Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 16. Juni 2015 - I-21 U 175/14
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18.09.2014 – 16 O 375/08 – teilweise abgeändert und die Beklagten als Gesamtschuldner weitergehend verurteilt, an die Kläger Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.11.2008 aus 667,35 € zu zahlen.
Die weitergehende Berufung der Kläger und die Anschlussberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger zu 95 % und die Beklagten zu 5 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite zuvor Sicherheit in selber Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Parteien streiten in 2. Instanz noch um eine Ersatzpflicht der Beklagten wegen im Keller/Souterrain des Hauses vorhandener Feuchtigkeit.
4Die Kläger erwarben mit notariellem Kaufvertrag vom 01.10.2007 von den Beklagten zu einem Kaufpreis von 310.000 € ein Grundstück, das mit einem im Jahre 1962 errichteten freistehenden Ein – bis Zweifamilienhaus bebaut ist. Die Kläger besichtigten vor Erwerb das Objekt mehrmals.
5Im Vertrag hatten die Parteien unter anderem folgendes vereinbart:
6„V. Beschaffenheit; Rechte des Erwerbers bei Mängeln
71. Der Käufer hat das Kaufobjekt besichtigt; er kauft es im gegenwärtigen gebrauchten Zustand. Die Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Grundstücks und des Gebäudes sind ausgeschlossen. Dies gilt auch für alle Ansprüche auf Schadensersatz, es sei denn der Verkäufer handelt vorsätzlich. Von der vorstehenden Rechtsbeschränkung ausgenommen ist eine Haftung für Vorsatz oder Arglist. Der Verkäufer erklärt jedoch, dass er keine wesentlichen Sachmängel kennt, die bei einer Besichtigung ohne besondere Sachkunde nicht erkennbar sind. Dem Verkäufer ist nach Belehrung durch den Notar bekannt, dass er insoweit eine Offenbarungspflicht gegenüber dem Käufer hat, um nicht wegen Vorsatz oder arglistigem Verschweigen eines Mangels zu haften.
8Unberührt bleiben jedoch Rechte des Käufers wegen Sachmängeln, die nachweislich ab heute bis zum Besitzübergang eintreten.
92. Der Verkäufer versichert, dass ihm unsichtbare Sachmängel, insbesondere Bodenverunreinigungen nicht bekannt sind.“
10Die Beklagten selbst hatten das Objekt im Jahre 1992 erworben. Die im Haus befindlichen Wohnungen nebst Kellerräumen waren von Juli 2002 bis Ende Juni 2007 an die Zeugin L... und den Zeugen B.... bzw. von Oktober 2005 bis Ende Mai 2007 an die Zeugen F… und A… F… vermietet.
11Zum Zeitpunkt des Einzuges der Zeugen L.../ B.... war der Kellerbereich unter der Terrasse feucht. Von Mitte 2002 bis zum Frühjahr 2003 ließen die Beklagten den unter der Terrasse gelegenen Teil des Kellers aufgraben, isolieren und von innen neu verputzen. Weiterhin wurde ein neues Fenster eingesetzt sowie der alte Terrassenbelag entfernt und durch neuen ersetzt. Im Frühjahr 2004 zeigten die Zeugen L.../ B.... den Beklagten, dass sich im Flur des Souterrains Feuchtigkeit und Schimmel gebildet hatte, was die Beklagten auf einen überfüllten Schrank zurückführten.
12Am 01.11.2007 wurde das Haus an die Kläger übergeben.
13Die Kläger beseitigten eine auf der Terrasse befindliche Pergola und bauten statt der kleinen Eingangstür von der Terrasse ins Gebäudeinnere eine ca. drei Meter breite Schiebetüranlage ein.
14Die Kläger haben die Beklagten unter Bezugnahme auf das gerichtliche Gutachten der Sachverständigen P... vom 23.04.2011 auf Schadensersatz in Höhe von zuletzt 114.082,92 € wegen mangelnder Abdichtung sowie Zahlung weiterer 9100 € wegen fehlender Genehmigung der Nutzung des Dachgeschosses zu Wohnzwecken in Anspruch genommen, sowie die Feststellung begehrt, dass diese zum Ersatz aller sich aus der unzureichenden Isolierung und der fehlenden Nutzungsgenehmigung ergebenden weiteren Schäden verpflichtet sind. Die Kläger haben hierzu behauptet, die Beklagten hätten durch einen „Verkaufsanstrich“ ihnen bekannte vorhandene Putz – und Feuchtigkeitsschäden und Schimmel kaschiert, so dass diese bei der Besichtigung nicht hätten bemerkt werden können.
15Die Beklagten haben bestritten, dass ihnen nach Abschluss der Sanierungsarbeiten im Jahre 2003 weitere Feuchtigkeitsschäden bekannt geworden seien. Der im Frühjahr 2004 gerügte Schimmel sei nach Aufräumen des Schranks durch die Mieter nicht wieder aufgetreten. Durch die Beseitigung der Pergola hätten die Kläger das Abdichtungssystem der Terrasse zerstört, was zu dem nachfolgenden Wassereintritt in die darunter liegenden Kellerräume geführt habe.
16Erstinstanzlich hatten die Beklagten im Wege der Widerklage noch die Erstattung ihnen vorgerichtlich entstandener Gebühren ihrer Prozessbevollmächtigten begehrt, was von ihnen in 2. Instanz nicht weiterverfolgt wird.
17Mit Urteil vom 18.09.2014 hat die 16. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf – Einzelrichter – unter Abweisung der weitergehenden Klage die Beklagten zur Zahlung von 5.087,95 € nebst Zinsen sowie zur Erstattung anteiliger vorgerichtlicher Anwaltskosten verurteilt und festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern denjenigen über einen Betrag von 4.000,00 € hinausgehenden Schaden zu ersetzen, der ihnen dadurch entstanden ist, dass sie ihnen vor und bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages vom 01.10.2007 betreffend das Grundstück A B 8 in M arglistig verschwiegen haben, dass die Kellerwände des sich unter der Terrasse befindlichen, nach Norden zur Treppe hin gelegenen Außenkellerraumes des sich auf diesem Grundstück befindlichen Gebäudes unzureichend gegen Feuchtigkeit isoliert sind und/ oder dort in erheblichem Umfang Feuchtigkeit und sich daraus ergebende Schäden vorhanden sind. Die Widerklage wurde abgewiesen.
18Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein Sachmangel nur hinsichtlich des o.g. Raumes unter der Terrasse zu bejahen sei. Nach den Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen sei nur dort die Feuchtigkeit so gravierend, dass diese auch unter Berücksichtigung der konkreten Nutzungsart nicht mehr der üblichen Beschaffenheit entspreche. Soweit in den übrigen Kellerräumen Feuchtigkeit gemessen worden sei, sei diese angesichts des Baujahres nicht zu beanstanden. Da nur das Büro und der Fitnessraum dem dauerhaften Aufenthalt von Menschen zu dienen bestimmt seien, und hier eine maximal ausgleichsfeuchte Wand festgestellt worden sei, liege kein Mangel vor.
19Den Beklagten sei die Feuchtigkeitsbelastung in dem zur Treppe orientierten Außenkellerraum nach den Bekundungen der Zeugen F... bekannt gewesen. Der Beklagte zu 1.) habe gewusst, dass die Feuchtigkeitsproblematik nicht beseitigt sei, da er die den Zeugen F... angekündigten Sanierungsmaßnahmen nicht durchgeführt habe. Hierauf hätten die Kläger hingewiesen werden müssen, da nicht davon auszugehen sei, dass diese das Haus mit einem teilweise nassen Keller zu den gleichen Bedingungen gekauft hätten wie ein Haus mit einem trockenen Keller. Die Beklagten hätten auch nicht annehmen dürfen, dass den Klägern die Feuchtigkeitsproblematik allein aufgrund der Besichtigung bekannt war. Den zu ersetzenden Mindestschaden schätzte das Landgericht gemäß § 287 ZPO nach den Ausführungen der Sachverständigen auf 4000 €. Daneben hätten die Beklagten den Klägern auch die Kosten des von diesem zur Schadensfeststellung eingeholten Sachverständigengutachtens sowie anteilige Rechtsverfolgungskosten zu erstatten. Aus den gleichen Erwägungen folge auch die Berechtigung des Feststellungsbegehrens im tenorierten Umfang.
20Mit ihrer form – und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgen die Kläger ihre Ansprüche im Zusammenhang mit der Feuchtigkeit im Kellerbereich im vollen Umfang weiten. Mit ihrer ebenfalls form – und fristgerecht eingelegten Anschlussberufung richten sich die Beklagten gegen ihre erstinstanzliche Verurteilung.
21Zur Begründung ihrer Berufung machen die Kläger im Wesentlichen geltend, das Landgericht habe verkannt, dass die Parteien übereinstimmend eine Nutzung der streitgegenständlichen Kellerräume zu Wohnzwecken vorausgesetzt hätten und ihnen diese als Wohnfläche verkauft worden seien.
22Die vom Landgericht vorgenommene besondere Glaubhaftigkeitsprüfung der Zeugenaussagen nach der so genannten Nullhypothese sei weder im Zivilverfahren angezeigt noch seien deren Voraussetzungen erfüllt. Zudem verstoße die landgerichtliche Beweiswürdigung auch gegen Erfahrungssätze und überspanne die Anforderungen an das Beweismaß. Auch habe es das Gericht versäumt, im Anschluss an die Beweisaufnahme den Sach- und Streitstand und das Ergebnis der Beweisaufnahme mit den Parteien zu erörtern. Wäre dies geschehen, hätten die Kläger insbesondere darauf hingewiesen, dass der landgerichtliche Ansatz, die Mangelhaftigkeit des Hauses sei nur dann gegeben, wenn Feuchtigkeitsmängel an den Außenwänden vorhanden seien, die über das Maß hinausgingen, das bei einer bauzeitüblichen Bauwerksabdichtung zu erwarten sei, falsch sei. Auch hätten sie vorgetragen, dass aufgrund einer rechtlichen Gesamtbewertung aller sich aus dem Inhalt der Gerichtsakte ergebenden Tatsachen feststehe, dass die Beklagten vor Vertragsschluss Kenntnis von durch die Kelleraußenwände eindringender Feuchtigkeit nebst Schimmelbildung hatten.
23Ergänzend sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 1.) selbst im Jahre 2002 Isolierungsarbeiten vorgenommen habe, um das Eindringen weiterer Feuchtigkeit zu vermeiden. Diese seien jedoch nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen technisch mangelhaft gewesen. Es werde verkannt, dass ein Mangel auch dann vorliege, wenn es noch nicht zu einem entsprechenden Feuchtigkeitsschaden gekommen sei.
24Hätte das Landgericht verfahrensfehlerfrei die Aussagen der vernommenen Zeugen gewürdigt, hätte es den Klägern die von der Sachverständigen genannten Kosten für die Herstellung einer Abdichtung sämtlicher Kelleraußenwände als kleinen Schadensersatz zuerkannt. Daneben stünden ihnen folglich auch die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten in voller Höhe zu, für die erstmals mit der Berufung Zinsen gefordert werden. Auch der Feststellungsantrag sei entsprechend weiter zu fassen.
25Die Kläger beantragen,
261. das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18.09.2014 – 16 O 375/08 – teilweise abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie weitere 110.082,92 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 15.500,00 € seit dem 04.11.2008 bis 06.09.2011 und aus 110.08 2,92 € seit dem 7. 9. 2011 sowie weitere 536,43 € nebst diesbezüglicher Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.11.2008 zu zahlen,
272. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihnen denjenigen über einen Betrag von 114.082,92 € hinausgehenden Schaden zu ersetzen, der ihnen dadurch entsteht, dass sie ihnen vor und bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages vom 01.10.2007 betreffend das Grundstück A……8 in M….. arglistig verschwiegen haben, dass die Kellerwände des sich auf diesem Grundstück befindlichen Gebäudes unzureichend gegen Feuchtigkeit isoliert sind und/ oder dort in erheblichem Umfang Feuchtigkeit und sich daraus ergebende Schäden vorhanden sind.
28Die Beklagten beantragen,
29die Berufung zurückzuweisen
30sowie im Wege der Anschlussberufung
31das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18.09.2014, Aktenzeichen – 16 O 375/08 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
32Die Kläger beantragen,
33die Anschlussberufung zurückzuweisen.
34Die Beklagten sind der Ansicht, dass den Klägern kein Schadensersatzanspruch zustehe. Ihnen, den Beklagten, könne weder ein arglistiges Verschweigen von Mängeln noch eine arglistige Täuschung der Kläger vorgeworfen werden.
35Bei seiner Beweiswürdigung, ihnen seien vor dem 01.10.2007 Feuchtigkeitserscheinungen in dem zur Treppe orientierten vorderen Außenkellerraum bekannt gewesen, habe das Landgericht die eigenen Beweiswürdigungsgrundsätze verletzt. Keiner der insgesamt 13 Personen, die das Haus über 19,5 Stunden besichtigt hätten, sei Feuchtigkeit oder Schimmelbildung aufgefallen. Der Keller sei bei Kaufvertragsschluss und Übergabe trocken gewesen.
36Die Kläger hätten das Objekt im „gegenwärtigen gebrauchten Zustand“ unter Ausschluss von Sachmängelrechten gekauft. Bei ihrer Berufungsbegründung verdrängten die Kläger, dass das Objekt bei Verkauf dem technischen Stand zum Zeitpunkt der Bauerrichtung im Jahr 1962 entsprochen habe, und erst die Kläger selbst durch die Entfernung der Pergola und Errichtung der neuen bodentiefen Fenstertüranlage die nachfolgenden Feuchtigkeitsschäden verursacht hätten.
37Die Feststellungen des klägerseits beauftragten Sachverständigen U... seien völlig untauglich und erfüllten nicht die Anforderungen an ein Gutachten.
38II.
39Der Erfolg beider Rechtsmittel hängt davon ab, ob, und in welchem Umfang den Klägern im Zusammenhang mit den behaupteten Feuchtigkeitsschäden ein Schadensersatzanspruch gegenüber den Beklagten gemäß §§ 433, 434 Abs. 1, 437 Nr. 3, 440, 280 Abs. 1, 3, 281 BGB zusteht. Das landgerichtliche Urteil erweist sich im Ergebnis als richtig. Es ist nur aufgrund einer zweitinstanzlichen Klageerweiterung hinsichtlich weiterer zuzuerkennender Zinsen abzuändern.
401.
41Mangels einer entsprechenden ausdrücklichen Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich des Untergeschosses kommt ein Sachmangel dann in Betracht, wenn diese Räume entweder die nach dem Vertrag vorausgesetzte Beschaffenheit nicht aufweisen oder zur gewöhnlichen Verwendung objektiv ungeeignet sind.
42Ausgehend von der die im Untergeschoss befindlichen Räumlichkeiten abbildenden Skizze auf Seite 9 des Sachverständigengutachtens vom 19.07.2010 (Bl. 496 GA) ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die dortigen Zimmer 1 und Zimmer 2 (Raum 2 und 3), der sogenannte Souterrain, Wohnzwecken dienen sollten. Es kann daher dahinstehen, ob sich dies bereits in den Beklagten zurechenbarer Weise aus den beiden Exposés ergibt. Darüber hinaus folgt dies auch aus der Ausstattung der Räumlichkeiten, wie sie aus den bei der Akte befindlichen Fotos ersichtlich ist, mit weißer Raufaser und Laminatboden. Die Eignung dieser Räume zur Nutzung als Aufenthaltsräume war danach die von den Beklagten geschuldete Beschaffenheit, da diese sich sowohl aus ihrem Ausbauzustand als auch der konkreten Nutzung ergibt.
43Bei den in der Skizze mit Nr. 8 und Nr. 9 bezeichneten unter der Terrasse liegenden „vorderen“ bzw. „hinteren“ Raum hingegen handelt es sich ebenso unstreitig um „echte“ Kellerräume.
442.
45Der im Kaufvertrag enthaltene Gewährleistungsausschluss ist angesichts der weiteren Regelung, derzufolge der Käufer das von ihm besichtigte Kaufobjekt im gegenwärtigen gebrauchten Zustand gekauft und der Käufer erklärt, keine wesentlichen Sachmängel zu kennen, die bei einer Besichtigung ohne besondere Sachkunde nicht erkennbar waren, dahingehend auszulegen, dass er nur für den sichtbaren, dem Käufer erkennbaren gegenwärtigen Zustand gilt, nicht hingegen für verborgene, aber dem Verkäufer bekannte wesentliche Sachmängel.
463.
47Die vertragliche Versicherung der Beklagten, keine solchen wesentlichen Sachmängel zu kennen, stellt keine Zusicherung dergestalt dar, dass solche nicht existieren (vgl. BGH NJW-RR 1992, 333, zitiert nach juris), sondern ist lediglich eine entsprechende Wissenserklärung.
484.
49Die Darlegungs – und Beweislast für das Vorliegen von Mängeln liegt nach Gefahrübergang bei den Klägern.
50Die Kläger behaupten, dass die mangelhafte Abdichtung, die sich durch Feuchtigkeit und Schimmelbildung manifestiert habe, bereits bei Vertragsschluss vorgelegen habe. Die Beklagten bestreiten dies, da sie ohne konkreten Anlass die Abdichtung zuvor fachmännisch hätten herstellen lassen und die nach Gefahrübergang angeblich festgestellte Feuchtigkeit auf unsachgemäßen Eingriffen der Kläger selbst beruhe. Einigkeit besteht zwischen den Parteien darüber, dass Feuchtigkeit oder Schimmelbildung bei Vertragsschluss nicht erkennbar war, aus Sicht der Kläger, weil sie durch die Beklagten kaschiert worden war, aus Sicht der Beklagten, weil diese nicht (mehr) vorhanden war.
51a)
52Eine Inanspruchnahme der Beklagten wäre den Klägern dann verwehrt, wenn entweder bei Vertragsschluss kein haftungsbegründender Mangel (unzureichende Abdichtung) vorgelegen hätte oder aber die Beklagten es nicht zumindest für möglich hätten halten müssen, dass ein solcher Mangel (noch) besteht, sei es weil sich dieser nicht (wieder) in erkennbarer Feuchtigkeit/Schimmelbildung manifestiert hat, sei es, weil sie davon ausgingen, dass erkennbare Feuchtigkeit/Schimmelbildung nicht bauseits bedingt, sondern auf fehlerhaften Mieterverhalten beruhte und sie somit annehmen durften, dass es sich hierbei nicht um einen wesentlichen offenbarungspflichtigen Sachmangel handelte.
53b)
54Das Landgericht war auf der Grundlage der Zeugenaussagen, soweit es diese als hinreichend zuverlässig erachtete, davon ausgegangen, dass in den Räumen Nr. 2, 3, 7 und 8 der Skizze Bl. 496 GA Feuchtigkeit vorhanden sei, also sowohl in den beiden zu Wohnzwecken dienenden Räumen des Souterrains als auch in den beiden unter der Terrasse liegenden Kellerräumen. Nach den Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen sei allerdings nur die Feuchtigkeit in dem zur Treppe nach Norden hin gelegenen Außenkellerraum so gravierend, dass diese auch unter Berücksichtigung der konkreten Nutzungsart nicht mehr der üblichen Beschaffenheit entspreche.
55Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinne ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Voraussetzung für die Durchbrechung der Bindungswirkung ist, dass das Ersturteil nicht überzeugt. Dies ist der Fall, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Falle der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. BGH, B. v. 08.02.2011, VIII ZR 108/08; BGH, U. v. 18.10.2005, VI ZR 270/04, BGH, U. v. 12.03.2004, V ZR 257/03, alle zitiert nach juris).
56Zwar teilt der Senat die Bedenken hinsichtlich der landgerichtlichen Würdigung der Zeugenaussagen. Der Senat sieht sich jedoch in der Lage, auf der Grundlage des gerichtlichen Sachverständigengutachtens nebst Ergänzungsgutachten und nachfolgender Anhörung der Sachverständigen entsprechend den dortigen Beweisfragen festzustellen, ob und in welchem Umfang den Klägern der Beweis gelungen ist, dass das Objekt im Zusammenhang mit den behaupteten Feuchtigkeitsschäden bei Vertragsschluss den Beklagten anzulastende Baumängel aufwies.
57c)
58Die Feststellung des Landgerichts, dass nach den Ausführungen der Sachverständigen ein den Beklagten anzulastender Mangel lediglich im Hinblick auf den zur Treppe hin gelegenen Außenkellerraum (Raum Nr. 7 der Skizze Bl. 496 GA) zu bejahen ist, ist im Ergebnis richtig.
59Zutreffend weist die Berufung der Kläger darauf hin, dass maßgeblich ist, welcher Zustand bei Übergabe bestand. Das zu begutachtende Objekt weist aber die Besonderheit auf, dass die Kläger nach ihrem Einzug, aber vor der gerichtlichen Begutachtung ihrerseits Arbeiten durchgeführt haben. Die damit verbundenen Eingriffe in die Bausubstanz über den „echten“ Kellerräumen Nr. 7 und 8 durch die Entfernung der Pergola und den Einbau einer bodentiefen Fenstertüranlage können ebenfalls zu dem beanstandeten Feuchtigkeitseintritt geführt haben. Dieser Umstand steht der Schlussfolgerung entgegen, dass die Feuchtigkeit, die von der Sachverständigen am 07.12.2010 festgestellt wurde, zwingend die gleiche – dann den Beklagten gegebenenfalls anzulastende – Ursache haben muss, wie die von einigen der Zeugen bekundete Feuchtigkeit zu einem Zeitpunkt vor Vertragsschluss. Dies hat die Sachverständige berücksichtigt, das Urteil verhält sich hierzu allerdings nicht.
60Nach den Ausführungen der Sachverständigen war die vorgefundene Bauwerksabdichtung der Außenwände zur Bauzeit üblich und entspricht den zur Bauzeit gültigen DIN-Vorschriften.
61Bei der Überarbeitung der Terrasse und der darunter liegenden Kellerräume (Nr. 7 und 8) wurde eine Bitumendickbeschichtung aufgebracht, deren Trockenschichtdicke jedoch zu gering ist. Die Ursache der von der Sachverständigen in den Räumen 7 und 8 festgestellten zu hohen Feuchtigkeit liegt nach deren Auffassung jedoch nicht in der zu geringen Trockenschichtdicke, sondern hauptsächlich in der mangelhaften Abdichtung der darüberliegenden Stahlbetondecke. Das hierdurch verursachte Schadensbild kann durch Mängel der vertikalen Außenabdichtung gegebenenfalls noch verstärkt werden, wobei dies, wie die Sachverständige in ihrer Anhörung verdeutlicht, aber nur hinsichtlich der Außenwände des Raumes Nr. 7 in Betracht kommt. Als hauptsächlichen Schadensverursacher sieht die Sachverständige insgesamt die fehlende Bauwerksabdichtung im Bereich der ehemaligen Pergola und möglicherweise auch im Bereich der Bodenfläche der nachträglich eingebauten Fenstertüranlage, also bei den Eingriffen, die nachträglich durch die Kläger selbst vorgenommen wurden. In ihrer Stellungnahme vom 26.04.2012 stellt sie auf einen entsprechenden Einwand der Kläger noch einmal klar, dass die von ihr festgestellte mangelnde Abdichtung im Bereich der Pergola nicht auf Fehler bei deren Errichtung, sondern auf einen fehlerhaften Rückbau zurückzuführen ist. Bei Errichtung der Pergola, so die Sachverständige bei ihrer Anhörung, war die Abdichtung an der Pergolawand selbst durchgeführt worden, so dass an den darunter liegenden Stellen nach Abriss der Pergola keine Abdichtung mehr vorhanden war.
62Anhand der Bauteilöffnungen, von denen eine auch im Vorraum (Raum 1 der Skizze Bl. 496 GA) erfolgte, hat die Sachverständige gefolgert, dass die Feuchtigkeitsschäden an den Kelleraußenwänden auf eine bauzeitgemäße Bauwerksabdichtung zurückzuführen seien, da mit zunehmendem Lebensalter die Salzspeicherkapazität des Innenputzes abnehme und so nach und nach zu Abplatzungen am Innenputz führe. Will man diese Beeinträchtigung vermeiden, reicht es nach den Ausführungen im Rahmen der Anhörung der Sachverständigen aus, neuen Putz aufzubringen, da dann erst nach 35-50 Jahren die eintretende Feuchtigkeit innen wieder sichtbar wird. Will man Feuchtigkeitseintritt als solchen vermeiden, hilft nur die von den Klägern begehrte neue Abdichtung nach heutigem Standard. In den zu Wohnzwecken genutzten Räumen 2 und 3 hat die Sachverständige diese Abplatzungen nicht festgestellt.
63Gegen die Richtigkeit der Sachverständigenfeststellungen wenden sich die Rechtsmittel nicht, sondern nur gegen die hierauf beruhende rechtliche Einordnung des Landgerichts.
64Zu Recht stellen die Kläger, wie bereits ausgeführt, darauf ab, dass die von den Beklagten geschuldete Beschaffenheit jedenfalls der Räume 2 und 3 die Benutzbarkeit als Aufenthaltsräume und nicht als bloße Kellerräume war. Diese ist nicht beeinträchtigt. Zwar schuldeten die Beklagten insoweit nicht nur eine bauzeitgemäße Kellerabdichtung, sondern eine solche Abdichtung, die die Nutzung als Aufenthaltsraum ermöglichte. Auch hierfür reicht die vorhandene Abdichtung aus. Die Sachverständige hat mehrfach, zuletzt in ihrer Anhörung, bestätigt, dass es in diesen beiden Räumen keine signifkante Feuchtigkeit gab. Weder hat sie dort eine solche gemessen, noch gab es entsprechende visuelle Hinweise. Fehler der vorhandenen Abdichtung, wie sie hinsichtlich des Raumes Nr. 7 festgestellt worden waren, lassen sich damit ausschließen. Allein der im Raum Nr. 3 festgestellte Geruch reicht nicht aus, um einen Mangel zu begründen. Dieser Geruch kann viele Ursachen haben, beispielsweise auch nicht ausreichendes Lüften.
65Etwas anders liegt der Fall hinsichtlich des Vorraumes (Raum 1). Dieser wies im unteren Bereich sowohl überhöhte Feuchtigkeitswerte als auch Schimmelpilzbefall auf. Auch dies rechtfertigt aber nicht eine Inanspruchnahme der Beklagten. Es mag sein, dass dieser Bereich deshalb größeren Wohncharakter hatte als die weiteren Räume 4-8, weil durch ihn der Zugang zu den Wohnzwecken dienenden Räumen 2 und 3 gewährleistet wurde. Jedoch handelte es sich bei diesem Raum um eine von den Klägern auch selbst so bezeichnete bloße Diele, die üblicherweise dem Erreichen der daran anschließenden Räume dient, nicht aber dem dauernden Aufenthalt von Menschen. Der Senat sieht deshalb eine zwar vorhandene, nach den Feststellungen der Sachverständigen aber in erster Linie auf die bauzeitgemäße Abdichtung und die dadurch bedingte erschöpfte Auffangfunktion des Putzes zurückzuführende Feuchtigkeit unter Berücksichtigung der Gesamtumstände in dem Bereich der Diele nicht als einen aufklärungsbedürftigen „wesentlichen“ Sachmangel im Sinne des Vertrages an.
66Hinsichtlich der weiteren im Untergeschoss befindlichen Räume schuldeten die Beklagten nur die Beschaffenheit als Keller-/Wirtschaftsräume, und zwar so, wie sie bei einem Haus diesen Alters zu erwarten war. Unter dieser Prämisse waren nur die direkt unter der Terrasse liegenden nachträglich angebauten Räume 7 und 8 nicht vertragsgemäß. Wie bereits ausgeführt, kommt eine Verantwortlichkeit der Kläger jedoch nur im Hinblick auf Raum 7 in Betracht, da nur der dortige Mangel der fehlerhaften Abdichtung ihnen anzulasten ist.
675.
68Der demzufolge allein in Betracht kommenden Inanspruchnahme der Beklagten im Hinblick auf den vorderen Kellerraum, Nr. 7, steht die im notariellen Kaufvertrag enthaltene Klausel zum Gewährleistungsausschluss nicht entgegen. Den Beklagten ist insoweit ein arglistiges Verschweigen zur Last zu legen, so dass sie sich auf diesen Ausschluss der Sachmängelhaftung gemäß § 444 BGB nicht berufen können.
69a)
70Der Eintritt von Feuchtigkeit in die Kellerwände eines Hauses stellt regelmäßig einen für den Kaufentschluss maßgeblichen Mangel dar, den der Verkäufer redlicherweise nicht verschweigen darf (vgl. BGH NJW-RR 1992,333, zitiert nach juris).
71b)Für die Arglist im Sinne dieser Vorschrift ist nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung zumindest Eventualvorsatz erforderlich. Eine leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genügt demgegenüber nicht (vgl. BGH NJW 2013, 2182, 2183, mit weiteren Nachweisen). Ein arglistiges Verschweigen ist danach nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (vgl. BGH, a.a.O.; Senat, Urteil vom 29.04.2014, I-21 U 82/13, NJW-RR 2014, 1462 zit. nach juris).
72Hierbei trägt der Käufer – wenn die Vertragsparteien wie hier einen Haftungsausschluss vereinbart haben - nach § 444 BGB grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen sämtlicher Umstände, die den Arglisttatbestand ausfüllen.
73c)
74Die Beklagten müssten demzufolge das Bestehen eines Feuchtigkeit verursachenden Mangels zumindest billigend in Kauf genommen haben. Das ist der Fall.
75Das Landgericht hat eine solche Kenntnis aufgrund der übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen F… bejaht, da der Beklagte zu 1.) diesen wegen der Feuchteproblematik Sanierungsmaßnahmen angekündigt habe, die jedoch ausgeblieben seien. Ihm sei daher bekannt gewesen, dass diese Problematik beim Verkauf immer noch vorgelegen habe. Auch habe er nicht annehmen dürfen, dass diese den Klägern bei der Besichtigung erkennbar gewesen sei.
76Abseits aller Bedenken gegen die Art der landgerichtlichen Würdigung der Zeugenaussagen hat diese Feststellung im Ergebnis Bestand. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Anschlussberufung bleiben ohne Erfolg.
77Zwar ist richtig, dass nur solche Zeugenaussagen relevant sein können, die sich auf den Zustand des Kellers nach den von den Beklagten durchgeführten Arbeiten beziehen. Dies ist aber bei den vom Landgericht herangezogenen Bekundungen der Zeugen F... der Fall, da diese erst im Oktober 2005 eingezogen sind. Die vom Landgericht verwerteten Bekundungen decken sich auch mit dem Protokoll der Beweisaufnahme. Beide Zeugen haben bestätigt, dass sie bei Auszug feststellten, dass die in dem von ihnen unter der Terrasse benutzten Kellerraum gelagerten Gegenstände verschimmelt waren, und an den Wänden sichtbar Feuchtigkeitserscheinungen waren und bestätigt, dass ihnen durch den Beklagten zu 1.) vorher eine Sanierung zugesagt worden sei, die jedoch unterblieb. Ergänzend hat die Zeugin F... noch ausgeführt, dass sie schon bei Einzug darauf hingewiesen worden sei, dort nur witterungsbeständige Gegenstände zu lagern. Nach der Bekundung der Zeugin F... bewohnten diese das Haus bis zum 31.05.2007, so dass die geschilderten Beobachtungen der Zeugen insoweit auch datiert werden können.
78Die anderen Zeugenaussagen rechtfertigen keine durchgreifenden Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen F..., die durch die Aussagen der weiteren Mieter, der Zeugen L... und B...., gestützt werden. Zwar hat keiner derjenigen Zeugen, die das Haus nach Auszug der Zeugen F... besichtigt hatten, die von den Zeugen geschilderten Feuchtigkeitserscheinungen so bestätigt. Einzig der Zeuge S... hat Feuchtigkeit wahrgenommen, die jedoch seiner Einschätzung nach bei einem Keller nicht so gravierend war, dass er ihr große Bedeutung beigemessen hatte. Daraus lässt sich jedoch nicht folgern, dass die Aussagen der Mieter unzutreffend waren. Wenngleich auch von den Beklagten heftig bestritten, ist es nicht auszuschließen, dass diese nach Auszug der Mieter aber vor Beginn der Besichtigungen entsprechende Verdeckungsarbeiten vorgenommen haben.
79cc)
80Selbst wenn man unterstellt, dass, aus welchen Gründen auch immer, ab einem bestimmten Zeitpunkt nach Auszug der Mieter die von diesen geschilderte Feuchtigkeit nicht mehr auf den ersten Blick erkennbar war, durften die Beklagten gleichwohl nicht darauf vertrauen, dass sich das ihnen aufgrund der Beanstandungen der Mieter bekannte Feuchtigkeitsproblem, das auch nach dem Jahr 2003 fortbestand, von selbst erledigt hatte.
81Zwar ist eine Arglist des Verkäufers dann nicht gegeben, wenn dieser den Käufer nicht darauf hinweist, dass er sich über die Ursache der sichtbaren Symptome eines Mangels, Feuchtigkeitsflecken, nicht sicher ist (vgl. BGH NJW – RR 2012, 1078, 1079). Hier jedoch lagen solche sichtbaren Symptome, die gegebenenfalls für die Kläger Anlass zur Nachfrage hätten geben können, nicht vor.
82Die Beklagten hatten auch Anlass, am durchgreifenden Erfolg der durchgeführten Sanierungsmaßnahmen zu zweifeln. Hat der Verkäufer keine Tatsachengrundlage für die Annahme, positiv bekannte ursprüngliche Mängel seien bis zum Abschluss des Kaufvertrages beseitigt worden, stellt sich die Nichtaufklärung des Käufers als ein Fall des billigenden Inkaufnehmens verbleibender Mängel, also des bedingten Vorsatzes dar (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 18.03.2010 – 22 U 120/09 –, zitiert nach juris). An einer solchen Tatsachengrundlage fehlt es hier, weil zwar entsprechende Abdichtungsmaßnahmen durchgeführt wurden, danach jedoch erkennbar erneut Feuchtigkeit in die unter der Terrasse gelegenen Kellerräume eintrat. Selbst wenn die Beklagten auch insoweit der Ansicht sein sollten, dies sei allein auf unsachgemäßes Lüften der Mieter zurückzuführen, basierte diese Annahme allein auf einer entsprechenden Vermutung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Verkäufer selbst dann verpflichtet sein, den Käufer darauf hinzuweisen, dass nach einer durchgeführten Fassadenrenovierung die den Anlass zur Renovierung bildenden Wölbungen erneut auftreten, wenn der Werkunternehmer entsprechende Nachbesserungen mit der Begründung verweigert hatte, solche leichten Wölbungen seien normal (vgl. BGH NJW 1993, 1703, zitiert nach juris). Eine solche Hinweispflicht trifft den Verkäufer umso mehr, wenn er ohne eine entsprechende Auskunft trotz erneuter auftretender Symptome von einer vollständigen Mangelbeseitigung ausgeht.
836.
84Gegen die Höhe des den Klägern zuerkannten Schadensersatzanspruchs auf der Grundlage der Feststellungen der Sachverständigen zu den auf den verbleibenden Raum entfallenden Sanierungskosten erheben die Parteien keine Einwände.
857.
86Soweit das Landgericht den Beklagten auch die Kosten des außergerichtlich mit einer Gutachtenerstellung beauftragten Zeugen U... mit der Begründung auferlegt hat, dass der Schädiger die Gutachterkosten zur Schadensfeststellung unabhängig von der Brauchbarkeit des Gutachtens zu tragen habe, ist dies richtig. Dem bereits erstinstanzlich erhobenen Einwand der Beklagten, die durch den Zeugen U... getroffenen Feststellungen seien völlig untauglich und daher nicht erstattungsfähig, war folglich nicht weiter nachzugehen.
87Nachdem die Beklagten erstmals im Berufungsverfahren ein entsprechendes Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht haben, haben die Kläger den Beklagten etwaige Schadensersatzansprüche gegen den Zeugen U... wegen eines angeblich fehlerhaften Gutachtens vom 13.10.2008 (Gutachten Nr. 14/08) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat abgetreten. Die Beklagten haben diese Abtretung angenommen, so dass sich insoweit eine Entscheidung des Senates erübrigt.
888.
89Gesonderte Einwände gegen die den Klägern zuerkannten Rechtsanwaltskosten werden von den Parteien nicht erhoben.
90Den Klägern steht darüber hinaus der erstmals mit der Berufungserwiderung geltend gemachte Anspruch auf Verzinsung der vorprozessualen Rechtsanwaltskosten mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.11.2008 zu.
91An der Zulässigkeit der erstmaligen Geltendmachung der Zinsen in der Berufungsinstanz bestehen keine Bedenken. Werden unter Beibehaltung desselben Klagegrundes im Laufe des Verfahrens weitere der Art nach andere Ansprüche wie beispielsweise Zinsen geltend gemacht, liegt hierin gemäß § 264 Nr. 2 ZPO keine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO (vgl Becker-Eberhard in Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage, Rn. 13). Dies hat zur Folge, dass § 533 ZPO keine Anwendung findet (vgl. BGH NJW 2004, 2152; NJW – RR 2010, 1286; beide zitiert nach juris).
92Den Klägern steht der geltend gemachte Zinsanspruch zu, da die Beklagten die mit anwaltlichem Schreiben vom 27.10.2008 geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren nicht innerhalb der gesetzten Frist beglichen haben. Dass die damalige Forderung unberechtigterweise zu hoch war, steht der Annahme einer wirksamen Mahnung, die mit dem die Fälligkeit auslösenden Akt verbunden werden konnte, nicht entgegen.
939.
94Der Feststellungsantrag im zuerkannten Umfang begegnet weder Bedenken noch wird er von den Rechtsmitteln gesondert angegriffen.
95III.
96Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
97Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre rechtliche Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
98Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO, die es gebieten, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
99IV.
100Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 140.000 Euro
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 16. Juni 2015 - I-21 U 175/14
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Urteil einreichenOberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 16. Juni 2015 - I-21 U 175/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.
(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat, - 2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und - 3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet, - 2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung - a)
der Art der Sache und - b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
- 3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und - 4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage
- 1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder - 2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.
(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von 41.937,11 € nebst Zinsen in Anspruch. Nach dem Vortrag der Klägerin habe der Beklagte in diesem Wert Baumaterialien für sein Bauvorhaben in E. bestellt und nicht bezahlt. Der Beklagte hat eine Bestellung in eigenem Namen bestritten. Er habe vielmehr einen Festpreis mit dem Streithelfer der Klägerin vereinbart. Die Bestellungen der Baumaterialien seien durch den Streithelfer erfolgt.
- 2
- Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung der Zeugen B. , H. und F. sowie der Zeugin K. abgewiesen. Die Klägerin sei hinsichtlich der von ihr behaupteten Anspruchsverpflichtung des Beklagten beweisfällig geblieben. Schriftliche Aufträge des Beklagten lägen nicht vor. Die Aussagen der Zeugen hätten hinsichtlich der von der Klägerin behaupteten Auftragserteilung durch den Beklagten kein eindeutiges Ergebnis gebracht. Insbesondere gehe aus den Aussagen der Zeugen nicht eindeutig hervor, wer jeweils die Aufträge erteilt habe. Die Zeugin K. habe zudem bekundet, der Beklagte habe einen Festpreis mit dem Streitverkündeten, der hierzu die Aussage verweigert habe, vereinbart. Auch wenn andere Handwerker vom Beklagten selbst bezahlt worden seien, lasse dies nicht den Schluss zu, dass der Beklagte die streitgegenständlichen Lieferungen selbst bestellt habe. Der Beklagte habe seine Zahlungsverpflichtung auch nicht anerkannt. Die Aussage des Zeugen B. hierzu sei zu ungenau; der Zeuge habe sich nicht an die offenstehenden Summen erinnern können. Außerdem habe der Zeuge am Ende seiner Einvernahme bekundet, der Beklagte habe gesagt, der Streitverkündete solle das bezahlen.
- 3
- Das Oberlandesgericht hat - ohne selbst Beweis zu erheben - das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung der Klägerin unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen geändert und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 32.471,40 € nebst Zinsen zu bezahlen; die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt der Beklagte die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
II.
- 4
- Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg.
- 5
- 1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
- Soweit das Landgericht die Klage wegen der fehlenden Passivlegitimation des Beklagten abgewiesen habe, überzeuge die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht und gebe das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vollständig wieder. Den Aussagen der von dem Landgericht vernommenen Zeugen sowie den übrigen Indizien sei zu entnehmen, dass die wesentlichen Aufträge zur Lieferung der Fenster, des Garagentores, der Innentüren und der Pflastersteine von dem Beklagten erteilt worden seien.
- 7
- So ergebe sich aus der Aussage des Zeugen B. , dass der Beklagte selbst die Fenster und das Garagentor bei der Klägerin ausgesucht habe und die entsprechenden Angebote auf seinen Namen ausgestellt worden seien. Auch die entsprechenden Rechnungen seien auf den Namen des Beklagten ausgestellt worden. Zwar habe der Zeuge ausgesagt, dass die Angebote an den Streithelfer der Klägerin zur Weiterleitung an den Beklagten übersandt worden seien. Allein daraus könne jedoch nicht entnommen werden, dass aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin der Streithelfer der Klägerin Auftraggeber gewesen sei. Denn nach der Aussage des Zeugen B. sei die Übersendung der Angebote an den Streithelfer der Klägerin nur zu dem Zweck erfolgt, dass Einigkeit zwischen ihm und dem Beklagten über die Auftragserteilung habe erzielt werden sollen. Zudem habe der Zeuge B. bekundet, dass der Beklagte bei einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin zugesichert habe, den zunächst angebotenen Preis für die Fenster zu zahlen. Darin sei ein deklaratorisches Anerkenntnis zu sehen. Bezüglich der Türen habe der Zeuge H. bekundet, dass der Beklagte die Türen bei der Klägerin ausgesucht habe und bei dem Aufmaß der Türen zugegen gewesen sei. Der Beklagte habe allein über die Preise verhandelt. Außerdem sei die entsprechende Auftragsbestätigung auf den Namen des Beklagten ausgestellt worden. Auch sei mit dem Zeugen vereinbart worden, dass die Rechnungen auf den Namen des Beklagten hätten ausgestellt werden sollen. Gleiches gelte für die Lieferung der Pflastersteine und Bordsteine. Nach der Aussage des Zeugen F. habe der Beklagte diese Steine bei der Klägerin ausgesucht; danach sei ihm ein Angebot gemacht worden, aufgrund dessen er selbst die Pflastersteine bestellt habe. Der Streithelfer der Klägerin sei bei der Bestellung nicht in Erscheinung getreten.
- 8
- Soweit das Landgericht aus der Aussage der geschiedenen Ehefrau des Beklagten, es sei zwischen dem Streithelfer der Klägerin und dem Beklagten ein Festpreis vereinbart worden, gefolgert habe, dass dies gegen eine Auftragserteilung durch den Beklagten spreche, könne dem nicht gefolgt werden. Das Landgericht habe es insbesondere versäumt, eine Würdigung der Aussageverweigerung des Streithelfers der Klägerin vorzunehmen. Aber selbst wenn ein Festpreis mit dem Streithelfer der Klägerin vereinbart worden sei, folge daraus nicht zwingend, dass der Streithelfer der Klägerin die Handwerker und Lieferanten im eigenen Namen beauftragt habe. Vielmehr sei die Festpreisabrede dahin zu deuten, dass der Beklagte von den über den Festpreis hinausgehenden Forderungen der Handwerker freizustellen sei. Auch spreche der unstreitige Umstand, dass der Beklagte einige der streitgegenständlichen Rechnungen beglichen habe, dafür, dass er die Lieferungen bei der Klägerin im eigenen Namen in Auftrag gegeben habe.
- 9
- 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO). Sie ist auch begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat die erstinstanzlich vernommenen Zeugen entgegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO nicht erneut vernommen, obwohl es deren Aussagen anders gewürdigt hat als das Landgericht. Diese rechtsfehlerhafte Anwendung des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verletzt den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG (Senatsurteil vom 10. Februar 2010 - VIII ZR 343/08, NJW-RR 2010, 737 Rn. 18 f.; Senatsbeschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 4; jeweils mwN).
- 10
- Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des erstinstanzlichen Gerichts gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht geboten. Insbesondere muss das Berufungsgericht die bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals gemäß § 398 Abs. 1 ZPO vernehmen, wenn es deren Aussagen anders würdigen will als die Vorinstanz. Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (Senatsbeschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, aaO Rn. 5; Senatsurteil vom 10. Februar 2010 - VIII ZR 343/08, aaO Rn. 19). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
- 11
- Das Landgericht hat die Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen dahingehend gewürdigt, dass aus diesen Aussagen kein eindeutiger Schluss auf die Auftragserteilung durch den Beklagten gezogen werden könne. Dem Berufungsgericht haben die Aussagen der vom Landgericht vernommenen Zeugen indes genügt, um sich die Überzeugung von der Auftragserteilung durch den Beklagten zu verschaffen. Somit hat das Berufungsgericht die Zeugenaussagen von der Entscheidung des Landgerichts inhaltlich abweichend gewürdigt, ohne sich durch erneute Vernehmung der Zeugen einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Das angefochtene Urteil beruht auf diesem Verfahrensverstoß. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer abweichenden Entscheidung gelangt wäre, wenn es die Zeugen erneut vernommen hätte.
- 12
- 3. Da das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben; der Rechtsstreit ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 7 ZPO). Ball Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
LG Osnabrück, Entscheidung vom 14.11.2007 - 12 O 3233/06 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 03.04.2008 - 8 U 228/07 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte war von der Stadt O. beauftragt, auf einem ehemaligen Kasernengelände gelegene Grundstücke und Wohnungen zu vermarkten. Mit notariellem Vertrag vom 8. Juli 1999 verkaufte sie eine durch Ausbau des Dachgeschosses eines Hauses noch zu errichtende Wohnung zum Preis von 444.000 DM an die Klägerin.
Dem Vertragsschluß vorausgegangen waren Verhandlungen zwischen einer Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin Dr. L. , und der Klägerin, die von ihrem Bekannten, dem Zeugen Rechtsanwalt W. , begleitet wur-
de. Nach den Behauptungen der Klägerin erklärte Dr. L. während der Verhandlungen, auf dem der künftigen Dachgeschoßwohnung gegenüber liegenden Grundstück der Beklagten solle ein lediglich zweigeschossiges Gebäude errichtet werden, so daß die Sicht aus der Wohnung auf den Taunus uneingeschränkt erhalten bleibe. Tatsächlich war bereits zu diesem Zeitpunkt der - zwischenzeitlich begonnene - Bau eines viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses durch einen Investor geplant, wovon die Klägerin erst nach Bezug der Wohnung Kenntnis erhielt. Die mehr als zweigeschossige Nachbarbebauung , so hat die Klägerin behauptet, habe zu einem um 20 % geminderten Wert der Wohnung geführt.
Sie verlangt daher Schadensersatz in Höhe von 20 % des Kaufpreises sowie entsprechend geminderter Erwerbskosten und nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Zahlung von 47.613,80 Landgericht hat die Klage nach Vernehmung des Zeugen W. und der Zeugin Dr. L. über den Inhalt der Vertragsverhandlungen abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat sich die Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts gewandt und insbesondere gerügt, daß das Landgericht die Zeugen nicht gehört habe, die sie zur Erschütterung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Dr. L. benannt habe. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält die Klage auf der Grundlage der in erster Instanz getroffenen Feststellungen für unbegründet. Die von der Klägerin behaupteten Falschangaben der Zeugin Dr. L. zur zweigeschossigen Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks seien nicht bewiesen. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen, die gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erneute Feststellungen in der Berufungsinstanz gebieten könnten, habe die Klägerin nicht aufgezeigt. Die von dem Eingangsgericht vorgenommene Beweiswürdigung unterliege zwar gewissen Zweifeln, sei im Ergebnis jedoch zutreffend. Soweit die Klägerin das Übergehen erstinstanzlicher Beweisanträge gerügt habe, betreffe dies einen nicht von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel , der gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur dann Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO begründen könne, wenn er nach Maßgabe des § 520 Abs. 3 ZPO in der Berufungsbegründung ordnungsgemäß geltend gemacht worden sei. Diesen Anforderungen entspreche die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge nicht, weil es an einer konkreten Bezeichnung der angebotenen Zeugen und der Angabe des genauen Aktenfundorts der jeweiligen Beweisangebote fehle.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
II.
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts. Für den Fall, daß - wie die Klägerin behauptet - die für die Beklagte handelnde Zeugin Dr. L. im Rahmen der Vertragsverhandlungen unzutreffende Angaben zu der geplanten Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks gemacht haben sollte, wären die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß erfüllt (vgl. Senat, Urt. v. 20. September 1996, V ZR 173/95, NJW-RR 1997, 144, 145; Urt. v. 26. September 1997, V ZR 29/96, NJW 1998, 302). Die Gewährleistungsvorschriften des hier weiterhin anwendbaren früheren Rechts (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) sind nicht einschlägig und stehen mithin einer Haftung der Beklagten wegen Verschuldens bei Vertragsschluß nicht entgegen. Der Umstand, daß der gegenwärtige oder zukünftige Eigentümer eines benachbarten Grundstücks zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht den Willen hat, dieses entsprechend den baurechtlichen Möglichkeiten zu bebauen, stellt keine Eigenschaft des veräußerten Objekts, deren Fehlen als Sachmangel qualifiziert werden könnte (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993, IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323, 1324).
2. Hingegen rügt die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht erneute Feststellungen zu dem zwischen den Parteien streitigen Inhalt der Vertragsverhandlungen unter Verletzung des Verfahrensrechts abgelehnt hat. Auch nach neuem Recht unterliegen Berufungsurteile auf entsprechende Verfahrensrüge hinsichtlich der vollständigen Berücksichtigung des Streitstoffs und der Beweisangebote der Überprüfung durch das Revisionsgericht (MünchKomm -ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 546 Rdn. 15). Dies führt vorliegend zu dem Ergebnis, daß sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an
der Vollständigkeit des von dem Eingangsgericht zugrunde gelegten Sachverhalts , die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO erneute Feststellungen des Berufungsgerichts gebieten, sowohl aus Fehlern der Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Urteil (a), als auch aus dem Übergehen erstinstanzlichen Vorbringens der Klägerin (b) ergeben.
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO ist das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 100; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann , NJW 2003, 169, 171).
aa) Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind (Hannich /Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 529 Rdn. 21; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 529 Rdn. 8). Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urt. v. 11. Februar 1987, IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558; Senat, Urt. v. 9. Juli 1999, V ZR 12/98, NJW 1999, 3481, 3482). Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt unter anderem dann vor,
wenn Umständen Indizwirkungen zuerkannt werden, die sie nicht haben können , oder wenn die Ambivalenz von Indiztatsachen nicht erkannt wird (BGH, Urt. v. 22. Januar 1991, VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895; Urt. v. 23. Januar 1997, I ZR 29/94, NJW 1997, 2757, 2759).
(1) Hieran gemessen ist die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil zumindest insoweit fehlerhaft, als es um die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. geht. Dessen Bekundungen hat das Gericht erster Instanz vor allem deshalb für unglaubhaft gehalten, weil der Zeuge die angebliche Zusicherung der Zeugin Dr. L. , das gegenüberliegende Grundstück werde nur zweigeschossig bebaut, nicht überprüft und sich insbesondere bei der Stadt O. nicht nach dem Bestand und dem Inhalt eines etwaigen Bebauungsplans erkundigt habe. Diesem Umstand kommt indes die ihm vom Gericht zuerkannte Indizwirkung nicht zu. Es ist nicht ersichtlich , aus welchem Grund für den Zeugen W. , der an den Vertragsverhandlungen nicht als beauftragter Rechtsanwalt, sondern allein wegen seiner Bekanntschaft mit der Klägerin teilgenommen hatte, Anlaß bestehen konnte, Erkundigungen zu den Äußerungen der Zeugin Dr. L. einzuholen. Zudem ist das herangezogene Indiz auch auf Grund seiner Ambivalenz nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. in Frage zu stellen. Selbst für die Klägerin gab es nämlich keine Veranlassung, die von der Zeugin Dr. L. erteilten Auskünfte zu überprüfen, wenn sie auf deren Richtigkeit vertraute. Daß die Angaben der Zeugin einen für den Vertragswillen der Klägerin bedeutsamen Punkt betrafen, steht dieser Möglichkeit nicht entgegen. Das Unterbleiben von Nachforschungen läßt deshalb nicht ohne weiteres darauf schließen, daß die Zeugin Dr. L. eine zweigeschossige Nachbarbebauung nicht zugesagt hat. Vielmehr läßt dieser Umstand auch den
Schluß zu, die Klägerin habe sich ebenso wie der Zeuge W. auf eine derartige Zusage verlassen. (2) Geht das Eingangsgericht - wie hier - auf Grund einer fehlerhaften Beweiswürdigung von der Nichterweislichkeit einer entscheidungserheblichen Tatsachenbehauptung aus, so bestehen konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit der getroffenen Feststellungen (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 13, § 529 Rdn. 35). Hierbei genügt es, wenn nur ein tragendes Element der erstinstanzlichen Beweiswürdigung in seiner Aussagekraft geschmälert wird (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 32), weil bereits dann die Unrichtigkeit oder Lückenhaftigkeit der getroffenen Feststellungen als Folge der konkreten Anhaltspunkte nicht ausgeschlossen werden kann (Rimmelspacher , NJW 2002, 1897, 1902). So liegt der Fall auch hier. Ausweislich seiner Ausführungen zur Beweiswürdigung ist das erstinstanzliche Gericht nur deshalb zu dem Ergebnis der Nichterweislichkeit unzutreffender Angaben der Zeugin Dr. L. gelangt, weil es Anlaß gesehen hat, an der Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen W. zumindest zu zweifeln. Können diese Bedenken ausgeräumt werden, so ist es möglich, daß der Tatrichter die Aussage des Zeugen W. als glaubhaft ansieht. Da die Beweiswürdigung dann auch zu einem anderen Ergebnis führen kann, besteht die nicht nur theoretische Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses. In solcher Situation sind erneute oder auch erstmalige (Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 12) neue Tatsachenfeststellungen durch das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO geboten (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 14/6036, S. 123; Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 36; MünchKomm -ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 529 Rdn. 24; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 11).
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts läßt sich weder das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte noch die Erforderlichkeit erneuter Feststellungen mit der Erwägung verneinen, das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweiswürdigung unterliege zwar "gewissen Zweifeln", sei aber aus anderen Gründen richtig. Zu dieser Schlußfolgerung konnte das Berufungsgericht nur auf Grund einer eigenständigen Würdigung der in erster Instanz erhobenen Beweise gelangen. Dies stellt jedoch, worauf die Revision zutreffend hinweist, der Sache nach eine erneute Tatsachenfeststellung dar, die aber nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte und das Gebotensein nochmaliger Feststellungen gerade voraussetzt.
cc) Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht deshalb als richtig dar (§ 561 ZPO), weil das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO gebotenen erneuten Tatsachenfeststellung zwar - fehlerhaft - verneint, eine solche aber doch vorgenommen hat. Die Tatsachenfeststellung in dem Berufungsurteil leidet nämlich ebenfalls an einem Verfahrensmangel und kann deshalb keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht stützt seine Auffassung, die von der Klägerin behauptete Zusicherung einer zweigeschossigen Bebauung des Nachbargrundstücks sei nicht erwiesen , darauf, daß beide Zeugen ein persönliches Interesse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits hätten. Damit stellt das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit der Zeugen in Frage, was - wie die Revision zu Recht rügt - nur auf Grund deren nochmaliger Vernehmung zulässig gewesen wäre, nachdem das erstinstanzliche Gericht beide Zeugen als glaubwürdig angesehen hat. Es hat sich mit der fehlenden Glaubwürdigkeit der Zeugen W. und Dr. L. nur insoweit befaßt, als es angesichts der sich widersprechenden Aussagen erwogen hat, einer von beiden Zeugen müsse gelogen haben. Zu
einer Aufklärung hat sich das erstinstanzliche Gericht jedoch außer Stande gesehen, seine Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit daher nicht weiterverfolgt und seine weiteren Ausführungen auf die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen beschränkt. Die Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme verpflichtet ist, wenn die Voraussetzungen für eine erneute Tatsachenfeststellung vorliegen, beantwortet sich nach den von der Rechtsprechung zum bisherigen Recht entwickelten Grundsätzen (Musielak/Huber, aaO, § 398 Rdn. 5; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 13). Es verbleibt mithin dabei, daß das Berufungsgericht bei pflichtgemäßer Ausübung des ihm durch §§ 525 Satz 1, 398 Abs. 1 ZPO eingeräumten Ermessens einen bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals vernehmen muß, wenn es dessen Glaubwürdigkeit abweichend vom Erstrichter beurteilen will (vgl. BGH, Urt. v. 29. Oktober 1996, VI ZR 262/95, NJW 1997, 466; Urt. v. 10. März 1998, VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, 2223 m.w.N.).
b) Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ergeben sich zudem daraus, daß das Eingangsgericht die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin nicht berücksichtigt hat, die Zeugin Dr. L. habe auch anderen Interessenten eine lediglich zweigeschossige Bebauung des Nachbargrundstücks zugesagt. Träfe diese Behauptung zu, so wäre sie geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Dr. L. , sie habe die Klägerin ebenso wie alle übrigen Interessenten auf die geplante viergeschossige Bebauung hingewiesen, in Frage zu stellen. Besteht mithin unter Zugrundelegung der von der Klägerin behaupteten Tatsache zumindest die Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses, so ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO eine erneute Tatsachenfeststellung geboten. Entgegen der Auf-
fassung des Berufungsgerichts ist hierfür eine den formalen Anforderungen des Revisionsrechts genügende Berufungsrüge selbst dann nicht Voraussetzung , wenn - wie hier - zugleich auch ein Verfahrensfehler des Erstrichters vorliegt. Insoweit stellt das Berufungsgericht, was die Revision mit Erfolg geltend macht, zum einen zu hohe Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit einer Verfahrensrüge gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO (aa) und verkennt zum anderen auch die Bedeutung des § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO (bb).
aa) Das Berufungsgericht überspannt die inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung, soweit es die Ordnungsmäßigkeit der von der Klägerin gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO erhobenen Berufungsrüge mit der Begründung verneint, es fehle an der erforderlichen namentlichen Benennung der in erster Instanz angebotenen Zeugen und an der Angabe des Aktenfundorts der jeweiligen Beweisangebote.
(1) Wendet sich der Berufungskläger - wie hier - gegen die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil, so greift er, gestützt auf den Berufungsgrund des § 513 Abs. 1 Alt. 2 ZPO, die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen mit dem Ziel einer erneuten Feststellung durch das Berufungsgericht an. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Berufung muß er deshalb gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO die Voraussetzungen darlegen, unter denen nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die Bindung des Berufungsgerichts an die vom Eingangsgericht getroffenen Feststellungen entfällt (BGH, Beschl. v. 28. Mai 2003, XII ZB 165/02, NJW 2003, 2531, 2532). Dies hat die Klägerin bereits dadurch getan, daß sie die Feststellungen des Erstrichters unter Hinweis auf ein bereits in erster Instanz vorgelegtes Beschwerdeschreiben mehrerer Wohnungseigentümer angegriffen und ihre Behauptung wiederholt hat, die Zeugin Dr.
L. habe auch anderen Interessenten eine lediglich zweigeschossige Be- bauung des Nachbargrundstücks zugesagt. Da dieses Vorbringen die Glaubhaftigkeit der inhaltlich widersprechenden Aussage der Zeugin in Frage stellen kann und in dem mit der Berufung angefochtenen Urteil nicht berücksichtigt worden ist, sind nach der Berufungsbegründung konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an den erstinstanzlich getroffenen Feststellungen mit der Folge gegeben , daß das Berufungsgericht insoweit nicht mehr gebunden ist. Auf die von der Klägerin angebotenen Zeugen wäre es erst angekommen, wenn die vom Berufungsgericht vorzunehmende Prüfung ergeben hätte, daß die Behauptung der Klägerin von der Beklagten wirksam bestritten worden war.
(2) Nichts anderes folgt aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, falls diese Regelung für Angriffe gegen Tatsachenfeststellungen auf Grund von Verfahrensfehlern - zusätzlich - anwendbar sein sollte (befürwortend Fellner, MDR 2003, 721, 722; ablehnend MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 520 Rdn. 40). Hieraus ergeben sich im Ergebnis keine weitergehenden Anforderungen an den notwendigen Inhalt der Berufungsbegründung. Die ohnehin erforderliche Darlegung der in § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO bestimmten Voraussetzungen reicht nämlich im Falle eines Verfahrensmangels auch für die nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO gebotene Darlegung einer entscheidungskausalen Rechtsverletzung aus. Insbesondere muß der Berufungskläger zur Darlegung der Entscheidungserheblichkeit des geltend gemachten Verfahrensfehlers lediglich aufzeigen, daß das Eingangsgericht ohne den Verfahrensverstoß möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre (Musielak /Ball, aaO, § 520 Rdn. 33).
(3) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich strengere formale Anforderungen an die Berufungsbegründung nicht daraus herleiten, daß ein Revisionskläger, der gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b ZPO ein verfahrensfehlerhaftes Übergehen von Tatsachenbehauptungen oder Beweisangeboten rügen will, diese unter Angabe der Fundstelle in den Schriftsätzen der Vorinstanzen genau bezeichnen muß (vgl. dazu BGHZ 14, 205, 209 f; BAG, ZIP 1983, 605, 606; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 554 Rdn. 13; MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 551 Rdn. 21; Musielak/Ball, aaO, § 551 Rdn. 11). Dieses revisionsrechtliche Erfordernis ist auf das Berufungsverfahren nicht übertragbar (a.A. Musielak/Ball, aaO, § 520 Rdn. 32; Ball, WuM 2002, 296, 299; wohl auch Stackmann, NJW 2003, 169, 171 f). Es findet seine Rechtfertigung in der durch § 559 Abs. 1 ZPO allein für das Revisionsverfahren angeordneten Beschränkung des Prozeßstoffs. Danach kann aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll nicht ersichtliches Parteivorbringen nur über eine Nichtberücksichtigungsrüge zur Beurteilungsgrundlage des Revisionsgerichts werden (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 3, 7). Diese Rüge muß so konkret sein, daß keine Zweifel an dem vom Revisionsgericht zugrunde zu legenden Tatsachenstoff verbleiben. Das Berufungsverfahren kennt hingegen keine § 559 Abs. 1 ZPO vergleichbare Bestimmung. Eine entsprechende Anwendung der revisionsrechtlichen Regelung scheitert an den unterschiedlichen Funktionen der Rechtsmittel (Gaier, NJW 2004, 110, 111; a.A. Grunsky, NJW 2002, 800, 801; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901). Anders als im Revisionsverfahren ist das angefochtene Urteil nicht nur auf Rechtsfehler hin zu überprüfen, vielmehr gehört es gemäß § 513 Abs. 1 ZPO zu den Aufgaben der Berufung, das Urteil der Vorinstanz auch auf konkrete Anhaltspunkte für Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der getroffenen Tatsachenfeststellungen zu prüfen und etwaige Fehler zu beseiti-
gen (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 64; Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 1, 7, 12 f). Fehlt es mithin an einer begrenzenden Regelung, so gelangt mit einem zulässigen Rechtsmittel grundsätzlich der gesamte - wie noch auszuführen sein wird, aus den Akten ersichtliche - Prozeßstoff der ersten Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz (Barth, NJW 2002, 1702, 1703; Gaier, NJW 2004, 110, 112). Damit steht auch der von dem Berufungsgericht zu berücksichtigende Tatsachenstoff fest, weshalb es einer Nichtberücksichtigungsrüge und der für sie geltenden formalen Anforderungen nicht bedarf. bb) Zudem hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, daß die ihm nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO obliegende Kontrolle der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage des erstinstanzlichen Urteils im Fall eines - wie hier - zulässigen Rechtsmittels ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge besteht.
(1) Eine Bindung des Berufungsgerichts an solche Zweifel begründende Umstände, die in der Berufungsbegründung dargelegt sind, folgt insbesondere nicht aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO. Danach müssen zwar konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO in der Berufungsbegründung bezeichnet werden. Auf solche Umstände wird die Überprüfung durch das Berufungsgericht allerdings nicht beschränkt, sondern lediglich eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels geregelt (§ 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Notwendigkeit einer Rüge läßt sich dem Wortlaut anderer Gesetzesvorschriften ebensowenig entnehmen. Sie entspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Nach den Gesetzesmaterialien hat das Berufungsgericht Zweifeln an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen selbst dann nachzugehen, wenn es sie unabhängig vom Partei-
vortrag auf Grund lediglich bei ihm gerichtskundiger Tatsachen gewonnen hat (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses , BT-Drucks. 14/4722, S. 100). Damit kann und muß das Berufungsgericht erst recht konkrete Anhaltspunkte berücksichtigen, die ihre Grundlage im erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien haben, auch wenn das Übergehen dieses Vortrags von dem Berufungskläger nicht zum Gegenstand einer Berufungsrüge gemacht worden ist (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 529 Rdn. 12). Bemerkt das Berufungsgericht etwa anläßlich der Prüfung sonstiger Berufungsrügen, daß das Eingangsgericht eine für die Beweiswürdigung bedeutsame Tatsache oder ein erhebliches Beweisangebot übergangen hat, dann bestehen auch ohne dahingehende Rüge konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, die das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichten (a.A. Rimmelspacher, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, 2003, S. 11, 16).
(2) Dem steht nicht entgegen, daß das erstinstanzliche Gericht hier Parteivorbringen übergangen hat und darin ein Verfahrensfehler in Gestalt der Versagung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder des Verstoßes gegen § 286 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 15. März 2000, VIII ZR 31/99, NJW 2000, 2024, 2026) zu sehen ist. Zwar prüft das Berufungsgericht einen Mangel des Verfahrens - soweit er nicht von Amts wegen berücksichtigt werden muß - gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur dann, wenn er gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO in der Berufungsbegründung gerügt worden ist. Hierdurch wird jedoch die durch § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO geregelte tatsächliche Inhaltskontrolle des Berufungsgerichts entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 520 Rdn. 53, § 529
Rdn. 14, 38; ders., NJW 2002, 1897, 1902; ders., NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 11, 15; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 9, 23; Hinz, NZM 2001, 601, 605; Gehrlein, MDR 2003, 421, 428) nicht eingeschränkt (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 8, § 529 Rdn. 27, 43; Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 529 Rdn. 12; Vorwerk, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 4, 6; Gaier, NJW 2004, 110, 112). Von der Aufgabe des Berufungsgerichts, konkreten Anhaltspunkten ungeachtet einer Berufungsrüge nachzugehen, macht das Gesetz keine Ausnahme, wenn sich - was ohnehin die weitaus praktischste Fallgestaltung darstellen dürfte - konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO aus Verfahrensfehlern des Erstrichters bei der Feststellung des Sachverhalts ergeben. Dies zeigt sich an der Systematik des § 529 ZPO, der mit seinen Absätzen klar zwischen den Aufgaben des Berufungsgerichts bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht trennt (Hannich /Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 8, § 529 Rdn. 27, 43). Für die tatsächliche Inhaltskontrolle ist ausschließlich § 529 Abs. 1 ZPO maßgebend, eine Vermischung mit der in § 529 Abs. 2 ZPO geregelten Rechtsfehlerkontrolle darf mithin selbst dann nicht stattfinden, wenn die fehlerhaften Tatsachenfeststellungen im erstinstanzlichen Urteil auf einem Verfahrensmangel beruhen.
(3) Das Berufungsgericht ist an der Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens nicht deshalb gehindert gewesen, weil dieser Vortrag weder durch eine Darstellung im Tatbestand noch durch eine § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO genügende Bezugnahme (vgl. BGH, Urt. v. 18. Februar 1954, IV ZR 126/53, LM § 295 ZPO Nr. 9) in dem erstinstanzlichen Urteil Erwähnung gefunden hat.
Die auf § 314 ZPO gestützte Annahme, daß nicht erwähnte Angriffsund Verteidigungsmittel, auch tatsächlich unterblieben sind (negative Beweiskraft des Tatbestandes), wäre nur dann gerechtfertigt, wenn das Parteivorbringen in dem Urteilstatbestand vollständig wiedergegeben werden müßte. Nur dann könnte nämlich von dem Fehlen einer Darstellung auf das Fehlen entsprechenden Vortrags geschlossen werden. Eine vollständige Wiedergabe des Parteivorbringens kann aber nicht mehr zu den Funktionen des Urteilstatbestandes zählen, nachdem sich das Gesetz in § 313 Abs. 2 ZPO mit einer "knappen" Darstellung nur des "wesentlichen Inhalts" der vorgebrachten Angriffs - und Verteidigungsmittel begnügt (MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 7; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 7, § 559 Rdn. 17; ders., in Festschrift für Geiß, 2000, S. 3, 20; Fischer, DRiZ 1994, 461, 462 f; Crückeberg, MDR 2003, 199, 200; Gaier, NJW 2004, 110, 111; Rixecker, NJW 2004, 705, 708; a.A. Rimmelspacher, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 11, 13). Dies hängt eng zusammen mit der Aufgabe der ursprünglichen Konzeption des Zivilprozesses als eines rein mündlichen Verfahrens, nach der mündlicher Vortrag weder durch ein Verlesen noch durch eine Bezugnahme auf Schriftsätze ersetzt werden konnte (§ 128 Abs. 3 Satz 1 CPO 1877/§ 137 Abs. 3 Satz 1 CPO 1900). Wurde hiernach ausschließlich das mündlich Vorgetragene zum Prozeßstoff, so konnte dieser nicht durch den Inhalt der Schriftsätze , sondern allein durch den - tunlichst vollständigen - Urteilstatbestand nachgewiesen werden. Insbesondere seit der gänzlichen Aufgabe des Bezugnahmeverbots durch die Neufassung des § 137 Abs. 3 Satz 1 ZPO (RGBl. I 1924, 135) stehen indessen die vorbereitenden Schriftsätze ebenfalls zum Nachweis des Parteivorbringens zur Verfügung. Da mit der Antragstellung und der mündlichen Verhandlung im Zweifel eine Bezugnahme der Parteien auf den Inhalt der zur Vorbereitung vorgelegten Schriftstücke verbunden ist (BGH,
Urt. v. 28. November 2001, IV ZR 309/00, NJW-RR 2002, 381 m.w.N.), ergibt sich der Prozeßstoff auch aus dem Inhalt der Gerichtsakten. Der Bundesgerichtshof hat bereits vor dem Hintergrund dieser Überlegung - wenn auch ohne ausdrückliche Aufgabe der Rechtsprechung zur negativen Beweiskraft - auf entsprechende Revisionsrüge Vorbringen berücksichtigt, das im Tatbestand nicht erwähnt war (BGH, Urt. v. 16. Juni 1992, XI ZR 166/91, NJW 1992, 2148, 2149; Urt. v. 7. Dezember 1995, III ZR 141/93, NJW-RR 1996, 379; vgl. auch Urt. v. 28. November 2001, IV ZR 309/00, aaO). Allein mit dem Hinweis auf die negative Beweiskraft des Urteilstatbestandes kann mithin Parteivorbringen, das sich aus den vorbereitenden Schriftsätzen ergibt, in den Rechtsmittelverfahren nicht unberücksichtigt bleiben. Hingegen bleibt die negative Beweiskraft für solche Angriffs- und Verteidigungsmittel von Bedeutung, die in der mündlichen Verhandlung ohne vorherige Ankündigung in einem vorbereitenden Schriftsatz vorgebracht werden (Ball, in Festschrift für Geiß, 2000, S. 3, 20). Allerdings hat die Rechtsprechung bisher dem Urteilstatbestand auf Grund des § 314 ZPO auch negative Beweiskraft hinsichtlich des mündlichen Parteivorbringens beigelegt. Danach soll der Tatbestand nicht nur Beweis dafür erbringen, daß das, was in ihm als Parteivortrag wiedergegeben wird, tatsächlich vorgetragen worden ist, sondern auch beweisen, daß von den Parteien nichts behauptet worden ist, was nicht aus dem Tatbestand ersichtlich ist (Senat, Urt. v. 25. Mai 1984, V ZR 199/82, NJW 1984, 2463, insoweit in BGHZ 91, 282 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 27. Mai 1981, IVa ZR 55/80, NJW 1981, 1848; Urt. v. 3. November 1982, IVa ZR 39/81, NJW 1983, 885, 886 m.w.N.; Urt. v. 16. Mai 1990, IV ZR 64/89, NJW-RR 1990, 1269). Dieser bereits vom Reichsgericht (RGZ 4, 418, 420; RG, JW 1887, 38; 1896, 72; 1897, 52, 53) vertretenen Auffassung ist das Bundesverwaltungsgericht beigetreten (BVerwG, Beschl. v. 13. April 1989, 1 B 21/89 m.w.N.). Gleichwohl bedarf es
hier weder einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen (§ 132 GVG) noch an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 2 RsprEinhG). Beide Vorlagen setzen voraus, daß die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage für die Entscheidung des konkreten Falles nach Auffassung des vorlegenden Senats erforderlich wird, das vorlegende Gericht also bei Befolgung der abweichenden Ansicht zu einem anderen Ergebnis gelangen würde (BGH, Beschl. v. 15. Februar 2000, XI ZR 10/98, NJW 2000, 1185 zu § 132 GVG; GmS-OGB, BGHZ 88, 353, 357 zu § 2 RsprEinhG). An diesem Erfordernis fehlt es; denn das angefochtene Urteil ist bereits deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit des zugrunde gelegten Sachverhalts aus den bereits erörterten Fehlern der Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil ergeben.
III.
Nach alledem war die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird zunächst die gebotenen Feststellungen zum Inhalt der geführten Vertragsverhandlungen nachholen müssen. Sollte danach von dem Vorliegen der Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs auszugehen sein, wären weitergehende Feststellungen zur Schadenshöhe erforderlich. Da die Klägerin an dem geschlossenen Vertrag festhalten will, wäre als ersatzfähiger Schaden der Betrag anzusetzen, um den die Klägerin die Dachgeschoßwohnung im Vertrauen auf
die Richtigkeit der Angaben der Zeugin Dr. L. zu teuer erworben hat (vgl. Senat, Urt. v. 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2877 m.w.N.).
Wenzel Krüger Klein Gaier RiBGH Dr. Stresemann ist infolge Urlaubsabwesenheit gehindert, zu unterschreiben. Wenzel
Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Verkäufer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden; - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird; - 3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.
Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.
Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn
- 1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und - 2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.