Oberlandesgericht Köln Urteil, 20. Nov. 2015 - 20 U 149/15

ECLI:ECLI:DE:OLGK:2015:1120.20U149.15.00
bei uns veröffentlicht am20.11.2015

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 24. August 2015 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ‑ 26 O 40/15 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung des Klägers in Bezug auf die Hauptanträge zurückgewiesen worden ist.


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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei berechtigt gewesen, dem Vertragsschluss noch im Jahr 2014 gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. zu widersprechen. Ihm sei keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt worden; § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG sei wegen Verstoßes gegen europäisches Recht nicht anwendbar. Auch das Policenmodell als solches sei europarechtswidrig. Hilfsweise hat der Kläger im Wege der Stufenklage einen weitergehenden Rückkaufswert beansprucht.

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(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 15. Juli 2013 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ‑ 26 O 252/12 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.


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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei berechtigt gewesen, dem Vertragsschluss noch im Jahr 2012 gemäß § 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. zu widersprechen. Er hat bestritten, dass ihm die allgemeinen Versicherungsbedingungen vor der Antragstellung übermittelt worden seien. Ihm sei nicht erinnerlich, zu irgendeinem Zeitpunkt über das Widerspruchsrecht belehrt worden zu sein. Er könne nicht mehr sicher sagen, „dass sie die Unterlagen erhalten hat; sie kann dies auch nicht ausschließen“ (GA 12). Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das in § 5 a VVG a.F. normierte Policenmodell verstoße gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Er hat seinen Anspruch ferner auf eine Verletzung vorvertraglicher Beratungs- und Informationspflichten (auch über nicht offen gelegte Kick-back-Zahlungen) sowie auf eine fehlerhafte Kapitalanlageberatung gestützt und ein Widerrufsrecht wegen vereinbarter unterjähriger Zahlung der Beiträge gegen Zuschlag geltend gemacht.

 

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR16/14
vom
30. Juni 2015
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter
Dr. Karczewski, die Richterin Dr. Brockmöller und den Richter
Dr. Schoppmeyer
am 30. Juni 2015

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 6. Dezember 2013 gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.

Gründe:


1
I. Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Lebensversicherung. Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 2004 nach dem so genannten Poli- cenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. In der Folge zahlte d. VN die Versicherungsprämien. Mit Schreiben vom Dezember 2010 erklärte er die Kündigung des Versicherungsvertrages, woraufhin der Versicherer den Rückkaufswert auszahlte. Mit Schreiben vom Februar 2012 erklärte er den Widerspruch nach § 5a VVG. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen , eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und eine schriftliche Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F.
2
Mit der Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts.
3
Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können.
4
II. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Er sei ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. belehrt worden und der Versicherungsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Die Regelung des Policenmodells verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung.

5
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
6
III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
7
1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, da es meinte , es sei eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob das Policenmodell als solches europarechtskonform ist. Diese Frage stellt sich hier jedoch nicht.
8
a) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung. Die Revision rügt ohne Erfolg, der Begriff der "Textform" in der Widerspruchsbelehrung sei erläuterungsbedürftig. Mit Urteil vom 10. Juni 2015 hat der Senat entschieden, dass der Begriff der "Textform" in einer Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. nicht erläuterungsbedürftig ist (IV ZR 105/13). Wegen der Einzelheiten wird auf dieses Urteil verwiesen. Damit ist diese entscheidungserhebliche Frage geklärt. Mit revisionsrechtlich beanstandungsfreier Begründung war das Berufungsgericht, anders als die Revision meint, auch der Ansicht, dass die Widerspruchsbelehrung unter Einbeziehung des Gesamtinhalts des Policenbegleitschreibens d. VN noch ausreichend deutlich mache, welche Unterlagen ihm vorliegen müssen, damit die Widerspruchsfrist beginnt.

9
b) Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. Wirksamkeitszweifeln unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 2015 - 2 BvR 2437/14, WM 2015, 514 Rn. 30 ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D. VN ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsurteil vom 16. Juli 2014 aaO Rn. 32-42; BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 2015 aaO Rn. 42 ff.). D. VN verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ er bei Vertragsschluss 2004 ungenutzt verstreichen. D. VN zahlte über Jahre die Versicherungsprämien bis er im Jahr 2010 die Kündigung erklärte. Er ließ dann nochmals über ein Jahr verstreichen bis zur Erklärung des Widerspruchs. Die jahrelangen Prämienzahlungen des bereits bei Vertragsschluss 2004 über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten VN haben bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar.

10
2. Aus den dargelegten Gründen hält das Berufungsurteil jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Dr. Brockmöller Dr. Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 15.07.2013- 26 O 252/12 -
OLG Köln, Entscheidung vom 06.12.2013 - 20 U 144/13 -

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24.02.2015 - 9 O 108/14 - wird

zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn die Beklagten leisten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche des Klägers wegen angeblicher anwaltlicher Pflichtverletzung im Rahmen eines Beratungsvertrages zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Beklagten Ziff. 1 (im Folgenden: die Beklagte).
1. Der Kläger war im Jahr 2010 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg (im Folgenden: Land). Im November 2010 ließ der Kläger über den Deutschlandchef der ...-Bank M... S..., den mit ihm befreundeten Dr. N..., bei der Beklagten nachfragen, ob diese bereit sei, das Land bei einer Transaktion „mit E.../E... auf der anderen Seite“ zu beraten. Hintergrund war die seinerzeit vom Kläger geprüfte Übernahme von 45,01 % Aktien am börsennotierten Energieunternehmen E... B...-W... (E...) vom Stromkonzern É... d... F... S.A. (E...), die dieser über seine Tochtergesellschaft E... I... S. A. hielt. Der Beklagte Ziff. 2 (im Folgenden: der Beklagte) erklärte als verantwortlicher Partner der Beklagten am 25.11.2010 gegenüber Dr. N..., dass die Beklagte das Mandat übernehmen werde. Am 02.12.2010 wurden dann schriftliche Mandats- und Vergütungsvereinbarungen zwischen der Beklagten und dem Land sowie der Ne... GmbH (im Folgenden: Ne...) geschlossen (vgl. Anl. K 3, Bl. 64 d. A. sowie die Anlage zum Protokoll vom 17.11.2016). Die Ne..., die das Land zu diesem Zweck übernommen hatte und deren Alleingesellschafterin das Land damals war und heute noch ist, sollte Erwerberin der Aktien sein. Als Geschäftsführer wurde der damalige Staatsminister R... bestimmt.
Bei einer Telefonkonferenz am 26.11.2010, an der der Kläger, der Beklagte, Dr. N... und der Chief Executive Officer (CEO entspricht dem Vorstandsvorsitzenden einer Aktiengesellschaft) H... P... der E... teilnahmen, wurde vereinbart, dass der Kläger der E... am 06.12.2012, 9.00 Uhr, ein Angebot für die Übernahme ihrer Aktien an der E... machen, welches nur unter dem Vorbehalt der Kabinettszustimmung stehen und im Übrigen unbedingt sein sollte. Eine bis 1 ½ Stunden später sollte er vom CEO P... die Annahme des Angebots erhalten, die sodann vom Kabinett des Landes bestätigt werden würde. Es war beabsichtigt, dass das Kabinett und das Board der E... parallel tagen.
Im Folgenden wurde die Beklagte wiederholt mit der Frage befasst, ob der Aktienkauf ohne vorherige Befassung des Landtages von Baden-Württemberg möglich sei. So hat etwa der Partner Prof. Dr. W... der Beklagten am 29.11.2010 zu dieser Frage ein „Memo“ (kurzes Gutachten) verfasst, in dem er darauf hingewiesen hat, dass nach Art. 81 der Landesverfassung (im Folgenden: LV) nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses der Finanzminister die Zustimmung bei über- und außerplanmäßigen Ausgaben erteilen dürfe, wobei die Genehmigung des Landtags nachträglich einzuholen sei (vgl. Anl. CC 22, n. Bl. 259 d. A.; Kurzgutachten II.). Wegen vorhandener Bedenken, dass in der Zeit bis zur Zustimmung des Landtags für das Aktienpaket ein besseres Angebot eines Dritten eingehen und deshalb das ganze Vorhaben scheitern könnte, suchten die Beklagten noch am 29.11.2010 nach alternativen Lösungen (vgl. Anl. CC 29, 30, 32, 33, 34, 35).
Im Staatsministerium wurde von Haushaltsreferent Dr. W... am 30.11.2010 für den Kläger unter der ihm vorgegebenen Prämisse eines fiktiven Erwerbes von Anteilen an der D... AG durch das Land eine Stellungnahme zu den rechtlichen Voraussetzungen hierfür erstellt (sog. „W...“- oder „D...“-Vermerk vgl. Anl. CC 68, Bl. 489 d. A.). Dr. N... leitete den Vermerk an die Beklagte mit dem Hinweis „Wir haben die Lösung“ weiter und fragte an, ob sie eine „Legal Opinion“ erstellen könne (Anl. CC 36, Bl. 273 d. A.). Wegen des weiteren Austausches von Informationen unter den Beteiligten per E-Mail zuvor und nachfolgend wird auf den unstreitigen Tatbestand des Urteils des Landgerichts, dort S. 3 - 6, verwiesen.
Am 05.12.2010 zwischen 23 und 24 Uhr wurde der seinerzeitige Finanzminister S... des Landes vom geplanten Kauf der Anteile an der E... im Beisein des Beklagten in Kenntnis gesetzt. Ersterer unterzeichnete unter dem Datum 6.12.2010 die Zustimmungserklärung gemäß Art. 81 LV. Am 06.12.2010 informierte der Kläger zunächst den Fraktionsvorsitzenden der FDP Dr. R... und Wirtschaftsminister P... sowie um 9.00 Uhr auch das Kabinett, jeweils im Beisein des Beklagten. Das Kabinett stimmte sodann dem Erwerb der Anteile zu. Der Aktienkaufvertrag zwischen der E... bzw. deren Tochtergesellschaft E... I...l S. A. und der Ne... wurde am selben Tag unterzeichnet (vgl. Anl. K 7, Bl. 78 d. A.). Das Land übernahm eine Garantie für die Verpflichtungen aus diesem Kaufvertrag. Nach Genehmigung durch die Kartellbehörde wurde der Kauf der Anteile vollzogen.
Auf Betreiben der seinerzeit oppositionellen Fraktionen B... 9x/D... G... und S... im Landtag von Baden-Württemberg wurde im Jahr 2011 ein Organstreitverfahren gegen den Finanzminister und die Landesregierung vor dem Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg durchgeführt. Dieser stellte durch Urteil vom 06.10.2011 (Anl. K 4, Bl. 65 d. A.) unter anderem fest, dass die Landesregierung das Recht des Landtags aus Art. 79 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 LV (Budgetrecht des Landtags) verletzt hat, indem sie es unterlassen hat, für die im Aktienkaufvertrag zwischen E... und Ne... vom 06.12.2010 enthaltene Garantieübernahme des Landes die vorherige Ermächtigung des Landtages einzuholen. Auf das Notbewilligungsrecht gemäß Art. 81 LV habe sich die Regierung nicht stützen können, da es jedenfalls an der zeitlichen Dringlichkeitskomponente der Unabweisbarkeit, die von der LV zwingend gefordert werde, fehle (Seite 18 des Urteils unter 2.).
Am 03.07.2012 wurde durch die Staatsanwaltschaft S... ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Untreue gegen den Kläger eingeleitet (Anl. K 10, Bl. 71 d. A.), das am 29.10.2014 gemäß nach § 170 Abs. 2 StPO (Ermittlungen bieten keinen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage) wieder eingestellt wurde (vgl. Einstellungsverfügung BK 1, Bl. 642 d. A.). Des Weiteren befasste sich ein Ermittlungsausschuss des Landtages mit den Vorgängen im Zusammenhang mit dem Erwerb der E...-Aktien.
Nach Verlust des Amtes des Ministerpräsidenten (Mai 2011) und der Niederlegung seines Landtagsmandates (August 2011) war der Kläger für das Pharmaunternehmen M... KGaA, D..., tätig. Das Dienstverhältnis wurde im November 2011 wieder beendet, wobei streitig ist, inwiefern insbesondere das Urteil des Staatsgerichtshofs hierfür ausschlaggebend war.
10 
Der Kläger hat in erster Instanz vorgetragen, er sei von den Beklagten, insbesondere dem Beklagten, falsch beraten worden. Letzterer habe nicht hinreichend über die Risiken im Zusammenhang mit dem Weg über das Notbewilligungsrecht gemäß Art. 81 LV belehrt. Er habe insbesondere auch gegenüber Finanzminister S... am Abend des 05.12.2010 und gegenüber dem Kabinett am Morgen des 06.12.2010 wahrheitswidrig behauptet, dass rechtliche Risiken nicht bestünden. Die Beklagten hätten auch die Frage, ob eine Gefahr durch weitere Bieter bestanden habe, die letztlich zur Annahme einer Dringlichkeit des Kaufes geführt habe, aufklären müssen. Des Weiteren hätten sie einen Hinweis auf die §§ 7, 65 LHO (Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans bzw. Voraussetzungen für die Beteiligung an privat-rechtlichen Unternehmen) erteilen und die Wertermittlung prüfen müssen. Auch hätten sie nicht berücksichtigt, dass ein an die E... gezahlter überhöhter Kaufpreis europarechtlich eine verbotene Beihilfe darstellen könnte.
11 
Durch die falsche Beratung sei ihm ein Schaden entstanden, der sich noch in der Entwicklung befinde, weshalb eine Feststellungsklage zulässig sei. Insbesondere seien Prozesskosten für die Verteidigung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren entstanden und es sei auch zu Vermögenseinbußen durch die Beendigung des Dienstverhältnisses bei der M... KGaA gekommen.
12 
Die Beklagten hafteten nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Das Merkmal der Leistungsnähe liege vor. Er sei mit der Leistung der Beklagten aus dem mit dem Land geschlossenen Anwalts- und Beratungsvertrag bestimmungsgemäß in Berührung gekommen und sei der Gefahr von Pflichtverletzungen in gleicher Weise ausgesetzt gewesen wie das Land. Eine mangelhafte Beratung sei nicht nur geeignet gewesen, die Vermögensinteressen des Landes zu beeinträchtigen, sondern als Reflex zugleich und direkt auch seine eigenen.
13 
Ein Einbeziehungsinteresse des Landes ergebe sich aus dessen Fürsorgepflicht, welche sich aus dem Amtsverhältnis nach § 1 Ministergesetz Baden-Württemberg (im Folgenden: MinG) ableite. Darüber hinaus bestünde Drittschutz, weil sich nach Auslegung des Vertrages ergebe, dass er aufgrund eines besonderen Interesses in den vertraglichen Schutz einbezogen werden sollte. Er sei vom Rechtsrat des Beklagten abhängig gewesen. Es sei um eine umfassende Rückendeckung für den politisch und damit auch rechtlich verantwortlichen Ministerpräsidenten gegangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stünden selbst gegenläufige Interessen zwischen Drittem und Gläubiger einem Drittschutz nicht entgegen. Gerade in Gutachterfällen habe die Rechtsprechung eine Erstreckung des Drittschutzes angenommen. Ferner sei der Drittschutz auch erkennbarer Vertragszweck gewesen. Ein Rechtsberatervertrag könne Schutzwirkung zu anderen Personen mit enger Beziehung zum Mandanten entfalten. Leistungsnähe und Einbeziehungsinteresse seien für die Beklagten auch erkennbar gewesen. Den Beklagten sei durchgehend gegenwärtig gewesen, dass letztlich der Ministerpräsident selbst in seinen Rechten bis hin zur persönlichen Haftung berührt werde, wenn sie anwaltliche Pflichten verletzten. Den Beklagten würden durch seine Einbeziehung in den Schutzbereich des geschlossenen Anwaltsvertrages auch keine Pflichten aufgebürdet, die über das hinausgingen, was sie von vornherein hätten überschauen können. Schließlich sei er auch schutzbedürftig. Er habe einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch weder gegen die Beklagte noch gegen einen anderen Gläubiger.
14 
Hätten die Beklagten sowohl ihn als auch Finanzminister S... oder das Kabinett hinreichend über die Risiken des Aktienkaufes ohne vorherige Zustimmung des Landtages nach Art. 81 LV belehrt, hätten diese dem Vorgehen nicht zugestimmt.
15 
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:
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Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle Schäden zu ersetzen, die der Kläger durch die Verletzung des Beratungsvertrages zwischen der Beklagten zu 1 und dem Land Baden-Württemberg betreffend den Erwerb des E...-Aktien-Pakets vom Unternehmen É... dx F... SA (E...) erlitten hat und zwar insbesondere durch die mangelhafte Beratung in der Frage der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer vorherigen Beteiligung des Landtages von Baden-Württemberg sowie in der Frage der rechtlichen Anforderungen an die pflichtgemäße Prüfung und Bewertung des Kaufgegenstandes.
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Die Beklagten haben in erster Instanz beantragt:
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Klagabweisung.
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Die Beklagten haben in erster Instanz vorgetragen,
die Feststellungsklage sei unzulässig, da der Kläger nicht substantiiert vorgetragen habe, einen Schaden erlitten zu haben.
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Die Grundsätze des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter seien nicht anzuwenden. Das Merkmal der Leistungsnähe liege nicht vor. Der Kläger sei den Gefahren der Pflichtverletzung nicht in gleichem Maße ausgesetzt gewesen wie das Land als Gläubiger und sei nicht bestimmungsgemäß mit der Leistung in Berührung gekommen. Der Kläger sei nur mittelbar betroffen, was für eine Einbeziehung nicht ausreiche. Das Merkmal der Gläubigernähe liege ebenfalls nicht vor. Ein Anwaltsvertrag könne wegen drohender Interessenkollision nur im Ausnahmefall drittschützend sein. So habe ein Gutachtervertrag einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit einer Behörde nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes keine Schutzwirkung für den Antragsteller als Dritten, wenn das Gutachten nicht Grundlage für Vermögensdispositionen des Antragstellers, sondern allein für das behördliche Vorgehen sein solle.
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Für sie sei eine Leistungsnähe des Klägers wie ein Interesse des Landes an seiner Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrages nicht erkennbar gewesen. Zudem ergebe sich aus Ziff. 4.1. der Mandats- und Vergütungsvereinbarung zwischen der Beklagten und der Ne... (Anl. K 3, Bl. 64 d. A.), wonach schriftliche Stellungnahmen und Gutachten ausschließlich für die Mandantin bestimmt seien, dass die Haftung nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter von den Parteien ausgeschlossen werden sollte. Eine Beratung über die Problematik der Parlamentsbeteiligung hinaus sei nicht in Auftrag gegeben worden und nicht geschuldet gewesen. Soweit Dr. N... von der Beklagten beraten worden sei, habe sich der Kläger dessen Wissen nach den Grundsätzen des „Wissensvertreters“ zurechnen zu lassen. Ein Auftrag, den Finanzminister oder das Kabinett über die Risiken des Weges über das Notbewilligungsrecht nach Art. 81 LV zu belehren, sei nie erteilt worden. Der Beklagte habe nur den Auftrag erhalten, dem Finanzminister und dem Kabinett den Weg über die Notbewilligung zu erläutern, soweit erforderlich.
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Am 30.11.2010 habe der Beklagte in einem Telefongespräch von Dr. N... einen neuen Prüfauftrag erhalten. Zu prüfen sei nunmehr gewesen, ob die Notbewilligung wenigstens irgendwie vertretbar sei. Der Kläger sei nach Mitteilung von Dr. N... eher bereit gewesen, verfassungsrechtliche Risiken zu übernehmen, als den Deal scheitern zu lassen. Um 11.00 Uhr habe der Beklagte den Staatsminister R... getroffen, welcher erklärt habe, es werde der Weg über die Notbewilligung gewählt, wenn dieser rechtlich vertretbar wäre. Der Beklagte habe dem Staatsminister R... mitgeteilt, dass die Beklagte beauftragt worden sei, noch einen Weg ohne Parlamentsbeteiligung zu prüfen. Die Entscheidung über den Kauf der E...-Anteile und das weitere Vorgehen sei bereits am 30.11.2010 getroffen worden. Das Verfahren über Art. 81 LV wäre auch bei einer Beratung, die die vom Kläger gerügten Punkte beinhaltete, gewählt worden. Das Kabinett und der Finanzminister hätten keine andere Entscheidung getroffen.
23 
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts sowie die im ersten Rechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.
24 
2. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Sie sei zwar zulässig, da eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines auf die behauptete Verletzungshandlung der Beklagten zurückzuführenden Schadenseintritts vorgetragen worden sei. Selbst wenn Beratungs- und Aufklärungspflichten aus dem zwischen dem Land und der Beklagten geschlossenen Anwaltsvertrag verletzt worden sein sollten, führe dies nicht zu einer Haftung nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Es fehle bereits am ersten Merkmal, der sog. Leistungsnähe. Die Beratungstätigkeit der Beklagten für das Land sollte nach dem Inhalt des Rechtsanwaltsvertrages nicht dem Interesse des Klägers dienen. Er sei mit der Hauptleistung der Beklagten nicht bestimmungsgemäß in hinreichendem Maß in Berührung gekommen. Es fehle an einem spezifischen Risikozusammenhang zwischen der vertraglichen Tätigkeit der Beklagten und der Gefährdung seiner Interessen. Es sei darauf abzustellen, welchen Risiken er bei Vertragsschluss aus ex ante Sicht durch die vertragliche Leistung der Beklagten ausgesetzt gewesen sei. So drohe dem Kläger im Falle einer Falschberatung keine persönliche Haftung. Sowohl eine Anklage nach Art. 57 LV durch den Landtag als auch eine persönliche Haftung des Klägers nach § 48 Beamtenstatusgesetz (im Folgenden: BeamtStG) setze Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit voraus. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger sich aus rechtlicher Sicht gegenüber dem Land auf die Richtigkeit einer rechtsanwaltlichen Beratung verlassen dürfe, die im Auftrag des Landes erfolge. Auch der Umstand, dass gegen den Kläger ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eröffnet worden sei, begründe keine Leistungsnähe, da diese Gefahr nicht unmittelbar und hinreichend eng mit der Beratungsleistung der Beklagten verknüpft sei. Schließlich führe auch das Interesse des Klägers, politische Risiken zu vermeiden, nicht zu seiner Einbeziehung in den Vertrag.
25 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts verwiesen.
26 
Der Kläger hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 02.03.2015 (n. Bl. 570 d. A.) zugestellte Urteil am 24.03.2015 (Bl. 600 d. A.) beim Oberlandesgericht Stuttgart Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 02.06.2015 (Bl. 615 d. A.) - am 02.06.2015 dort eingegangen (Bl. 616 d. A.).
27 
3. Der Kläger trägt zur Begründung der Berufung vor,
das Landgericht habe im Rahmen der Prüfung des Vorliegens eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter das Merkmal der Leistungsnähe zu Unrecht verneint.
28 
Mit den Beratungsleistungen der Beklagten komme niemand intensiver in Kontakt als er. Er sei in gleicher Weise wie das Land den Gefahren von Pflichtverletzungen ausgesetzt. Dies sei für die Beklagten auch erkennbar gewesen. Im Übrigen hafte er für einen zu hohen Kaufpreis für die Aktien möglicherweise auf Schadensersatz. Eine Haftung nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter setze nicht voraus, dass die Schäden der Beteiligten identisch seien. Es gehe vorliegend nicht um Leistungs-, sondern um Schutzpflichten. Für das Merkmal der Leistungsnähe sei auch nicht erforderlich, dass die Rechtslage durch die Beratungsleistung für ihn mitgestaltet werden sollte. Zudem liege eine Mitgestaltung wegen der Folgen seines Handelns auch für ihn vor. Sein rechtlich geschütztes Interesse liege darin, rechtmäßig zu handeln. Auch er sei den Gefahren einer Schutzpflichtverletzung ausgesetzt im Falle einer Inanspruchnahme durch das Land. Des Weiteren habe auch die Gefahr eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn bei einer falschen Beratung bestanden.
29 
Schließlich habe das Landgericht seinem Urteil Feststellungen zu Grunde gelegt, die im Sachvortrag der Parteien keine Grundlage hätten. So werde im Urteil auf S. 21 die Leistungsnähe mit dem Argument verneint, dass er und seine Vermögensinteressen mit den vertraglichen Pflichten der Beklagten nicht bestimmungsgemäß in Berührung gekommen seien, weil der Anwaltsvertrag zwischen dem Land und der Beklagten nach dem hypothetischen und tatsächlichen Willen der Vertragsparteien nicht auch seinem Schutz habe dienen sollen. Feststellungen zum tatsächlichen Willen der Vertragsparteien bei Abschluss des Beratungsvertrages habe das Erstgericht indes nicht getroffen. Hierzu habe auch keine der beiden Parteien vorgetragen, weshalb die Tatsachen auch nicht dem Urteil zu Grunde gelegt werden dürften. Dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sei gerade das Fehlen eines tatsächlichen Willens hinsichtlich der Frage der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich inhärent.
30 
Der Kläger beantragt:
31 
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24. Februar 2015, Az.: 9 O 108/14, wird aufgehoben.
32 
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle Schäden zu ersetzen, die der Kläger durch die Verletzung des Beratungsvertrages zwischen der Beklagten zu 1 und dem Land Baden-Württemberg betreffend den Erwerb des E...-Aktien-Pakets vom Unternehmen É... dx F... SA (E...) erlitten hat, und zwar insbesondere durch die mangelhafte Beratung in der Frage der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer vorherigen Beteiligung des Landtags von Baden-Württemberg sowie in der Frage der rechtlichen Anforderungen an die pflichtgemäße Prüfung und Bewertung des Kaufgegenstandes.
33 
Die Beklagten beantragen,
34 
die Berufung zurückzuweisen.
35 
Die Beklagten tragen vor,
das Urteil des Landgerichts sei richtig. Aus der Mandatsvereinbarung mit dem Land und der Ne... sollten nur den Vertragspartnern Leistungen zugutekommen. Im Übrigen fehle es nicht nur am Merkmal der sog. Leistungsnähe, sondern auch an den weiteren Merkmalen der Gläubigernähe, der Schutzbedürftigkeit des Klägers und der Erkennbarkeit derselben. Es gehe vorliegend auch nicht um die Verletzung von Schutzpflichten, wie der Kläger meine, sondern um die Verletzung von Hauptpflichten. Der Sachverhalt sei daher nicht mit dem sog. „Bananenfall“ vergleichbar, bei dem das die Mutter bei einem beabsichtigten Einkauf begleitende Kind durch einen Sturz zu Schaden komme. Es fehle vorliegend bereits an der Leistungsnähe, da der behauptete Schaden nicht unmittelbar durch die Beratung bedingt sei. Es habe sich nicht das Risiko verwirklicht, das sich typischerweise als Ergebnis der Rechtsberatung ergebe. Es liege auch keine Fallkonstellation mit personen- oder gesellschaftsrechtlichem Einschlag vor, auch kein mit der Prospekthaftung oder der Erstellung von Gutachten und Testaten vergleichbarer Fall. Die Rechtsprechung, die zu Steuerberaterfällen ergangen sei, könne ebenfalls nicht auf den hiesigen Fall übertragen werden, in dem es um ein Mandat zwischen einem Rechtsanwalt und einem Mandanten gehe. Der Rechtsanwaltsvertrag begründe ein umfassendes Vertrauensverhältnis. Im Steuerberatervertrag gehe es nur um die Vermögensbetreuung. Des Weiteren sei auch das Merkmal der Gläubigernähe, also der Erkennbarkeit des Einbeziehungsinteresses nicht gegeben. Das Land habe kein Interesse an der Einbeziehung des Klägers gehabt. Ein solches sei jedenfalls nach Inhalt und Zweck des Vertrages nicht erkennbar gewesen. Das Land habe ebenso auch kein Interesse am Schutz der politischen Karriere des Klägers gehabt. Es könne auch nicht der Kreis der geschützten Personen, zu dem neben dem Kläger dann auch das Kabinett gehört hätte, ausgeweitet werden. Schließlich müsse nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch das Haftungsrisiko für den Schuldner kalkulierbar sein. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass den Parteien kein Wille unterstellt werden könne, bei vorsätzlichen Dienstvergehen oder sogar Straftaten den Ministerpräsidenten in den Schutzbereich des Vertrages einzubeziehen. Die Auslegung des Klägers würde bedeuten, dass die Parteien bereit gewesen wären, einen Vertrag zu schließen, in dem sich das Land einen Vorteil zugunsten seines Ministerpräsidenten und anderer Kabinettsmitglieder zusichern lasse, worin eine unzulässige Vorteilsannahme bzw. eine Vorteilsgewährung zu sehen sei. Eine Erkennbarkeit von Leistungsnähe und Einbeziehungsinteresse sei jedenfalls nicht festzustellen. Der Anwaltsvertrag begründe auch nur ausnahmsweise eine drittschützende Wirkung. Die Vermögensinteressen des Dritten müssten für den Anwalt erkennbar tangiert werden, etwa dass der Dritte Vermögensdispositionen treffen werde. Wenn dem Kläger Schäden als Privatperson vorliegend drohen würden, hinge dies von vielen Faktoren ab, die für sie nicht erkennbar gewesen seien. Im Übrigen habe der Kläger keine Vermögensdispositionen im Vertrauen auf die Rechtsberatung getroffen. Schließlich sei er auch nicht schutzwürdig, da ihm nach § 98 Landesbeamtengesetz Baden-Württemberg ein Anspruch auf die Erstattung von Rechtsverteidigungskosten zustehen dürfte. Hinzu komme ein nach § 24 Untersuchungsausschussgesetz Baden-Württemberg gesetzlich normierter Erstattungsanspruch bezüglich der Rechtsanwaltskosten in Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss. Selbst wenn die Voraussetzungen für einen Anspruch aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter vorlägen, würde ein Anspruch an den allgemeinen Voraussetzungen der Anwaltshaftung scheitern. Es fehle an einer Pflichtverletzung sowie an der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden. Insbesondere greife auch nicht der Anscheinsbeweis beratungsgerechten Verhaltens zugunsten des Klägers, da er ohnehin den Weg über das Notbewilligungsrecht nach Art. 81 LV gegangen wäre. Sie hätten diesen Weg nicht empfohlen, sondern im Gegenteil auf das Erfordernis einer Zustimmung des Parlaments hingewiesen. Ihnen sei der Sachverhalt vorgespiegelt worden, dass mit einem dritten Käufer („Russe kommt“) zu rechnen sei. Der Kläger hätte selbst genug Problembewusstsein hinsichtlich der rechtlichen Voraussetzungen gehabt, wie insbesondere der sog. „W...-Vermerk“ zeige. Nicht ihre Beratung, sondern der mangelnde Rückhalt in seiner Partei habe seine Karriere beendet. Im Übrigen hätte die Beklagte keinen weitergehenden Prüfungsauftrag innerhalb des Mandats bezüglich haushaltsrechtlicher Beratungen gehabt. Hinsichtlich des Kaufpreises hätte die M...-S...-Bank eine Prüfung durchführen müssen. Schließlich sei auch kein Verfahrensfehler des Landgerichts bei der Feststellung des Sachverhaltes zu erkennen. Gerade weil ein tatsächlicher Wille nicht artikuliert worden sei, sonst bestünde kein Problem bei der Bestimmung der Voraussetzungen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, habe das Landgericht diese Voraussetzungen rechtlich geprüft. Im Übrigen sei bereits im Vertrag mit dem Land und der Ne... eindeutig formuliert worden, dass die anwaltliche Leistung ausschließlich für die Mandantin bestimmt sei.
36 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
37 
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des Landgerichts ist richtig.
38 
A. Zulässigkeit der Feststellungsklage
39 
Die Feststellungsklage ist gemäß § 256 ZPO, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, zulässig. Dies wird im Berufungsverfahren auch nicht mehr infrage gestellt.
40 
B. Begründetheit der Klage
41 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beklagten haften nicht nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.
42 
1. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte gemäß §§ 675, 611, 280, 31 BGB in Verbindung mit den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gem. § 328 BGB analog zu.
43 
a. Vertrag zwischen Land und Beklagter
44 
Zwischen Land und Beklagter - auf eine Einbeziehung in den Vertrag zwischen Ne...i und der Beklagten hat der Kläger in seiner Klage nicht abgehoben - wurde unstreitig ein Beratungsvertrag hinsichtlich des geplanten und später umgesetzten Kaufes von 45,01 % E...-Aktien aus dem Bestand der E... geschlossen. Ein solcher Vertrag stellt einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter gemäß §§ 675, 611 BGB dar. Die Beklagte als Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung ist gemäß § 7 Abs. 2 PartGG i.V.m. § 124 HGB ein selbständiges Rechtssubjekt und Träger des Partnerschaftsvermögens. Sie stellt eine rechts- und parteifähige Gesamthandsgemeinschaft dar (vgl. Seibert/Kilian, PartGG, 1. Aufl., § 7 PartGG Rn. 4). Die Vertretung der Partnerschaft erfolgt entsprechend dem Recht der OHG (§ 7 Abs. 3 PartGG). Hiernach sind die Partner grundsätzlich einzelvertretungsberechtigt (§ 125 Abs. 1 HGB). Diese Befugnis erstreckt sich gemäß § 126 Abs. 1 HGB auf alle gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäfte und Rechtshandlungen (vgl. Seibert/Kilian, a.a.O., § 7 PartGG Rn. 5). Die Vertretungsmacht des Klägers für das Land folgt aus Art. 50 LV; dieser hat den damaligen Staatsminister zum Vertragsschluss ermächtigt.
45 
Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen (§ 280 Abs. 1 BGB). In entsprechender Anwendung von § 31 BGB haftet die Partnerschaft für das Handeln ihrer Partner.
46 
Nachdem der Anwaltsvertrag zwischen Land und Beklagter geschlossen wurde, kann regelmäßig auch nur in diesem Verhältnis ein vertraglicher Schadensersatzanspruch infrage kommen. Nur ausnahmsweise wird ein Dritter in den Schutzbereich des Vertrages aufgenommen. Ein solche Ausnahme ist hier nicht gegeben.
47 
b. Einbeziehung des Klägers/Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
48 
a.a. Voraussetzungen: ergänzende, trotzdem restriktive Vertragsauslegung
49 
(1) Neben dem gesetzlich geregelten Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB), bei dem ein Dritter unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern, hat die Rechtsprechung den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter herausgebildet, bei dem der Anspruch auf die geschuldete Hauptleistung allein dem Gläubiger zusteht, der Dritte jedoch in der Weise in die Sorgfalts- und Obhutspflichten sowohl im vorvertraglichen Stadium wie auch bezüglich vertraglicher Schutz- oder Hauptleistungspflichten einbezogen ist, dass er bei deren Verletzung vertragliche Schadensersatzansprüche geltend machen kann (vgl. nur BGH NJW 2012, 3165 Rn. 13 m.w.N.).
50 
Ausgangspunkt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte waren Fallgestaltungen, in denen einem Vertragspartner gegenüber Dritten eine gesteigerte Fürsorgepflicht oblag, ihm gleichsam deren „Wohl und Wehe“ anvertraut war. Schon das Reichsgericht hat in solchen Fällen bspw. Familienangehörigen und Hausangestellten des Mieters, die durch ein Verschulden eines vom Vermieter mit einer Reparatur am Haus beauftragten Handwerkers Schaden erlitten hatten, im Rahmen dieses Werkvertrages einen vertraglichen Schadensersatzanspruch zuerkannt. Der Kreis der in den Schutzbereich des Vertrages einbezogenen Dritten wird nach dieser Rechtsprechung danach bestimmt, ob sich vertragliche Schutzpflichten des Schuldners nach Inhalt und Zweck des Vertrages nicht nur auf den Vertragspartner beschränken, sondern, für den Schuldner erkennbar, ebenso solche Dritte einschließen, denen der Gläubiger seinerseits Schutz und Fürsorge schuldet. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn zwischen Gläubiger und Drittem eine Rechtsbeziehung mit personenrechtlichem Einschlag - ein familienrechtliches, arbeitsrechtliches oder mietvertragliches Verhältnis - besteht (vgl. nur BGH NJW 2014, 2345 Rn. 10 u. BGH NJW 2001, 3115 juris-Rn. 16). Dieses Innenverhältnis zwischen Gläubiger und Dritten führt zur Einbeziehung in die Schutzwirkung des Vertrages, nicht das Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner. Voraussetzung ist allerdings ferner, dass der Dritte bestimmungsgemäß mit der vom Schuldner zu erbringenden Leistung in Berührung kommt und ihn Verletzungen von Schutzpflichten durch den Schuldner ebenso treffen können wie den Gläubiger selbst (BGH NJW 2001, 3115 juris-Rn. 16 m.w.N.). In Weiterentwicklung dieser Rechtsprechung sind in die Schutzwirkung eines Vertrages im Wege ergänzender Vertragsauslegung auch Dritte einbezogen worden, wenn der Gläubiger an deren Schutz ein besonderes Interesse hat und wenn Inhalt und Zweck des Vertrages erkennen lassen, dass diesem Interesse Rechnung getragen werden soll, und die Parteien den Willen hatten, zugunsten dieser Dritten eine Schutzpflicht des Schuldners zu begründen (BGH NJW 2001, 3115 juris-Rn. 17, BGH NJW 2006, 830 Rn. 52 u. BGH NJW 2014, 2345 Rn. 11 m.w.N.). Der Kreis der in den Vertrag einbezogenen Dritten ist unter Beachtung einer sachgerechten Abwägung der Interessen der Beteiligten dahin zu begrenzen, dass der Dritte mit der Hauptleistung bestimmungsgemäß in Berührung kommt, ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten besteht, den Interessen des Schuldners durch Erkennbarkeit und Zumutbarkeit der Haftungserweiterung Rechnung getragen wird und der Dritte schutzbedürftig ist (vgl. nur BGH NJW 2008, 2245 Rn. 27, BGH WM 2011, 2335 Rn. 6 und BGH WM 2013, 802 Rn. 25 je m.w.N.).
51 
Das durch die Rechtsprechung entwickelte Institut des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter beruht auf einer maßgeblich durch das Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB) geprägten ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB; vgl. BGH NJW 2004, 3035 juris-Rn. 12 u. BGH NJW 2014, 2345 Rn. 9). Ob insoweit ein rechtsgeschäftlicher Wille zur Einbeziehung besteht, hat der Tatrichter nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu ermitteln (BGH NJW 2014, 2345 Rn. 9 m.w.N.).
52 
(2) Gerade der Anwaltsvertrag erlaubt von seinem Wesen und seiner Struktur her aber nur in seltenen Fällen eine unmittelbar schadensersatzauslösende Einbeziehung Dritter in die aus dem Vertrag entstehenden Pflichten (BGH NJW 1977, 2073, juris-Rn. 17), denn er ist auf dem Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Anwalt aufgebaut und daher vom Inhalt her streng zweiseitig ohne Außenwirkung angelegt. Interessen Dritter am Ergebnis der anwaltlichen Tätigkeit können daher im Allgemeinen nicht zu einer Haftungserweiterung des Rechtsanwalts führen, selbst wenn diese Personen dem Rechtsanwalt benannt oder gar bekannt sind (BGH NJW 1977, 2073, juris-Rn. 17). Es darf also nur in Ausnahmefällen die Haftung des Vertragsschuldners gegenüber dem Vertragsgläubiger um eine Haftung gegenüber einem Dritten erweitert werden (vgl. auch G. Fischer in: G.Fischer/Vill/D.Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 10 Rn. 11; im Folgenden: Fischer/Bearbeiter). Ist die Wahrung eines Drittinteresses von den Vertragspartnern nicht zum Gegenstand des Vertrages gemacht worden, sind Nachteile eines Dritten, die durch den Vertragsschuldner in Zusammenhang mit seiner Vertragsleistung ausgelöst werden, grundsätzlich „reine Reflexwirkung“, die keinen vertraglichen Schadensersatzanspruch begründen (BGH NJW 1977, 2073 juris-Rn. 17, 2074; Fischer/D. Fischer, a.a.O., Rn. 6). Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte darf nämlich nicht die Grenzen zwischen Vertrags- und Deliktshaftung aufheben und zu einer uferlosen deliktischen Generalklausel werden (vgl. BGH NJW 2004, 3630 juris-Rn. 20 u. Fischer/D. Fischer, a.a.O., § 10 Rn. 6 m.w.N.). Bei Vermögensschäden ist eine Beschränkung auf eng begrenzte Fälle geboten (BGH NJW 2008, 2245 Rn. 27 m.w.N.).
53 
b.b. Keine ausreichende „Leistungsnähe“ des Klägers
54 
Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an einer ausreichenden „Leistungsnähe“ des Klägers.
55 
Es ist im Wege der Auslegung zu prüfen, ob der zwischen Land und Beklagter geschlossene Anwaltsvertrag einen solch „seltenen Fall“ darstellt (BGH NJW 1977, 2073 juris-Rn. 17), in dem dem Kläger ein unmittelbarer Schadenersatzanspruch - im Wesentlichen wegen der Verletzung von Hauptleistungspflichten - zustehen kann. Der Kläger wirft der Beklagten in der Sache die Verletzung derartiger Hauptleistungspflichten vor. Er sei insbesondere „in der Frage der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer vorherigen Beteiligung des Landtages von Baden-Württemberg sowie in der Frage der rechtlichen Anforderungen an die pflichtgemäße Prüfung und Bewertung des Kaufgegenstandes“ mangelhaft beraten worden (Klagantrag Ziff. 2). Seinen Anspruch sieht er allerdings wegen der Verletzung von Schutzpflichten als begründet an (vgl. zuletzt etwa Schriftsatz vom 17.11.2015, S. 12).
56 
(1) Ob ein rechtsgeschäftlicher Wille zur Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrages besteht, hat - wie bereits oben ausgeführt - der Tatrichter nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu ermitteln (vgl. nur BGH NJW 2004, 3035 juris-Rn. 13 u. BGH NJW 2014, 2345 juris-Rn. 9 je m.w.N.). So kann eine abschließende vertragliche Regelung bereits der Annahme einer Vertragslücke, die durch ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden soll, entgegenstehen. Insbesondere können die Parteien wirksam vereinbaren, dass ein Dritter in den Schutzbereich aufgenommen oder - selbst wenn einer von ihnen der Schutz eines Dritten anvertraut ist - gerade nicht eingeschlossen sein soll (vgl. BGH NJW 2012, 3165 Rn. 15 u. 16 u. Fischer/D. Fischer, a.a.O., § 10 Rn. 66 m.w.N.).
57 
Die Auslegung richtet sich nach den §§ 133, 157 BGB.
58 
Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Nach § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Die §§ 133, 157 BGB gelten sowohl für die Auslegung von Verträgen als auch für die von einseitigen Rechtsgeschäften und einzelnen Willenserklärungen. Der Anwendungsbereich beider Vorschriften deckt sich. Sie sind bei der Auslegung nebeneinander heranzuziehen (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 157 BGB Rn. 1 m.w.N.).
59 
Dabei sind sowohl der Wortlaut der Erklärung als auch die Begleitumstände, vor allem die Entstehungsgeschichte, die Äußerungen der Parteien und deren Interessenlagen zu berücksichtigen sowie der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck. Geboten ist eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung; im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Parteien gerecht werdenden Ereignis führt, das mit den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs im Einklang steht (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 133 BGB Rn. 14-20 m.w.N.).
60 
Eine ergänzende Vertragsauslegung ist nur möglich, wenn eine Regelungslücke, das heißt eine planwidrige Unvollständigkeit gegeben ist. Sie ist gegeben, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zu Grunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 157 BGB Rn. 3 m.w.N.). Die ergänzende Vertragsauslegung hat dann den Zweck, Lücken der rechtsgeschäftlichen Regelung zu schließen (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 157 BGB Rn. 2 m.w.N.). Sie knüpft an den im Vertrag enthaltenen Regelungsplan der Parteien an und versteht diesen als eine Rechtsquelle, aus der unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte Regelungen für offen gebliebene Punkte abgeleitet werden können (vgl. BGHZ 9, 273 juris-Rn. 6 u. 7 sowie Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 157 BGB Rn. 2 m.w.N.). Für die ergänzende Vertragsauslegung ist § 157 BGB heranzuziehen (BGHZ 9, 273 juris-Rn. 7).
61 
(2) Vorliegend wurde keine ausdrückliche Vereinbarung über die Einbeziehung des Klägers in den Schutzbereich des Vertrages getroffen.
62 
Die Parteien behaupten nicht, dass eine mündliche Absprache über die Einbeziehung des Klägers erfolgt ist. Der schriftliche Vertrag zwischen Land und Beklagter wurde im Termin vom 17.11.2015 vorgelegt (vgl. Anlage zum Protokoll vom 17.11.2015). Der Einwand der Beklagten, dass sich hieraus - dieser Vertrag ist praktisch identisch mit dem zwischen Ne... und Beklagter, auf den die Beklagten stets abheben - ergebe, dass eine Einbeziehung des Klägers ausgeschlossen sei, ist unzutreffend.
63 
Die angesprochene Klausel lautet:
64 
„4. Weitergabe der Arbeitsergebnisse
65 
4. Die anwaltlichen Leistungen von G... L..., insbesondere schriftliche Stellungnahmen und Gutachten, sind ausschließlich für die Mandantin bestimmt und dürfen nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung durch G... L... an Dritte weitergegeben werden.
66 
4.2 Im Falle der Weitergabe der Arbeitsergebnisse von G... L... an Dritte ist die Mandantin darüber hinaus verpflichtet, mit den jeweiligen Dritten zu vereinbaren, dass die in Ziff. 3 (Haftung) festgelegten Regelungen auch den Dritten gegenüber gelten und dass die dort festgesetzten Haftungshöchstbeträge als Gesamtmaximalsumme für alle von der Haftungsbeschränkung erfassten Ansprüche von der Mandantin und Dritten gelten.
67 
4.3 Sollte die Mandantin die Arbeitsergebnisse von G... L... ohne deren Zustimmung an Dritte weitergegeben haben, wird die Mandantin die Partner, Rechtsanwälte und Mitarbeiter von G... L... von allen Ansprüchen Dritter freistellen, die auf einer unberechtigten Weitergabe der Arbeitsergebnisse von G... L... beruhen.“
68 
Nach systematischer Stellung im Vertragstext, Wortlaut und Zweck bezieht sich die Vertragsklausel Ziff. 4 (4.1 - 4.3) auf die Weitergabe von Arbeitsergebnissen durch die Mandantin an Dritte und die damit verbundenen haftungsrechtlichen Folgen im Fall der unberechtigten Weitergabe. Hierum geht es vorliegend allerdings nicht. Die schriftlich und mündlich erteilten Auskünfte und Ratschläge wurden bestimmungsgemäß dem Kläger oder ggf. vereinbarten dritten Personen (Kabinett) zur Kenntnis gebracht. Es liegt keine unberechtigte Weitergabe an Dritte vor. Der hier zu beurteilende Fall, ob die Beklagte dem Kläger als vormaligem Organ und Vertreter des Landes nach außen (Art. 50 LV) gegenüber persönlich haftet bzw. dieser in den Schutzbereich des Vertrages zwischen Land und ihr einbezogen ist, wird von der Vertragsklausel nicht geregelt.
69 
Diese Bestimmung kann deshalb nicht dahin ausgelegt werden, dass der Kläger ausdrücklich nicht in den Schutz des Vertrages einbezogen werden soll. Somit enthält der Vertrag bezüglich der hier zu klärenden Frage seiner Einbeziehung in den Schutzbereich eine Regelungslücke, die nach den oben genannten Grundsätzen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte zu schließen ist.
70 
Andererseits geht auch die Rüge des Klägers fehl, das Landgericht habe ohne entsprechende Feststellungen unterstellt, dass der tatsächliche Wille der Vertragsparteien gefehlt habe, den Kläger in den Schutzbereich des Vertrags einzubeziehen. Aus dem Vertrag ergibt sich ein solcher Wille nicht und der Kläger selbst behauptet einen solchen tatsächlichen Willen nicht und trägt insbesondere keinen Sachverhalt vor, aus dem sich ein solcher ergeben könnte.
71 
(3) Auch bei ergänzender Vertragsauslegung kommt die Einbeziehung des Klägers in den Schutzbereich nicht in Betracht.
72 
Im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung kann nicht festgestellt werden, dass die Vertragsparteien den Willen hatten, den Kläger in den Schutzbereich einzubeziehen. Es fehlt bereits - wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat - an der sog. Leistungsnähe.
73 
Wie sich das Merkmal der Leistungsnähe genau definiert, ist der Rechtsprechung nicht zu entnehmen. Es ist allerdings zu ersehen, dass es bei der Bestimmung des Merkmals der Leistungsnähe letztlich um das Risiko des Dritten in Bezug auf typische Begleiterscheinungen der Leistungspflicht und damit auf einen spezifischen Risikozusammenhang zwischen der vertraglich geschuldeten Leistung und seinen Interessen geht (vgl. Staudinger/Klumpp, BGB, Neubearb. 2015, § 328 BGB Rn. 111 u. BGH MDR 2011, 1471 Rn. 7 u. 9). Es ist erforderlich, dass die Rechtsgüter des Dritten durch die Vertragsleistung des Schuldners mit Rücksicht auf den Vertragszweck bestimmungsgemäß, typischerweise beeinträchtigt werden können (vgl. Fischer/D. Fischer, a.a.O., Rn. 8 m.w.N.). Eine lediglich mittelbare Betroffenheit reicht nicht aus (vgl. BGH NJW 2006, 830 Rn. 53: Kein Schutz zugunsten des Alleingesellschafters und Geschäftsführers bei einer Darlehensgewährung zugunsten der Gesellschaft). Es darf sich nicht um eine „reine Reflexwirkung“ handeln (BGH NJW 1977, 2073 juris-Rn. 17, 2074; Fischer/D. Fischer, a.a.O., Rn. 6). Der Bundesgerichtshof hat im zitierten Fall BGH WM 2011, 2713 (Steuerberaterhaftung) die Leistungsnähe des GmbH-Geschäftsführers bezüglich von Angaben und Erklärungen gegenüber den Steuerbehörden daraus abgeleitet, dass dieser nach den §§ 34, 69 Abgabenordnung (im Folgenden: AO) persönlich hafte, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis der GmbH infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Dieses Risiko der haftungsrechtlichen Inanspruchnahme des Geschäftsführers sei eine typische Begleiterscheinung pflichtwidrig verursachter Steuerfestsetzungen gegen eine zahlungsschwache GmbH, wenn ihr zur Begleichung der Steuerschuld später die Mittel fehlen (BGH, a.a.O., Rn. 9).
74 
Bei Beachtung der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung, insbesondere auch der abzuwägenden Interessen der Vertragsparteien, fehlt es an der Leistungsnähe des Klägers:
75 
Nach § 1 des Ministergesetzes Baden-Württemberg (im Folgenden: MinG) stehen die Mitglieder der Regierung nach Maßgabe dieses Gesetzes zum Land in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis. Dass sich hieraus eine Fürsorgepflicht des Landes dahingehend ergibt, dass der Ministerpräsident gegen die Folgen einer unzutreffenden Rechtsberatung gegenüber dem Land durch beauftragte Rechtsanwälte zivilrechtlich abzusichern wäre, ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst erkennbar. Die allgemeinen Formulierungen, das Land schulde ihm „Schutz und Fürsorge („Wohl und Wehe“)“ und müsse „zur Vermeidung ansonsten notwendiger weiterer Beratungskosten“ seine Einbeziehung in den Vertrag wünschen (vgl. Schriftsatz vom 17.11.2015, S. 13), führen allein nicht weiter.
76 
Der Kläger haftete dem Land insbesondere nicht nach § 48 Beamtenstatusgesetz (im Folgenden: BeamtStG). Hiernach haben Beamtinnen und Beamte, die vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihnen obliegenden Pflichten verletzen, dem Dienstherrn, dessen Aufgaben sie wahrgenommen haben, zwar den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Norm ist allerdings auf beamtenähnliche öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse nicht anwendbar (vgl. v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, 18. Update 7/15, § 48 BeamtStG Rn. 23). Nach § 1 MinG stehen die Mitglieder der Regierung gerade in einem solchen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis. Der Ministerpräsident ist somit kein Beamter i.S.v. § 48 BeamtStG.
77 
- Dem Kläger drohte im Fall einer Falschberatung des Landes durch die Beklagte auch nicht, dass durch eine Anklage nach Art. 57 Abs. 1 LV Schadensersatzansprüche gegen ihn geltend gemacht werden.
78 
Nach Art. 45 Abs. 1 LV übt die Regierung die vollziehende Gewalt aus. Diese besteht aus dem Ministerpräsidenten und den Ministern (Art. 45 Abs. 2 LV). Der Ministerpräsident vertritt das Land nach außen (Art. 50 LV). Nach Art. 57 Abs. 1 LV können Mitglieder der Regierung wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der Verfassung oder eines anderen Gesetzes auf Beschluss des Landtags vor dem Staatsgerichtshof angeklagt werden. Nach § 36 Abs. 2 Staatsgerichtshofgesetz Baden-Württemberg kann eine Verurteilung nur lauten auf die Einstellung des Verfahrens, die Freisprechung oder die Feststellung, dass der Angeklagte sich einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung der Verfassung oder eines anderen Gesetzes schuldig gemacht hat. Mit der Feststellung kann die Aberkennung des Amtes oder die ganze oder die teilweise Entziehung der Versorgungsansprüche verbunden werden (vgl. zu diesen Folgen auch Art. 57 Abs. 3 LV). Es geht bei der Ministeranklage also nicht um die Feststellung von Schadensersatzansprüchen gegen ein Regierungsmitglied.
79 
Es kann damit keine Rede davon sein, dass die haftungsrechtliche Inanspruchnahme des Ministerpräsidenten eine typische Begleiterscheinung einer unzutreffenden rechtlichen Beratung des Landes darstellt (vgl. zu diesem Kriterium: BGH WM 2011, 2334 juris-Rn. 9 u. Staudinger/Klumpp, a.a.O., § 328 BGB Rn. 111 m.w.N.). Die vermögensrechtlichen Folgen rechtswidrigen Handelns des Ministerpräsidenten aufgrund etwaiger fehlerhafter anwaltlicher Beratung treffen regelmäßig das Land und nicht ihn selbst.
80 
- Der Umstand, dass Kosten für die Rechtsverteidigung in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren anfallen oder die Karriere bzw. das berufliche Fortkommen beeinträchtigt werden, stellen lediglich mittelbare Folgen dar, die nicht zur Einbeziehung in den Schutz des Vertrages zwischen Land und Beklagter führen.
81 
Es besteht regelmäßig für jeden Bürger (und auch jeden Beamten, Richter etc.) die allgemeine Gefahr, im Falle eines Verdachtes auf ein strafrechtlich relevantes Handeln sich in einem Ermittlungsverfahren verteidigen zu müssen. Es liegt im Interesse des Landes, dem Verdacht auf die Begehung einer Straftat nachzugehen und die Ermittlungen der eigenen Staatsanwaltschaft, deren Aufgabe es ist, auch entlastende Umstände zugunsten des Beschuldigten zu ermitteln (§ 160 Abs. 2 StPO), nicht im Wege zu stehen, sondern vielmehr diese zu fördern. Es fehlt daher bereits an einem Interesse des Landes als Vertragspartei, den Kläger diesbezüglich besonders zu schützen.
82 
Das Gleiche gilt für ein etwaiges Verfahren der Ministeranklage und das Verfahren des Untersuchungsausschusses des Landtags von Baden-Württemberg.
83 
- Auch der Umstand, dass der Kläger ein Interesse daran hat, „rechtmäßig“ zu handeln, stellt kein Kriterium dar, das seine Einbeziehung in den Schutzbereich begründen könnte. Vermögensrechtliche Folgen pflichtwidrigen Handelns treffen - wie oben ausgeführt - regelmäßig das Land und gegebenenfalls nur mittelbar (wenn etwa eine vorsätzliche Tat vorliegt) den Kläger.
84 
Diese Erwägungen gelten jedenfalls bezüglich der Vorwürfe, die sich auf Probleme bei der Wertermittlung der Aktien und angeblich der Käuferin ungünstiger Vertragsklauseln beziehen. Diese Punkte betreffen zunächst die wirtschaftlichen Risiken der Ne... und erst über die vereinbarte Garantie auch das Land. Rechtsgüter des Klägers sind hierdurch nicht typischerweise gefährdet.
85 
Etwas anderes kann unter Umständen bezüglich der behaupteten unzureichenden Belehrung bezüglich Art. 81 LV gelten, allerdings nicht bezogen auf den Kläger, sondern allein auf den Finanzminister. Letzterer musste eigenverantwortlich die Entscheidung treffen, ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen. Da dies auch für die Beklagten erkennbar war und es nicht fern liegt, dass die rechtliche Beurteilung der Beklagten gerade auch der Entscheidungsfindung des Finanzministers dienen sollte, könnte hier eine Leistungsnähe eher in Erwägung gezogen werden, obwohl die Feststellung einer solchen letztlich an der fehlenden persönlichen Haftung des Finanzministers scheitern würde. Insoweit gilt das Gleiche wie bezüglich des Klägers.
86 
Dieser Aspekt gilt aber nicht gleichermaßen für den Kläger. Diesem oblag gerade nicht die spezifische Pflicht, die Entscheidung nach Art. 81 LV zu treffen, sondern nur die allgemeine, sich gesetzestreu zu verhalten.
87 
Eines Hinweises der Beklagten auf § 65 LHO bedurfte es nicht, da durch die Übersendung des vom Kläger beauftragten „W...-Vermerkes“ bekannt war, dass der Kläger hiervon Kenntnis hatte.
88 
Eines Hinweises auf § 7 LHO bedurfte es nicht, da die Beklagte davon ausgehen durfte, dass dem Ministerpräsidenten eines Landes, der dazuhin zuvor jahrelang Minister und Landtagsabgeordneter war, selbstverständlich bekannt ist, dass für jegliche Ausgaben des Landes die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit zu beachten sind. Geht man entgegen dieser Auffassung davon aus, dass im Hinblick auf diese Punkte doch eine Pflichtverletzung der Beklagten zu bejahen ist, dann gelten insoweit die obigen Ausführungen, wonach der Kläger nicht in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen ist.
89 
Es ist auch nicht erkennbar, dass sich die Leistungsnähe oder die Einbeziehung des Klägers in den Schutzbereich des Vertrags aus anderer höchstrichterlicher Rechtsprechung, die zu bestimmten Fallgruppen im Rahmen des Anwaltshaftungsrechts ergangen ist, ergibt:
90 
- Es geht vorliegend nicht um eine Schutzwirkung für Angehörige des Auftraggebers (vgl. zu dieser Fallgruppe: Fischer/D. Fischer, a.a.O., § 10 Rn. 17 m.w.N.).
91 
- Des Weiteren kann auch keine Parallele zu Verträgen mit Schutzwirkung für GmbH-Geschäftsführer oder Gesellschafter, etwa den gerade erörterten Fall, ob ein Vertrag mit einer GmbH Schutzwirkung für deren Geschäftsführer entfaltet, gezogen werden (vgl. zu weiteren Einzelfällen: Fischer/D. Fischer, a.a.O., § 10 Rn. 22 u. 23 m.w.N.). Die Stellung des Ministerpräsidenten ist mit derjenigen eines Geschäftsführers - insbesondere auch haftungsrechtlich, wie oben dargestellt, - nicht auf eine Stufe zu stellen.
92 
Selbst bei einem GmbH-Geschäftsführer reicht das allgemeine Haftungsrisiko nach § 43 GmbHG nicht aus, stets bei Beratungsverträgen der GmbH in deren Schutzbereich einbezogen zu werden. Es bedarf hierfür vielmehr besonderer Konstellationen, beispielsweise des erkennbaren Risikos einer Haftung gegenüber Dritten, sei es nach §§ 34, 69 AO (vgl. BGH WM 2011, 2334), sei es aufgrund verspäteter Insolvenzantragstellung (vgl. BGH NJW 2012, 3165).
93 
Ein relevantes Haftungsrisiko gegenüber der GmbH selbst besteht typischerweise nicht, da der Geschäftsführer, der sich auf den eingeholten Rechtsrat verlässt, regelmäßig nicht schuldhaft handelt.
94 
Dies gilt verstärkt in Bezug auf den Kläger, da es für diesen im Verhältnis zum Land bereits an einer Anspruchsgrundlage für eine Haftung fehlt. Anhaltspunkte für eine mögliche Haftung gegenüber Dritten sind weder erkennbar, noch werden solche dargelegt.
95 
- Schließlich ist auch kein Vergleich zu ziehen zu den Fallgruppen, bei denen Dritte im Falle der Erstellung eines Gutachtens, der Erteilung einer Auskunft, der Prüfung einer Bilanz oder eines Jahresabschlusses, eines Testats etc. in den Schutzbereich mit einbezogen werden (vgl. Fischer/D. Fischer, a.a.O., § 10 Rn. 24 ff.).
96 
Diesen Fälle ist gemein, dass eine von Sachkunde geprägte Stellungnahme oder Begutachtung zu dem Zweck, das Vertrauen eines Dritten zu erwecken - für den Sachkundigen hinreichend erkennbar - erstellt und bestimmungsgemäß Grundlage für dessen Entscheidung mit wirtschaftlichen Folgen für ihn persönlich wird. Das Gutachten oder Testat ist in diesen Fällen erkennbar zum Gebrauch gegenüber Dritten bestimmt und deshalb nach dem Willen des Bestellers mit einer entsprechenden Beweiskraft ausgestattet (vgl. etwa BGH NJW 214, 2345 Rn. 14 u. NJW 2004, 3035 Rn. 13). Vorliegend wurde die Beklagte nicht gutachterlich (bzw. beratend) tätig, um den Kläger zu bestimmten Entscheidungen von wirtschaftlicher Tragweite für ihn persönlich zu veranlassen. Der Kläger hat die Leistungen nicht als Dritter, sondern als Mitglied der Regierung und Vertreter des Landes nach außen (Art. 45 u. 50 LV) entgegengenommen, um für das Land Entscheidungen zu treffen, die dieses und nicht ihn persönlich direkt wirtschaftlich treffen.
97 
Im Ergebnis ist dem Kläger zwar zuzugestehen, dass er mit der Leistung der Beklagten unmittelbar in Kontakt gekommen ist, doch genügt dies nicht für die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderte Leistungsnähe. Das Risiko des Eintritts wirtschaftlicher Nachteile, das sich für den Kläger realisiert haben mag, stellt nicht die typische Begleiterscheinung einer falschen anwaltlichen Beratung des Landes dar. Es lässt sich bereits hiernach nicht feststellen, dass die Vertragsparteien den Kläger in den Schutzbereich einbeziehen wollten. Der Vertrag kann daher nicht in diesem Sinne zugunsten des Klägers ausgelegt werden.
98 
Ob die weiteren Voraussetzungen, die die Rechtsprechung für das Vorliegen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter postuliert, vorgelegen haben, kann dahinstehen.
99 
2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Beklagten gemäß §§ 675, 611, 280, 31 BGB i.V.m. 8 Abs. 2 PartGG und den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gem. § 328 BGB analog zu.
100 
Zwar kommt in der vorliegenden Konstellation, in der es um angebliche Pflichtverletzungen aus dem Jahr 2010 geht, eine persönliche Haftung des Beklagten gemäß § 8 Abs. 2 PartGG in Betracht. § 8 Abs. 4 PartGG, der die Möglichkeit einer Beschränkung der Haftung wegen fehlerhafter Berufsausübung auf das Gesellschaftsvermögen gewährt, ist erst mit Wirkung vom 19.07.2013 in Kraft getreten (BGBl. 2013 I, 2386). Nachdem aber bereits kein Anspruch gegen die beklagte Partnerschaft besteht, kann erst recht kein Anspruch gegen den Beklagten bestehen.
101 
3. Anhaltspunkte für eine deliktische Haftung wurden nicht dargelegt.
102 
§ 823 Abs. 1 BGB erfasst nicht die hier allein geltend gemachten Vermögensschäden. Ein Schutzgesetz, das zu einem Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB führen könnte, wird nicht aufgezeigt und ist nicht erkennbar. Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gemäß § 826 BGB kommt mangels jeglichen Sachvortrags des Klägers hierzu nicht in Betracht.
III.
103 
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
104 
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
105 
3. Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen.
106 
Die Fortbildung des Rechts durch eine Revisionsentscheidung ist erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzuzeigen oder Gesetzeslücken zu schließen (vgl. nur BGH NJW 2002, 3029 und Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 543 ZPO Rn. 12 m.w.N.).
107 
Der vorliegende Fall gibt Anlass, die Kriterien für die Voraussetzungen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, insbesondere das der sog. Leistungsnähe im Fall von behaupteten Vermögensschäden, genauer zu bestimmen.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR204/12 Verkündet am:
10. Juni 2015
Heinekamp
Amtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Felsch, Lehmann, die Richterin
Dr. Brockmöller und den Richter Dr. Schoppmeyer im schriftlichen Verfahren
gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 14. Mai 2015

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerseite gegen das Urteil des Landgerichts München I - 13. Zivilkammer - vom 8. Mai 2012 wird als unzulässig verworfen, soweit Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.
Im Übrigen wird die Revision der Klägerseite zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Klägerseite auferlegt.
Der Streitwert wird auf 1.876,66 € festgesetzt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerseite (Versicherungsnehmer/in: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Rentenversicherung.

2
Diese wurde aufgrund Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 2004 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit Schreiben vom 30. Dezember 2004 mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und eine schriftliche Belehrung über sein Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F.
3
D. VN zahlte bis September 2009 Prämien in Höhe von insgesamt 4.215,15 €. Einen zunächst von ihr unterzeichneten Stundungsvertrag, mit dem die monatlichen Beiträge ab Dezember 2009 gestundet werden sollten, widerrief d. VN mit Schreiben vom 19. November 2010. Zugleich kündigte d. VN den Versicherungsvertrag und der Versicherer zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom März 2011 erklärte d. VN den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. und mit Schreiben vom August 2011 den Widerruf nach §§ 495, 355 BGB a.F.
4
Mit der Klage verlangt d. VN insbesondere Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt 1.876,66 €.
5
Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können. Außerdem hätten die auf den Vertragsschluss gerichteten Erklärungen nach §§ 355, 495 BGB a.F. widerrufen werden können, weil es sich bei der vereinbarten unterjährigen Prämienzahlung um einen entgeltlichen Zahlungsaufschub i.S. von § 499 Abs. 1 BGB a.F. handele. Schließlich habe d. VN Anspruch auf Schadensersatz im Hinblick auf die sogenannte Kick-back-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
6
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist bezüglich eines Schadensersatzanspruchs als unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen ist sie unbegründet.
8
A. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verneint. D. VN habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Die Widerspruchsfrist sei als Folge der Übersendung des Versicherungsscheins nebst allen Unterlagen in Gang gesetzt worden. Die erteilte Widerspruchsbelehrung sei drucktechnisch deutlich hervorgehoben und umfasse Beginn und Dauer der Widerspruchsfrist sowie die Form des Widerspruchs. Innerhalb der 30-tägigen Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. habe d. VN den Widerspruch nicht erklärt. Die Regelung des Policenmodells verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung. Ein Widerrufsrecht nach § 355, § 495 Abs. 1 a.F., § 499 Abs. 1 BGB und ein Anspruch auf Schadensersatz bestehe nicht.


9
B. Die Revision ist mangels Zulassung hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs nicht zulässig.
10
Sie ist nur statthaft, soweit das Berufungsgericht den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 VVG a.F. und den Widerruf nach §§ 495, 355 BGB für unwirksam erachtet hat.
11
Es hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung beschränkt auf die Fragen zugelassen, ob die Vorschriften des § 5a VVG a.F. den Regelungen der Europäischen Union entsprechen und hinsichtlich der Möglichkeit eines Widerrufs wegen unterjähriger Prämienzahlung. Diese in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 11). Der dem Bereicherungs- und Rückgewähranspruch zugrunde liegende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem für einen Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss maßgeblichen Prozessstoff beurteilt werden. Im Übrigen hätte die Revision insoweit auch in der Sache keinen Erfolg. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Rechtsprechung zu den Aufklärungspflichten einer anlageberatend tätigen Bank über Innenprovisionen und von ihr vereinnahmten Rückvergütungen nur in Fällen einer Kapitalanlageberatung durch die Bank gilt (BGH, Urteile vom 29. November 2011 - XI ZR 220/10, NJW-RR 2012, 416, 420 Rn. 39 und vom 1. Juli 2014 - XI ZR 247/12, WM 2014, 1621, 1623 Rn. 19 ff.).

12
C. Die Revision hat, soweit sie zulässig ist, keinen Erfolg.
13
I. Hinsichtlich eines Rückgewähranspruchs nach §§ 495, 355 BGB hat der Senat mit Urteil vom 6. Februar 2013 (IV ZR 230/12, BGHZ 196, 150) entschieden, dass die vertraglich vereinbarte unterjährige Zahlungsweise von Versicherungsprämien keine Kreditgewährung in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs ist. Im Ergebnis steht das Berufungsurteil im Einklang mit dem vorgenannten Senatsurteil, dessen Ausführungen hier entsprechend gelten. Gesichtspunkte, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.
14
II. D. VN kann auch nicht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB Rückzahlung der Prämien verlangen.
15
1. Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen des Versicherungsvertrages sind hier erfüllt. Nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation und entgegen der Ansicht der Revision auch eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung in drucktechnisch deutlicher Form. Die Revision beanstandet weiter ohne Erfolg, dass der Adressat des Widerspruchs nicht klar erkennbar sei. Dieser steht mit vollständiger Anschrift deutlich sichtbar am Ende der ersten Seite des Begleitschreibens. D. VN weiß, dass Vertragspartner der Versicherer ist. Schließlich ist - anders als die Revision meint - in der Widerspruchsbelehrung kein Hinweis dazu erforderlich , dass der Widerspruch ohne Angabe von Gründen erklärt werden kann. Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 30-tägigen Widerspruchsfrist erklärte d. VN den Widerspruch nicht.
16
2. Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. Wirksamkeitszweifeln unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 2015 - 2 BvR 2437/14, WM 2015, 514 Rn. 30 ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D. VN ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten. Die Treuwidrigkeit liegt darin, dass d. VN nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diesen jahrelang unter regelmäßiger Prämienzahlung durchführte und erst dann von dem Versicherer, der auf den Bestand des Vertrags vertrauen durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages Rückzahlung aller Prämien verlangte (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsurteil vom 16. Juli 2014 aaO Rn. 32-42; BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 2015 aaO Rn. 42 ff.). D. VN verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist blieb bei Vertragsschluss 2004 ungenutzt. D. VN zahlte rund fünf Jahre die Versicherungsprämien und ließ sich die Beiträge ab Dezember 2009 zunächst stunden, erst im November 2010 erfolgte die Kündigung, wobei nochmals einige Monate bis zur Erklärung des Widerspruchs vergingen. Die jahrelangen Prämienzahlungen der bereits 2004 über die Möglichkeit , den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten VN haben bei dem Versicherer ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet, was für d. VN auch erkennbar war.
Mayen Felsch Lehmann
Dr. Brockmöller Dr. Schoppmeyer

Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 18.11.2011- 251 C 21793/11 -
LG München I, Entscheidung vom 08.05.2012- 13 S 28520/11 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.