Oberlandesgericht Köln Urteil, 16. Jan. 2014 - 8 U 7/13
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 10. Januar 2013 – 2 O 464/10 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Das Urteil des Landgerichts Köln vom 10. Januar 2013 – 2 O 464/10 – ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e:
2I.
3Der Kläger ist Unternehmer. Die Firmengruppe des Klägers besteht aus den Unternehmen H Lebensmittel GmbH & Co.KG, H Brot Backwaren GmbH und H Lebensmittel GmbH. Die Beklagte war als steuerlicher Berater sowohl für den Kläger als auch die Unternehmen der Firmengruppe in den Jahren bis 2004 und im Zeitraum von Oktober 2007 bis zur Kündigung des Mandats durch die Beklagte zum 31.12.2009 tätig. Der Kläger nimmt die beklagte Steuerberatungsgesellschaft auf Schadenersatz in Anspruch, weil er im Zusammenhang mit der Schenkung von Geschäftsanteilen an seine Schwiegersöhne vom Finanzamt wegen dadurch aufgedeckter stiller Reserven zur Zahlung von Einkommensteuer- und Gewerbesteuer herangezogen wurde. Der Kläger führt dies auf eine fehlerhafte Auskunft der Beklagten zurück. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
4Der Kläger war zunächst Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Firma H Brot Backwaren GmbH, bei der seit 2008 zwei seiner Schwiegersöhne, die Herren C – zwei Personen gleichen Namens- , als Prokuristen beschäftigt waren. Der Kläger hielt die Gesellschaftsanteile an der Firma H Brot Backwaren GmbH gemeinsam mit dem Immobilienbesitz im Rahmen einer Betriebsaufspaltung im Betriebsvermögen seines Besitzunternehmens.
5Anträge des Klägers im Jahr 2008 an die B, die Schwiegersöhne des Klägers aufgrund ihrer Tätigkeit im Unternehmen des Klägers von der Sozialversicherungspflicht zu befreien, wurden im Dezember 2008 abgelehnt. Der jetztige Prozessbevollmächtigte des Klägers ermittelte gegen Ende März/April 2009 die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht nach folgendem Modell: Der zu befreiende Mitarbeiter sollte alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer sein, gleichzeitig sollte er Minderheitsgesellschafter sein und über eine sogenannte Sperrminorität verfügen. Dies sollte durch Schenkung jeweils eines 1/10 Gesellschaftsanteils erfolgen. Gleichzeitig sollte durch notariell beurkundete Angebote auf Rückübertragung der Gesellschaftsanteile sichergestellt werden, dass der Kläger die Herrschaft über sein Unternehmen nicht verliert und letztlich durch einseitige Erklärung wieder 100%iger Inhaber werden kann. Im Rahmen einer am 7.5.2009 erfolgten Besprechung wurde die Beklagte, weil der jetztige Prozessbevollmächtigte des Klägers keine steuerliche Beratung leisten konnte, mit der Prüfung der steuerlichen Auswirkungen der beabsichtigten Schenkung beauftragt, wobei der genaue Auftragsumfang streitig ist. Der Mitgesellschafter der Beklagten, Herr E, erklärte, dass keine Schenkungssteuer anfallen würde. Auf das Schreiben der Beklagten vom 20.5.2009 (Bl. 327 GA, Anlage 5) wird Bezug genommen. Ausweislich eines Protokolls vom 21.5.2009 wurde an diesem Tag eine Gesellschaftsversammlung abgehalten, in der der Kläger schenkweise an seine Schwiegersöhne jeweils 10% des Stammkapitals übertrug (Bl. 254 d.A.).
6Mit nachfolgendem notariellem Vertrag des Notars E2 vom 24.06.2009, Urkundennummer 7xx/2009, übertrug der Kläger an seine Schwiegersöhne Herr C (geb. 1973) und Herr C (geb. 1975) sowie an seinen nicht im Unternehmen beschäftigten dritten Schwiegersohn, Herrn T, unentgeltlich jeweils 1/10 Anteil an der Firma H Brot Backwaren GmbH. Mit den weiteren notariellen Urkunden des Notars E2 vom gleichen Tage, Urkundennummern 7xx/2009 – 723/2009 machten die Schwiegersöhne des Klägers Herr C (geb. 21.02.1973), Herr C (geb. 16.09.1975) und Herr T dem Kläger ein unwiderrufliches Rückübertragungsangebot bzgl. der übertragenen Gesellschaftsanteile, welches der Kläger jederzeit ohne Angabe von Gründen annehmen konnte. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Beklagten der Inhalt dieser weiteren Vereinbarungen bekannt war.
7Ob der Kläger in der Folgezeit im Juli 2009 anlässlich eines Abendessens mündlich gegenüber seinen Schwiegersöhnen auf die Geltendmachung seiner Rechte auf Rückübertragung der Gesellschaftsanteile verzichtete und ob am 27.7.2009 eine Gesellschafterversammlung stattfand, in der dieser Verzicht entsprechend protokolliert wurde, ist ebenfalls zwischen den Parteien streitig.
8Im August 2010 wurde dem Kläger von seinem neuen Steuerberater mitgeteilt, dass durch die Schenkung der Anteile eine Einkommen- und Gewerbesteuerpflicht für das Jahr 2009 ausgelöst werden würde.
9Die Einkommensteuer 2009 für den Kläger und seine gemeinsam mit ihm veranlagte Ehefrau wurde mit Bescheid vom 02.08.2011 (Bl. 162 d.A.) und die Gewerbesteuer 2009 mit Bescheid vom 25.08.2011 (Bl. 171 d.A, bzw. Bl. 172 d.A.) festgesetzt. Die Schenkungen der GmbH- Anteile an die Schwiegersöhne wurden in den Bescheiden als Aufdeckung stiller Reserven bewertet.
10Der Kläger hat behauptet, dass die Beklagte beauftragt worden sei, die beabsichtigte Schenkung der Gesellschaftsanteile an seine Schwiegersöhne umfassend steuerlich zu prüfen. Die Beklagte habe, was unstreitig ist, lediglich auf den möglichen Anfall von Schenkungsteuer hingewiesen, nicht jedoch darauf, dass die Schenkung der GmbH- Anteile zur Aufdeckung stiller Reserven führen könne. Der Kläger hat weiter behauptet, dass er, wenn er auf die Entstehung der Einkommensteuer hingewiesen worden wäre, von den Schenkungen Abstand genommen hätte.
11Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass es sich bei dem notariellen Anteilsübertragungsvertrag und den Angeboten auf Rückübertragung der Gesellschaftsanteile vom 24.6.2009 jeweils um voneinander unabhängige, separat zu beurteilende Verträge handele. Der Kläger hat behauptet, dass er auch nicht die tatsächliche Herrschaft über die Gesellschaftsanteile seiner Schwiegersöhne ausgeübt habe, da diese in ihren jeweiligen Bereichen ihre Entscheidungen teils alleine und teils nach Rücksprache mit den übrigen Geschäftsführern getroffen hätten. Nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 16.05.2012 die Ansicht geäußert hat, dass die Vereinbarung eines unbegrenzten Rückforderungsrecht des Schenkers den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums gemäß § 39 AO hindere, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 10.08.2012 behauptet, dass er im Juli 2009 bei einem Gespräch anlässlich eines gemeinsamen Abendessens die Angebote seiner Schwiegersöhne auf Rückübertragung mündlich abgelehnt habe. Er hat die Ansicht vertreten, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt das wirtschaftliche Eigentum an den GmbH- Anteilen auf seine Schwiegersöhne übergegangen und die stillen Reserven damit zu versteuern gewesen seien. Nachdem die Beklagte daraufhin im Schriftsatz vom 6.11.2012 (Bl. 328 ff. GA) die Ansicht vertreten hatte, eine bloß mündlich getroffene Einigung reiche als Nachweis des wirtschaftlichen Übergangs gegenüber dem Finanzamt nicht aus, hat der Kläger in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 10.12.2012 (Bl. 345 ff) ferner behauptet, dass am 27.7.2009 eine Gesellschafterversammlung stattgefunden habe, in der dieser Verzicht entsprechend protokolliert worden sein soll, und einen auf den 27.7.2009 datierten Gesellschafterbeschluss (Bl. 351 GA) vorgelegt.
12Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte jedenfalls aufgrund nachvertraglicher Pflichten im Rahmen des vorgerichtlichen Schriftverkehrs gehalten gewesen wäre, ihn über die steuerlichen Auswirkungen der Rückübertragungsangebote zu informieren. Der Kläger hat behauptet, dass durch die Versteuerung der stillen Reserven aufgrund der Übertragung der GmbH-Anteile Mehrsteuern bei der Einkommensteuer in Höhe von 31.292,00 €, Solidaritätszuschlag in Höhe von 1.721,06 € und Gewerbesteuer in Höhe von 17.153,00 € angefallen seien. Zur Ermittlung der Schadenshöhe, Prüfung von Möglichkeiten zur Minderung der Steuerlast und Information seines Prozessbevollmächtigten seien zudem Kosten der Steuerberater M, N und Partner in Höhe von 3.041,94 € (Rechnung vom 24.11.2010, Bl. 29 GA) und 2.354,12 € (Rechnung vom 19.04.2011, Bl.103) angefallen.
13Der Kläger hat beantragt,
141a. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 33.013,06 € nebst 5 % Zinsen seit dem 07.09.2011 als Schadensersatz für betreffend das Jahr 2009 gezahlte Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag zu zahlen;
151b. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.440,00 € nebst 5 % Zinsen seit dem 29.09.2011 als Schadensersatz für betreffend das Jahr 2009 zu viel gezahlte Gewerbesteuer zu zahlen sowie den Kläger von einer weiteren Gewerbesteuerforderung in Höhe von 13.713,00 € gemäß an den Kläger gerichteten Gewerbesteuerbescheid vom 25.08.2011 und Stundungsbescheid vom 26.09.2011 der Stadt Köln freizuhalten;
161c. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger die Mehrbelastung in der Einkommensteuer für das Jahr 2011 erstatten muss, welche daraus resultiert, dass er von der Beklagten die Gewerbesteuer gemäß vorstehendem Antrag zu 1b.) erstattet erhält und welche der Kläger nicht zahlen müsste, wenn er bei ordnungsgemäßer Beratung durch die Beklagte wie vorstehend erläutert die Geschäftsanteile gemäß vorstehend bezeichneter notarieller Urkunde nicht verschenkt hätte und daher auch nicht die Gewerbesteuererstattung von der Beklagten beanspruchen könnte;
172. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von einer Honorarforderung der Steuerberater M, N und Partner L in Höhe von 3.041,94 € gemäß Rechnung Nr. 2010/5xxx vom 24.11.2010 für die Beratung im Zusammenhang mit der steuerlichen Falschberatung durch die Beklagte im Zusammenhang mit der Schenkung der im Antrag zu 1.) bezeichneten GmbH- Anteile freizustellen;
183. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von einer Honorarforderung der Rechtsanwälte I, Q & T2 M2 in Höhe von 2.578,14 € gemäß der Kostenrechnung Nr. 03xx-YY/2010 für die vorgerichtliche Tätigkeit freizustellen;
19- 20
4. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von einer Honorarforderung in Höhe von 2.354,12 € der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater M, N und Partner Köln gemäß Rechnung Nr. 2011/2xxx vom 19.04.2011 für die Beratung im Zusammenhang mit der steuerlichen Falschberatung durch die Beklagte im Zusammenhang mit der Schenkung der im Antrag zu 1.) bezeichneten GmbH- Anteile freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Die Beklagte hat behauptet, dass ihr lediglich ein eingeschränktes Mandat im Hinblick auf die Prüfung der schenkungssteuerlichen Folgen der beabsichtigten Anteilsübertragung erteilt worden sei. Mit der ertragsteuerlichen Beurteilung der beabsichtigten Anteilsübertragung sei sie nicht beauftragt worden. Die Beklagte hat behauptet, dass die Anteilsübertragungen aus Gründen der vorweggenommenen Erbfolge in jedem Fall hätten erfolgen sollen. Sie hat die Ansicht vertreten, dass aufgrund des in den notariellen Urkunden enthaltenen vorbehaltslosen Rückübertragungsanspruchs des Klägers das wirtschaftliche Eigentum an den Gesellschaftsanteilen i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht übergegangen sei. Da das wirtschaftliche Eigentum beim Kläger verblieben sei, hätten für das Jahr 2009 auch keine zur Aufdeckung der stillen Reserven führenden Entnahmen und damit beim Kläger auch kein steuerpflichtiger Vorgang vorgelegen.
24Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass eine Pflichtverletzung auch nicht aus der unstreitigen Unterrichtung der Beklagten über das Ansinnen des Klägers, sich ein ggfs. zeitlich begrenztes Rückabwicklungsrecht vorzubehalten, folge. Nähere Informationen zum späteren Inhalt des Abtretungsvertrages nebst Nebenabreden seien ihr nicht mitgeteilt worden.
25Die Beklagte hat ferner die Ansicht vertreten, dass der behauptete Schaden vollständig durch den kapitalisierten Wert der Einsparungen bei der Sozialversicherung kompensiert worden sei. Schadensersatzforderungen für Einkommensteuer und Gewerbesteuer unterlägen zudem ihrerseits nicht der Ertragsbesteuerung. Die Kosten der Schadensermittlung stellten keinen ersatzfähigen Schaden dar.
26Das Landgericht hat Beweis erhoben aufgrund des Beweisbeschlusses vom 27.12.2011 durch Vernehmung der beiden Zeugen C, C2, T und Q. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.04.2012 (Bl. 239 ff GA) verwiesen.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
28Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Beklagten keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden könne. Die Auskunft der Beklagten, dass durch die vom Kläger beabsichtigte Übertragung an seine Schwiegersöhne keine Steuern anfallen, sei richtig gewesen. Die Schenkung der im Rahmen einer Betriebsaufspaltung im Betriebsvermögen des Klägers gehaltenen Gesellschaftsanteile führe nicht zu einer Aufdeckung der stillen Reserven, da das wirtschaftliche Eigentum an den Gesellschaftsanteilen aufgrund der unbefristeten und unwiderruflichen Rückübertragungsangebote nicht auf die Schwiegersöhne übergegangen sei. Aufgrund der Abgabe der Schenkungs- und Abtretungserklärungen sowie der Rückübertragungsangebote sei es nicht zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums gekommen. Das führt das Landgericht im einzelnen näher aus. Mangels Eindeutigkeit und Klarheit eines Verzichts sei das wirtschaftliche Eigentum auch nicht später aufgrund der behaupteten mündlichen Ablehnung der Rückübertragungsangebote durch den Kläger übergegangen. Soweit der Kläger mit nachgelassenem Schriftsatz vom 10.12.2012 das Protokoll einer Gesellschafterversammlung vom 27.07.2009 vorgelegt hat, in welcher der Kläger die Angebote seiner Schwiegersöhne abgelehnt haben soll, sei dieser Vortrag zum Vorliegen einer schriftlich dokumentierten Angebotsablehnung gemäß §§ 296 II, 282 I ZPO als verspätet zurückzuweisen. Soweit der Kläger die Ansicht vertrete, dass die Beklagte ihre Pflichten verletzt habe, da sie nicht auf den Nichtübergang des wirtschaftlichen Eigentums bei der vom Kläger beabsichtigten Anteilsübertragung hingewiesen habe, sei eine solche Pflichtverletzung jedenfalls nicht kausal für den geltend gemachten Schaden geworden. Denn die Versteuerung der stillen Reserven im Rahmen der Einkommensteuer- und Gewerbesteuerveranlagung 2009 habe dann nicht auf der Auskunft der Beklagten, sondern auf den unvollständigen Angaben des Klägers gegenüber seinen neuen Steuerberatern und dem Finanzamt beruht.
29Mit der am 2.2.2013 eingelegten Berufung gegen das ihm am 23.01.2013 zugestellte Urteil, die er – nach entsprechender Fristverlängerung – am 25.4.2013 begründet hat, verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter und nimmt auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug. Der Kläger wiederholt seine Behauptung, dass die Beklagte beauftragt worden sei, die gesamten steuerrechtlichen Auswirkungen der beabsichtigten Anteilsschenkungen zu überprüfen und darzustellen. Die Beklagte habe auch Kenntnis von der beabsichtigten bzw. später durchgeführten Erteilung der Angebote gehabt, die auf die Rückübertragung der Gesellschaftanteile ausgerichtet gewesen seien. Die Beklagte habe den Kläger im Termin am 28.5.2009 dahingehend beraten, dass keine Schenkungssteuer anfalle, wenn die Anteile mindestens 5 Jahre gehalten werden würden. Dies gelte auch für den Fall, dass die Schenkungen durch Annahme der Angebote auf Rückübertragung durch den Kläger rückgängig gemacht werden würden. Der Kläger behauptet, dass die Beklagte die Rückübertragungsangebote als steuerrechtlich neue Tatbestände dargestellt habe, die nicht im Zusammenhang mit der ursprünglichen Schenkung stehen würden. Er habe daher nicht die Vorstellung gehabt, dass dies zu einer anderen steuerlichen Beurteilung führe.
30Der Kläger vertritt die Auffassung, dass der Beratungsfehler der Beklagten auch kausal gewesen sei für den Anfall der Einkommen- und Gewerbesteuer, soweit eine solche jedenfalls aufgrund der später erfolgten Ablehnung der Angebote auf Rückschenkung am 27.5.2009 entstanden sei. Wenn der Kläger und seine Schwiegersöhne gewusst hätten, dass durch die Rückübertragungsangebote mangels Übergang des wirtschaftlichen Eigentums keine Einkommen- und Gewerbesteuer angefallen wäre, dafür aber möglicherweise Schenkungssteuer, wären die Rückübertragungsangebote unterblieben. Eine steuerliche Belastung habe auf jeden Fall vermieden werden sollen. Wäre er über die Rechtslage informiert worden, hätte er nach Erhalt der Steuerbescheide im Einspruchsverfahren einwenden können, dass die entsprechenden Steuern mangels steuerrechtlichen Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums nicht angefallen wären. Er hätte dann bei Kenntnis der Rechtslage auch nicht die Rückübertragung abgelehnt, sondern angenommen, um die Angelegenheit steuerneutral zu halten. Ein Einspruch hätte auch keinen Sinn gemacht, da die Bescheide richtig gewesen seien. Da der Kläger bis in das vorliegende Gerichtsverfahren hinein keine Kenntnis von der steuerrechtlichen Bedeutung der Rückübertragungsangebote gehabt habe, hafte ihm die Beklagte aufgrund der im Jahre 2009 erfolgten Verletzung der Beratungspflicht bzw. der unvollständig erfolgten Aufklärung, die bis zur Bestandskraft der streitgegenständlichen Bescheide fortgewirkt habe. Die Beklagte habe den Kläger auch nicht im Jahre 2010 auf die Möglichkeit hingewiesen, sich durch Offenlegung und /oder Annahme der Rückübertragungsangebote von der Steuerpflicht zu befreien. Das Landgericht habe zu Unrecht den Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 10.12.2012 zurückgewiesen, da dieses Vorbringen als Antwort auf den richterlichen Hinweis innerhalb der hierfür gewährten Schriftsatzfrist erfolgt sei.
31Der Kläger beantragt,
32- 33
1. die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 10. Januar 2013 – 2 O 464/10 zu verurteilen,
a. an den Kläger 33.013,06 € nebst 5 % Zinsen seit dem 07.09.2011 als Schadensersatz für das Jahr 2009 gezahlte Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag zu zahlen;
35b. an den Kläger 13.440,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29.09.2011 und 3.713,00 € nebst 5%Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit als Schadenersatz für das Jahr 2009 zu viel gezahlte Gewerbesteuer zu zahlen.
36c. Es wird ferner festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger die Mehrbelastung in der Einkommensteuer für das Jahr 2011 erstatten muss, welche daraus resultiert, dass er von der Beklagten die Gewerbesteuer gemäß vorstehendem Antrag zu 1b.) erstattet erhält und welche der Kläger nicht zahlen müsste, wenn er bei ordnungsgemäßer Beratung durch die Beklagte wie vorstehend erläutert die Geschäftsanteile gemäß vorstehend bezeichneter notarieller Urkunde nicht verschenkt hätte und daher auch nicht die Gewerbesteuererstattung von der Beklagten beanspruchen könnte;
37- 38
2. die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 10.01.2013 – AZ 2 O 464/10 - zu verurteilen,
a. den Kläger von einer Honorarforderung der Steuerberater M, N und Partner L in Höhe von 3.041,94 € gemäß Rechnung Nr. 2010/5xxx vom 24.11.2010 für die Beratung im Zusammenhang mit der steuerlichen Falschberatung durch die Beklagte im Zusammenhang mit der Schenkung der im Antrag zu 1.) bezeichneten GmbH- Anteile freizustellen;
40b. den Kläger von einer Honorarforderung der Rechtsanwälte I, Q & T2 M2 in Höhe von 2.578,14 € gemäß der Kostenrechnung Nr. 03xx-YY/2010 für die vorgerichtliche Tätigkeit im hiesigen Streitverfahren freizustellen;
41- 42
c. den Kläger von der Honorarforderung in Höhe von 2.354,12 € der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater M, N und Partner L gemäß Rechnung Nr. 2011/2xxx vom 19.04.2011 für die Beratung und sonstigen im Zusammenhang mit der steuerlichen Falschberatung im Zusammenhang mit der Schenkung der im Antrag zu 1.) bezeichneten GmbH- Anteile freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
44die Berufung zurückzuweisen.
45Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil. Sie ist der Auffassung, dass der Kläger nicht belehrungsbedürftig gewesen sei, da die im Unternehmen der Beklagten als Bilanzbuchhalterin tätige Tochter ebenso wie der Kläger gewusst habe, dass die Geschäftsanteile im Betriebsvermögen des Besitzunternehmens verstrickt seien und daher eine Entnahme zur Besteuerung der stillen Reserven führe. Die Beklagte sei nur punktuell vom Kläger zu der schenkungssteuerlichen Fragestellung hinzugezogen worden. Dementsprechend sei auch nur die schenkungssteuerliche Tätigkeit abgerechnet worden. Die Beklagte behauptet, dass sie vor der Anteilsübertragung keine Kenntnis von der am 24.6.2009 vereinbarten Rückübertragungsmöglichkeit gehabt habe. Jedenfalls sei ein Ursachenzusammenhang mit einem Steuerschaden nicht erkennbar. Es sei zudem davon auszugehen, dass im Hinblick auf die sozialversicherungsrechtlichen Vorteile, die sich bereits bis Juni 2012 auf mehr als 49.000 € beliefen, die Übertragung der Anteile auch in voller Kenntnis der Steuerpflicht vorgenommen worden wäre. Der geltend gemachte Schaden sei inzwischen durch die eingetretenen Vorteile überkompensiert. Der Eintritt des Schadens hätte zudem abgewendet werden können. Ferner wendet sich die Beklagte im einzelnen gegen die geltend gemachten Rechnungen.
46Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zu den Akten gereichten wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
47Der Senat hat Beweis erhoben aufgrund des Beweisbeschlusses vom 8. August 2013 durch Vernehmung der beiden Zeugen C, C2, T und Q. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2013 (Bl. 544 ff GA) verwiesen.
48II.
49Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist unbegründet.
50Die Klage ist im Ergebnis zu Recht vom Landgericht abgewiesen worden.
51Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Schadenersatzanspruch aus §§ 611, 280 BGB wegen Schlechterfüllung des Steuerberatungsvertrages zu. Eine Pflichtverletzung der Beklagten liegt zwar vor. Der Senat ist jedoch nicht hinreichend davon überzeugt, dass der Beratungsfehler der Beklagten zu einem auf dieser Pflichtverletzung beruhenden Schaden des Klägers geführt hat.
521.
53Dem Kläger steht der mit dem Klageantrag zu 1) verfolgte Anspruch aus §§ 611, 280 BGB auf Erstattung der für das Jahr 2009 gezahlten Einkommen- und Gewerbesteuer nicht zu; ebenso kann eine Schadensersatzverpflichtung für weitere zukünftige Schäden nicht festgestellt werden.
54a) Eine Pflichtverletzung der Beklagten liegt allerdings entgegen der Auffassung des Landgerichts Köln vor. Die Beklagte hat ihre aus dem konkreten Beratungsverhältnis begründete Pflicht zur Erteilung einer vollständigen Auskunft verletzt, indem sie den Kläger aufgrund der am 7.5.2009 erbetenen Auskunft zu den steuerlichen Auswirkungen der Schenkung der Gesellschaftsanteile des Klägers an seine drei Schwiegersöhne in der Folgezeit, insbesondere in dem Gespräch am 28.5.2009, nicht darauf hingewiesen hat, dass die Schenkung beim Kläger zur Aufdeckung stiller Reserven und damit zum Anfall von Einkommensteuer und Gewerbesteuer führen kann. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte ausdrücklich nur mit der Prüfung der schenkungssteuerrechtlichen Folgen der Anteilsübertragung oder mit der generellen steuerrechtlichen Prüfung des geplanten Geschäfts beauftragt worden ist.
55Welche Aufgaben der Steuerberater zu erfüllen hat, richtet sich nach Inhalt und Umfang des erteilten Mandats (BGH Urteil vom 7. März 2013 – IX ZR 64/12; Urteil vom 4. März 1987 IV a ZR 222/85; Urteil vom 26. Januar 1995 – IX ZR 10/94). Im Rahmen des ihm erteilten Auftrages ist der Steuerberater verpflichtet, sich mit den steuerrechtlichen Punkten zu befassen, die zur pflichtgemäßen Erledigung des ihm erteilten Auftrages zu beachten sind. In den hierdurch gezogenen Grenzen hat er den Auftraggeber jedoch zusätzlich auch ungefragt über die bei der Bearbeitung auftauchenden steuerrechtlichen Fragen zu belehren. Zu den vertraglichen Nebenpflichten gehört es, den Mandanten vor Schaden zu bewahren und auf Fehlentscheidungen, die für ihn offen zu Tage liegen, hinzuweisen.
56Vorliegend ist der Beklagte um Auskunft mindestens zu den schenkungssteuerlichen Auswirkungen der Schenkung der Geschäftsanteile gebeten worden. Diese Frage hat die Beklagte unstreitig beantwortet; dafür spricht auch der Inhalt des Schreibens vom 20.5.2009. In dem Schreiben macht die Beklagte Ausführungen zur Bewertung der Anteile und zu den geltenden steuerlichen Schenkungsfreibeträgen und schließt diese Ausführungen mit dem Hinweis ab, dass sich hieraus keine steuerlichen Konsequenzen ergeben. Entgegen der Auffassung der Beklagten gehörte zu einer ordnungsgemäßen, insbesondere vollständigen Auskunft auf die Anfrage des Klägers nach den steuerlichen Auswirkungen aber auch die Prüfung, ob den Kläger persönlich steuerliche Folgen treffen. Dies umfasst insbesondere den Anfall von Einkommensteuer, die aufgrund der Bewertung der Abtretung der Geschäftsanteile als „Entnahme“ aus dem Besitzunternehmen des Klägers drohte. Als Steuerberaterin des Klägers, den sie seit 2004 beriet, beschränkte sich ihre Auskunftspflicht nicht nur auf die Frage des Anfalls von Schenkungssteuer der Schwiegersöhne. Der Anfall von Gewerbesteuer und Einkommensteuer, die durch die Aufdeckung etwaiger stiller Reserven entstehen können, ist eine im Zusammenhang mit der Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf Familienangehörige nicht ganz fernliegende Frage, die sich der Beklagten hätte aufdrängen müssen. Soweit die Beklagte sich auf die Beschränkung ihres Auftrages beruft, steht dem die Pflicht des Steuerberaters entgegen, sich mit den steuerrechtlichen Punkten zu befassen, die zur pflichtgemäßen Erledigung des ihm erteilten Auftrages zu beachten sind. Selbst wenn die Beklagte nur nach dem Anfall von Schenkungssteuer gefragt worden wäre, hätte es ihr aufgrund der vorliegenden Umstände oblegen, den Kläger auch ungefragt zumindest auf die Gefahr der Entstehung von Einkommensteuer bzw. Gewerbesteuer hinzuweisen.
57Auf eine fehlende Belehrungsbedürftigkeit des Klägers durfte sich die Beklagte nicht berufen. Denn insoweit oblag ihr als der beauftragten Steuerberaterin bzw. ihren Gesellschaftern, und nicht ihrer Angestellten, der Tochter des Klägers, die Erteilung einer entsprechenden Auskunft. Die Beklagte kann sich zur Entlastung einer eigenen schuldhaften Pflichtverletzung nicht darauf berufen, dass die Tochter des Klägers und der Kläger selbst bereits deshalb ausreichend informiert gewesen seien, weil ihnen bekannt war, dass sich die Gesellschaftsanteile im Betriebsvermögen des Klägers befanden. Dass bei einer teilweisen Übertragung „stille Reserven“ realisiert werden und damit Einkommensteuer und Gewerbesteuer anfallen, ist ein Fachwissen, das der Kläger und auch seine Tochter als Angestellte im Büro der Beklagten nicht zwingend haben müssen. Die Tochter ist Bilanzbuchhalterin und nicht Steuerberaterin. Schließlich ist der Beratungsauftrag an die Beklagte gerichtet worden. Dann war es auch ihre Aufgabe, die Beratung selbst und vollständig im geschuldeten Umfang durchzuführen. Sie konnte nicht darauf vertrauen, dass die Tochter den Kläger schon entsprechend informiert habe und dieser deswegen nicht mehr belehrungsbedürftig sei.
58b) Jedoch ist der konkrete Schaden nicht durch die festgestellte Pflichtverletzung der Beklagten verursacht worden. Der Kläger hat nicht dargetan und auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zur Überzeugung des Senats bewiesen, dass der behauptete Schaden durch die unterlassene Aufklärung über die als Entnahme zu bewertende Übertragung der Gesellschaftsanteile entstanden ist.
59Der Ersatzpflichtige hat nach § 249 Satz 1 BGB den Zustand herzustellen, der ohne seine Pflichtverletzung bestünde. Um die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung eines steuerlichen Beraters für einen Schaden festzustellen, ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten genommen hätten, insbesondere wie der Mandant darauf reagiert hätte, und wie dessen Vermögenslage dann wäre (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, Urt. v. 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02, WM 2004, 475, 476).
60aa) Die Ursächlichkeit einer von dem steuerlichen Berater begangenen Pflichtverletzung für einen dadurch angeblich entstandenen konkreten Schaden gehört zur haftungsausfüllenden Kausalität, für deren Nachweis die in § 287 ZPO vorgesehenen Beweiserleichterungen gelten (BGH a.a.O.). Dabei hat grundsätzlich der Geschädigte den Ursachenzusammenhang zwischen der Vertragsverletzung und dem Schaden als anspruchsbegründende Voraussetzung darzutun und nachzuweisen (BGHZ 123, 311, 313). Die Darlegungslast des Mandanten kann zusätzlich noch durch die Grundsätze des Anscheinsbeweises erleichtert sein, nach denen die Vermutung gilt, der Mandant hätte beratungsgemäß gehandelt, wenn nach der Lebenserfahrung bei vertragsgemäßer Leistung des steuerlichen Beraters lediglich ein bestimmtes Verhalten nahegelegen hätte (BGH a.a.O.; BGHZ 123, 31, 313; m.w.N.). Der Steuerberater muss dabei nicht für das Ersatz leisten, was sich ergeben hätte, wenn die falsche Auskunft richtig gewesen wäre, sondern wenn die Auskunft in richtiger Weise gegeben worden wäre (Gräfe/Lenzen/ Schmeer, Steuerberaterhaftung, 4. Aufl., Rndr. 548). Ist entgegen der Erwartung und Information des Steuerberaters etwas steuerpflichtig und nicht steuerfrei, begründet dies allein noch keinen Schaden des Mandanten. Nur wenn bei ordnungsgemäßer Belehrung über die Steuerpflicht eine wirtschaftlich und tatsächlich gleichwertige Gestaltung möglich gewesen wäre, die steuerfrei hätte realisiert werden können, kann ein Vermögensschaden eintreten.
61bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen kann nicht mit der hinreichenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Kläger von der Übertragung der Gesellschaftsanteile Abstand genommen hätte, wenn er gewusst hätte, dass dadurch ein einkommen- und gewerbesteuerpflichtiger Vorgang bei ihm ausgelöst worden wäre. Ein entsprechender Verlauf ist von dem Kläger, auch auf der Grundlage der hierzu in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme, nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zur Überzeugung des Gerichts dargetan und nachgewiesen worden. Hierfür sprechen weder die Grundsätze des Anscheinsbeweises noch ergibt sich aus den Zeugenaussagen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass er sich tatsächlich bei einer entsprechenden Auskunft so verhalten hätte.
62(1) Der Grundsatz des beratungsgerechten Verhaltens und damit ein für den Kläger streitender Anscheinsbeweis kommt vorliegend schon deswegen nicht zur Anwendung, da als Reaktion auf die erteilte Auskunft mehrere gleich vernünftige Verhaltensweisen in Betracht gekommen wären. Der Kläger hat erstinstanzlich selbst vorgetragen, dass er entweder von der Übertragung Abstand genommen oder diese gegen Vereinbarung einer Gegenleistung vorgenommen hätte (Schriftsatz vom 16.3.2011, S. 4 unten). Zudem wäre in Betracht gekommen, den privaten Nachteil des Klägers durch eine Erhöhung seines Geschäftsführergehalts auszugleichen. Auf diese Weise hätte er den ihm privat entstehenden Steuernachteil auf das Unternehmen verlagern können, das unmittelbar vom Wegfall der Sozialversicherungspflicht profitierte. Dass eine Änderung der Geschäftsführergehälter je nach finanzieller Lage der GmbH nicht unüblich war, ergibt sich aus den erstinstanzlichen Aussagen der Zeugen C. Welche der möglichen Alternativen der Kläger gewählt hätte, lässt sich – da es sich um einen individuellen Willensentschluss handelte – nicht im Wege des Anscheinsbeweises bestimmen.
63(2) Auch aus der durchgeführten Beweisaufnahme ergibt sich keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger von einer Anteilsübertragung abgesehen hätte. Der Kläger selbst hat bei seiner Anhörung vor dem Senat schon nicht eindeutig anzugeben vermocht, wie er sich bei ordnungsgemäßer Beratung über die Steuerpflichtigkeit verhalten hätte. So hat er zwar erklärt, er hätte die Anteile nicht übertragen, wenn er von den anfallenden Kosten Kenntnis gehabt hätte. Zugleich hat er aber auch ausgesagt, er hätte dann nach anderen Möglichkeiten gesucht, den gewünschten sozialversicherungsrechtlichen Vorteil zu erreichen. Von daher ist nicht auszuschließen, dass der Kläger die Anteile trotz des Anfalls von Einkommen- und Gewerbesteuer übertragen hätte, wenn er die Nachteile anderweitig hätte kompensieren können, wie etwa durch die vorgenannten Gestaltungsalternativen.
64Der Zeuge C (geb. 1973) hat bekundet, der Kläger habe mehrfach erklärt, er werde die Anteile übertragen, sofern für ihn keine Kosten anfallen. Wenn Kosten entstünden, müsse nach Alternativen gesucht werden. Welche dies sein könnten, sei nicht erörtert worden. Ähnlich haben sich die Zeugen C (geb. 1975) und C2 geäußert.
65Da es sein wesentliches Ziel war, der GmbH die Sozialabgaben zu ersparen, die durch die Beschäftigung seiner Schwiegersöhne im Unternehmen anfielen, spricht viel dafür, dass es trotz der Auskunft dennoch zu der Übertragung der Anteile gekommen wäre, wenn auch ggf. mit einem finanziellen Ausgleich auf andere Weise, sei es durch einen Verkauf der Anteile statt einer Schenkung, sei es durch finanzielle Kompensation durch die GmbH.
66Die Befreiung von der Sozialversicherungspflicht jedenfalls bezüglich der Herren C als zentrales Anliegen des Klägers wäre durch Anteilübertragung, so jedenfalls das Vorbringen des Klägers und seines anwaltlichen Beraters, zu erreichen gewesen. Im Rahmen der Besprechung vom 7.5.2009 hat der Anwalt des Klägers die Voraussetzungen für die Befreiung von der Sozialversicherungspflicht dahingehend erläutert, dass die zu befreienden Mitarbeiter alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer sein sollten; dabei aber zugleich Minderheitsgesellschafter sein und über eine sogenannte Sperrminorität verfügen müssten (Bl. 3 d.A.). Die Befreiung der Sozialabgabepflicht war das von dem Kläger bzw. seinem Berater vorgegebene und die Anteilsübereignung tragende Ziel. Der Kläger hat im Rahmen der persönlichen Anhörung zum Ausdruck gebracht, dass es ihm in erster Linie um das Sparen der Sozialabgaben gegangen sei. Er hat eingeräumt, dass er sogar Steuen gezahlt hätte, wenn es sich um einen geringeren Betrag gehandelt hätte; er hätte allerdings nicht mit so einem hohen Betrag gerechnet. Dass er sich demgegenüber die Höhe der sozialversicherungsrechtlichen Vorteile nicht im Klaren gewesen sei soll, ist nicht nachvollziehbar. Gleiches belegen auch die von dem Kläger im Vorfeld vorgenommenen Versuche, die in der Ablehnung eines entsprechenden Antrages auf Befreiung von der Sozialversicherungspflicht durch den Sozialversicherungsträger im Dezember 2008 endeten (vgl. Bl. 3 d.A.). Dass es zu einer Übertragung der Gesellschaftsanteile, wenn auch möglicherweise im geringeren Umfang gekommen wäre, hat der Kläger im Rahmen seiner Anhörung vor dem Senat am 27. Juni 2013 selbst bekundet.
67Die bei den Gehaltsabrechnungen sich bietenden erheblichen Vorteile aufgrund der ersparten Sozialversicherungsabgaben spielten bei der Entscheidung im Zusammenhang mit der Übertragung der Anteile eine ganz wesentliche Rolle, so dass aufgrund des objektiven Inhalts der Zeugenaussagen mehr für als gegen eine Anteilsübertragung spricht. Der Zeuge C hat insoweit erstinstanzlich Einsparungen an Sozialabgaben im Umfang von ca. 800-900 € pro Monat für jeden Schwiegersohn bekundet. Auch wenn die Schwiegersöhne sich ihrerseits selbst krankenversichern mussten – insoweit bekundete der Zeuge eine freiwillige Versicherung bei der B von ca. 612 € monatlich – ergaben sich für die Beteiligten, insb. die Firma, daraus selbst unter dem Strich deutliche Einsparungen. Der Zeuge C sprach zudem auf die Frage, ob sein Gehalt auch erhöht worden wäre, wenn er nicht von den Sozialabgaben befreit worden wäre, den für die Entscheidung ebenfalls maßgeblichen Gesichtspunkt an, dass durch die Kosten, also auch die Gehälter, die Steuern gesenkt würden (gemeint für den Betrieb) und der Vorteil (höhere Gehälter) in der Familie blieb. Auch der als Zeuge gehörte Klägervertreter hat in seiner erst- wie zweitinstanzlichen Aussage bekundet, dass es bei der Anteilsübertragung in erster Linie um die Frage der Vermeidung von Sozialabgaben gegangen sei. Dass es in erster Linie um die Vermeidung der Sozialabgabenlast ging, ergibt sich am deutlichsten aus den Bekundungen der Zeugin C, Tochter des Klägers. Sie sprach in ihrer Aussage den Ärger über die Sozialversicherung an, von der der Kläger als Unternehmer persönlich befreit war. Sie hat die Frage, ob die Übertragung auch durchgeführt worden wäre, wenn der Kläger gewusst hätte, dass dadurch Steuern angefallen wäre, zwar verneint. Ihren Angaben ist objektiv zu entnehmen, dass diese Entscheidung auch von der Liquidität der Firma abhängig gemacht worden wäre, um die es zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung – was die Erhöhung der Gehälter belegt – jedenfalls deutlich besser stand als dies zum heutigen Zeitpunkt der Fall zu sein scheint. Auf der Grundlage der Angaben der vom Kläger benannten Zeugen ergeben sich bereits objektiv keine ausreichenden Anhaltspuntke dafür, dass der Kläger bei einem entsprechenden Hinweis von der Anteilsübertragung auf seine Schwiegersöhne angesichts des sich bietenden Einsparpotentials tatsächlich Abstand genommen hätte.
68Auch die weiteren Motive des Klägers, nämlich Regelung der „Unternehmensnachfolge“ und „Bindung aller Schwiegersöhne an das Unternehmen aus familiärer Motivation heraus“ sprechen dagegen, dass eine Anteilsübertragung vollständig unterblieben wäre. Da es sich zudem um ein vom Umfang her relativ großes Familienunternehmen handelt, dürfte diesem Gesichtspunkt der Unternehmensnachfolge auch keine nur untergeordnete Rolle zukommen, auch wenn die Zeugen insgesamt bestätigen, dass die Übertragung der Anteile primär zur Vermeidung der Sozialversicherungspflicht erfolgen sollte.Bezüglich des Schwiegersohnes T2 ist eine Beteiligung an dem Unternehmen aus Gründen der Gleichbehandlung mit den anderen, im Unternehmen bisher als Prokuristen tätigen Schwiegersöhnen erfolgt, so dass davon auszugehen ist, dass der Kläger auch bezüglicher aller drei Schwiegersöhne dieselbe Entscheidung getroffen hätte.
69cc) Nach alldem kommt es nicht darauf an, ob der Kläger nach Kenntnis vom Anfall der Einkommensteuer gegenüber dem Finanzamt noch den fehlenden wirtschaftlichen Übergang der Gesellschaftsanteile hätte geltend machen können, oder ob die Rückübertragungsmöglichkeit zwischenzeitlich aufgrund einer Ablehnung der Rückübertragungsangebote entfallen war.
70c) Unabhängig von der fehlenden Kausalität der Pflichtverletzung für den behaupteten Schaden kann aufgrund der Entwicklung der Vermögenslage des Klägers auch nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger überhaupt ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist.
71Nach dem – auch hier anzuwendenden § 287 ZPO – reicht eine deutlich überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit, dass ein Schaden entstanden sei, für die richterliche Überzeugungsbildung aus (BGH Urteil vom 23.10.2003 – IX ZR 249/02 m.w.N.). Hierbei ist grundsätzlich die gesamte Schadensentwicklung bis zum prozessual spätest möglichen Zeitpunkt, nämlich dem der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen, in die Schadensberechnung einzubeziehen.
72Als Schaden macht der Kläger die angefallene Einkommensteuer und auch die Gewerbesteuer geltend. Dieser Schaden ist jedenfalls zwischenzeitlich durch die ersparten Sozialabgaben vollständig kompensiert worden.
73aa) Der Einwand der Beklagten, dass es sich um Sowieso-Kosten handeln würde mit Rücksicht auf das Ziel des Klägers, auch die Unternehmensnachfolge zu regeln, steht der Annahme eines Schadens indes nicht entgegen. Der Umstand, dass die stillen Reserven ohnehin irgendwann aufgelöst worden wären im Rahmen eines späteren Entnahmevorgangs und die grundsätzlich vertretene Auffassung, dass die Aufdeckung stiller Reserven nur zur Realisierung, aber nicht zur Schädigung des vorhandenen Vermögens führe (vgl. Gräfe/Lenzen/Schmeer, a.a.O., Rndr. 557) steht der Annahme eines Schadens durch die im Jahre 2009 angefallene Einkommensteuer nicht entgegen. Insoweit hat der BGH (Urteil vom 23.10.2003 IX ZR 249/02 m.w.N.) klargestellt, dass aus der steuerdogmatischen Einordnung der stillen Reserven als „Aufschub der Besteuerung“ (vgl. Gräfe/Schmeer/Lenzen, a.a.O., Rn. 557) der Schadenersatzpflichtige nichts herleiten könne. Denn der Steuerstundungseffekt könne auch dazu führen, dass die im Betriebsvermögen gespeicherten stillen Reserven zu keinem Zeitpunkt versteuert werden (vgl. ausführlich hierzu BGH a.a.O.).
74bb) Bei der Schadensberechnung ist indes zu berücksichtigen, dass der Kläger durch die Übertragung der Gesellschaftsanteile die Befreiung der Schwiegersöhne von der Sozialversicherungspflicht (Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Renten- und Pflegeversicherung) erreichen wollte und dann tatsächlich auch erreicht hat. Dies führte dazu, dass die von dem Kläger als bisherigem Alleingesellschafter geführte GmbH entsprechende Aufwendungen, nämlich jeweils in Höhe der angefallenen Arbeitgeberanteile, erspart hat. Die Schwiegersöhne haben ihrerseits die entsprechenden Arbeitnehmeranteile zur Pflichtversicherung eingespart. Entsprechend den von der Beklagten angestellten Berechnungen, denen der Kläger nicht entgegengetreten ist, belaufen sich diese Vorteile auf Beträge, die zwischenzeitlich die den Kläger persönlich treffende Steuerlast übersteigen. Die Beklagte hat insoweit dargelegt, dass dem einmaligen finanziellen Nachteil, für die Entnahme der Gesellschaftsanteile Einkommen- und Gewerbesteuer im Umfang von ca. 50.000 € zahlen zu müssen (konkret beliefen sich die Steuern 2009 auf insgesamt 50.166 €, davon 33.013 € Einkommensteuer und 17.153 € Gewerbesteuer) ein Vorteil bezüglich der ersparten Sozialabgaben gegenüberstehe, der den Nachteil zwischenzeitlich bereits ausgeglichen und jetzt zunehmend übersteigen wird. Für die beiden im Betrieb arbeitenden Schwiegersöhne C ersparte der Kläger ausweislich der Angaben seiner Schwiegersöhne die Abführung von monatlich ca. 800,- € Sozialabgaben pro Person. Der Umstand, dass die Schwiegersöhne ihrerseits eigene Krankenversicherungen abgeschlossen haben, führt zu keiner abweichenden Beurteilung hinsichtlich des ersparten Aufwandes. Denn – wie dem Vorbringen des Klägers, das durch die Angaben der Zeugen bestätigt wurde, entnommen werden kann – kam es darauf an, das eigentlich für die Sozialkasse bislang ausgegebene Geld insgesamt einzusparen und für die Familie zur Verfügung zu haben. Die Löhne der Schwiegersöhne wurden angehoben – das erhöhte wiederum den betrieblichen Aufwand und ersparte Steuern – ohne dass das Geld anteilig den Sozialkassen zugeflossen wäre. Aus diesem Grund erscheint es gerechtfertigt, die nunmehr von den Schwiegersöhnen selbst aufzubringenden Beiträge für die freiwillige Versicherung unberücksichtigt zu lassen (ca. 600,- € monatlich). Selbst wenn man nur die von den Zeugen angegebenen Beträge von 800,00 € Ersparnis monatlich bei zwei Personen zugrunde legt, ergeben sich seit Juni 2009 für zwei Mitarbeiter Einsparungen an Sozialversicherungsbeiträgen für die GmbH für 4 1/2 Jahre von 86.400 €.
75cc) Entgegen der Auffassung des Klägers sind diese Vorteile in die vorliegende Schadensberechnung auch einzubeziehen. Insofern ist eine einheitliche wirtschaftliche Betrachtungsweise im Rahmen des vorliegenden Familienunternehmens geboten. Es kann im Rahmen des vorliegenden steuerberatungsrechtlichen Auskunftsvertrages nicht differenziert werden zwischen dem Betriebsvermögen des Klägers, das durch die angeführte Betriebsaufspaltung besteht, und dem Vermögen der GmbH, die durch die Übertragung der Gesellschaftsanteile aus dem Betriebsvermögen des Klägers sozialversicherungspflichtige Vorteile erworben hat. Denn da es um die Vermeidung der Sozialversicherungspflicht für die Mitarbeiter der GmbH ging, ging es bei dem Auftrag auch um deren (der GmbH) Vermögensinteressen. Da diese Vorteile vorliegend nur dadurch erreichbar werden konnten, dass umgekehrt auf Seiten des Klägers Vermögensnachteile in Kauf zu nehmen waren, sind die aus der Übertragung der Anteile entstandenen Vorteile der GmbH im Rahmen der Schadensberechnung auch dem Kläger zuzurechnen. Die Grundsätze der konsolidierten Schadensbetrachtung, die nach der Rechtsprechung des BFH bei Vermögensübertragungen unter nahen Angehörigen anerkannt sind, sind nach Auffassung des Senats auch auf die vorliegende Konstellation der Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf Familienangehörige im Rahmen eines Familienunternehmens zur Einsparung von Sozialabgaben grundsätzlich übertragbar. Eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung der entstandenen Vor- und Nachteile ist nach Auffassung des Senats daher gerechtfertigt.
76Im Ergebnis kann trotz der unterbliebenen Aufklärung über den möglichen Anfall der Einkommensteuer im Zusammenhang mit der Übertragung der Gesellschaftsanteile nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass dem Kläger ein auf dieser Pflichtverletzung beruhender erstattungsfähiger Schaden entstanden ist.
772.
78Ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte pflichtwidrig nicht über die steuerlichen Konsequenzen der unbefristeten und uneingeschränkten Angebote auf Rückübertragung der Gesellschaftsanteile beraten hätte. Es ist nicht bewiesen, dass die Beklagte von diesen Angeboten in ihrer konkreten Form Kenntnis gehabt hätte.
79Der als Zeuge vernommene Prozessbevollmächtigte des Klägers, Herr Q, hat zwar bekundet, es sei in Gegenwart von Herrn E auch über die Pläne zur Beurkundung von Rückübertragungsangeboten gesprochen worden. Unklar bleibt aber, ob der genaue Inhalt des Angebots, insbesondere dessen fehlende Befristung und völlige Voraussetzungslosigkeit, zu diesem Zeitpunkt klar ausgesprochen worden sind. In dem Schreiben der Beklagten vom 20.5.2009, das kurz nach der Beauftragung vom 7.5.2009 verfasst wurde, hat die Beklagte sich auf das Gespräch vom 7.5.2009 bezogen und die Vorstellung des Klägers angesprochen, dass eine Rückübertragungsmöglichkeit der Geschäftsanteile zumindest für einen bestimmten Zeitraum in einem Vertragswerk Berücksichtigung finden soll. Daraus lässt sich entnehmen, dass die Beklagten Kenntnis von einer beabsichtigten befristeten Rückübertragungsvereinbarung besessen hat. Eine derart eingeschränkte Rückübertragungsmöglichkeit, wie sie in dem notariellen Vertrag betreffend die Übertragung des Gesellschaftsanteils auf die Schwiegersöhne konkret vereinbart worden ist, hätte allerdings dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nach § 39 AO auf die Schwiegersöhne nicht entgegengestanden. Die Steuerpflichtigkeit der als Entnahme zu bewertenden Übertragung der Gesellschaftsanteile hätte dies nicht berührt, so dass auch keine Belehrung über Voraussetzungen und Folgen des § 39 AO angezeigt war.
80Die Zeugin C2 konnte sich nur daran erinnern, dass mit Herrn E auch über eine Rückübertragung der Anteile gesprochen worden sei, war sich aber schon nicht sicher, ob dies vor oder nach dem Notartermin der Fall war und konnte auch sonst keine näheren Einzelheiten hierzu angeben. Ebenso unkonkret war die Erinnerung des Zeugen C (geb. 1975). Die Zeugen C (geb. 1973) und T waren insoweit unergiebig.
81Selbst wenn der Kläger eine entsprechende Kenntniserlangung der Beklagten ausreichend dargetan oder bewiesen hätte, käme es hierauf mangels eines auf dieser Pflichtverletzung beruhenden Schadens nicht an. Soweit der Kläger behauptet, bei einer Aufklärung über die Folgen des § 39 AO hätte er die Rückübertragungsangebote nicht beurkunden lassen, hat sich eine eventuelle Pflichtverletzung der Beklagten nicht mehr ausgewirkt, da nach dem eigenen Vortrag des Klägers er die Angebote bereits kurz nach Vertragsschluss endgültig abgelehnt hat. Soweit der Kläger weiter behauptet, bei einer Kenntnis hätte er Einspruch gegen die Steuerbescheide einlegen und die Rückübertragungsangebote annehmen können, setzt er sich mit diesem Vortrag bereits in Widerspruch zu seinem vorgenannten Vortrag, er hätte bei ordnungsgemäßer Aufklärung die Rückübertragungsangebote erst gar nicht beurkunden lassen. Der Vortrag ist damit schon unbeachtlich.
82Zum zweiten kann der Kläger jedoch hierauf auch einen Schadensersatzanspruch nicht stützen, da er sich durch seine eigene Handlung, nämlich durch Ablehnung der Angebote, der Möglichkeit zur Einlegung eines auf § 39 AO gestützten Einspruchs selbst begeben hat. Dieser Verzicht war von der Beratungspflicht der Beklagten nicht erfasst. Er soll nach Darstellung des Klägers am 25.7.2009 mündlich und dann angeblich in einem Gesellschafterversammlungsprotokoll vom 27.7.2009 protokolliert worden sein soll, so dass in diesem Zusammenhang eine Pflichtverletzung nicht ersichtlich ist. Unabhängig davon, ob das Landgericht dieses Vorbringen zu Recht zurückweisen durfte oder nicht, ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Beklagte von diesem Verzicht rechtzeitig Kenntnis erlangt hat, um den Kläger über die Folgen des Verzichts beraten zu können.
83Im Jahr 2010 war eine Beratung seitens der Beklagten nicht mehr geschuldet, da das Mandat beendet war. Zudem hatte der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits einen anderen Steuerberater beauftragt.
84Ein Schadensersatzanspruch scheidet auch deshalb aus, weil die vorstehenden Ausführungen zum Vorteilsausgleich infolge der ersparten Sozialversicherungsbeiträge hier entsprechend gelten.
853.
86Der Klageanträge zu 2) auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten sind mangels eines primären Schadensersatzanspruches ebenfalls unbegründet.
87III.
88Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10 Satz 1 und Satz 2, 711 ZPO.
89Die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO ist nicht veranlasst. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil lediglich die Würdigung des Sachvortrags der Parteien in einem Einzelfall in Rede steht. Die für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.
90Der Berufungsstreitwert wird wie folgt festgesetzt:
91Klageantrag zu 1a): 33.013,06 €
92Klageantrag zu 1b): 17.153,00 €
93Klageantrag zu 1c): 3.000,00 €
94Klageanträge zu 2a) und 2c): 5.396,06 €
95Insgesamt: 58.562,06 €.
96Der Klageantrag zu 2b) bleibt als Nebenforderung außer Betracht.
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(1) Wirtschaftsgüter sind dem Eigentümer zuzurechnen.
(2) Abweichend von Absatz 1 gelten die folgenden Vorschriften:
- 1.
Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen. Bei Treuhandverhältnissen sind die Wirtschaftsgüter dem Treugeber, beim Sicherungseigentum dem Sicherungsgeber und beim Eigenbesitz dem Eigenbesitzer zuzurechnen. - 2.
Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, werden den Beteiligten anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist der Verwalter in dem am 10. Mai 2007 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der C. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), die von dem Beklagten steuerlich beraten worden war und von dem Geschäftsführer B. (nachfolgend: Zedent) geleitet wurde.
- 2
- Die Schuldnerin befand sich schon im Jahr 2005 in der Krise. Um den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden, stellte der Zedent der Gesellschaft ein Darlehen über insgesamt 80.000 € zur Verfügung. Hierüber informierte er im Dezember 2005 den Beklagten. Dieser riet ihm, hinsichtlich des Rück- zahlungsanspruchs einen Rangrücktritt zu erklären. Am 26. Januar 2006 besprachen der Zedent und der Beklagte die Bilanz der Schuldnerin für das Jahr 2004. Am selben Tag gab der Zedent die vom Beklagten angeregte Rangrücktrittserklärung ab und erklärte zusätzlich den Rangrücktritt für die Rückgewähr von Sicherheiten, die er in der Vergangenheit der Schuldnerin zur Verfügung gestellt hatte. Die unter dem 6. Februar 2006 erstellte Bilanz der Schuldnerin für das Jahr 2004 wies einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 73.121,63 € aus.
- 3
- Am 29. September 2006 veräußerte der Zedent seine Anteile an der Schuldnerin. Diese stellte am 5. Dezember 2006 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Nach der Verfahrenseröffnung forderte der Kläger den Zedenten auf, wegen Kreditrückführungen auf dem Geschäftskonto der Schuldnerin zwischen dem 26. Januar 2006 und dem 1. September 2006 in Höhe von insgesamt 265.372,03 € Schadensersatz zu leisten, weil dieser die Rückführung des Kredits trotz der Überschuldung der Gesellschaft zugelassen habe. Der Zedent konnte den Betrag nicht zahlen. Er schloss mit dem Kläger am 25. August 2009 einen Vergleich, durch den er unter anderem seine Ansprüche gegen den Beklagten aus steuerlicher Beratung an den Kläger abtrat.
- 4
- Gestützt auf diese Abtretung verlangt der Kläger unter Anrechnung eines hälftigen Mitverschuldens des Zedenten Schadensersatz in Höhe von 132.686,01 €. Er meint, der Beklagte habe es - zuletzt bei der Unterredung am 26. Januar 2006 - schuldhaft unterlassen, auf eine mögliche Überschuldung der Gesellschaft und die Pflicht des Zedenten, die Überschuldung prüfen zu lassen, hinzuweisen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zu der Frage zugelassenen Revision, ob der Geschäftsführer einer GmbH in den Schutzbereich des zwischen der Gesellschaft und dem Steuerbe- rater geschlossenen Beratungsvertrages einbezogen sei, soweit die insolvenzrechtliche Innenhaftung des Geschäftsführers in Rede stehe, verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision des Klägers ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil mehrfach (vgl. DStR 2012, 923; NZG 2012, 504; Stbg 2012, 327; DStRE 2012, 970) veröffentlicht ist, hat gemeint , eine Inanspruchnahme des Beklagten aus abgetretenem Recht scheide aus, weil diesen keine Schadensersatzverpflichtung gegenüber dem Zedenten treffe. Auf einen stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrag könne sich der Kläger nicht stützen. Es habe sich nicht um eine Beratungsleistung gegenüber dem Zedenten, sondern um eine solche gegenüber der GmbH gehandelt. Jedenfalls erschöpften sich die Pflichten des Beklagten in dem erteilten Rat. Eine Verpflichtung zur weiteren Aufklärung des Zedenten könne aus einem solchen Vertrag nicht hergeleitet werden. Der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt , dass der Zedent den Beklagten Ende des Jahres 2005 oder Anfang des Jahres 2006 überhaupt zu einer Einschätzung dazu aufgefordert habe, ob die GmbH überschuldet und aus diesem Grund etwas zu veranlassen sei.
- 7
- Die Voraussetzungen eines Anspruchs des Zedenten aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter seien ebenfalls nicht gegeben. Der Zedent sei nicht in den Schutzbereich des Steuerberatervertrages zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten einbezogen gewesen. Zwar komme eine solche Einbeziehung in Betracht, wenn aufgrund einer fehlerhaften Beratung durch den Steuerberater das Risiko einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme des Geschäftsführers nach §§ 191, 219 AO bestehe oder der Steuerberater wegen unrichtiger Angaben in der Steuererklärung für eine gegen den Geschäftsführer verhängte Geldstrafe wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung haften müsse (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2011 - IX ZR 193/10, ZInsO 2011, 2274). Vorliegend fehle es aber an der Schutzwürdigkeit des Zedenten und der Zumutbarkeit der Haftungserweiterung für den Beklagten, der seine Leistungen vorrangig im Interesse der Gesellschaft zu erbringen habe. Deren Geschäftsführer sei zur eigenverantwortlichen Prüfung der Überschuldung verpflichtet, soweit er Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit entgegen § 64 Abs. 2 GmbHG aF leiste. Dem steuerlichen Berater der Gesellschaft sei das Risiko, für solche Zahlungen haften zu müssen, nicht zumutbar. Es fehle auch an einer Pflichtverletzung des Beklagten. Aus dem Umstand, dass er bei Vorlage der Bilanz für das Jahr 2004 zutreffend über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft informiert und der Zedent auf die Feststellung des Fehlbetrages durch die Abgabe von Rangrücktrittserklärungen reagiert habe, sei zu entnehmen, dass dem Zedenten die Überschuldungssituation bewusst gewesen sei.
II.
- 8
- Die Revision ist zulässig, soweit sie die Haftung der Beklagten wegen Verletzung einer drittschützenden Pflicht bei der steuerlichen Beratung der GmbH erreichen will. Im Übrigen ist sie mangels einer Zulassung unstatthaft und damit unzulässig (§ 543 Abs. 1 ZPO).
- 9
- Das Berufungsgericht hat die Revision beschränkt auf die Frage zugelassen , ob der Geschäftsführer einer GmbH in den Schutzbereich des zwischen der Gesellschaft und dem Steuerberater geschlossenen Beratungsvertrages einbezogen ist, soweit es um die Haftung des Geschäftsführers wegen der Verletzung der Pflicht gemäß § 64 Satz 1 GmbHG (entsprechend § 64 Abs. 2 GmbHG aF) gegenüber der Gesellschaft geht. Dies ergibt sich, was ausreichend ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - VI ZR 273/03, NJW 2004, 3176, 3177; vom 16. September 2009 - VIII ZR 243/08, BGHZ 182, 241 Rn. 11; vom 27. September 2011 - II ZR 221/09, ZIP 2011, 2491 Rn. 18), aus den Urteilsgründen. Die Zulassungsfrage betrifft lediglich einen an den Kläger abgetretenen Anspruch des Zedenten aus einer möglichen Verletzung der drittschützenden Pflichten des mit der Schuldnerin bestehenden Beratervertrages. Ansprüche aus dem von dem Kläger behaupteten Auskunftsvertrag zwischen dem Zedenten und dem Beklagten werden von dieser Frage nicht berührt. Eine Beschränkung der Revisionszulassung auf einen abtrennbaren Teil eines prozessualen Anspruchs ist möglich (BGH, Urteil vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, NJW 2003, 3703; vom 16. September 2009, aaO; vom 12. Mai 2010 - VIII ZR 96/09, NJW 2010, 3015 Rn. 21; Ackermann in Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl. § 543 Rn. 4 f; Hk-ZPO/Kayser/Koch, 5. Aufl., § 543 Rn. 60; MünchKomm -ZPO/Krüger,4. Aufl., § 543 Rn. 35; Musielak/Ball, ZPO, 9. Aufl., § 543 Rn. 11; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 543 Rn. 22).
- 10
- Bezieht sich die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, wie hier auf einen abtrennbaren Teil des Streitstoffs, ist die Zulassungsentscheidung so auszulegen, dass das Berufungsgericht die Revision lediglich beschränkt auf diesen Teil des Streitgegenstands zugelassen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2009 - II ZR 63/08, ZIP 2010, 879 Rn. 4). Deshalb ist die Revision als unzulässig zu verwerfen, soweit sie Ansprüche des Klägers aus einem Beratungsvertrag des Zedenten mit dem Beklagten weiterverfolgt.
III.
- 11
- Im Umfang der Zulassung bleibt die Revision des Klägers ohne Erfolg. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
- 12
- 1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Beklagte aus dem mit der Schuldnerin abgeschlossenen Beratervertrag nicht die Pflicht hatte, die Schuldnerin auf eine möglicherweise bestehende insolvenzrechtliche Überschuldung und die Pflicht des Geschäftsführers, eine Überschuldungsprüfung in Auftrag zu geben, hinzuweisen.
- 13
- a) Der Beklagte hatte für die Schuldnerin seit deren Gründung 2001 fortlaufend die monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen, die Lohnabrechnungen der Mitarbeiter, die Meldungen an das Finanzamt und die Sozialversicherungsträger , die Jahresabschlüsse und die Bilanzen zu fertigen und diese bei den Prüfungen der genannten Stellen zu unterstützen. Diese Tätigkeiten sind nach ihrem Gesamtbild als Wahrnehmung der allgemeinen steuerlichen Interessen des Auftraggebers einzustufen. Im Streitfall hat die Schuldnerin dem Beklagten aber nicht den ausdrücklichen Auftrag erteilt, die GmbH in der Frage des Bestehens einer Insolvenzantragspflicht zu beraten. Die Pflicht zum Hinweis auf die Erforderlichkeit einer Überprüfung der Insolvenzantragsvoraussetzungen ergibt sich aber auch nicht aus der Verletzung einer allgemeinen Vertragspflicht.
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- Welche Aufgaben der Steuerberater zu erfüllen hat, richtet sich nach Inhalt und Umfang des erteilten Mandats (BGH, Urteil vom 4. März 1987 - IVa ZR 222/85, WM 1987, 661, 662; vom 26. Januar 1995 - IX ZR 10/94, BGHZ 128, 358, 361). Der Steuerberater ist verpflichtet, sich mit den steuerrechtlichen Punkten zu befassen, die zur pflichtgemäßen Erledigung des ihm erteilten Auftrags zu beachten sind. Nur in den hierdurch gezogenen Grenzen des Dauermandats hat er den Auftraggeber auch ungefragt über die bei der Bearbeitung auftauchenden steuerrechtlichen Fragen zu belehren (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1966 - VII ZR 132/64, WM 1967, 72, 73; vom 6. Dezember 1979 - VII ZR 19/79, WM 1980, 308, 309; vom 26. Januar 1995, aaO). Zu den vertraglichen Nebenpflichten des Steuerberaters gehört es, den Mandanten vor Schaden zu bewahren (§ 242 BGB) und auf Fehlentscheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urteil vom 7. Mai 1991 - IX ZR 188/90, WM 1991, 1303, 1304; vom 26. Januar 1995, aaO 362; vom 21. Juli 2005 - IX ZR 6/02, WM 2005, 1904, 1905 unter B. I. 1.a; Vill in Zugehör/G.Fischer/ Vill/D.Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rn. 550 ff).
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- b) Gemessen an diesen Grundsätzen war es nicht Aufgabe des mit der allgemeinen steuerlichen Beratung der GmbH beauftragten Beraters, die Gesellschaft bei einer Unterdeckung in der Handelsbilanz darauf hinzuweisen, dass es die Pflicht des Geschäftsführers ist, eine Überprüfung vorzunehmen oder in Auftrag zu geben, ob Insolvenzreife eingetreten ist und gegebenenfalls gemäß § 15a InsO Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt werden muss. Anders als bei einem ausdrücklichen Auftrag zur Prüfung der Insolvenzreife eines Unternehmens (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 9 ff) besteht eine solche Pflicht bei einem allgemeinen steuerrechtlichen Mandat nicht. Sie würde die Verantwortlichkeit des Beraters, sich mit den steuerrechtlichen Angelegenheiten zu befassen, erheblich erweitern. Der Berater müsste dann trotz der Beschränkung seiner Hauptpflichten auf die steuerrechtliche Beratung (vgl. § 33 StBerG und BGH, Urteil vom 14. Juni 2012, aaO Rn. 10 f) auch die allgemeine wirtschaftsrechtliche Beratung, zu der die Prüfung des Vorliegens von Insolvenzgründen zu zählen ist, im Blick haben und der Gesellschaft neben steuerrechtlichen Ratschlägen ohne besonderen Auftrag auch insolvenz- und gesellschaftsrechtliche Hinweise erteilen.
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- c) Die Unterdeckung in der im Rahmen des Steuerberaters erstellten Bilanz kann zwar einen indiziellen Hinweis auf die möglicherweise drohende oder bereits eingetretene Überschuldung geben, sie weist diese aber nicht aus (Pape, in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2010, § 19 Rn. 53; Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 19 Rn. 10). Festgestellt werden kann die Überschuldung im Sinne des § 19 Abs. 2 InsO nur durch Aufstellung einer Überschuldungsbilanz, die anderen Gesetzmäßigkeiten unterliegt als die vom Steuerberater zu fertigende Bilanz. Die insolvenzrechtliche Überschuldung ist deshalb aus der Handelsbilanz auch nicht ohne weiteres zu entnehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2008 - II ZR 51/07, ZInsO 2008, 1019 Rn. 8; vom 8. März 2012 - IX ZR 102/11, ZInsO 2012, 732 Rn. 5 mwN).
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- aa) Im Hinblick auf die rechtlich komplexe Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Überschuldung im Sinne des § 19 InsO vorliegt (vgl. HmbKomm -InsO/Schröder, 4. Aufl., § 19 Rn. 12 ff; MünchKomm-InsO/Drukarcyk/ Schüler, 2. Aufl., § 19 Rn. 52 ff; Pape, aaO Rn. 34 ff; Sikora in Pape/Uhländer, InsO, § 19 Rn. 9 ff; Uhlenbruck, aaO Rn. 28 ff), hätte sich der Steuerberater mit schwierigen Rechtsfragen zu befassen, die für ihn - auch im Fall der Feststellung einer Unterdeckung in der Handelsbilanz - in aller Regel nicht offen zutage liegen. Ihm kann deshalb nicht die Pflicht auferlegt werden, auf bloßen äußeren Verdacht hin den Hinweis zu erteilen, die Gesellschaft sei möglicherweise überschuldet im Sinne des § 19 InsO, oder ohne konkreten Auftrag zunächst eine Fortführungsprognose zu erstellen (vgl. Pape, aaO Rn. 37 ff; Sikora aaO Rn. 16 ff) und sodann - je nach Ergebnis dieser Prognose - eine Prüfung der rechnerischen Überschuldung nach Fortführungs- oder Zerschlagungswerten (vgl. Pape, aaO Rn. 52 ff; Sikora aaO Rn. 28 ff) vorzunehmen.
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- Die Erkenntnis der Überschuldung setzt vielmehr voraus, dass weitere Untersuchungen - etwa hinsichtlich des Vorhandenseins von stillen Reserven und der bestehenden Fortführungsaussichten - angestellt werden, die für den Steuerberater nicht ohne weiteres aus dessen Kenntnis der steuerlichen Situation des Unternehmens folgen. So sind bei der Erstellung der Fortführungsprognose des § 19 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz InsO, die nach der Aufhebung des § 6 Abs. 3 FMStG durch Art. 18 des Gesetzes zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2418) auf Dauer ausreicht, um eine rechnerische Überschuldung zu überwinden (vgl. Pape, aaO Rn. 34), subjektive und prognostische Elemente zu berücksichtigen, die sich dem Steuerberater im Rahmen seines allgemeinen Mandats nicht ohne weiteres erschließen. Ob Fortführungswilligkeit der Beteiligten besteht, ein umsetzbarer Finanzplan gegeben ist und ein schlüssiges und realisierbares Unternehmenskonzept für die Zukunft vorliegt (vgl. Pape, aaO Rn. 37 ff), kann der Steuerberater den Erkenntnissen, die er bei Wahrnehmung des allgemeinen Mandats gewinnt, nicht entnehmen. Für ihn wird nur die bilanzielle Überschuldung offenbar, die nicht einmal aus- reicht, um eine rechnerische Überschuldung im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz InsO erkennbar zu machen.
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- bb) Die im Schrifttum mehrheitlich und vereinzelt auch in der Rechtsprechung vertretene Auffassung, der Steuerberater habe im Rahmen seiner Vertragspflichten zur Beratung und Schadensverhütung kraft seines überlegenen Wissens den Geschäftsführer einer GmbH darüber aufzuklären, dass er verpflichtet sei, zur Klärung der Insolvenzreife eine Überschuldungsbilanz aufzustellen und bei Feststellung der Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft fristgerecht zu beantragen, wenn Überschuldung der Gesellschaft gemäß § 19 Abs. 2 InsO unmittelbar drohe oder bereits eingetreten sei (vgl. LG Wuppertal, ZInsO 2011, 1997, 1998 f; LG Saarbrücken, ZInsO 2012, 330, 337; Hölzle, DStR 2003, 2075; Gräfe, DStR 2010, 618 ff; Mutschler, DStR 2012, 539, 540; Reck, ZInsO 2000, 121, 122; Schmittmann, StuB 2009, 696; Sundermeier/Gruber, DStR 2000, 929; Wagner/ Zabel, NZI 2008, 660; Zugehör, NZI 2008, 652, 653; K. Schmidt in Schmidt/ Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 4. Aufl., Rn. 1.182; Gräfe in Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 4. Aufl., Rn. 291 Stichwort : Überschuldung), ist mit der Beschränkung der Pflichten des Steuerberaters auf die steuerliche Beratung bei einem allgemeinen steuerrechtlichen Mandat nicht in Übereinstimmung zu bringen. Auch aus der vertraglichen Nebenpflicht , den Mandanten vor Schaden zu bewahren, ergibt sich nicht die Verpflichtung des Steuerberaters, auf einen möglicherweise bestehenden Anlass zur Prüfung der Insolvenzreife hinzuweisen. Die Annahme, den Steuerberater treffe eine Hinweispflicht kraft seines überlegenen Wissens (vgl. Mutschler, aaO) oder seiner besonderen Autorität (vgl. K. Schmidt, aaO), ist nicht gerechtfertigt. Ein überlegenes Wissen im Hinblick auf eine drohende Überschuldung des Unternehmens im Fall einer bilanziellen Überschuldung hat der Steuerbera- ter durch seine Aufgabe, Jahresabschlüsse zu fertigen, nicht. Sein Wissen steht vielmehr hinter dem des Geschäftsführers zurück, der nicht nur die reinen Zahlen kennt, sondern auch die für eine Fortführungsprognose maßgeblichen weiteren Umstände. Der Geschäftsführer muss beurteilen, ob er das Unternehmen in seiner bisherigen Form fortführen kann. Dass der äußere Anlass für eine Überschuldungsprüfung gegeben ist, kann er ohne weiteres aus der Handelsbilanz , vorausgesetzt diese ist zutreffend erstellt, entnehmen, wenn diese eine Unterdeckung aufweist. Eine - möglicherweise auch drittschützende - Haftung des Steuerberaters für einen Insolvenzverschleppungsschaden kann deshalb nur eintreten, wenn dieser ausdrücklich mit der Prüfung der Insolvenzreife eines Unternehmens beauftragt ist (BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 9 ff).
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- Dem Steuerberater ist aufgrund der Erstreckung seines Berufsbildes gemäß § 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG auf "eine wirtschaftsberatende, gutachtliche oder treuhänderische Tätigkeit sowie die Erteilung von Bescheinigungen über die Beachtung steuerrechtlicher Vorschriften in Vermögensübersichten und Erfolgsrechnungen" grundsätzlich gestattet, entsprechende Aufgaben wahrzunehmen , wenn er den Auftrag dazu hat (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2012, aaO Rn. 10). Ein Konflikt zu § 5 Abs. 1 RDG tritt nicht ein, denn die Insolvenzund die Sanierungsberatung gehört als Nebenleistung zum Berufsbild des Steuerberaters/Wirtschaftsprüfers (Gräfe, DStR 2010, 618, 619). Deshalb ist diese berufsrechtlich zulässige Sonderberatung aber noch nicht Inhalt jedes steuerlichen Dauermandats.
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- Zutreffend sind die Entscheidungen und Literaturmeinungen, die eine Hinweis- und Warnpflicht des Steuerberaters auf die Pflichten bei möglicher Insolvenzreife im Falle eines allgemeinen Mandats ablehnen (vgl. OLG Celle, ZInsO 2011, 1004; ZIP 2012, 2353; OLG Schleswig, GI 1993, 373, 378 f; LG Koblenz, DStRE 2010, 647 ff; Hoth, ZInsO 2011, 1009; Farr, Die Besteuerung in der Insolvenz, Rn. 101). Es ist originäre Aufgabe des Geschäftsführers, die Zahlungsfähigkeit und eine etwaige Überschuldung des von ihm geleiteten Unternehmens im Auge zu behalten und auf eventuelle Anzeichen für eine Insolvenzreife zu reagieren (OLG Celle, ZInsO 2011, 1004, 1005). Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verpflichtet, für eine Organisation zu sorgen , die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht ; verfügt er selbst nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse, muss er sich gegebenenfalls fachkundig beraten lassen (BGH, Urteil vom 6. Juni 1994 - II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 199; vom 20. Februar 1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560, 561; vom 14. Mai 2007 - II ZR 48/06, ZInsO 2007, 660 Rn. 16; vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZInsO 2012, 1177, Rn. 15; vom 19. Juni 2012 - II ZR 243/11, ZInsO 2012, 1536 Rn. 11). Weist die Handelsbilanz der Gesellschaft eine Überschuldung aus, hat er nach diesen Grundsätzen eine Überschuldungsprüfung selbst vorzunehmen oder gesondert in Auftrag zu geben. Auf den Steuerberater der Gesellschaft, den im Rahmen eines allgemeinen Mandats die Pflicht zur steuerlichen Beratung der Gesellschaft trifft, kann er diese Aufgabe nicht ohne besonderen Auftrag abwälzen.
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- d) Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Februar 1987 (IVa ZR 232/85, GmbHR 1987, 463), demzufolge ein Steuerberater aus positiver Vertragsverletzung wegen verspäteter Stellung eines Konkursantrags wegen Überschuldung zum Schadensersatz verpflichtet sein kann, steht dieser Entscheidung nicht entgegen. In dem Verfahren aus dem Jahre 1987 ging es nicht um eine Schadensersatzpflicht des Beraters wegen des unterlassenen Hinweises auf eine möglicherweise bestehende Insolvenzantragspflicht. Dort war Grund für die Haftung des Steuerberaters vielmehr die fehlerhafte Erstellung der Bilanz , welche die bestehende rechnerische Überschuldung nicht erkennen ließ. Der Beratungsfehler lag mithin nicht in einer unterlassenen Warnung von einer möglicherweise bestehenden Insolvenzreife, sondern in der Schlechterfüllung des Auftrags, die Bilanz anzufertigen. Auf dieser fehlerhaften Grundlage konnte auch der Geschäftsführer der Auftraggeberin keine sachgerechten Entschließungen fassen.
- 23
- e) Soweit der Beklagte dem Zedenten im Dezember 2005 auf Nachfrage den Rat erteilt hat, hinsichtlich der Rückzahlung des der Schuldnerin zur Verfügung gestellten Kredits eine Rangrücktrittserklärung abzugeben und der Zedent diesem Rat im Januar 2006 gefolgt ist, kann hieraus eine Haftung des Beklagten nicht abgeleitet werden. Die Empfehlung, eine entsprechende Erklärung abzugeben, welcher der Zedent ohne nähere Erkundigung nach deren Sinn und Zweck gefolgt sein will, war richtig; Rangrücktritte werden typischerweise im Zusammenhang mit einer drohenden Insolvenz zur Abwendung einer rechnerischen Überschuldung vorgenommen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 273). Der Rücktritt war unter Umständen geeignet die bestehende Unterkapitalisierung zu beseitigen. Dass der Beklagte den Zedenten mit seiner Empfehlung in die Irre geführt und bei diesem die fehlerhafte Vorstellung hervorgerufen habe, er brauche sich um die Frage der Überschuldung nicht mehr zu kümmern, weil mit der Abgabe der Erklärungen am 26. Januar 2006 alles getan sei, um der Pflicht zur Überprüfung der möglicherweise gegebenen Insolvenzreife der Schuldnerin zu genügen, hat der Kläger selbst nicht vorgetragen. Dieser stützt seine Klage vielmehr auf die Behauptung , der Beklagte habe es gänzlich unterlassen, den Zedenten auf die bestehende Insolvenzgefahr aufmerksam zu machen. Der Vorwurf, der Beklagte ha- be außerhalb der Grenzen seines Mandats die Verletzung der Insolvenzantragspflicht durch den Zedenten verursacht, weil er diesem fälschlich den Eindruck vermittelt habe, der sich aus der Bilanz für das Jahr 2004 ergebende Anlass , eine Überschuldungsprüfung vorzunehmen, habe sich erledigt, kann dem Beklagten nicht gemacht werden. Dieser Anlass bestand nach dem eigenen Vorbringen des Klägers ungeachtet der erklärten Rangrücktritte weiter.
- 24
- 2. Eine Einbeziehung des Zedenten in den Schutzbereich des Steuerberatervertrages zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten, die zur Entstehung abtretbarer Ansprüche aus Beratungsverschulden im Zusammenhang mit einer Insolvenzverschleppungshaftung führen könnten, kommt nicht in Betracht.
- 25
- a) Ein Dritter kann dann in den Schutzbereich vertraglicher Pflichten einbezogen sein, wenn der geschützte Dritte mit der Hauptleistung des Schutzpflichtigen bestimmungsgemäß in Berührung kommt, zu dieser Leistungsnähe ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrags hinzutritt und dem Schutzpflichtigen die Einbeziehung Dritter in sein vertragliches Haftungsrisiko erkennbar ist. Außerdem muss der Dritte für diese Haftungserstreckung selbst schutzwürdig sein (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1996 - X ZR 104/94, BGHZ 133, 168, 173; vom 7. Mai 2009 - III ZR 277/08, BGHZ 181, 12 Rn. 17; vom 13. Oktober 2011 - IX ZR 193/10, ZInsO 2011, 2274 Rn. 6). Schutzwirkungen zugunsten Dritter werden insbesondere bei solchen Verträgen angenommen, mit denen der Auftraggeber von einer Person, die über eine besondere, vom Staat anerkannte Sachkunde verfügt (z.B. öffentlich bestellter Sachverständiger, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater ), ein Gutachten oder eine gutachtliche Äußerung bestellt, um davon gegenüber einem Dritten Gebrauch zu machen (BGH, Urteil vom 2. April 1998 - III ZR 245/96, BGHZ 138, 257, 260 f; vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 18).
- 26
- b) Eine Einbeziehung des Geschäftsführers in den Schutzbereich des Vertrags zwischen der Gesellschaft und dem Steuerberater kann hiernach zwar nicht generell verneint werden. Der Geschäftsführer kommt bestimmungsgemäß mit dem Vertrag in Berührung und für den Steuerberater, bei dem es sich grundsätzlich um eine Person handelt, die über eine besondere, vom Staat anerkannte Sachkunde verfügt, ist ohne weiteres erkennbar, dass die Prüfung der Überschuldung für den Geschäftsführer rechtliche Wirkungen hat (zur Einbeziehung des Geschäftsführers in den ausdrücklichen Prüfauftrag des Steuerberaters vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2012, aaO Rn. 27 ff).
- 27
- Vorliegend fehlt aber schon eine Hinweis- und Warnpflicht des Beraters gegenüber seiner Auftraggeberin, so dass eine Haftung des Beklagten aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bereits daran scheitert, dass den Beklagten aus dem mit der GmbH abgeschlossenen allgemeinen Steuerberatungsvertrag keine Schutzpflichten hinsichtlich der Aufklärung über eine möglicherweise bestehende Insolvenzantragspflicht treffen. Dies ergibt die Auslegung der vertraglichen Pflichten, die den Steuerberater aus einem allgemeinen steuerrechtlichen Beratungsmandat treffen. Die drittschützenden Pflichten aus einem solchen Vertrag können nicht weiter reichen als die dem Berater gegenüber seiner eigentlichen Vertragspartei obliegenden Warn- und Hinweispflichten. Der Dritte, der selbst keine vertraglichen Beziehungen zu dem Berater hat, kann nicht erwarten, dass dieser ihn über Gefahren und mögliche Risiken aufklärt , auf die er im Rahmen seines allgemeinen Mandats nicht hinzuweisen hat. Diese Pflichtenlage ist nur dann anders zu beurteilen, wenn der Berater ausdrücklich damit beauftragt ist, eine Überprüfung der Insolvenzreife vorzuneh- men, denn hier wird die Feststellung, ob ein Insolvenzgrund vorliegt oder auszuschließen ist, dem Auftraggeber schon bei Erfüllung der Hauptpflicht geschuldet.
- 28
- c) Die vom Berufungsgericht in den Vordergrund gestellte Belehrungsbedürftigkeit der Auftraggeberin, von welcher der Berater grundsätzlich auch dann auszugehen hat, wenn es um die Beratung einer rechtlich und wirtschaftlich erfahrenen Person geht, die möglicherweise auch selbst über einschlägige Kenntnisse verfügt (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2010 - IX ZR 189/09, WM 2010, 993 Rn. 14; vom 14. Juni 2012, aaO Rn. 37, jeweils mwN), begründet die Haftung des Beklagten nicht. Nur wenn die insolvenz- und gesellschaftsrechtliche Beratung als Haupt- oder Nebenaufgaben zum Vertragsinhalt des Steuerberaters gehört, kann mit einem Teil der Rechtsprechung erwogen werden, ob eine Hinweispflicht des Beraters dann entfällt, wenn der Geschäftsführer sich der bestehenden Insolvenzgefahr bereits bewusst ist (vgl. OLG Celle, ZInsO 2011, 1004; ZIP 2012, 2353; OLG Schleswig, GI 1993, 373, 381 f, bestätigt durch BGH, Beschluss vom 24. Februar 1994 - IX ZR 126/93, unveröffentlicht; LG Koblenz, DStRE 2010, 647 f).
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 10.08.2011 - 8 O 551/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 23.02.2012 - 8 U 45/11 -
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Wirtschaftsgüter sind dem Eigentümer zuzurechnen.
(2) Abweichend von Absatz 1 gelten die folgenden Vorschriften:
- 1.
Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen. Bei Treuhandverhältnissen sind die Wirtschaftsgüter dem Treugeber, beim Sicherungseigentum dem Sicherungsgeber und beim Eigenbesitz dem Eigenbesitzer zuzurechnen. - 2.
Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, werden den Beteiligten anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.