Oberlandesgericht Köln Urteil, 11. Aug. 2015 - 15 U 26/15
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 14.1.2015 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 30.1.2015 (28 O 431/12) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.5.2014 sowie Anwaltskosten in Höhe von 597,74 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.5.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 62 % und die Beklagte zu 38 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 73 % und die Beklagte zu 27 %.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Die Klägerin macht gegen die Beklagte im Rahmen der Leistungsstufe einer Stufenklage einen Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr wegen Verwendung eines sie zeigenden Standbildes aus einem Fernsehfilm in einem Werbekatalog geltend. Über die früheren Anträge auf Unterlassung der (weiteren) Nutzung sowie auf Auskunft zum Umfang der Werbemaßnahmen der Beklagten ist zugunsten der Klägerin bereits durch rechtskräftiges Urteil des Senats vom 5.11.2013 (15 U 44/13, Bl. 207 d.A.) entschieden worden. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 18.11.2013 (Bl. 249 d.A.) die geforderte Auskunft zu Kosten und Umfang der Werbekampagne erteilt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Bl. 408 ff. d.A.) Bezug genommen.
4Mit Urteil vom 14.1.2015, auf dessen Inhalt (Bl. 408 ff. d.A.) hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge Bezug genommen wird, hat das Landgericht der über einen fiktiven Lizenzbetrag von 150.000 Euro erhobenen Klage in Höhe von 75.000 Euro stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, die Beklagte schulde aufgrund der Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin in Form des Rechts am eigenen Bild eine fiktive Lizenzgebühr nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB, deren Höhe nach § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände zu schätzen sei. Dabei sei zugunsten der Klägerin ihr hoher Bekanntheits- und Sympathiewert zu berücksichtigen, da sie in vielen deutschlandweit bekannten Fernseh- und Kinofilmen mitgewirkt habe. Auch ihr Werbewert sei – belegt durch den vorgelegten Werbevertrag aus dem Jahre 2010 – als hoch einzuschätzen. Schließlich müsse auch der Verbreitungsgrad der Werbemaßnahme sowie die Tatsache, dass die Klägerin in der Vergangenheit weder für Fernsehgeräte noch für einen Groß- oder Einzelhändler werbend tätig geworden sei, zu ihren Gunsten bei der Bemessung der Lizenzgebühr berücksichtigt werden. Zugunsten der Beklagten hat die Kammer im Rahmen der Schätzung die geringe Eingriffsintensität und den begrenzten Zeitraum der Werbemaßnahme von einer Woche sowie den Umstand berücksichtigt, dass die Fotos der Klägerin in einem von wöchentlich mehreren erscheinenden Angebotskatalogen der Beklagten mit mehr als 100 verschiedenen Produktangeboten auf den hinteren Seiten in mittleren Format abgebildet wurden.
5Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Abweisungsantrag hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr weiter. Sie macht geltend, die Beklagte habe schon nichts im Sinne von § 812 Abs. 1 BGB erlangt, weil die Art und Gestaltung der Anzeige in einer Form erfolgt sei, für die eine unentgeltliche Nutzung marktüblich und angemessen sei. Die Beklagte bestreitet den hohen Bekanntheitswert der Klägerin und ist der Ansicht, ein solcher lasse auch keinen Rückschluss auf die Höhe der Lizenzgebühr zu, weil die Klägerin in der betreffenden Werbung nicht als Person, sondern als Filmfigur abgebildet werde. Der Aufmerksamkeitswert, den die beanstandete Werbung hervorrufe, werde maßgeblich durch die eingeblendeten Preis- und Eigenschaftsangaben der Fernsehgeräte beeinflusst und nicht durch die Person der Klägerin. Diese werde schon dadurch „entlohnt“, dass die Aufnahme des Bildes in die Werbung das Interesse an dem betreffenden Spielfilm sowie der DVDs und damit auch die Einnahmen der Klägerin steigere. Da die Anzeige lediglich für den Zeitraum von einer Woche in einem Katalog enthalten gewesen, der sich an Gewerbetreibende und Selbständige richte, die von der Beklagten wöchentlich eine Vielzahl an Katalogen erhielten, würde dem einzelnen Bild bzw. Produkt keine große Aufmerksamkeit geschenkt. Selbst wenn man den von der Klägerin vorgelegten Werbevertrag aus dem Jahre 2010 als Indiz für ihren Werbewert heranziehen wolle, ergebe bereits die Umrechnung der dort gezahlten Vergütung auf die Dauer der streitgegenständlichen Werbemaßnahme deutlich geringere Werte für eine fiktive Lizenzgebühr.
6Die Beklagte beantragt,
7unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 14.1.2015 (28 O 431/12) die Klage insgesamt abzuweisen.
8Die Klägerin beantragt,
9die Berufung zurückzuweisen.
10Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertieft ihre erstinstanzlichen Ausführungen. Ihr hoher Bekanntheitsgrad sei vom Landgericht aus öffentlich zugänglichen Quellen ermittelt worden und könne daher als gerichtsbekannt zugrunde gelegt werden. Die Klägerin ist der Ansicht, entscheidend für die Bemessung der Lizenzgebühr sei nicht, ob sie als Person oder in einer Filmrolle in der Werbung erkennbar sei, sondern wie ihr Werbewert und die Verbreitung der Werbemittel durch die Beklagte einzustufen seien. Auch die enorme Finanzkraft der Beklagten und ihres Mutterkonzerns müssten im Rahmen der Schätzung Berücksichtigung finden. Dagegen sei für die Höhe der Lizenzgebühr unbeachtlich, ob die konkrete Werbemaßnahme als Image- oder als Aufmerksamkeitswerbung gestaltet sei, da ein bekanntes Gesicht wie das der Klägerin in besonderem Maße die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das Produkt lenke. Da die Kernkompetenz der Klägerin im Bereich des Fernsehens liege, bestehe ein innerer Zusammenhang zwischen ihr und dem beworbenen Produkt, was für die Zubilligung einer hohen Lizenzgebühr spreche. Die Klägerin bestreitet mit Nichtwissen, dass die unentgeltliche Verwendung von Standbildern für Fernsehgerätewerbung marktüblich sei und dass die Beklagte auch unter Verwendung des streitgegenständlichen Bildes keine gesteigerten Verkaufszahlen der beworbenen Fernsehgeräte verzeichnen konnte. Das Honorar des von ihr vorgelegten Werbevertrages aus dem Jahre 2010 könne nicht auf eine wochenweise Vergütung umgerechnet werden, weil ihr Werbewert unabhängig von Art, Umfang und Dauer eine Kampagne die hohen Beträge rechtfertige.
11Hinsichtlich des weiteren Sachvortrages der Parteien in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
12II.
13Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Zwar haftet sie der Klägerin dem Grunde nach auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr, weil sie durch die werbliche Präsentation der im Katalog angebotenen Fernsehgeräte die Klägerin rechtswidrig in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in der Ausformung des Rechts am eigenen Bild verletzt hat. Im Rahmen der durch § 287 ZPO gebotenen Schätzung ist jedoch in Abweichung von der erstinstanzlichen Entscheidung lediglich eine fiktive Lizenzgebühr in Höhe von 20.000 Euro als angemessen anzusehen.
14Im Einzelnen:
151. Soweit die Beklagte sich schon dem Grunde nach gegen die Zubilligung einer fiktiven Lizenzgebühr wendet und in diesem Zusammenhang geltend macht, zum einen sei die Art und Gestaltung der Anzeige in einer Form erfolgt, für die eine unentgeltliche Nutzung des Standbildes marktüblich sei und zum anderen liege eine reine Aufmerksamkeitswerbung vor, da das Bildnis der Klägerin in der konkreten Verwendung gerade nicht den Eindruck erwecke, dass sie sich mit den beworbenen Fernsehgeräten identifiziere oder sie anpreise, bleibt dies ohne Erfolg:
16a. Nach der inzwischen rechtskräftigen Entscheidung des Senats vom 5.11.2013 (15 U 44/13) hat die Beklagte durch die Verwendung des Standbildes der Klägerin für die werbliche Präsentation der in dem Katalog angebotenen Fernsehgeräte diese rechtswidrig in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in der Ausformung des Rechts am eigenen Bild verletzt. Schon damit steht dem Grunde nach fest, dass die Klägerin Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr hat. Denn stellt – wie im vorliegenden Fall – die kommerzielle Nutzung eines Bildes einen rechtswidrigen Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild dar, dann begründet dies einen Anspruch aus Eingriffskondiktion auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.2012 – I ZR 234/10, „Playboy am Sonntag“, juris Rn. 42; BGH, Urt. v. 20.3.2012 – VI ZR 123/11, juris Rn. 24; BGH, Urt. v. 11.3.2009 – I ZR 8/07, „Wer wird Millionär?“, juris Rn. 34; BGH, Urt. v. 26.10.2006 – I ZR 182/04, „Rücktritt des Finanzministers“, juris Rn. 10). Ob der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin im vorliegenden Fall als eher gering einzustufen ist, weil es sich um eine bloße Aufmerksamkeitswerbung ohne Empfehlungscharakter oder Imagetransfer handelt und ob bzw. in welchem Umfang der Werbewert der Klägerin beeinträchtigt wird, spielt bei der Frage, ob der Lizenzgebührenanspruch dem Grunde nach besteht, keine Rolle (vgl. auch BGH, Urt. v. 20.3.2012 – VI ZR 123/11, juris Rn. 23). Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 11.3.2009 (I ZR 8/07, „Wer wird Millionär?“, juris Rn. 31) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die unbefugte kommerzielle Nutzung eines Bildes, die den Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB auslöst, nicht nur dann in Betracht kommt, wenn durch die Aufmachung des Bildes der Eindruck entsteht, die prominente Person identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt oder preise es an. Die einwilligungsfreie Nutzung eines Bildes sei vielmehr auch dann nicht gerechtfertigt, wenn es dem Werbenden ausschließlich darum gehe, durch ein unmittelbares Nebeneinanderstellen der Ware und der abgebildeten Person das Interesse der Öffentlichkeit an der Person und deren Beliebtheit auf die Ware zu übertragen. Diese Voraussetzungen bejahend hat der Senat in der Entscheidung vom 5.11.2013 (15 U 44/13) zum Unterlassungsanspruch ausgeführt: „Die Präsentation eines beworbenen Fernsehgerätes mit dem Bildnis einer schönen und bekannten Schauspielerin – noch dazu in einem aus einem verhältnismäßig bekannten Spielfilm stammenden Szenenbild – ist geeignet, die Blicke des Lesers einzufangen und die Aufmerksamkeit auch auf das solcherart „dekorierte“ technische Produkt zu lenken“.
17b. Auch soweit die Beklagte mit ihrer Berufung geltend macht, für die wöchentlich von ihr verschickten Werbeprospekte würden üblicherweise gestalterische Elemente (Abbildungen oder Fotos) verwendet, die unentgeltlich zur Verfügung stünden, weil eine andere Handhabe bereits unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht tragbar sei (Bl. 492 d.A.) und sie zudem durch die Werbemaßnahme keine höheren Absatzzahlen habe verzeichnen können, steht dies dem Anspruch der Klägerin dem Grunde nach nicht entgegen. Es liegt allein im (wirtschaftlichen) Risikobereich der Beklagten, ihren Katalog in einer Art und Weise zu gestalten, dass die Werbemaßnahme sich nicht aufgrund dabei erfolgter Rechtsverletzungen im Ergebnis als unwirtschaftlich darstellt. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr bemisst sich danach, was vernünftige Vertragspartner anstelle der Parteien im Einzelfall vereinbart hätten und nicht allein daran, ob eine Zahlung an die Klägerin für die Beklagte wirtschaftlich auskömmlich oder gar vorteilhaft gewesen wäre. Soweit die Klägerin das betreffende Standbild vergütungsfrei für die Bewerbung der Filmprodukte (DVDs und Blue-Rays) zur Verfügung gestellt hat, entlastet dies die Beklagte ebenfalls nicht. Denn zum einen kann sie sich – wie bereits in der Entscheidung des Senats vom 5.11.2013 (15 U 44/13) dargelegt – weder auf eine darin liegende Einwilligung der Klägerin berufen noch kann eine mutmaßliche Einwilligung der Klägerin unterstellt werden, da sie lediglich den Film bewerben wollte, nicht jedoch Abspielgeräte, zu deren Verkauf ihre schauspielerische Tätigkeit keinen wirtschaftlichen Bezug aufweist.
18c. Der Hinweis der Beklagten darauf, dass die Klägerin keinen ihr durch die Werbemaßnahme entstandenen Schaden dargelegt oder bewiesen habe, ist schließlich ebenfalls irrelevant, weil es im Rahmen des vorliegenden Bereicherungsanspruchs nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB gerade nicht der Darlegung eines konkreten Schadens bedarf, sondern der Umfang der Bereicherung über die sog. Lizenzanalogie bestimmt wird, die in Anbetracht des schwierigen Nachweises eines konkret entgangenen Gewinns oder der Höhe des Verletzergewinns über eine erleichterte Schadensberechnung Ausgleich schaffen soll.
192. Die Berufung der Beklagten hat jedoch insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Höhe der vom Landgericht zuerkannten fiktiven Lizenzgebühr richtet. Denn unter Berücksichtigung der nach § 287 ZPO zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls ist vorliegend nur eine fiktive Lizenzgebühr in Höhe von 20.000 Euro als angemessen anzusehen.
20Im Einzelnen:
21a. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist bei der Bestimmung einer angemessenen Lizenzgebühr darauf abzustellen, welches Entgelt vernünftige Vertragspartner in der Lage der Parteien als angemessenes Honorar für die werbemäßige Verwertung eines Bildes ausgehandelt hätten. Dabei sind alle tatsächlichen Umstände des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere der Bekanntheitsgrad und der Sympathie-/Imagewert der Abgebildeten, die Auflagenstärke und Verbreitung der Werbeanzeige, die Art und Gestaltung der Anzeige sowie die Werbewirkung der Bildveröffentlichung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 5.3.2009 – 1 BvR 127/09, juris Rn. 23; BGH, Urt. v. 26.10.2006 – I ZR 182/04, „Rücktritt des Finanzministers“, juris Rn. 12; OLG München, Urt. v. 17.1.2003 – 21 U 2664/01, juris Rn. 15).
22In diesem Zusammenhang ist der Inhalt des von der Klägerin vorgelegten Werbevertrages aus dem Jahre 2010 als Grundlage für eine Schätzung nach § 287 ZPO heranzuziehen. Aus einem einzelnen Vertrag kann zwar nicht zwingend geschlossen werden, dass dieses Entgelt für eine mit der Klägerin gestaltete Werbemaßnahme generell „üblich“ ist. Ein solcher zwingender Schluss ist für § 287 ZPO aber auch nicht erforderlich, denn in dessen Anwendungsbereich sind die Anforderungen an das Beweismaß verringert, so dass ein Vollbeweis im Sinne von § 286 ZPO gerade nicht geführt werden muss (vgl. OLG Köln, Urt. v. 24.2.2012 – 6 U 176/11, juris Rn. 24). Es ist vielmehr ausreichend, dass der Betroffene eine hinreichende Grundlage für die Schätzung vorträgt und diese ggf. beweist. Soweit die Beklagte den betreffenden Werbevertrag als taugliche Grundlage einer Schätzung in Zweifel zieht, kann den solchermaßen geäußerten Bedenken dadurch Rechnung getragen werden, dass Abweichungen des vorliegenden Sachverhalts vom Inhalt des Werbevertrages bei der Schätzung berücksichtigt werden.
23Soweit die Klägerin daneben auch Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens dazu angeboten hat, dass ihr Werbewert im Zeitpunkt der Bildveröffentlichung durch die Beklagte mindestens genauso hoch war wie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Werbevertrages (Bl. 225, 226 d.A.), dass bei sog. Testimonialverträgen üblicherweise Exklusivität für den betreffenden Produktbereich eingeräumt wird (Bl. 226 d.A.) und dass es sich vergütungserhöhend auswirken muss, dass ihr Werbewert durch Verwendung des Bildes auf verschiedenen Fernsehgeräten insgesamt vier Firmen zugute kam (Bl. 228 d.A.), musste diesem Beweisantritt nicht nachgegangen werden. Denn diese Umstände können jeweils als zutreffend unterstellt werden. Die Zurückweisung des Beweisangebotes ist auch nicht ermessensfehlerhaft, weil ein Gutachten hier nicht erforderlich ist, um eine tatsächliche Grundlagen für die andernfalls „in der Luft hängende“ Schätzung zu liefern oder weil das Gericht damit unter Anmaßung einer nicht vorhandenen Sachkunde auf fundierte Feststellungen zu einer zentralen Frage des Rechtsstreits verzichten würde (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 5.3.2009 – 1 BvR 127/09, juris Rn. 21). Denn aufgrund des von der Klägerin vorgelegten Werbevertrages sind ausreichende Anhaltspunkte für eine Schätzung der fiktiven Lizenzgebühr nach § 287 ZPO vorhanden.
24Soweit die Klägerin – von der Beklagten bestritten – vorträgt, inzwischen einen weiteren Werbevertrag abgeschlossen zu haben (Bl. 349 d.A.), können hieraus dagegen keine weiteren Anhaltspunkte für die Schätzung gewonnen werden. Denn die Klägerin hat über diesen Vertrag keine Details mitgeteilt und im Übrigen noch nicht einmal behauptet, dass ihre betreffende Tätigkeit für die „hochwertigen Gesichtspflegeprodukte“ in ähnlicher Höhe vergütet wird wie die für den vorgelegten Werbevertrag aus dem Jahre 2010.
25b. Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls, insbesondere des Bekanntheitsgrades und des Sympathie-/Imagewertes der Klägerin, der Auflagenstärke und Verbreitung der Werbeanzeige, der Art und Gestaltung der Anzeige sowie der Werbewirkung der Bildveröffentlichung ist auf der Basis der Inhalte des Werbevertrages aus dem Jahr 2010 davon auszugehen, dass vernünftige Vertragspartner in der Lage der Parteien als angemessenes Honorar für die werbemäßige Verwertung des Bildes der Klägerin durch die Beklagte einen Betrag von 20.000 Euro vereinbart hätten.
26aa. Dabei sind zugunsten der Klägerin bei der Schätzung der fiktiven Lizenzgebühr zunächst ihr hoher Bekanntheitsgrad und ihr Sympathiewert zu berücksichtigen, die zu einem insgesamt als hoch einzustufenden Werbewert führen. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob das Maß der Bekanntheit in der Person der Klägerin oder in den von ihr verkörperten Rollen begründet liegt und in welchen Zeiträumen sie auf welcher Bestenliste für deutsche Schauspieler auf welchem Platz geführt wurde. Selbst die Beklagte bestreitet nicht, dass der Klägerin als Schauspielerin ein nicht unerheblicher Bekanntheitsgrad in der Öffentlichkeit zukommt, der sich unstreitig im Jahre 2010 in einem lukrativen Werbevertrag niedergeschlagen hat. Ob die einzelnen Kunden bei Ansicht eines Bildnisses der Klägerin deren Namen wiedergeben können, ist für den Werbewert unerheblich; dies gilt insbesondere im vorliegenden Fall, in dem die Klägerin im Rahmen einer Aufmerksamkeitswerbung dargestellt wird und somit ihr (bekanntes) Aussehen als Blickfang und nicht Eigenschaften ihrer Person im Vordergrund stehen.
27Auch das Maß der Verbreitung der Werbemaßnahme der Beklagten ist mit dem des Werbevertrages aus dem Jahr 2010 vergleichbar: Der betreffende Werbespot wurde bundesweit ausgestrahlt – entsprechend wurden die Werbeprospekte der Beklagten in einer Stückzahl von 1,27 Mio. Printexemplare (Gültigkeit vom 1.3.2012 bis 7.3.2012) an die bei der Beklagten registrierten Kunden im gesamten Bundesgebiet verschickt und weitere 70.000 Exemplare lagen in den deutschen Märkten der Beklagten sowie in der Zentrale zur Mitnahme aus. Während des vorgenannten Zeitraums im März 2012 war der Katalog darüber hinaus auf der Internetseite der Beklagten abrufbar. Bei damit 1,34 Mio. Printexemplaren (die jeweils das Bild der Kläger auf drei verschiedenen Produkten beinhalteten) und einer nicht unerheblichen Zahl von Internetabrufen ist die Verbreitung einem Fernsehspot durchaus vergleichbar, auch wenn sich die Werbung der Beklagten nur an Gewerbetreibende und Selbständige richtet und nicht an das breite Fernsehpublikum.
28bb. Zugunsten der Beklagten sind jedoch auch Unterschiede zwischen der streitgegenständlichen Werbemaßnahme sowie dem Werbevertrag aus dem Jahre 2010 vorhanden, die gegen eine Übernahme der dort vereinbarten Größenordnung der Vergütung auf den vorliegenden Sachverhalt sprechen.
29Dies gilt zunächst für Art und Gestaltung der Anzeige der Beklagten. Das Bild der Klägerin ist auf den Seiten 32 und 33 und damit auf den hinteren Seiten eines 40 Seiten starken Prospektes enthalten, in dem neben den drei Fernsehgeräten nahezu 100 weitere Produkte von der Beklagten beworben werden. Des Weiteren handelt es sich um eine reine Aufmerksamkeitswerbung, bei der kein Image der Klägerin auf die beworbenen Fernsehgeräte übertragen wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch der Umstand, dass sie im Filmgeschäft tätig ist, nicht dazu, dass die angesprochenen Verkehrskreise ihrem Abbild auf einem Fernseher eine Aussage zu dessen Qualitäten beimessen würden. Denn allein die Tätigkeit als Schauspielerin, die über das Fernsehen wahrgenommen wird, führt nicht dazu, dass der Klägerin von dem angesprochenen Kundenkreis eine Expertenstellung hinsichtlich technischer Einzelheiten bzw. Vorzüge der von der Beklagten beworbenen Produkte zugemessen wird. Abweichend von diesem Sachverhalt wird im Werbevertrag von 2010 die Stellung der Klägerin als Testimonial für das dort beworbene Produkt festgelegt, die sich insbesondere dadurch ausdrückt, dass die Klägerin in dem betreffenden Werbespot als Hauptfigur auftritt, wobei sowohl ihr Bekanntheitsgrad als auch ein bestehender Sympathiefaktor dadurch auf das beworbene Produkt übertragen werden sollten, dass die Klägerin den Eindruck vermittelt, dieses Produkt aufgrund seiner speziellen Eigenschaften selbst gern zu essen und es auch den Zuschauern empfehlen zu wollen. Es geht daher von dieser Werbemaßnahme der Klägerin eine gegenüber dem streitgegenständlichen Sachverhalt deutlich gesteigerte Werbewirkung aus.
30Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte für den streitgegenständlichen Prospekt Kosten in Höhe von 390.000 Euro aufgewandt hat (vgl. Bl. 250 d.A.). Zwar kann sie sich nicht darauf berufen, dass die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Werbemaßnahme nicht beeinträchtigen darf. Jedoch kann eine gewisse Abhängigkeit der fiktiven Lizenzgebühr von den Gesamtkosten des Prospektes nicht in Abrede gestellt werden, weil im Rahmen der Schätzung darauf abzustellen ist, was vernünftige Vertragspartner in der Rolle der Parteien vereinbart hätten. Entsprechend ist auch der auf Seiten der Klägerin geringere Aufwand für die streitgegenständliche Werbemaßnahme zu berücksichtigen: Im Rahmen des Werbevertrages aus dem Jahre 2010 musste sie zur Herstellung eines Fernsehwerbespots sowie pro Jahr für bis zu zwei PR-Tage zur Verfügung stehen (vgl. Ziff. 3 des Werbevertrages). Bei der Werbung der Beklagten war der die Klägerin treffende Zeitaufwand dagegen gleich Null, weil ein bereits vorhandenes Szenebild aus dem aktuellen Film der Klägerin genutzt wurde.
31Schließlich ist auch die unterschiedliche zeitliche Dauer des Werbevertrages aus dem Jahr 2010 (ein Jahr mit Verlängerungsoption) sowie der hier streitgegenständlichen Werbung (eine Woche) zu berücksichtigen, was durch eine Umrechnung auf einen kürzeren Zeitraum zu erfolgen hat. Soweit die Klägerin gegen eine solche Umrechnung generell einwendet, sie könne aufgrund ihres hohen Werbewertes die im Werbevertrag von 2010 festgelegte Größenordnung von Lizenzgebühren unabhängig von der Dauer der betreffenden Werbemaßnahme verlangen, greift dies nicht durch: Im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO ist darauf abzustellen, was vernünftige Vertragspartner eines (fiktiven) Werbevertrages angesichts der Umstände des Einzelfalls vereinbart hätten. Dabei erscheint es fernliegend, dass bei den Verhandlungen über das Honorar nicht berücksichtigt worden wäre, für welche Dauer die prominente Person als Werbepartner für das Produkt zur Verfügung stehen sollte.
32Bei der Umrechnung geht der Senat im Rahmen der Schätzung von folgenden Erwägungen aus: Die Klägerin sollte aus dem Werbevertrag im ersten Jahr ein Honorar von 200.000 Euro, im zweiten Jahr ein Honorar von 250.000 Euro und im dritten Jahr ein Honorar von 300.000 Euro (jeweils netto) erhalten, wobei die Verlängerung um ein zweites bzw. drittes Jahr eine dem Auftraggeber eingeräumte Option darstellte (Ziff. 9 des Vertrages). Es ist unter Berücksichtigung der Gesamtumstände zunächst nicht sachgerecht, aus der Gesamtsumme des Honorars einen Mittelwert von 250.000 Euro netto pro Jahr zu bilden, weil das erhöhte Honorar für die Folgejahre maßgeblich auf einem Umstand beruht, der der streitgegenständlichen Werbemaßnahme der Beklagten gerade nicht zukommt: Die dem Auftraggeber eingeräumte Verlängerungsmöglichkeit basierte nämlich erkennbar auf dem Gedanken, dass bei erfolgreichem Verlauf des ersten Werbejahres die derart begründete Stellung der Klägerin als Markenbotschafterin durch eine Verlängerung der Laufzeit weiter gefestigt werden sollte. Dieser Umstand einer Stellung als Markenbotschafterin ist jedoch bei der einmaligen Abbildung eines filmbezogenen Standbildes zur Bewerbung eines Fernsehgerätes nicht gegeben. Aus diesem Grunde ist im Rahmen der Schätzung der fiktiven Lizenzgebühr nach § 287 ZPO lediglich auf das Honorar für das erste Vertragsjahr in Höhe von 200.000 Euro (netto) abzustellen, woraus sich zunächst rechnerisch ein Wochenhonorar von rund 4.600 Euro (brutto) ergibt.
33Im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO ist es aufgrund der zugunsten der Klägerin sprechenden Umstände angemessen, für die fiktive Lizenzgebühr auf einen Betrag abzustellen, der in etwa dem Monatswert der Lizenzgebühr aus dem Werbevertrag des Jahres 2010 entspricht. Denn aufgrund des hohen Bekanntheitsgrades der Klägerin ist nicht in Abrede zu stellen, dass die Beklagte den damit verbundenen nicht unerheblichen Werbewert bereits „mit dem ersten Foto“ in Anspruch genommen hat. Zwar wird der streitgegenständliche Katalog nach einer Woche im Internet durch den Katalog der nachfolgenden Woche ersetzt und dürfte auch bei den Printkunden verhältnismäßig schnell in Vergessenheit geraten. Es ist jedoch nicht auszuschließen und damit im Rahmen der Schätzung zugunsten der Kläger auch zu berücksichtigen, dass möglicherweise das im Prospekt abgedruckte Bild der Klägerin einigen Kunden auch länger im Gedächtnis bleibt.
34Der von der Klägerin angeführte Gedanke eine Verwässerung ihres Werbewertes rechtfertigt dagegen keine weitere Erhöhung des fiktiven Lizenzbetrages. Der Senat hält es im Rahmen der ihm obliegenden Schätzung für fernliegend, dass die Klägerin aufgrund des Verhaltens der Beklagten künftig daran gehindert ist, Werbung für Fernsehgeräte oder für Großhandelsunternehmen zu machen. Denn zum einen bleibt es ihr unbenommen, einem künftigen Vertragspartner Exklusivität für die Zukunft zuzusichern. Zum anderen dürfte auch die Gefahr, dass ein Kunde nach dem oben berücksichtigten Zeitraum von gut einem Monat die Klägerin noch aktiv mit den beworbenen Produkten bzw. mit der Beklagten in Verbindung bringt, als vernachlässigenswert gering einzustufen sein.
353. Auch hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten hat die Berufung teilweise Erfolg. Denn der Anspruch der Klägerin beläuft sich lediglich auf 597,74 Euro. Die von der Klägerin geltend gemachte 0,65-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) nebst Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) und Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) ist nämlich nur aus einem Gegenstandswert in Höhe der berechtigten Forderung (20.000 Euro) zu berechnen.
364. Die prozessualen Nebenentscheidung ergeben sich hinsichtlich der Kosten aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, da die Beurteilung des Rechtsstreits auf der Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Übrigen auf den Einzelfallumständen beruht. Höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.
375. Der Streitwert für die erste Instanz beläuft sich gemäß §§ 48 Abs. 2 S. 1, 44 GKG auf 210.000 Euro (60.000 Euro für den Unterlassungsanspruch sowie 150.000 Euro für die Stufenklage). Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 75.000 Euro (§ 47 Abs. 1 S. 1 GKG).
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Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 20.02.2013 verkündete Teilurteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 28 O 431/12 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Dieses Urteil sowie das landgerichtliche Urteil sind hinsichtlich des Unterlassungsgebots gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 60.000 €, hinsichtlich des Auskunftstenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 €, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Klägerin – eine bekannte Schauspielerin – spielte die Hauptrolle in einem unter dem Titel „E“ im Fernsehen ausgestrahlten Spielfilm. Sie nimmt die Beklagte, die in 30 Ländern mehr als 600 Märkte des Selbstbedienungsgroßhandels u.a. auch mit Geräten der Unterhaltungselektronik betreibt, auf Unterlassung und – im Wege der Stufenklage – auf Auskunft und Zahlung einer Geldentschädigung wegen der werblichen Verwendung ihres Bildnisses in Anspruch.
4Gegenstand der Beanstandung der Klägerin ist die Gestaltung einer sich auf den Seiten 32 und 33 eines von der Beklagten Anfang März 2012 veröffentlichten Werbekatalogs befindlichen Werbung, hinsichtlich deren Einzelheiten auf die Anlage K 1 (Bl. 10 f d. A.) Bezug genommen wird. Dabei wiesen die Bildschirme von drei auf den vorbezeichneten Katalogseiten abgebildeten Fernsehgeräten jeweils ein aus dem Spielfilm „E“ stammendes, das Bildnis der Klägerin wiedergebendes Standbild bzw. Foto auf, in welches der Filmtitel sowie die Angabe „Als DVD und Blue-ray erhältlich“ eingeblendet waren.
5Das auf die beschriebene Weise verwendete Standfoto hatte die Beklagte von dem Lieferanten der DVDs zum Zwecke der Bewerbung der DVDs und Blue-rays den Spielfilm betreffend erhalten, der es seinerseits wiederum von der V GmbH nach Maßgabe der aus der Anlage B 3 (Bl. 76 ff d. A.) ersichtlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen bezogen hatte.
6Die Klägerin hat die auf den Seiten 32 und 33 des Werbekatalogs geschehene Verwendung ihres Bildnisses als rechtswidrig beanstandet. Sie, die Klägerin, habe lediglich in die Verwendung ihres Bildnisses für die Promotion des Films eingewilligt; die Einräumung des Rechts zur Bewerbung Dritter und deren Produkte und Dienstleistungen habe sie ausgeschlossen. Für eine solche, von ihrer Einwilligung gerade ausgeschlossene Werbung sei ihr Bildnis im gegebenen Fall aber verwendet worden. Die Werbung der Beklagten habe den Fernsehgeräten gegolten, nicht aber dem Spielfilm „E“ bzw. den hierzu im Markt erhältlichen DVDs und Blue-rays.
7Nachdem die Beklagte die von der Klägerin mit vorprozessualem anwaltlichen Schreiben vom 07.03.2012 (Anlage K 3) geforderte Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung ablehnte, hat die Klägerin unter dem Datum des 27.03.2012 eine im Beschlusswege erlassene einstweilige Verfügung erwirkt (28 O 134/12), mit welcher es der Beklagten untersagt wurde, mit dem Bildnis der Klägerin wie auf den vorbezeichneten Katalogseiten geschehen zu werben und/oder werben zu lassen. Da die Beklagte eine Abschlusserklärung nicht abgab, nimmt die Beklagte sie nunmehr klageweise auf Unterlassung in Anspruch; überdies beansprucht sie von der Beklagten die Zahlung von Schadensersatz, zu dessen Bezifferung sie zunächst Auskunft u.a. über den Umfang der unter Verwendung des streitgegenständlichen Bildnisses vorgenommenen Werbung verlangt, ferner die Erstattung der ihr entstandenen vorprozessualen anwaltlichen Rechtsverfolgungskosten.
8Die Klägerin hat beantragt,
9die Beklagte zu verurteilen,
101.
11es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an der Geschäftsführung zu unterlassen,
12mit dem Bildnis der Klägerin zu werben und/oder werben zu lassen wie in der Anlage K 1 geschehen;
132.
14ihr – der Klägerin – über den Umfang der Werbekampagne, in der wie in der Anlage K 1 geschehen ihr Bildnis verwendet wurde, Auskunft zu erteilen durch Vorlage einer zeitlich und nach den jeweiligen Werbeträgern gegliederten Aufstellung, die genaue Angaben enthält über
15a) alle Werbeträger (Postwurfsendung, Handzettel, Zeitung, Zeitschrift, Internet, City-Light-Plakate etc.), deren Auflage und die Verbreitung sowie die Größe, in der die Abbildung in den jeweiligen Werbeträgern abgedruckt oder auf sonstige Weise verbreitet worden ist,
16b) den Zeitpunkt bzw. die Zeitdauer der jeweiligen Werbemaßnahmen,
17c) die mit der jeweiligen Werbung verbundenen Kosten;
183.
19an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.101,06 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 13.10.2012 zu zahlen.
20Die Beklagte hat beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Die Beklagte hat den Standpunkt vertreten, das streitgegenständliche Bildnis der Klägerin habe nach der Gestaltung der Katalogseiten und der dort beworbenen Angebote für die angesprochenen Kunden ohne weiteres erkennbar ausschließlich der Bewerbung der DVD und Blue-ray des Spielfilms „E“ gedient. Sie, die Beklagte, sei zur Verwendung des Standbildes berechtigt gewesen.
23In dem angefochtenen Teilurteil, auf welches wegen der zu Grunde liegenden tatsächlichen Feststellungen und der rechtlichen Wertung im Einzelnen Bezug genommen wird, hat das Landgericht dem Unterlassungspetitum sowie dem Auskunftsverlagen stattgegeben, den materiellen Kostenerstattungsanspruch indessen in lediglich verringertem Umfang unter teilweiser Klageabweisung insoweit zuerkannt. Zur Begründung dieser Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Beklagte nicht auf eine ihr unmittelbar von der Klägerin selbst erteilte oder aber von ihrer Lieferantin abgeleitete Erlaubnis der werblichen Nutzung des streitgegenständlichen Bildnisses berufen könne. Die allein vorliegende Einwilligung in die Verwendung des Bildnisses zum Zwecke der Promotion des Spielfilms „E“ umfasse nicht die hier zu beurteilende Werbung, bei der nicht die Bewerbung des vorbezeichneten Films, sondern die der TV-Geräte im Vordergrund stehe. Die Ansicht der Beklagten, es werde ausschließlich für die DVD/Blue-ray geworben, sei abwegig. Die Beklagte könne sich für die Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin auch nicht auf den Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berufen. Bei dem Bildnis der Klägerin handele es sich zwar um ein solches aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Bei der im Rahmen der Beantwortung der Frage, ob das Bildnis der Klägerin in den Werbeanzeigen ohne ihre Einwilligung verwandt werden dürfe, vorzunehmenden abwägenden Gewichtung einerseits des Interesses der Klägerin an der Achtung ihres Persönlichkeitsrechts sowie andererseits dem Informationsinteresse der Beklagten müsse letzteres jedoch zurückstehen. Der Informationswert des im Rahmen der Werbeanzeige veröffentlichten Bildnisses der Klägerin sei derart gering, dass er hinter das Interesse der Klägerin an der von ihrem Persönlichkeitsrecht umfassten Entscheidung über die werbliche Nutzung ihres Bildnisses zurücktrete. Der prägende Eindruck der Werbeanzeige bestehe darin, den positiven Werbe- und Imagewert der Klägerin auf das eigene Produkt der Beklagten zu übertragen; das Bildnis der Klägerin diene der Anziehung der Kunden und dem Verkauf der TV-Geräte bei der Beklagten. Der textliche Hinweis, dass der Film „Die Rache der Wanderhure“ als DVD und Blue-ray erhältlich sei, trete gegenüber dem werblichen Effekt der Abbildung der Klägerin im Übrigen zurück.
24Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung macht die Beklagte unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens geltend, dass das Landgericht zu Unrecht in der Veröffentlichung der Werbeanzeige eine rechtswidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin erkannt habe. Die angefochtene Entscheidung verkenne die tatsächliche Werbewirkung, den mit der Wiedergabe des Bildnisses beabsichtigten Werbezweck sowie die für die Bewertung der Wahrnehmung der streitgegenständlichen Werbung durch den angesprochenen Verkehr heranzuziehenden tatsächlichen Umstände und könne daher keinen Bestand haben. Sie, die Beklagte, habe für den angesprochenen Verkehr erkennbar die Videogramme zu dem Film „E“ beworben. Vor diesem Hintergrund habe das Landgericht rechtsfehlerhaft ihre, der Beklagten, Berechtigung zur Verwendung des Bildnisses der Klägerin verneint, was die Beklagte unter näherer Darstellung der aus ihrer Sicht maßgeblichen Gründe im Einzelnen ausführt. Danach habe sie das Bildnis der Klägerin entsprechend den eingangs erwähnten Allgemeinen Geschäftsbedingungen genutzt, nach denen ihr die Verwendung des Bildnisses „zum Zwecke der deutsch-sprachigen Endkundenwerbung der von V erworbenen Videogramme“ erlaubt gewesen sei.
25Die Beklagte beantragt sinngemäß,
26die Klage unter teilweiser Abänderung des Teilurteils des Landgerichts Köln vom 20.02.2013 – 28 O 431/12 – abzuweisen.
27Die Klägerin beantragt,
28die Berufung zurückzuweisen.
29Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, in dem das Landgericht zu Recht und mit den Angriffen der Berufung standhaltenden überzeugenden Erwägungen eine Verletzung ihres Rechts am eigenen Bild erkannt, die Voraussetzungen der auf dieser Grundlage geltend gemachten Ansprüche daher zutreffend bejaht habe.
30Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf ihre in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
31II.
32Die – zulässige – Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
33Das Landgericht hat die Beklagte in dem angefochtenen Teilurteil im Ergebnis zu Recht zur Unterlassung und auf der ersten Ebene der Stufenklage vorbereitend zur Auskunftserteilung verurteilt. Nichts anderes gilt hinsichtlich des zuerkannten Anspruchs auf Ersatz der Kosten der vorprozessualen anwaltlichen Rechtsverfolgung. Die Klägerin kann wegen der Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Ausprägung des Rechts am eigenen Bild von der Beklagten nicht nur aus den §§ 823 Abs. 1 und 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i. V. mit § 22 KUG Unterlassung der konkreten streitgegenständlichen werblichen Verwendung ihres Bildnisses verlangen, sondern ihr steht darüber hinaus dem Grund nach aus § 812 BGB ein sich nach den Grundsätzen der Lizenzanaloge bestimmender Zahlungsanspruch zu, zu dessen Bezifferung sie auf vorgelagerter Stufe zunächst die begehrte Auskunft fordern kann. Der geltend gemachte materielle Kostenerstattungsanspruch folgt aus den §§ 823 Abs. 1 und Abs. 2, 249 BGB i. V. mit § 22 KUG.
34Im Einzelnen:
351. Unterlassung
36Der Klägerin steht aus den §§ 823 Abs. 1 und Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB ein auf die Unterlassung der angegriffenen werblichen Verwendung ihres Bildnisses gemäß den Seiten 32 - 33 des im März 2012 erschienen Werbekatalogs der Beklagten gerichteter Anspruch zu.
37Die Klägerin wird durch diese werbliche Verwendung ihres Bildnisses in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in der Ausformung des Rechts am eigenen Bild verletzt, welches über die ideellen Aspekte des Persönlichkeitsschutzes hinaus auch das Bestimmungsrecht umfasst, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis kommerzialisiert, insbesondere für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll (ganz h. M., vgl. zuletzt: BGH, NJW 2013, 793 – „Playboy am Sonntag“ – Rdn. 15 m. w. Nachw.).
38a) Die Zulässigkeit der Verwendung eines Bildnisses – etwa im Rahmen einer Bildberichterstattung durch die Presse – beurteilt sich anhand des abgestuften Schutzkonzeptes der §§ 22, 23 KUG, welches sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben als auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Einklang steht (vgl. EGMR, NJW 2006, 591; BVerfGE 120, 180/201 ff –„Caroline von Monaco IV“-; BGH, a.a.O. –„Playboy am Sonntag“- Rdn. 13 gemäß Juris; BGH, GRUR 2011, 259 – „Rosenball in Monaco“- Rdn. 13 gemäß Juris – jeweils m. w. Nachw). Danach dürfen Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwilligung der abgebildeten Person öffentlich zur Schau gestellt oder verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Etwas anderes kann gelten, wenn einer der in § 23 Abs. 1 KUG enummerierten Ausnahmetatbestände – etwa ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte – vorliegt. In diesem Fall ist die öffentliche Zurschaustellung oder Verbreitung eines Bildnisses ausnahmsweise auch ohne die Einwilligung des Abgebildeten zulässig, wenn nicht berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
39b) Die angegriffene Werbeveröffentlichung ist nach diesen Maßstäben rechtswidrig.
40aa) Die Klägerin hat nicht in die angegriffene konkrete Art der werblichen Verwendung ihres Bildnisses eingewilligt (§ 22 KUG). Läge eine solche Einwilligung vor, so stellte sich die angegriffene Handlung nicht als tatbestandsmäßig (vgl. von Strobl-Albeg/Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., 7. Kap., Rdn. 60) bzw. nicht als „Verletzungs“-Handlung, jedenfalls aber nicht als rechtswidrig dar und scheiterten hieran sämtliche geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und aus ungerechtfertigter Bereicherung samt der den letztgenannten Zahlungsanspruch vorbereitenden Auskunft.
41Die Beklagte vertritt die Auffassung, die angegriffene Werbung stelle sich ausschließlich als solche für den Bildträger („DVD“/ „Blu-ray“) den Spielfilm „E“ betreffend dar, in dem die Klägerin die Hauptrolle spielte; zu einer solchen werblichen Verwendung ihres Bildnisses in der Rolle der Titelfigur des Filmes habe die Klägerin ihre Einwilligung der Produktionsgesellschaft gegenüber erteilt, von der sie – die Beklagte – über ihre Lieferantin B GmbH das Nutzungsrecht erworben habe.
42Dieser von der Beklagten verfochtene Standpunkt verhilft ihrem Rechtsmittel indes nicht zum Erfolg. Denn auf der Grundlage des eigenen Vorbringens der Beklagten lässt sich nicht auf die Einwilligung der Klägerin in die kommerzielle Verwendung ihres Bildnisses in der konkreten Form der hier zu beurteilenden Werbung schließen.
43Bei dem streitgegenständlichen Bildnis handelt es sich unstreitig um ein „Standbild“ bzw. „Standfoto“ aus dem vorbezeichneten Film. Ebenfalls unstreitig ist, dass die Produktionsgesellschaft (V GmbH) die Nutzung dieses Standbildes für Werbezwecke u. a. gegenüber „Home-Entertainment-Händlern“ erlaubt hat. Es kann dahinstehen, ob damit stellvertretend für die Klägerin deren Erlaubnis in die werbliche Verwertung ihres Bildnisses erteilt wurde (eine solche Stellvertretungsmöglichkeit bejahend: von Strobl-Albeg/Wenzel, a.a.O., 7. Kap. Rdn. 63) oder ob damit lediglich eine Nutzungsbefugnis (unter-)lizensiert wurde, die aus der Einwilligung folgte, die der Produktionsgesellschaft von der Klägerin als Rechtsträgerin des Rechts am eigenen Bild erteilt worden war. Im rechtlichen Ergebnis macht das keinen Unterschied, weil die streitgegenständliche Bildwerbung jenseits des Umfangs sowohl einer (stellvertretend) erteilten Erlaubnis als auch einer vergebenen Nutzungslizenz liegt.
44Nach den von der Beklagten vorgelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der V GmbH dürfen sog. „Home-Entertainment-Händler“ das Bildmaterial „…lediglich zum Zwecke der deutsch-sprachigen Endkunden-Bewerbung der von V erworbenen Videogramme…“ verwenden (vgl. Ziffer 5.2 der AGB). Weiter heißt es in der Klausel wie folgt: „ Ausdrücklich ausgeschlossen ist vor allem jegliche Nutzung zu anderen Werbezwecken und jegliche Nutzung für andere Produkte als die von der V verbreiteten Videogramme. Die am jeweiligen Film mitwirkenden Personen (z. B. Schauspieler) dürfen nicht zum Zwecke der Förderung des Absatzes irgendwelcher Produkte oder Leistungen verwendet werden“ (vgl. Anlage B 7, Bl. 76 f d. A.). Danach hat sich die Beklagte mit der angegriffenen werblichen Verwendung des Bildnisses der Klägerin aber außerhalb der erteilten Einwilligung/Lizenz bewegt. Denn entgegen dem von der Beklagten verfochtenen Standpunkt stellt sich diese Werbung nicht als eine „lediglich“ die Bildträger bzw. „Videogramme“ des Spielfilms „E“ bewerbende dar:
45Die vorstehende AGB-Klausel enthält mit der Formulierung „…lediglich…“ ersichtlich die sachliche Beschränkung der erteilten Erlaubnis/Lizenz auf eine ausschließlich die Videogramme/Bildträger der V GmbH anpreisende Werbung. Sie umfasst damit nicht eine Zustimmung zu der Verwendung der Bildnisse bzw. des hier in Rede stehenden Standbildes zum Zwecke der Bewerbung anderer Produkte, hier also der Fernsehgeräte, in deren abgebildeten Bildschirmflächen das lizensierte Foto eingeblendet ist. Die streitgegenständlichen Abbildungen werben jedoch nicht lediglich für die DVDs und Blue-rays des Spielfilms „E“. Nach der konkreten werblichen Gestaltung der Katalogseiten dient das verwendete Standbild bzw. „Videogramm“ vielmehr der werblichen Präsentation der in dem Werbekatalog angebotenen Fernsehgeräte.
46Der Umstand, dass (allein) die abgebildeten TV-Geräte mit Produkt- und Preisangaben versehen sind, weist unverkennbar auf den werblichen Charakter der Präsentation eben dieser Produkte hin. Denn es handelt sich hierbei um Informationen, anhand deren sich der angesprochene Verkehr ganz maßgeblich einen Eindruck von den in einem Katalog aufgeführten Waren eines Unternehmens in Abgrenzung zu dem Angebot der Wettbewerber verschafft, und mit denen daher das den Katalog veröffentlichende Unternehmen die angesprochenen Werbeadressaten für seine gewerbliche Leistung zu gewinnen sucht. In Verbindung mit der Tatsache, dass die mit den vorbezeichneten Angaben versehenen TV-Geräte in einem Produktkatalog des herausgebenden Unternehmens, das sich u. a. auch mit dem Handel von Geräten der Unterhaltungselektronik befasst, aufgeführt sind, widerspricht eine den werblichen Charakter der Darstellungen der TV-Geräte verneinende Beurteilung jeglicher Lebenserfahrung und zielt an der Realität vorbei. Aus der Sicht des werblich angesprochenen Verkehrs bzw. eines der Werbepublikation unvoreingenommen und verständig gegenüberstehenden Rezipienten spricht vielmehr alles dafür, dass das die Klägerin in einer Rolle des am oberen rechten Bildrand bezeichneten Spielfilms abbildende Foto der Präsentation der beworbenen Fernsehgeräte dient und dass nicht umgekehrt die Fernsehgeräte der Präsentation der (angeblich) beworbenen Ton-/Bildträger des Spielfilms dienen. Soweit die Beklagte vorbringt, üblicherweise würden Fernsehgeräte mit „leerem“ Bildschirm oder jedenfalls anderen Bildmotiven beworben, entkräftet das den vorstehenden werblichen Charakter der Katalogpräsentation der TV-Geräte nicht. Denn die Präsentation eines beworbenen Fernsehgeräts mit dem Bildnis einer schönen und bekannten Schauspielerin – noch dazu in einem aus einem verhältnismäßig bekannten Spielfilm stammenden Szenenbild – ist geeignet, die Blicke des Lesers einzufangen und seine Aufmerksamkeit auch auf das solcherart „dekorierte“ technische Produkt zu lenken. Hierbei geht es in zum Bestandteil des Allgemeinwissens verfestigter Werbetradition darum, einen das Interesse des Lesers für die Fernsehgeräte weckenden Blickfang zu schaffen. Ob daneben auch die zu dem Spielfilm, aus dem die bildlich dargestellte Szene stammt, existierenden Ton-/Bildträger (DVD/Blu-ray) beworben werden, ist nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung. Maßgeblich ist allein, dass mit der das Bildnis der Klägerin präsentierenden streitgegenständlichen Foto-Darstellung jedenfalls auch die Fernsehgeräte beworben werden. Denn bereits in dieser Konstellation handelt die Beklagte jenseits der ihr für die Nutzung der Bilddarstellung erteilten Erlaubnis:
47Die Beklagte behauptet nicht, dass ihr eine weitergehende Erlaubnis zur Nutzung des Standbildes („Videogramms“) erteilt wurde, als dies im Verhältnis zwischen ihrer Lieferantin und der V GmbH vereinbart wurde. Unabhängig davon spricht auch alles dagegen, dass die Klägerin eine weitergehende Einwilligung in die Nutzung ihres Bildnisses zu werblichen Zwecken erteilt hat, als sich dies in der seitens der V GmbH u.a. den „Home-Entertainment-Händlern“ eingeräumten Nutzungsberechtigung widerspiegelt. Die Klägerin hat zweifellos in solche Veröffentlichungen ihres Bildnisses eingewilligt, mit denen für den Spielfilm geworben wird, in dem sie die Titelrolle spielt und die sie in eben dieser Titelrolle abbilden. In entsprechender Anwendung der Grundsätze der urheberrechtlichen Zweckübertragungsregel, wie sie aus § 31 Abs. 5 UrhG hergeleitet wird, ist diese erteilte Einwilligung jedoch entsprechend der konkreten Zweckbestimmung eng auszulegen (vgl. von Strobl-Albeg, a.a.O., 7. Kap. Rdn. 81; Soehring in Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 19 Rdn. 46 a – jew. m. w. Nachw.). Dem sachlichen Umfang nach erfasst die erteile Einwilligung der Klägerin in die Veröffentlichung ihres Bildnisses danach zwar die Werbung für Ton-/Bildträger, auf denen der Spielfilm fixiert ist und zum Abspielen erworben werden kann, nicht aber die Werbung für die technischen Abspielgeräte. Denn diese technischen Geräte dienen nicht speziell der Bildgebung des hier betroffen Spielfilms, sondern mit ihnen können beliebig auch andere Filme abgespielt werden. Dass die Einwilligung der Klägerin in die werbliche Nutzung ihres Bildnisses zur Promotion und Vermarktung des Spielfilms „E“ aber auch die Werbung für andere Spielfilme und sonstige Filmwerke abspielbar machende Geräte umfasste, liegt fern und widerspricht dem mit der erteilten Einwilligung verfolgten Zweck der Vermarktung des Spielfilms „E“.
48Nach alledem kann sich die Beklagte hinsichtlich der streitgegenständlichen Veröffentlichung weder auf eine seitens der Klägerin selbst erteilte Einwilligung noch auf eine seitens der Filmproduktionsgesellschaft stellvertretend für die Klägerin erteilte Einwilligung oder lizensierte Nutzungsbefugnis berufen.
49bb) Die Veröffentlichung und Verbreitung des Bildnisses ist auch nicht etwa gemäß § 23 Abs. 1 KUG ohne die Einwilligung der Klägerin erlaubt.
50(1) Die nach den Umständen des gegebenen Falls allein in Erwägung zu ziehende Ausnahmebestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ist im Streitfall bereits nicht anwendbar.
51Auf die Bestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG kann sich derjenige nicht berufen, der keinem schutzwürdigen Informationsinteresse der Allgemeinheit nachkommt. Ein solches schutzwürdiges Informationsinteresse fehlt bei Werbeanzeigen, wenn sie ausschließlich den Geschäftsinteressen des mit der Abbildung werbenden Unternehmens dienen (vgl. BGH, GRUR 2013, 196 –Playboy am Sonntag“ – Rdn. 22; BGH, GRUR 2011, 647 – „Markt & Leute“ – Rdn. 15; BGH, GRUR 2010, 546 – „Der strauchelnde Liebling“ – Rdn. 15; BGH GRUR 2007, 139 – „Rücktritt des Finanzministers“ – Rdn. 15; BGHZ 20, 345/350 f – „Paul Dahlke“ – jew. mit weiteren Nachweisen). Der Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ist daher nur eröffnet, wenn die Werbeanzeige neben dem Werbezweck auch einen Informationsgehalt für die Allgemeinheit aufweist (BGH, GRUR 1997, 125/126– „Bob-Dylan-CD“; vgl. BVerfG, NJW 2001, 594). Der kommerzielle Zusammenhang schließt es nicht aus, dass die Veröffentlichung auch der Information der Allgemeinheit dient. Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf kommerzielle Meinungsäußerungen und auf reine Wirtschaftswerbung, die einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt hat, und umfasst dabei auch die Veröffentlichung eines Bildnisses, das die Meinungsäußerung transportiert oder ergänzt (vgl. BVerfGE 71, 165/175 –„Benetton-Werbung“/ „Schockwerbung“ -; BGH, a.a.O.,– „Bob-Dylan-CD“-). Eine solche Situation liegt hier jedoch nicht vor. Vielmehr erschöpft sich die streitgegenständliche Werbung in reiner Wirtschaftswerbung; ein irgendwie gearteter, über die bloße werbende Empfehlung der beworbenen Produkte hinausgehender Meinungsbezug ist nicht zu erkennen. Die unter Verwendung des Bildnisses der Klägerin gestaltete Produktwerbung greift weder ein Thema auf, welches werblich verwertet wird (vgl. BGH, a.a.O., -„Rücktritt des Finanzministers“-) noch vermittelt sie eine weitergehende Information, wie das beispielweise in den Fällen der Verwendung von Fotos bekannter Persönlichkeiten zum Zwecke der Bewerbung eigener Presserzeugnisse in höchstrichterlicher Rechtsprechung bejaht worden ist (vgl. BGH, jeweils a.a.O. – „Playboy am Sonntag“-, „Markt & Leute“-; -„Der strauchelnde Liebling“-).
52Kann sich die Beklagte danach aber nicht auf die Ausnahmebestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berufen, so stellt sich die ohne Einwilligung der Klägerin geschehene öffentliche Zurschaustellung und/oder Verbreitung ihres Bildnisses als unzulässig dar. Der mit der streitgegenständlichen Werbung der Beklagten verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin in der Ausprägung des Rechts am eigenen Bild ist auch ohne Interessenabwägung als rechtswidrig bzw. rechtsverletzend einzuordnen. Eine solche, im Rahmen von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorzunehmende Interessenabwägung scheidet mangels eines dem Bildnissschutz der Klägerin entgegenzustellenden kollidierenden Informationsinteresses der Beklagten aus.
53(2) Selbst wenn man aber den Anwendungsbereich des in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG formulierten Ausnahmetatbestands als eröffnet ansehen wollte, folgt hieraus keine von dem vorstehenden Ergebnis abweichende Würdigung.
54Die Prüfung, ob die in der Werbung der Beklagten verwendete Abbildung der Klägerin als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S. von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ohne ihre Einwilligung verbreitet werden darf, erfordert eine Abwägung zwischen dem Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Persönlichkeit und dem von der Beklagten wahrgenommenen Informationsinteresse der Öffentlichkeit (vgl. (vgl.BGH, a.a.O. - Rücktritt des Finanzministers“ – Rdn. 18; BGH, a.a.O. –„Wer wird Millionär?“ – Rdn. 15 -; BGH vom 10.03.2009 – VI ZR 261/07, a. a. O, Rdn. 10 und vom 09.02. 2010 – VI ZR 243/08, a. a. O, Rdn. 33; BVerfGE 120, 180/201 f., Rdn. 55, 85). Bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu. Entscheidend ist insbesondere, ob im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert und damit ein Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung geleistet wird oder ob - ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis – lediglich die Neugier der angesprochenen Adressaten befriedigt oder ein Anlass für die Abbildung einer prominenter Person geschaffen wird. In den letztgenannten Fällen ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen (BVerfGE 120, 180/206f; BGH vom 09.03. 2004 – VI ZR 217/03, BGHZ 158, 218/223f; vom 28.09.2004 – VI ZR 305/03, VersR 2005, 83; vom 06.03.2007 – VI ZR 51/06, a. a. O, Rdn. 28 und – VI ZR 13/06, VersR 2007, 697; vom 01.07. 2008 – VI ZR 243/06, VersR 2008, 1506/1508, Rdn. 23; vom 17.02 2009 – VI ZR 78/08, VersR 2009, 841Rdn. 14).
55Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist die streitgegenständliche Werbeveröffentlichung als unzulässig einzuordnen.
56Die Beklagte hat mit der Werbeveröffentlichung in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin in der Ausprägung des Rechts am eigenen Bild eingegriffen. Die Entscheidung, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll, ist wesentlicher Bestandteil des Persönlichkeitsrechts. Das Gewicht dieses Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer prominenten Person, die ohne ihre Einwilligung in einer Werbeanzeige abgebildet wird, bemisst sich dabei vor allem nach dem Ausmaß, in dem die Werbung den Werbewert und das Image der Person ausnutzt. Besonderes Gewicht hat ein solcher Eingriff, wenn die Werbung den Eindruck erweckt, die abgebildete Person identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt, empfehle es oder preise es an (vgl.BGH, a.a.O., -„Rücktritt des Finanzministers“-, Rdn. 19 m. w. N.). Erhebliches Gewicht kommt einem derartigen Eingriff auch dann zu, wenn durch ein unmittelbares Nebeneinander der Ware und des Abgebildeten in der Werbung das Interesse der Öffentlichkeit an der Person und deren Beliebtheit auf die Ware übertragen wird, weil der Betrachter der Werbung eine gedankliche Verbindung zwischen dem Abgebildeten und dem beworbenen Produkt herstellt, die zu einem Imagetransfer führt (BGH, a.a.O.,- „Wer wird Millionär?“- Rdn. 31 m. w. N.). Dagegen hat der Eingriff geringeres Gewicht, wenn die Abbildung einer prominenten Person in der Werbung weder Empfehlungscharakter hat noch zu einem Imagetransfer führt, sondern lediglich die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das beworbene Produkt lenkt.
57Unter den Umständen des gegebenen Falls wiegt der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin danach nicht besonders schwer. Er betrifft lediglich die - nur einfachrechtlich geschützten - vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einschließlich des Rechts am eigenen Bild und berührt nicht die - auch verfassungsrechtlich gewährleisteten - ideellen Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin (vgl. vgl. BGHZ 143, 214/218 ff; BGHZ 143, 214/218 ff. - Marlene Dietrich; BVerfG, BVerfG, GRUR 2006, 1049/1050 f). Bei der verwendeten Fotografie handelt es sich um eine Aufnahme der Klägerin, die sie optisch nicht ungünstig, sondern in einer Rolle, Aufmachung und situativen Darstellung zeigt, in der sie der Öffentlichkeit – etwa bei der Werbung für den Spielfilm und in diesem selbst – auch anderweitig gegenübertritt. Die beanstandete Werbung bewirkt dabei auch keine Übertragung der Beliebtheit der Klägerin auf das mit ihrem Bildnis beworbene Produkt. Die Werbung erschöpft sich vielmehr in der bloßen Aufmerksamkeitserweckung für die beworbenen Fernsehgeräte; der Darstellung der Klägerin kommt weder die beworbenen Fernsehgeräte empfehlender Charakter zu noch findet ein Imagetransfer statt.
58Der damit nicht besonders schwer wiegenden Eingriffsqualität der Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung der Klägerin steht jedoch ein allenfalls marginaler Informationswert gegenüber, etwa dahin, dass die Klägerin in dem Film „E“ mitgespielt und dabei wie auf dem Bild wiedergegeben ausgesehen hat. Diese Information ist als solche belanglos und bietet – wenn überhaupt - kaum einen über die im Übrigen betriebene Produktwerbung hinausweisenden Nachrichtenwert, erst recht aber nicht einen solchen im Hinblick auf eine Angelegenheit von öffentlicher Bedeutung. Der Informationswert der Abbildung der Klägerin ist derart gering, dass ein schützenswerter Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung nicht erkennbar ist.
59Dies würdigend überwiegen aber die Interessen der Klägerin an der Wahrung ihres Persönlichkeitsschutzes, selbst wenn hiervon nur dessen vermögensrechtliche Aspekte betroffen sind. Soweit die Beklagte einwendet, die Klägerin werde in der streitbefangenen Werbung nicht anders dargestellt, als dies ohnehin in der mit ihrer Einwilligung stattfindenden Werbung für den Spielfilm geschehe, ist das nicht geeignet, ihrem Bildnisschutz ein gegenüber dem Veröffentlichungsinteresse der Beklagten zurücktretendes Gewicht zu verleihen. Denn es macht einen erheblichen Unterschied, ob die Klägerin ihr Bildnis für die Bewerbung des Films, an dem sie mitgewirkt hat, und der hierzu vorliegenden Bildträger zur Verfügung stellt oder ob ihr Bildnis für die Bewerbung anderer Produkte verwendet wird. Die hierin liegende „Aneignung“ ihres Bildnisses für fremde, sich in bloßen Werbezwecken erschöpfende Kommerzialisierung muss die Klägerin nicht hinnehmen.
602. Auskunft
61Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte weiter auch zur Auskunftserteilung verurteilt.
62Der Klägerin steht dem Grunde nach gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch zu, dessen Bezifferung die geforderte Auskunft dient.
63a) Die Klägerin kann aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB unter dem Aspekt der ungerechtfertigten Bereicherung Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr verlangen. Die unbefugte kommerzielle Nutzung ihres Bildnisses stellt einen Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild wie auch des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar und begründet grundsätzlich neben dem Verschulden voraussetzenden Schadensersatzanspruch einen Anspruch aus Eingriffskondiktion auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr (BGH, a.a.O., „Playboy am Sonntag“ – Rdn. 42; BGH, a.a.O., „Wer wird Millionär?“- Rdn. 34 –jeweils m. w. Nachw.). Ob die Klägerin überdies aus § 823 Abs. 1 BGB Schadensersatz verlangen kann, bedarf daher im gegebenen Zusammenhang nicht der Entscheidung, da auch der Schadensersatzanspruch auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr gerichtet ist (vgl. BGH, a.a.O).
64b) Die von der Klägerin geforderte Auskunft ist dabei auch der Vorbereitung des auf die Herausgabe der fiktiven Lizenzgebühr gerichteten Anspruchs dienlich. Für die Bezifferung der Höhe der von der Beklagten ersparten, bei vertraglicher Lizenzeinräumung zu zahlenden üblichen Vergütung spielen Art, Zeitdauer und Umfang der unter Verwendung des Bildnisses durchgeführten Werbung eine Rolle. Das gilt auch für die Höhe der mit der Werbung verbundenen Kosten, weil dies neben anderen Faktoren ein den „Wert“ der Nutzung des Bildnisses der Klägerin für die konkrete Werbekampagne indizierender Umstand sein kann.
653. Ersatz der Kosten vorprozessualer Rechtsverfolgung
66Da die Veröffentlichung des Bildes unzulässig war, kann die Klägerin in dem durch das angefochtene Urteil zuerkannten Umfang gemäß den §§ 823 Abs. 1 und Abs. 2, 249 BGB i. V. mit § 22 KUG Ersatz der vorprozessualen notwendigen Rechtsverfolgungskosten verlangen. Die Beklagte trifft dabei auch das für diesen Anspruch erforderliche Verschulden, denn sie hat zumindest fahrlässig gehandelt. Angesichts der klar formulierten AGB der V GmbH, die der Beklagten ohne weiteres zugänglich waren, hat die Beklagte sich mit der Veröffentlichung der Abbildung der Klägerin in der Werbung für die Fernsehgeräte erkennbar im Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem sie jedenfalls eine von ihrer Einschätzung abweichende Beurteilung in Betracht ziehen musste.
67III.
68Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
69Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.
70Der Senat sah keinen Anlass für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO). Weder kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Entscheidungsrelevant sind vorliegend ausschließlich in ihren Auswirkungen auf den entschiedenen Einzelfall beschränkte Subsumtionen; kontrovers diskutierte oder in höchstrichterlicher Rechtsprechung noch ungeklärte Rechtsfragen sind nicht betroffen.
71Wert: 61.000,00 € (Unterlassung: 60.000,00 €; Auskunft: 1.000,00 € - entsprechend dem Abwehrinteresse der Beklagten – vgl. Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rdn. 16, Stichwort „Auskunft“).
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Kläger sind die Erben des am 7. Mai 2011 verstorbenen Gunter Sachs (im Folgenden: der Kläger). Die Beklagte verlegt die Wochenzeitung "Bild am Sonntag". In der Ausgabe vom 10. August 2008 veröffentlichte sie auf der letzten Seite unter der Überschrift "Psst, nicht stören! Playboy (75) am Sonntag" den folgenden Beitrag:
- 2
- Die Zwischenüberschrift des Beitrags lautete: Auf einer Jacht in St.-Tropez schaukelt Gunter Sachs. Bild am Sonntag ist sein Hafen.
- 3
- Auf dem großformatigen, unscharfen Foto ist der Kläger zu erkennen, wie er auf seiner Jacht sitzend die "Bild am Sonntag" liest. Neben ihm ist seine Ehefrau zu erkennen. Der Kläger war sich dabei nicht bewusst, dass er fotografiert wurde. Die Bildinnenschrift lautet: Gunter Sachs auf der Jacht "Lady Dracula". Er liest BILD am SONNTAG, wie über elf Millionen andere Deutsche auch.
- 4
- Den Beitrag illustrieren zudem zwei kleinere Fotos. Eines davon zeigt den Kläger, wie er seine Jacht besteigt. Es trägt die Bildinnenschrift "Sachs entert die Jacht im Hafen von St.-Tropez." Das andere zeigt den Kläger als jungen Mann mit seiner damaligen Ehefrau Brigitte Bardot. Die Bildinnenschrift erklärt dazu: "Gunter Sachs war drei Jahre mit Brigitte Bardot verheiratet." Die begleitende Wortberichterstattung lautet wie folgt: St.-Tropez - Als legendärer Playboy und weltberühmter Fotograf hat er ein Auge für die schönen Seiten des Lebens. Im Sommer ist St.-Tropez das Open-Air-Wohnzimmer von Gunter Sachs (75). Auch wenn seine Wohnzimmer-Couch sich in diesem Fall auf einer Jacht befindet, darf auch in Südfrankreich ein Stück Heimathafen nicht fehlen. Entspannt sitzt der Millionär im Schatten, mit Polo-Shirt und Lesebrille. Genüsslich blättert er durch die Seiten der BILD am SONNTAG. So vertieft, dass er nicht einmal Ehefrau Mirja (65) neben sich bemerkt. Tut uns leid, Mirja, wir sind einfach zu verführerisch… .
- 5
- Der Kläger hat darin eine unzulässige werbliche Vereinnahmung seiner Person gesehen und die Beklagte auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Das Landgericht hat der Beklagten verboten, die folgende Aussage zu verbreiten: "Psst, nicht stören! Playboy am Sonntag Auf einer Jacht in St.-Tropez schaukelt Gunter Sachs", insbesondere wenn dies wie in BILD vom 10. August 2008 geschieht.
- 6
- Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (LG Hamburg, AfP 2010, 193). Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Beklagte weitergehend verurteilt, an den Kläger eine Lizenzgebühr in Höhe von 50.000 € nebst Zinsen zu zahlen (OLG Hamburg, ZUM 2010, 884). Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, wendet sich die Beklagte gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Lizenzgebühr und begehrt die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 7
- A. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte sei dem Kläger zur Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr nach § 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG, § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet.
- 8
- Durch die Veröffentlichung des großformatigen Fotos sowie die begleitende Wortberichterstattung sei der Kläger in seiner Privatsphäre sowie in seinem Recht am eigenen Bild verletzt worden, weil er in einer offensichtlich privaten Situation der Öffentlichkeit präsentiert worden sei. Demgegenüber bestehe nur ein geringes schutzwürdiges Informationsinteresse der Allgemeinheit. Mit ihrer Berichterstattung habe die Beklagte auch in die vermögensrechtlichen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts des Klägers eingegriffen, indem sie in Wort und Bild die Lektüre der von ihr verlegten Zeitung durch den prominenten Kläger in den Vordergrund der Berichterstattung gestellt und damit den Kläger unentgeltlich als Werbeträger für die Zeitung benutzt habe. Es habe sich um einen offenkundig rechtswidrigen Beitrag gehandelt, der inhaltlich ganz überwiegend den Charakter einer Werbeanzeige für das Produkt der Beklagten gehabt habe. Hierfür habe es der Einwilligung des Klägers bedurft, die im geschäftlichen Verkehr bei derart weitgehenden und intensiven Vereinnahmungen einer Person für Werbezwecke üblicherweise von der Zahlung einer angemessenen Lizenz abhängig gemacht werde. Aufgrund der hohen Bekanntheit des Klägers, des hohen Aufmerksamkeits- und Werbewerts des Beitrags und des hohen Verbrei- tungsgrades der "Bild am Sonntag" sei der vom Kläger geforderte Betrag in Höhe von 50.000 € nicht übersetzt.
- 9
- B. Das Verfahren ist nach §§ 239, 246 ZPO nicht unterbrochen, weil der während des Revisionsverfahrens verstorbene Kläger zum Zeitpunkt seines Todes durch seinen Prozessbevollmächtigten vertreten war und kein Aussetzungsantrag gestellt worden ist (§ 246 Abs. 1 ZPO).
- 10
- C. Die Revision hat keinen Erfolg. Dem Kläger steht der Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von 50.000 € nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB zu.
- 11
- Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Veröffentlichung der Fotografie, die den Kläger lesend mit der "Bild am Sonntag" zeigt, rechtswidrig in sein Persönlichkeitsrecht eingegriffen hat (dazu I). Es hat auch zu Recht angenommen, dass die Beklagte dem Kläger deswegen zur Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von 50.000 € verpflichtet ist (dazu II).
- 12
- I. Die Klägerin hat rechtswidrig das Recht des Klägers am eigenen Bild gemäß §§ 22, 23 KUG verletzt.
- 13
- 1. Die Zulässigkeit einer Bildberichterstattung ist nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen, das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben als auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Einklang steht (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 190/08, GRUR 2011, 259 Rn. 13 = NJW 2011, 746 - Rosenball in Monaco, mwN). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Hiervon besteht allerdings gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird (§ 23 Abs. 2 KUG).
- 14
- 2. Die Beklagte hat die Abbildung des Kläger entgegen § 22 Satz 1 KUG ohne seine Einwilligung in einem redaktionellen Beitrag für Werbezwecke verwendet. Sie hat dadurch in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner besonderen Ausprägung als Recht am eigenen Bild eingegriffen.
- 15
- a) Die Entscheidung, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll, ist wesentlicher - vermögensrechtlicher - Bestandteil des Persönlichkeitsrechts (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 - I ZR 182/04, BGHZ 169, 340 = GRUR 2007, 139 Rn. 19 - Rücktritt des Finanzministers; Urteil vom 11. März 2009 - I ZR 8/07, GRUR 2009, 1085 = WRP 2009, 1269 Rn. 26 - Wer wird Millionär?; Urteil vom 29. Oktober 2009 - I ZR 65/07, GRUR 2010, 546 = WRP 2010, 780 Rn. 14 - Der strauchelnde Liebling; Urteil vom 18. November 2010 - I ZR 119/98, GRUR 2011, 647 Rn. 12 = WRP 2011, 921 - Markt & Leute; Urteil vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, NJW 2012, 1728 Rn. 27).
- 16
- b) Ein Eingriff in diesen vermögensrechtlichen Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ergibt sich im Streitfall aus dem Umstand, dass der Kläger durch die beanstandete Abbildung und die begleitende Textberichterstattung ohne seine Zustimmung für Werbezwecke vereinnahmt wurde.
- 17
- aa) Dabei ist es ohne Belang, dass sich die Abbildung nicht in einer als solche offen ausgewiesenen Werbung - etwa einer Anzeige für die "Bild am Sonntag" - befand, sondern in einem redaktionell aufgemachten Bericht dieses Blattes. Die für die Beurteilung der Verwendung von Bildnissen im Rahmen von Werbeanzeigen entwickelten Grundsätze gelten gleichermaßen für eine redak- tionelle Bildberichterstattung, die (auch) der Eigenwerbung dient (zum Titelbild von Zeitschriften vgl. BGH, Urteil vom 14. März 1995 - VI ZR 52/94, NJW-RR 1995, 789 f. - Chris-Revue; BGH, GRUR 2009, 1085 Rn. 24 ff. - Wer wird Millionär ?; GRUR 2011, 647 Rn. 12 ff. - Markt & Leute). Ein Eingriff in das Recht am eigenen Bild kommt insoweit insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwendung des Bildnisses den Werbe- und Imagewert des Abgebildeten ausnutzt , indem die Person des Abgebildeten als Vorspann für die Anpreisung des Presseerzeugnisses vermarktet wird (BGH, GRUR 2009, 1085 Rn. 29 f. - Wer wird Millionär?).
- 18
- bb) Von diesen Grundsätzen ist zutreffend auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat angenommen, die angegriffene Berichterstattung habe ganz überwiegend den Charakter einer Werbeanzeige für das Produkt der Beklagten. Sie sei dadurch gekennzeichnet, dass die Beklagte mit dem Beitrag unter Verwendung der Abbildung des Klägers in Verbindung mit dem Begleittext offen für ihr Produkt werbe. Im Unterschied zu Maßnahmen zum Verkauf einer einzelnen Ausgabe eines Presseprodukts habe der Artikel generell werbenden Charakter für das Produkt der Beklagten. Zwar lasse sich erkennen, dass der Kläger nicht als "Testimonial" für die Zeitung werbe. Es werde aber durch das unmittelbare Nebeneinander von beworbenem Produkt und Abgebildetem das Interesse der Öffentlichkeit an der Person und deren Beliebtheit auf die Ware übertragen, weil der Betrachter eine gedankliche Verbindung zwischen dem Abgebildeten und dem beworbenen Produkt herstellt, die zu einem Imagetransfer führe. Diese Beurteilung durch das Berufungsgericht lässt keine Rechtsfehler erkennen.
- 19
- cc) Die Revision macht vergeblich geltend, dass für die Annahme einer Ausnutzung des Werbewertes einer prominenten Person nicht jegliche gedankliche Verbindung genüge, sondern immer erforderlich sei, dass bei dem Leser der Eindruck entstehe, die Person stehe zu diesem Produkt, empfehle es oder stelle als Anreiz für den Kauf der Waren ihr Bild zur Verfügung. Sie lässt dabei außer Acht, dass es für die Annahme eines erheblichen Eingriffs in den vermögensrechtlichen Bestandteil des Persönlichkeitsrechts nicht erforderlich ist, dass der Bildberichterstattung eine ausdrückliche Empfehlung des Abgebildeten für das Produkt entnommen werden kann. Ausreichend kann es vielmehr sein, wenn - wie vom Berufungsgericht im Streitfall rechtsfehlerfrei festgestellt - durch die Abbildung im Kontext der begleitenden Wortberichterstattung eine gedankliche Verbindung zwischen der abgebildeten Person und dem angepriesenen Produkt hergestellt wird, die zu einem Imagetransfer führt (BGH, GRUR 2009, 1085 Rn. 29 ff. - Wer wird Millionär?, mwN; GRUR 2010, 546 Rn. 19 - Der strauchelnde Liebling; GRUR 2011, 647 Rn. 31 - Markt & Leute).
- 20
- dd) Die Revision wendet auch ohne Erfolg ein, dass die streitgegenständliche Bildberichterstattung deshalb keine Ausnutzung des Werbewerts des Klägers darstelle, weil es sich nur um eine Berichterstattung über eine wahre Tatsache handele. Zwar lässt sich dem abgedruckten Bild der unstreitige Tatsachenkern entnehmen, dass der Kläger an jenem Tag, an dem das Bild aufgenommen wurde, die "Bild am Sonntag" gelesen hat. Darin erschöpft sich die beanstandete Meldung aber nicht. Das Berufungsgericht ist vielmehr davon ausgegangen, dass der Leser durch den Kontext der begleitenden Wortberichterstattung , die bei der Beurteilung zu berücksichtigen ist, die Berichterstattung vor allem als Eigenwerbung für das Blatt der Beklagten verstehen musste, die über eine reine Tatsachenberichterstattung hinaus geht. So hat es angenommen , der Eingriff in den vermögensrechtlichen Bestandteil des Persönlichkeitsrechts des Klägers wiege deshalb so besonders schwer, weil die werbliche Vereinnahmung des Klägers im Mittelpunkt der Berichterstattung stehe. Die einzig aktuelle Information erschöpfe sich in der Lektüre des Blatts der Beklagten. Diese Information habe aber keinen Nachrichtenwert und biete insofern keine Orientierung im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sach- debatte. Die übrige Wortberichterstattung verfolge allein den Zweck, den Werbewert des Klägers zu vergrößern. Damit habe der Beitrag inhaltlich ganz überwiegend den Charakter einer Werbeanzeige. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Soweit die Revision geltend macht, der Umstand, dass der Bericht mit dem Stilmittel leiser Ironie die Lektüre der "Bild am Sonntag" durch den Kläger zum Anlass nehme, diese Tatsache herauszustellen und mit scherzhaften Bemerkungen zu versehen, ändere nichts daran, dass es sich um eine redaktionelle Berichterstattung handele, setzt sie lediglich ihre eigene Sicht der Dinge an die Stelle der vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung vorgenommenen und nicht erfahrungswidrigen Sachverhaltsbewertung.
- 21
- 3. Der Eingriff in den vermögensrechtlichen Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist auch rechtswidrig.
- 22
- a) Allerdings kann sich die Beklagte grundsätzlich auf die Ausnahmebestimmung des § 23 Abs. 1 Satz 1 KUG für Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte berufen. Der Begriff der Zeitgeschichte ist, um der Bedeutung und Tragweite der Pressefreiheit Rechnung zu tragen, nicht allein auf Vorgänge von historischer oder politischer Bedeutung zu beziehen, sondern vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit her zu bestimmen. Der Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ist daher eröffnet, wenn eine Werbeanzeige nicht ausschließlich den Geschäftsinteressen des mit der Abbildung werbenden Unternehmens , sondern daneben auch einem Informationsinteresse der Öffentlichkeit dient (BGH, GRUR 2010, 546 Rn. 15 - Der strauchelnde Liebling; BGH GRUR 2011, 647 Rn. 15 - Markt & Leute). So liegt es im Streitfall. Die vom Kläger beanstandete Berichterstattung enthält zumindest auch eine Information der Allgemeinheit über die Lesegewohnheiten des Klägers.
- 23
- b) Die Prüfung, ob die in dem Bericht der Beklagten verwendete Fotografie des Klägers als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ohne seine Einwilligung verbreitet werden darf, erfordert eine Abwägung zwischen dem Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und dem von der Beklagten wahrgenommenen Informationsinteresse der Öffentlichkeit (BGHZ 169, 340 Rn. 18 - Rücktritt des Finanzministers; BGH GRUR 2009, 1085 Rn. 15 - Wer wird Millionär; GRUR 2010, 546 Rn. 15 - Der strauchelnde Liebling; GRUR 2011, 647 Rn. 29 - Markt & Leute).
- 24
- aa) Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers wiegt, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, schwer.
- 25
- (1) Gegen die Zulässigkeit einer werbenden Berichterstattung spricht, dass durch die Verwendung des Bildnisses über eine bloße Aufmerksamkeitswerbung hinaus der Werbe- und Imagewert des Abgebildeten ausgenutzt wird, indem die Person des Abgebildeten als Vorspann für die Anpreisung des Presseerzeugnisses vermarktet wird (BGH, GRUR 2009, 1085 Rn. 29 f. - Wer wird Millionär?). Dabei hat ein Eingriff besonderes Gewicht, wenn die Werbung den Eindruck erweckt, die abgebildete Person identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt, empfehle es oder preise es an (BGH, GRUR 2010, 546 Rn. 19 - Der strauchelnde Liebling, mwN). Erhebliches Gewicht kommt einem Eingriff aber auch dann zu, wenn - ohne dass der Bildberichterstattung eine ausdrückliche Empfehlung des Abgebildeten für das Produkt entnommen werden kann - durch ein unmittelbares Nebeneinander der Ware und des Abgebildeten in der Werbung das Interesse der Öffentlichkeit an der Person und deren Beliebtheit auf die Ware übertragen wird, weil der Betrachter der Werbung eine gedankliche Verbindung zwischen dem Abgebildeten und dem beworbenen Produkt herstellt , die zu einem Imagetransfer führt (BGH, GRUR 2009, 1085 Rn. 29 ff. - Wer wird Millionär?, mwN; GRUR 2010, 546 Rn. 19 - Der strauchelnde Liebling ; GRUR 2011, 647 Rn. 31 - Markt & Leute). Dagegen hat der Eingriff geringeres Gewicht, wenn die Abbildung einer prominenten Person in der Werbung weder Empfehlungscharakter hat noch zu einem Imagetransfer führt, sondern lediglich die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das beworbene Produkt lenkt (BGH, GRUR 2010, 546 Rn. 19 - Der strauchelnde Liebling; GRUR 2011, 647 Rn. 31 - Markt & Leute).
- 26
- (2) Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat angenommen, die angegriffene Berichterstattung sei dadurch gekennzeichnet , dass die Beklagte mit dem Beitrag unter Verwendung der Abbildung des Klägers in Verbindung mit dem Begleittext offen für ihr Produkt werbe. Zwar lasse sich erkennen, dass der Kläger nicht als "Testimonial" für die Zeitung werbe. Es werde aber durch das unmittelbare Nebeneinander von beworbenem Produkt und Abgebildetem das Interesse der Öffentlichkeit an der Person und deren Beliebtheit auf die Ware übertragen, weil der Betrachter eine gedankliche Verbindung zwischen dem Abgebildeten und dem beworbenen Produkt herstellt, die zu einem Imagetransfer führe. Diese Beurteilung durch das Berufungsgericht lässt keine Rechtsfehler erkennen. Wie dargelegt, macht die Revision vergeblich geltend, für die Annahme einer Ausnutzung des Werbewertes einer prominenten Person sei immer erforderlich, dass bei dem Leser der Eindruck entstehe, die Person stehe zu diesem Produkt, empfehle es oder stelle als Anreiz für den Kauf der Waren ihr Bild zur Verfügung.
- 27
- bb) Auf der anderen Seite ist zugunsten der Beklagten die Pressefreiheit zu berücksichtigen. Denn der kommerzielle Zusammenhang schließt nicht aus, dass die Veröffentlichung auch der Information der Allgemeinheit dient (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2006 - I ZR 277/03, GRUR 2007, 168 = WRP 2007, 78 Rn. 14 - kinski.klaus.de). Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf kommerzielle Meinungsäußerungen und auf reine Wirtschaftswerbung , die einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt hat, und zwar auch auf die Veröffentlichung eines Bildnisses, das die Meinungsäußerung transportiert oder ergänzt. (BGH, GRUR 2007, 139 Rn. 15 - Rücktritt des Finanzministers, mwN). Die eigene Werbung für ein Presseerzeugnis genießt ebenso wie das Presseerzeugnis selbst den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (BGH, GRUR 2009, 1085 Rn. 28 - Wer wird Millionär?).
- 28
- cc) Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung das Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht überwiegt. Es hat insoweit angenommen, der Eingriff in den vermögensrechtlichen Bestandteil des Persönlichkeitsrechts des Klägers wiege deshalb besonders schwer, weil die werbliche Vereinnahmung des Klägers im Mittelpunkt der Berichterstattung stehe. Die einzig aktuelle Information erschöpfe sich in der Lektüre des Blatts der Beklagten. Diese Information habe aber keinen Nachrichtenwert und biete insofern keine Orientierung im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
- 29
- Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt , dass dem vermögensrechtlichen Bestandteil des Persönlichkeitsrechts des Klägers kein verfassungsrechtlicher, sondern nur ein einfachgesetzlicher Schutz beizumessen sei.
- 30
- Allerdings ist der vermögensrechtliche Bestandteil des Persönlichkeitsrechts , bei dem es um die Entscheidung geht, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll, im Gegensatz zu den ideellen Teilen des Persönlichkeitsrechts nur einfachgesetzlich, nicht auch verfassungsrechtlich geschützt (BVerfG, Beschluss vom 22. August 2006 - 1 BvR 1168/04, GRUR 2006, 1049, 1050 = WRP 2006, 1361 - Werbung mit blauem Engel; BGHZ 169, 340 Rn. 21 - Rücktritt des Finanzministers; BGH, GRUR 2010, 546 Rn. 21 - Der strauchelnde Liebling; GRUR 2011, 647 Rn. 34 - Markt & Leute, mwN; VersR 2012, 630 Rn. 29). Deshalb kommt den nur einfachrechtlich geschützten vermögensrechtlichen Bestandteilen des Persönlichkeitsrechts nicht grundsätzlich der Vorrang gegenüber der verfassungsrechtlich geschützten Pressefreiheit zu (BGH, GRUR 2011, 647 Rn. 40 - Markt & Leute, mwN). Dieser Umstand führt im Streitfall aber nicht zu einem Überwiegen der Interessen der Beklagten. Zum einen ist der Kläger durch die angegriffene Berichterstattung nicht nur im einfachgesetzlich geschützten vermögensrechtlichen Teil seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen, sondern auch in dessen verfassungsrechtlich geschützten ideellen Teil. Zum anderen überwiegen die Interessen des Klägers auch dann, wenn man allein von der Betroffenheit des vermögensrechtlichen Teils seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts ausgeht.
- 31
- (1) Das Berufungsgericht hat - entgegen der Auffassung der Revision - im Streitfall rechtsfehlerfrei auch eine Verletzung der Privatsphäre und damit des verfassungsrechtlich geschützten ideellen Bestandteils des Persönlichkeitsrechts bejaht.
- 32
- Es hat insoweit angenommen, der Kläger werde durch das große Foto, welches ihn lesend auf seiner Jacht im Hafen von Saint-Tropez zeige, sowie die begleitende Wortberichterstattung in seiner Privatsphäre sowie seinem Recht am eigenen Bild verletzt, weil ihn das Bild und der Begleittext in einer offensichtlich privaten Situation der Öffentlichkeit präsentierten, in der er habe davon ausgehen können, unbeobachtet zu sein. Demgegenüber bestehe nur ein geringes schutzwürdiges Informationsinteresse der Allgemeinheit über den Umstand , dass der Kläger am Sonntag auf seiner Jacht die "Bild am Sonntag" lese. Dies hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
- 33
- Die Revision rügt in diesem Zusammenhang, das Berufungsgericht habe eine Verletzung der verfassungsrechtlich geschützten Privatsphäre nicht annehmen dürfen, weil es insoweit an hinreichendem Sachvortrag und ausreichenden Feststellungen fehle. Der Kläger habe die Bildveröffentlichung nämlich nicht als solche, sondern ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der werbli- chen Vereinnahmung des Klägers angegriffen. Insoweit sei aber allein der nur einfachgesetzlich geschützte kommerzielle Aspekt des Persönlichkeitsrechts betroffen. Damit dringt die Revision nicht durch. Das Berufungsgericht hat seine Beurteilung auf den zwischen den Parteien unstreitigen Umstand gestützt, dass das große Foto, das den Kläger an Bord seiner Jacht bei der Lektüre der "Bild am Sonntag" zeigt, aufgenommen wurde, ohne dass sich der Kläger des Umstandes bewusst war, fotografiert zu werden. Das Berufungsgericht hat zudem auf die Feststellungen des Landgerichts Bezug genommen, wonach dieses "Paparazzi-Foto" in erheblichem Maße in die Privatsphäre des Klägers eingreift. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts erfolgte damit auf einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage.
- 34
- Ohne Erfolg macht die Revision ferner geltend, das beanstandete Foto sei im öffentlich einsehbaren Hafen von Saint-Tropez aufgenommen worden, wo sich der Kläger an Deck der Jacht mit der Lektüre der "Bild amSonntag" beschäftigt habe. Diese Umstände stehen der Annahme einer Verletzung der Privatsphäre nicht entgegen.
- 35
- Bei der Bildberichterstattung sind für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die Umstände zu berücksichtigten , unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich- Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein (BGH, Urteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06, GRUR 2008, 1024 Rn. 24 = NJW 2008, 3138 - Shopping mit Putzfrau auf Mallorca).
- 36
- Die Beurteilung des Berufungsgerichts entspricht diesen Grundsätzen und lässt auch sonst keine Rechtsfehler erkennen. Das Berufungsgericht hat sich insbesondere nicht von unzutreffenden Maßstäben leiten lassen. Es hat die Bedeutung und Grenzen der Presse- und Meinungsäußerungsfreiheit nicht verkannt. Art. 5 Abs. 1 GG gebietet es nicht, generell anzunehmen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden ist, der es aufgrund ihrer positiven oder negativen Leitbildfunktionen für sich allein rechtfertigt, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen. Zwar gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und über ihr soziales Umfeld einschließlich der ihnen nahestehenden Personen. Denn der Unterhaltung dienende Beiträge stellen einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung dar. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen (BGH, GRUR 2008, 1024 Rn. 20 - Shopping mit Putzfrau auf Mallorca). Auch nach Art. 10 EMRK ist das Recht auf Meinungsäußerung der Presse bei der Berichterstattung über Personen des öffentlichen Lebens oder allgemein bekannte Personen eng auszulegen, wenn sich die veröffentlichten Fotos und die Berichte dazu auf Einzelheiten des Privatlebens beziehen und nur die öffentliche Neugier befriedigen sollen (EGMR, NJW 2012, 1056 Rn. 110 - von Hannover/Deutschland Nr. 2). Die Grenze der zulässigen Berichterstattung über das Alltagsleben prominenter Personen wird daher - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - ebenfalls maßgeblich vom Informationswert der Berichterstattung bestimmt.
- 37
- Nach diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den Informationswert des vorliegenden Beitrags - den Lebens- und Lektüregewohnheiten des Klägers am Sonntag - als so gering eingestuft hat, dass er zur öffentlichen Meinungsbildung ungeeignet ist. Denn ein Informationswert , der über den aus dem Bild erkennbaren Umstand, dass der Kläger das Blatt der Beklagten liest, und einer darauf möglicherweise aufbauenden positiven Bewertung und Bewerbung des eigenen Blatts hinausgeht, lässt sich aus dem Kontext der begleitenden Wortberichterstattung nicht entnehmen. Soweit die Revision im Übrigen meint, die angegriffene Berichterstattung liefere einen hinreichend schutzwürdigen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung, setzt sie damit ihre eigene Beurteilung an die Stelle des Berufungsgerichts, ohne dabei einen Rechtsfehler aufzuzeigen.
- 38
- (2) Im Übrigen erweist sich das Berufungsurteil im Ergebnis auch dann als richtig, wenn nur der einfachgesetzliche Schutz des vermögenswerten Bestandteils des Persönlichkeitsrechts des Klägers bei der Abwägung zugrunde gelegt wird. Denn die werbliche Vereinnahmung des Klägers für das Blatt der Beklagten hat ein ganz erhebliches Gewicht. Dies folgt nicht nur aus dem Umstand , dass die Werbung, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, im Mittelpunkt der redaktionellen Berichterstattung steht und die begleitende Wortberichterstattung weitgehend dazu dient, den Werbewert des Klägers in seiner Eigenschaft als Leser der "Bild am Sonntag" zu steigern.
- 39
- Hinzu tritt, dass die dem Kläger durch die begleitende Wortberichterstattung untergeschobene positive Beziehung zum Blatt der Beklagten jeglicher objektiver Anknüpfungspunkte entbehrt. Erschöpft sich eine Berichterstattung - wie im Streitall - aber nur darin, einen Anlass für die Abbildung einer prominenten Person zu schaffen, weil ein Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung nicht erkennbar ist, begrenzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten nicht nur die Berichterstattung (vgl. dazu BGH, GRUR 2011, 259 Rn. 17 - Rosenball in Monaco, mwN), sondern auch die Werbung für das Presseerzeugnis (BGH, GRUR 2009, 1085 Rn. 28 - Wer wird Millionär?).
- 40
- Vor diesem Hintergrund kommt der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 EMRK geschützten Presse- und Meinungsäußerungsfreiheit im Streitfall kein überwiegendes Gewicht zu. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hat hinter dem vermögensrechtlichen Bestandteil des Persönlichkeitsrechts des Klägers zurückzustehen. Nichts anderes ergibt sich aus dem von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 EMRK erfassten Schutz der Eigenwerbung. Ist die Veröffentlichung schon als redaktionelle Berichterstattung nicht zulässig, so kommt eine Werbung gleichen Inhalts ebenfalls nicht in Betracht.
- 41
- II. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass die Beklagte dem Kläger zur Zahlung von 50.000 € verpflichtet ist.
- 42
- 1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB zu. Die unbefugte kommerzielle Nutzung seines Bildnisses stellt - wie dargelegt - einen Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild dar und begründet grundsätzlich - neben dem Verschulden voraussetzenden Schadensersatzanspruch - einen Anspruch aus Eingriffskondiktion auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr (BGH, GRUR 2009, 1085 Rn. 34 - Wer wird Millionär, mwN). Ob im Streitfall darüber hinaus auch ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB gegeben ist, weil die Beklagte sich mit dem beanstandeten Beitrag erkennbar im Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt und deshalb zumindest fahrlässig gehandelt hat, kann offenbleiben.
- 43
- 2. Ohne Erfolg beanstandet die Revision die vom Berufungsgericht zuerkannte Höhe der an den Kläger zu zahlenden Lizenzgebühr. Das Berufungsgericht hat einen Betrag in Höhe von 50.000 € angesichts des hohen Bekannt- heitsgrads des Klägers, des hohen Aufmerksamkeitswerts der Werbung und der hohen Auflage des Blattes als angemessen erachtet. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Inwieweit sich daraus ein einschüchternder Effekt für die Tätigkeit der Beklagten ergeben soll, ist nicht hinreichend dargelegt. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts wird die Einwilligung zu einer werblichen Vereinnahmung einer Person nach Art der angegriffenen Berichterstattung üblicherweise von der Zahlung einer Lizenzgebühr abhängig gemacht. Handelte es sich nur der Form nach um eine redaktionelle Berichterstattung und in der Sache ganz überwiegend um eine Eigenwerbung zur Blattbindung der Leser, so ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Beklagte gegenüber anderen Werbetreibenden allein aufgrund ihrer - mit dem angegriffenen Beitrag aber nicht hinreichend betroffenen - publizistischen Funktion zu privilegieren ist. Eine Verletzung der nach Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Presse- und Meinungsäußerungsfreiheit lässt sich daher allein aus der Höhe der zuerkannten Lizenzgebühr nicht ableiten.
- 44
- D. Nach alledem ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 04.12.2009 - 324 O 338/09 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 10.08.2010 - 7 U 130/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger, Günther Jauch, moderiert die wöchentlich ausgestrahlte Fernsehsendung "Wer wird Millionär?". Der Kläger und die Fernsehsendung sind in der Öffentlichkeit sehr bekannt.
- 2
- Die Beklagte gab am 9. Juni 2005 das Rätselheft "S. Sonderheft Rätsel und Quiz" heraus. Auf dem Titelblatt ist der Kläger mit der Textzeile abgebildet "Günther Jauch zeigt mit 'Wer wird Millionär?', wie spannend Quiz sein kann". Das Titelblatt ist nachstehend verkleinert wiedergegeben:
- 3
- Der Kläger hat die Beklagte abgemahnt, die daraufhin eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hat. Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von mindestens 100.000 € und auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten von 2.111,78 € in Anspruch genommen. Er hat die Auffassung vertreten, ohne seine Einwilligung sei die Verwendung seines Bildnisses rechtswidrig gewesen. Sie habe ausschließlich den kommerziellen Werbeinteressen der Beklagten gedient. Der Textzeile und damit der Veröffentlichung seines Bildnisses fehle ein redaktioneller Gehalt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
- 4
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Hamburg AfP 2006, 391). Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben (OLG Hamburg GRUR-RR 2007, 142).
- 5
- Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die angegriffene Bildberichterstattung sei gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG auch ohne Einwilligung des Klägers rechtmäßig. Bei der erforderlichen Abwägung der widerstreitenden Interessen habe die Pressefreiheit gegenüber dem Recht des Klägers am eigenen Bildnis und dem Recht an der kommerziellen Nutzung seines Bildnisses Vorrang.
- 8
- Angesichts seines hohen Bekanntheitsgrades müsse der Kläger jedenfalls im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung die Veröffentlichung seines Bildnisses hinnehmen. Zwar fehle ein informierender Beitrag über den Kläger im Heftinneren, auf den das Titelblatt hinweisen könnte. Die Titelseite des Rätselhefts enthalte aber in der Bildunterschrift eine Berichterstattung über den Kläger, die ein bestehendes Informationsinteresse befriedige. Der Kläger werde namentlich vorgestellt und seine Funktion als Moderator bezeichnet. Die Quizsendung werde darüber hinaus knapp charakterisiert und bewertet. Die Berichterstattung trage deshalb, wenn auch in relativ bescheidenem Umfang, zur Meinungsbildung bei. Sie werde durch das Bildnis des Klägers veranschaulicht. Zugleich werde durch die Abbildung des Kreuzworträtsels als Hintergrundmontage eine Verbindung der vom Kläger moderierten Quizsendung zu anderen Rätsel- und Quizspielen hergestellt.
- 9
- Diese dem Bereich der Pressefreiheit unterliegende Aussage verdiene gegenüber dem Recht des Klägers am eigenen Bildnis den Vorrang, weil angesichts der Prominenz des Klägers und seiner regelmäßigen Präsenz im Fernsehen ein überragendes Informations- und Unterhaltungsinteresse der Öffentlichkeit bestehe. Dieses sei darauf gerichtet, über die regelmäßig laufende Sendung und die Einschätzung ihres Unterhaltungswerts durch andere Medien informiert zu werden. Der äußerst geringe Informationswert der Berichterstattung werde durch die überragende Prominenz des Klägers und den Bekanntheitsgrad der genannten Quizsendung ausgeglichen. Der durch die Abbildung des Klägers auf der Titelseite geschaffene Kaufanreiz beziehe sich dabei auf das Presseerzeugnis selbst. Er entstehe insbesondere wegen des inhaltlichen Zusammenhangs zwischen der Tätigkeit des Klägers und dem Inhalt des Hefts.
- 10
- Umstände, die für eine Unzulässigkeit der Abbildung im Hinblick auf § 23 Abs. 2 KUG sprechen könnten, seien nicht ersichtlich.
- 11
- II. Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache in die Berufungsinstanz. Dem Kläger steht dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr und Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten nach § 823 Abs. 1 BGB, §§ 22, 23 KUG und § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB zu.
- 12
- 1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die angegriffene Bildveröffentlichung auf dem Titelblatt des Rätselhefts "S. Sonderheft Rätsel und Quiz" ohne Einwilligung des Klägers rechtswidrig. Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG bejaht hat. Es hat bei der gebotenen Interessenabwägung im Streitfall dem Recht des Klägers am eigenen Bildnis zu Unrecht nicht den Vorrang vor dem Recht der Beklagten auf Presse- und Meinungsfreiheit eingeräumt.
- 13
- a) Im rechtlichen Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Prüfung, ob das Bildnis des Klägers auf dem Titelblatt des Rätselhefts als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S. von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ohne seine Einwilligung verbreitet werden darf, eine Ab- wägung zwischen dem Recht des Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG und dem Recht der Presse aus Art. 10 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG erfordert.
- 14
- aa) Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Hiervon macht § 23 Abs. 1 KUG Ausnahmen. Nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden, es sei denn, die Verbreitung verletzt berechtigte Interessen des Abgebildeten nach § 23 Abs. 2 KUG. Ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte umfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern liegt bereits vor, wenn es einen Bezug zu Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse aufweist (BGH, Urt. v. 14.10.2008 - VI ZR 272/06, GRUR 2009, 86 Tz. 10 = NJW 2009, 754). Die Presse kann aufgrund der Presse- und Meinungsfreiheit innerhalb der gesetzlichen Grenzen nach publizistischen Kriterien darüber entscheiden , was sie im öffentlichen Interesse für berichtenswert hält (BVerfGE 120, 180, 196; BGH GRUR 2009, 86 Tz. 11). Zu dem verfassungsrechtlichen Schutz der Pressefreiheit gehört auch die Abbildung von Personen (BVerfG NJW 2005, 3271, 3272; BVerfGE 120, 180, 196).
- 15
- bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfordert die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG. Abzuwägen sind unter Berücksichtigung der Wertungen der §§ 22, 23 KUG das Informationsinteresse der Allgemeinheit und die Pressefreiheit gegenüber dem Interesse des Abgebildeten am Schutz seiner Persönlichkeit und seiner Privatsphäre. Der Beurteilung ist ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, der den widerstrei- tenden Interessen ausreichend Rechnung trägt (BGHZ 178, 275 Tz. 13 ff.; 178, 213 Tz. 8 ff.; BGH GRUR 2009, 86 Tz. 8 ff.).
- 16
- b) Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen dem Schutz des Persönlichkeitsrechts des Klägers aus Art. 8 EMRK, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG im Streitfall keinen Vorrang gegenüber dem Recht der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG eingeräumt hat. Es hat dem von der Presse wahrgenommenen Informationsinteresse der Allgemeinheit an der in der Bildunterschrift enthaltenen Berichterstattung rechtsfehlerhaft zu großes Gewicht beigemessen.
- 17
- aa) Bei der Gewichtung des Informationsinteresses der Allgemeinheit kommt dem Informationswert der Abbildung und der sie begleitenden Berichterstattung eine entscheidende Bedeutung zu.
- 18
- (1) Zu Recht hat das Berufungsgericht in die Ermittlung des Informationswerts der Bildveröffentlichung die Bildunterschrift einbezogen. Dem in Rede stehenden Bild des Klägers kommt nicht schon als solchem eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage zu. Gegenteiliges hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und wird auch von der Revisionserwiderung nicht geltend gemacht. Der Informationswert der Bildberichterstattung ist deshalb im Kontext der dazugehörigen Wortberichterstattung zu ermitteln (BVerfGE 120, 180, 206; BGHZ 171, 275 Tz. 23 m.w.N.). Auch eine Bildunterschrift enthält eine Wortberichterstattung, selbst wenn in dem fraglichen Presseerzeugnis eine weitere Berichterstattung fehlt. Die Bildunterschrift wird im vorliegenden Fall vom Durchschnittsleser wahrgenommen. Maßgeblich ist die Wahrnehmung der Leser bei der Lektüre der Zeitschrift und nicht die Sicht eines potentiellen Käu- fers in der Verkaufssituation in Buchläden und am Zeitschriftenkiosk oder bei einer verkleinerten Wiedergabe des Rätselheftes in einer Werbeanzeige.
- 19
- (2) Die Gewichtung des Informationsinteresses der Allgemeinheit anhand des Informationswerts der Berichterstattung ist nicht aufgrund der Pressefreiheit ausgeschlossen. Zum Kern der Pressefreiheit gehört zwar, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was durch das öffentliche Interesse an Berichterstattung beansprucht wird (BGHZ 178, 213 Tz. 15 m.w.N.). Im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG verbietet sich auch eine inhaltliche Bewertung des Beitrags auf seinen Wert und seine Seriosität (BVerfGE 120, 180, 206). Entscheidend - und im Zuge der Interessenabwägung zu berücksichtigen - ist aber, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann. Das Recht der Presse, nach publizistischen Kriterien selbst über Gegenstand und Inhalt ihrer Berichterstattung zu entscheiden, befreit nicht von der Abwägung mit den geschützten Rechtspositionen derjenigen, über die berichtet wird. Das Selbstbestimmungsrecht der Presse erfasst nicht die Entscheidung, wie das Informationsinteresse im Zuge der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern zu gewichten und der Ausgleich zwischen den betroffenen Rechtsgütern herzustellen ist (BVerfGE 120, 180, 205; BGHZ 171, 275 Tz. 20).
- 20
- (3) Für die Abwägung ist von maßgebender Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert und damit den Informationsbedarf des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt (BGH GRUR 2009, 86 Tz. 15 m.w.N.). Ausgangspunkt der Beurteilung ist nicht der Bekanntheitsgrad der Person, über die berichtet wird, sondern der Informationswert der Berichterstattung. Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, umso mehr muss das Schutzinteresse dessen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen umso schwerer, je geringer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass je nach Lage des Falles für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann (BGHZ 178, 213 Tz. 18; zur Namensnennung BGH, Urt. v. 5.6.2008 - I ZR 96/07, GRUR 2008, 1124 Tz. 17 = NJW 2008, 3782 - Zerknitterte Zigarettenschachtel; Urt. v. 5.6.2008 - I ZR 223/05, WRP 2008, 1527 Tz. 18 - Schau mal, Dieter). Auch bei einer Berichterstattung über bekannte Personen müssen danach der Informationswert der Berichterstattung anhand ihres Bezugs zur öffentlichen Meinungsbildung ermittelt und der Pressefreiheit abwägend die beeinträchtigenden Wirkungen für den Persönlichkeitsschutz gegenübergestellt werden (BVerfGE 120, 180, 208). Beschränkt sich der die Bildveröffentlichung begleitende Bericht darauf , einen beliebigen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen , lässt die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung nicht erkennen. Insofern muss das Veröffentlichungsinteresse nicht nur hinter dem Schutz der Privatsphäre zurücktreten (BVerfGE 120, 180, 207; BGH, Urt. v. 3.7.2007 - VI ZR 164/06, GRUR 2007, 902 Tz. 12 = NJW 2008, 749; Urt. v. 1.7.2008 - VI ZR 243/06, GRUR 2008, 1024 Tz. 23 = NJW 2008, 3138), sondern allgemein hinter dem Schutz des Persönlichkeitsrechts, etwa des Schutzes am eigenen Bildnis, wenn der Eingriff in dieses Recht hinreichend schwer wiegt.
- 21
- bb) Der Informationswert der Abbildung des Klägers und der Bildunterschrift ist im vorliegenden Fall derart gering, dass ein schützenswerter Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung nicht erkennbar ist.
- 22
- Das Berufungsgericht hat im Ansatz zutreffend den Informationswert aus der Bildunterschrift im Zusammenhang mit der Abbildung des Klägers auf dem Titelblatt des Rätselheftes ermittelt. Dabei hat es den Aussagegehalt der Bildunterschrift berücksichtigt und angenommen, dass der Informationswert äußerst gering ist. Rechtsfehlerhaft hat es allerdings nicht den Informationswert in den Mittelpunkt seiner Erörterung gestellt, sondern zu Unrecht wegen des hohen Bekanntheitsgrades des Klägers auf ein von der Meinungs- und Pressefreiheit umfasstes, auf die belanglose Meldung bezogenes Informationsinteresse der Allgemeinheit geschlossen.
- 23
- Selbst bei einem großzügigen Maßstab ist der Informationswert der Bildunterschrift - auf die mangels eines weiteren redaktionellen Beitrags allein abzustellen ist - für die Allgemeinheit vorliegend derart gering, dass er nicht darüber hinausgeht, einen Anlass für die Abbildung des prominenten Klägers zu schaffen. Die Bildunterschrift enthält lediglich eine belanglose Mitteilung. Sie hat keinerlei Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte. Sie erschöpft sich in der gerade wegen des sehr hohen Bekanntheitsgrades des Klägers und der von ihm moderierten Quizsendung "Wer wird Millionär?" bereits allgemein bekannten Information , dass der Kläger die Sendung moderiert und diese spannend ist. Weitere Informationen über den Kläger oder die Quizsendung werden nicht vermittelt. Die Abbildung steht auch nicht in deutlichem Zusammenhang mit einer eigenen Leistung des Klägers, nur weil sowohl das Rätselheft als auch die von dem Kläger moderierte Sendung Ratespiele zum Gegenstand haben. Denn bei dem Rätselheft handelt es sich um eine im Verhältnis zum Kläger fremde Leistung (hierzu BGH, Urt. v. 1.10.1996 - VI ZR 206/95, GRUR 1997, 125, 127 - Künstlerabbildung in CD-Einlegeblatt). Die Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers im Kontext mit der Bildunterschrift enthält damit in Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers keinen schützenswerten Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung.
- 24
- c) Die Revision macht zu Recht geltend, dass das Berufungsgericht bei der Interessenabwägung dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers zu geringes Gewicht beigemessen hat. Es hat den Werbecharakter der Bildnisveröffentlichung nicht hinreichend gewürdigt.
- 25
- aa) Bei der Beurteilung des Schutzes des Persönlichkeitsrechts des Abgebildeten als Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Allgemeinheit ist die Intensität des in Rede stehenden Eingriffs zu berücksichtigen, die sich auch auf eine ungewollte Vereinnahmung für fremde kommerzielle Werbeinteressen beziehen kann.
- 26
- Der Schutz des Persönlichkeitsrechts umfasst nicht nur die Privatsphäre als Kernbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Hier können die Eingriffe besonders schwer wiegen. Wesentlicher Bestandteil des Persönlichkeitsrechts ist darüber hinaus die Entscheidung, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll (BGHZ 169, 340 Tz. 19 - Rücktritt des Finanzministers). Das schutzwürdige Informationsinteresse fehlt bei Werbeanzeigen, wenn sie ausschließlich den Geschäftsinteressen des mit der Abbildung werbenden Unternehmens dienen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte nur verwendet wird, um den Werbewert der prominenten Persönlichkeit auszunutzen und auf das beworbene Produkt überzuleiten. Dagegen ist der Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eröffnet, wenn die Werbeanzeige neben dem Werbezweck auch einen Informationsgehalt für die Allgemeinheit aufweist (BGH, Urt. v. 1.10.1996 - VI ZR 206/95, GRUR 1997, 125, 126 = NJW 1997, 1152 - BobDylan -CD; BGHZ 169, 340 Tz. 15 - Rücktritt des Finanzministers). Der beglei- tende Text darf sich aber nicht darauf beschränken, nur irgendeinen Anlass für die Abbildung zu schaffen (BVerfGE 120, 180, 206 f.).
- 27
- bb) Das Berufungsgericht hat das Gewicht des Werbecharakters der Bildnisveröffentlichung auf dem Titelblatt des Rätselhefts im Verhältnis zum Informationsgehalt der Berichterstattung unzureichend berücksichtigt.
- 28
- Es hat in diesem Zusammenhang in die Abwägung nur einbezogen, dass das Titelblatt in seiner Werbefunktion als Bestandteil der Zeitschrift geschützt ist. Zutreffend ist zwar, dass die eigene Werbung für ein Presseerzeugnis ebenso wie das Presseerzeugnis selbst den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG genießt (BGHZ 151, 26, 30 f. - Marlene Dietrich II). Enthält das Presseerzeugnis eine dem Schutz der Pressefreiheit unterliegende Bildberichterstattung über eine prominente Person, darf auch mit deren Bildnis auf dem Titelblatt geworben werden (BGH, Urt. v. 14.3.1995 - VI ZR 52/94, NJW-RR 1995, 789, 790 - Chris Revue). Erschöpft sich die Berichterstattung aber nur darin, einen Anlass für die Abbildung einer prominenten Person auf dem Titelblatt zu schaffen, weil ein Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung nicht erkennbar ist, begrenzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten nicht nur die Berichterstattung , sondern auch die Werbung für das Presseerzeugnis.
- 29
- cc) Durch die Verwendung des Bildnisses auf dem Titelblatt hat die Beklagte über eine bloße Aufmerksamkeitswerbung hinaus den Werbe- und Imagewert des Klägers ausgenutzt.
- 30
- Die Bildunterschrift führt nicht zu einer Zuordnung der Abbildung des Klägers zu einem Zeitgeschehen, über das zusammen mit dem Bildnis informiert wird. Die Beklagte hat durch die Abbildung auf dem Titelblatt des Rätsel- hefts vielmehr die Person des Klägers als Vorspann für die Anpreisung des Rätselhefts vermarktet.
- 31
- Das Berufungsgericht hat angenommen, der Leser habe bei der Betrachtung des Titelblatts nicht den Eindruck, der Kläger empfehle den Kauf des Heftes. Hiergegen wendet sich die Revision mit der Begründung, durch die Aufmachung des Titelblatts nehme das angesprochene Publikum an, der Kläger preise als Fachmann das Rätselheft der Beklagten an. Ob die Annahme des Berufungsgerichts den Angriffen der Revision standhält, ist zweifelhaft. Die Frage kann aber offenbleiben. Die Ausnutzung des Image- oder Werbewerts der prominenten Person setzt nicht zwingend voraus, dass durch die Aufmachung des Bildes der Eindruck entsteht, die prominente Person identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt, preise es an oder empfehle es. Entscheidend ist, ob die Darstellung bei dem Leser eine gedankliche Beziehung zwischen dem Abgebildeten und dem beworbenen Produkt herstellt (vgl. BGH NJW-RR 1995, 798, 790 - Chris Revue; zum Namensrecht BGHZ 30, 7, 13 - Catharina Valente). Geht es dem Werbenden nicht auch um die Befriedigung des Bedürfnisses der Allgemeinheit an der Darstellung bekannter Persönlichkeiten, sondern ausschließlich darum, durch ein unmittelbares Nebeneinanderstellen der Ware und der abgebildeten Person das Interesse der Öffentlichkeit an der Person und deren Beliebtheit auf die Ware zu übertragen, rechtfertigt dies nicht die einwilligungsfreie Nutzung des Bildnisses (vgl. BGHZ 20, 345, 352 - Paul Dahlke).
- 32
- Die gedankliche Beziehung, die im vorliegenden Fall die Ausnutzung des Werbe- und Imagewerts des Klägers begründet, liegt im inhaltlichen Zusammenhang zwischen der - auf dem Titelblatt erwähnten - Tätigkeit des Klägers und dem Inhalt des Rätselhefts. Dieser Zusammenhang wird durch die Abbildung des Kreuzworträtsels als Hintergrundmontage zum im Vordergrund als Blickfang abgebildeten Kläger betont. Der Kläger wird als Moderator einer Rät- selsendung in Beziehung zu dem ihm fremden Rätselheft gesetzt (zur zwar branchengleichen, aber "fremden" Leistung BGH GRUR 1997, 125, 126 - Künstlerabbildung in CD-Einlegeblatt). Seine Kompetenz und Popularität sollen auf das Rätselheft übertragen werden. Diesen Zusammenhang unterstreicht die Bildunterschrift, indem sie den Kläger und seine beliebte Quizsendung benennt und das Quiz als spannend bezeichnet, wobei sie damit sowohl die vom Kläger moderierte Quizsendung als auch andere Quiz- und Ratespiele - und damit auch das Rätselheft - in die Aussage einbezieht.
- 33
- d) Die gebotene Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers und der Pressefreiheit der Beklagten ergibt, dass dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers der Vorrang zukommt. Der Informationswert der Bildunterschrift ist derart gering, dass ein schützenswerter Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung in Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere wegen der Ausnutzung seines Image- und Werbewerts nicht erkennbar ist. Dem Recht am eigenen Bildnis des Klägers gebührt der Vorrang vor dem Veröffentlichungsinteresse der Beklagten. Aus diesem Grunde liegt kein dem § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG unterfallendes Bildnis der Zeitgeschichte vor. Die Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers ohne seine Einwilligung war daher unzulässig.
- 34
- 2. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB zu. Die unbefugte kommerzielle Nutzung seines Bildnisses stellt einen Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild wie auch des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar und begründet grundsätzlich - neben dem Verschulden voraussetzenden Schadensersatzanspruch - einen Anspruch aus Eingriffskondiktion auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr (BGH, Urt. v. 1.12.1999 - I ZR 226/97, GRUR 2000, 715, 716 = NJW 2000, 2201 - Der blaue Engel; BGHZ 169, 340 Tz. 12 - Rücktritt des Finanzministers). Dem Kläger steht darüber hinaus ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu, der ebenfalls auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr gerichtet ist (vgl. BGHZ 169, 340 Tz. 12 - Rücktritt des Finanzministers). Das für diesen Anspruch notwendige Verschulden liegt vor. Die Beklagte hat zumindest fahrlässig gehandelt. Sie hat sich mit der Veröffentlichung der Abbildung des Klägers als Blickfang auf dem Titelblatt ihres Rätselhefts, dem außer in der Bildunterschrift ein redaktioneller Beitrag über den Kläger fehlt, erkennbar im Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem sie eine von ihrer Einschätzung abweichende Beurteilung in Betracht ziehen musste.
- 35
- Da die Veröffentlichung des Bildes unzulässig war, steht dem Kläger auch ein Anspruch auf Zahlung der vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten zu.
- 36
- III. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zur Höhe der geltend gemachten Ansprüche getroffen. Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das die hierzu erforderlichen Feststellungen nachzuholen hat.
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 09.06.2006 - 324 O 868/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 05.12.2006 - 7 U 90/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg , Zivilkammer 24, vom 9. Januar 2004 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Oskar Lafontaine. Er trat am 11. März 1999 von seinen Ämtern als Bundesminister der Finanzen und als Vorsitzender der SPD zurück. Die Beklagte betreibt als Konzerntochter des Autovermieters S. AG das FahrzeugLeasing -Geschäft. Sie warb – jeweils ohne Einwilligung des Klägers – am 21. März 1999 in der „Welt am Sonntag“ mit einer halbseitigen und am 22. März 1999 in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ mit einer doppelseitigen Anzeige, die nachstehend verkleinert wiedergegeben ist:
- 2
- Die Porträtaufnahmen zeigen sechzehn Mitglieder der damaligen Bundesregierung einschließlich des Klägers, dessen Bild durchgestrichen aber weiterhin erkennbar ist.
- 3
- Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von 250.000 DM (127.822,27 €) in Anspruch genommen. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe auf seinen Bekanntheitsgrad abgestellt und sein Bild zu Werbezwecken zwangskommerzialisiert. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
- 4
- Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung in Höhe von 100.000 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG Hamburg ZUM 2005, 164 = AfP 2004, 566).
- 5
- Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
- 6
- I. Das Berufungsgericht hat den Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von 100.000 € für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt :
- 7
- Es könne dahinstehen, ob dem Kläger ein Anspruch aus § 823 BGB, §§ 22, 23 KUG zustehe. Der Anspruch folge jedenfalls aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB. Indem die Beklagte das Bildnis des Klägers in ihrer Werbeanzeige genutzt habe, habe sie in rechtswidriger Weise in das dem Kläger zustehende Recht am eigenen Bild eingegriffen und damit zugleich auf seine Kosten einen vermögenswerten Vorteil erlangt.
- 8
- Die Beklagte habe mit der Veröffentlichung des Fotos das Recht des Klägers am eigenen Bild verletzt. Auch wenn der Kläger eine Person der Zeitgeschichte sei und die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorlägen, sei die Veröffentlichung des Bildnisses nicht zulässig. Die gemäß § 23 Abs. 2 KUG gebotene Interessenabwägung ergebe, dass das berechtigte, gegen die Veröffentlichung sprechende Interesse des Klägers überwiege. Zwar sei das Interesse der Beklag- ten durch die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) geschützt; die in Rede stehende Anzeige habe nicht nur Werbezwecken gedient, sondern enthalte auch eine in die Form der Satire gegossene politische Meinungsäußerung. Die Frage, ob ihr zusätzlich der Schutz der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) zukomme, könne offenbleiben. Jedenfalls müsse das Veröffentlichungsinteresse der Beklagten hinter dem Persönlichkeitsrecht des Klägers zurückstehen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers schütze auch sein Interesse, nicht ohne seine Einwilligung von einem Dritten zu Werbezwecken eingesetzt zu werden. Gerade Personen des öffentlichen Lebens, die ohnehin in besonderem Maße der Beachtung und der Kritik durch die Öffentlichkeit ausgesetzt seien, müssten es in der Regel nicht hinnehmen , dass ihre Bildnisse in der Werbung als Blickfang verwendet würden. Der deutlich im Vordergrund stehende Zweck der Produktwerbung müsse letztlich dazu führen, dass das durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützte Interesse des Klägers gegenüber der Meinungs- und Kunstfreiheit der Beklagten überwiege.
- 9
- Mit dem Eingriff in das dem Kläger zustehende Recht am eigenen Bild habe die Beklagte zugleich auf dessen Kosten einen vermögenswerten Vorteil erlangt. Die Beklagte habe eine fiktive Lizenzgebühr zu entrichten, die das Landgericht zutreffend auf 100.000 € geschätzt habe.
- 10
- II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr weder aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB noch aus § 823 Abs. 1 BGB, §§ 22, 23 KUG zu. Sämtliche Ansprüche setzen voraus, dass die Beklagte den Kläger in rechtswidriger Weise in seinem Persönlichkeitsrecht einschließlich seines Rechts am eigenen Bild verletzt hat. Daran fehlt es, weil die Verbreitung der Porträtaufnahme des Klägers in der fraglichen Werbeanzeige als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschich- te auch ohne seine Einwilligung grundsätzlich zulässig war (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) und durch die Verbreitung im Einzelfall auch kein berechtigtes Interesse des Klägers verletzt worden ist (§ 23 Abs. 2 KUG).
- 11
- 1. Ohne Erfolg beruft sich die Revision allerdings darauf, dass die beanstandete Veröffentlichung nicht den Schutzzweck des § 22 KUG betreffe. Das Bildnis habe – so meint die Revision – in der beanstandeten Anzeige allein der Individualisierung des Klägers gedient und hätte auch durch ein Namensschild ersetzt werden können. Dies vermag indessen nichts daran zu ändern, dass die Veröffentlichung der Fotografie des Klägers den Schutzbereich des Rechts am eigenen Bild berührt. Zwar unterscheidet sich die beanstandete Veröffentlichung von anderen Fällen, in denen die Fotografie einer bekannten Persönlichkeit ohne deren Zustimmung in der Werbung eingesetzt wird, dadurch, dass es hier nicht um den Sympathie- und Imagewert des Abgebildeten geht, der auf das beworbene Produkt übertragen werden soll. Die Werbewirkung erzielt die beanstandete Anzeige vielmehr dadurch, dass sie den Kläger als gescheiterten „Mitarbeiter in der Probezeit“ darstellt; ihre Wirkung beruht somit auf einem Scherz auf Kosten des Klägers. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Recht am eigenen Bild, das die Verbreitung und öffentliche Wiedergabe einer Abbildung grundsätzlich von der Einwilligung des Abgebildeten abhängig macht, nicht berührt wäre.
- 12
- 2. Unbegründet ist auch die Rüge der Revision, ein Bereicherungsanspruch scheide von vornherein aus, weil der Kläger wegen des für Bundesminister geltenden Verbots anderer besoldeter Tätigkeiten (Art. 66 GG) oder aus Gründen der politischen Glaubwürdigkeit an der eigenen kommerziellen Verwertung seines Bildnisses gehindert gewesen sei. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen , dass ein Bereicherungsanspruch unabhängig davon besteht, ob der Abgebildete bereit oder in der Lage ist, gegen Entgelt Lizenzen für die Verbreitung und öffentliche Wiedergabe seiner Abbildung zu gewähren. Die unbefugte kom- merzielle Nutzung eines Bildnisses stellt einen Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild wie auch des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar und begründet grundsätzlich – neben dem Verschulden voraussetzenden Schadensersatzanspruch – einen Anspruch aus Eingriffskondiktion auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.1999 – I ZR 226/97, GRUR 2000, 715, 716 = WRP 2000, 754 – Der blaue Engel; ferner BVerfG, Beschl. v. 22.8.2006 – 1 BvR 1168/04, WRP 2006, 1361 Tz 28 u. 31). Bereicherungsgegenstand ist die Nutzung des Bildnisses. Da diese nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Wer das Bildnis eines Dritten unberechtigt für kommerzielle Zwecke ausnutzt, zeigt damit, dass er ihm einen wirtschaftlichen Wert beimisst. An der damit geschaffenen vermögensrechtlichen Zuordnung muss sich der Verletzer festhalten lassen und einen der Nutzung entsprechenden Wertersatz leisten. Dies gilt unabhängig davon, ob der Abgebildete bereit und in der Lage gewesen wäre, die Abbildung gegen Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr zu gestatten; denn der Zahlungsanspruch fingiert nicht eine Zustimmung des Betroffenen, er stellt vielmehr den Ausgleich für einen rechtswidrigen Eingriff in eine dem Betroffenen ausschließlich zugewiesene Dispositionsbefugnis dar (vgl. MünchKomm.BGB/Rixecker, 4. Aufl., § 12 Anh. Rdn. 226; Schricker/Götting, Urheberrecht, 3. Aufl., § 60 UrhG/§§ 33-50 KUG, Rdn. 10 u. 14; Wenzel/v. Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung , 5. Aufl., Kap. 9 Rdn. 10 m.w.N.; Ullmann, AfP 1999, 209, 212 f.). Soweit sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entnehmen lässt, dass ein Schadens- oder Bereicherungsausgleich auf der Grundlage einer angemessenen Lizenzgebühr ein grundsätzliches Einverständnis des Abgebildeten mit der Vermarktung seines Rechts am eigenen Bild voraussetze (vgl. BGHZ 26, 349, 353 – Herrenreiter; 30, 7, 16 f. – Caterina Valente; BGH, Urt. v. 26.6.1979 – VI ZR 108/78, GRUR 1979, 732, 734 = NJW 1979, 2205 – Fußballtor), wird daran nicht festgehalten.
- 13
- 3. Die Verbreitung der Fotografie des Klägers in der streitgegenständlichen Werbeanzeige war gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG – vorbehaltlich der Prüfung der Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 KUG (dazu sogleich unter 4.) – erlaubt. Danach darf ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden.
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- a) Bei der Porträtaufnahme des Klägers handelt es sich – dies steht jedenfalls für den unmittelbaren zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit seinem Rücktritt als Finanzminister und SPD-Vorsitzender außer Zweifel – um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG). Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass das Bildnis im Rahmen einer Werbeanzeige verbreitet worden ist.
- 15
- b) Allerdings kann sich derjenige nicht auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berufen, der keinem schutzwürdigen Informationsinteresse der Allgemeinheit nachkommt. Das schutzwürdige Informationsinteresse fehlt bei Werbeanzeigen, wenn sie ausschließlich den Geschäftsinteressen des mit der Abbildung werbenden Unternehmens dienen (BGHZ 20, 345, 350 f. – Paul Dahlke; BGH, Urt. v. 14.4.1992 – VI ZR 285/91, GRUR 1992, 557 = NJW 1992, 2084 – Talkmaster-Foto; Urt. v. 14.3.1995 – VI ZR 52/94, WRP 1995, 613, 614 = NJW-RR 1995, 789 – Chris Revue ; Urt. v. 1.10.1996 – VI ZR 206/95, GRUR 1997, 125, 126 = NJW 1997, 1152 – Bob-Dylan-CD; BGHZ 143, 214, 229 – Marlene Dietrich; BGH GRUR 2000, 715, 717 – Der blaue Engel; BGHZ 151, 26, 30). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte nur verwendet wird, um den Werbewert der prominenten Persönlichkeit auszunutzen und auf das beworbene Produkt überzuleiten. Dagegen ist der Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eröffnet, wenn die Werbeanzeige neben dem Werbezweck auch einen Informationsgehalt für die Allgemeinheit aufweist (BGH GRUR 1997, 125, 126 – Bob-Dylan-CD; BGHZ 151, 26, 30; vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.8.2000 – 1 BvR 2707/95, NJW 2001, 594). Denn der kommerzielle Zusammenhang schließt es nicht aus, dass die Veröffentlichung auch der Information der Allgemeinheit dient (vgl. BGH, Urt. v. 5.10.2006 – I ZR 277/03 – kinski-klaus.de, unter II.4.c) a.E.). Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf kommerzielle Meinungsäußerungen und auf reine Wirtschaftswerbung, die einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt hat, und zwar auch auf die Veröffentlichung eines Bildnisses , das die Meinungsäußerung transportiert oder ergänzt (vgl. BVerfGE 71, 162, 175; 102, 347, 359 – Benetton-Werbung; BGH, Urt. v. 14.11.1995 – VI ZR 410/94, GRUR 1996, 195, 197 = NJW 1996, 593 – Abschiedsmedaille; BGH GRUR 1997, 125, 126 – Bob-Dylan-CD; BGHZ 151, 26, 30).
- 16
- Die vom Kläger beanstandete Werbeanzeige dient nicht ausschließlich einem Werbezweck, sondern enthält im Zusammenhang mit der Abbildung des Klägers auch eine auf ein aktuelles Ereignis bezogene politische Meinungsäußerung in Form der Satire. Indem die Beklagte den Kläger mit einem Mitarbeiter vergleicht , der bereits in der Probezeit scheitert, setzt sie sich in ironischer Weise mit dem Umstand auseinander, dass der Kläger nach kurzer Amtszeit als Finanzminister zurückgetreten ist. Dieser meinungsbildende Inhalt wird durch den offensichtlichen Werbezweck der Anzeige nicht verdrängt.
- 17
- 4. Die nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG im Grundsatz zulässige Verbreitung des Bildnisses des Klägers verletzt auch in der konkret beanstandeten Werbeanzeige nicht dessen berechtigte Interessen (§ 23 Abs. 2 KUG).
- 18
- a) Nach § 23 Abs. 2 KUG erstreckt sich die Befugnis zur einwilligungsfreien Veröffentlichung von Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte nicht auf eine Verbreitung, die im Einzelfall ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt. Ob dies der Fall ist, ist aufgrund einer umfassenden, am Einzelfall orientierten Güter - und Interessenabwägung zu beantworten. Denn wegen der Eigenart des Per- sönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts fehlt es an einem absoluten Schutzbereich des Rechts; der Schutzumfang muss vielmehr jeweils durch eine Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (BVerfGE 101, 361, 393; BGH, Urt. v. 12.10.1993 – VI ZR 23/93, GRUR 1994, 391, 392 = NJW 1994, 124 – Alle reden vom Klima; BGHZ 156, 206, 210). Dabei ist unter Berücksichtigung der Intensität des in Rede stehenden Eingriffs zu ermitteln, ob dem hier nur vermögenswerten Bestandteil des Persönlichkeitsrechts des Klägers ein größeres Gewicht beizumessen ist als der Rechtsposition, auf die sich die Beklagte bei der Verbreitung der Werbeanzeige unter Berufung auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG stützt.
- 19
- b) Im Falle der Verwendung eines Bildnisses in einer Werbeanzeige wird – wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat – im Regelfall das allgemeine Persönlichkeitsrecht des ohne seine Einwilligung Abgebildeten gegenüber dem Veröffentlichungsinteresse des Werbenden überwiegen (vgl. Schricker/ Götting aaO § 60 UrhG/§ 23 KUG Rdn. 16). Denn es stellt einen wesentlichen Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, selbst darüber zu entscheiden , ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll. Dabei steht allerdings der Umstand im Vordergrund, dass durch die Verwendung eines Bildnisses der Image- oder Werbewert des Abgebildeten ausgenutzt und der Eindruck erweckt wird, der Abgebildete identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt, empfehle es oder preise es an (vgl. BGHZ 20, 345, 352 – Paul Dahlke; BGH WRP 1995, 613, 614 – Chris Revue; BGHZ 151, 26, 33).
- 20
- c) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der erkennbare Werbezweck führe dazu, dass die Meinungsfreiheit der Beklagten gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Klägers zurücktreten müsse. Im Streitfall geht es ersichtlich nicht darum, einen Image- oder Werbewert des Klägers auf die beworbene unternehmerische Leistung zu übertragen. Die Anzei- ge erweckt auch nicht den Eindruck, als empfehle der Kläger das beworbene Produkt. Zwar lässt sich allein damit noch nicht begründen, dass der Kläger die Verwendung seines Bildnisses in einer Werbeanzeige hinnehmen muss. Doch führen diese Umstände sowie das gegenläufige Interesse des Werbenden, sich auch im Rahmen einer Werbeanzeige in satirisch-spöttischer Form mit einem aktuellen politischen Tagesereignis auseinandersetzen zu können, dazu, dass das Interesse des Klägers, die Verwendung seines Bildnisses in der Werbung zu verhindern, zurücktreten muss.
- 21
- Die Beklagte nimmt den Rücktritt des Klägers als Finanzminister zum Anlass für ihren als Satire verfassten Werbespruch, ohne über eine bloße Aufmerksamkeitswerbung hinaus die Person des Klägers als Vorspann zur Anpreisung ihrer Dienstleistung zu vermarkten. Die Abbildung des Klägers behält im Rahmen der Werbeanzeige ihre Zuordnung zu dem kommentierten politischen Zeitgeschehen. Die Anzeige verwendet eine kontextneutrale Porträtaufnahme, die sich in Größe und Anordnung in die ebenfalls in der Werbeanzeige enthaltenen Porträtaufnahmen der weiteren fünfzehn Mitglieder des Kabinetts einreiht. Diese Abbildungen sind Teil der satirischen Auseinandersetzung der Beklagten mit dem Zeitgeschehen , in dessen Mittelpunkt der Kläger steht. Auch wenn die politische Auseinandersetzung im Rahmen einer Werbeanzeige erfolgt und von der Beklagten eingesetzt wird, um die Aufmerksamkeit auf ihr Leasinggeschäft zu lenken, steht sie unter dem besonderen Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Im Streitfall muss das Interesse des Klägers, nicht ohne seine Erlaubnis in einer Werbeanzeige abgebildet zu werden, gegenüber der Ausübung dieses Freiheitsrechts zurücktreten. Die Werbung berührt lediglich den zivilrechtlich, nicht verfassungsrechtlich begründeten Schutz der vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts (vgl. BVerfG WRP 2006, 1361 Tz 27 ff.). Die ideellen Teile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, deren Schutz durch die Menschenwürde- garantie von Verfassungs wegen geboten ist, sind im Streitfall nicht betroffen. Eine Beschädigung des Ansehens des Klägers durch die beanstandete Anzeige steht nicht zur Debatte.
- 22
- 5. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Da die Sache zur Entscheidung reif ist, ist die Klage abzuweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
- 23
- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 09.01.2004 - 324 O 554/03 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 09.11.2004 - 7 U 18/04 -
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.08.2011 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 28 O 117 / 11 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen sowie die Kosten der Revision werden der Klägerin auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Klägerin, der die urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den Werken Astrid Lindgrens zustehen, verlangt von der Beklagten, die Supermärkte betreibt, Schadensersatz in Form einer fiktiven Lizenzzahlung wegen der Veröffentlichung und Verbreitung zweier Lichtbilder, durch die die Klägerin ihre Rechte an der Romanfigur „Pippi Langstrumpf“ verletzt sieht. Die Beklagte verwendete diese Lichtbilder zur Bewerbung von Karnevalskostümen. Die Klägerin behauptet, in einem vergleichbaren Fall von einem anderen Betreiber von Supermärkten für die Verwendung eines vergleichbaren Lichtbildes eine Lizenzgebühr von 50.000 € erhalten zu haben.
4Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 50.000,00 € nebst Zinsen verurteilt und sich dabei auf Urheberrecht, § 97 Abs. 2 UrhG, gestützt. Auf die Berufung der Beklagten hat der Senat mit Urteil vom 24.02.2012 die landgerichtliche Entscheidung bestätigt. Gegen die Entscheidung des Senats hat die Beklagte Revision mit dem Ziel der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen und Abweisung der Klage erhoben. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 17.07.2013 (I ZR 52/12 – Pippi-Langstrumpf-Kostüm) das Urteil des Senats aufgehoben, die Klage, soweit sie auf Ansprüche aus dem Urheberrecht gestützt ist, abgewiesen und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, zurückverwiesen mit der Begründung, dass der Senat keine Feststellungen zu den von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten Ansprüchen aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gemäß §§ 3, 4 Nr. 9, § 9 UWG sowie aus §§ 823, 826 BGB getroffen habe.
5Die Beklagte verfolgt ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Hinsichtlich wettbewerbsrechtlicher Ansprüche sei die Klägerin nicht aktivlegitimiert. Zudem dürfe ein nach Urheberrecht zulässiges Verhalten nicht nach wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen sanktioniert werden. Ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch könne nur durch andere Umstände als die vermeintliche Übernahme der Äußerlichkeiten eine Romanfigur begründet werden. Für solche besonderen Umstände sei vorliegend nichts dargetan. Soweit die Klägerin die Verwendung der Kennzeichnung „Püppi“ für das Karnevalskostüm rüge, seien außerdem markenrechtliche Ansprüche vorrangig und für wettbewerbsrechtliche Ansprüche sei kein Raum. Schließlich seien die von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzansprüche ihrer Höhe nach unbegründet; nach rechtskräftiger Abweisung der urheberrechtlichen Schadensersatzansprüche müsse eine etwaige Schadensersatzberechnung nunmehr anderen Prinzipien folgen.
6Die Beklagte beantragt,
7das Urteil des Landgerichts Köln vom 10.08.2011, Az. 28 O 117/11, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
8Die Klägerin beantragt,
9die Berufung zurückzuweisen.
10Sie trägt vertieft zu Ansprüchen aus §§ 9, 3, 4 Nr. 9 UWG vor und beruft sich nunmehr auch auf § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG.
11Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
12II.
13Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr für die beiden streitgegenständlichen Werbeabbildungen von einem Kind bzw. einer jungen Frau in Pippi-Langstrumpf-Karnevalskostümen und der Beschreibung „Kostüm … Püppi, mit Strümpfen“.
141. Gemäß § 563 Abs. 2 ZPO ist der vorliegenden Entscheidung zugrundezulegen, dass die Romanfigur der Pippi Langstrumpf zwar urheberrechtlichen Schutz genießt, ein Zahlungsanspruch der Klägerin aus Urheberrecht, § 97 Abs. 2 UrhG, jedoch nicht besteht, da die angegriffenen Abbildungen eine freie Benutzung i.S.d. § 23 Abs. UrhG darstellen und keine verbotene Übernahme nach § 23 UrhG.
152. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr folgt auch nicht aus Wettbewerbsrecht, §§ 9, 3 UWG, weder unter dem Gesichtspunkt eines lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes, § 4 Nr. 9 UWG, noch unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen vergleichenden Werbung, § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG.
16Solche Ansprüche scheitern zwar zunächst nicht an einer fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin. Der Ansicht der Beklagten, dass der Übertragungsvertrag vom 26.03.1998 aus rechtlichen Gründen nicht auch die geltend gemachten Ansprüche aus ergänzendem Leistungsschutz abdecke, kann nicht beigetreten werden. Die Frage der Übertragbarkeit von wettbewerblichen Abwehransprüchen stellt sich vorliegend nicht. Die lauterkeitsrechtlichen Ansprüche knüpfen hier unmittelbar an die Urheberrechte der Klägerin an der Romanfigur an. Aus diesen, nicht aus den Marktverhaltensregeln des UWG, folgen Sonderschutzrechte an dem Leistungsergebnis, das seinerseits ergänzend im Wettbewerbsrecht (nur) vor der unlauteren Vermarktung durch Mitbewerber geschützt wird (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Auflage, § 4 Rn. 9.4). Die Feststellungen des Senats im aufgehobenen Urteil vom 24.02.2012, dass die Urheberrechte der Klägerin durch Vertrag vom 26.03.1998 wirksam übertragen worden sind, hat der Bundesgerichtshof bestätigt.
17Wettbewerbsrechtliche Ansprüche scheitern ferner nicht an einem Vorrang des Markenrechts. Die Klägerin ist nicht verpflichtet, wegen der Beschreibung des Karnevalskostüms als „Püppi“ zunächst etwaige markenrechtliche Ansprüche geltend zu machen. Die These, dass der Sonderrechtsschutz grundsätzlich Vorrang vor dem ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz habe, gilt für das Markenrecht nur eingeschränkt. Markenrechtliche und lauterkeitsrechtliche Ansprüche können jedenfalls dann nebeneinander bestehen, wenn sie an unterschiedliche Sachverhalte anknüpfen (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Auflage, § 4 Rn. 9.6 m.w.N.). Hier genießen die streitgegenständlichen Abbildungen der beiden Personen in Karnevalskostümen von vornherein keinen Markenschutz.
18Jedoch fehlt es für einen Zahlungsanspruch aus §§ 9, 3 UWG an der Unlauterkeit der Nachahmungshandlung i.S.d. § 4 Nr. 9 UWG oder § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG.
19a) Eine unlautere Nachahmungshandlung nach § 4 Nr. 9 UWG setzt voraus, dass ein Unternehmer ein Leistungsergebnis - Waren oder Dienstleistungen - eines Mitbewerbers nachahmt und auf dem Markt anbietet, das wettbewerbliche Eigenart aufweist, und dass zudem besondere Umstände vorliegen, die sein Verhalten als unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen, und umgekehrt (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rn. 9.17, Rn. 9.69).
20aa) Die „Waren oder Dienstleistungen“ i.S.d. § 4 Nr. 9 UWG umfassen über den eigentlichen Wortlaut der Norm hinaus Leistungs- und Arbeitsergebnisse aller Art, einschließlich fiktiver Gestalten wie Buch-Charaktere (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rn. 9.22; Kur, GRUR 1990, 1, 5, 10 f.). Die Parteien stehen hier auch in einem konkreten (Absatz-)Wettbewerbsverhältnis. Die Klägerin vergibt, wie sich aus dem von ihr zur Akte gereichten Vertrag mit der Fa. M vom 10.01.2010 ergibt, u.a. Lizenzen für die Bild-Werbung für „Pippi Langstrumpf“-Kostüme. Die Beklagte hat mit den streitgegenständlichen Abbildungen für ein solches Kostüm geworben.
21Die nach der Auffassung des angesprochenen Verkehrs, zu dem auch die Mitglieder des Senats gehören, zu beurteilende wettbewerbliche Eigenart der Romanfigur „Pippi Langstrumpf“ ist überdurchschnittlich bis überragend hoch. Wettbewerbliche Eigenart kann ohne weiteres durch eine den sondergesetzlichen Anforderungen entsprechende Gestaltungshöhe begründet werden (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O. § 4 Rn. 9.33). Im vorliegenden Fall sind die Feststellungen des Senats im aufgehobenen Urteil vom 24.02.2012 zur beachtlichen Schöpfungshöhe der Figur „Pippi Langstrumpf“ vom Bundesgerichtshof nicht beanstandet worden. Der im Kinderbuch entwickelte Charakter ist so individuell und unverwechselbar, dass bereits die Übernahme einzelner Merkmale genügt, um im Verkehr auf die Figur „Pippi Langstrumpf“ hinzuweisen.
22Die Beklagte hat das Leistungsergebnis „Pippi Langstrumpf“ nachgeahmt. Die Abbildungen gehen über eine hinter der Romanfigur stehende abstrakte und nicht schutzfähige Idee hinaus. Es ist eindeutig, dass die auf den streitgegenständlichen Fotos abgelichteten Personen „Pippi Langstrumpf“ darstellen sollen. Der Bundesgerichtshof hat bestätigt, dass gerade bei Werken, die sehr bekannt sind, geringe Andeutungen genügten, insbesondere in Bezug auf äußere Merkmale, um einen deutlichen Bezug zu diesen herzustellen.
23Ihrer Erscheinungsform nach liegt hier - nur - eine nachschaffende Nachahmung vor, bei der die fremde Leistung als Vorbild benutzt und unter Einsatz eigener Leistungen wiederholt wird. Jedem Betrachter ist klar, dass die jeweils abgebildete Person nicht Pippi-Langstrumpf ist, sondern im Karneval deren Rolle spielt und sich daher entsprechend verkleidet hat. Der Senat folgt insoweit den Ausführungen des Bundesgerichtshofs, dass mit den Abbildungen nur ein unvollkommener Bezug zur literarischen Figur hergestellt wird, der zudem mit der erkennbaren Spannung zwischen realer Person und dargestellter Person spielt.
24bb) Die bloße Tatsache, dass die streitgegenständlichen Abbildungen Nachahmungen der Romanfigur sind, begründet für sich alleine noch nicht die Unlauterkeit i.S.d. § 4 Nr. 9 UWG. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, die dieses Verhalten unlauter machen. Solche liegen hier nicht vor.
25(1) Die in § 4 Nr. 9 lit. a) bis c) UWG normierten Unlauterkeitstatbestände der Herkunftstäuschung, der Rufausbeutung/-beeinträchtigung oder des strafbaren Verhaltens/Vertrauensbruchs sind nicht erfüllt.
26Nach § 4 Nr. 9 a) UWG ist das Anbieten eines Nachahmungsprodukts unlauter, wenn dadurch eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft des Nachahmungsprodukts herbeigeführt wird. Das bloße Hervorrufen von Assoziationen an das Originalprodukt genügt für die Herkunftstäuschung allerdings nicht (s. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rn. 9.42). Durch die Abbildung einer fiktiven Romanfigur kann naturgemäß nicht mehr als eine Assoziation geweckt werden.
27Dass es für eine Herkunftstäuschung ausreichend ist, wenn der angesprochen Verkehr den Eindruck gewinnen kann, die Nachahmung stamme vom Herstellung des Originals oder einem mit diesem z.B. lizenzrechtlich verbundenen Unternehmen (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rn. 9.42, 9.44), genügt vorliegend nicht. Trotz des hohen Bekanntheits- und Beliebtheitsgrades der Romanfigur „Pippi Langstrumpf“, deren besonderer Originalität sowie der hieraus folgenden Werbewirksamkeit geht der Duchschnittsverbraucher nicht davon aus, dass dann, wenn mit als „Pippi Langstrumpf“ verkleideten Personen Karnevalskostüme beworben werden, die Werbeabbildungen als solche von den Inhabern der Rechte an der Romanfigur lizenziert sind. Der Senat kann insoweit nicht feststellen, dass sich Verbraucher, die im Discount-Supermarkt ein einfaches Karnevalskostüm im Niedrigpreissegment erwerben, Gedanken über die Lizensierung solcher Produkte durch den Inhaber der Rechte an der Romanfigur machen. Eine Fehlvorstellung wird beim angesprochenen Verkehr auch nicht durch die Bezeichnung des Kostüms als „Püppi“, einer im Gesamtzusammenhang der Werbeabbildungen unmissverständlichen Anspielung auf „Pippi“, erweckt. Diese offensichtliche Umgehung der Original-Bezeichnung wird ihn vielmehr zu dem gegenteiligen Schluss veranlassen, dass keine vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien bestehen. Durch diese Bezeichnung wird – ebenso wie beim Werbebildnis – nicht mehr als eine bewusste Assoziation erweckt.
28Gemäß § 4 Nr. 9 b) UWG gilt das Angebot eines nachgeahmten Produkts als unlauter, wenn der Nachahmer die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt. Dabei geht es nicht um den lauterkeitsrechtlichen Schutz einer Leistung, sondern um den Schutz des Herstellers eines Originals in seiner Eigenschaft als Mitbewerber bei der Produkt-Vermarktung (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rn. 9.51). Eine Behinderung der Vermarktung der Romanfigur „Pippi Langstrumpf“ durch die streitgegenständlichen Abbildungen ist hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Davon, dass durch das Bewerben eines qualitativ eher minderwertigen Karnevalskostüms der guter Ruf der Klägerin im Bereich des Merchandising beeinträchtigt wird, kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Die Klägerin kann sich auch nicht allgemein darauf berufen, dass die Beklagte das gute Image der Romanfigur ausgebeutet habe. Die Gütevorstellungen der Verbraucher bezüglich preiswerter Karnevalskostüme wird nicht durch die hohe literarische Qualität der Romanvorlage und/oder die sorgfältige Vermarktung der Romanfigur bestimmt.
29(2) Die in § 4 Nr. 9 UWG angeführten Unlauterkeitstatbestände sind zwar nicht abschließend, vorliegend sind jedoch auch keine anderen vergleichbaren besonderen Umstände erkennbar, die das Verhalten der Beklagten als unlauter erscheinen lassen. Dass die Beklagte mit den beiden Abbildung und der dadurch hervorgerufenen unmittelbaren Assoziationen „Pippi Langstrumpf“ bewusst eine fremde schöpferische Leistung kommerziell ausgenutzt hat, deren Benutzung in der Regel nur aufgrund einer Lizenzgewährung gestattet wird, genügt für den geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Anspruch gerade nicht, da dieser nicht an die Nachahmung als solche anknüpft, sondern an die Beanstandung einer bestimmten Handlungsweise. Handlungsunrecht kann jedoch nicht allein durch die jeder wirtschaftlichen Tätigkeit zugrunde liegende Absicht begründet werden, den eigenen geschäftlichen Erfolg zu fördern (s. Kur, Der wettbewerbliche Leistungsschutz, GRUR 1990, 1). Wegen der eindeutigen Gesetzessystematik kommt die Begründung eines neuen Schutzrechtes für Romanfiguren zur Ermöglichung einer wirtschaftlichen Verwertbarkeit solcher Figuren außerhalb des urheberrechtlich geschützten Kontextes (vgl. Kur, a.a.O., S. 11) nicht in Betracht, auch nicht nur im konkreten Einzelfall vor dem Hintergrund der mit der Schöpfung einer so erfolgreichen Roman- und Werbefigur wie Pippi Langstrumpf verbundenen Investitionen und/oder dem erheblichen Eigenwert einer solchen Gestaltung. Der überdurchschnittlichen bis überragend hohen wettbewerblichen Eigenart der Romanfigur „Pippi Langstrumpf“ steht eine lediglich nachschaffende Nachahmung gegenüber, so dass an die besonderen Umstände, die zur Unlauterkeit der urheberrechtlich zulässigen Nachahmung führen, keine nur geringen Anforderungen zu stellen sind. Im Ergebnis könnnen dafür nicht allein diejenigen Umstände ausreichen, die den urheberrechtlichen Schutz gerade nicht zu begründen vermochten.
30b) Der Unlauterkeitstatbestand des § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG ist nicht erfüllt. Danach handelt unlauter, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt. Die Klägerin hat bereits nicht schlüssig dargelegt, dass es sich bei „Pippi Langstrumpf“ um eine Markenware oder Markendienstleistung im Sinne dieser Norm handelt. Außerdem knüpft § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG nicht an die Benutzung des geschützten Zeichens als solches an, sondern an den Vergleich von Produkten, bei dem das beworbene Produkt als Nachahmung des mit dem geschützten Zeichens versehenen Produkts dargestellt wird (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 6 Rn. 182). Bezüglich der streitgegenständlichen Abbildungen selbst fehlt es hieran in jedem Fall. Auf die in den streitgegenständlichen Abbildungen beworbenen Kostüme und etwaige von der Klägerin vertrieben oder lizensierte „Original“-Pippi Langstrumpf Kostüme kann insoweit nicht abgestellt werden.
313. Der Zahlungsanspruch folgt auch nicht aus Deliktsrecht.
32Für einen Anspruch aus § 826 BGB hat die Klägerin keine Tatsachen vorgetragen, sie beschränkt sich auf eine Erwähnung der Vorschrift in der Klagebegründung. Vor dem Hintergrund der Ausführungen des Bundesgerichtshofs, dass die streitgegenständlichen Abbildungen eine nach Urheberrecht zulässige freie Bearbeitung darstellten, sowie des im Lauterkeitsrecht geltenden Grundsatzes der Nachahmungsfreiheit, wonach außerhalb der Sonderschutzrechte wie Urheberrecht und Markenrecht die Nachahmung grundsätzlich erlaubt und nur bei Vorliegen besonderer Umstände unlauter ist, ist eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung nicht festzustellen.
33§ 823 Abs. 1 BGB, der auch den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb schützt, tritt gegenüber den spezielleren Schutzvorschriften zu Gunsten eines Betriebes, d.h. hier gegenüber den wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen zurück (vgl.Palandt-Sprau, BGB, 73. Auflage, § 823 Rn. 126).
34III.
35Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
36Der Senat hat die Revision wegen der mit der Sache aufgeworfenen grundsätzlichen Frage eines ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutzes für Romanfiguren im Interesse der Rechtsvereinheitlichung durch Entwicklung höchstrichterlicher Leitlinien zugelassen, § 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.