Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 23. Feb. 2016 - I-6 W 99/15
Gericht
Tenor
Die Beschwerde der Kläger vom 14.12.2015 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 24.11.2015 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
1
G r ü n d e :
2I.
3Mit der bislang nicht zugestellten Klage begehren die Kläger wegen der Rückabwicklung eines von ihnen widerrufenen Annuitätendarlehens neben der Feststellung des Annahmeverzugs und des Ersatzes ihrer vorgerichtlichen Kosten die Beklagten zu verurteilen, die zur Sicherung des Darlehens bestellte Grundschuld über nominal € 130.000,- zu löschen und € 17.790,02 nebst Zinsen zu zahlen, Letzteres Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrags in Höhe von ursprünglich € 97.439,04, der um die seit dem 31.03.2014 von den Klägern monatlich gezahlten Darlehensraten zu vermindern ist.
4Mit Beschluss vom 05.10.2015 hat das Landgericht den Streitwert für das Hauptsacheverfahren vorläufig auf bis zu € 155.000,- festgesetzt. Mit Schriftsatz vom 18.11.2015 haben die Kläger gegen den Streitwertbeschluss vom 05.10.2015 „Erinnerung“ eingelegt und dazu ausgeführt, auf Wunsch ihrer Rechtsschutzversicherung möge der Streitwert lediglich nach der Summe bemessen werden, die sich aus dem 3,5 fachen Jahresbetrag der Vertragszinsen und 20 % des Nominalwerts der Grundschuld zusammensetze. Zugleich haben die Prozessbevollmächtigten der Kläger bemerkt, sie hielten jedoch eine Festsetzung in Höhe der Summe aus dem Nominalbetrag der Grundschuld und des von der Beklagten im Rahmen der Ablösung zu zahlenden Betrags für gerechtfertigt.
5Daraufhin hat das Landgericht mit Beschluss vom 24.11.2015 die Zustellung der Klageschrift von der Einzahlung eines Gerichtskostenvorschusses in Höhe von € 4.158,00 abhängig gemacht und zur Begründung angeführt, dieser Betrag ergebe sich aus der vorläufigen Streitwertfestsetzung von € 155.000,-. Gegen diesen Beschluss haben die Kläger mit Schriftsatz vom 14.12.2015 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung der Beschwerde haben die Kläger auf ihren Schriftsatz vom 18.11.2015 verwiesen.
6Mit Beschluss vom 15.12.2015 hat das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
7II.
8Die von den Klägern eingelegte Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet.
9- 10
1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 GKG statthaft, weil mit dem Beschluss des Landgerichts die Zustellung der Klageschrift vom 25.09.2015 von einer Vorschussleistung abhängig gemacht worden ist. Die Kläger sind durch die angefochtene Entscheidung auch beschwert, weil sie meinen, der vorläufige Streitwert und damit auch der Kostenvorschuss seien zu hoch festgesetzt worden. Eine Mindestbeschwer ist nicht erforderlich, weil gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Beschwerde gegen die Anordnung eines Vorschusses „stets“ stattfindet (Zimmermann in Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Auflage, § 67 GKG Rz. 8). Ebenso wenig muss eine bestimmte Frist eingehalten werden (Zimmermann, a.a.O.).
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2. Die Beschwerde ist unbegründet. Das Landgericht hat die Zustellung der Klage gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 GKG zu Recht von der Leistung eines Vorschusses abhängig gemacht, den das Landgericht zutreffend gemäß Nr. 1210 KV GKG mit dem Dreifachen des gemäß der Anlage 2 zum GKG für einen Streitwert von bis zu € 155.000,- geltenden Gebührensatzes von € 1.386,-, d.h. mit € 4.158,- angesetzt hat. Gemäß § 39 Abs. 1 GKG werden die Streitwerte für mehrere Klageanträge zusammengerechnet. In diese Berechnung fließen die Einzelstreitwerte des Klageantrags zu 1 a)) mit € 130.000,- und des Klageantrags zu 1 b)) mit € 17.790,02 ein, nicht jedoch die der Klageanträge zu 2) und 3):
a) Der Einzelstreitwert für den Klageantrag zu 1 a) wird gemäß §§ 48 Abs. 1 GKG, 6 Satz 1 ZPO nach dem Nominalbetrag der zu löschenden Grundschuld bestimmt, der € 130.000,- beträgt. Entgegen der Meinung der Beschwerde muss die auf den Nominalwert des Sicherungsmittels abstellende Vorschrift des § 6 Satz 1 ZPO zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes nicht stets einschränkend ausgelegt werden (BVerfG, Beschluss vom 16.11.1999 – 1 BvR 1821/94, Rz. 18). Eine solche verfassungskonforme Auslegung von § 6 Satz 1 ZPO ist vielmehr nur geboten, wenn aufgrund der konkreten Umstände eindeutig zu erkennen ist, dass für einen Kläger der wirtschaftliche Wert des Verfahrens weit unter dem festgesetzten Streitwert liegt. Eine solche Ausnahmesituation ist hier schon deshalb nicht gegeben, weil nach dem eigenen Vorbringen der Kläger die Grundschuld noch mit rund 75 % (= € 97.439,04 von € 130.000,-) valutiert.
13b) Der Einzelstreitwert für den Klageantrag zu 2) beträgt gemäß §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO € 17.790,02. Bei Zug-um-Zug-Leistungen bleibt der Wert der Gegenleistung unberücksichtigt (Herget in Zöller, ZPO, 31. Auflage, § 3 Rz. 16, Stichtwort „Zug-um-Zug-Leistungen“). Für den Streitwert des Klageantrags zu 2) kommt es daher allein darauf an, dass die Kläger eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von € 17.790,02 beantragen. Entgegen der Meinung der Beschwerde ist für diesen Antrag nicht der 3,5 fache Jahreswert der ausstehenden Vertragszinsen anzusetzen. Zwar ist der Streitwert einer Feststellungsklage, mit der festgestellt werden soll, dass ein Darlehensvertragsverhältnis durch einen Widerruf beendet worden ist, gemäß §§ 48 Abs. 1 GKG, 3, 9 Satz 1 ZPO nach der auf den 3,5 fachen Jahresbetrag begrenzten Summe der noch ausstehenden Vertragszinsen zu berechnen, weil das wirtschaftliche Interesse des Widerrufenden in der Regel dahin geht, sich von der Verpflichtung zur Zahlung von Vertragszinsen für die Zeit nach der Rückabwicklung zu befreien (Beschluss des Senats vom 10.11.2015 – I-6 U 296/14, Rz. 3). Dieses wirtschaftliche Interesse verfolgt der Kläger jedoch nicht mit seinem Klageantrag zu 1 b). Vielmehr macht er mit diesem Zahlungsantrag die seiner Meinung nach bestehende Rückgewährverpflichtung zum Gegenstand des Rechtsstreits.
14c) Der Klageantrag zu 2), mit dem die Feststellung des Annahmeverzugs beantragt wird, bleibt wegen der wirtschaftlichen Identität mit dem Klageantrag zu 1) außer Betracht.
15d) Der Klageantrag zu 3) bleibt gemäß § 43 Abs. 1 GKG unberücksichtigt, weil mit ihm als Nebenforderung zu dem Klageantrag zu 1) der Ersatz vorgerichtlicher Kosten verlangt wird.
16III.
17Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.
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(1) Gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts nur aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, und wegen der Höhe des in diesem Fall im Voraus zu zahlenden Betrags findet stets die Beschwerde statt. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 4, 5 Satz 1 und 5, Absatz 6 und 8 ist entsprechend anzuwenden. Soweit sich die Partei in dem Hauptsacheverfahren vor dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten werden soll, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen muss, gilt dies auch im Beschwerdeverfahren.
(2) Im Fall des § 17 Absatz 2 ist § 66 entsprechend anzuwenden.
(1) Gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts nur aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, und wegen der Höhe des in diesem Fall im Voraus zu zahlenden Betrags findet stets die Beschwerde statt. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 4, 5 Satz 1 und 5, Absatz 6 und 8 ist entsprechend anzuwenden. Soweit sich die Partei in dem Hauptsacheverfahren vor dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten werden soll, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen muss, gilt dies auch im Beschwerdeverfahren.
(2) Im Fall des § 17 Absatz 2 ist § 66 entsprechend anzuwenden.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten soll die Klage erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen zugestellt werden. Wird der Klageantrag erweitert, soll vor Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen keine gerichtliche Handlung vorgenommen werden; dies gilt auch in der Rechtsmittelinstanz. Die Anmeldung zum Musterverfahren (§ 10 Absatz 2 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes) soll erst nach Zahlung der Gebühr nach Nummer 1902 des Kostenverzeichnisses zugestellt werden.
(2) Absatz 1 gilt nicht
- 1.
für die Widerklage, - 2.
für europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, - 3.
für Rechtsstreitigkeiten über Erfindungen eines Arbeitnehmers, soweit nach § 39 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen die für Patentstreitsachen zuständigen Gerichte ausschließlich zuständig sind, und - 4.
für die Restitutionsklage nach § 580 Nummer 8 der Zivilprozessordnung.
(3) Der Mahnbescheid soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr erlassen werden. Wird der Mahnbescheid maschinell erstellt, gilt Satz 1 erst für den Erlass des Vollstreckungsbescheids. Im Mahnverfahren soll auf Antrag des Antragstellers nach Erhebung des Widerspruchs die Sache an das für das streitige Verfahren als zuständig bezeichnete Gericht erst abgegeben werden, wenn die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen gezahlt ist; dies gilt entsprechend für das Verfahren nach Erlass eines Vollstreckungsbescheids unter Vorbehalt der Ausführung der Rechte des Beklagten. Satz 3 gilt auch für die nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen zu zahlende Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen.
(4) Absatz 3 Satz 1 gilt im Europäischen Mahnverfahren entsprechend. Wird ein europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen ohne Anwendung der Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 fortgeführt, soll vor Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen keine gerichtliche Handlung vorgenommen werden.
(5) Über den Antrag auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr entschieden werden.
(6) Über Anträge auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung (§ 733 der Zivilprozessordnung) und über Anträge auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 829 Absatz 1, §§ 835, 839, 846 bis 848, 857, 858, 886 bis 888 oder § 890 der Zivilprozessordnung soll erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren und der Auslagen für die Zustellung entschieden werden. Dies gilt nicht bei elektronischen Anträgen auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 829a der Zivilprozessordnung.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.
(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
