Oberlandesgericht Köln Urteil, 10. Nov. 2015 - 15 U 121/15
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 10.06.2015 verkündete Zwischenurteil des Landgerichts Köln (28 O 322/14) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Die Klägerin ist die Ehefrau des ehemaligen Rennfahrers T, deutsche Staatsangehörige und hat ihren Wohnsitz in H in der Schweiz. Sie nimmt die Beklagte, eine schweizerische Rundfunkanstalt, wegen mehrerer Bildnisse und einem Video, die die Beklagte auf ihrer Internet-Seite www.T2.ch im Rahmen einer Berichterstattung über die Folgen des Skiunfalls von T sowie den Umgang der Medien mit diesem Thema veröffentlicht hat und die die Klägerin beim Besuch ihres Ehemannes im Krankenhaus zeigen, auf Unterlassung auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch.
4Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, für die Klage sei gemäß Art. 5 Nr. 3 des Lugano-Übereinkommens von 2007 (im Folgenden: LugÜ II) und § 32 ZPO die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, hier des Landgerichts Köln gegeben. In der Sache hat sie geltend gemacht, die streitgegenständlichen Veröffentlichungen stellten einen rechtswidrigen Eingriff in ihr Recht am eigenen Bild dar. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es fehle bereits an der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte, jedenfalls liege in der Sache aber auch kein rechtswidriger Eingriff in die Rechte der Klägerin vor, zumal insoweit schweizer und nicht deutsches Sachrecht anwendbar sei.
5Das Landgericht hat die Klage – nach Erlass eines antragsgemäß ergangenen Versäumnisurteils und Einspruch der Beklagten – mit Zwischenurteil vom 11.06.2015 (28 O 322/14, Bl. 124 ff.) gemäß § 280 Abs. 2 ZPO für zulässig erklärt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich aus § 32 ZPO. Danach sei gemäß Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 02.03.2010 – VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 – New York Times) bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Internetveröffentlichungen die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte dann gegeben, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen nach den Umständen des konkreten Falles, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann. Dies sei dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme von der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liege als dies aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde. Die in Rede stehende Website müsse sich dabei nicht gezielt bzw. bestimmungsgemäß auch an deutsche Internetnutzer richten. Diese Voraussetzungen seien hier aufgrund der Tatsache erfüllt, dass die Klägerin und ihr Ehemann deutsche Staatsbürger und – nicht erst seit dem Unfall des Ehemannes – Gegenstand überragenden öffentlichen Interesses gerade in ihrem Herkunftsland seien. Demgegenüber komme es für die Frage der Zuständigkeit nicht maßgeblich darauf an, ob die Klägerin einen Wohnsitz in Deutschland unterhalte, da der Erfolgsort einer Persönlichkeitsrechtsverletzung auch an anderen Orten als dem Wohnort liegen könne. Etwas anderes folge weder aus den von den Parteien zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs noch aus dem Umstand, dass die Beklagte in Wahrnehmung ihres schweizer öffentlich–rechtlichen Rundfunkauftrages handele. Sofern ihre Handlungen – wie hier – Bezug zu Deutschland in dem oben genannten Sinne aufwiesen, sei sie einer Kontrolle durch die deutsche Gerichtsbarkeit in gleicher Weise unterworfen wie deutsche öffentlich–rechtliche Rundfunkanstalten. Gemäß § 32 ZPO sei aufgrund der bundesweiten Bekanntheit der Klägerin und ihres Ehemannes auch die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln gegeben. Wegen der Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die angefochtene Entscheidung (Bl. 124 ff. GA) verwiesen.
6Die Beklagte hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihren Antrag auf Aufhebung des Versäumnisurteils vom 21.11.2014 und Abweisung der Klage als unzulässig weiterverfolgt. Sie macht geltend, das Landgericht habe verkannt, dass sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht nach § 32 ZPO und der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, sondern (allein) nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ II und der diesbezüglichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs richte. Nach dessen Vorlageentscheidungen vom 25.10.2011 (Rechtssachen C–509/09 und C–161/10, NJW 2012, 137 - eDate Advertising und Martinez) zur Zuständigkeit im Bereich des Unionsrechts für Haftungsklagen wegen Äußerungen im Internet, die „den gesamten Schaden“ umfassen, sei im vorliegenden Fall indes keine Zuständigkeit der deutschen, sondern der schweizerischen Gerichtsbarkeit gegeben. Zwar könne der Geschädigte nach den genannten Vorlageentscheidungen außerdem in analoger Anwendung der sogenannten „Shevill“-Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (NJW 1995, 1881 Tz. 30 ff.) auch Klage vor den Gerichten jedes Mitgliedstaates erheben, in dessen Hoheitsgebiet ein im Internet veröffentlichter Inhalt zugänglich ist oder war. Die daraus folgende Zuständigkeit dieser Gerichte beschränke sich nach der Entscheidung des Gerichtshofs jedoch nur auf den (Teil-)Schaden, der im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts vor Ort verursacht worden ist. Eine solche Teilbarkeit sei bei einem Unterlassungsanspruch betreffend eine Internet-Veröffentlichung nicht gegeben, dieser könne vielmehr – ebenso wie der Gesamtschaden einer Persönlichkeitsrechtsverletzung – nur für das gesamte Unionsgebiet einheitlich geltend gemacht werden. Auch der Art. 5 Nr. 3 LugÜ II zugrunde liegende Gedanke, dass zwischen der Streitigkeit und den Gerichten des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten sei, eine besonders enge Beziehung bestehe, die es rechtfertige, die Bezifferung des innerhalb eines bestimmten Territoriums entstandenen Schadens in die Hand des lokalen Gerichts zu legen, lasse sich nicht auf die Frage der Zulässigkeit der Verbreitung einer bestimmten Äußerung oder eines Bildnisses im Vertragsgebiet der EU/EFTA übertragen, da es sich hierbei um ein der Dienstleistungsfreiheit im gesamten Binnenmarkt unterfallendes Angebot handele, das für das gesamte Gebiet des Binnenmarktes nur einheitlich beurteilt werden könne. So habe etwa auch die Kommission Vereinbarungen zwischen Filmstudios und einem Pay-TV-Sender über die Begrenzung der Abrufbarkeit von Internetinhalten auf bestimmte Territorien durch sogenannte Geoblocker als Verstoß gegen europäisches Wettbewerbsrecht gewertet. Darüber hinaus habe das Landgericht auch verkannt, dass sie – die Beklagte - in Wahrnehmung des schweizerischen Rundfunkauftrages handele und damit als beliehene privatrechtliche Institution eine öffentliche Aufgabe der staatlichen Daseinsvorsorge der Schweiz wahrnehme. In diesem Rahmen unterliege sie daher selbst dann nicht der deutschen Gerichtsgewalt, wenn deutsche Staatsbürger von der Berichterstattung betroffen seien und erwartet werden dürfe, dass die Berichterstattung auch in Deutschland Beachtung finde.
7Die Beklagte beantragt,
8das Zwischenurteil des Landgerichts Köln vom 10.6.2015 (28 O 142/14) sowie das Versäumnisurteil des Landgerichts Köln vom 21.11.2014 abzuändern und die Klage als unzulässig abzuweisen.
9Die Klägerin beantragt,
10die Berufung zurückzuweisen.
11Die Klägerin vertritt die Auffassung, auch nach Art. 5 Nr. 3 LuGÜ II sei die Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben, da diese Regelung auch bei auf das Gebiet eines Mitgliedsstaates beschränkten Beseitigungs– und Unterlassungsansprüchen greife. Insoweit gelte die so genannte Mosaiktheorie, der zufolge der gerichtliche Tenor bei einer nur einheitlich zu beseitigenden Störung darauf beschränkt werden müsse, die Verpflichtung zur Beseitigung mit Wirkung ausschließlich für diesen Mitgliedstaat anzuordnen. Dies sei auch hier unproblematisch möglich. Dass dem Kläger bei – wie hier - so genannten Streudelikten mit mehreren Erfolgsorten ein Wahlrecht zwischen den einzelnen Erfolgsorten zustehe, habe der Europäische Gerichtshof in seiner „Shevill“-Entscheidung klargestellt. Die von der Beklagten angeführten nachfolgenden Vorlageentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 25.10.2011 enthielten keine Einschränkung für derartige Teilklagen, sondern der Gerichtshof habe damit (lediglich) zusätzlich zur sonstigen Erfolgszuständigkeit für die Geltendmachung des Gesamtschadens einen (weiteren) Schwerpunktsgerichtsstand am Mittelpunkt des Interesses des Geschädigten eingeführt. Auch der Einwand der Beklagten, ihr öffentlich–rechtlicher Rundfunkauftrag der Schweiz lasse keine Kontrolle durch deutsche Gerichte zu, greife nicht. Dieser Rundfunkauftrag könne nicht privilegiert sein, wenn mit der Verbreitung der beanstandeten Meldung in Deutschland eine Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin verbunden sei.
12Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Anlagen verwiesen.
13II.
14Die Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig eingelegt gemäß § 280 Abs. 2, §§ 511 ff. ZPO. Insbesondere steht § 513 Abs. 2 ZPO der Zulässigkeit des Rechtsmittels wegen der besonderen Bedeutung der hier in Rede stehenden internationalen Zuständigkeit – trotz des weit gefassten Wortlauts dieser Vorschrift – nicht entgegen (vgl. BGH NJW 2003, 426 sowie weitere Nachweise bei Zöller/Heßler, ZPO 30. Aufl. 2014 § 513 Rdn. 8).
15Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg, weil das Landgericht im Ergebnis zutreffend die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die vorliegende Unterlassungsklage bejaht hat.
161. Zu Recht beanstandet die Beklagte im Ausgangspunkt allerdings, dass das Landgericht die Frage der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte auf Grundlage des § 32 ZPO und nicht nach den Zuständigkeitsbestimmungen des LuGÜ II entschieden hat.
17Im Anwendungsbereich des LugÜ II gehen dessen Regelungen nationalen Zuständigkeitsregelungen vor. Da sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Schweiz Vertragsparteien des LugÜ II sind, das für Deutschland am 01.01.2010 und für die Schweiz am 01.01.2011 in Kraft getreten ist, ist hier demnach nicht § 32 ZPO, sondern die Zuständigkeitsbestimmung nach dem LuGÜ II maßgeblich, dessen Anwendung auch durch die Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) nicht berührt wird (siehe Art. 73 Abs. 1, Abs. 3 EuGVVO; vgl. Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO 36. Aufl. 2015 § 32 Rdn. 5).
182. Auch nach den Regelungen des LuGÜ II ist indes die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für das vorliegende Unterlassungsbegehren der Klägerin gegeben.
19Für die Auslegung des LuGÜ II gelten dieselben Auslegungsgrundsätze wie für die Auslegung des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil– und Handelssachen vom 27.09.1968 (EuGVÜ), der EuGVVO und des Lugano Übereinkommens I (vgl. BGH WM 2012, 852, juris Tz. 17 m.w.N.). Dabei sind die im Übereinkommen verwendeten Begriffe grundsätzlich autonom, d.h. ohne Rückgriff auf die lex fori oder lex causae auszulegen, wobei in erster Linie die Systematik und die Zielsetzung des Übereinkommens zu berücksichtigen sind, um die einheitliche Anwendung des Übereinkommens in allen Vertragsstaaten zu gewährleisten (vgl. BGH a.a.O. m.w.N.)
20Nach Art. 2 Abs. 1 LugÜ II liegt der allgemeine Gerichtsstand für eine Klage am Wohnsitz des Beklagten, hier mithin am Sitz der Beklagten in der Schweiz. Daneben ist für das Unterlassungsbegehren der Klägerin jedoch auch der besondere Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 LugÜ II eröffnet, aus dem sich im vorliegenden Fall die Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit ergibt.
21a. Gemäß Art. 5 Nr. 3 LuGÜ II kann, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, außer am Sitz des Urhebers - hier der Schweiz - auch vor dem Gericht des Ortes Klage erhoben werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Dabei kann dieser Ort des Schadenseintritts im Sinne von Art. 5 Nr. 3 LugÜ II/ Art. 7 Nr. 3 EuGVVO sowohl der Ort des ursächlichen Geschehens (Handlungsort) sein, als auch der Ort, an dem der Schaden entstanden ist (Erfolgsort); fallen diese beiden Orte auseinander, hat der Geschädigte grundsätzlich ein Wahlrecht (vgl. EuGH NJW 2012, 137; NJW 2013, 287; EuZW 2012, 513; Zöller/Geimer, a.a.O. Anh. I Art. 5 EuGVVO Rz. 26; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, a.a.O. O. Art. 7 EuGVVO Rz. 21 ff.).
22b. Der danach zuständigkeitsbegründende Handlungsort läge hier zwar wiederum in der Schweiz, da insofern ebenfalls die dortige Niederlassung der Beklagten maßgeblich ist, an der die streitgegenständlichen Bilder in das Internet eingestellt worden sind.
23Entgegen der Ansicht der Beklagten besteht daneben aber für das Unterlassungsbegehren der Klägerin auch ein zuständigkeitsbegründender Erfolgsort im Sinne von Art. 5 Nr. 3 LugÜ II in Deutschland:
24aa. Bei der hier in Rede stehenden unerlaubten Handlung in Form einer Presseveröffentlichung im Internet handelt es sich um ein sogenanntes "Streudelikt", bei dem nicht nur Handlungs- und Erfolgsort auseinanderfallen, sondern der schädigende Erfolg auch gleichzeitig an mehreren Orten eintritt, d.h. zahlreiche Erfolgsorte bestehen.
25Für derartige Fälle hat der Europäische Gerichtshof in seiner sogenannten „Shevill“-Entscheidung vom 07.03.1995 (C-68/93, NJW 1995, 1881 ff.) ausgeführt, dass der Betroffene gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ Klage gegen den Herausgeber auf „Ersatz eines immateriellen Schadens", der durch eine ehrverletzende Veröffentlichung in einem in mehreren Vertragsstaaten verbreiteten Presseartikel verursacht wurde, sowohl bei den Gerichten des Vertragsstaats erheben kann, in dem der Herausgeber seine Niederlassung hat, als auch bei den Gerichten jedes Vertragsstaats, in dem die Veröffentlichung verbreitet wurde und in dem sein Ansehen nach seiner Behauptung beeinträchtigt worden ist. Dabei sind – so der Europäische Gerichtshof - die Gerichte am Ort der Niederlassung des Herausgebers für die Entscheidung über den Ersatz sämtlicher durch die Ehrverletzung entstandener Schäden, die letztgenannten Gerichte hingegen nur für die Entscheidung über den Ersatz der Schäden zuständig, die in dem Staat des angerufenen Gerichts verursacht worden sind (vgl. EuGH a.a.O. Tz. 33). Danach besteht bei Presseartikeln die Möglichkeit einer Gesamtschadensklage am Niederlassungsort des Herausgebers oder aber mehrerer nationaler Teilschadensklagen in den einzelnen Mitgliedstaaten.
26Für eine mittels Internet begangene Persönlichkeitsrechtsverletzung hat der Europäische Gerichtshof diese Rechtsprechung in den von der Beklagten angeführten zwei Vorlageentscheidungen vom 25.10.2012 (C-509/09 und C-161/10, NJW 2012, 137 ff. – eDate Advertising und Martinez) dahingehend angepasst, dass die Person, die sich in ihren Rechten verletzt fühlt, eine Haftungsklage auf Ersatz des gesamten entstandenen Schadens entweder bei den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem der Urheber der Inhalte niedergelassen ist, oder bei den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Interessen befindet, erheben kann. Der Ort, an dem eine Person den Mittelpunkt ihrer Interessen habe, entspreche im allgemeinen ihrem gewöhnlichen Aufenthalt, könne aber auch an einem anderen Ort liegen, sofern andere Indizien wie die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit eine besonders enge Beziehung zu diesem Staat herstellten (vgl. EuGH a.a.O. Tz. 49). Anstelle einer Haftungsklage auf Ersatz des gesamten Schadens – so der Europäische Gerichtshof weiter - könne die Person ihre Klage aber auch vor den Gerichten jedes Mitgliedstaats erheben, in dessen Hoheitsgebiet der im Internet veröffentlichte Inhalt zugänglich ist oder war. Diese Gerichte seien wiederum nur für die Entscheidung über den Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts verursacht worden sei (EuGH a.a.O. Tz. 52). Damit hat der Europäische Gerichtshof dem Betroffenen die Möglichkeit eröffnet, außer am Niederlassungsort des Urhebers auch am Ort des Mittelpunkts seiner - des Betroffenen - Interessen eine Gesamtschadensklage zu erheben und somit eine weitere „Schwerpunktzuständigkeit“ geschaffen.
27bb. Die Voraussetzungen einer solchen „Schwerpunktzuständigkeit“ in Deutschland nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind hier allerdings nicht erfüllt.
28Die Niederlassung der Beklagten als Herausgeberin der streitgegenständlichen Veröffentlichungen liegt unstreitig in der Schweiz. Hier ist auch der Mittelpunkt des Interesses der Klägerin nach der oben genannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu verorten. Unstreitig liegt ihr (Haupt-)Wohnsitz in der Schweiz. Demgegenüber vermögen auch weder die frühere berufliche Tätigkeit ihres Mannes noch die deutsche Herkunft der Eheleute eine engere Beziehung der Klägerin zu Deutschland zu begründen. Zwar dürften sie aufgrund ihrer Herkunft in Deutschland besonders populär sein. In Anbetracht der jahrelangen weltweiten Rennfahrertätigkeit des Ehemannes der Klägerin und seiner sich darauf gründenden weltweiten Populärität und Beliebtheit, wie sie u.a. anhand der internationalen Anteilnahme nach seinem Ski-Unfall deutlich wurde, ist jedoch keine derart überwiegende Konzentrierung oder Fokussierung in Deutschland mehr anzunehmen, dass sie eine Verlagerung des Interessenmittelpunkts nach Deutschland begründen könnte.
29cc. Da die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren aber ausdrücklich auf "das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland“ beschränkt und damit eine entsprechend staatlich beschränkte “Teil-Unterlassungsklage“ erhoben hat, ist nach den oben genannten Grundsätzen jedoch - entgegen der Ansicht der Beklagten - eine internationale „Teilerfolgsort-Zuständigkeit“ deutscher Gerichte gegeben.
30Diese Grundsätze, insbesondere die danach bestehende Möglichkeit einer national begrenzten Teilschadensklage, sind im vorliegenden Fall anwendbar. Anders als die Beklagte meint, steht dem weder entgegen, dass die Teilklage auf ein Unterlassen (und nicht auf die Zahlung eines bezifferbaren Schadensbetrages) gerichtet ist (1), noch dass sie eine Internetveröffentlichung betrifft (2). Auch der Gedanke der europäischen Dienstleistungsfreiheit gibt keinen Anlass zu einer einschränkenden Anwendung (3).
31(1) Art. 5 Nr. 3 LuGÜ II gilt nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich auch für (sogar vorbeugende) Unterlassungsklagen aus unerlaubter Handlung und setzt insbesondere nicht voraus, dass bereits ein Schaden eingetreten ist (vgl. EuGH NJW 2002, 3617 Tz. 34 ff.; BGH NJW 2006, 689; NJW 2012, 2197 Tz. 12 ff.; Zöller/Geimer, ZPO 30. Aufl. 2014 Anh. I Art. 5 EuGVVO Rn. 25 m.w.Nachw.; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, a.a.O. Art. 7 EuGVVO Rn. 17). Vielmehr hat der Europäische Gerichtshof wiederholt betont, dass der Begriff des schädigenden Ereignisses in Art. 5 Nr. 3 EuGVVO weit zu verstehen ist und die dortige Zuständigkeitsregelung auch ihrer Zielsetzung nach grundsätzlich keine Einschränkung in Bezug auf (vorbeugende) Unterlassungsbegehren rechtfertigt. In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof insbesondere auch den – auch von der Beklagten im vorliegenden Verfahren erhobenen – Einwand zurückgewiesen, die Unanwendbarkeit auf Unterlassungsansprüche ergebe sich aus der Zielsetzung der besonderen Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 LuGÜ II, die einer besonders engen Beziehung zwischen dem Geschädigten und dem angerufenen Gericht Rechnung tragen solle und daher aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses eine Zuständigkeit der genannten Gerichte rechtfertige. Hierzu hat der Gerichtshof klargestellt, dass die Erwägung der besonders engen Beziehung unabhängig davon gelte, ob sich das Verfahren auf den Ersatz eines bereits eingetretenen Schadens oder auf eine Klage zur Verhinderung des Eintritts eines Schadens beziehe (vgl. EuGH, C-167/00 = NJW 2002, 3617 Tz. 46 ff.).
32Dass die oben dargestellte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Möglichkeit nationaler Teilklagen dennoch nicht für Unterlassungsansprüche gelten sollte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr lag gerade dem Vorlageersuchen in der Sache C - 509/09 - eDate Advertising ein Sachverhalt zu Grunde, in dem der Kläger (ausschließlich) einen Unterlassungsantrag gestellt hatte, ohne dass der Europäische Gerichtshof im Hinblick darauf Einschränkungen seiner bisherigen Rechtsprechung für erforderlich erachtet hätte. Danach ist daher davon auszugehen, dass insbesondere die Möglichkeit nationaler Teilklagen auch bei Unterlassungsansprüchen jedenfalls dann besteht, wenn diese Ansprüche (national) teilbar/abgrenzbar sind (vgl. Schlosser, EU–Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 2009, Art. 5 EuGVVO Rdn. 20; Rauscher, Europäisches Zivilprozess– und Kollisionsrecht, 2011, Art. 5 Brüssel I – VO Rdn. 91 f.; desweiteren Hüßtege, in: Thomas/Putzo, a.a.O. Art. 7 EuGVVO Rdn. 30; Zöller/Geimer, a.a.O. Rdn. 30c). Eine solche Teilbarkeit des Unterlassungsanspruchs ist hier gegeben, da unstreitig die – der Beklagten auch zumutbare - Möglichkeit besteht, eine Internetveröffentlichung durch sogenannte Geoblocker auf nationale Bereiche zu beschränken. Dies wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt, sondern von ihr selbst im Zusammenhang mit ihrem Argument der Wettbewerbswidrigkeit derartiger Maßnahmen angeführt.
33(2) Der Senat vermag der Beklagten auch nicht darin zu folgen, dass die "Shevill"-Rechtsprechung zur Zulässigkeit nationaler Teilklagen nicht auf Internetveröffentlichungen übertragbar bzw. dies nach den genannten Vorlageentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs jedenfalls zweifelhaft und nicht geklärt sei.
34Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass der Europäische Gerichtshof in diesen Entscheidungen die Besonderheiten von Internetveröffentlichungen gegenüber "herkömmlichen" Presseerzeugnissen ausdrücklich erwähnt und deswegen die von ihm vorgenommene „Anpassung“ seiner bisherigen „Shevill“-Rechtsprechung vorgenommen hat. So hat er zum einen die Schwierigkeit für den Herausgeber betont, die Abrufbarkeit einer solchen Veröffentlichung außerhalb eines nationalen Hoheitsgebiets zu beschränken, zum anderen die Schwierigkeit, die Verbreitung einer Nachricht sicher und zuverlässig zu quantifizieren und so den ausschließlich in einem nationalen Hoheitsgebiet verursachten Schaden zu beziffern (EuGH a.a.O. Tz. 45, 46).
35Diese Besonderheiten hat der Europäische Gerichtshof indes lediglich zum Anlass genommen, zu Gunsten des Betroffenen eine Erweiterung der für die Geltendmachung des Gesamtschadens zuständigen Gerichtsbarkeit durch Schaffung des zusätzlichen „Schwerpunktgerichtsstands“ des Interessenmittelpunkts des Betroffenen vorzunehmen. Er hat jedoch weder zum Ausdruck gebracht, dass die „Shevill“-Rechtsprechung im Übrigen, d.h. betreffend die Möglichkeit nationaler Teilklagen, auf Internetveröffentlichungen nicht übertragbar sei, noch hat er diese Frage als offen dahingestellt. Der Senat sieht daher keinen Anhalt dafür, dass der Europäische Gerichtshof nicht nur zu Gunsten des Betroffenen eine Erweiterung der "Schwerpunktzuständigkeit" vornehmen, sondern darüber hinaus auch die Möglichkeit einer nationalen Teilklage bei Internetveröffentlichungen beschränken oder zumindest in Frage stellen wollte.
36Eine solche Beschränkung ist auch im Hinblick auf die vom Europäischen Gerichtshof aufgezeigten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Internetveröffentlichungen bei einer nationalen Teil-Unterlassungsklage nicht geboten: Der Schwierigkeit für den Urheber, die Abrufbarkeit einer solchen Veröffentlichung außerhalb eines nationalen Hoheitsgebiets zu beschränken, kann – wie oben bereits ausgeführt - mit jedenfalls zumutbarem Aufwand durch Installation eines sogenannten "Geo-Blocker" begegnet werden. Die weitere Schwierigkeit, die Verbreitung einer Nachricht im Internet sicher und zuverlässig zu quantifizieren und so den ausschließlich in einem nationalen Hoheitsgebiet verursachten Schaden zu beziffern, stellt sich bei einer Klage auf Unterlassung von vorneherein nicht.
37(3) Schließlich steht der Annahme einer nationalen Teilklage auch nicht der Einwand der Beklagten entgegen, bei der Verbreitung eines Bildnisses im Vertragsgebiet der EU/EFTA handele es sich um ein der Dienstleistungsfreiheit im gesamten Binnenmarkt unterfallendes Angebot, das für das gesamte Gebiet des Binnenmarktes nur einheitlich beurteilt werden könne. Das gilt auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten angeführten Entscheidung der Kommission zur Wettbewerbswidrigkeit von Vereinbarungen zwischen Filmstudios und einem Pay-TV-Sender über die Begrenzung der Abrufbarkeit von Internetinhalten auf bestimmte Territorien durch sogenannte Geoblocker.
38Auch wenn die Verbreitung von Bildnissen im Internet im Rahmen einer Medienveröffentlichung als ein der Dienstleistungsfreiheit unterfallendes Angebot anzusehen und dementsprechend im Sinne eines grenzübergreifenden Wettbewerbs grundsätzlich auch grenzübergreifend verfügbar sein sollte, führt das nicht dazu, dass diese grenzübergreifende Tätigkeit von vorneherein der nationalen Jurisdiktion des betroffenen Staates entzogen ist. Dass damit die Zulässigkeit ein und derselben grenzüberschreitenden Veröffentlichung in den betreffenden Staaten unterschiedlich beurteilt, d.h. sie in dem einem Staat erlaubt, in dem anderen dagegen untersagt werden kann, folgt daraus, dass insoweit (noch) kein einheitliches materiell-rechtliches Regelwerk für die Beurteilung derartiger Veröffentlichungen im Bereich der Persönlichkeitsrechtsverletzung im Binnenmarkt existiert. Das Fehlen eines solchen einheitlichen Bewertungsmaßstabs kann aber nicht - im Rückschluss - den Ausschluss einer nationalen Teilklage begründen, wie sich bereits daraus ergibt, dass bei Presseerzeugnissen eine unterschiedliche nationale Bewertung unproblematisch als zulässig angesehen wird. Eine andere Beurteilung könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn dem Urheber selbst mit einer national beschränkten Untersagung die Veröffentlichung faktisch insgesamt verboten bzw. unmöglich gemacht würde, weil er sie national nicht eingrenzen kann. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, da - wie ausgeführt - bei den in Rede stehenden Internetveröffentlichungen die für die Beklagte zumutbare Möglichkeit besteht, eine nationale Einschränkung durch sogenannte Geoblocker herzustellen.
39dd. Sofern man es auch bei einer national beschränkten Teilklage nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ II in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 32 ZPO außerdem für erforderlich hält, dass der als rechtsverletzend beanstandete Inhalt objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland aufweist, d.h. eine Kollision der widerstreitenden Interessen des Persönlichkeitsrechtsinhabers einerseits und des für den Inhalt der Website Verantwortlichen andererseits im Inland möglich ist und eine Kenntnisnahme des Inhalts im Inland erheblich näher liegt als dies aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre (vgl. Hüßtege, in: Thomas/Putzo, a.a.O. Art. 7 EuGVVO Rdn. 30), ist auch diese Voraussetzung hier erfüllt. Dieser besondere Bezug ergibt sich aus der deutschen Staatsangehörigkeit der Klägerin und ihres Ehemannes, aufgrund derer sie insbesondere in Deutschland immer noch eine erhebliche Popularität genießen und das Interesse an dem schweren Unfall ihres Ehemannes in Deutschland besonders groß war. Eine Kenntnisnahme des Inhalts der in Rede stehenden Website lag daher erheblich näher, als dies aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre.
403. Ohne Erfolg macht die Beklagte desweiteren geltend, sie habe mit der streitgegenständlichen Internetveröffentlichung in Ausübung ihrer hoheitlichen Tätigkeit als Beliehene der Schweiz gehandelt und sei daher insoweit einer Jurisdiktion deutscher Gerichte entzogen.
41Zutreffend ist, dass hoheitliche Handlungen eines fremden Staates, die diesem selbst und nicht dem für ihn handelnden Amtsträger zuzuordnen sind – sog. acta iure imperii –, wegen sachbezogener Staatsimmunität nach allgemeinen Regeln des Völkerrechts gemäß Art. 25 GG i.V.m. § 20 Abs. 2 GVG der deutschen Gerichtsbarkeit entzogen sind. Die Abgrenzung zwischen hoheitlichem und nichthoheitlichem Handeln ist indes nicht nach dem Motiv oder dem Zweck der (Staats-)Tätigkeit vorzunehmen, sondern nach der Natur der staatlichen Handlung unter Zugrundelegung deutschen Rechts, wobei das derart gefundene Ergebnis noch rechtsvergleichend und völkerrechtlich abzusichern ist (vgl. BVerfGE 16, 27, 33; BGH NJW 1979, 1101; Zöller/Lückemann, a.a.O. § 20 GVG Rdn. 4 m.w.Nachw.; MünchKommZPO/Zimmermann, 4. Aufl. 2013 § 20 GVG Rdn. 12 ff.). Das gilt auch für das Handeln einer vom Staat – statt eines Amtsträgers - eingeschalteten privatrechtlichen ausländischen Vereinigung/juristischen Person, da es einem Staat überlassen sein muss, durch juristisch selbständige Personen zu handeln, ohne dabei seine Immunität zu verlieren.
42Nach diesen Grundsätzen kann sich die Beklagte im vorliegenden Fall nicht auf eine sachbezogene Staatenimmunität berufen, weil ihr in Rede stehendes Handeln nicht als hoheitlich zu qualifizieren ist. Dass sie aufgrund eines öffentlich–rechtlichen Auftrags im Rahmen der staatlichen Daseinsvorsorge der Schweiz tätig wird, reicht hierfür nicht aus, wie sich aus den Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit des Zivilrechtswegs für Klagen wegen der Zulässigkeit einer Rundfunk– oder Fernsehsendung um widerstreitenden Interessen des Rundfunks/Fernsehens auf der einen und der Privatsphäre des Bürgers auf der anderen Seite (siehe BGHZ 66, 182 ff. = NJW 1976, 1198 Rz. 11 ff.) ergibt. Danach steht der privatrechtlichen Einordnung einer solchen Rechtsstreitigkeit nicht entgegen, dass die Beklagte als Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet, zu hoheitlichen Akten ermächtigt und insbesondere bei den Nachrichtengeber im weitesten Sinn öffentliche Aufgaben wahrnimmt, die dem Bereich der öffentlichen Verwaltung zugerechnet werden. Ebenso wenig widerspräche ihr, wenn das Nutzungsverhältnis zwischen dem Rundfunkhörer bzw. Fernsehzuschauer und der Sendeanstalt öffentlich-rechtlich ausgestaltet sein sollte. Vielmehr sind auch dann jene der Sache nach ausgrenzbaren Beziehungen, bei denen es um die Abwägung der Interessen der Sendeanstalten an freier Programmgestaltung gegenüber dem Schutz der Individualsphäre geht, auf der Ebene privatrechtlichen Miteinanders geordnet. Das zeigt sich auch daran, dass der öffentlich–rechtliche Rundfunk insofern aus der staatlichen Verwaltung herausgelöst und ihr geradezu gegenübergestellt ist, als er seinerseits auch – einem Bürger vergleichbar – Träger von Grundrechten mit verfassungsrechtlicher Gewährleistung gegenüber dem Staat ist (Art. 5 Abs. 1 GG). Das hindert ihn zwar nicht daran, seine Tätigkeitsbereiche öffentlich–rechtlich zu organisieren, beeinflusst jedoch die rechtliche Qualifizierung der Güter- und Pflichtenkollision zwischen dem Recht zur freien Programmgestaltung und dem Individualbereich des Bürgers. Diese Gleichordnung von Bürger und Rundfunk–/Fernsehanstalten auf verfassungsrechtlicher Ebene legt - so der Bundesgerichtshof – das Verhältnis auch für die Ebene des einfachen Rechts fest; auch für diese können Rundfunk und Fernsehen für jene Beziehungen weder (öffentliches) Sonderrecht in Anspruch nehmen, noch tritt auf andere Weise Verwaltungshandeln als solches hervor.
43In Anwendung dieser Grundsätze stellt daher auch das Handeln der Beklagten im vorliegenden Fall kein hoheitliches Handeln dar, das als solches nach den Grundsätzen der Staatenimmunität der deutschen Gerichtsbarkeit von vorneherein entzogen wäre. Das Landgericht hat daher zu Recht angenommen, dass sich die Beklagte ebenso wie deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten (trotz ihres hoheitlichen Auftrags) vor der deutschen (Zivil-)Gerichtsbarkeit verantworten muss.
44III.
45Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Da das Zwischenurteil des Landgerichts keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, bedurfte es insoweit keiner gesonderten Erklärung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit gemäß § 708 Nr.10 Satz 2 ZPO.
46Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV zur Frage der Auslegung von Art. 5 Nr. 3 LugÜ II bei national beschränkten Unterlassungsklagen wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Internetveröffentlichungen ist nicht geboten. Zwar besteht für das LugÜ II eine Auslegungskompetenz des Europäischen Gerichtshofs (vgl. BGH WM 2012, 852, juris Tz. 28 m.w.Nachw.). Der Senat ist jedoch weder gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Vorlage verpflichtet, da er kein letztentscheidendes Gericht im Sinne dieser Vorschrift ist (vgl. EuGH, Urteil vom 04.06.2002, C-99/00, EuZW 2002, 476 - Lyckeskog), noch besteht Anlass zu einer Vorlage nach Art. 267 Abs. 2 AEUV, da die gerichtliche Anwendung von Art. 5 Nr. 3 LugÜ II im vorliegenden Fall so offenkundig ist, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt und der Senat davon überzeugt ist, dass die gleiche Gewissheit für die Gerichte der übrigen Vertragsstaaten und den Europäischen Gerichtshof besteht (vgl. EuGH, Urteil vom 06.10.1082, C-283/81, NJW 1983, 1257; BGH NJW 2003, 426, juris Tz. 27).
47Wegen der Bedeutung dieser Frage für die Allgemeinheit sowie im Hinblick auf die weitere Frage, ob die Beklagte sich auf die Grundsätze der Staatenimmunität berufen kann, lässt der Senat jedoch gemäß § 543 ZPO die Revision zu.
48Streitwert: 80.000 € (entsprechend der nicht angegriffenen landgerichtlichen Festsetzung)
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Tenor
Die Klage ist zulässig.
1
Zwischenurteil
23
Tatbestand
4Die in Gland (Schweiz) wohnende Klägerin ist die Ehefrau von T2. Sie verlangt von der Beklagten, einer schweizerischen Rundfunkanstalt, Unterlassung der Veröffentlichung von Bildnissen, welche sie beim Besuch ihres Ehemannes im Krankenhaus zeigen. Die Bildnisse, Fotografien und ein Video, werden seitens der Beklagten auf ihrer Internetseite www.anonym.ch unter der im Antrag näher wiedergegebenen URL im Rahmen einer Berichterstattung über die Folgen des von T2 erlittenen Skiunfalles sowie den Umgang der Medien mit diesem Thema veröffentlicht.
5Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Veröffentlichung der sie zeigenden Bildnisse, in die sie nicht eingewilligt habe, einen rechtswidrigen Eingriff in ihr Recht am eigenen Bild darstellte, so dass ihr gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch zustehe. Für die Klage seien deutsche Gerichte in Anwendung von Art. 5 Nr. 3 des Lugano-Übereinkommens von 2007 (LugÜ II) und § 32 ZPO zuständig. Die Wahrscheinlichkeit der Kenntnisnahme von der beanstandeten Veröffentlichungen auf einem schweizerischen Internetportal durch die deutsche Öffentlichkeit und damit auch durch Personen im Bezirk des angerufenen Landgerichts sei aufgrund des bundesweit außerordentlich hohen Bekanntheitsgrades des Ehemannes der Klägerin erheblich höher, als dies aufgrund der bloßen weltweiten Abrufmöglichkeit der beanstandeten Veröffentlichungen der Fall wäre.
6Nachdem die Kammer im schriftlichen Vorverfahren gemäß § 331 Abs. 3 ZPO am 21.11.2014 im Wege des Versäumnisurteils erkannt hat:
71. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu EUR 10.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollstrecken an ihrem Vorstand, für jeden Fall der Zuwiderhandlung – zu unterlassen, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die nachfolgenden Bildnisse der Klägerin:
8(Es folgen 3 Bilddarstellungen)
9auf denen diese vor dem Krankenhaus in Grenoble abgebildet ist, zu veröffentlichen/veröffentlichen zu lassen oder zu verbreiten/verbreiten zu lassen, so wie dies unter http://www.anonym.ch mit der Überschrift "T2s Zustand bleibt kritisch“, sowie unter http://www.anonym.ch, betitelt als "T2 Ehefrau: Lasst uns in Ruhe", und unter http://www.anonym.ch mit dem Titel "T2 wird aus künstlichem Koma geholt", geschehen ist.
102. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu EUR 10.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollstrecken an ihrem Vorstand, für jeden Fall der Zuwiderhandlung – zu unterlassen, das 1:05 Minuten lange Video, welches in den Sekunden 21 bis 34 sowie 46 bis 50 T1 zeigt, und im Folgenden beispielhaft in Screenshots wieder gegeben ist:
11(Es folgen 6 Videos)
12auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu veröffentlichen/veröffentlichen zu lassen und/oder zu verbreiten/verbreiten zu lassen, wie dies unter http://www.anonym.ch und dort mit der Überschrift „T2s Familie sagt Danke“ geschehen ist.
133. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 1.752,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.9.2014 zu zahlen.
144. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
15Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
16und die Beklagte gegen das vorgenannte Versäumnisurteil rechtzeitig Einspruch eingelegt und diesen begründet hat,
17beantragt die Klägerin,
18den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 21.11.2014 zurückzuweisen und der Beklagten die weiteren Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
19Die Beklagte beantragt
20Klageabweisung.
21Vorab beantragt die Beklagte,
22durch Zwischenurteil die Unzulässigkeit des Rechtswegs zu den deutschen Gerichten festzustellen.
23Sie ist der Auffassung, das Landgericht Köln sei international und örtlich unzuständig. Deutsche Gerichte seien für den Streitfall zwischen einer in der Schweiz ansässigen Person deutscher Herkunft und einer mit der Wahrnehmung des öffentlichen Rundfunkauftrages in der Schweiz beauftragten Schweizer Institution wegen einer in der Schweiz erfolgten Berichterstattung nicht zuständig. Die von der Beklagten betriebene Internetseite richte sich nicht an ein deutsches Publikum, auch wenn sie in deutscher Sprache gehalten sei. Abzustellen sei bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet auf den Ort, an dem das schädigende Ereignis einzutreten droht. Dies sei der Ort, an dem sich der Mittelpunkt der Interessen des Verletzten befindet, also dort, wo er seinen gewöhnlichen Aufenthalt und Lebensmittelpunkt hat, also wohnt und sozial und familiär gebunden ist. Da die Klägerin ihren Wohnort in der Schweiz habe, seien ausschließlich Schweizer Gerichte zur Entscheidung über ihre Klage berufen, die im übrigen auch nach Schweizer Sachrecht zu beurteilen sei.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
25Die Kammer hat gemäß § 280 ZPO angeordnet, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird. Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 26.3.2015 bzw. 7.4.2015 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage im schriftlichen Verfahren erklärt.
26Entscheidungsgründe
27Die Klage ist zulässig; insbesondere ist das Landgericht Köln für das Verfahren international und örtlich zuständig.
28Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bestimmt sich nach § 32 ZPO. Nach § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Zur Begründung der Zuständigkeit genügt es, wenn der Kläger schlüssig Tatsachen behauptet, aus denen sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung ergibt. Begehungsort der deliktischen Handlung ist dabei sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die Verletzungshandlung begangen, oder dort, wo in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde bzw. ein solcher Eingriff droht. Bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Internetveröffentlichungen ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte dann gegeben, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an der Gestaltung seines Internetauftritts und an einer Berichterstattung andererseits - nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann. Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme von der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als dies aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde (vgl. BGH, Urteil vom 2.3.2010, Az.: VI ZR 23/09 – New York Times). Die in Rede stehende Website muss sich dabei nicht gezielt bzw. bestimmungsgemäß auch an deutsche Internetnutzer richten.
29Nach diesen Grundsätzen ist die internationale Zuständigkeit deutscher Gericht vorliegend zu bejahen. Der entscheidende objektive Inlandsbezug der Berichterstattung liegt vor. Er ergibt sich daraus, dass die Klägerin und ihr Ehemann deutsche Staatsbürger und – nicht erst seit dem Unfall des Ehemannes – Gegenstand überragenden öffentlichen Interesses gerade in ihrem Herkunftsland sind. Aufgrund dessen liegt eine Wahrnehmung des Artikels in Deutschland und damit eine Beeinträchtigung der Klägerin in ihren Interessen durch die vorliegend streitgegenständliche Berichterstattung auch in Deutschland deutlich näher als dies allein aufgrund der weltweiten Abrufbarkeit des in deutscher Sprache gehaltenen Internetangebots der Beklagten der Fall gewesen wäre (so auch Landgericht Frankfurt 2-03 O 247/14, Beschl. vom 11.7.2014).
30Demgegenüber kommt es für die Frage der internationalen Zuständigkeit – möglicherweise anders als für die Frage des maßgeblichen Sachrechts – nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Klägerin in Deutschland einen Wohnsitz unterhält. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.3.2011 (NJW 2011, 2059-2061) kann die Zuständigkeit deutscher Gerichte auch bei Vorliegen eines Wohnsitzes im Inland verneint werden. Nach der Entscheidung vom 8.5.2012 (NJW 2012, 2197-2201) ist Erfolgsort jedenfalls der Ort, an dem der Verletzte seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Das schließt indes nicht aus, dass der tatbestandsmäßige Erfolg der Persönlichkeitsrechtsverletzung – wie nach den allgemeinen vom Bundesgerichtshof definierten Anforderungen – auch an anderen Orten als dem Wohnort eintreten kann.
31Etwas anderes folgt weder aus den von den Parteien zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs noch aus dem Umstand, dass die Beklagte in Wahrnehmung ihres schweizerischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrages handelte. Insoweit kann sie sich zwar in Deutschland – selbstverständlich – auf deutsche Grundrechte berufen, ist jedoch unter der Voraussetzung, dass ihre Handlungen Bezug zu Deutschland in dem oben dargestellten Sinne aufweisen, einer Kontrolle durch die deutsche Gerichtsbarkeit in gleicher Weise unterworfen wie deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten.
32Gemäß § 32 ZPO liegen aufgrund der bundesweiten Bekanntheit der Klägerin und ihres Ehemannes nach den bisherigen Ausführungen auch die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln vor, ohne dass es darauf ankäme, dass der Ehemann der Klägerin aus dem hiesigen Landgerichtsbezirk stammt und in seiner engeren Heimat einen nochmals höheren Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad erreicht.
33Auch die weiteren Prozessvoraussetzungen liegen vor.
34Streitwert: 80.000 Euro
35Rechtsbehelfsbelehrung
36Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
37a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
38b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
39Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
40Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
41Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
42Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.
Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der in Deutschland wohnhafte Kläger nimmt die Verlegerin der Tageszeitung "The New York Times" sowie den in New York ansässigen Autor eines am 12. Juni 2001 in der Printausgabe der Zeitung veröffentlichten und am selben Tag in den Internetauftritt der Zeitung eingestellten und dort im "Online-Archiv" zum Abruf bereit gehaltenen Artikels, durch den sich der Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sieht, auf Unterlassung in Anspruch.
- 2
- Der beanstandete Artikel befasst sich mit einem in der Stadt New York eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen R. L. und das von ihm beherrschte Unternehmen C.E.M. wegen Bestechung ukrainischer Regierungsangestellter. In dem Artikel wird der Kläger namentlich erwähnt und als Goldschmuggler und Täter einer Unterschlagung bezeichnet, dessen Unternehmen in Deutschland nach Berichten der amerikanischen und deutschen Ermittlungsbehörden Teil der russischen organisierten Kriminalität sei. Es wird behauptet, der Kläger habe Verbindungen zum organisierten Verbrechen in Russland und ihm sei die Einreise in die USA untersagt.
- 3
- Beide Vorinstanzen haben die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte verneint und die Klage deshalb als unzulässig abgewiesen. Mit seiner vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, soweit es darauf gerichtet ist, den Beklagten zu untersagen, die beanstandeten Äußerungen im Internet zum Abruf bereit zu halten.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil u.a. in AfP 2009, 159 veröffentlicht ist, hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach § 32 ZPO verneint, weil die vom Kläger behauptete Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den beanstandeten Artikel nicht in Deutschland begangen worden sei. Die Printausgabe der "New York Times" vom 12. Juni 2001 sei nicht im regelmäßigen Geschäftsverkehr nach Deutschland ausgeliefert worden, weshalb es an einer zuständigkeitsbegründenden Verbreitung im Inland fehle.
- 5
- Auch die Veröffentlichung des Artikels im Internet begründe keinen Gerichtsstand in Deutschland. Der Artikel weise nicht den erforderlichen Inlandsbezug auf. Er richte sich nicht gezielt bzw. bestimmungsgemäß an Internetnutzer in Deutschland. Für diese Beurteilung sei insbesondere maßgebend, dass der Artikel lediglich im Lokalteil der "New York Times" abrufbar und deshalb von seinem äußeren Erscheinungsbild her auf das amerikanische, insbesondere das Publikum im Raum New York, abgestimmt sei. Die Sachlage sei insoweit vergleichbar mit der Online-Ausgabe einer lokalen oder regionalen Tageszeitung mit vornehmlich lokalen Inhalten, die typischerweise objektiv auf die entsprechende Region ausgerichtet seien. Es sei deshalb anzunehmen, dass der Artikel im Ausland kaum auf nennenswertes Interesse stoße. Dass Deutschland in der Online-Ausgabe der "New York Times" als "country of residence" genannt werde, führe ebenso wenig zu einer anderen Beurteilung wie die Tatsache, dass 14.484 Leser im Juni 2001 im Wege der Selbstauskunft Deutschland als Wohnsitz angegeben hätten; denn dies entspreche lediglich einem Anteil von etwa einem halben Prozent der gesamten registrierten Online-Leserschaft der "New York Times" und bedeute unter Spürbarkeitsgesichtspunkten eine zu vernachlässigende Auswirkung im inländischen Marktbereich. Unerheblich sei, ob der beanstandete Artikel gerade auch in Deutschland Aufsehen erregt habe und dort von der deutschen Presse zitiert worden sei. Dass der Kläger in Deutschland einen Wohnsitz habe und in dem Artikel im Zusammenhang mit Straftaten genannt werde, begründe den erforderlichen Inlandsbezug ebenfalls nicht.
II.
- 6
- Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben.
- 7
- Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz zu prüfen ist (vgl. BGHZ 153, 82, 84 ff.; BGH, Urteil vom 20. November 2008 - I ZR 70/06 - TranspR 2009, 26 Tz. 17 = VersR 2009, 807 m.w.N; vom 22. Oktober 2009 - I ZR 88/07 - TranspR 2009, 479), nach § 32 ZPO bestimmt. Denn die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (§§ 12 ff. ZPO) regeln mittelbar auch die Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit deutscher und ausländischer Gerichte (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - NJW 1977, 1590; BGH, Urteil vom 22. November 1994 - XI ZR 45/91 - NJW 1995, 1225, 1226 jeweils m.w.N.).
- 8
- 1. Nach § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Zur Begründung der Zuständigkeit genügt es, wenn der Kläger schlüssig Tatsachen behauptet, aus denen sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung ergibt (vgl. BGHZ 124, 237, 241; 132, 105, 110 f., jeweils m.w.N.). Begehungsort der deliktischen Handlung ist dabei sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die Verletzungshandlung begangen wurde, oder dort, wo in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde (vgl. BGHZ 132, 105, 110 f.). Erfasst werden neben Ansprüchen auf Schadensersatz auch Unterlassungsansprüche (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 1994 - I ZR 304/91 - AfP 1994, 288, 290; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 32 Rn. 14, 16; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 32 Rn. 23). § 32 ZPO setzt nicht voraus, dass eine Rechtsgutsverletzung eingetreten ist. Es genügt , wenn eine solche droht, so dass auch vorbeugende Klagen in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fallen.
- 9
- 2. In der Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, welche Anknüpfungskriterien für die Bestimmung und Abgrenzung des Ortes, an dem in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde bzw. an dem ein solcher Eingriff droht, maßgeblich sind, wenn die behauptete Rechtsgutsverletzung durch den Abruf von auf einer Internet-Website eingestellten Inhalten eintritt oder einzutreten droht.
- 10
- a) Zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch ehrverletzende Äußerungen in einem Druckerzeugnis hat der erkennende Senat entschieden, dass die Rechtsgutsverletzung u.a. an dem Ort "begangen" werde, an dem das Presseerzeugnis verbreitet werde (Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO, S. 1590 f.). Von einem Verbreiten könne allerdings nur dann die Rede sein, wenn der Inhalt des Presseerzeugnisses dritten Personen bestimmungsgemäß und nicht bloß zufällig zur Kenntnis gebracht werde. Es könne nicht ausreichen, dass nur hier und da einmal durch Dritte ein oder mehrere Exemplare in ein Gebiet gelangten, das von der Betriebsorganisation des Verlegers oder Her- ausgebers nicht erfasst und in das das Druckerzeugnis nicht regelmäßig geliefert werde (ebenda).
- 11
- b) Die genannte Entscheidung kann auf Internetdelikte allerdings nicht ohne weiteres übertragen werden. Internetinhalte werden regelmäßig nicht "verbreitet", sondern zum Abruf bereit gehalten (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Stand Juni 2009, Kap. 25 Rn. 210; vgl. auch die Formulierung in § 7 Abs. 1 TMG: Informationen, die Diensteanbieter "zur Nutzung bereit halten"). Im Gegensatz zu Druckerzeugnissen lässt sich im Internet auch ein räumlich abgegrenztes Verbreitungsgebiet einer Website nur schwer bestimmen (vgl. Roth, Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 254 f.). Dementsprechend ist die Übertragbarkeit der vom Senat entwickelten Einschränkung auf Delikte im Internet ebenso umstritten wie im Falle der grundsätzlichen Bejahung eines Erfordernisses der bestimmungsgemäßen "Verbreitung" dessen Konkretisierung (vgl. zum Meinungsstand Roth, aaO, S. 232 ff.).
- 12
- aa) Ein Teil der Instanzgerichte und der Literatur hält im Hinblick auf den Charakter des World-Wide-Web die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte im Inland ohne weiteres für zuständigkeitsbegründend (vgl. Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3. Aufl., Rn. 831; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. Art. 5 EuGVVO Rn. 23; Bachmann, IPrax 1998, 179, 184; Coester-Waltjen, Festschrift für Schütze, 1999, S. 175, 184; Spindler, ZUM 1996, 533, 562; Schack MMR 2000, 135, 138 f.; zum Kennzeichenrecht: OLG Karlsruhe, MMR 2002, 814, 815; OLG Hamburg, MMR 2002, 822, 823; OLG Hamburg, IPrax 2004, 125, 126; zum Namensrecht: OLG München, MMR 2002, 166, 167; zum Persönlichkeitsrecht : KG AfP 2006, 258, 259).
- 13
- bb) Andere nehmen einen Erfolgsort bei Internetdelikten im Inland sowohl im Rahmen des § 32 ZPO als auch im Rahmen der - § 32 ZPO im Wesentlichen gleichgelagerten - Bestimmung des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ/EuGVVO nur dann an, wenn der beanstandete Internetauftritt gemäß der zielgerichteten Bestimmung des Betreibers im Inland abrufbar ist (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 207 ff. m.w.N.). So hält der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ bei Wettbewerbsverletzungen nur dann für gegeben, wenn sich der beanstandete Internetauftritt bestimmungsgemäß im Inland auswirken soll bzw. sich bestimmungsgemäß auch an deutsche Internetnutzer richtet (vgl. BGHZ 167, 91, 98 f.). Diese Grundsätze haben verschiedene Instanzgerichte zur Vermeidung einer uferlosen Gerichtspflichtigkeit des Beklagten auf Urheberrechtsverletzungen (OLG Köln, GRUR-RR 2008, 71), Namensrechtsverletzungen (KG, NJW 1997, 3321), Kennzeichenverletzungen (LG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 979, 980), Eingriffe in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (LG Krefeld , AfP 2008, 99, 100) und auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen (OLG Celle, OLGR 2003, 47; OLG Düsseldorf, AfP 2009, 159; AG Charlottenburg, MMR 2006, 254, 255) übertragen.
- 14
- cc) Das Tribunal de grande instance de Paris hält im Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO die Anzahl der Abrufe der rechtsverletzenden Inhalte vom Gerichtsstaat für ein maßgebliches Abgrenzungskriterium (vgl. Ordonnance du Juge de la Mise en Etat, rendue le 27 Avril 2009, 17. Ch. PresseCivile , Nr. Rg. 08/15331 sowie Ordonnance du Juge de la Mise en Etat, rendue le 6 Juillet 2009, 17. Ch. Presse-Civile, Nr. Rg. 08/15331 = Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C-278/09 - Verfahren erledigt durch die Unzuständigkeit feststellenden Beschluss des EuGH vom 20. November 2009, ABl. C 24/18 vom 30. Januar 2010).
- 15
- dd) Für Kennzeichenverletzungen neigt der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs im Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO zu einer Begrenzung der Gerichtsstände auf diejenigen, in deren Zuständigkeitsbereich eine Interessenkollision tatsächlich eingetreten sein kann (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 163/02 - NJW 2005, 1435, 1436; ähnlich Roth, aaO, S. 276 ff.; von Hinden, Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 80 ff., 88). Ähnliche Erwägungen liegen der Entscheidung des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 12. Dezember 2000 (BGHSt 46, 212) zugrunde. Danach tritt dann, wenn ein Ausländer von ihm verfasste Äußerungen, die den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen, auf einem ausländischen Server in das Internet einstellt, der Internetnutzern in Deutschland zugänglich ist, ein zum Tatbestand gehörender Erfolg im Inland ein, wenn die Äußerungen konkret zur Friedensstörung im Inland geeignet sind (ebenda).
- 16
- c) Für Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Internetveröffentlichungen ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte entsprechend der zuletzt genannten Auffassung zu bestimmen.
- 17
- aa) Die Ansicht, die die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte für zuständigkeitsbegründend hält, widerspricht dem Sinn und Zweck des § 32 ZPO. Die in dieser Bestimmung geregelte Tatortanknüpfung stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass die Klage am Gerichtsstand des Beklagten zu erheben ist (actor sequitur forum rei, vgl. BGHZ 115, 90, 92; Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 9 ff.). Ihre Rechtfertigung liegt in der durch den Handlungs - oder Erfolgsort begründeten besonderen Beziehung der Streitigkeit zum Forum (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO; Pichler in Hoeren /Sieber, aaO, Rn. 180, 195; Bachmann, aaO, S. 181; Roth, aaO, S. 276; Zöller-Vollkommer, aaO, § 32 Rn. 1). Eine besondere Beziehung zu einem bestimmten Forum wird durch die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhal- te allein jedoch nicht begründet. Denn die Abrufbarkeit einer Website ist infolge der technischen Rahmenbedingungen in jedem Staat gegeben. Ließe man die bloße Abrufbarkeit genügen, so käme es zu einer uferlosen Ausweitung der Gerichtspflichtigkeit des Beklagten, die den zuständigkeitsrechtlichen Leitprinzipien der Vermeidung beziehungsarmer Gerichtsstände, der Reduzierung konkurrierender Zuständigkeiten und der Vorhersehbarkeit und präventiven Steuerbarkeit der potentiellen Gerichtspflichtigkeit eklatant zuwiderliefe (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 198).
- 18
- bb) Um das zu vermeiden, ist ein über die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte hinausgehender Inlandsbezug erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08 - VersR 2010, 226 Rn. 19). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann ein derartiger Bezug bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen aber nicht voraussetzen, dass sich die beanstandete Website "gezielt" oder "bestimmungsgemäß" auch an deutsche Internetnutzer richten soll. Dieses Einschränkungskriterium, das bei marktbezogenen Delikten wie Wettbewerbsverletzungen seine Berechtigung hat, ist für die erforderliche Begrenzung der ansonsten bestehenden Vielzahl von Gerichtsständen bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht geeignet. Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung setzt keine Marktbeeinflussung voraus, sondern tritt unabhängig von den Intentionen des Verletzers mit der Kenntnisnahme des rechtsverletzenden Inhalts durch Dritte ein (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 229, 251; von Hinden, aaO, S. 83).
- 19
- cc) Der Senat misst auch der Anzahl der Abrufe der rechtsverletzenden Inhalte vom Gerichtsstaat aus jedenfalls bei Unterlassungsansprüchen keine über ein bloßes Indiz hinausgehende Bedeutung für die Bestimmung des erforderlichen Inlandsbezugs zu. Denn zum einen ist die Anzahl der erfolgten Abrufe nicht immer zuverlässig feststellbar; zum anderen ist sie dem insoweit darle- gungs- und beweisbelasteten Kläger schon aus Datenschutzgründen nicht uneingeschränkt zugänglich (vgl. Roth, aaO., S. 232 ff.). Abgesehen davon ist der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet und setzt keine bereits eingetretene Rechtsgutsverletzung voraus.
- 20
- dd) Entscheidend ist vielmehr, ob die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an der Gestaltung seines Internetauftritts und an einer Berichterstattung andererseits - nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann (vgl. Senatsbeschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08 - aaO, Rn. 21; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 163/02 - aaO; Pichler, in: Hoeren/Sieber aaO, Kap. 25 Rn. 210; Lütcke, Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, 2000, S. 135, 137; Roth aaO, S. 276 f.; ähnlich High Court of Australia, Urteil vom 10. Dezember 2002 - Dow Jones and Company Inc. v. Gutnick [2002] HCA 56; 210 CLR 575; 194 ALR 433; 77 ALJR 255, abrufbar unter http://www.austlii.edu.au/au/cases/cth/HCA/2002/56.html). Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme von der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als dies aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre (vgl. Roth aaO, S. 278 ff.) und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde (vgl. Bachmann, IPrax 1998, 179, 185; Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 251; Roth aaO, S. 282 ff.).
- 21
- 3. Nach diesen Grundsätzen ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zur Entscheidung über den in der Revisionsinstanz noch anhängigen Unterlassungsanspruch gemäß § 32 ZPO zu bejahen. Die angegriffenen Äußerungen weisen schon inhaltlich einen deutlichen Inlandsbezug auf, der ein erhebliches Interesse deutscher Internetnutzer an ihrer Kenntnisnahme nahe legt. In dem angegriffenen Artikel wird der in Deutschland wohnhafte Kläger namentlich genannt. Ihm werden unter Berufung auf Berichte europäischer Strafverfolgungsbehörden Verbindungen zur russischen Mafia nachgesagt. Es wird behauptet, seine Firma in Deutschland sei ausweislich der Berichte deutscher Strafverfolgungsbehörden Teil eines Netzwerkes des internationalen organisierten Verbrechens und dem Kläger sei die Einreise in die USA untersagt.
- 22
- Es liegt nahe, dass der Artikel im Inland zur Kenntnis genommen wurde oder wird. Bei der "New York Times" handelt es sich um ein international anerkanntes Presseerzeugnis, das einen weltweiten Interessentenkreis ansprechen und erreichen will. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war und ist die Online-Ausgabe der Zeitung auch in Deutschland abrufbar. Deutschland ist im Registrierungsbereich des Online-Portals ausdrücklich als "country of residence" aufgeführt. Im Juni 2001 waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 14.484 Internetnutzer registriert, die Deutschland als Wohnsitz angegeben hatten.
- 23
- Durch die angegriffenen Äußerungen wird die Achtung, die der in Deutschland wohnhafte und geschäftlich tätige Kläger in seinem Lebenskreis in Deutschland genießt, jedenfalls auch in Deutschland gestört bzw. gefährdet (vgl. zur Störung des Achtungsanspruchs am Wohnort des Betroffenen: Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO).
- 24
- Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem Artikel der erforderliche Inlandsbezug nicht deshalb abzusprechen, weil er im Lokalteil des Internetauftritts, dem sogenannten "Metropolitan Desk", zum Abruf bereit gehalten wird. Er kann insbesondere nicht einer Meldung in der Onlineausgabe einer lokalen Tageszeitung oder einem Stadtmagazin mit vornehmlich lokalen Inhalten gleichgesetzt werden, die typischerweise objektiv auf die entsprechende Region ausgerichtet ist. Ausweislich des Artikels wurde er in Washington verfasst ; er befasst sich offensichtlich nicht mit einem lokalen Ereignis, sondern mit Vorgängen von erheblichem internationalen Interesse, nämlich der Bestechung osteuropäischer Beamter zur Förderung eigener geschäftlicher Interessen. Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass der Leser einer Online-Ausgabe anders als der herkömmliche Zeitungsleser die Möglichkeit hat, ihn interessierende Inhalte mit der Suchfunktion - beispielsweise durch Eingabe des Wortes "Germany" in das Suchfeld - zu ermitteln. Soweit das Berufungsgericht annimmt , der angegriffene Artikel habe im Inland zu vernachlässigende Auswirkungen , weil ihn lediglich 14.484 Personen zur Kenntnis hätten nehmen können , übersieht es zum einen, dass es zur Begründung der internationalen Zuständigkeit bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht auf Spürbarkeitsgesichtspunkte ankommt (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO, S. 1591). Zum anderen berücksichtigt es nicht hinreichend, dass der soziale Geltungsanspruch des Klägers bereits dann erheblich tangiert sein kann, wenn auch nur eine Person aus seinem Lebenskreis die für ihn abträglichen Behauptungen zur Kenntnis nimmt.
- 25
- 4. Das Berufungsurteil war gemäß § 562 Abs. 1 ZPO teilweise aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Eine Zurückverweisung an das Landgericht im Wege eigener Sachentscheidung des Senats nach §§ 563 Abs. 3, 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO kam schon deshalb nicht in Betracht, weil dies von keiner Partei beantragt worden ist (§ 538 Abs. 2 Satz 1 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - III ZR 176/02 - NZM 2003, 375; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 563 Rn. 3, 23). Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht auch den in der Revisionserwiderung vorgebrachten Bedenken gegen die Fassung des Klageantrags Rechnung zu tragen haben. Galke Diederichsen Pauge Stöhr von Pentz
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.01.2008 - 12 O 393/02 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.12.2008 - I-15 U 17/08 -
Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.
(1) Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich auch nicht auf Repräsentanten anderer Staaten und deren Begleitung, die sich auf amtliche Einladung der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten.
(2) Im übrigen erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit auch nicht auf andere als die in Absatz 1 und in den §§ 18 und 19 genannten Personen, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.