Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 06. März 2015 - 11 U 222/13

bei uns veröffentlicht am06.03.2015

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 13 für Handelssachen, vom 28. Februar 2013, Geschäfts-Nr. 413 HKO 40/12, wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

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Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

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Ergänzend hierzu wird festgestellt:

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Der Kläger nimmt die Beklagten als Vorstände und Aufsichtsräte der S. AG (im Folgenden: die Schuldnerin) auf die Erstattung von Einzahlungen auf zwei debitorisch geführte Bankkonten der Schuldnerin in Anspruch, die nach der von ihm behaupteten Insolvenzreife der Schuldnerin dort eingegangen sind.

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Die im Bereich des Imports und Handels mit Möbeln und Wohnaccessoires tätige Schuldnerin, die über ein Grundkapital von DM 500.000,00 verfügt und zuletzt zwölf Mitarbeiter beschäftigte, unterhielt Bankverbindungen mit der Sparkasse H. und der V-Bank. Im Rahmen ihrer Geschäftsverbindung zur V-Bank kam es im Anschluss an entsprechende vorangegangene Vereinbarungen vom 30. Juli 1993 und vom 13. Juli 1995 am 26. Mai 2005 zum Abschluss einer Globalabtretungsvereinbarung (Anlagen B 1+2/3 = B 3.2 = B 1), durch die die Schuldnerin sämtliche gegenwärtigen und künftigen Ansprüche aus dem Geschäftsverkehr an die V-Bank abtrat. Die Beklagten zu 1. und 2. hatten sich nach der Behauptung des Klägers darüber hinaus in Höhe von bis zu € 689.000,00 für die Forderungen der V-Bank gegenüber der Schuldnerin ebenso verbürgt wie deren Ehefrauen, bei denen es sich um die beiden alleinigen Aktionäre der Schuldnerin handelt.

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Nach der Behauptung des Klägers erfolgten in der Zeit vom 1. Februar bis zum 9. August 2007 auf dem durchgehend debitorisch geführten Konto der Schuldnerin bei der Sparkasse H. Zahlungseingänge in Höhe von insgesamt € 346.631,06. Auf dem ebenfalls durchgehend debitorisch geführten Konto der Schuldnerin bei der V-Bank erfolgten nach der Behauptung des Klägers in der Zeit vom 1. Februar bis zum 12. September 2007 Zahlungseingänge in Höhe von insgesamt € 988.477,99.

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Am 10. August 2007 beantragten die Beklagten zu 1. und 2., die Vorstände der Schuldnerin, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen. Das Insolvenzverfahren wurde nachfolgend am 13. September 2007 unter gleichzeitiger Bestellung des Klägers zum Insolvenzverwalter eröffnet. Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 13. August 2007 (Anlage B 3 = B 5/9) war der Kläger zuvor zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden.

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Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1., 2., 4. und 5. am 25. Februar 2012 und gegen den Beklagten zu 3. am 28. Februar 2012 Klage erhoben, mit der er die Beklagten in Höhe von insgesamt € 1.335.109,05 gesamtschuldnerisch auf die Erstattung der nach seiner Behauptung seit dem 1. Februar 2007 auf den beiden Konten der Schuldnerin bei der Sparkasse H. und bei der V-Bank eingegangenen Zahlungen in Anspruch nimmt.

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Der Kläger hat behauptet, die Schuldnerin sei bereits spätestens seit dem Jahr 2006, jedenfalls aber seit dem 1. Februar 2007 zahlungsunfähig und überschuldet gewesen. Die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin habe sich nach dem Ergebnis der Auswertung der Insolvenztabelle (Anlage K 1) schon daraus ergeben, dass seit dem 1. Januar bzw. seit dem 1. Februar 2007 Verbindlichkeiten der Schuldnerin in Höhe von € 52.929,87 bzw. in Höhe von € 63.401,23 fällig gewesen seien, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin nicht mehr erfüllt worden seien. Diese Verbindlichkeiten der Schuldnerin seien im Insolvenzverfahren auch bereits, was also solches unstreitig gewesen ist, in Höhe von € 44.341,77 festgestellt worden.

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Der Kläger hat die von ihm geltend gemachte Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin darüber hinaus auch aus offenen Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber deren Vermieterin, der A. KG, aus der Anmietung von Garagencontainern hergeleitet. Hieraus hätten sich ausweislich eines Schreibens der Vermieterin vom 7. Februar 2007 (Anlage K 2) per 1. Februar 2007 offene Verbindlichkeiten der Schuldnerin in Höhe von weiteren € 25.000,00 ergeben. Auch wenn davon auszugehen sein sollte, dass die seitens der Schuldnerin insoweit für die Jahre seit 2002 geschuldeten Mietzahlungen von beiden Vertragsparteien schlicht vergessen worden und erst Anfang 2007 wieder in Erinnerung gelangt seien, so sei der Schuldnerin eine Gelegenheit zur ratenweisen Erfüllung dieser Verbindlichkeiten im Februar 2007 doch lediglich deshalb eingeräumt worden, weil sie gegenüber der Vermieterin ausdrücklich erklärt habe, den Rückstand nicht sogleich erfüllen und in dieser Höhe auch nicht binnen drei Wochen Kredit erlangen zu können, was wiederum auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zurückweise.

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Die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ergebe sich zudem aber auch noch daraus, dass ausweislich eines Mahnschreibens der Vermieterin vom 23. Mai 2007 (Anlage K 2a) die für die Geschäftsräume insoweit geschuldete laufende Miete für April 2007 in Höhe von € 11.778,70 bis dahin noch nicht gezahlt worden sei und sich unter Berücksichtigung auch der beiden bereits für April und Mai 2006 in Höhe von € 11.778,70 und € 12.312,49 rückständig gebliebenen Mieten sowie der in Höhe von weiteren € 5.911,62 aus der Betriebskostenabrechnung für 2005 ausstehenden Restforderung ein Gesamtbetrag offener Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt € 61.443,61 ergeben habe. Die Schuldnerin habe sich insoweit über Monate die Stundung ihrer Verbindlichkeiten erzwungen. Eine Ratenzahlungsvereinbarung sei auch in der Folgezeit nicht mehr zustande gekommen, die Schuldnerin habe trotz Aufforderungen der Vermieterin schlicht nicht gezahlt.

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Ferner hat der Kläger behauptet, die Schuldnerin habe sich gegenüber einer weiteren Gläubigerin, der M. GmbH, in einer - seitens des Klägers allerdings nicht eingereichten - E-Mail vom 11. April 2007 ebenfalls dahin geäußert, offene Forderungen dieser Gläubigerin in Höhe von € 42.425,44 nur im Wege der Ratenzahlung erfüllen zu können. Nur auf der Grundlage dieser eigenen Erklärung der Schuldnerin sei nachfolgend am 20. April 2007 eine entsprechende Ratenzahlungsvereinbarung (Anlagen K 3 und K 4) tatsächlich zustande gekommen. Die dieser Vereinbarung zu Grunde liegende Erklärung der Schuldnerin, zum sofortigen Rechnungsausgleich nicht in der Lage zu sein, lasse wiederum den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu. Namentlich sei eine der in diese Ratenzahlungsvereinbarung einbezogenen Rechnungen der M. GmbH vom 27. Februar 2007 über € 32.712,15 bereits seit diesem Tag fällig gewesen und von der Schuldnerin gerade nicht zeitnah ausgeglichen worden. Die betreffende Ratenzahlungsvereinbarung sei zudem nachfolgend daran gescheitert, dass die Schuldnerin die am 15. Juli 2007 in Höhe von € 12.425,44 fällig gewordene letzte Rate schlicht nicht gezahlt habe.

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Den gleichen Rückschluss auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin lasse schließlich auch die E-Mail-Korrespondenz der Schuldnerin mit einer Firma P. GmbH vom 11. Juni 2007 zu (Anlage K 5). Die Schuldnerin habe auch gegenüber dieser Gläubigerin um Ratenzahlung nachgesucht und hierdurch wiederum zumindest konkludent zu erkennen gegeben, nicht sämtliche dieser Gläubigerin gegenüber per 30. April 2007 in Höhe von € 28.498,57 bestehenden Verbindlichkeiten begleichen zu können.

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Der Kläger hat darüber hinaus behauptet, die Schuldnerin sei bereits seit dem 31. Januar 2006 auch überschuldet gewesen. Hierfür hat der Kläger sich auf den am 16. Dezember 2006 erstellten Prüfbericht (Anlage K 6) zu dem auf diesen Stichtag erstellten Jahresabschluss der Schuldnerin bezogen, der die rückständigen Verbindlichkeiten der Schuldnerin aus den in den Vorjahren nicht gezahlten Mieten für Garagencontainer nicht ausgewiesen habe und auf dessen Grundlage schon deshalb eine Überschuldung der Schuldnerin im Umfang von zumindest € 23.344,17 festzustellen sei. Darüber hinaus sei aber auch davon auszugehen, dass die Daten bezüglich des als Aktiva ausgewiesenen Bestands an lagernder Ware fehlerhaft seien, zumindest seien diese Wertansätze anlässlich der Prüfung des Jahresabschlusses nicht gesondert überprüft worden. Es sei deshalb von einem Wertabschlag auf die Warenvorräte in Höhe von 10 % auszugehen, wodurch sich die bei der Schuldnerin eingetretene Überschuldung noch vergrößert habe.

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Für den klagegegenständlichen Zeitraum ab dem 1. Februar 2007 ergebe sich die Überschuldung der Schuldnerin darüber hinaus auch aus einer von ihm selbst am 21. August 2007 erstellten „Arbeits-Bilanz“ zum 31. Januar 2007 (Anlage K 7), die wiederum nicht die rückständigen Verbindlichkeiten aus den Garagenmieten und zudem einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Verlust in Höhe von € 42.101,11 ausgewiesen habe. Tatsächlich hätte der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag sich unter Berücksichtigung eines weiteren neuerlichen Jahresfehlbetrags von € 180.232,52 allerdings auf € 166.091,52 belaufen müssen. Über stille Reserven habe die Schuldnerin nicht verfügt, namentlich habe sie kein eigenes Grundvermögen besessen. Für die von ihm geltend gemachte Überschuldung der Schuldnerin hat der Kläger sich ferner auf ein Sanierungskonzept der Unternehmensberatung E. vom 3. Juli 2009 (Anlage K 8) bezogen, in dem per 31. Januar 2007 ein negatives Kapital der Schuldnerin in Höhe von € 179.000,00 ausgewiesen worden sei. Auch mit Blick auf die Annahmen dieses Sanierungskonzepts gelte aber, dass sich wegen eines Wertansatzes für das Warenlager der Schuldnerin in zutreffender Höhe von höchstens € 500.000,00 in einem Überschuldungsstatus eine Überschuldung der Schuldnerin in Höhe von mindestens € 527.450,05 hätte ergeben müssen. Schließlich folge auch aus einer ebenfalls am 21. August 2007 von ihm erstellten „Arbeits-Bilanz“ zum 30. April 2007 (Anlage K 9) ein weiterer Fehlbetrag der Schuldnerin für das I. Quartal 2007 in Höhe von € 148.661,63.

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Der Kläger hat gemeint, die Beklagten zu 1. und 2. seien in Anbetracht der Krise, in der sich die Schuldnerin bereits spätestens seit dem Jahr 2006 befunden habe, zur laufenden Prüfung der Insolvenzreife der Schuldnerin verpflichtet gewesen und hätten nach Eintritt der Insolvenzreife dafür Sorge tragen müssen, dass Zahlungseingänge der Schuldnerin nicht auf die debitorischen Konten bei der Sparkasse H. und der V-Bank vereinnahmt worden und so lediglich diesen beiden Gläubigerinnen zugutegekommen wären. Die gleiche Verpflichtung habe auch den Beklagten zu 3. bis 5. als den Aufsichtsräten der Schuldnerin oblegen. Diese hätten schon aufgrund des Berichts über die Prüfung des Jahresabschlusses der Schuldnerin zum 31. Januar 2006 ebenfalls von der Unternehmenskrise Kenntnis gehabt und hiernach die Überwachung der Tätigkeit des Vorstands steigern müssen und dem Vorstand auch außerplanmäßige Berichtspflichten aufgeben müssen.

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Der Kläger hat beantragt,

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die Beklagten zu 1. bis 5. werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger € 1.335.109,05 nebst 5 Prozentpunkten Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Die Beklagten haben beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagten zu 1. und 2. haben behauptet, die Vermieterin der Geschäftsräume habe die im Jahr 2006 ausstehend gebliebenen zwei Monatsmieten, zu denen es im Übrigen im Zusammenhang mit Wassereintritten im Lager der Schuldnerin gekommen sei, ebenso wenig ernsthaft eingefordert wie dies auch betreffend die Mieten für Garagencontainer der Fall gewesen sei, die zuvor vergessen und erst im Jahr 2007 als offen festgestellt worden seien und zu deren ratierlicher Begleichung die Vermieterin sogleich ebenso bereit gewesen sei wie sogar auch noch zu einer per 1. Februar 2007 erfolgten Erweiterung der Mietfläche (vgl. Anlage B 1+2/11 = B 15).

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Soweit der Kläger sich zur Begründung der Zahlungseinstellung der Schuldnerin auf Verbindlichkeiten gegenüber einer H. a/s bezogen hat, haben die Beklagten zu 1. und 2. behauptet, innerhalb der mit dieser seit 2005 bestehenden Geschäftsverbindung seien Warenlieferungen nicht aufgrund von Wareneinkäufen der Schuldnerin, sondern vielmehr zum Aufbau eines eigenen Warenbestands der H. a/s erfolgt, der von der Schuldnerin dann lediglich auf Provisionsbasis habe veräußert werden sollen. Hiernach sei von fälligen Zahlungsansprüchen zu den seitens des Klägers geltend gemachten Zeitpunkten nicht auszugehen, es seien vielmehr Verhandlungen über die gegenseitigen Forderungen und deren Fälligkeiten geführt worden, was sich auch aus der E-Mail-Korrespondenz mit der H. a/s vom 29. Juni und 2. Juli 2007 (Anlage B 1+2/4) ergebe. Hierin habe die H. a/s eine aktuelle Berechnung der gegenüber der Schuldnerin bestehenden Forderungen angekündigt und zugleich deren ratenweiser Abzahlung zugestimmt. Die sich hiernach ergebende Gesamtforderung in Höhe von € 10.989,26 sei dann Gegenstand einer Zahlungsvereinbarung geworden, die erst beginnend mit dem 1. September 2007 monatliche Zahlungen der Schuldnerin in Höhe von lediglich € 1.000,00 vorgesehen habe (Anlage B 1+2/6).

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Hinsichtlich der Forderungen der P. GmbH gegenüber der Schuldnerin sei es, so haben die Beklagten zu 1. und 2. behauptet, so, dass dieses Unternehmen im Zuge der Übernahme des Lagerbestandes eines anderen Unternehmens beauftragt worden sei. Dieser Auftrag sei unsachgemäß ausgeführt worden, weshalb sich auch Differenzen über die Höhe der geschuldeten Vergütung ergeben hätten, die der Beklagte zu 1. in einem Aktenvermerk vom 5. September 2007 (Anlage B 1+2/8) festgehalten habe. Dies sei auch der Hintergrund für die per E-Mail geführte Korrespondenz über eine Ratenzahlung gewesen, ein Rückschluss auf eine etwaige Zahlungsunfähigkeit lasse sich hieraus nicht entnehmen. Von einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bereits vor dem Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrags sei auch unter Berücksichtigung einer am 21. Mai 2007 erstellten Cash-Flow-Berechnung (Anlage B 1+2/9 = B 5/6) nicht auszugehen, die bis einschließlich Mai 2007 eine ausreichende Liquidität der Schuldnerin ausgewiesen habe.

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Von einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin sei, so haben die Beklagten zu 1. und 2. weiter behauptet, auch deshalb nicht auszugehen, weil, was als solches unstreitig gewesen ist, der Schuldnerin am 31. Januar 2007 seitens eines Privatinvestors ein ungesichertes Darlehen in Höhe von € 100.000,00 zur Verfügung gestellt worden sei.

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Auch von einer Überschuldung der Schuldnerin sei nicht auszugehen, diese habe sich schon gar nicht aus den über Jahre unbeglichen gebliebenen Mieten für die Garagencontainer ergeben können, weil diese zum Zeitpunkt der diese betreffenden Rückzahlungsvereinbarung teilweise sogar schon verjährt gewesen und erst mit dieser Vereinbarung auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt worden seien. Die Behauptung des Klägers, der Warenbestand der Schuldnerin sei mit nicht mehr als € 500.000,00 anzusetzen gewesen, stünde im Übrigen im Widerspruch zu dem im Rahmen des Insolvenzverfahrens seitens des Klägers erstellten Gutachten, in dem dieser, was als solches unstreitig gewesen ist, allein für den Lagerbestand der Schuldnerin bei der P. GmbH bereits einen Einstandswert in Höhe von € 493.000,00 zu Grunde gelegt habe. Unter Berücksichtigung der als solche ebenfalls unstreitigen Rangrücktrittserklärungen unter anderem der beiden Aktionärinnen der Schuldnerin, wie diese sich dem geprüften Jahresabschluss per 31. Januar 2006 im Umfang von Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von zumindest € 328.000,00 entnehmen ließen, sei von einer Überschuldung auch nicht mit Blick auf den vom Kläger behaupteten Verlustvortrag in Höhe von € 297.747,05 auszugehen, das wirtschaftliche Eigenkapital der Schuldnerin sei vielmehr zu jeder Zeit positiv gewesen. Dies gelte auch mit Blick auf die sog. Arbeits-Bilanzen des Klägers zum 31. Januar und 30. April 2007.

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Die Beklagten zu 3. bis 5. haben im Hinblick auf die seitens des Klägers behauptete Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin darüber hinaus behauptet, dass ihnen von angeblichen Zahlungsrückständen gegenüber dem Vermieter nichts bekannt gewesen sei, die laufenden Mietzahlungen für die Garagencontainer seien seit dem Jahr 2002 zudem schlicht nicht mehr bedacht und dementsprechend auch nicht ernstlich eingefordert worden, bei der nachfolgend im Jahr 2007 vereinbarten Ratenzahlung habe es sich um eine einvernehmliche Stundungsabrede gehandelt. Es sei dem Aufsichtsrat durch die Beklagten zu 1. und 2. auch im Zeitraum seit Februar 2007 beständig vermittelt worden, dass Zahlungsschwierigkeiten nicht bestünden, gerade das Verhältnis zur Vermieterin sich bestens gestalte und mit dieser Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarungen geschlossen worden seien bzw. auch Mietforderungen mit aus einem Wasserschaden stammenden Ansprüchen der Schuldnerin verrechnet werden sollten. Im Übrigen habe es der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin entgegengestanden, dass diese noch im Januar 2007 ein privates Darlehen eines potentiellen Investors in Höhe von € 100.000,00 vereinnahmt habe, wodurch nach den damaligen Angaben der Beklagten zu 1. und 2. in der Folgezeit sämtliche fälligen Verbindlichkeiten der Schuldnerin hätten erfüllt werden können. Sofern dies tatsächlich nicht geschehen sein sollte, sei dies nicht auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, sondern vielmehr auf die Entscheidung des Vorstands über die Verwendung dieses neuen Kapitals zurückzuführen. Die gegenüber der Vermieterin angeblich bereits für April und Mai 2006 rückständig gebliebenen Mieten seien, was als solches unstreitig gewesen ist, bis auf einen Rest für Mai 2006 überdies gar nicht als Insolvenzforderung angemeldet worden und dementsprechend noch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens weitestgehend beglichen worden.

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Auch die Beklagten zu 3. bis 5. sind der Behauptung des Klägers hinsichtlich einer spätestens zum 1. Februar 2007 eingetretenen Überschuldung der Schuldnerin entgegengetreten. Mit Blick auf die im - unstreitigen - Umfang von € 328.000,00 erklärten Rangrücktritte habe der in Höhe von € 179.000,00 negative bilanzielle Eigenkapitalausweis per 31. Januar 2007 die insolvenzrechtliche Überschuldung der Schuldnerin nicht begründen können, vielmehr habe zu diesem Stichtag noch ein wirtschaftliches Eigenkapital der Schuldnerin in Höhe von € 149.000,00 bestanden. Es seien von den Beklagten zu 1. und 2. im Zeitraum ab Februar 2007 zudem auch keine Tatsachen berichtet worden, die auf eine Überschuldung der Schuldnerin hätten schließen lassen können. Es sei vielmehr in der gesamten Zeit vom Sommer 2006 bis zum Sommer 2007 an einer Neuausrichtung der Unternehmensstrategie gearbeitet worden, ohne dass während dieses Zeitraums von irgendwelchen Zahlungsschwierigkeiten oder einer akut drohenden Überschuldung die Rede gewesen sei. Zu einer derartigen Neuausrichtung habe der Vorstand der Schuldnerin sich unter anderem auch auf einer Aufsichtsratssitzung vom 28. November 2006 (Protokoll als Anlage B 3.4 = B 4 = B 5/3) ausdrücklich geäußert, in der hinsichtlich aufgelaufener Verluste auf den Einstieg eines möglichen Investors mit einem in Rede stehenden Investitionsvolumen von € 200.000,00 als Lösungsansatz Bezug genommen worden sei.

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Die Beklagten zu 3. bis 5. haben ebenfalls geltend gemacht, dass eine etwaige Insolvenzreife der Schuldnerin für sie jedenfalls auch nicht erkennbar gewesen sei, namentlich hätten sie auch keine Kenntnis davon gehabt, dass die Schuldnerin fällige Verbindlichkeiten angeblich nicht beglichen habe. Auf der Aufsichtsratssitzung vom 28. November 2006 habe der Beklagte zu 1. vielmehr ausdrücklich erklärt, dass trotz aufgelaufener Verluste keine Anhaltspunkte für eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit vorlägen. Mit einem Bericht vom 5. Dezember 2006 (Anlage B 3.5 = B 5 = B 5/4) habe der Vorstand dann zudem dargestellt, dass sich die Schuldnerin wieder auf einem positiven Kurs befunden habe, die Prüfungshandlungen des Aufsichtsrats seien auch in der Folgezeit weiter intensiviert worden. Auf einer weiteren Aufsichtsratssitzung vom 27. März 2007 (Protokoll als Anlage B 3.6 = B 7 = B 5/3) sei seitens des Vorstands zwar ein Verlust in einer Größenordnung von € 160.000,00 dargestellt worden, gleichwohl sei im Hinblick auf das Darlehen des bereit stehenden Investors, der sich zudem mit weiteren € 100.000,00 als Aktionär habe beteiligen wollen, schon eine deutliche Entspannung der Liquiditätslage zu verzeichnen gewesen, zumal der für Februar 2007 geplante Umsatz sogar überschritten worden sei.

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Der Aufsichtsrat habe gegenüber dem Vorstand unter anderem deutlich gemacht, dass er laufend monatlich über die aktuellen Zahlen unterrichtet werden wolle. Im Rahmen einer weiteren Aufsichtsratssitzung bereits am 29. Mai 2007 (Protokoll als Anlage B 3.7 = B 8 = B 5/3) habe der Vorstand dann von Umsatzsteigerungen berichtet, gleichwohl eingetretene Verluste seien nachvollziehbar mit nicht abgegrenzten Kosten beispielsweise aus der Teilnahme an Messen erläutert worden. Die Aufsichtsratsmitglieder hätten unter anderem darauf hingewiesen, dass der Schuldnerin das angekündigte frische Kapital zugeführt werden müsse, die Vorstandsgehälter für die Monate Mai und Juni 2007 gestundet, mit der V-Bank über eine Tilgungsaussetzung sowie mit einer Fima L. über Stundungsvereinbarungen verhandelt werden solle. Der Vorstand habe im Rahmen dieser Aufsichtsratssitzung indes mitgeteilt, dass sämtliche fälligen Verbindlichkeiten weiterhin beglichen würden, auch vor dem Hintergrund der aus der Liquiditätsvorschau (Anlage B 9) für Juni 2007 im Umfang von € 90.742,00 drohenden Unterdeckung sei dann die Anregung an den Vorstand zur Beauftragung eines Sanierungsgutachtens ergangen, der dieser auch nachgekommen sei. Erstmalig in der nachfolgenden außerordentlichen Aufsichtsratssitzung vom 19. Juli 2007 (Protokoll als Anlage B 3.8 = B 11 = B 5/3) habe der Beklagte zu 1. vor dem Hintergrund, dass der als Investor interessierte Darlehensgeber mangels entsprechender finanzieller Mittel nicht mehr in der Lage gewesen sei, sein beabsichtigtes Engagement aufrechtzuerhalten, dann darauf hingewiesen, dass er bei fehlenden weiteren Geldmitteln vorsorglich Insolvenzantrag werde stellen müssen, und zugleich davon berichtet, dass teilweise fällige Verbindlichkeiten nicht bezahlt werden konnten. Der Aufsichtsrat habe dies zum Anlass genommen, den Vorstand mit Schreiben vom 20. Juli 2007 (Anlage B 3.9 = B 12 = B 5/8) zur Insolvenzantragstellung aufzufordern, und in diesem Zusammenhang ausdrücklich auch darauf hingewiesen, dass Rechnungen keinesfalls mehr auch nur teilweise beglichen werden dürften.

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Der Beklagte zu 5. hat darüber hinaus behauptet, er habe, was als solches unstreitig gewesen ist, wegen mehrerer Bandscheibenvorfälle krankheitsbedingt an keiner der vier in der Zeit vom 28. November 2006 bis zum 19. Juli 2007 durchgeführten Aufsichtsratssitzungen der Schuldnerin teilgenommen. Er habe sich aber gleichwohl fortlaufend über die Gegenstände der Aufsichtsratssitzungen unterrichten lassen.

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Mit Urteil vom 28. Februar 2013 hat das Landgericht die Beklagten zu 1. und 2. wegen auf dem Konto der Schuldnerin bei der Sparkasse H. erfolgter Zahlungseingänge in Höhe von € 346.631,06 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Februar 2012 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

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Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Schuldnerin spätestens seit dem 1. Februar 2007 zahlungsunfähig gewesen sei. Die spätestens zu diesem Zeitpunkt eingetretene Zahlungsunfähigkeit sei aufgrund der Zahlungseinstellung der Schuldnerin zu vermuten. Die Zahlungseinstellung ergebe sich vorliegend daraus, dass die Schuldnerin ausweislich der Insolvenztabelle bis zur Verfahrenseröffnung Verbindlichkeiten in Höhe von € 44.341,77 nicht mehr beglichen habe, die bereits am 1. Februar 2007 fällig gewesen seien. Diese Forderungen hätten auch einen wesentlichen Teil der fälligen Verbindlichkeiten dargestellt, da sich die per 1. März 2007 unerfüllt gebliebenen Verbindlichkeiten auf insgesamt € 87.740,01 belaufen hätten. Darüber hinaus ergebe sich die den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin rechtfertigende Zahlungseinstellung der Schuldnerin zudem daraus, dass die Schuldnerin gegenüber der H a/s und der HL a/s Ratenzahlungen erbeten habe und derartige Bitten um Ratenzahlungen nach dem Klägervortrag auch gegenüber der M. GmbH und der P. GmbH erfolgt seien. Das Gesamtbild werde indiziell dadurch bekräftigt, dass das Betriebsergebnis der Schuldnerin stetig negativ verlaufen sei und nach der Insolvenztabelle die unbedient gebliebenen Verbindlichkeiten von € 87.740,01 per 1. März 2007 auf € 203.271,62 bis zum 1. Juli 2007 angestiegen seien.

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Die Beklagten zu 1. und 2. hafteten hiernach auf die Erstattung der auf dem Konto der Schuldnerin bei der Sparkasse H. erfolgten Zahlungseingänge, die von ihnen nicht mit Substanz bestritten worden seien. Die Verpflichtung der Beklagten zu 1. und 2. als Vorstände der Schuldnerin sei auf die Masseerhaltung gerichtet gewesen und habe insoweit die Verpflichtung umfasst, Zahlungseingänge statt auf dem debitorischen Konto bei der Sparkasse H. auf ein kreditorisch geführtes Konto umzuleiten. Dass die Beklagten zu 1. und 2. dies versäumt hätten, sei auch nicht mit den an einen Geschäftsleiter in der Unternehmenskrise zu stellenden Sorgfaltsanforderungen zu vereinbaren, eine Aussicht auf eine kurzfristige Sanierung der Schuldnerin habe nicht bestanden, insoweit seien die Beklagten zu 1. und 2. von dem ihnen vorgeworfenen Versäumnis auch nicht exkulpiert. Einer Haftung auch für die auf dem Konto der Schuldnerin bei der V-Bank eingegangenen Zahlungen stünde demgegenüber die zu deren Gunsten erfolgte Globalzession entgegen.

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Die Voraussetzungen einer Haftung auch der Beklagten zu 3. bis 5. lägen demgegenüber nicht vor. Zwar habe in der Unternehmenskrise auch der Aufsichtsrat die Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass der Vorstand verbotswidrige Zahlungen unterlasse. Insoweit unterliege der Aufsichtsrat Informations-, Beratungs- und Überwachungspflichten und müsse sich ein genaues Bild von der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft machen, die laufende Überwachung des Vorstands in allen Einzelheiten sei ohne Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten des Vorstands gleichwohl weder zu erwarten noch zulässig. Gemessen hieran habe der Kläger ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten der Beklagten zu 3. bis 5. aber schon nicht ausreichend dargelegt. Haftungsbegründend wären insofern bekannt gewordene Umstände gewesen, die dazu geführt hätten, dass die Beklagten zu 3. bis 5. die Zahlungseingänge auf dem Konto der Schuldnerin bei der Sparkasse H. hätten kontrollieren und deren Umleitung auf ein neutrales Konto hätten veranlassen müssen. Das sei indes nicht ausreichend dargetan. Dem Aufsichtsrat seien in dessen Sitzungen in der Zeit seit März 2006 keine Anhaltspunkte mitgeteilt worden, die eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nahe gelegt hätten. Es sei vielmehr unter anderem über mögliche Kooperationen und Beteiligungen berichtet worden, mit denen Kapitalzuflüsse verbunden gewesen wären, der Vorstand sei zudem dem an ihn gerichteten Wunsch nach fortlaufender Unterrichtung nachgekommen. Nach alledem habe es für den Aufsichtsrat keine Anhaltspunkte für eine bestehende oder drohende Insolvenzreife der Schuldnerin gegeben. Im Anschluss an die Aufsichtsratssitzung vom 19. Juli 2007, in der von der Nichtzahlung fälliger Rechnungen berichtet worden sei, sei der Vorstand aufgefordert worden, sich hinsichtlich einer drohenden Insolvenz rechtlich beraten zu lassen und die Begleichung von Rechnungen zu unterlassen. Davon, dass der Vorstand dieser Aufforderung zuwider handeln würde, hätten die Beklagten zu 3. bis 5. nicht ausgehen müssen.

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Gegen dieses ihm am 28. Februar 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. März 2013 Berufung eingelegt, die er nach Fristverlängerung bis zum 27. Mai 2013 mit an diesem Tag eingegangener Berufungsbegründung begründet hat. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Klageantrag gegenüber allen fünf Beklagten unverändert weiter.

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Der Kläger macht geltend, das Landgericht habe unzutreffend festgestellt, dass die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erst zum 1. Februar 2007 eingetreten sei. Tatsächlich sei im Hinblick auf die unterbliebene Zahlung der Geschäftsraummieten für April und Mai 2006 von einer bereits spätestens im Juni 2006 eingetretenen Zahlungsunfähigkeit auszugehen. Darüber hinaus habe es das Landgericht zu Unrecht dahinstehen lassen, ob bei der Schuldnerin auch eine Überschuldung eingetreten sei. Tatsächlich sei, insoweit wiederholt der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen, von einer ebenfalls bereits spätestens zum 1. Februar 2007 eingetretenen Überschuldung der Schuldnerin auszugehen. Das per 31. Januar 2006 noch im Umfang von lediglich € 14.000,00 verbliebene positive Eigenkapital der Schuldnerin sei bereits nach dem 1. Quartal des am 1. Februar 2006 begonnenen neuen Geschäftsjahrs aufgebraucht gewesen.

36

Der Kläger macht ferner geltend, dass eine Haftung der Beklagten auch hinsichtlich der Zahlungseingänge der Schuldnerin bei der V-Bank bestünde. Die Verpflichtung der Beklagten zu 1. und 2. zur Massesicherung sei durch die - gegenüber den Drittschuldnern auch nicht offengelegte - Abtretung von Forderungen der Schuldnerin an die V-Bank nicht eingeschränkt worden, ungeachtet dieser Abtretung hätten die Beklagten zu 1. und 2. die tatsächliche Möglichkeit gehabt, die Zahlungen für die Schuldnerin auf einem kreditorisch geführten Bankkonto zu vereinnahmen. Es habe auch keine Absprachen der Schuldnerin mit der V-Bank gegeben, auf deren Grundlage die Schuldnerin etwa dazu verpflichtet gewesen wäre, den Forderungseinzug ausschließlich über das dort unterhaltene Konto durchzuführen. Dies zeige sich schon daran, dass die Schuldnerin Teile ihrer Forderungen tatsächlich auch über ihr bei der Sparkasse H. geführtes Konto eingezogen habe. Ohnehin wäre die Verpflichtung der Beklagten zu 1. und 2. zur Massesicherung gegenüber einer etwaigen Verpflichtung zur Vornahme des Forderungseinzugs ausschließlich über das bei der V-Bank geführte Konto höherwertig gewesen. Mit einem zulässigen Forderungseinzug auf ein anderes Konto als dasjenige bei der V-Bank wäre deren Sicherungsrecht erloschen und die Masse bezogen auf diese Forderungen zu Gunsten der Gläubigergesamtheit erhalten worden. Auf die Insolvenzfestigkeit der zu Gunsten der V-Bank erfolgten Sicherungsabtretung komme es entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht an, jedenfalls die ab dem 10. Mai 2007 eingezogenen Forderungen hätten aber schon deshalb nicht insolvenzfest sein können, weil diese Forderungen erst innerhalb des Zeitraums von drei Monaten vor dem Insolvenzantrag werthaltig gemacht worden seien. Das Landgericht habe in diesem Zusammenhang auch verkannt, dass der Forderungseinzug auf das Konto der Schuldnerin bei der V-Bank insbesondere der Entlastung der Beklagten zu 1. und 2. und deren Ehefrauen von den gegenüber der V-Bank bestehenden Bürgschaftsverpflichtungen gedient habe und insofern die Gläubigergesamtheit auf wertlose Ansprüche aus §§ 32a, 32b GmbHG, 135 InsO verwiesen worden sei.

37

Hinsichtlich der Inanspruchnahme der Beklagten zu 3. bis 5., die jeweils Kenntnis unter anderem davon gehabt hätten, dass die Konten der Schuldnerin bei der Sparkasse H. und der V-Bank debitorisch geführt worden seien, habe das Landgericht die Haftungsvoraussetzungen zu Unrecht zu eng angesetzt. Soweit das Landgericht angenommen habe, dass die Beklagten zu 3. bis 5. ihre Überwachungstätigkeit intensiviert und ihren Sorgfaltspflichten hierdurch genügt hätten, habe das Landgericht übersehen, dass die Beklagten zu 3. bis 5. in der ihnen ebenfalls bekannt gewordenen Unternehmenskrise tatsächlich überhaupt nichts unternommen hätten. Allein mit intensivierten Sitzungen und Kontakten hätten die den Beklagten zu 3. bis 5. obliegenden Pflichten in der verschärften Krise der Schuldnerin jedenfalls nicht erfüllt werden können. Den Beklagten zu 3. bis 5. seien ausweislich des Lageberichts des Vorstands zum geprüften Jahresabschluss zum 31. Januar 2006 die nahezu vollständige Aufzehrung des Eigenkapitals und der Umsatzeinbruch der Schuldnerin sowie die hieraus resultierende Unternehmenskrise ebenso bekannt gewesen wie der im nachfolgenden Geschäftsjahr sich fortsetzende Umsatzrückgang. Die Prüfung des Jahresabschlusses habe zudem einen im Umfang von € 481.000,00 negativen Cash-Flow bei der Schuldnerin ausgewiesen, der den Beklagten zu 3. bis 5. ebenfalls die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit aufgezeigt habe.

38

Das Protokoll der am 28. November 2006 durchgeführten Aufsichtsratssitzung (Anlage B 3.4 = B 4 = B 5/3) habe wiederum aufgezeigt, dass unter anderem die finanzielle Situation der Schuldnerin unverändert stark angespannt gewesen und weitere Verluste erwirtschaftet worden seien. Hieraus hätte es sich den Beklagten zu 3. bis 5. aufdrängen müssen, dass die im geprüften Jahresabschluss per 31. Januar 2006 vorgesehene Veränderung der Geschäftspolitik, insbesondere hinsichtlich der Vermarktung zusätzlicher Produktlinien, gescheitert gewesen sei. Die im Rahmen dieser Aufsichtsratssitzung vorliegenden betriebswirtschaftlichen Auswertungen hätten per November 2006 zudem einen € 14.000,00 übersteigenden Verlust ausgewiesen, woraus sich erkennbar der Eintritt der Überschuldung ergeben habe.

39

In dieser Situation seien die Beklagten zu 3. bis 5. verpflichtet gewesen, gegenüber den Beklagten zu 1. und 2. auf die Einrichtung eines Überwachungssystems gemäß § 91 Abs. 2 AktG zu drängen und zusätzlich darauf, dass die Beklagten zu 1. und 2. eine ständige Prüfung des Vorliegens von Insolvenzgründen vornehmen und den Aufsichtsrat hierüber unterrichtet hielten. Die Beklagten zu 3. bis 5. hätten sich insofern nicht auf die bloße Behauptung der Beklagten zu 1. und 2. verlassen dürfen, dass eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht vorliege, sondern das Ergebnis einer entsprechenden Prüfung durch die Beklagten zu 1. und 2. zumindest ihrerseits auf Plausibilität prüfen müssen. Namentlich hätten die Beklagten zu 3. bis 5. im Hinblick auf die bereits in dem Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Januar 2006 (Anlage K 6) angesprochene Liquiditätskrise der Schuldnerin beaufsichtigen müssen, dass die Beklagten zu 1. und 2. bei jeder Zahlung die mögliche Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin prüfen. Tatsächlich sei eine derartige Prüfung der Zahlungsunfähigkeit aber zu keinem Zeitpunkt erfolgt.

40

Der Kläger beantragt,

41

unter Abänderung des am 28. Februar 2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Hamburg, Aktenzeichen 413 HKO 40/12, werden die Beklagten zu 1. bis 5. als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger € 1.335.109,05 nebst 5% Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz zu zahlen.

42

Die Beklagten beantragen,

43

die Berufung zurückzuweisen.

44

Die Beklagten zu 1. und 2. verteidigen das angefochtene Urteil.

45

Die Beklagten zu 3. bis 5. wenden sich gegen die Annahme des Landgerichts, es sei bei der Schuldnerin ab dem 1. Februar 2007 von einer Zahlungsunfähigkeit auszugehen. Soweit das Landgericht eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin aus den zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen der H.-Gruppe hergeleitet habe, habe es verkannt, dass diese mit der Schuldnerin ein Verrechnungskonto geführt habe, das nicht geklärt gewesen sei und nach entsprechender Abstimmung zu der im Juli 2007 zustande gekommenen Ratenzahlungsvereinbarung geführt habe. Auch den mit der M. GmbH und der P. GmbH geführten Stundungsvereinbarungen habe zu Grunde gelegen, dass hinsichtlich der tatsächlichen Forderungshöhe Klärungsbedarf bestanden habe. Die Beklagten zu 3. bis 5. halten im Übrigen daran fest, dass ihnen Einzahlungen auf das nach den Behauptungen des Klägers fortlaufend debitorisch geführte Konto der Schuldnerin bei der Sparkasse H. nicht bekannt und auch nicht erkennbar gewesen seien. Im Übrigen überspanne der Kläger die an den Aufsichtsrat eines kleinen familiengeführten Unternehmens in der Krise zu stellenden Überwachungspflichten ganz erheblich.

II.

46

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

47

1.a) Der vom Kläger gegenüber den Beklagten mit der Berufung weiterverfolgte Anspruch gemäß §§ 92 Abs. 3 Satz 1 [a.F.], 93 Abs. 3 Nr. 6 [a.F.], 116 Satz 1 [a.F.] AktG auf Ersatz in der Zeit vom 1. Februar bis zum 12. September 2007 auf die Konten der Schuldnerin bei der Sparkasse H. und bei der V-Bank erfolgter Einzahlungen besteht nicht.

48

aa) Dem Kläger ist zwar im rechtlichen Ausgangspunkt insoweit zu folgen, als dass für den Fall der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der Gesellschaft die Entgegennahme von Zahlungen auf ein debitorisch geführtes Konto eine verbotene Zahlung im Sinne des § 93 Abs. 3 Satz 1 [a.F.] AktG darstellen kann. Dies rechtfertigt sich daraus, dass durch einen Zahlungseingang auf einem debitorischen Konto das Aktivvermögen der Gesellschaft zu Lasten ihrer Gläubigergesamtheit (und zum Vorteil der Bank) in gleicher Weise geschmälert wird wie bei einer Auszahlung aus dem Barvermögen der Gesellschaft (BGH Urt. v. 26. März 2007 - II ZR 310/05 -, ZIP 2007, 1006 ff., juris Rn. 12). In beiden Fällen wird der Insolvenzmasse zugunsten der Befriedigung eines Gläubigers ein Betrag entzogen, der anderenfalls zur (teilweisen) Befriedigung aller Insolvenzgläubiger zur Verfügung stünde (BGH, Urt. v. 29. November 1999 - II ZR 273/98 -, BGHZ 143, 184 ff., juris Rn. 9).

49

bb) Demgegenüber ist vorliegend aber schon auf der Grundlage des eigenen Vorbringens des Klägers und des unstreitigen Vorbringens der Beklagten davon auszugehen, dass die Insolvenzmasse durch die klagegegenständlichen Einzahlungen auf die betreffenden Konten der Schuldnerin nicht geschmälert worden ist. Sämtliche Forderungen gegenüber Drittschuldnern der Schuldnerin waren nämlich bereits durch die Globalabtretungsvereinbarung vom 26. Mai 2005 an die V-Bank abgetreten, standen der Schuldnerin hiernach rechtlich und mit Rücksicht auf deren gegenüber der V-Bank bestehende Verbindlichkeiten auch wirtschaftlich nicht mehr zu und konnten damit schon vor den jeweiligen Zahlungsvorgängen nicht mehr Bestandteil des der Verpflichtung zum Masseerhalt unterliegenden Vermögens der Schuldnerin sein.

50

(1) Die Haftung gemäß §§ 93 Abs. 2 Nr. 6 AktG, 64 GmbHG, 130a Abs. 1 HGB setzt aber eine Masseschmälerung, einen Abfluss von Mitteln aus der im Stadium der Insolvenzreife der Gesellschaft zugunsten der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhaltenden Vermögensmasse, voraus (BGH, Urt. v. 18. November 2014 - II ZR 231/13 -, ZIP 2015, 71 ff., juris Rn. 9, 10). Da die gegenüber Drittschuldnern bestehenden Forderungen nicht Teil des geschützten Aktivvermögens der Schuldnerin waren, waren die Beklagten zur Vermeidung einer Inanspruchnahme aus §§ 92 Abs. 3 Satz 1 [a.F.], 93 Abs. 3 Nr. 6 [a.F.], 116 Satz 1 [a.F.] AktG dementsprechend auch nicht gehalten, die Globalabtretung zu Gunsten der V-Bank dadurch zu unterlaufen, dass sie die dieser zustehenden Forderungen auf ein neu eröffnetes, kreditorisch geführtes Bankkonto der Schuldnerin einzogen (Strohn, NZG 2011, 1161 ff., 1166; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Baumert, GmbHG, 5. Aufl. 2013, § 64 Rn. 33). Hierdurch hätte eine Masseverkürzung nämlich nicht verhindert, sondern allenfalls eine Massebereicherung herbeigeführt werden können, der das „Zahlungsverbot“ des § 92 Abs. 3 Satz 1 [a.F.] AktG indes nicht dient (BGH, a.a.O. Rn. 11 a.E.).

51

(2) Vorliegend hätte eine Vergrößerung des Aktivvermögens der Schuldnerin durch den Einzug von Forderungen auf einem kreditorisch geführten Bankkonto allerdings schon deshalb nicht herbeigeführt werden können, weil es sich bei den hierdurch begründeten Auszahlungsansprüchen der Schuldnerin gegenüber der kontoführenden Bank ebenfalls um Ansprüche gehandelt hätte, die wiederum von der auf „sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus dem Geschäftsverkehr, insbesondere aus Lieferungen und Leistungen“ gerichteten Globalabtretung zu Gunsten der V-Bank umfasst gewesen wären (OLG Frankfurt, Urt. v. 15. Juli 2009 - 4 U 298/08 -, ZIP 2009, 2293 ff., juris Rn. 18 f., und nachfolgend BGH, Urt. v. 25. Januar 2011 - II ZR 196/09 -, ZIP 2011, 422 ff., juris Rn. 3, 21).

52

(3) Eine im Rahmen der §§ 92 Abs. 3 Satz 1 [a.F.], 93 Abs. 3 Nr. 6 [a.F.], 116 Satz 1 [a.F.] AktG haftungsbegründend vorauszusetzende Masseschmälerung lässt sich schließlich auch nicht damit begründen, dass der Kläger im Falle des Forderungseinzugs auf ein kreditorisches Bankkonto der Schuldnerin gemäß §§ 170, 171 InsO Kostenbeiträge hätte erheben können. Die in § 171 InsO genannten Kostenbeiträge sollen allein dazu dienen, die Insolvenzmasse von den Kosten zu entlasten, die, soweit ein Absonderungsrecht geltend gemacht wird, für die Feststellung der Rechtslage sowie für die Verwertung der Gegenstände anfallen (BGH, Urt. v. 25. September 2014 - IX ZR 156/12 -, ZIP 2014, 2305 ff., juris Rn. 11; Urt. v. 20. November 2003 - IX ZR 259/02 -, ZIP 2004, 42 ff., juris Rn. 14; Urt. v. 9. Oktober 2003 - IX ZR 28/03 -, ZIP 2003, 2370 ff., juris Rn. 16).

53

cc) Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der zu Gunsten der V-Bank vereinbarten Globalabtretung zeigt der Kläger nicht auf, diese sind auch sonst nicht ersichtlich. Namentlich ist auch eine Übersicherung der V-Bank nicht zu erkennen. Hiergegen spricht schon, dass innerhalb des klagegegenständlichen Zeitraums nach dem eigenen Vorbringen des Klägers mit der Klageschrift unbeschadet der auf das Konto der Schuldnerin bei der V-Bank erfolgten Einzahlungen dessen Sollsaldo den Betrag von zuletzt € 313.128,99 zu Lasten der Schuldnerin zu keinem Zeitpunkt unterschritten hat.

54

Auch für eine Anfechtbarkeit der zu Gunsten der V-Bank erfolgten Globalabtretung ist nichts ersichtlich. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang mit der Berufung geltend macht, jedenfalls die ab dem 10. Mai 2007 eingezogenen Beträge seien als Forderungen anzusehen, die erst innerhalb des Drei-Monatszeitraums vor dem Insolvenzantrag werthaltig geworden seien und deshalb gemäß § 130 Abs. 1 InsO einer Anfechtung als kongruente Deckung unterlegen hätten (vgl. BGH, Urt. v. 26. Juni 2008 - IX ZR 144/05 -, ZIP 2008, 1435 ff., juris Rn. 17; Urt. v. 29. November 2007 - IX ZR 30/07 -, BGHZ 174, 297 ff., juris Rn. 35, 38; Urt. v. 29. November 2007 - IX ZR 165/05 -, ZIP 2008, 372 ff., juris Rn. 12, 14 f.), fehlt es an jeglichem Vorbringen des Klägers zu den den klagegegenständlichen Einzahlungen zu Grunde liegenden Einzelforderungen, anhand dessen diese Behauptung nachzuvollziehen sein könnte.

55

b) Auch soweit der Kläger sich hinsichtlich der Inanspruchnahme der Beklagten zu 1. und 2. zugleich auf §§ 32a [a.F.], 32b [a.F.] GmbHG, 135 InsO stützt und hierzu geltend macht, durch den Forderungseinzug auf das Konto der Schuldnerin bei der V-Bank seien deren Ehefrauen und sie selbst von den dieser gegenüber eingegangenen Bürgschaftsverpflichtungen entlastet worden, rechtfertigt dies eine auch nur teilweise Abänderung des angefochtenen Urteils zu Gunsten des Klägers nicht. Der Kläger verkennt in diesem Zusammenhang, dass die Beklagten zu 1. und 2. unstreitig nicht Aktionäre der Schuldnerin waren und dieser gegenüber insofern auch keiner Finanzierungsfolgenverantwortung unterlagen (BGH, Urt. v. 9. Mai 2005 - II ZR 66/03 -, ZIP 2005, 1316 ff., juris Rn. 10).

56

c) Gegenüber den Beklagten zu 3. bis 5. erweist sich die Berufung zudem aber auch schon deshalb als unbegründet, weil nicht festzustellen ist, dass es durch die diesen vorgeworfenen Pflichtverletzungen zu einem Vermögensverlust der Schuldnerin im Sinne des § 93 Abs. 3 Nr. 6 [a.F.] AktG gekommen wäre. Der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Vermögensverlust unterliegt als Element der haftungsbegründenden Kausalität aber der Darlegungs- und Beweispflicht des Klägers (BGH, Urt. v. 16. März 2009 - II ZR 280/07 -, ZIP 2009, 860 ff., juris Rn. 16)

57

aa) Auf der Grundlage des Berichts des Wirtschaftsprüfers über die Prüfung des Jahresabschlusses der Schuldnerin zum 31. Januar 2006 (Anlage K 6) sowie der Protokolle der nachfolgenden Aufsichtsratssitzungen ist zwar davon auszugehen, dass die Unternehmenskrise auch den Beklagten zu 3. bis 5. als den Aufsichtsratsmitgliedern der Schuldnerin nicht entgangen ist. Hiernach unterlagen die Beklagten zu 3. bis 5. nicht zuletzt auch hinsichtlich des vom Vorstand einzuhaltenden Zahlungsverbots gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 [a.F.] AktG einer gesteigerten Überwachungspflicht, in deren Rahmen sie auch dazu verpflichtet waren, sich ein genaues Bild von der wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin zu machen und insoweit die ihnen nach §§ 90 Abs. 3, 111 Abs. 2 AktG zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen auszuschöpfen (BGH, a.a.O. Rn. 15).

58

Es lässt sich aber nicht feststellen, dass die Beklagten zu 3. bis 5. durch die Wahrnehmung ihrer hinsichtlich der Bücher und Schriften der Schuldnerin bestehenden Einsichtnahme- und Prüfungsrechte eine nicht nur drohende, sondern bereits eingetretene Insolvenzreife der Schuldnerin mit der Konsequenz hätten erkennen können, dass die ihnen obliegenden Informations-, Beratungs- und Überwachungspflichten sich zu einer Verpflichtung dahingehend verdichtet hätten, darauf hinzuwirken, dass der Vorstand keine mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters nicht zu vereinbarenden Zahlungen mehr leiste (BGH, Urt. v. 20. September 2010 - II ZR 78/09 -, BGHZ 187, 60 ff., juris Rn. 13; Urt. v. 16. März 2009, a.a.O.) bzw. insofern auch keine Zahlungen auf etwa debitorisch geführte Bankkonten der Schuldnerin mehr entgegennehme.

59

bb) Für den Fall, dass die Beklagten zu 3. bis 5. die Geschäftsunterlagen der Schuldnerin unter dem Gesichtspunkt der bereits eingetretenen Insolvenzreife einer pflichtgemäß eigenständigen Prüfung unterzogen hätten, hätte zunächst eine das Zahlungsverbot des § 92 Abs. 3 Satz 1 [a.F.] auslösende Überschuldung der Schuldnerin nämlich deshalb nicht festgestellt werden können, weil von einer Überschuldung der Schuldnerin wiederum schon auf der Grundlage des eigenen Vorbringens des Klägers und des unstreitig gebliebenen Vorbringens der Beklagten tatsächlich nicht auszugehen ist.

60

Im Rahmen der von ihm behaupteten Überschuldung der Schuldnerin hat der Kläger die seitens der Beklagten unbestritten im Umfang von zumindest € 328.000,00 geltend gemachten Rangrücktrittserklärungen unter anderem der beiden Aktionärinnen der Schuldnerin mit den ihnen dieser gegenüber zustehenden Darlehensforderungen schlicht unberücksichtigt gelassen. Bei deren zutreffender Berücksichtigung hat sich eine Überschuldung der Schuldnerin im klagegegenständlichen Zeitraum aber bereits deshalb nicht ergeben können, weil die in einem Überschuldungsstatus zu bilanzierenden Verbindlichkeiten der Schuldnerin in diesem Fall um eben diesen Betrag geringer anzusetzen gewesen wären mit der Folge, dass entgegen dem Vorbringen des Klägers weder per 1. Februar 2007 von einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von € 42.101,11 oder gar € 166.091,52 noch per 30. April 2007 von einem weiteren Fehlbetrag der Schuldnerin in Höhe von € 148.661,63 auszugehen gewesen wäre. Soweit der Kläger eine Überschuldung der Schuldnerin im Umfang von mindestens € 527.450,05 zudem daraus herleitet, dass deren Warenbestand in einem Überschuldungsstatus mit höchstens € 500.000,00 anzusetzen gewesen wäre, ermangelt es dem Vorbringen des Klägers jeglicher Substantiierung, auf deren Grundlage dieser Wertansatz nachvollzogen werden könnte.

61

cc) Es ist zugleich aber ebenso wenig festzustellen, dass die Beklagten zu 3. bis 5. für den Fall der pflichtgemäßen Wahrnehmung ihrer hinsichtlich der Geschäftsunterlagen der Schuldnerin bestehenden Einsichtnahmerechte deren bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hätten feststellen können. In diesem Zusammenhang gilt, dass auch der Kläger sich für die von ihm behauptete Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 Satz 1 InsO) der Schuldnerin nicht etwa auf eine aus den Geschäftsunterlagen der Schuldnerin abgeleitete Liquiditätsbilanz, also eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten und der liquiden Mittel der Schuldnerin, stützt, sondern sich stattdessen lediglich auf solche Umstände bezieht, die eine Zahlungseinstellung und die hieraus gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO zu schlussfolgernde Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin indiziell nahelegen.

62

(1) Soweit der Kläger die Zahlungsunfähigkeit aus angeblich eigenen Erklärungen der Schuldnerin ableitet, ihre bestehenden Verbindlichkeiten nicht vollständig erfüllen zu können, kommt derartigen Äußerungen, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte verbunden sind, zwar regelmäßig eine erhebliche Bedeutung für die Frage der Zahlungseinstellung zu (BGH, Versäumnisurt. v. 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13 -, ZIP 2014, 1887 ff., juris Rn. 28). Derartige eigene Erklärungen der Schuldnerin lassen sich den seitens des Klägers insoweit in Bezug genommenen Schriftstücken indes nicht entnehmen. Weder die beiden insoweit herangezogenen Schreiben der A. KG (Anlagen K 2 und K 2a), noch die von der M. GmbH erstellten Schriftstücke (Anlagen K 3 und K 4) und auch nicht die E-Mail-Korrespondenz des Beklagten zu 1. mit der P. GmbH (Anlage K 5) sind für eine angebliche Erklärung der Schuldnerin, zur Erfüllung diesen Gläubigern gegenüber bestehender Verbindlichkeiten nicht in der Lage zu sein, indiziell aussagekräftig. Dieser Korrespondenz lässt sich vielmehr lediglich entnehmen, dass die Schuldnerin um Ratenzahlungen nachgesucht hat. Dies allein lässt den Schluss auf eine Zahlungseinstellung für sich genommen aber noch nicht zu.

63

Von inhaltlich darüber hinausgehenden, etwa bloß mündlichen Erklärungen des Vorstands der Schuldnerin gegenüber deren Gläubigern, zur Erfüllung fälliger Verbindlichkeiten nicht in der Lage zu sein, hätten die Beklagten zu 3. bis 5. demgegenüber aber auch durch die Wahrnehmung ihrer gemäß § 111 Abs. 2 AktG auf die Geschäftsunterlagen der Schuldnerin bezogenen Einsichtnahmerechte noch keine Kenntnis erlangen können.

64

(2) Auch die aus der Nichtzahlung fälliger und bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens unbeglichen gebliebener Verbindlichkeiten für die Beurteilung der Zahlungseinstellung abzuleitende Indizwirkung (BGH, Urt. v. 19. November 2013 - II ZR 229/11 -, ZIP 2014, 168 ff., juris Rn. 21; Versäumnisurt. v. 24. Januar 2012 - II ZR 119/10 -, ZIP 2012, 723 ff., juris Rn. 13) müssen sich die Beklagten zu 3. bis 5. vorliegend nicht entgegenhalten lassen.

65

Zu den klägerseitig behaupteten Zeitpunkten des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hat sich aus deren Geschäftsunterlagen naturgemäß kein Anhaltspunkt dafür entnehmen lassen können, welche der jeweils aktuell bestehenden Verbindlichkeiten auch noch bis zur Eröffnung eines zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal beantragten Insolvenzverfahrens von der Schuldnerin zukünftig nicht mehr erfüllt werden würden. Der bloße Umstand, das die Schuldnerin zu den Zeitpunkten des seitens des Klägers behaupteten Eintritts der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin überhaupt fälligen Verbindlichkeiten ausgesetzt gewesen ist, hat aus der maßgeblichen damaligen Sicht der Beklagten zu 3. bis 5. für die Beurteilung einer bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit für sich genommen aber so lange noch nichts hergeben können, wie nicht zugleich festgestanden hat, dass diese Verbindlichkeiten innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen zu mehr als zehn Prozent nicht mehr hätten erfüllt werden können (BGH, Urt. v. 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04 -, BGHZ 163, 134 ff., juris Rn. 29 ff.). Dass dies der Fall gewesen wäre und zugleich die Beklagten zu 3. bis 5. dies den Geschäftsunterlagen der Schuldnerin hätten entnehmen können, lässt sich aber schon auf der Grundlage des eigenen Vorbringens des Klägers wiederum nicht feststellen.

66

Hiernach kommt auch insbesondere der Behauptung des Klägers keine ausschlaggebende Bedeutung für die Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit zu, dass die Schuldnerin gegenüber ihrer Vermieterin bereits im Frühjahr 2006 mit lediglich zwei Monatsmieten in Rückstand geraten und nachfolgend geblieben ist. Dass diesem Sachverhalt nicht die Bedeutung einer Zahlungseinstellung hat zukommen können, erschließt sich nämlich schon daraus, dass die Zahlung der laufenden Monatsmieten von der Schuldnerin nachfolgend wieder uneingeschränkt aufgenommen worden ist.

67

(3) Soweit mit - nicht nachgelassenem - Schriftsatz vom 16. Februar 2015 der Kläger die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erstmals auch aus in dem Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Januar 2006 ausgewiesenen Liquiditätskennzahlen der Schuldnerin herleitet, haben die Beklagten zu 3. bis 5. den Schluss auf eine bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hieraus schon mit Blick darauf nicht ziehen müssen, dass die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin in diesem Prüfbericht (Anlage K 6, dort S. 15) demgegenüber sogar ausdrücklich positiv festgestellt worden ist.

68

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

69

Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 1999 - II ZR 273/98

bei uns veröffentlicht am 27.10.2022

Streitgegenständlich ist vorliegend die Ersatzpflicht des GmbH-Geschäftsführers einer insolventen Gesellschaft. Für den Beginn der Ersatzpficht des Geschäftsführers gem. § 64 Abs. 2 GmbHG (aF: weggefallen; nF: §

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04

bei uns veröffentlicht am 21.10.2022

Der Bundesgerichtshof äußert sich zu der Frage, wann ein Unternehmen Zahlungsunfähig ist (und daher Insolvenz anmelden muss) und wann lediglich eine Zahlungsstockung vorliegt. Im Urteil vom 24.05.2005 (IX ZR 123/04) nennt der BGH Abgr
Insolvenzrecht

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2007 - IX ZR 165/05

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 165/05 Verkündet am: 29. November 2007 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 130; BGB §

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2007 - IX ZR 30/07

bei uns veröffentlicht am 29.11.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 30/07 Verkündet am: 29. November 2007 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja InsO §§ 130, 131, 142

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Mai 2005 - II ZR 66/03

bei uns veröffentlicht am 09.05.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL II ZR 66/03 Verkündet am: 9. Mai 2005 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ne

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2012 - II ZR 119/10

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Versäumnisurteil II ZR 119/10 Verkündet am: 24. Januar 2012 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §

Bundesgerichtshof Urteil, 16. März 2009 - II ZR 280/07

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 280/07 Verkündet am: 16. März 2009 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Nov. 2013 - II ZR 229/11

bei uns veröffentlicht am 19.11.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 229/11 Verkündet am: 19. November 2013 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Juni 2008 - IX ZR 144/05

bei uns veröffentlicht am 26.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 144/05 Verkündet am: 26. Juni 2008 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO §§ 129, 130 Macht

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2010 - II ZR 78/09

bei uns veröffentlicht am 20.09.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 78/09 Verkündet am: 20. September 2010 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja B

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Nov. 2014 - II ZR 231/13

bei uns veröffentlicht am 18.11.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I I ZR 2 3 1 / 1 3 Verkündet am: 18. November 2014 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschla

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Sept. 2014 - IX ZR 156/12

bei uns veröffentlicht am 25.09.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 156/12 Verkündet am: 25. September 2014 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 92 Satz 1

Bundesgerichtshof Versäumnisurteil, 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13

bei uns veröffentlicht am 10.07.2014

Tenor Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ingolstadt vom 19. November 2013 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Der Vorstand hat dafür zu sorgen, daß die erforderlichen Handelsbücher geführt werden.

(2) Der Vorstand hat geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden.

(3) Der Vorstand einer börsennotierten Gesellschaft hat darüber hinaus ein im Hinblick auf den Umfang der Geschäftstätigkeit und die Risikolage des Unternehmens angemessenes und wirksames internes Kontrollsystem und Risikomanagementsystem einzurichten.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 29.11.1999 

Az.: II ZR 273/98

 

a) Für den Beginn des mit der Ersatzpflicht des Geschäftsführers bewehrten Zahlungsverbots gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG genügt die für ihn erkennbare Überschuldung (oder Zahlungsunfähigkeit) der GmbH. Die Beweislast für fehlende Erkennbarkeit trifft den Geschäftsführer.

b) Der von dem Geschäftsführer einer insolvenzreifen GmbH veranlaßte Einzug eines Kundenschecks auf ein debitorisches Bankkonto der GmbH ist grundsätzlich als eine zur Ersatzpflicht des Geschäftsführers nach § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG führende "Zahlung" (an die Bank) zu qualifizieren.

 

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 1999 durch den Vorsitzenden Richter

Dr. h. c. Röhricht, die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer und die Richterin Münke

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 19. August 1998 aufgehoben.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 2. Dezember 1997 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs und des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

Der Kläger ist Verwalter in dem am 14. August 1996 eröffneten Konkurs über das Vermögen der K. GmbH, deren geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter der Beklagte war. Er reichte in der Zeit zwischen dem 27. November 1995 und dem 12. Juni 1996 acht Schecks von Kunden der Gemeinschuldnerin in Höhe eines Gesamtbetrages von 68.147,69 DM zur Gutschrift auf das debitorisch geführte Geschäftskonto der Gemeinschuldnerin bei der V. bank B. ein.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger von dem Beklagten aus § 64 Abs. 2 GmbHG Erstattung der auf dem debitorischen Konto verrechneten Scheckbeträge, weil dadurch die Haftungsmasse der nach seinem Vortrag schon längere Zeit vor Einreichung des ersten der acht Schecks konkursreifen Gemeinschuldnerin zum Nachteil ihrer übrigen Gläubiger geschmälert worden sei. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe

I.

Da der Beklagte im Verhandlungstermin trotz dessen rechtzeitiger Bekanntgabe nicht vertreten war, ist über die Revision des Klägers durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 82).

II.

Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts schuldet der Beklagte dem Kläger Ersatz der auf das debitorische Konto der Gemeinschuldnerin eingezogenen Scheckbeträge gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG.

1. a) Die Feststellungen des Berufungsgerichts, daß die Gemeinschuldnerin spätestens Anfang November 1995 bei Ansatz von Liquidationswerten (rechnerisch) überschuldet war, der Beklagte die Fortführung ihres Unternehmens rechtfertigende Umstände nicht dargetan hat und er deshalb schon vor Einreichung des ersten der acht Schecks hätte Konkursantrag stellen müssen (§ 64 Abs. 1 GmbHG; vgl. BGHZ 126, 181, 199 f.), nimmt die Revision als ihr günstig hin. Sie sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

b) Nach diesen Feststellungen befand sich die Gemeinschuldnerin im November 1994 in einer wirtschaftlichen Situation, in der ein GmbH-Geschäftsführer bei Meidung seiner Ersatzpflicht gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG grundsätzlich keine masseschmälernden "Zahlungen" mehr leisten darf. Für den Beginn dieses Verbots genügt die bestehende Konkursreife (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung). Auf eine positive "Feststellung" der Überschuldung durch den Geschäftsführer kommt es nicht an. Die scheinbar anderslautende Formulierung in § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG ist nur ein inzwischen überholtes Relikt aus der vor dem 1. August 1986 geltenden Fassung des Absatz 1, wonach es bei der Überschuldung auf deren bilanziellen Ausweis ankam (vgl. OLG Hamburg, ZIP 1995, 913; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 8. Aufl. § 64 Rdn. 25). Für den subjektiven Tatbestand des § 64 Abs. 1 u n d 2 genügt die Erkennbarkeit der Konkursreife für den Geschäftsführer, wobei ein entsprechendes Verschulden zu vermuten ist (vgl. Sen. Urt. v. 1. März 1994 II ZR 61/92 bzw. II ZR 81/94, WM 1994, 1030, 1031 zu II 2. a; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 14. Aufl. § 64 Rdn. 10; a. A. Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG 16. Aufl. § 64 Rdn. 18). Diese Vermutung ist von dem Beklagten nicht widerlegt.

2. Das Berufungsgericht meint indessen, der Beklagte hafte deshalb nicht gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG auf Erstattung der Scheckbeträge, weil mit der Einreichung von Kundenschecks auf ein debitorisches Konto der GmbH deren Vermögen nicht geschmälert, sondern ihr finanzielle Mittel zugeführt würden. Zwar werde durch den Scheckeinzug und die Gutschrift auf dem Konto der GmbH auch ihre Schuld gegenüber der Bank vermindert, was aber bei dem vorliegenden Kontokorrentkonto nur vorübergehend sei, weil die GmbH bzw. ihr Geschäftsführer über den zugeflossenen Betrag im Rahmen des ihr eingeräumten Kreditlimits sogleich wieder verfügen und damit z. B. gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG erlaubte, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns in Einklang stehende Zahlungen leisten könne.

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand, wie die Revision mit Recht rügt.

a) Sinn und Zweck des mit der Ersatzpflicht des Geschäftsführers bewehrten Zahlungsverbots gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG ist es, die verteilungsfähige Vermögensmasse einer konkursreifen GmbH im Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhalten und eine zu ihrem Nachteil gehende, bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern (vgl. Sen. Urt. v. 18. März 1974 II ZR 2/72, WM 1974, 412 = NJW 1974, 1088; Fleck, GmbHR 1974, 224, 230; Scholz/K. Schmidt aaO, § 64 Rdn. 35). Diesem Normzweck wird die Ansicht des Berufungsgerichts nicht gerecht, weil der auf das debitorische Konto eingezogene Scheckbetrag aufgrund der Kontokorrentabrede mit dem Sollsaldo bzw. mit dem Kreditrückzahlungsanspruch der Bank verrechnet wird und damit im Ergebnis ebenso an einen Gläubiger, hier die Bank, gezahlt wird wie in dem Fall, daß der Geschäftsführer mit dem von einem Schuldner der GmbH erhaltenen Barbetrag die Forderung eines ihrer Gläubiger begleicht. Da der Begriff der "Zahlungen" i. S. v. § 64 Abs. 2 GmbHG dem Zweck der Vorschrift entsprechend weit auszulegen ist (vgl. Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 64 Rdn. 40), besteht kein rechtserheblicher Unterschied zwischen diesen beiden Zahlungsvorgängen. In beiden Fällen wird der Insolvenzmasse zugunsten der Befriedigung eines Gläubigers ein Betrag entzogen, der anderenfalls zur (teilweisen) Befriedigung aller Insolvenzgläubiger zur Verfügung stünde. Dementsprechend wird in Rechtsprechung und Schrifttum, soweit dort zu der vorliegenden Frage Stellung genommen wird, durchweg der Scheckeinzug auf ein debitorisches Konto als "Zahlung" i. S. v. § 64 Abs. 2 GmbHG angesehen (vgl. OLG Hamburg ZIP 1995, 913 mit zustimmender Anm. Bähr EWiR 1995, 587; vgl. auch LG Itzehoe ZIP 1996, 797; Baumbach/Hueck aaO, § 64 Rdn. 13; v. Gerkan in: Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB § 130 a Rdn. 10; Roth/Altmeppen, GmbHG 3. Aufl. § 64 Rdn. 25).

b) Gegenteiliges ergibt sich auch nicht daraus, daß die Verminderung des Debets infolge der Scheckeinlösung eventuell nur vorübergehend ist, weil dadurch der Spielraum des Kontokorrentkredits wieder erweitert und der GmbH die Möglichkeit gegeben wird, über den zugeflossenen Betrag sogleich bis zur Höhe ihres Kreditlimits wieder verfügen zu können. Denn dies ändert nichts daran, daß der Scheckbetrag im Ergebnis zum Nachteil der Gläubigergesamtheit in der Masse fehlt, der ihr ohne die Verrechnung mit dem Debet sei es als offene Forderung gegenüber dem Schuldner, sei es als vom Geschäftsführer unmittelbar eingezogener und von ihm zu thesaurierender Betrag zur Verfügung stünde, worauf es für § 64 Abs. 2 GmbHG entscheidend ankommt (vgl. Sen. Urt. v. 18. März 1974 aaO). Auf die Möglichkeit weiterer Kreditschöpfung mit Mitteln des debitorischen Kontos kann zumindest nach Entstehung der Konkursantragspflicht gemäß § 64 Abs. 1 GmbHG schon deshalb nicht abgestellt werden, weil das dem Zweck dieser Pflicht widerspräche. Die durch den Scheckeinzug eventuell ermöglichte Befriedigung anderer Gläubiger mit Mitteln des debitorischen Kontos ist zwar ihrerseits nicht als erneute "Zahlung" i. S. v. § 64 Abs. 2 GmbHG zu qualifizieren, weil dies lediglich zu einem Gläubigeraustausch bzw. zu einer Umschuldung führt, durch die weder die Masse noch die Quote der Gläubiger berührt werden, abgesehen von der dadurch entstehenden Zinsschuld gegenüber der Bank, deren Begründung keine "Zahlung" darstellt (vgl. BGHZ 138, 211, 217). Auch das ändert aber nichts daran, daß die in das debitorische Konto eingegangene Schecksumme am Ende in der Masse fehlt und dies auf die von dem Geschäftsführer veranlaßte Scheckeinziehung als "Zahlung" i. S. v. § 64 Abs. 2 GmbHG zurückzuführen ist. Das gilt unabhängig davon, ob die Verrechnung mit dem Debet jeweils sofort im Sinne eines Tagessaldo oder erst nach einer längeren Abrechnungsperiode erfolgt (vgl. dazu Heymann/Horn, HGB 2. Aufl. § 355 Rdn. 31).

Ebensowenig kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts darauf an, ob das Kreditlimit der Gemeinschuldnerin zur Zeit der jeweiligen Scheckeinlösungen noch unterschritten oder wie die Revision unter Hinweis auf den vorinstanzlichen Vortrag des Klägers geltend macht bereits überzogen war. Die Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 3. Dezember 1990 II ZR 215/89, ZIP 1991, 445 m. w. N.), wonach die Einzahlung einer Bareinlage auf ein debitorisches Konto der GmbH dann zulässig ist, wenn die Gesellschaft über den Betrag im Rahmen ihres Kreditlimits frei verfügen kann (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 GmbHG), weist keinen Bezug zu der vorliegenden Problematik des § 64 Abs. 2 GmbHG auf. Denn hier geht es nicht um die Kapitalaufbringung und das Interesse der GmbH an der freien Verfügbarkeit des betreffenden Betrages, sondern im Gegensatz dazu um die Masseerhaltung der nicht mehr überlebensfähigen Gesellschaft.

c) Nicht stichhaltig ist auch das eher pragmatische Argument des Berufungsgerichts, von dem Geschäftsführer könne nicht verlangt werden, zum Zwecke der Scheckeinziehung ein neues Konto bei einer anderen Bank einzurichten, weil sich dies namentlich in kleineren Gemeinden "herumsprechen" könne und dadurch die finanzielle Situation der Gesellschaft noch weiter verschlechtert werde. Eine derartige Rücksichtnahme liefe darauf hinaus, dem Geschäftsführer im Widerspruch zu § 64 Abs. 1 GmbHG eine weitere Konkursverschleppung zu ermöglichen. Was für den in § 64 Abs. 2 GmbHG miterfaßten Zeitraum von höchstens drei Wochen zwischen dem Eintritt der Konkursreife und dem Entstehen der Konkursantragspflicht (§ 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG) gilt, kann im vorliegenden Fall offenbleiben, weil der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts schon vor Einreichung des ersten Schecks zur Konkursantragstellung verpflichtet gewesen wäre. Zumindest für die Zeit von da an hatte er der Masseerhaltung Priorität einzuräumen und deshalb den Scheckeinzug auf das debitorische Konto zu unterlassen. Da sonach schon die von dem Beklagten durch den Scheckeinzug bewirkte Zahlung an die Bank der Gemeinschuldnerin mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns nicht mehr vereinbar war (§ 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG), hat auch die vom Berufungsgericht nur abstrakt und ohne konkrete Feststellungen erörterte Möglichkeit, den durch den Scheckeinzug erweiterten Kreditspielraum zu gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG privilegierten Zahlungen an andere Gläubiger der Gemeinschuldnerin zu nutzen, außer Betracht zu bleiben.

 3. Nach allem schuldet der Beklagte dem Kläger Ersatz der eingezogenen Scheckbeträge gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG. Ein Abzug einer fiktiven Konkursquote, die auf die Bank der Gemeinschuldnerin ohne die Scheckeinzüge entfallen wäre (vgl. Sen. Urt. v. 1. März 1994 aaO zu II 2. a; Roth/Altmeppen aaO, § 64 Rdn. 26 m. w. N.), kommt hier nicht in Betracht, weil die Bank nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wegen bevorrechtigter Gläubiger ohnehin keine Aussicht auf eine Quote hat.

III.

Da der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist, hatte der Senat gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden und auf die Revision des Klägers das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.

 

(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.

(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.

(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz

1.
Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden,
2.
den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden,
3.
eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden,
4.
Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden,
5.
Gesellschaftsvermögen verteilt wird,
6.
(weggefallen)
7.
Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden,
8.
Kredit gewährt wird,
9.
bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.

(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.

(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.

(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.

9
1. Die Ersatzpflicht des Organs für Zahlungen nach Insolvenzreife nach § 130a Abs. 1 HGB i.V.m. § 177a Satz 1 HGB entfällt, soweit die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in einem unmittelbaren Zusammenhang mit ihr ausgeglichen wird. § 130a Abs. 1 HGB soll im Interesse einer Gleichbehandlung der Gläubiger eine Schmälerung der Masse nach Eintritt der Insolvenzreife ausgleichen (st. Rspr., BGH, Urteil vom 3. Juni 2014 - II ZR 100/13, ZIP 2014, 1523 Rn. 14; Urteil vom 26. März 2007 - II ZR 310/05, ZIP 2007, 1006 Rn. 7; Beschluss vom 5. Februar 2007 - II ZR 51/06, ZIP 2007, 1501 Rn. 4; vgl. zur Parallelvorschrift § 64 Satz 1 GmbHG bzw. § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. BGH, Urteil vom 8. Januar 2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 275; Urteil vom 29. November 1999 - II ZR 273/98, BGHZ 143, 184, 186; Urteil vom 18. Dezember 1995 - II ZR 277/94, BGHZ 131, 325, 328). Der Erstattungsanspruch gegen das Organ muss folgerichtig nicht nur bei Erfüllung durch das Organ entfallen, sondern auch, wenn die Massekürzung anderweitig ausgeglichen und der Zweck der Ersatzpflicht erreicht ist. Aus diesem Grund besteht kein Erstattungsanspruch gegen das Organ mehr, soweit es dem Insolvenzverwalter gelingt, durch die Insolvenzanfechtung eine Rückerstattung der Zahlung zu erreichen und so die Masseschmälerung wettzumachen (BGH, Ur- teil vom 3. Juni 2014 - II ZR 100/13, ZIP 2014, 1523 Rn. 14; Urteil vom 18. Dezember 1995 - II ZR 277/94, BGHZ 131, 325, 327), oder wenn die Massekürzung dadurch ausgeglichen wird, dass für die Zahlung ein Gegenwert in das Gesellschaftsvermögen gelangt ist, und der Sache nach lediglich ein Aktiventausch vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2010 - II ZR 151/09, ZIP 2010, 2400 Rn. 21 - Fleischgroßhandel; Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 150/02, ZIP 2003, 1005, 1006; vgl. auch Beschluss vom 5. November 2007 - II ZR 262/06, ZIP 2008, 72 Rn. 5).

(1) Nach der Verwertung einer beweglichen Sache oder einer Forderung durch den Insolvenzverwalter sind aus dem Verwertungserlös die Kosten der Feststellung und der Verwertung des Gegenstands vorweg für die Insolvenzmasse zu entnehmen. Aus dem verbleibenden Betrag ist unverzüglich der absonderungsberechtigte Gläubiger zu befriedigen.

(2) Überläßt der Insolvenzverwalter einen Gegenstand, zu dessen Verwertung er nach § 166 berechtigt ist, dem Gläubiger zur Verwertung, so hat dieser aus dem von ihm erzielten Verwertungserlös einen Betrag in Höhe der Kosten der Feststellung sowie des Umsatzsteuerbetrages (§ 171 Abs. 2 Satz 3) vorweg an die Masse abzuführen.

(1) Die Kosten der Feststellung umfassen die Kosten der tatsächlichen Feststellung des Gegenstands und der Feststellung der Rechte an diesem. Sie sind pauschal mit vier vom Hundert des Verwertungserlöses anzusetzen.

(2) Als Kosten der Verwertung sind pauschal fünf vom Hundert des Verwertungserlöses anzusetzen. Lagen die tatsächlich entstandenen, für die Verwertung erforderlichen Kosten erheblich niedriger oder erheblich höher, so sind diese Kosten anzusetzen. Führt die Verwertung zu einer Belastung der Masse mit Umsatzsteuer, so ist der Umsatzsteuerbetrag zusätzlich zu der Pauschale nach Satz 1 oder den tatsächlich entstandenen Kosten nach Satz 2 anzusetzen.

11
c) Ähnlich verhält es sich, wenn ein der abgesonderten Befriedigung unterliegender Gegenstand zerstört oder beiseite geschafft wird. Der Gesamtschaden der Insolvenzgläubiger liegt auch in diesem Fall zunächst im Verlust eines Übererlöses. Darüber hinaus kann ein Schaden in Höhe entgangener Kostenbeiträge vorliegen, allerdings nur insoweit, als tatsächlich Aufwendungen für die Feststellung und Verwertung des Gegenstands getätigt wurden (vgl. die Begründung zu §§ 195, 196 RegE-InsO, BT-Drucks. 12/2443 S. 180 f; Piekenbrock in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 92 Rn. 10). Denn sowohl der Kostenbeitrag für die Feststellung wie auch derjenige für die Verwertung soll die tatsächlich entstandenen Kosten abgelten. Dies zeigt die Formulierung des Gesetzes in § 171 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 InsO. Fällt kein Aufwand an, bedarf es keines Schadensausgleichs. Dementsprechend begründet im Anfechtungsrecht das bloße Entfallen von Kostenbeiträgen gemäß §§ 170, 171 InsO keine objektive Gläubigerbenachteiligung, weil die Kostenbeiträge lediglich die Mehrkosten ausgleichen sollen, die durch die Bearbeitung von Absonderungsrechten innerhalb des Insolvenzverfahrens anfallen (BGH, Urteil vom 26. April 2012 - IX ZR 67/09, WM 2012, 1200 Rn. 28 mwN).

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

17
a) Wie der Senat mit Urteil vom 29. November 2007 (IX ZR 30/07, ZIP 2008, 183, z.V.b. in BGHZ 174, 297; vgl. auch BGH, Urt. v. 29. November 2007 - IX ZR 165/05, ZIP 2008, 372) entschieden hat, sind Globalzessionsverträge auch hinsichtlich der künftig entstehenden Forderungen grundsätzlich als kongruente Deckung anfechtbar. Das Werthaltigmachen zukünftiger Forderungen die von einer Globalzession erfasst werden, ist als selbständige Rechtshandlung anfechtbar, wenn das Werthaltigmachen dem Vertragsschluss zeitlich nachfolgt; insoweit handelt es sich ebenfalls um eine kongruente Deckung, wenn dies für das Entstehen der Forderung zutrifft.
35
c) Was für das Entstehen zukünftiger Forderungen aus einer Globalzession gilt, trifft für das Werthaltigmachen dieser Forderungen in gleicher Weise zu. Auch dieses ist nach § 130 InsO anfechtbar.
12
1. Wie der Senat mit Urteil vom heutigen Tage (IX ZR 30/07, z.V.b. in BGHZ) entschieden hat, sind Globalzessionsverträge auch hinsichtlich der zukünftig entstehenden Forderungen in der Regel nur als kongruente Deckung gemäß § 130 InsO anfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
II ZR 66/03 Verkündet am:
9. Mai 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Grundsätze des Eigenkapitalersatzes sind auf Finanzierungshilfen eines
Aktionärs in der Regel nur dann sinngemäß anzuwenden, wenn er mehr als
25 % der Aktien der Gesellschaft hält oder - bei geringerer, aber nicht unbeträchtlicher
Beteiligung - verbunden mit weiteren Umständen über gesellschaftsrechtlich
fundierte Einflußmöglichkeiten in der Gesellschaft verfügt,
die einer Sperrminorität vergleichbar sind. Ein Vorstands- oder Aufsichtsratsamt
genügt dafür nicht (Ergänzung zum Sen.Urt. v. 26. März 1984
- II ZR 171/83, BGHZ 90, 381 ff.).

b) Die Gesellschaftsbeteiligungen mehrerer eine Finanzierungshilfe gewährender
Gesellschafter können jedenfalls dann nicht zusammengerechnet werden
, wenn die Hilfe nicht auf Krisenfinanzierung angelegt ist, außerhalb einer
Krise der Gesellschaft gewährt wird und ein "koordiniertes Stehenlassen" der
Hilfe in der Krise der Gesellschaft nicht festzustellen ist.
BGH, Versäumnisurteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 66/03 - OLG Dresden
LG Dresden
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 9. Mai 2005 durch die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Münke und Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 21. Januar 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Beklagten zu 1 zurückgewiesen worden ist.
Auf die Berufung des Beklagten zu 1 wird unter Abänderung des Urteils der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 29. Januar 2002 die Klage gegen ihn abgewiesen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers in erster und in zweiter Instanz tragen die Beklagten zu 2 bis 4 als Gesamtschuldner 3/ 1/ 4, der Kläger 4; die außergerichtli- chen Kosten des Beklagten zu 1 trägt der Kläger; diejenigen der Beklagten zu 2 bis 4 tragen diese selbst.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger. Die Beklagten zu 2 bis 4 tragen die Kosten ihrer zurückgenommenen Nichtzulassungsbeschwerden.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Insolvenzverwalter einer "Bauhandwerker"-Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von 100.000,00 DM, das zu 10 % von dem Beklagten zu 1 und zu je 30 % von den vormaligen Beklagten zu 2 bis 4 gehalten wird. Jeder von ihnen war zugleich Vorstandsmitglied, der Beklagte zu 1 als Vorsitzender; er schied am 15. Juni 2000 aus dem Vorstand aus und wurde am 3. Juli 2000 zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates gewählt. Im Jahr 1998 hatte jeder der Beklagten eine selbstschuldnerische Einzelbürgschaft bis zum Höchstbetrag von 1,015 Mio. DM für Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber deren Hausbank übernommen. Der Kontokorrentkredit valutierte zum 31. Juli 2000 mit 471.939,50 DM und wurde von der Hausbank am 11. August 2000 gekündigt, woraufhin die Gemeinschuldnerin am 14. August 2000 Insolvenzantrag stellte. Die Kreditschuld ermäßigte sich durch Verrechnung mit Guthaben und durch Zahlungseingänge auf dem Konto der Gemeinschuldnerin um 206.333,97 DM, so daß die Bank im Oktober 2000 eine Restforderung von nur noch 265.605,53 DM zur Insolvenztabelle anmeldete.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Beklagten auf Zahlung des Differenzbetrages gegenüber dem Kontostand vom 31. Juli 2000 in Höhe von 206.333,97 DM aus §§ 57 Abs. 1 Satz 1, 62 AktG i.V.m. §§ 30, 31 GmbHG analog in Anspruch genommen, weil ihre Bürgschaften spätestens seit 30. Juni 2000 Eigenkapital ersetzt hätten und sich ihre Bürgenhaftung durch die Kreditrückführung aus Gesellschaftsmitteln entsprechend ermäßigt habe. Beide Vorinstanzen haben der Klage entsprochen. Mit seiner - von dem Senat auf Nichtzulassungsbeschwerde zugelassenen - Revision erstrebt der Beklagte zu 1 die Abweisung der Klage. Die Beklagten zu 2 bis 4 haben - nach Verweigerung der
von ihnen nachgesuchten Prozeßkostenhilfe - ihre Nichtzulassungsbeschwerden zurückgenommen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 1.
I. Da der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat trotz dessen ordnungsgemäßer Bekanntmachung nicht vertreten war, ist durch Versäumnisurteil zu erkennen. Das Urteil beruht aber nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79).
II. Das Berufungsgericht meint, der Beklagte zu 1 sei - ebenso wie die vormaligen Beklagten zu 2 bis 4 - an der Gemeinschuldnerin "unternehmerisch beteiligt" und damit Adressat der im Aktienrecht entsprechend anzuwendenden Eigenkapitalersatzregeln gewesen. Seine Beteiligungsquote von 10 % erreiche zwar die für die Annahme einer unternehmerischen Beteiligung in der Regel notwendige Marge von mehr als 25 % des Grundkapitals nicht, sei aber nicht unbeträchtlich, wobei hinzu komme, daß er sowohl durch seine ursprüngliche Stellung als alleinvertretungsberechtigter Vorstandsvorsitzender als auch durch den zuletzt innegehabten Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden maßgeblichen Einfluß auf die Leitung des Unternehmens habe ausüben können. Spätestens am 30. Juni 2000 sei die Schuldnerin kreditunwürdig und sogar zahlungsunfähig gewesen, weil den an diesem Tag fälligen Verbindlichkeiten i.H.v. ca. 950 TDM nur eine Liquidität i.H.v. ca. 545 TDM gegenübergestanden habe.
III. Das hält im Ausgangspunkt revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Nach dem Senatsurteil vom 26. März 1984 (II ZR 171/83, BGHZ 90, 381 ff.) sind zwar die von dem Senat zum GmbH-Recht entwickelten Grundsätze über die Behandlung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen (vgl. BGHZ 90, 370 ff. und st.Rspr.) oder ihnen gleichstehender Finanzierungshilfen auf eine Aktiengesellschaft sinngemäß anzuwenden, wenn der Darlehensgeber an ihr unternehmerisch beteiligt ist. Das setzt in der Regel einen Aktienbesitz von mehr als 25 % voraus. Hieran ist für das Aktienrecht auch nach Inkrafttreten der Neuregelung des § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG aufgrund der rechtsformtypischen Unterschiede zwischen einer Aktiengesellschaft und einer GmbH (BGHZ 90, 381, 387 ff.) festzuhalten (vgl. auch Begr. RegE zu § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG, BT-Drucks. 13/7141 S. 11 f.), ohne daß es darauf ankommt, ob die genannten Unterscheidungskriterien im Einzelfall vorliegen. Eine rechtsformunabhängige Differenzierung je nach der "personalistischen" oder "kapitalistischen" Struktur der betreffenden Aktiengesellschaft oder nach dem Motiv für die Beteiligung sieht das Gesetz nicht vor; sie wäre auch der Rechtssicherheit abträglich. Für die Behandlung von Aktionärsdarlehen unter dem Gesichtspunkt des Eigenkapitalersatzes bleibt es vielmehr dabei, daß eine die Kapitalausstattung der Gesellschaft einschließende unternehmerische Verantwortung ein Mindestmaß an Einfluß voraussetzt, wie ihn in der Regel nur ein größerer Aktienbesitz von mehr als 25 % vermittelt (BGHZ 90, 381, 390). Eine Beteiligung in dieser Höhe verschafft ihrem Inhaber ein u.U. ausschlaggebendes, gesellschaftsrechtlich fundiertes Mitspracherecht in Angelegenheiten der Gesellschaft , die für deren Geschicke besonders wichtig sind und über die daher die Hauptversammlung mit qualifizierter Mehrheit zu beschließen hat. Der damit gegebene Einfluß des Aktionärs läßt ein ihm entsprechendes unternehmeri-
sches Interesse vermuten (Senat aaO S. 391); das gilt auch dann, wenn die Satzung der Gesellschaft - wie im vorliegenden Fall - eine Dreiviertelmehrheit nur in den gesetzlich zwingend bestimmten Fällen vorschreibt. Gegenüber dem Beklagten zu 1 mit einem Aktienbesitz von nur 10 % greift eine entsprechende Vermutung nicht ein.
2. Allerdings kann nach dem genannten Senatsurteil (BGHZ 90, 381 ff.) ausnahmsweise auch ein unterhalb der Sperrminoritätsmarge liegender, aber nicht unbeträchtlicher Aktienbesitz die Annahme einer unternehmerischen Beteiligung als Grundlage für eine Finanzierungsfolgenverantwortung des betreffenden Aktionärs dann rechtfertigen, wenn der Aktienbesitz ihm in Verbindung mit weiteren Umständen Einfluß auf die Unternehmensleitung sichert und er ein entsprechendes unternehmerisches Interesse erkennen läßt (Senat aaO S. 391 f.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts genügt dafür aber nicht, daß der Beklagte ursprünglich einmal Vorstandsvorsitzender und später Vorsitzender des Aufsichtsrats der Schuldnerin war.

a) Die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat reicht für die Annahme eines unternehmerischen Einflusses schon deshalb nicht aus, weil dieses Organ den für die Geschäftsleitung in eigener Verantwortung zuständigen Vorstand (§ 76 Abs. 1 AktG) nur zu überwachen (§ 111 AktG), insbesondere die Geschäftspolitik nicht zu bestimmen hat und ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied diese auch nicht mittelbar durch Bestellung oder Abberufung des Vorstands (§ 84 AktG) bestimmen kann (vgl. auch Senat, BGHZ 90, 381, 392).

b) Zu einer Finanzierungsfolgenverantwortung führt im Aktienrecht aber auch nicht schon eine Vorstandsfunktion, wenn sie mit einem gewissen Aktienbesitz verbunden ist. Daß die Organmitglieder Aktien "ihrer" Gesellschaft hal-
ten, ist praktisch die Regel. Dies allein macht ihre Gesellschaftsbeteiligung noch nicht zu einer "unternehmerischen" in dem hier maßgebenden Sinne (vgl. dazu BGHZ 90, 381, 391 f.). Um die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Vorstands nach außen (§§ 76, 78 AktG) geht es hier nicht, sondern um die innergesellschaftliche Verantwortung für eine seriöse Kapitalausstattung. Diese trifft nur Aktionäre, die zumindest über eine Sperrminorität oder einen ihr qualitativ gleichkommenden, gesellschaftsrechtlich fundierten Einfluß innerhalb der Gesellschaft verfügen, wie das z.B. bei konzernmäßiger Verflechtung oder bei einem Konsortialvertrag zwischen mehreren Aktionären mit insgesamt 25 % übersteigender Beteiligung der Fall ist (vgl. Henze, Aktienrecht, Höchstrichterliche Rechtsprechung 5. Aufl. Rdn. 293; Hüffer, AktG 6. Aufl. § 57 Rdn. 18). Das Zusammentreffen von Vorstandsamt und Aktienbesitz von 10 % eröffnete dem Beklagten keine entsprechenden Einflußmöglichkeiten.
Hinzu kommt im vorliegenden Fall, daß der Beklagte schon vor dem von dem Berufungsgericht angenommenen Zeitpunkt der Umqualifizierung der Bürgschaften in Eigenkapitalersatz (30. Juni 2000) aus dem Vorstand ausgeschieden war und es für den persönlichen Geltungsbereich der Eigenkapitalersatzregeln auf die Verhältnisse nach Kriseneintritt ankommt (vgl. BGHZ 81, 252, 258 f.; Sen.Urt. v. 2. April 2001 - II ZR 261/99, ZIP 2001, 839).
3. Ob bei koordinierter Finanzierung oder Stehenlassen einer Hilfe in der Krise durch mehrere Aktionäre, die insgesamt mehr als 25 % des Grundkapitals der Gesellschaft halten, jeder von ihnen ungeachtet der Höhe seiner Einzelbeteiligung den Eigenkapitalersatzregeln unterfällt (so Bayer in MünchKommAktG 2. Aufl. § 57 Rdn. 180; zur entsprechenden Problematik des § 32 a Abs. 3 Satz 2 GmbHG vgl. v. Gerkan, GmbHR 1997, 677, 679; Pentz, GmbHR 1999, 437, 444; ders. in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 32 a Nr. 93;
K. Schmidt, GmbHR 1999, 1269, 1272; ders. in Scholz, GmbHG 9. Aufl. §§ 32 a, b Rdn. 187; a.A. Lutter/Hommelhoff, GmbHG 16. Aufl. §§ 32 a/b Rdn. 67), bedarf hier keiner umfassenden Entscheidung. Eine koordinierte Finanzierungshilfe in diesem Sinne liegt jedenfalls nicht schon darin, daß die Beklagten im Jahr 1998 jeweils eine Bürgschaft für Bankverbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin übernommen haben, wie das von Banken bei der Kreditvergabe an kleinere Kapitalgesellschaften nicht selten gefordert wird. Es ist nicht festgestellt oder vorgetragen, daß die Gemeinschuldnerin schon damals kreditunwürdig war oder die Bürgschaften von vornherein auf Krisenfinanzierung angelegt waren und deshalb ein Befreiungsanspruch gemäß § 775 Abs. 1 Nr. 1 BGB ausgeschlossen sein sollte (vgl. dazu Sen.Urt. v. 9. Oktober 1986 - II ZR 58/86, ZIP 1987, 169, 171). Entgegen mitunter mißverständlichen Formulierungen im Schrifttum kann es für eine wechselseitige Zurechnung und Zusammenrechnung der Gesellschaftsbeteiligungen der die Finanzierungshilfe gewährenden Gesellschafter in dem hier in Betracht kommenden Fall einer Umqualifizierung der Gesellschafterhilfe durch "Stehenlassen" nicht darauf ankommen , daß die Hilfe außerhalb der Krise koordiniert gewährt wurde, vielmehr ist ein "koordiniertes Stehenlassen" in der Krise der Gesellschaft erforderlich (vgl. auch K. Schmidt aaO). Die bloße Tatsache, daß die Beklagten, welche die nach ihrem Vortrag durch Zahlungsausfälle zweier Großschuldner der Gesellschaft und durch nachfolgende Kreditkündigung seitens der Hausbank unerwartet eingetretene Krise der Gesellschaft erst unmittelbar vor Stellung des Insolvenzantrags erkannt haben wollen, nicht schon früher ihren Befreiungsanspruch nach § 775 Abs. 1 Nr. 1 BGB geltend gemacht und/oder Insolvenzantrag
gestellt haben, reicht für die Annahme eines "koordinierten" Stehenlassens nicht aus.
Goette Kurzwelly Kraemer
Münke Caliebe
16
Im Streitfall hat die Gesellschaft lediglich darzulegen und zu beweisen, dass ihr durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten - ggf. durch ein Unterlassen - des Organmitglieds ein Schaden oder ein Vermögensverlust i.S. des § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG entstanden ist. Das Aufsichtsratsmitglied muss dagegen nach §§ 116, 93 Abs. 2 Satz 2 AktG darlegen und beweisen, dass es diese Pflichten erfüllt hat oder dass ihn jedenfalls an der Nichterfüllung kein Verschulden trifft (Sen.Urt. v. 1. Dezember 2008 - II ZR 102/07, ZIP 2009, 70 Tz. 20 - MPS; BGHZ 152, 280, 284).

(1) Der Vorstand hat dem Aufsichtsrat zu berichten über

1.
die beabsichtigte Geschäftspolitik und andere grundsätzliche Fragen der Unternehmensplanung (insbesondere die Finanz-, Investitions- und Personalplanung), wobei auf Abweichungen der tatsächlichen Entwicklung von früher berichteten Zielen unter Angabe von Gründen einzugehen ist;
2.
die Rentabilität der Gesellschaft, insbesondere die Rentabilität des Eigenkapitals;
3.
den Gang der Geschäfte, insbesondere den Umsatz, und die Lage der Gesellschaft;
4.
Geschäfte, die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sein können.
Ist die Gesellschaft Mutterunternehmen (§ 290 Abs. 1, 2 des Handelsgesetzbuchs), so hat der Bericht auch auf Tochterunternehmen und auf Gemeinschaftsunternehmen (§ 310 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs) einzugehen. Außerdem ist dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats aus sonstigen wichtigen Anlässen zu berichten; als wichtiger Anlaß ist auch ein dem Vorstand bekanntgewordener geschäftlicher Vorgang bei einem verbundenen Unternehmen anzusehen, der auf die Lage der Gesellschaft von erheblichem Einfluß sein kann.

(2) Die Berichte nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 sind wie folgt zu erstatten:

1.
die Berichte nach Nummer 1 mindestens einmal jährlich, wenn nicht Änderungen der Lage oder neue Fragen eine unverzügliche Berichterstattung gebieten;
2.
die Berichte nach Nummer 2 in der Sitzung des Aufsichtsrats, in der über den Jahresabschluß verhandelt wird;
3.
die Berichte nach Nummer 3 regelmäßig, mindestens vierteljährlich;
4.
die Berichte nach Nummer 4 möglichst so rechtzeitig, daß der Aufsichtsrat vor Vornahme der Geschäfte Gelegenheit hat, zu ihnen Stellung zu nehmen.

(3) Der Aufsichtsrat kann vom Vorstand jederzeit einen Bericht verlangen über Angelegenheiten der Gesellschaft, über ihre rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen sowie über geschäftliche Vorgänge bei diesen Unternehmen, die auf die Lage der Gesellschaft von erheblichem Einfluß sein können. Auch ein einzelnes Mitglied kann einen Bericht, jedoch nur an den Aufsichtsrat, verlangen.

(4) Die Berichte haben den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft zu entsprechen. Sie sind möglichst rechtzeitig und, mit Ausnahme des Berichts nach Absatz 1 Satz 3, in der Regel in Textform zu erstatten.

(5) Jedes Aufsichtsratsmitglied hat das Recht, von den Berichten Kenntnis zu nehmen. Soweit die Berichte in Textform erstattet worden sind, sind sie auch jedem Aufsichtsratsmitglied auf Verlangen zu übermitteln, soweit der Aufsichtsrat nichts anderes beschlossen hat. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats hat die Aufsichtsratsmitglieder über die Berichte nach Absatz 1 Satz 3 spätestens in der nächsten Aufsichtsratssitzung zu unterrichten.

13
a) Nach § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG ist der Vorstand einer Aktiengesellschaft verpflichtet, nach Eintritt der Insolvenzreife keine Zahlungen mehr zu leisten, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht vereinbar sind. Diese Pflicht richtet sich zwar ausschließlich an den Vorstand. Ihr entspricht aber eine Beratungs- und Überwachungspflicht des Aufsichtsrats. Erkennt der Aufsichtsrat oder muss er erkennen, dass die Gesellschaft insolvenzreif ist, und bestehen für ihn Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Vorstand entgegen dem Verbot des § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG Zahlungen leisten wird, hat der Aufsichtsrat darauf hinzuwirken, dass der Vorstand die verbotswidrigen Zahlungen unterlässt. Ein solcher Anhaltspunkt eines Verstoßes gegen § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG besteht etwa dann, wenn die Gesellschaft Arbeitnehmer beschäftigt und der Vorstand das Unternehmen nach Eintritt der Insolvenzreife fortführt. Dann liegt es nahe, dass der Vorstand zumindest die Zahlung der Löhne und Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung veranlassen und dadurch gegen § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG verstoßen wird (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni 2009 - II ZR 147/08, ZIP 2009, 1468 Rn. 6).

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ingolstadt vom 19. November 2013 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 19. Mai 2009 über das Vermögen des O.   U.    (nachfolgend: Schuldner) am 29. Mai 2009 eröffneten Insolvenzverfahren.

2

Der Schuldner wurde durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Ingolstadt vom 24. Oktober 2006 wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 10 € verurteilt. Vor dem Amtsgericht gab der Schuldner an, mit Verbindlichkeiten in Höhe von rund 15.000 € belastet zu sein und Sozialhilfe zu beziehen. Aufgrund der Verurteilung hat der Schuldner einschließlich der Verfahrenskosten 1.682,83 € an den beklagten Freistaat zu zahlen. Vereinbarungsgemäß überweis der Schuldner im Zeitraum vom 17. August 2007 bis 17. April 2009 in monatlichen Raten von jeweils 50 € einen Betrag von insgesamt 1.050 € an den Beklagten. Während dieses Zeitraums bezog der seiner Ehefrau und einem gemeinsamen Kind unterhaltspflichtige Schuldner als Arbeitnehmer einen monatlichen Nettolohn zwischen 1.217,80 € und 1.933,37 €.

3

Gegen den Schuldner, der bis zum Jahr 2004 selbständig einen Imbissbetrieb führte, erging am 14. März 2005 ein Vollstreckungsbescheid über 2.303,82 € und am 14. Dezember 2008 ein Vollstreckungsbescheid über 4.911,68 €. Ferner wurde gegen ihn am 14. März 2005 ein Vollstreckungsbescheid über 8.375,38 € erwirkt, aus dem nach Verfahrenseröffnung ein Restbetrag von 2.141,01 € zur Tabelle angemeldet wurde. Die    Betriebskrankenkasse meldete für den Zeitraum vom 1. November 2003 bis 9. Januar 2004 rückständige Sozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen und Kosten über 2.632,82 € zur Tabelle an.

4

Der Kläger verlangt unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung Erstattung der von dem Schuldner an den Beklagten erbrachten Zahlungen über 1.050 €. Die Vorinstanzen haben dem Begehren stattgegeben. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

7

Der Beklagte sei gemäß §§ 133, 143 InsO zur Rückzahlung der auf die Geldstrafe eingezogenen Raten verpflichtet. Der Schuldner habe die Zahlungen nicht aus seinem pfändungsfrei zur Verfügung stehenden Arbeitseinkommen geleistet. Er habe abgesehen von den Monaten September 2008, Januar und März 2009 ein höheres Nettoeinkommen als den ihm pfändungsfrei zustehenden Betrag von 1.569,99 € erzielt. Auch soweit der Schuldner in einzelnen Monaten ein geringeres Einkommen bezogen habe, liege eine Gläubigerbenachteiligung vor, weil die Zahlungen von einem in voller Höhe pfändbaren Konto erbracht worden seien. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass der Schuldner die Zahlungen mit Hilfe von Ersparnissen aus dem höheren Einkommen der Vormonate geleistet habe.

8

Eine Gläubigerbenachteiligung sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Schuldner durch die Ratenzahlungen die Vollziehung der Ersatzfreiheitsstrafe abgewendet habe. Die damit verbundene Erhaltung der Arbeitsstelle stelle keinen Vermögensvorteil dar, der eine Gläubigerbenachteiligung aus-schließe. Der Beklagte habe nicht dargetan, dass der Kläger verpflichtet sei, bei einer nochmaligen Vollstreckung der Geldstrafe entsprechende Beträge aus dem Arbeitseinkommen des Schuldners freizugeben.

9

Dem zahlungsunfähigen Schuldner, der die seit Jahren titulierten Forderungen und weitere Verbindlichkeiten nicht habe begleichen können, sei bewusst gewesen, durch die Zahlungen an den Beklagten seine übrigen Gläubiger zu benachteiligen. Aufgrund der von dem Schuldner in dem Strafverfahren gemachten Angaben, bei Verbindlichkeiten in Höhe von 15.000 € seinen Lebensunterhalt durch Sozialhilfe zu bestreiten, habe der zuständige Sachbearbeiter des Beklagten die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners erkannt. Der Beklagte habe nicht davon ausgehen können, dass der Schuldner seit Antritt seiner Arbeitsstelle seine Schulden in einer Größenordnung von 10.000 € kurzfristig getilgt habe.

II.

10

Über die Revision des Beklagten ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis des Klägers, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 82). Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Prüfung stand. Die Bezahlung einer Geldstrafe unterliegt der Insolvenzanfechtung, sofern - wie im Streitfall - deren tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der Strafcharakter rechtfertigt insofern keine Sonderbehandlung (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, WM 2008, 1412 Rn. 19; vom 14. Oktober 2010 - IX ZR 16/10, WM 2010, 2319 Rn. 6).

11

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass infolge der Zahlungen des Schuldners von insgesamt 1.050 € eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) eingetreten ist.

12

a) Eine Gläubigerbenachteiligung ist gegeben, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, WM 2011, 2293 Rn. 6 mwN; vom 19. September 2013 - IX ZR 4/13, WM 2013, 2074 Rn. 12). Da die Zugriffslage wiederhergestellt werden soll, die ohne die anfechtbare Handlung bestanden hätte, scheidet eine Anfechtung aus, wenn der veräußerte Gegenstand nicht der Zwangsvollstreckung unterlag und darum gemäß § 36 InsO nicht in die Insolvenzmasse gefallen wäre (BGH, Urteil vom 8. Juli 1993 - IX ZR 116/92, BGHZ 123, 183, 185; vom 24. März 2011 - IX ZR 180/10, BGHZ 189, 65 Rn. 21; Beschluss vom 10. November 2011 - IX ZA 99/11, WM 2011, 2376 Rn. 4; Beschluss vom 26. September 2013 - IX ZB 247/11, WM 2013, 2025 Rn. 7).

13

b) Eine Gläubigerbenachteiligung ist eingetreten, weil der Schuldner die angefochtenen Zahlungen aus seinem pfändbaren Arbeitseinkommen erbracht hat.

14

aa) Nach den Feststellungen des Amtsgerichts, auf die sich das Berufungsurteil bezogen hat, hatte der Schuldner für das Konto, über das er die angefochtenen Zahlungen abwickelte, keinen Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 850k Abs. 1 ZPO in der bis zum 30. Juni 2010 geltenden Fassung gestellt. Nach der damaligen Rechtslage waren die für die Überweisungen eingesetzten Mittel des Schuldners deshalb pfändbar, und zwar ungeachtet ihrer Herkunft aus dem pfändbaren oder unpfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens (vgl. Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Auflage, § 850k Rn. 1 ff). Dies hat das Amtsgericht in jeder Hinsicht zutreffend ausgeführt.

15

bb) Aus der Senatsentscheidung zum Lastschriftwiderruf vom 20. Juli 2010 (IX ZR 37/09, BGHZ 186, 242 Rn. 16 f) ergibt sich nichts anderes. Entgegen der Ansicht der Revision betrifft sie nicht das Rechtsverhältnis des Gläubigers zum Schuldner, sondern den Pflichtenkreis des Verwalters, der daran gehindert sein soll, gegen den Willen des Schuldners für zurückliegende Zeiträume in Zahlungsvorgänge einzugreifen, die dieser unter Einsatz seiner an sich pfändungsfreien Mittel in Gang gesetzt hat. Danach hat es der Insolvenzverwalter nach dem auslaufenden Recht hinzunehmen, dass der Schuldner vor der Buchung der Lastschrift keinen Pfändungsschutzantrag nach § 850k ZPO aF gestellt und der Belastungsbuchung in der Folgezeit auch nicht widersprochen hat, obwohl sie rechnerisch sein pfändungsfreies Schonvermögen betraf (vgl. BGH, aaO Rn. 16, 23). Die Pfändbarkeit derartiger Guthaben und damit deren Zugehörigkeit zur späteren Masse (vgl. § 36 Abs. 1 InsO) wird hierdurch nicht in Frage gestellt. Folgerichtig hat der Senat auch hervorgehoben, dass der vorläufige Insolvenzverwalter der Abbuchung stets widersprechen kann, wenn die Genehmigung der Zahlung später anfechtbar wäre und ohne einen Widerspruch auf diesem Wege rückgängig gemacht werden müsste (BGH, aaO Rn. 24).

16

2. Der Schuldner hat die Zahlungen mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen (§ 133 Abs. 1 Satz 1 InsO).

17

a) Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat. Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 14 mwN; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 15; vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, WM 2013, 180 Rn. 14). Ausnahmsweise handelt der Schuldner nicht mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der sicheren Aussicht, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann (BGH, Urteil vom 22. November 2012 - IX ZR 62/10, WM 2013, 88 Rn. 7; vom 10. Januar 2013, aaO). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn - wie hier - eine kongruente Leistung angefochten wird (BGH, Urteil vom 10. Januar 2013, aaO Rn. 15).

18

b) Nach diesen Maßstäben durfte das Berufungsgericht davon ausgehen, dass ein Benachteiligungsvorsatz des Schuldners vorliegt. Dabei beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 7. November 2013 - IX ZR 49/13, WM 2013, 2272 Rn. 8). Derartige Rechtsfehler sind im Streitfall nicht ersichtlich.

19

aa) Hat der Schuldner seine Zahlungen eingestellt, begründet dies auch für die Insolvenzanfechtung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit. Eine Zahlungseinstellung kann aus einem einzelnen, aber auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden (BGH, Urteil vom 7. Mai 2013 - IX ZR 113/10, WM 2013, 1361 Rn. 17). Haben in dem für die Anfechtung maßgeblichen Zeitpunkt nicht unerhebliche fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (BGH, Urteil vom 10. Januar 2013, aaO Rn. 16; vom 7. Mai 2013, aaO Rn. 18).

20

bb) Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vordergerichte bestanden gegen den Schuldner im Zeitpunkt seiner strafgerichtlichen Verurteilung fällige, außerdem teils titulierte Forderungen in Höhe von mindestens 12.139,52 €, die er bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht ausgeglichen hat. Mit Rücksicht auf diese erheblichen Verbindlichkeiten, die der Schuldner ungeachtet etwaiger Zahlungen zugunsten anderer Gläubiger nicht abzulösen vermochte, lag eine Zahlungseinstellung vor. Diese Forderungen waren - wie der Schuldner wusste - weiterhin offen, als er die angefochtenen monatlichen Zahlungen an den Beklagten erbrachte. Die in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit gewährten Zahlungen waren folglich von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners getragen.

21

cc) Ein Benachteiligungsvorsatz scheidet nicht - wie die Revision meint - deshalb aus, weil der Schuldner mit den Zahlungen die Verbüßung der ansonsten unausweichlichen Freiheitsstrafe abzuwenden suchte.

22

Die Regelung des § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt nicht voraus, dass die Benachteiligung der Gläubiger Zweck oder Beweggrund des Handelns des Schuldners war. Die Vorschrift begnügt sich anstelle von Absicht vielmehr mit einem bedingten Vorsatz des Schuldners (BGH, Urteil vom 11. November 1993 - IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76, 81 f; vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 79/07, WM 2009, 615 Rn. 29). Der Benachteiligungswille wird folglich nicht dadurch ausgeschlossen, dass es dem Schuldner allein darauf angekommen sein mag, mit der Zahlung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe zu entgehen. Der Strafdruck als Motiv gläubigerbenachteiligender Rechtshandlungen ist bei anfechtbarer Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen an die Einzugsstelle der Sozialversicherung geradezu die Regel (vgl. § 266a StGB), ohne dass dies dem bedingten Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung entgegensteht (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, WM 2008, 1412 Rn. 19).

23

dd) Aus den vorstehenden Erwägungen lässt der Wunsch des Schuldners, durch die Zahlungen seinen bei Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe gefährdeten Arbeitsplatz zu erhalten, entgegen der Auffassung der Revision den Benachteiligungsvorsatz ebenfalls nicht entfallen.

24

Ein Schuldner handelt ausnahmsweise nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im allgemeinen nützt (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, ZInsO 2010, 87 Rn. 2; vom 6. Februar 2014 - IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496 Rn. 3). Im Falle einer bargeschäftsähnlichen Lage kann dem Schuldner infolge des gleichwertigen Leistungsaustauschs die dadurch eingetretene mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden sein (Kayser, NJW 2014, 422, 427). Diese Ausnahme kann außerhalb eines vertraglichen Austauschverhältnisses keine Bedeutung gewinnen. Das Bestreben des Schuldners, durch die Zahlungen seinen Arbeitsplatz zu erhalten, lässt schon mangels einer geldwerten Gegenleistung der Beklagten das Bewusstsein einer Gläubigerbenachteiligung nicht entfallen. Durch eine Zahlung erstrebte mittelbare finanzielle Vorteile haben außer Betracht zu bleiben, weil dies mit der im Insolvenzanfechtungsrecht gebotenen Einzelsicht unvereinbar wäre (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - IX ZR 235/03, WM 2007, 2071 Rn. 10).

25

3. Nicht zu beanstanden ist schließlich die Würdigung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners erkannt hat.

26

a) Die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes wird gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, denn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Kennt der Anfechtungsgegner die (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist der Anfechtungsgegner regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 15; vom 25. April 2013 - IX ZR 235/12, WM 2013, 1044 Rn. 28 mwN). Der Kenntnis der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, WM 2013, 180 Rn. 24 f).

27

b) Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erkannt.

28

aa) Dem zuständigen Vollstreckungsrechtspfleger war infolge der Lektüre des Strafurteils geläufig, dass gegen den als Inhaber eines Imbissbetriebs selbständig tätig gewesenen Schuldner Verbindlichkeiten in Höhe von rund 15.000 € bestanden. Außerdem hatte der Schuldner, weil er zur Zahlung der Geldstrafe in Höhe von 1.000 € außerstande war, um die Gewährung von Ratenzahlung gebeten. Eigene Erklärungen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können, deuten auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen sind (BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 70/08, WM 2010, 1756 Rn. 10; vom 15. März 2012 - IX ZR 239/09, WM 2012, 711 Rn. 27; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 21; vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014, 1009 Rn. 34). Allein die Zahlung der monatlichen Raten von 50 € gegenüber dem Beklagten gestattete schon angesichts der erheblichen Höhe der weiteren Verbindlichkeiten nicht die Annahme, dass der Schuldner seine Zahlungen im allgemeinen wieder aufgenommen hatte (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 42). Vielmehr war damit zu rechnen, dass die zugunsten der Beklagten bewirkten Zahlungen den weiteren, aus der selbständigen Tätigkeit verbliebenen Gläubigern entgehen würden (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, WM 2010, 851 Rn. 21). Bei dieser Sachlage war der Beklagte über die weiterhin ungünstige Vermögenslage des Schuldners unterrichtet, was die Schlussfolgerung einer auf einer Zahlungseinstellung beruhenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners begründete.

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bb) Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte darauf, er habe von einer Zahlung des Schuldners aus seinem pfändungsfreien Vermögen ausgehen können, weil dieser nach dem Inhalt des Strafurteils Sozialhilfe bezogen habe. Der Beklagte musste wegen der naheliegenden Möglichkeit einer Zahlung aus dem Entgelt einer zwischenzeitlich aufgenommen Arbeitstätigkeit oder aus angesparten Sozialleistungen nach allgemeiner Erfahrung eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung des Schuldners zugrunde legen (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2013 - IX ZR 4/13, WM 2013, 2074 Rn. 24; vom 24. Oktober 2013 - IX ZR 104/13, WM 2013, 2231 Rn. 19).

30

4. Dem Anspruch steht schließlich nicht § 242 BGB entgegen. Der Insolvenzverwalter übt das Anfechtungsrecht im Interesse der Gläubigergesamtheit aus (BGH, Urteil 10. Februar 1982 - VIII ZR 158/80, BGHZ 83, 102, 105). Der Schuldner hat darum keinen Anspruch gegen den Verwalter, ihm die im Wege der Anfechtung erwirkten Mittel zu überlassen.

Kayser                   Gehrlein                    Lohmann

             Fischer                       Pape

(1) Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen.

(2) Der Aufsichtsrat kann die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie die Vermögensgegenstände, namentlich die Gesellschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren, einsehen und prüfen. Er kann damit auch einzelne Mitglieder oder für bestimmte Aufgaben besondere Sachverständige beauftragen. Er erteilt dem Abschlußprüfer den Prüfungsauftrag für den Jahres- und den Konzernabschluß gemäß § 290 des Handelsgesetzbuchs. Er kann darüber hinaus eine externe inhaltliche Überprüfung der nichtfinanziellen Erklärung oder des gesonderten nichtfinanziellen Berichts (§ 289b des Handelsgesetzbuchs), der nichtfinanziellen Konzernerklärung oder des gesonderten nichtfinanziellen Konzernberichts (§ 315b des Handelsgesetzbuchs) beauftragen.

(3) Der Aufsichtsrat hat eine Hauptversammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es fordert. Für den Beschluß genügt die einfache Mehrheit.

(4) Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden. Die Satzung oder der Aufsichtsrat hat jedoch zu bestimmen, daß bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung, so kann der Vorstand verlangen, daß die Hauptversammlung über die Zustimmung beschließt. Der Beschluß, durch den die Hauptversammlung zustimmt, bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfaßt. Die Satzung kann weder eine andere Mehrheit noch weitere Erfordernisse bestimmen.

(5) Der Aufsichtsrat von Gesellschaften, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, legt für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und im Vorstand Zielgrößen fest. Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil am jeweiligen Gesamtgremium beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen. Legt der Aufsichtsrat für den Aufsichtsrat oder den Vorstand die Zielgröße Null fest, so hat er diesen Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein. Wenn für den Aufsichtsrat bereits das Mindestanteilsgebot nach § 96 Absatz 2 oder 3 gilt, sind die Festlegungen nur für den Vorstand vorzunehmen. Gilt für den Vorstand das Beteiligungsgebot nach § 76 Absatz 3a, entfällt auch die Pflicht zur Zielgrößensetzung für den Vorstand.

(6) Die Aufsichtsratsmitglieder können ihre Aufgaben nicht durch andere wahrnehmen lassen.

21
Nachdem die Schuldnerin erstmals im August 2005 ihre Miete nicht mehr hat bezahlen können, waren bis August 2008 offene Mietverbindlichkeiten in Höhe von 30.000 € aufgelaufen. Der Entwicklung dieser Außenstände wird gegebenenfalls Beachtung zu schenken sein, da die Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO in Betracht kommen kann. Danach ist Zahlungsunfähigkeit in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Dafür reicht ein nach außen hervortretendes Verhalten, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus, auch wenn noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen. Sogar die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten erheblichen Umfangs bestanden, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht beglichen worden sind, ist regelmäßig von einer Zahlungseinstellung auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2012 - II ZR 243/11, ZIP 2012, 1557 Rn. 24; Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, ZIP 2013, 2015 Rn. 9).
13
Das ergibt sich schon aus § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO. Danach ist Zahlungsunfähigkeit in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Dafür reicht ein nach außen hervortretendes Verhalten, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus, auch wenn noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen. Sogar die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 12; Urteil vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, ZIP 2010, 682 Rn. 42, jeweils m.w.N.).

BUNDESGERICHTSHOF

 

Urteil vom 24.05.2005

Az.: IX ZR 123/04

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 12. Mai 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Beklagte ist alleiniger Geschäftsführer und hälftiger Gesellschafter der J. GmbH (fortan: Schuldnerin). Diese wurde von der K.

GmbH beauftragt, für ein Entgelt von -zunächst -1.980.000 DM Konstruktionsleistungen für die Automobilindustrie zu erbringen. Sie schaltete ihrerseits die S. und die SW. GmbH als Subunternehmer ein. Wegen der Abwicklung des Auftrags kam es zu einem Rechtsstreit zwischen der Schuldnerin und K. , der am 9. September 1999 vergleichsweise wie folgt beendet wurde: Die Schuldnerin verpflichtete sich, die vertragliche Leistung bis 14. September 1999 zur Verfügung zu stellen.

K. verpflichtete sich, an die Schuldnerin bis 15. September 1999 700.000 DM zu zahlen und bis zum 30. September 1999 weitere 700.000 DM, von denen sie allerdings 400.000 DM sollte zurückbehalten dürfen, sofern sie die Leistung für nicht in Ordnung befinden und deswegen eine "qualifizierte Rüge" erheben sollte. Auf weitergehende Ansprüche von angeblich 2,6 Mio. DM verzichtete die Schuldnerin. K. , die von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machte, zahlte auf den Vergleich insgesamt 1 Mio. DM, davon 305.090,70 DM unmittelbar an eine Gläubigerin der Schuldnerin.

Die Buchhaltung der Schuldnerin ermittelte zum 9. September 1999 Verbindlichkeiten in Höhe von 2.659.151,25 DM. Dem standen gegenüber liquide Mittel und kurzfristig einbringliche Forderungen in Höhe von 1.122.323,04 DM. Dabei waren die Zahlungen der K. in Höhe von 1 Mio. DM bereits berücksichtigt. Neben diesen Aktiva waren nur noch Vorräte und Anlagevermögen mit einem Fortführungswert von insgesamt 11.124 DM vorhanden.

Später zahlte der Beklagte an verschiedene Gläubiger 1.175.076,68 DM. Nach seinem Vortrag stellte er für die Schuldnerin Ende Dezember 1999 wegen "drohender Zahlungsunfähigkeit" Insolvenzantrag. Mit Beschluß vom 1. März 2000 wurde das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.

Der Kläger, welcher der Auffassung ist, die Schuldnerin sei -wie der Beklagte gewußt habe -bereits mit Abschluß des für sie äußerst nachteiligen Vergleichs zahlungsunfähig und überschuldet gewesen, verlangt von dem Beklagten nach § 64 Abs. 2 GmbHG Schadensersatz in Höhe von 600.807,17 € (= 1.175.076,68 DM). Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage -teilweise Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Forderungen aus Insolvenzanfechtung -stattgegeben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner zugelassenen Revision.

Gründe

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat sein Urteil darauf gestützt, nach Abschluß des Vergleichs mit K. am 9. September 1999 sei die Schuldnerin zahlungsunfähig gewesen. Sie habe über liquide Mittel in Höhe von 1.282.323,04 DM verfügt. Dabei sei nur die später von K. bezahlte Summe von 1 Mio. DM zuzüglich Mehrwertsteuer, nicht jedoch der mit dem Vorbehalt eines Zurückbehaltungsrechts versprochene -und bis heute nicht bezahlte -Betrag von 400.000 DM (netto) zu berücksichtigen gewesen. Diesen liquiden Mitteln hätten nach eigener Darstellung des Beklagten fällige Verbindlichkeiten von 1.411.627,33 DM gegenübergestanden. Die danach vorhandene Unterdeckung von 129.304,29 DM -dies entspreche 9,2 % der Verbindlichkeiten -sei nicht unwesentlich.

II.

Diese Ausführungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung stand.

1. Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit in § 64 GmbHG kann nicht anders verstanden werden als in § 17 InsO. Denn für den Beginn des den Geschäftsführer treffenden Zahlungsverbots genügt in objektiver Hinsicht die bestehende Insolvenzreife (vgl. BGHZ 143, 184, 185; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG 16. Aufl. § 64 Rn. 1).

a) Nach früherem Recht setzte der Konkursgrund der Zahlungsunfähigkeit (§ 102 KO) voraus, daß der Schuldner dauernd unvermögend war, seine Zahlungsverpflichtungen im wesentlichen zu erfüllen (RG JW 1934, 841; BGHZ 118, 171, 174; BGH, Urt. v. 22. November 1990 -IX ZR 103/90, ZIP 1991, 39, 40; v. 11. Juli 1991 -IX ZR 230/90, ZIP 1991, 1014; BGHSt 31, 32). Dabei wurden die verfügbaren Mittel zu den insgesamt fälligen Zahlungsverbindlichkeiten ins Verhältnis gesetzt. Es mußte ermittelt werden, ob die Zahlung oder die Nichtzahlung Regel oder Ausnahme war (Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 30 Rn. 28; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 102 Rn. 2a). Im Schrifttum wurde Zahlungsunfähigkeit angenommen, wenn 10 % bis 25 % der fälligen Forderungen ungedeckt waren (vgl. die Nachweise bei Kuhn/Uhlenbruck, aaO).

b) Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Auf die Merkmale der "Dauer" und der "Wesentlichkeit" hat der Gesetzgeber der Insolvenzordnung bei der Umschreibung der Zahlungsunfähigkeit verzichtet (vgl. Himmelsbach/Thonfeld NZI 2001, 11 f; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch 2. Aufl. § 6 Rn. 6). Nach der Gesetzesbegründung (Begr. zu § 20 und § 21 RegE, BT-Drucks. 12/2443 S. 114) versteht es sich von selbst -und braucht deshalb nicht besonders zum Ausdruck gebracht zu werden -, daß eine vorübergehende Zahlungsstockung keine Zahlungsunfähigkeit begründet. Andererseits hielt man es für untunlich, das Erfordernis der andauernden Unfähigkeit zur Erfüllung der fälligen Zahlungspflichten zu betonen, weil dies als Bestätigung der verbreiteten Neigung hätte verstanden werden können, den Begriff der Zahlungsunfähigkeit stark einzuengen und damit eine etwa auch über Wochen oder sogar Monate fortbestehende Illiquidität zur rechtlich unerheblichen Zahlungsstockung zu erklären. Eine solche Auslegung würde nach der Gesetzesbegründung das Ziel einer rechtzeitigen Verfahrenseröffnung erheblich gefährden. Ferner ist der Gesetzgeber davon ausgegangen (Begr. zu § 20 und § 21 RegE, aaO), daß "ganz geringfügige Liquiditätslücken außer Betracht bleiben müssen". Es erscheine jedoch "nicht gerechtfertigt, Zahlungsunfähigkeit erst anzunehmen, wenn der Schuldner einen bestimmten Bruchteil der Gesamtsumme seiner Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann".

c) Demgemäß wird verbreitet davon ausgegangen, zahlungsunfähig sei ein Schuldner, wenn ihm die Erfüllung der fälligen Zahlungspflichten wegen eines objektiven, kurzfristig nicht zu behebenden Mangels an Zahlungsmitteln nicht möglich sei. Um dies festzustellen, werden im Rahmen einer Liquiditätsbilanz die aktuell verfügbaren und kurzfristig verfügbar werdenden Mittel in Beziehung gesetzt zu den an demselben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (Harz ZInsO 2001, 193, 196; MünchKomm-InsO/Eilenberger, § 17 Rn. 10; HK-InsO/Kirchhof, 3. Aufl. § 17 Rn. 24; Gottwald/Huber, aaO § 47 Rn. 10). Zahlungsunfähig ist danach auch ein Schuldner, der nur einen Gläubiger hat und außerstande ist, diesen zu befriedigen (HK-InsO/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 19; Nerlich/Römermann/Mönning, InsO § 17 Rn. 17; vgl. ferner BGHZ 149, 178, 185). Eine Quote zum Ausscheiden "ganz geringfügiger Liquiditätslücken" wird teilweise ganz abgelehnt (Temme, Die Eröffnungsgründe der Insolvenzordnung 1997 S. 35 ff; Bieneck Strafverteidiger 1999, 43, 44; Niesert ZInsO 2001, 738 f; MünchKomm-InsO/Eilenberger, § 17 Rn. 15, 22; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 17 Rn. 10; Kübler/Prütting/Pape, InsO § 17 Rn. 13; FK-InsO/ Schmerbach, 3. Aufl. § 17 Rn. 21; Braun/Kind, InsO 2. Aufl. § 17 Rn. 11; wohl auch Breutigam/Blersch/Goetsch, InsO § 17 Rn. 16). Andere halten für "ganz geringfügig" eine Quote von unter 5 % (AG Köln NZI 2000, 89, 91; Hess/Weis/ Wienberg, InsO 2. Aufl. § 17 Rn. 17; Smid, Grundzüge des Insolvenzrechts 4. Aufl. S. 71; Nerlich/Römermann/Mönning, aaO § 17 Rn. 18), unter 10 % (HKInsO/Kirchhof, § 17 Rn. 20), bis zu 20 % (Haarmeyer/Wutzke/Förster, Handbuch zur Insolvenzordnung 3. Aufl. Kap. 1 Rn. 85) oder bis zu 25 % (LG Augsburg DZWIR 2003, 304; Harz ZInsO 2001, 193, 196). Vereinzelt wird auch eine Rückkehr zum Begriff der Zahlungsunfähigkeit nach der Konkursordnung befürwortet (Himmelsbach/Thonfeld aaO S. 15). Der Bundesgerichtshof hatte bislang keinen Anlaß, sich zu diesen Fragen zu äußern (vgl. BGHZ 149, 178, 187).

2. Nach Auffassung des Senats ist daran festzuhalten, daß eine Zahlungsunfähigkeit, die sich voraussichtlich innerhalb kurzer Zeit beheben läßt, lediglich als Zahlungsstockung gilt und keinen Insolvenzeröffnungsgrund darstellt (Uhlenbruck, aaO § 17 Rn. 9; Kübler/Prütting/Pape, aaO § 17 Rn. 11; HKInsO/Kirchhof, § 17 Rn. 18; Hess/Weis/Wienberg, aaO § 17 Rn. 2; Scholz/

K. Schmidt, GmbHG 9. Aufl. § 64 Rn. 11 f; Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 6. Aufl. § 63 Rn. 26; a.A. Münchkomm-InsO/Eilenberger, § 17 Rn. 22; Nerlich/ Römermann/Mönning, aaO § 17 Rn. 14; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG 16. Aufl. § 64 Rn. 9).

a) Der Zeitraum, innerhalb dessen die Zahlungsstockung beseitigt sein muß, andernfalls sie als Zahlungsunfähigkeit behandelt wird, ist unter der Geltung der Konkursordnung und der Gesamtvollstreckungsordnung auf etwa einen Monat begrenzt worden (BGHZ 149, 100, 108; BGH, Urt. v. 3. Dezember 1998 -IX ZR 313/97, WM 1999, 12, 14; v. 4. Oktober 2001 -IX ZR 81/99, WM 2001, 2181, 2182). Der Gesetzgeber der Insolvenzordnung wollte diesen Zeitraum verkürzen (vgl. oben 1 b sowie BGHZ 149, 178, 187). Als Zahlungsstockung ist deshalb nur noch eine Illiquidität anzusehen, die den Zeitraum nicht überschreitet, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die benötigten Mittel zu leihen (HK-InsO/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 18; FK-InsO/Schmerbach, aaO § 17 Rn. 17). Eine Frist von einem Monat (für deren Beibehaltung Gottwald/Huber, aaO § 47 Rn. 9) oder gar von drei Monaten (dafür Harz ZInsO 2001, 193, 197) ist hierfür zu lang. Wieder andere halten eine Zahlungsstockung bereits jenseits einer Frist von ein bis zwei Wochen nicht mehr für gegeben (Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO Kap. 1 Rn. 86). Dies erscheint zu kurz. Als Zeitraum für die Kreditbeschaffung sind zwei bis drei Wochen erforderlich, aber auch ausreichend (LG Bonn ZIP 2001, 346; Burger/Schellberg BB 1995, 261, 262 f, 567; Temme aaO S. 30; Uhlenbruck, aaO § 17 Rn. 9, 18; Kübler/ Prütting/Pape, aaO § 17 Rn. 11; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 18; FK-InsO/ Schmerbach, aaO § 17 Rn. 17; Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 63 Rn. 27). Die Vorschrift des § 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zeigt, daß das Gesetz eine Ungewißheit über die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft längstens drei Wochen hinzunehmen bereit ist (Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG 17. Aufl. § 64 Rn. 5; Niesert ZInsO 2001, 735, 738 f).

Zwar werden im Hinblick auf die Vorschrift des § 286 Abs. 3 BGB n.F. systematische Bedenken gegen eine derartige Verkürzung der Frist erhoben (Himmelsbach/Thonfeld NZI 2001, 11, 13 noch zu § 284 Abs. 3 BGB a.F.; dagegen Braun/Kind, aaO § 17 Rn. 16). Es gehe nicht an, einen Schuldner, der noch nicht einmal in Verzug sei, als zahlungsunfähig zu behandeln mit der Konsequenz, daß der Gläubiger einen Insolvenzantrag stellen könne (§ 14 InsO) und -falls Schuldnerin eine GmbH sei -deren Geschäftsführung einen solchen stellen müsse (§ 64 Abs. 1 GmbHG). Diese Bedenken erscheinen jedoch nicht stichhaltig. Daß über den Insolvenzantrag eines Gläubigers früher als dreißig Tage nach Fälligkeit seiner Forderung entschieden wird, erscheint bereits wenig lebensnah. Zudem bezeichnet § 286 Abs. 3 BGB n.F. den spätesten Zeitpunkt des Verzugseintritts und läßt eine frühere Herbeiführung durch Mahnung unberührt. Für einen GmbH-Geschäftsführer, der zu prüfen hat, ob er Auszahlungen vornehmen darf, obwohl er für seine Gesellschaft eine kurzfristig nicht zu beseitigende Liquiditätslücke ermittelt hat, muß die Frage, ob sich die Gesellschaft mit der Begleichung der fälligen Verbindlichkeiten bereits in Verzug befindet, ohnehin bedeutungslos sein.

b) Die Frage, ob noch von einer vorübergehenden Zahlungsstockung oder schon von einer endgültigen Zahlungsunfähigkeit auszugehen ist, muß allein aufgrund der objektiven Umstände beantwortet werden (vgl. HK-InsO/ Kirchhof, aaO § 17 Rn. 19; Nerlich/Römermann/Mönning, aaO § 17 Rn. 30). Soweit die Haftung des Geschäftsführers für von ihm nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit vorgenommene Zahlungen zu beurteilen ist, muß allerdings auf der subjektiven Seite das Verschulden hinzukommen (§ 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG). Entscheidend ist hier, ob im Zeitpunkt der Zahlung bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes die Insolvenzreife der Gesellschaft für den Geschäftsführer nicht erkennbar ist, wobei diesen allerdings die volle Darlegungsund Beweislast trifft (BGHZ 143, 184, 185; BGH, Urt. v. 1. März 1993 -II ZR 61/92, WM 1994, 1030, 1031). Wenn dieser erkennt, daß die GmbH zu einem bestimmten Stichtag nicht in der Lage ist, ihre fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten vollständig zu bedienen, jedoch aufgrund einer sorgfältigen und gewissenhaften Prüfung der Meinung sein kann, die GmbH werde vor Erreichen des Zeitpunkts, bei dem eine Zahlungsstockung in eine Zahlungsunfähigkeit umschlägt -also binnen drei Wochen -, sämtliche Gläubiger voll befriedigen können, darf er innerhalb dieses Zeitraums, solange sich seine Prognose nicht vorzeitig als unhaltbar erweist, Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar sind (vgl. § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG), an Gläubiger leisten, ohne die Haftung befürchten zu müssen. Müßte er anstehende Zahlungen zurückhalten, bis die Zahlungsfähigkeit insgesamt wieder hergestellt ist, würde er dadurch die Geschäftsbeziehungen zu den betreffenden Gläubigern, auf deren Fortführung der Betrieb der Schuldnerin mehr denn je angewiesen ist, gefährden. Auch läge eine Zahlungseinstellung vor, mit welcher der Geschäftsführer möglicherweise Eröffnungsanträge der Gläubiger (§ 14 InsO) herausfordern würde. Ist die Zahlungsfähigkeit nach Ablauf der Frist noch nicht wieder hergestellt, darf er -weil nunmehr die endgültige Zahlungsunfähigkeit fest steht -nur noch solche Zahlungen leisten, welche die Insolvenzmasse nicht schmälern oder erforderlich sind, um das Unternehmen für die Zwecke des Insolvenzverfahrens zu erhalten (Michalski/Nerlich, GmbHG 2002 § 64 Rn. 46).

Für die Prognose, die der Geschäftsführer anstellen muß, sobald bei einer Liquiditätsbilanz eine Unterdeckung festzustellen ist, und die er bei jeder vorzunehmenden Zahlung kontrollieren muß, sind die konkreten Gegebenheiten in bezug auf den Schuldner -insbesondere dessen Außenstände, die Bonität der Drittschuldner und die Kreditwürdigkeit des Schuldners -, auf die Branche und die Art der fälligen Schulden zu berücksichtigen (Burger/Schellberg BB 1995, 261, 263; Kübler/Prütting/Pape, aaO § 17 Rn. 11; FK-InsO/Schmerbach, aaO § 17 Rn. 17).

3. Demgegenüber ist die Ansicht abzulehnen, zahlungsunfähig sei ein Schuldner generell bereits dann, wenn er seine fälligen Verbindlichkeiten nicht -binnen der dreiwöchigen Frist (dazu oben 2) -zu 100 % erfüllen kann.

a) Zwar spräche für diese strenge Lösung der Vorzug der begrifflichen Klarheit. Sie wäre zudem im Interesse der Rechtssicherheit. So könnte sich der Geschäftsführer der Schuldner-GmbH aufgrund der von ihm aufzustellenden Liquiditätsbilanz und der von ihm zu verlangenden Zukunftsprognose ohne weiteres Klarheit verschaffen, wann er gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG Insolvenzantrag stellen muß, nämlich in jedem Falle einer länger als drei Wochen währenden, noch so geringen Unterdeckung. Verhindert eine insgesamt gesehen geringfügige Unterdeckungsquote die Annahme der Zahlungsunfähigkeit, kann dies die konkret von der Unterdeckung betroffenen Gläubiger auch erheblich benachteiligen, weil sie nicht mit Aussicht auf Erfolg einen Insolvenzantrag stellen können. Ein Unternehmen, das dauerhaft eine -wenngleich geringfügige -Liquiditätslücke aufweist, erscheint auch nicht erhaltungswürdig.

b) Indes überwiegen die Gründe, einen Schuldner, der seine Verbindlichkeiten bis auf einen geringfügigen Rest bedienen kann, nicht als zahlungsunfähig anzusehen.

aa) Zum einen wollte -wie bereits dargelegt (oben 1 b) -auch der Gesetzgeber "ganz geringfügige Liquiditätslücken" für die Annahme einer Zahlungsunfähigkeit nicht ausreichen lassen. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß er die zu tolerierende Lücke nicht auch quantitativ, sondern lediglich zeitlich -im Sinne einer bloßen Zahlungsstockung -verstanden hat.

bb) Ein Insolvenzverfahren soll immer -aber auch erst -dann eingeleitet werden, wenn die Einzelzwangsvollstreckung keinen Erfolg mehr verspricht und nur noch die schnellsten Gläubiger zum Ziele kommen, die anderen hingegen leer ausgehen, eine gleichmäßige Befriedigung somit nicht mehr erreichbar ist. Je geringer der Umfang der Unterdeckung ist, desto eher ist es den Gläubigern zumutbar, einstweilen zuzuwarten, ob es dem Schuldner gelingen wird, die volle Liquidität wieder zu erlangen. Das Geschäftsleben ist in weiten Teilen dadurch gekennzeichnet, daß Phasen mit guter Umsatzund Ertragslage und Rückschläge sich abwechseln. Insbesondere mittelständische Unternehmen mit geringer Eigenkapitalausstattung, etwa Handwerksbetriebe, sind oft darauf angewiesen, daß Kundenzahlungen vollständig und zeitnah erfolgen. Wird ein größerer Auftrag nicht bezahlt, kann dies eine Liquiditätskrise auslösen. Je kleiner die Liquiditätslücke ist, desto begründeter ist die Erwartung, daß es dem Schuldner gelingen wird, das Defizit in absehbarer Zeit zu beseitigen -sei es durch eine Belebung seiner Geschäftstätigkeit, sei es durch die anderweitige Beschaffung neuer flüssiger Mittel, sei es durch Einigung mit Gläubigern -, also die Zahlungsfähigkeit wieder zu erlangen (so bereits Burger/Schellberg BB 1995, 261, 263; FK-InsO/Schmerbach, aaO § 17 Rn. 2; Scholz/K. Schmidt, § 64 Rn. 13). In einem solchen Fall brächte die Insolvenzeröffnung den Gläubigern keinen Vorteil, insbesondere keine schnellere und betragsmäßig höhere Befriedigung (Himmelsbach/Thonfeld aaO S. 15; Zweifel am Rechtsschutzinteresse des antragstellenden Gläubigers äußern auch Nerlich/Römermann/Mönning, aaO § 17 Rn. 18).

Zwar wird die Auffassung vertreten, wenn ein Schuldner geringe Forderungen nicht mehr ausgleichen könne, so sei er erst recht außerstande, größere Beträge zu zahlen (Uhlenbruck, aaO § 17 Rn. 10; Pape/Uhlenbruck, Insolvenzrecht 2002 Rn. 300; Beck/Depre, Praxis der Insolvenz 2003 S. 216). Diese Erwägung ist unzutreffend. Ein Schuldner, der -beispielsweise -zu 90 % oder mehr liquide ist, vermag durchaus auch hohe Forderungen zu befriedigen.

cc) Einen Insolvenzgrund auch bereits bei sehr kleinen Liquiditätslücken anzunehmen, verbietet sich schließlich im Interesse des Schuldners. Sofern seine Auftragslage gut ist und künftig mit anderen Zahlungseingängen gerechnet werden kann, wäre es unangemessen, wenn er wegen einer vorübergehenden Unterdeckung von wenigen Prozent, die nicht binnen drei Wochen (vgl. oben 2) beseitigt werden kann, Insolvenz anmelden müsste. Der damit verbundene Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen (Art. 12, 14 GG) wäre unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit bedenklich (Himmelsbach/Thonfeld aaO S. 15).

dd) Gesamtwirtschaftliche Erwägungen bestätigen dieses Ergebnis. In bestimmten Branchen sind regelmäßig saisonale Flauten zu überbrücken, die teilweise mehrere Monate andauern (Himmelsbach/Thonfeld aaO S. 11). Als Beispielsfälle sind insbesondere die Bauwirtschaft, der Fremdenverkehr und die Hersteller typischer Saisonartikel (etwa Bademoden, Wintersportgeräte und -bekleidung) zu nennen. Wer sich auf einem derartigen Wirtschaftssektor als Anbieter betätigt, muß immer wieder mit Liquiditätsengpässen rechnen. Er darf jedoch normalerweise mit einer wirtschaftlichen Erholung rechnen, sobald die Saison wieder angelaufen ist. Müßte er trotzdem, sobald die Grenze der Zahlungsstockung überschritten ist (dazu oben 2), selbst bei prozentual geringfügiger Liquiditätslücke Insolvenz anmelden, würde dies in manchen Wirtschaftszweigen zu erheblichen Problemen führen.

4. Um die Praxis in die Lage zu versetzen, den Begriff der "geringfügigen Liquiditätslücke" zu handhaben, kann auf eine zahlenmäßige Vorgabe nicht völlig verzichtet werden.

a) Allerdings hat der Gesetzgeber mit Recht davor gewarnt, "Zahlungsunfähigkeit erst anzunehmen, wenn der Schuldner einen bestimmten Bruchteil der Gesamtsumme seiner Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann". Dies spricht jedoch nur dagegen, eine starre zahlenmäßige Grenze einzuführen, die automatisch über das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit entscheidet. Eine starre Grenze hätte auch der Gesetzgeber einführen können. Da er davon abgesehen hat, wollte er offensichtlich für die Rechtsanwendung eine gewisse Flexibilität ermöglichen.

Würde beispielsweise angenommen, bei einer Unterdeckung von weniger als einem bestimmten Vomhundertsatz läge keine Zahlungsunfähigkeit vor, beim Erreichen dieses Vomhundertsatzes jedoch stets, bliebe unberücksichtigt, daß derartige Quoten für sich allein genommen keine abschließende Bewertung eines wirtschaftlich komplexen Sachverhalts wie der Zahlungsunfähigkeit erlauben. Bei einem Unternehmen, dem im Hinblick auf seine Auftragsund Ertragslage eine gute Zukunftsprognose gestellt werden kann, hat eine momentane Liquiditätsunterdeckung in Höhe jenes Vomhundertsatzes eine ganz andere Bedeutung als bei einem solchen, dem für die Zukunft ein weiterer geschäftlicher Niedergang prophezeit werden muß.

Daher kommt die Einführung eines prozentualen Schwellenwerts nur in der Form in Betracht, daß sein Erreichen eine widerlegbare Vermutung für die Zahlungsunfähigkeit begründet.

b) Der Senat hält es für angemessen, den Schwellenwert bei 10 % anzusetzen. Ein höherer Wert ließe sich mit der Absicht des Gesetzgebers, die Anforderungen an die Annahme der Zahlungsunfähigkeit abzusenken, schwerlich vereinbaren. Andererseits wäre ein niedrigerer Schwellenwert als 10 % -in Betracht kommt dann nur noch 5 % -dem rigorosen "Null-Toleranz-Prinzip" zu sehr angenähert, um noch praktische Wirkungen entfalten zu können.

Liegt eine Unterdeckung von weniger als 10 % vor, genügt sie allein nicht zum Beleg der Zahlungsunfähigkeit. Wenn diese gleichwohl angenommen werden soll, müssen besondere Umstände vorliegen, die diesen Standpunkt stützen. Ein solcher Umstand kann auch die auf Tatsachen gegründete Erwartung sein, daß sich der Niedergang des Schuldner-Unternehmens fortsetzen wird. Geht es um die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, muß das Insolvenzgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 5 Abs. 1 Satz 1 InsO) solche Umstände feststellen. Geht es um die Geschäftsführerhaftung nach § 64 GmbHG, muß die Gesellschaft, die den Geschäftsführer in Anspruch nimmt, oder deren Insolvenzverwalter die besonderen Umstände vortragen und beweisen.

Beträgt die Unterdeckung 10 % oder mehr, muß umgekehrt im Rahmen des § 64 GmbHG der Geschäftsführer der Gesellschaft -falls er meint, es sei doch von einer Zahlungsfähigkeit auszugehen -entsprechende Indizien vortragen und beweisen. Dazu ist in der Regel die Benennung konkreter Umstände erforderlich, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, daß die Liquiditätslücke zwar nicht innerhalb von zwei bis drei Wochen -dann läge nur eine Zahlungsstockung vor -, jedoch immerhin in überschaubarer Zeit beseitigt werden wird. Im Zusammenhang mit einem Gläubigerantrag (§ 14 InsO) muß sich der Schuldner auf diese Umstände berufen, und das Insolvenzgericht hat sie festzustellen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 InsO).

Je näher die konkret festgestellte Unterdeckung dem Schwellenwert kommt, desto geringere Anforderungen sind an das Gewicht der besonderen Umstände zu richten, mit denen die Vermutung entkräftet werden kann. Umgekehrt müssen umso schwerer wiegende Umstände vorliegen, je größer der Abstand der tatsächlichen Unterdeckung von dem Schwellenwert ist.

5. Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Ergebnis des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden. Die mindestens 9,2 %-ige Unterdeckung und eine auf unstreitige Tatsachen gegründete schlechte Zukunftsprognose rechtfertigen zusammen die Annahme, daß die Schuldnerin bereits mit Abschluß des für sie ruinösen Vergleichs am 9. September 1999 zahlungsunfähig war. Dies war für den Beklagten erkennbar; zumindest hat er das Gegenteil nicht bewiesen.

a) Die Zukunftsaussichten für die Schuldnerin waren bereits am 9. September 1999 sehr schlecht. In diesem Zusammenhang rügt die Revision vergeblich die Nichterhebung des angebotenen Sachverständigenbeweises. Der Beweis war für die Vertretbarkeit einer von dem Beklagten vorgenommenen positiven Fortführungsprognose angetreten und betraf die Frage der Überschuldung. Darauf hat das Berufungsgericht seine Entscheidung jedoch nicht gestützt.

Der Kläger hat geltend gemacht, der Beklagte habe überhaupt keine positive Zukunftsprognose erstellt. Dabei gewinnt die unstreitige Tatsache Bedeutung, daß der Beklagte Ende September 1999 Kunden der Schuldnerin angedroht hat, wenn sie nicht mit einer Reduzierung ihrer Forderungen um 35 % einverstanden seien, müsse die Schuldnerin "schließen" und "Konkurs" anmelden. Nicht vorgetragen ist -was Sache des Beklagten gewesen wäre -, daß sich bis zu dem Tage im Dezember 1999, an dem der Beklagte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hat, eine der Schuldnerin nachteilige Entwicklung ergeben hat, die nicht bereits am 9. September 1999 abgeschlossen oder zumindest deutlich erkennbar war.

b) Auf der Passivseite war damit zu rechnen, daß zu den Verbindlichkeiten, die nach der Berechnung des Berufungsgerichts zu einer Unterdeckung von 9,2 % geführt haben, zumindest noch eine solche gegenüber SW. hinzukommen würde. Deren Rechnungen hatte die Schuldnerin in ihrer Summenund Saldenliste per 31. August 1999 berücksichtigt. In der an den Mitgesellschafter B. gerichteten Prüfbitte vom 14. September 1999 hatte der Beklagte vorgesehen, daß etwa noch verfügbare Mittel im Verhältnis 2/3 zu 1/3 auf SW. und S. aufgeteilt werden sollten. Noch im Januar 2000 -also nach dem von ihm gestellten Insolvenzantrag, der angeblich durch die schlechte Arbeit der Subunternehmer verursacht sein soll -hat der Beklagte erklärt, die Forderungen der SW. seien wenigstens in Höhe von 350.000 DM berechtigt. Der Kläger hat die Forderungen der SW. in Höhe von über 800.000 DM zur Tabelle anerkannt. Ferner war damit zu rechnen, daß auch S. , dessen Rechnungen am 9. September 1999 noch nicht vollständig vorlagen, nicht ohne weiteres auf seine Forderungen verzichten würde. Diese haben inzwischen in Höhe von ca.

953.000 DM Aufnahme in die Tabelle gefunden.

c) Der Kläger hat dargetan, daß auf der Aktivseite in absehbarer Zeit nicht mit erheblichen zusätzlichen Einnahmen zu rechnen war.

Das Berufungsgericht hat mit näherer Begründung ausgeführt, am 9. September 1999 sei nicht zu erwarten gewesen, daß K. den Teilbetrag von 400.000 DM nebst Mehrwertsteuer zum Fälligkeitszeitpunkt 30. September 1999 zahlen werde. Dies wird von der Revision nicht angegriffen und läßt auch keinen Rechtsfehler erkennen. Daß die Aussichten auf Erhalt des Teilbetrages besser zu beurteilen gewesen seien, wenn der Prognosezeitraum über den 30. September 1999 hinaus erstreckt worden wäre, macht die Revision -zu Recht -nicht geltend.

Der Vortrag des Beklagten, es hätten noch Bestellungen der V.

vom 22. August und 22. September 1999 im Umfang von 1,4 Mio. DM vorgelegen, ist nicht erheblich. Es kann allenfalls vom Abschluß einer Rahmenvereinbarung ausgegangen werden. Ob sich dieser Kontakt durch Abruf bestimmter Leistungen zu einem vergütungspflichtigen Auftrag verdichten würde, war damals nicht abzusehen. Dazu fehlt auch jeder Vortrag.

Die Behauptung des Beklagten, die Schuldnerin habe während der gesamten Zeit zwischen dem 9. September und dem 31. Dezember 1999 ihre Konten durchgängig im Haben geführt, die Einzahlungen hätten die Auszahlungen überstiegen und es seien nie irgendwelche Bankdarlehen in Anspruch genommen worden, besagt nichts über eine objektiv begründete Aussicht, die fehlende Liquidität durch zusätzliche Geldmittel wiederzugewinnen. Der Beklagte hat nicht dargelegt, daß er sich um Kredite bemüht habe, bevor er Insolvenzantrag gestellt hat. Dies läßt vermuten, daß er nach der selbst als "desaströs" eingeschätzten Abwicklung des Auftrags der K. von Kreditunwürdigkeit ausgegangen ist.

Nicht substantiiert dargelegt hat der Beklagte, der Vergleichsschluß habe für die Schuldnerin einen Vorsteuererstattungsanspruch in Höhe von 345.000 DM begründet. Dies wäre nur der Fall gewesen, wenn die Schuldnerin vor dem Vergleichsschluß nicht nur offene Forderungen gegen K. in Höhe von ca. 4 Mio. DM gebucht, sondern darauf auch bereits Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt gehabt hätte. Dies hat der Beklagte selbst nicht behauptet.

Fischer

Ganter

Nekovi

Vill

Lohmann

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.