Oberlandesgericht Köln Beschluss, 30. Juni 2014 - 20 W 20/14
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2Die nach §§ 17a Abs. 4 S. 3 GVG, 567 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat das Verfahren zu Recht an das Familiengericht verwiesen.
31.
4Dem steht die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Waldbröl vom 02.01.2014 nicht entgegen. Der Umfang der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses hängt davon ab, welche Fragen das verweisende Gericht geprüft und bejaht hat (vgl. BeckOKZPO/Vorwerk/Wolf, § 281 Rn. 27; MünchKommZPO/Prütting, 4. Aufl., § 281 Rn. 45). Vorliegend hat sich das Amtsgericht Waldbröl nach dem Inhalt des Verweisungsbeschlusses lediglich mit der Frage der sachlichen Zuständigkeit der Zivilabteilung des Amtsgerichts bzw. derjenigen des Landgerichts befasst, jedoch nicht mit der Frage, ob es sich bei dem Verfahren um eine Familiensache handelt.
52.
6Nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG sind sonstige Familiensachen Verfahren, die Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe betreffen. Im Hinblick auf die gewünschte möglichst umfassende Zuständigkeit der Familiengerichte ist der Begriff des Zusammenhangs mit der Beendigung der ehelichen Gemeinschaft großzügig zu beurteilen. § 266 Abs. 1 FamFG ist anwendbar, wenn der Rechtsstreit durch die bezeichneten familienrechtlichen Verhältnisse nicht unwesentlich mitgeprägt wird. Auszuscheiden sind diejenigen Fälle, in denen der familienrechtliche Bezug völlig untergeordnet ist, so dass eine Entscheidung durch das Familiengericht sachfremd erscheint (BGH NJW 2013, 616). Ein inhaltlicher Zusammenhang mit der Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe, der rechtlicher oder auch wirtschaftlicher Art sein kann, ist vor allem bei naheliegenden und häufig vorkommenden Folgen oder Begleiterscheinungen der Beendigung einer Ehe gegeben (BGH, a.a.O.).
7Hierzu gehören auch aus dem Alleineigentum hergeleitete Herausgabeansprüche gemäß § 985 BGB, wenn ein Ehegatte dem anderen während der Ehe die Nutzung des Gegenstandes überlassen hat und nach § 1568 b Abs. 1 BGB kein gemeinsames Eigentum besteht (Musielak/Borth/Grandel, FamFG, 4. Aufl., § 266 Rn. 11). Um einen solchen Fall handelt es sich nach dem insoweit unstreitigen Sachvortrag der Parteien auch hier. Unstreitig ist die Klägerin im Grundbuch als Alleineigentümerin des streitbefangenen Hausgrundstücks eingetragen, das der Beklagte seit der Trennung der geschiedenen Eheleute allein nutzt.
8Der Senat ist mit der ganz herrschenden Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung der Auffassung, dass es eines besonderen zeitlichen Zusammenhangs mit der Trennung oder Scheidung bzw. Aufhebung der Ehe nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG nicht bedarf (OLG Braunschweig NJW-RR 2012, 586; KG BeckRS 2012, 11961; OLG Zweibrücken BeckRS 2012, 18724; OLG Stuttgart NJW-RR 2011, 867; OLG Hamm NJOZ 2011, 1558 und BeckRS 2010, 26738; OLG Frankfurt NJW 2010, 3173). Der in den Gesetzesmaterialien angesprochene zeitliche Zusammenhang hat im Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag gefunden (OLG Braunschweig NJW-RR 2012, 586; KG BeckRS 2012, 11961). Dieses Kriterium ist zudem inhaltlich nicht hinreichend bestimmbar; die Abhängigkeit der Zuständigkeit der Familiengerichte von einem Zeitmoment würde erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich bringen (OLG Braunschweig NJW-RR 2012, 586; OLG Zweibrücken BeckRS 2012, 18724).
9Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
10Wert des Beschwerdeverfahrens: 22.140,00 €
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(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.
(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.
(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.
(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.
(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.
(1) Sonstige Familiensachen sind Verfahren, die
- 1.
Ansprüche zwischen miteinander verlobten oder ehemals verlobten Personen im Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses sowie in den Fällen der §§ 1298 und 1299 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zwischen einer solchen und einer dritten Person, - 2.
aus der Ehe herrührende Ansprüche, - 3.
Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe, - 4.
aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührende Ansprüche oder - 5.
aus dem Umgangsrecht herrührende Ansprüche
(2) Sonstige Familiensachen sind auch Verfahren über einen Antrag nach § 1357 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.
(1) Sonstige Familiensachen sind Verfahren, die
- 1.
Ansprüche zwischen miteinander verlobten oder ehemals verlobten Personen im Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses sowie in den Fällen der §§ 1298 und 1299 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zwischen einer solchen und einer dritten Person, - 2.
aus der Ehe herrührende Ansprüche, - 3.
Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe, - 4.
aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührende Ansprüche oder - 5.
aus dem Umgangsrecht herrührende Ansprüche
(2) Sonstige Familiensachen sind auch Verfahren über einen Antrag nach § 1357 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)