; Nedopil, Forensische Psychiatrie, 2. Aufl., S. 239 ff.; ders. BewHi 2001, 341 ff. Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung, 4. Aufl., S. 439 ff., 447) es als überwiegend wahrscheinlich angesehen, dass der Verurteilte ohne Durchführung einer Therapie erneut in einschlägiger Weise straffällig werden wird. Es besteht daher nicht nur ein vernachlässigbares Restrisiko der Begehung neuer Straftaten, sondern eine solche Gefahr ist realistisch gegeben.
17 
Eine bedingte Entlassung des Verurteilten ist daher derzeit nicht möglich.
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5. Im Hinblick auf eine solche zu einem späteren Zeitpunkt durchaus in Betracht kommende Möglichkeit oder jedenfalls auf den im Juli 2005 anstehenden Endstrafentermin ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Chance eines wirksamen Schutzes der Allgemeinheit vor einer erneuten Rückfälligkeit des Verurteilten nur dann besteht, wenn der Verurteilte sich einer Behandlung seiner Defizite unterzieht. Eine Entlassung aus der Strafhaft ohne vorherige ausreichende Auseinandersetzung mit den Ursachen der Straftaten würde demgegenüber der Intension des Gesetzgebers zuwiderlaufen, bei Tätern aus dem Bereich der Sexualdelinquenz die Chance künftigen straffreien Verhaltens durch geeignete Therapiemaßnahmen zu verbessern (siehe Bundesrats-Drucks. 163/97; vgl. auch Senat, Beschluss vom 02.05.2002, 1 Ws 139/02).
19 
Zwar hat der Verurteilte die Durchführung einer Gruppentherapie in der neuen Behandlungsabteilung der Justizvollzugsanstalt Z. abgelehnt, jedoch auch bei seiner Anhörung durch den Senat - wenn auch in sehr zurückhaltender Weise - sich zu einer einzeltherapeutischen Maßnahme bereit erklärt. Eine solche konkrete Möglichkeit ist ihm auch anstaltsintern in Aussicht gestellt worden, so dass ein Fall, in welchem einem Strafgefangenen nach Ablehnung der Durchführung einer Gruppentherapie keine alternative Behandlungsmöglichkeiten mehr angeboten werden (vgl. hierzu Senat ZfStrVo 2004, 118 f), nicht vorliegt. Vielmehr besteht für den Verurteilten die Möglichkeit von zunächst 14-tägigen einzeltherapeutischen Sitzungen mit der im Anhörungstermin anwesenden Diplompsychologin W. und sodann ab Oktober 2004 - einhergehend mit seiner Verlegung in die offene Abteilung des Justizvollzugsanstalt Z. - der Durchführung einer ambulanten Therapie bei der Psychotherapeutischen Abteilung von Dr. Wi. beim Bewährungshilfeverein S. e.V. in S. Erforderlich hierfür ist aber die - bislang noch fehlende - Bereitschaft des Verurteilten, sich wirklich und ernsthaft einer solchen und für ihn auch unangenehmen Behandlung und Befassung mit sich selbst zu unterziehen.
20 
Ein solcher ernsthafter und durch einen Sachkundigen - wie etwa Dr. Wi. - auch zeitnah feststellbarer Entschluss könnte nach den Bewertungen des Sachverständigen Dr. Sp. und der Diplompsychologin W. wegen den Besonderheiten des vorliegenden Falles ausnahmsweise auch vor vollständiger Absolvierung der Behandlung zu einer vorzeitigen Entlassung des Verurteilten führen, wenn dieser überhaupt behandlungsfähig ist, die Therapie danach fortgesetzt würde und die Lebensgefährtin des Verurteilten hierin eingebunden wird, da zum jetzigen Zeitpunkt die Gefahr eines sexuellen Übergriffs auf die altersmäßig sehr kleinen Enkelkinder von Frau U. (noch) als gering einzuschätzen wäre. Im Falle der Durchführung einer derartigen Behandlung könnte dem Verurteilten im Falle einer Bewährungsaussetzung die Fortführung der bereits begonnenen Therapie auferlegt und diese durch begleitende Maßnahmen, wie etwa dem Druckmittel der Widerrufsmöglichkeit eines zur Bewährung ausgesetzten Strafrestes bei Abbruch der Behandlung oder durch Beiordnung eines Bewährungshelfers, abgesichert werden.
21 
Ergänzend ist zu bemerken, dass eine solche Behandlung bereits jetzt durch die Gewährung von nach § 11 StVollzG vertretbaren Lockerungen begleitet werden kann. Dabei weist der Senat darauf hin, dass bei der im Rahmen des § 11 Abs. 2 StVollzG zu treffenden Entscheidung lediglich zu prüfen ist, ob sich aufgrund konkreter Umstände die Befürchtung ergibt, der Verurteilte werde die Gewährung von Vollzugslockerungen missbrauchen. Maßgeblicher Ansatzpunkt ist dabei anders als bei der Prognose nach §§ 57, 57 a StGB nicht die Frage, ob überhaupt in der Person des Verurteilten die erneute Gefahr der Begehung von Straftaten droht, vielmehr kommt es im Rahmen des § 11 Abs. 2 StVollzG entscheidend darauf an, ob zu befürchten ist, der Verurteilte werde gerade die Gewährung von konkreten Lockerungen zu Straftaten oder zur Flucht missbrauchen (OLG Karlsruhe StV 2002, 34 f.). Eine solche Gefahr liegt beim Verurteilten aber fern, da es sich bei den von ihm begangenen sexuellen Übergriffen an seiner Stieftochter um sog. Beziehungstaten handelte.
III.
22 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

(1) Auf Grund der Behandlungsuntersuchung (§ 6) wird ein Vollzugsplan erstellt.

(2) Der Vollzugsplan enthält Angaben mindestens über folgende Behandlungsmaßnahmen:

1.
die Unterbringung im geschlossenen oder offenen Vollzug,
2.
die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt,
3.
die Zuweisung zu Wohngruppen und Behandlungsgruppen,
4.
den Arbeitseinsatz sowie Maßnahmen der beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung,
5.
die Teilnahme an Veranstaltungen der Weiterbildung,
6.
besondere Hilfs- und Behandlungsmaßnahmen,
7.
Lockerungen des Vollzuges und
8.
notwendige Maßnahmen zur Vorbereitung der Entlassung.

(3) Der Vollzugsplan ist mit der Entwicklung des Gefangenen und weiteren Ergebnissen der Persönlichkeitserforschung in Einklang zu halten. Hierfür sind im Vollzugsplan angemessene Fristen vorzusehen.

(4) Bei Gefangenen, die wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches zu Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt worden sind, ist über eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt jeweils nach Ablauf von sechs Monaten neu zu entscheiden.

(1) Der Gefangene wirkt an der Gestaltung seiner Behandlung und an der Erreichung des Vollzugszieles mit. Seine Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.

(2) Der Gefangene unterliegt den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen seiner Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihm nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerläßlich sind.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die nach Herkunft und Datum genau zu bezeichnen sind, verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Das Gericht kann von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1a) Das Gericht kann anordnen, dass eine Anhörung unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Gefangenen zeitgleich in Bild und Ton in die Vollzugsanstalt und das Sitzungszimmer übertragen wird. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Die Entscheidung nach Satz 1 ist nicht anfechtbar.

(2) Soweit die Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht die Maßnahme auf. Ist die Maßnahme schon vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat, soweit die Sache spruchreif ist.

(3) Hat sich die Maßnahme vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag aus, daß die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(4) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Vollzugsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Anderenfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(5) Soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.