Oberlandesgericht Köln Urteil, 14. Jan. 2016 - 24 U 24/15
Gericht
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 8. Januar 2015 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 22 O 289/14 – abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Berufung des Klägers gegen das am 8. Januar 2015 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 22 O 289/14 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Der Kläger nimmt die Beklagte aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau wegen angeblicher Falschberatung bei Erwerb einer Beteiligung an dem „N N2 Nr. X GmbH & Co. KG“ im Nennwert von 15.000,00 € zzgl. 750,00 € Agio am 12.03.2007 sowie an dem „N N2 Nr. X GmbH & Co. KG“ im Nennwert von 50.000,00 € zzgl. 2.500 € Agio am 29.10.2007 auf Schadensersatz in Anspruch. Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
4Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 15.750,00 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe wegen der am 12.03.2007 getätigten Anlage ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu. Die Beratung sei nicht objektgerecht gewesen. Der Zeuge C habe dem Kläger zwar nach seinen glaubhaften Bekundungen den Prospekt übergeben, in dem auf das Totalverlustrisiko hingewiesen werde. Die dortigen Risikohinweise habe der Zeuge jedoch in unzutreffender Weise entwertet, indem er erklärt habe, dass im Hinblick auf hinterlegte Landesgarantien bei diesem Fonds ein deutliches Maß an Sicherheit gegeben sei. Eine derartige Sicherheit sei im Prospekt aber nicht aufgeführt und tatsächlich auch nicht vorhanden. Der Schadensersatzanspruch sei auch nicht verjährt. Entgangenen Zinsgewinn könne der Kläger nicht beanspruchen, da sein Vortrag insoweit nicht hinreichend substantiiert sei. Die weitergehende Klage sei unbegründet. Hinsichtlich der Anlage vom 29.10.2007 stünden dem Kläger keine Ansprüche auf Schadensersatz gegenüber der Beklagten zu. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass die Anlage zur Absicherung des Lebensabends habe dienen sollen. Die Beratung durch den Zeugen C sei zutreffend gewesen. Der Prospekt enthalte deutliche Risikohinweise, ferner den Hinweis, dass jede Investition anteilig durch eine Landesgarantie oder eine vergleichbare Sicherheit gesichert werde. Insoweit seien die Angaben des Zeugen, dass im Hinblick auf hinterlegte Landesgarantien bei diesem Fonds ein deutliches Maß an Sicherheit gegeben sei, zutreffend gewesen. Sonstige konkrete Aufklärungsfehler würden von dem Kläger nicht gerügt.
5Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 08.01.2015 und denjenigen des Klägers am 13.01.2015 zugestellte Urteil haben die Beklagte mit am 23.01.2015 und der Kläger mit am 06.02.2015 bei dem Oberlandesgericht Köln eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsfrist ist für beide Parteien jeweils um einen Monat verlängert worden. Die Berufungsbegründung der Beklagten ist am 02.04.2015 bei Gericht eingegangen. Der Kläger hat seine Berufung mit am 13.04.2015 eingegangenem Schriftsatz begründet.
6Die Beklagte erstrebt die vollständige Klageabweisung und trägt zur Begründung vor: Der Kläger selbst habe nicht behauptet, dass die anteiligen Landesgarantien hinsichtlich der N N2 Nr. X GmbH & Co. KG nicht vorgelegen hätten. Dies habe das Landgericht sachlich unzutreffend deshalb unterstellt, weil die Landesgarantien im Prospekt nicht ausdrücklich erwähnt worden seien. Tatsächlich habe es auch bei der N N2 Nr. X GmbH & Co. KG entsprechende Landesgarantien gegeben.
7Die Beklagte beantragt sinngemäß,
81. unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen;
92. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
10Der Kläger beantragt sinngemäß,
111. unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, weitere 50.000,00 € nebst 4,11 % Zinsen seit dem 29.10.2007 bis zur Klagezustellung sowie danach nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligung mit der Nr. XXXX über den Nominalwert von 50.000,00 € an der N N2-Nr. X GmbH & Co. KG.
122. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
13Der Kläger macht geltend:
14Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass er nicht nachgewiesen habe, dass die Anlage der Altersabsicherung habe dienen sollen. Das Gegenteil ergebe sich aus der von der Beklagten vorgelegten Anlage A2. Auch aus dem Anlegerprofil lasse sich entnehmen, dass er sicherheitsbewusst gewesen sei und keine übertriebenen Risiken habe eingehen wollen. Angesichts dessen habe die Beklagte nicht davon ausgehen können, dass er ein risikobereiter Anleger sei, der sein Geld bedenkenlos in gesellschaftsrechtliche Beteiligungen anlege, die nicht nur ein Totalverlustrisiko, sondern auch das Risiko von Nachforderungen mit sich bringen würden. Es sei zwar richtig, dass er auch Fondsanlagen der Risikoklasse 6 erworben habe. Die handschriftliche Zuordnung sei allerdings erst später im Rahmen des Prozesses bei der Beklagten entstanden, er habe sie nicht gekannt. Der Zeuge C habe keine Angaben zu seiner Risikobereitschaft gemacht. Soweit er behauptet habe, die Anlage in den zuvor vermittelten G W sei eine unternehmerische Beteiligung, werde dies bestritten; jedenfalls sei es ihm – dem Kläger – nicht bekannt gewesen. Diesen Fonds habe er nur erworben, weil der Zeuge C erklärt habe, die gesamte, von ihm gezeichnete Beteiligungssumme sei durch die Versicherung bei der D M abgesichert.
15Die Beratung durch den Zeugen C sei auch falsch gewesen. Dieser habe eingeräumt, über das Risiko eines Totalverlusts nicht beraten zu haben, sondern erklärt zu haben, er halte das Produkt für wesentlich besser, als alles andere, was damals auf dem Markt verfügbar gewesen sei. Dies bedeute, dass die streitgegenständliche Anlage bei einer Abwägung aller Aspekte wie Rendite, Sicherheit, Verfügbarkeit etc. besser gewesen sei. Das sei falsch und habe ihm – dem Kläger – in Zusammenhang mit der weiteren Erklärung des Zeugen, dass die Anlage aus dessen Sicht sicher gewesen sei, eine nicht vorhandene Sicherheit vorgegaukelt. Der Prospekt habe keine ordnungsgemäße Beratung ersetzen können, weil er ihm nicht rechtzeitig übergeben worden sei. Er könne ihm – dem Kläger – erst am 26.10.2007 vorgelegen haben. Auch der Prospekt kläre nicht zutreffend auf, weil er mit der Sicherheit der Anlage durch entsprechende Landesgarantien werbe. Damit werde der Eindruck erweckt, dass die Garantie der jeweiligen Bundesländer den Totalverlust verhindere.
16Die Ausführungen des Landgerichts hinsichtlich des mit den Zinsen geltend gemachten entgangenen Gewinns seien nicht nachvollziehbar. Die Beklagte habe lediglich bestritten, dass er das Geld zu dem angegebenen Zinssatz hätte anlegen können, nicht aber die behauptete Anlageabsicht. Jedenfalls habe das Gericht schätzen müssen.
17Der Senat hat Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 27. August 2015 in Verbindung mit dem Beweisbeschluss vom 20. Oktober 2015 durch Vernehmung der Zeugen S und Dr. C2. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17. Dezember 2015 Bezug genommen.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
19II.
20Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Diejenige der Beklagten ist begründet und führt dazu, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird.
211.
22Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zu.
23a.
24Das Landgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen ist.
25Einen Anlageberater zieht der Kapitalanleger im Allgemeinen hinzu, wenn er selbst keine ausreichenden, wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge hat, so dass er auch nicht in der Lage ist, sich selbst Beurteilungsgrundlagen zu verschaffen und diese richtig einzuordnen. Vom Berater erwartet er sowohl die Mitteilung von Tatsachen als auch deren fachkundige Bewertung (BGH NJW 1982, 1095; NJW-RR 1993, 1114).
26Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Vertragsverhältnis der Parteien als Anlageberatungsvertrag zu bewerten.
27Die Beklagte selbst hat erstinstanzlich eine Beratungssituation vorgetragen, indem sie ausgeführt hat, der Kläger habe sich erstmalig am 03.02.2005 telefonisch gemeldet und Interesse an einer Anlageberatung bekundet. Absprachegemäß habe der Zeuge C die bei der Beklagten im Vorfeld einer solchen Beratung übliche Finanzanalyse übermittelt, die der Kläger ausgefüllt habe, ferner ein Formular „Ermittlung Ihres persönlichen Riskoprofils“. In der Folge sei es ab 2005 zu verschiedenen Investitionen gekommen. Im Frühjahr 2007 habe der Kläger wiederum nachinvestieren wollen; der Zeuge C habe wiederum entsprechende Vorschläge hierzu unterbreitet, wozu auch die Beteiligung an der „N N2 Nr. X GmbH & Co. KG“ gehört habe. Die Beklagte habe sich um eine intensive und außerordentlich gewissenhafte Ermittlung des Risikoprofils des Klägers, seiner persönlichen Lebenssituation, seiner Ziele und Wünsche bemüht und auf dieser Grundlage bestimmte – geeignete – Anlageformen empfohlen. Eine solche Empfehlung enthält eine zumindest fachkundig erscheinende Bewertung, die für die Begründung eines Anlageberatungsvertrages ausreicht. Auch der Zeuge C hat bekundet, man habe „auf eine ordnungsgemäße Beratung geachtet“. Er habe die Familie T „telefonisch beraten“.
28b.
29Als unabhängiger, individueller Berater, dem weitreichendes Vertrauen entgegengebracht wird, muss ein Anlageberater den von ihm betreuten Kapitalanleger besonders differenziert und fundiert beraten (BGH NJW 1982, 1095) und ihm ein für seine Beitrittsentscheidung zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermitteln. Dazu hat er ihn über alle Umstände, die für dessen Anlageentschluss von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken, zutreffend, verständlich und vollständig aufzuklären (BGH, NZG 2014, 904). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist insoweit anerkannt, dass es als Mittel der Aufklärung genügen kann, wenn dem Anlageinteressenten statt einer mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbahnungsgesprächs ein Prospekt über die Kapitalanlage überreicht wird, sofern dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss V wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann. Darlegungs- und beweisbelastet für eine nicht rechtzeitige Prospektübergabe ist der Anleger (BGH BKR 2010, 118 ff.; NZG 2014, 904), die sekundäre Darlegungslast für eine rechtzeitige Übergabe – wie überhaupt für eine ausreichende Aufklärung (BGH, Urt. v. 05.05.2011, III ZR 84/10, GWR 2011, 288, juris Rn 17) – trifft jedoch den Berater (vgl. OLG Brandenburg, 4 U 196/10, juris Rn. 92 f.). Vermittelt der Prospekt hinreichende Aufklärung, ist dies allerdings selbstverständlich kein Freibrief für den Berater oder Vermittler, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit seinen Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise im Prospekt entwertet oder für die Entscheidung des Anlegers mindert (BGH, Urt. v. 19.11.2009, III ZR 169/08, BKR 2010, 118 ff., juris Rn. 24). Von diesen Grundsätzen ausgehend fällt der Beklagten keine Pflichtverletzung zur Last.
30aa.
31Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er auf ein Totalverlustrisiko nicht hingewiesen worden sei.
32aaa.
33Der Prospekt zu der N N2 Nr. X GmbH & Co. KG klärt auf S. 1 darüber auf, dass die Beteiligung eine unternehmerische Investition darstellt, die neben Chancen auch Risiken enthält, welche im ungünstigsten Fall zum Totalverlust der Anlage führen können. Die Beklagte hatte bereits erstinstanzlich vorgetragen, der Kläger habe diesen Prospekt im Anschluss an das Beratungsgespräch erhalten. Dies hat der Kläger erstinstanzlich nicht bestritten. Soweit er nunmehr im Berufungsverfahren in Abrede stellt, dass der Prospekt vor der Zeichnung übergeben worden sei, ist dieses Vorbringen nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Dass der Kläger den Prospekt nicht rechtzeitig erhalten hätte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung (dort S. 5, GA 102) einen Prospekterhalt in Abrede gestellt hat, bezieht sich dies allein auf den Prospekt der N N2 Nr. X GmbH & Co. KG, wie aus dem Umstand hervorgeht, dass der Vortrag ein Geschehen im Oktober 2007 betrifft, also einen Zeitpunkt, nachdem der Kläger die Beteiligung an der N N2 Nr. X GmbH & Co. KG bereits gezeichnet hatte.
34bbb.
35Der Prospekt zur N N2 Nr. X GmbH & Co. KG klärt ebenfalls - hier auf S. 9 - darüber auf, dass die „nachstehend genannten Risikofaktoren nicht nur einzeln, sondern auch kumuliert auftreten“ und dies dazu führen könne, dass die prospektierten Erwartungen nicht erfüllt werden, bis hin zum Totalverlust. Trotz der Absicherung durch eine Landesgarantie bestehe ein theoretisches Totalverlustrisiko. Gerade der letzte Hinweis zeigt, dass die Landesgarantien den Totalverlust nicht ausschließen, selbst wenn diese Möglichkeit nur für den Fall in Betracht gezogen wird, „dass sämtliche Investitionen insolvent werden und in allen Fällen fahrlässig Vorschriften der Garantierichtlinien verletzt werden“. Dass diese Angaben falsch waren, macht der Kläger nicht konkret geltend.
36Auch in Bezug auf die N N2 Nr. 3 GmbH & Co. KG ist von einer rechtzeitigen Prospektübergabe auszugehen.
37Eine feste zeitliche Grenze gibt es insoweit nicht. Der Bundesgerichtshof hat es als ausreichend angesehen, wenn dem Interessenten der Prospekt 2 Wochen vor dem Zeichnungstermin übergeben worden ist (BGH BeckRS 2007, 12155, Rn. 9). Der Zeitraum von 2 Wochen wird zwar vorliegend unterschritten. Die von der Beklagten erstinstanzlich unbestritten vorgetragene (Klageerwiderung S. 5, GA 33) Prospektübergabe kann nur per Post erfolgt sein. Wie sich aus der Gesprächsnotiz Anlage A 16 ergibt, hat es sich bei der Beratung vom 24.10.2007, welche der Zeichnung vorausgegangen ist, um ein Telefonat gehandelt. Dementsprechend hat auch der Zeuge C im Rahmen seiner Vernehmung durch das Landgericht bekundet, er habe den Kläger telefonisch beraten, anschließend habe er ihm den Prospekt übersandt. Soweit der Kläger dies in erstmals in der Berufungsbegründung (dort S. 5, GA 102) bestreitet, kann sein Vorbringen nach § 531 Abs. 2 ZPO keine Berücksichtigung mehr finden. Die Beitrittserklärung haben der Kläger und seine Ehefrau bereits am 29.10.2007 unterzeichnet.
38In der Rechtsprechung sind aber auch kürzere Zeitspannen als zwei Wochen zwischen der Übergabe des Prospekts und der Zeichnung der Beteiligung als ausreichend erachtet worden, wenn der Interessent hinreichend Zeit zur Lektüre des Prospekts hatte, er den Zeitpunkt der Zeichnung jedoch ohne zwingenden Grund selbst kurzfristig bestimmte und keine Situation vorlag, bei der durch die Beratungssituation selbst oder durch eine unausgesprochen im Raum stehende Erwartung, sich schnell entscheiden zu sollen oder zu müssen, für den Interessenten Anlass bestanden hätte, von der Möglichkeit der umfassenden Information anhand des Fondsprospekts abzusehen (OLG Frankfurt BeckRS 2011, 17456). So verhält es sich auch im Streitfall. Der Kläger und seine Ehefrau hatten es selbst in der Hand, wann sie die Beteiligung nach Erhalt des Prospekts zeichneten.
39bb.
40Die gegebenen Hinweise hat der Zeuge C auch nicht in unzulässiger Weise relativiert.
41Der Kläger bemängelt in diesem Zusammenhang, der Zeuge C habe die Beteiligung als absolut sicher bezeichnet, weil schließlich eine Bürgschaft der Landesbank NRW bestehe.
42aaa.
43Dass der Zeuge C die Anlage als absolut sicher angepriesen hat, hat die vom Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme indes nicht ergeben. Vielmehr hat der Zeuge bekundet, er habe sicherlich nicht erklärt, dass er die beiden Produkte für „absolut sicher“ halte.
44Der Zeuge hat zwar weiter, wie der Kläger in der Berufungsbegründung zutreffend ausführt, ausgesagt, er habe sicherlich angegeben, dass er die beiden Produkte für wesentlich besser halte, als alles andere, was damals auf dem Markt verfügbar gewesen sei. Anders als der Kläger meint, ergibt sich hieraus jedoch nicht, dass der Zeuge die Anlage als „besser bei einer Abwägung aller Aspekte wie Rendite, Sicherheit, Verfügbarkeit etc.“ bewertet hat. Es bleibt vielmehr offen, welche Kriterien der Zeuge in den Vergleich mit einbezogen hat. Im Übrigen kann eine Investition auch dann als „besser“ als eine andere Anlage gewertet werden, wenn sie etwa nicht ebenso sicher ist, aber höhere Renditen verspricht.
45bbb.
46Soweit der Zeuge C bekundet hat, er habe darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf hinterlegte Landesgarantien ein deutliches Maß an Sicherheit bei diesen Fonds gegeben sei und dies nach seiner Erinnerung bei beiden Fonds der Fall gewesen, weshalb er insoweit nicht zwischen den einzelnen N-Fonds unterschieden habe, war diese Äußerung nach der von dem Senat ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme nicht unrichtig.
47(1)
48Die Annahme des Landgericht, der Zeuge habe in Bezug auf die N N2 Nr. X GmbH & Co. KG falsche Angaben gemacht habe, weil deren Prospekt keinerlei Hinweise auf eine angebliche Absicherung durch Landesgarantien enthalte, war vor dem Hintergrund, dass im Prospekt unter Ziffer 14 ausdrücklich ausgeführt wird, für die angebotenen Vermögensanlagen, der Verzinsung oder Rückzahlung würde von keiner Stelle, insbesondere von keiner juristischen Person oder Gesellschaft, die Gewährleistung übernommen, zwar nachvollziehbar. Wie die Beklagte allerdings im Berufungsverfahren zu Recht rügt, ist erstinstanzlich von keiner Partei vorgetragen worden, die Erklärung des Zeugen C bezüglich der Landesgarantien sei im Hinblick auf die N N2 Nr. X GmbH & Co. KG falsch gewesen. Das Landgericht hätte deshalb nach § 139 Abs. 2 ZPO auf diesen Gesichtspunkt hinweisen müssen, bevor es seine Entscheidung hierauf stützen konnte. Da es dies unterlassen hat, war der Vortrag beider Parteien im Berufungsverfahren zu der Frage, ob auch für die N N2 Nr. X GmbH & Co. KG anteilige Landesgarantien gegeben wurden, nach § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu berücksichtigen.
49(2)
50Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass für die Investitionen der N N2 Nr. X GmbH & Co. KG keine Absicherung in Form von Bürgschaften bzw. Landesgarantien bestanden hat. Der Zeuge Dr. C2, der seinerzeit u.a. Geschäftsführer der Fondsgesellschaft war, hat - im Gegenteil - bekundet, dass eine entsprechende Absicherung zwar ursprünglich noch nicht vorgesehen gewesen sei, weshalb der Prospekt diesbezügliche Angaben auch nicht enthalte. Bei Erwerb der ersten Beteiligung, d.h. der Beteiligung an der D2, sei jedoch eine Landesgarantie gegeben worden und man habe sich überlegt, dies zukünftig immer so zu handhaben. Dies sei dann Geschäftspolitik der Gesellschaft geworden und auch dem Vertrieb mitgeteilt worden. Dementsprechend finde es sich auch im so genannten erweiterten Prospektmaterial wieder. Die Angaben des Zeugen Dr. C2 werden durch diejenigen des Zeugen S bestätigt, der gleichfalls erklärt hat, alle Investitionen seien durch Bürgschaften abgesichert worden. Dies sei erst nachträglich in einer Gesellschafterversammlung beschlossen worden. Er hat zudem einen Ausdruck des im Bundesanzeiger am 04.11.2015 veröffentlichten Jahresabschlusses der N N2 Nr. X GmbH & Co. KG zum Geschäftsjahr 2013 vorgelegt, in dem im Lagebericht unter lit. B ebenfalls ausgeführt wird, dass auf alle Beteiligungen sowie teilweise die vereinbarten Renditen eine Garantie der Länder Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen bzw. der Bürgschaftsbank NRW oder L-Bank (Baden-Württemberg) habe erwirkt werden können und die Fondsgesellschaft sich freiwillig verpflichtet habe, Investitionen immer mit einer solchen Garantie oder einer vergleichbaren Bürgschaft auszustatten.
51cc.
52Schließlich hat das Landgericht zu Recht eine Falschberatung in Bezug auf das behauptete Anlageziel der Altersvorsorge nicht als erwiesen angesehen. Für seine diesbezügliche Behauptung hatte der Kläger schon keinen Beweis angetreten. In Betracht kam zwar eine Parteianhörung des Klägers. Diese konnte in erster Instanz aber nicht durchgeführt werden, weil der Kläger, dessen persönliches Erscheinen das Landgericht angeordnet hatte und der ordnungsgemäß geladen worden war, zum Termin unentschuldigt nicht erschienen ist. Das geht zu seinen Lasten. Eine nochmalige Ladung der Partei ist nur zulässig und zur Wahrung des rechtlichen Gehörs geboten, wenn das Aufklärungsbedürfnis fortbesteht und die Partei ihr Fernbleiben rechtzeitig entschuldigt hat (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 141 Rn. 20). Jedenfalls an letzterem fehlt es. Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung sich zum Beweis für das behauptete Altersvorsorgeziel auf das Zeugnis seiner Ehefrau beruft, ist dieser Beweisantritt nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen.
53Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich auch aus der Anlage BLD 1 der Beklagten nicht, dass die Anlage der Altersvorsorge dienen sollte. Richtig ist zwar, dass darin angegeben worden ist, man wolle sich gerne den Wunsch erfüllen ‚genug Geld „im Alter“ zu haben’ (dort A2 j) und es unter A2 e bei Motive/Ziele/Verwendung der Geldanlage heißt: „ca. auf 12 Jahre anlegen (Altersvorsorge)“. Die Anlage BLD 1 „persönliche Finanzanalyse“ ist jedoch nicht im Zusammenhang mit der Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung, sondern im Frühjahr 2005 ausgefüllt worden, so dass hiermit nicht bewiesen werden kann, dass auch die streitgegenständliche Anlage noch der Altersabsicherung hat dienen sollen.
54Soweit der Kläger weiter aus der Anlage BLD 2 „Ermittlung Ihres persönlichen Risikoprofils“ ableiten möchte, die Beklagte habe nicht davon ausgehen dürfen, er sei „ein besonders risikobereiter Anleger (...), der sein Geld bedenkenlos in einer gesellschaftsrechtliche Beteiligung anlegt“, vermag der Senat der Anlage BLD 2 nicht zu entnehmen, dass der Kläger nicht bereit gewesen sei, irgendein Risiko einzugehen. Er verweist insoweit exemplarisch auf die Fragen und Antworten zu Ziffer 1., 10., 17., 18. und 24.
552.
56Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
573.
58Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
59Streitwert für das Berufungsverfahren: 65.750,00 € (Berufung der Beklagten: 15.750,00 €, Berufung des Klägers: 50.000,00 €)
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Annotations
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.