Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 28. Aug. 2013 - L 5 AS 191/11

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2013:0828.L5AS191.11.0A
28.08.2013

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 6. April 2011 und der Bescheid des Beklagten vom 13. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 2009 werden abgeändert, soweit der Beklagte die Leistungsbewilligung in Höhe eines Betrags von mehr als 1.305,28 EUR aufgehoben und diesen Betrag zur Erstattung gestellt hat.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung und Erstattung überzahlter Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. Januar 2008 i.H.v. 1.326,52 EUR.

2

Die am ... 1947 geborene Klägerin war mit dem am ... 1940 geborenen und mittlerweile verstorbenen Ehemann verheiratet und bewohnte im streitigen Zeitraum mit diesem eine 58,24 m² große Mietwohnung. Für die Gesamtmiete waren im streitigen Zeitraum 428,18 EUR/Monat zu entrichten (Kaltmiete und Betriebskosten 359,18 EUR/Monat, Fernwärme 49,00 EUR/Monat, Wasser 20 EUR/Monat, daneben noch Strom 44 EUR/Monat). Für eine Kfz-Haftpflichtversicherung war im streitigen Zeitraum ein Betrag von 15,89 EUR/Monat aufzubringen.

3

Der Ehemann bezog seit 2003 eine Altersrente sowie seit April 2004 von der Verwaltung-Berufsgenossenschaft eine Unfallrente. Im streitigen Zeitraum betrug der Zahlbetrag der Altersrente 709,25 EUR/Monat, der der Unfallrente 160,46 EUR/Monat.

4

Die Klägerin hatte seit Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II bezogen. In ihren jeweiligen Anträgen hatte sie lediglich die Altersrente ihres Ehemanns angegeben, nicht jedoch die Unfallrente. Sie hatte einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung beantragt. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin R. hatte in dem Attest vom 16. November 2006 einen Hochdruck und eine Zuckerkrankheit genannt. In der ärztlichen Bescheinigung vom 22. Februar 2007 hatte sie für den Diabetes mellitus eine Diabeteskost für erforderlich erachtet. Der Beklagte hatte die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) bereits ab Juli 2005 bestandskräftig auf eine aus seiner Sicht angemessene Grundmiete von 246 EUR/Monat herabgesetzt. In der Verwaltungsakte findet sich keine Kostensenkungsaufforderung.

5

Nachdem dem Beklagten im Juli 2007 der Bezug der Unfallrente bekannt geworden war, hatte der Ehemann der Klägerin angegeben, diese habe bislang von dieser Rente nichts gewusst. Mit Änderungsbescheiden vom 21. August 2007 hatte der Beklagte eine Neuberechnung der Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von Januar 2005 bis September 2007 vorgenommen. Ferner hatte er die Leistungsbewilligungen i.H.v. 5.014,50 EUR bestandskräftig aufgehoben.

6

In ihrem Weiterzahlungsantrag vom 28. August 2007 gab die Klägerin die beiden Renten ihres Ehemanns an. Der Beklagte erhöhte mit Änderungsbescheid vom 25. September 2007 die Leistungen für Juli bis September 2007 auf 212,69 EUR/Monat. Dabei ging er von einem Gesamtbedarf der Klägerin i.H.v. 544,32 EUR aus, dem er "sonstiges Einkommen" i.H.v. 331,63 EUR gegenüber stellte. Mit Leistungsbescheid ebenfalls vom 25. September 2007 bewilligte er der Klägerin für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. März 2008 544,32 EUR/Monat. Dabei ging er wiederum von einem Gesamtbedarf der Klägerin i.H.v. 544,32 EUR/Monat aus (Regelleistung 312 EUR, Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung 51,13 EUR, anerkannte anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung 181,19 EUR). Eine Einkommensanrechnung nahm er nicht vor.

7

Unter dem 10. Januar 2008 hörte der Beklagte die Klägerin über die erfolgte Überzahlung und die beabsichtigte Leistungserstattung an. Bei der Weiterbewilligung ab Oktober 2007 sei es versäumt worden, die Anrechnungsbeträge aus den Renten des Ehemanns in die Berechnung einzubeziehen. Die Klägerin hätte erkennen können, dass ihr die Leistungen in dieser Höhe nicht zustanden. Gleichzeitig änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung mit Änderungsbescheid vom 10. Januar 2008 für Februar und März 2008 auf 212,69 EUR/Monat.

8

Dazu nahm die Klägerin am 22. Januar 2008 Stellung: Sie hätte alle Unterlagen eingereicht. Als die neue Bewilligung gekommen war, habe sie es nicht richtig glauben können. Sie sei am 16. Oktober 2007 bei dem Beklagten gewesen und habe sich persönlich erkundigt. Die Sachbearbeiterin W. (im Folgenden: Zeugin) habe ihr gesagt, sie brauche sich keine Sorgen machen, es sei alles richtig berechnet worden und sie könne mit ruhigem Gewissen nach Hause gehen.

9

Der Beklagte hob mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 13. März 2008 die Leistungsbewilligung vom 25. September 2007 für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. Januar 2008 teilweise i.H.v. 1.326,52 EUR auf. Unter dem genannten Erstattungszeitraum listete er auf: "Mehrbedarfe für kostenaufwändige Ernährung 78,52 EUR, Arbeitslosengeld II (Regelleistung) 1.248,00 EUR". Die Klägerin habe Einkommen erzielt, das zum Wegfall oder zur Minderung ihres Anspruchs geführt habe (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Die zu Unrecht gezahlten Beträge seien gemäß § 50 SGB X zu erstatten.

10

In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, der Fehler habe beim Beklagten gelegen. Sie sei ihren Rechten und Pflichten nachgekommen und habe sich erkundigt. Ihr sei am 16. Oktober 2007 bestätigt worden, dass alles in Ordnung sei. Der Mehrbedarf wegen Diabetes mellitus dürfe ohnehin nicht zurückgefordert werden.

11

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2009 als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für eine teilweise Rücknahme der Leistungsbewilligung nach § 45 Abs. 1 SGB X lägen vor. Der von dem Ehemann der Klägerin nicht zur Bedarfsdeckung benötigte Rentenanteil sei als Einkommen auf ihren Leistungsanspruch anzurechnen. Schutzwürdiges Vertrauen liege gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X nicht vor. Die Klägerin habe nach ihren eigenen Angaben die Rechtswidrigkeit des Bescheids gekannt. Die Höhe des zu erstattenden Betrags ergebe sich wie folgt: Addition der beiden Renten des Ehemanns der Klägerin abzüglich 30 EUR Versicherungspauschale, 15,89 EUR Kfz-Haftpflichtversicherung sowie eines fiktiven Bedarfs des Ehemanns der Klägerin i.H.v. 492,19 EUR (311 EUR Regelleistung, 181,19 EUR KdU). Es sei somit ein Anrechnungsbetrag i.H.v. 331,63 EUR auf den monatlichen Bedarf anzurechnen. Daher sei die Klägerin mit insgesamt 1.326,52 EUR überzahlt. Die erbrachten Leistungen seien gemäß § 50 SGB X zu erstatten.

12

Dagegen hat die Klägerin am 9. Februar 2009 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Sie habe alles Erforderliche zur Aufklärung getan und auf die Auskunft der Zeugin vertrauen dürfen. Nachdem die Leistungen weitergezahlt worden seien, hätte sie annehmen müssen, dass alles richtig berechnet worden war. Die Schuld für die Überzahlung liege beim Beklagten. Sie sei zudem entreichert gemäß § 818 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

13

Der Beklagte hat eingewendet, anlässlich der Vorsprache der Klägerin am 16. Oktober 2007 sei die Leistungshöhe anhand des vorgelegten Bescheids, aber nicht unter Rückgriff auf die Leistungsakte besprochen worden. Ein Hinweis der Klägerin auf eine unterbliebene Einkommensanrechnung sei dabei nicht erfolgt.

14

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 6. April 2011 abgewiesen. Zu Recht habe der Beklagte die Leistungsbewilligung gemäß § 45 Satz 2 Satz 3 Ziffer 3 SGB X zurückgenommen und die Erstattung der überzahlten Beträge verlangt. Die Klägerin habe gewusst, dass das Einkommen ihres Ehemanns anzurechnen war. Aus dem Änderungsbescheid vom 25. September 2007 habe sie ihren tatsächlichen Leistungsanspruch erkennen können. Unwidersprochen habe die Klägerin nur mit dem Leistungsbescheid vom 25. September 2007 bei der Zeugin vorgesprochen. Diese habe die Richtigkeit daher gar nicht prüfen können. Darüber hinaus seien mündliche Auskünfte auch gegenüber juristischen Laien nicht verbindlich. Der Verbrauch der Leistungen oder ein Verschulden des Beklagten seien unerheblich.

15

Gegen das ihr am 9. April 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16. Mai 2011 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Sie führt aus, bei ihrer Vorsprache am 16. Oktober 2007 den streitigen Bescheid vorgelegt zu haben. Auch die Zeugin habe den Fehler im Leistungsbescheid nicht erkannt. Es sei ihr nicht zuzumuten, den jeweils aktuellen Rechtsstand zu kennen und zu schlussfolgern, ob ein Bescheid der Rechtslage entspreche. Sie genieße Vertrauensschutz bis zum Zugang des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids, der nicht rückwirkend entfallen könne. Der Beklagte habe den fehlenden Vertrauensschutz zu beweisen. Es gelte die Vermutung der Richtigkeit der Leistungsbewilligung. Angesichts des Verbrauchs der Leistungen habe das öffentliche Interesse an der Rückforderung zurückzutreten.

16

Die Klägerin beantragt,

17

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 6. April 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 13. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 2009 aufzuheben.

18

Der Beklagte beantragt,

19

die Berufung zuzuweisen.

20

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Vorsprache vom 16. Oktober 2007 sei nicht aktenkundig. Im Übrigen sei die Klägerin deshalb nicht gegen den Änderungsbescheid vom 25. September 2007 vorgegangen, weil sie die Notwendigkeit der Einkommensanrechnung gekannt habe. Auf Nachfrage des Senats hat der Beklagte angegeben, VERBIS-Ausdrucke lägen nicht mehr vor. Hinsichtlich der Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten seien keine weiteren Angaben möglich.

21

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin. Wegen der Ergebnisse der Beweiserhebung wird auf das Sitzungsprotokoll, wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakte des Beklagten hat vorgelegen und ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

I.

22

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden. Sie ist auch statthaft i.S.v. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung. Danach ist die Berufung ohne Weiteres zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, den Betrag von 750 EUR übersteigt. Streitgegenständlich ist hier eine Leistungsrücknahme und Erstattung von Leistungen i.H.v. 1.326,52 EUR von der Klägerin.

II.

23

Die Berufung ist überwiegend unbegründet. Der Bescheid vom 13. März 2008 der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 2009 ist rechtmäßig, soweit der Beklagte die Leistungsbewilligung i.H.v. 1.305,28 EUR aufgehoben und zur Erstattung gestellt hat. Lediglich hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrags waren das angefochtene Urteil und die Bescheide des Beklagten aufzuheben.

1.

24

Die zur Überprüfung gestellten Bescheide begegnen zunächst keinen Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit.

a.

25

Der Bescheid vom 13. März 2008 ist wirksam geworden gemäß § 39 Abs. 1 SGB X. Adressatin war die Klägerin, die den Bescheid auch erhalten hat.

b.

26

Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 13. März 2008 ist auch hinreichend bestimmt i.S.v. § 33 Abs. 1 SGB X.

27

Die Verfügungssätze des Bescheids sind nach ihrem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei und haben die Klägerin bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzt, ihr Verhalten daran auszurichten. Denn sie konnte eindeutig erkennen, dass der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit von Oktober 2007 bis Januar 2008 insgesamt hinsichtlich eines Betrags von 1.326,52 EUR aufgehoben und dass er von ihr dessen Erstattung verlangt hat (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2012, B 4 AS 154/11 R (16)).

28

Es kann dahinstehen, ob die Darstellung der Ermittlung der Gesamtforderung im Bescheid vom 13. März 2008 ("Mehrbedarfe für kostenaufwendige Ernährung 78,52 EUR, Arbeitslosengeld II (Regelleistung) 1.248,00 EUR") dem Bestimmtheitsgebot genügt, oder ob insoweit nur ein Begründungsmangel vorliegt. Denn jedenfalls im Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2009 hat der Beklagte die Berechnung des Leistungsanspruchs der Klägerin detailliert dargelegt und einen monatlichen Anrechnungsbetrag von 331,63 EUR mitgeteilt.

c.

29

Die gemäß § 24 Abs. 1 SGB X vorzunehmende Anhörung ist erfolgt. Mit Schreiben vom 17. Januar 2008 hatte der Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie hätte erkennen können, dass ab Oktober 2007 die Anrechnung des Renteneinkommens vergessen worden war. Somit hatte diese Gelegenheit, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen und den subjektiven Schuldvorwürfen zu äußern.

e.

30

Die Jahresfrist für eine Leistungsrücknahme und -aufhebung gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X bzw. § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist eingehalten. Der Beklagte hat die Bewilligung unter dem 13. März 2008 und somit innerhalb eines Jahres ab Kenntnis seines Fehlers zurückgenommen.

2.

31

Die Bewilligung von Arbeitslosengeld II im streitigen Zeitraum war von Anfang an rechtswidrig. Rechtsgrundlage für die teilweise Rücknahme der Bewilligungsentscheidungen ist somit § 40 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III und § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Ziff. 3 und Abs. 4 Satz 1 SGB X. Danach wird ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen, soweit er von Anfang an rechtswidrig begünstigend ist. Voraussetzung ist ferner, dass der Begünstigte sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen kann. Dies ist u.a. der Fall, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

a.

32

Die Klägerin war in dem hier streitigen Zeitraum dem Grunde nach anspruchsberechtigt nach dem SGB II.

33

Auch bei einer Klage wegen der Abänderung oder Aufhebung einer bestandskräftigen Leistungsbewilligung sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungsberechtigung dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen. Dabei ist, wenn ein vollständiger oder teilweiser Eingriff in die Bestandskraft der in einer bestimmten Höhe bewilligten Leistungen erfolgt, dessen Berechtigung grundsätzlich unter Einbeziehung der weiteren, den Grund und die Höhe der bereits bewilligten Leistungen betreffenden Berechnungsfaktoren (unter Berücksichtigung des §§ 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) zu prüfen, soweit Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit ersichtlich oder vorgetragen sind (vgl. BSG, Urteil vom 28. März 2013, B 4 AS 59/12 (28); Urteil vom 16. Mai 2012, B 4 AS 132/11 R (26); Urteil vom 23. August 2011, B 14 AS 165/10 R (19); Urteil vom 15. Dezember 2010, B 14 AS 92/09 R (26)).

34

Insoweit gibt der Senat ausdrücklich seine bisherige ständige Rechtsprechung auf. Danach war die Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung in dem bestandskräftigen Bewilligungsbescheid grundsätzlich nicht zu überprüfen. Etwas anderes sollte nur dann gelten, wenn im Rahmen der Rechtsmittel gegen einen Rücknahme- oder Erstattungsbescheid Einwendungen gegen die ursprüngliche Leistungsbewilligung erhoben wurden. Dann sollten diese als Antrag nach § 44 SGB X zu werten sein (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 9. Mai 2012, L 5 AS 234/09; Urteil vom 1. März 2012, L 5 AS 339/09 unter Hinweis u.a. auf frühere Rechtsprechung des BSG). Nunmehr ist eine Überprüfung der zu Grunde liegenden, bestandskräftigen Leistungsbewilligung immer auch dann erforderlich, wenn "Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit" vorliegen, ohne dass die Kläger die Leistungsbewilligung als solche rügen. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten sind nach § 7 Abs.1 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

35

Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

36

Die Klägerin hatte im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet, das 65. Lebensjahr noch nicht erreicht und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie war auch erwerbsfähig und verfügte nicht über zumutbar einzusetzendes Vermögen i.S.v. § 12 SGB II.

b.

37

Der im Bescheid vom 25. September 2007 zugrunde gelegte Gesamtbedarf der Klägerin betrug im streitigen Zeitraum 544,32 EUR/Monat. Er setzte sich zusammen aus der Regelleistung (311 EUR), dem Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung (51,13 EUR) und den anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung (181,19 EUR).

38

Anhaltspunkte für seine Unrichtigkeit bestanden, weil der Beklagte nicht die tatsächlichen KdU berücksichtigt hatte. Soweit der Beklagte seit Juli 2005 eine Absenkung der KdU auf eine von ihm für angemessen erachtete Grundmiete vorgenommen hatte, war diese rechtswidrig. Insoweit scheiterte eine Senkung der Kosten für die KdU schon an einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II. Darüber hinaus lässt sich weder der Verwaltungsakte noch den dort enthaltenen Leistungsbescheiden entnehmen, nach welchen Maßstäben die Absenkung der Leistungen für die KdU vorgenommen war. Ob dies nach einem so genannten "schlüssigen Konzept" im Sinne der Rechtsprechung des BSG erfolgte, kann deshalb nicht festgestellt werden. Auch im Berufungsverfahren konnte der Beklagte nicht darlegen, aus welchen Gründen die Leistungsabsenkung erfolgt war. Die Klägerin hatte daher im streitigen Zeitraum Anspruch auf einen Anteil an den vollen KdU. Die tatsächlichen Unterkunftskosten - mit Ausnahme der der Regelleistung zuzuordnenden Stromkosten - waren nach dem Kopfteilprinzip auf die Klägerin und ihren Ehemann aufzuteilen, auch wenn dieser keine Leistungen nach dem SGB II bezogen hatte (BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, B 14/11b AS 55/06 R (18)). Somit ergab sich für die Klägerin einen Anspruch für die KdU i.H.v. 208,46 EUR/Monat (428,18 EUR/Monat: 2 abzgl. 5,63 EUR für Warmwasserbereitung).

39

Soweit andererseits der Beklagte für die Klägerin im Rahmen des Gesamthilfebedarfs einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen i.H.v. 51,13 EUR/Monat zugrunde gelegt hat, war dies rechtswidrig begünstigend. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf den bewilligten Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 5 SGB II. Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Erforderlich ist dafür ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen Kostform. Nur krankheitsbedingte Gründe sind von Bedeutung (BSG, Urteil vom 10. Mai 2011, B 4 AS 100/10 R (16, 17)). Bei der Klägerin lagen in dem streitigen Zeitraum nach der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung die Erkrankungen Bluthochdruck und Diabetes mellitus vor. Für die von der Fachärztin für Allgemeinmedizin R. empfohlene "Diabeteskost" war eine kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen nicht erforderlich gewesen. Vielmehr war insoweit eine Vollkosternährung ausreichend, die mit den in der Regelleistung enthaltenen Beträgen finanzierbar war. Nach der Rechtsprechung des BSG besteht bei einem Diabetes mellitus grundsätzlich kein Anspruch auf Mehrbedarfe für kostenaufwändige Ernährung (BSG, Urteil vom 10. Mai 2011, B 4 AS 100/10 R). Insoweit kann auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. vom 1. Oktober 2008 zurückgegriffen werden. Es handelt sich hierbei nicht um ein antizipiertes Sachverständigengutachten. Dennoch dienen die Empfehlungen 2008 als Orientierungshilfe. Die im Oktober 2008 neu herausgegebenen Empfehlungen sind auch für den vorliegenden, Zeiträume davor betreffenden Rechtsstreit anzuwenden. Es gibt keine Gründe, die dort dokumentierten ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse nicht in die Beweiswürdigung einfließen zu lassen (BSG, Urteil vom 10. Mai 2011, a.a.O., (23); Urteil vom 20. November 2011, a.a.O. (23)). Nach Ziffer 4.1 der Empfehlungen 2008 ist für die bei der Klägerin vorliegenden Erkrankungen regelmäßig kein krankheitsbedingt erhöhter Ernährungsaufwand anzunehmen.

40

Einer weiteren Beweiserhebung durch den Senat bedurfte es - trotz der Diagnose zweier Erkrankungen - hier nicht. Nur sofern Krankheiten vorliegen, die in den Empfehlungen 2008 nicht genannt sind, oder soweit Besonderheiten des Einzelfalls ein Abweichen von den Empfehlungen 2008 erforderlich machen, ist eine weitere Ermittlung des medizinischen Sachverhalts erforderlich. Die behandelnde Fachärztin für Allgemeinmedizin R. hatte zwar in dem Attest vom 16. November 2006 zwei Diagnosen genannt. In der ärztlichen Bescheinigung vom 22. Februar 2007 hatte sie doch lediglich für eine Diagnose, den Diabetes mellitus, eine "Diabeteskost" für erforderlich erachtet. Es liegt daher nicht die Konstellation vor, dass wegen mehrerer Erkrankungen unterschiedliche Kostformen erforderlich gewesen wären.

41

Der Gesamtbedarf der Klägerin betrug somit 520,76 EUR/Monat (Regelleistung 312,30 EUR, ernährungsbedingter Mehrbedarf 0,00 EUR, KdU: 208,46 EUR).

42

Insgesamt hatte die Klägerin also einen geringeren Gesamtbedarf als vom Beklagten in seiner bestandskräftigen Leistungsberechnung zu Grunde gelegt worden war.

c.

43

Allerdings ergibt sich bei der Berücksichtigung des Einkommens des Ehemanns ein höherer Leistungsanspruch der Klägerin.

44

Die Renten des Ehemanns der Klägerin waren, soweit dieser sie nicht zur Deckung eigener Bedarfe benötigte, als Einkommen der Klägerin zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 16. Mai 2007, B 11b AS 27/06 R). Eine Rente aus der Gesetzlichen Renten- und der Gesetzlichen Unfallversicherung ist in voller Höhe als Einkommen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzurechnen. Eine Privilegierung nach § 11 Abs. 3 SGB II findet nicht statt (BSG, Urteil vom 16. Mai 2007, B 11b AS 27/06 R; Urteil vom 5. September 2007, B 11b 15/06 R).

45

Grundsätzlich nicht zu beanstanden ist die erfolgte Bereinigung der Renteneinkünfte des Ehemanns der Klägerin.

46

Davon war zunächst ein fiktiver Bedarf nach dem SGB II abzusetzen (BSG, Urteil vom 19. September 2008, B 14/7b AS 10/07 R). Weiter waren die auf ihn entfallenden tatsächlichen anteiligen KdU anzurechnen.

47

Darüber hinaus war der Pauschbetrag i.H.v. 30 EUR/Monat gemäß § 6 Abs. 1 Ziffer 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (ALG II-V) abzusetzen. Eine doppelte Berücksichtigung bei zwei Einkommensarten scheidet aus (BSG, Urteil vom 18. Februar 2010, B 14 AS 86/08R (14)). Ferner waren die Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung gemäß § 11 Satz 2 Ziffer 3 SGB II in Höhe von 15,89 EUR/Monat abzusetzen.

48

Ausgehend von dem Zahlbetrag der beiden Renten i.H.v. 869,71 EUR verblieben zur fiktiven Bedarfsdeckung des Ehemanns nicht benötigte 303,06 EUR (869,71 EUR abzgl. 30 EUR Versicherungspauschale, 15,89 EUR Kfz-Haftpflichtversicherung sowie eines fiktiven Bedarfs i.H.v. 520,76 EUR (s.o.)).

49

Um den Betrag von 303,06 EUR/Monat reduzierte sich der Hilfebedarf der Klägerin im streitigen Zeitraum. Eine abermalige Berücksichtigung der Versicherungspauschale i.H.v. 30 EUR/Monat war bei dieser Einkommensanrechnung nicht vorzunehmen. Die Pauschale ist lediglich einmal vom jeweiligen Einkommen abzusetzen (BSG, Urteil vom 21. Dezember 2009, B 14 AS 42/08 R (28)).

50

Ausgehend von einem monatlichen Gesamthilfebedarf von 520,76 EUR hatte die Klägerin unter Anwendung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs. 2 SGB II einen monatlichen Leistungsanspruch von 218 EUR (520,76 EUR - 303,06 EUR = 217,60 EUR, gerundet 218 EUR).

51

Für die streitigen vier Monate ergibt sich somit eine Überzahlung von nur 1.305,28 EUR (544,32 – 218 EUR = 326,32 EUR x 4).

d.

52

Die Klägerin kann sich hier nicht auf Vertrauensschutz i.S.v. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X berufen. Denn zur Überzeugung des Senats kannte sie die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 25. September 2007 mindestens infolge grober Fahrlässigkeit nicht.

53

Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der gesetzlichen Definition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dies verlangt, dass schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt werden und daher nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Entscheidend ist das individuelle Vermögen, die Fehlerhaftigkeit der Leistungsbewilligung erkennen zu können. Maßgeblich ist daher, ob die Klägerin bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre in der Lage gewesen wäre zu erkennen, dass für die Zeit ab Oktober 2007 ein Fehler in der Leistungsberechnung aufgetreten war. Ihr obliegt die objektive Beweislast für das behauptete Fehlen grober Fahrlässigkeit, weil sie das Vorliegen eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals für das Behaltendürfen der überzahlten Leistungen für sich in Anspruch nimmt.

54

Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin bei Erhalt des Bescheids vom 25. September 2007 hätte wissen müssen oder sogar wusste, dass ein Berechnungsfehler vorlag.

55

Dies ergab sich schon aus dem Kontext mit dem zeitgleich ergangenen Änderungsbescheid vom 25. September 2007 für die Monate Juli bis September 2007. Dort waren - ohne dass sich die rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse geändert hatten - nur 212,69 EUR/Monat bewilligt worden. Bei einem Vergleich der beiden Bescheide war auch eindeutig und im beiliegenden Berechnungsbogen auf den ersten Blick zu erkennen, dass der Änderungsbescheid vom 25. September 2007 ein "sonstiges Einkommen" berücksichtigte, während der Leistungsbescheid vom gleichen Tag keine Einkommensanrechnung vorsah. Gerade aufgrund der Vorgeschichte der Klägerin, die sich wenige Monate zuvor einer Rückforderung i.H.v. über 5.000 EUR wegen der nicht berücksichtigten Unfallrente ausgesetzt sah, geht der Senat davon aus, dass diese hinsichtlich der vorzunehmende Einkommensanrechnung besonders sensibilisiert war und den Fehler bei der gebotenen Durchsicht des Leistungsbescheids hätte erkennen müssen. Dies gilt umso mehr, als der Klägerin die zu hohe Leistungsbewilligung sofort aufgefallen war.

56

Auch nach ihrer eigenen schriftlichen Darstellung drängt sich die Annahme auf, dass die Klägerin die Falschberechnung der Leistungsbewilligung ab Oktober 2007 mindestens grob fahrlässig nicht kannte. Denn nach ihrer ersten Äußerung im Anhörungsverfahren "konnte sie es nicht richtig glauben" und suchte deshalb das Gespräch mit Mitarbeitern des Beklagten.

57

Nichts anderes ergibt sich aus der Befragung der Klägerin durch den Senat. Sie hat ausdrücklich eingeräumt, bei Erhalt des Bescheids gewusst zu haben, dass etwas nicht stimmen konnte. Sie hatte erkannt, zuviel Leistung bekommen zu haben und überzahlt zu sein.

58

Selbst wenn die Klägerin zunächst nur Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids gehabt haben sollte, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Es mag Konstellationen geben, in denen bei einer gewissen Unsicherheit über die Richtigkeit der Leistungsberechnung eine positive Bestätigung durch einen Behördenmitarbeiter zu einem Vertrauensschutz führen kann. Ein solcher Fall lag jedoch hier zur Überzeugung des Senats nicht vor. Die Klägerin hat auf Befragen angegeben, den Bezug der zwei Renten ihres Ehemanns bei dem Gespräch mit der Zeugin nicht mitgeteilt zu haben. Sie wusste jedoch, dass die Renten auf den Leistungsanspruch anzurechnen waren. Ob sie hingegen die beiden unterschiedlichen Bescheide vom 25. September 2007 vorgelegt hat, oder nur den Leistungsbescheid für die Zeit ab dem 1. Oktober 2007, will ihr nicht mehr erinnerlich sein. Gleichzeitig will sie davon ausgegangen sein, dass die Zeugin aufgrund der Angaben im Weiterzahlungsantrag Kenntnis von diesen Renten haben musste. Angesichts der der Klägerin bewussten Überzahlung hätte sie - ohne einen Hinweis auf diese Renten gegenüber der Zeugin - nicht darauf vertrauen dürfen, dass die ihr gegebene Auskunft über eine fehlerfreie Leistungsbewilligung richtig war. Vielmehr hätte sie sich in dieser Situation gedrängt fühlen müssen, der Zeugin durch Klarstellung der finanziellen Verhältnisse die Möglichkeit einer richtigen Auskunft zu verschaffen. Angesichts ihrer anfänglichen Überzeugung einer Überzahlung durfte sie sich nicht damit zufrieden geben, dass die Zeugin den bewilligten Zahlbetrag bestätigt hat. Dass die Klägerin selbst nicht von der Richtigkeit dieser Auskunft überzeugt war, ergibt sich schon aus ihren Einlassungen im Termin. So hat sie eingeräumt, sie sei nach diesem Gespräch nicht hundertprozentig überzeugt gewesen, dass die Leistungsbewilligung richtig war. Angesichts der bei ihr verbliebenen Zweifel dürfte sie nicht darauf vertrauen, dass die Auskunft richtig sein werde. Es wäre zudem auch zu erwarten gewesen, dass die Klägerin gegen den Änderungsbescheid vom 25. September 2007 das Rechtsmittel des Widerspruchs ein legen würde. Denn dieser wäre ja dann aus ihrer Sicht für Juli bis September 2007 fehlerhaft gewesen. Dies hat die Klägerin jedoch nicht getan, ohne dafür einen Grund nennen zu können.

59

Die Vernehmung der Zeugin konnte insoweit nicht dazu beitragen, den Senat von einer Gutgläubigkeit der Klägerin hinsichtlich der richtigen Berechnung ihrer Leistungen zu überzeugen. Diese konnte sich an ein Gespräch mit der Klägerin nicht erinnern. Nach den von ihr geschilderten Aufgabenbereichen war sie auch nur in einer untergeordneten Funktion tätig. Sie war lediglich in einer Auskunftsstelle als erste Ansprechpartnerin beschäftigt. Auf Fragen zur Berechnung der Leistungsbewilligung hatte sie keine Auskünfte geben dürfen. Sie hatte - nach ihren glaubhaften Angaben - an ihrem Arbeitsplatz nur Zugriff auf die Computerinformation zur Höhe der zuletzt bewilligten Leistungen. Zugang zu den Leistungsakten oder einen Zugriff auf die Leistungsberechnung im Einzelnen hatte sie nicht. Für den Fall, dass ein Leistungsberechtigter eine Falschberechnung angab, oblag es ihr, das Problem an den zuständigen Sachbearbeiter weiterzuleiten. Bestätigen hätte sie lediglich können, ob der bewilligte Zahlbetrag mit der ausbezahlten Summe übereinstimmte.

60

Der Senat konnte sich auf der Grundlage der Angaben der Zeugin und der Klägerin keine Überzeugung verschaffen, dass bei der Vorsprache der Klägerin mehr als ein Vergleich von Auszahlungsbetrag und der bewilligten Leistungen erfolgt war. Dessen hätte es indes angesichts der massiven Zweifel der Klägerin und ihrer Kenntnisse von der Anrechnung des Renteneinkommens ihres Ehemanns jedoch bedurft.

61

Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast obliegt der Klägerin die Beweislast für den behaupteten Wegfall der bestehenden Zweifel infolge des Gesprächs mit der Zeugin. Da sich der Senat insoweit nicht von ihrer Behauptung überzeugen konnte, geht dies zu ihren Lasten.

e.

62

Der Einwand der Klägerin, die Leistungen verbraucht zu haben, ist nicht relevant. Nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X ist Vertrauen in der Regel dann schutzwürdig, wenn der Begünstigte die erbrachten Leistungen verbraucht hat. Ausdrücklich sieht jedoch § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vor, dass er sich trotz Verbrauchs der Leistungen auf schutzwürdiges Vertrauen nicht berufen kann, wenn er - wie hier - die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

63

Auch der Hinweis auf ein Mitverschulden des Beklagten für eine Überzahlung ist nicht von Bedeutung. Denn im Rahmen des SGB II ist eine Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte kein Ermessen zu prüfen (§ 40 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III).

4.

64

Die Erstattungsforderung ist gemäß § 50 Abs. 1 SGB X i.H.v. 1.305,28 EUR begründet. Ein Fall von § 40 Abs. 2 Satz 1 a.F. SGB II liegt nicht vor. Danach sind abweichend von § 50 des Zehnten Buches 56 vom 100 der bei der Leistung nach § 19 Satz 1 und 3 sowie § 28 berücksichtigten Kosten für Unterkunft, mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten. Diese Vorschrift gilt gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II a.F. nicht in Fällen, in denen die Bewilligung lediglich teilweise aufgehoben wird.

5.

65

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Aufgrund des geringen Obsiegens der Klägerin war eine Kostenaufteilung nicht vorzunehmen.

66

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage.


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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die1.das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,2.erwerbsfähig sind,3.hilfebedürftig sind und4.ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschla

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(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen de

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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung


(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Le

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 11 Zu berücksichtigendes Einkommen


(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dies

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(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer So

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 50 Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen


(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten. (2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatt

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(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind1.angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bür

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(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass1.rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 19 Bürgergeld und Leistungen für Bildung und Teilhabe


(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Bürgergeld. Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Bürgergeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach

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(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind. (2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrb

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 39 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 24 Anhörung Beteiligter


(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. (2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn 1. eine sof

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 8 Erwerbsfähigkeit


(1) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (2) Im Sinne von Absatz 1 kön

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 33 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, w

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 330 Sonderregelungen für die Aufhebung von Verwaltungsakten


(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 41 Berechnung der Leistungen und Bewilligungszeitraum


(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht. (2) Berechnungen werd

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 45 Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung


(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch 1. Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie Feststellung,

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(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 36a Abs. 2 des Ersten Buches findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 des Ersten Buches muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 36a Abs. 2 des Ersten Buches erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Satz 1 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen; bei einem elektronischen Verwaltungsakt muss auch das der Signatur zugrunde liegende Zertifikat nur die erlassende Behörde erkennen lassen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Aufhebung und Rückforderung einer laufenden Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 102,89 Euro für Juli 2007.

2

Der Beklagte bewilligte der Klägerin und ihrer Tochter seit 2006 SGB II-Leistungen, zuletzt vom 1.6.2007 bis 30.11.2007, in Höhe von 392 Euro monatlich. Dabei berücksichtigte er ein laufendes Nettoerwerbseinkommen der Klägerin in Höhe von 720 Euro (Bescheide vom 3.5.2007 und 14.5.2007 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 6.6.2007).

3

Nachdem die Klägerin dem Beklagten im September 2007 eine am 19.7.2007 ausgestellte Verdienstabrechnung über ein Nettogehalt von 854,27 Euro für Juli 2007 (laufendes Entgelt zuzüglich einer Nachzahlung aus einem Tarifabschluss für das Jahr 2005) übersandt hatte, hob er nach Anhörung der Klägerin mit einem allein an diese adressierten Bescheid vom 19.9.2007 die Bewilligung für die Zeit vom 1. bis 31.7.2007 in Höhe von 122,10 Euro auf und forderte die Erstattung dieses Betrags. In der Berechnung unterschied der Beklagte zwischen den beiden Leistungsarten "Arbeitslosengeld II (Regelleistung)" und "Leistungen für Unterkunft und Heizung". Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese geltend machte, die Einmalzahlung sei auf sechs Monate zu verteilen, wies der Beklagte bis auf eine rechnerische Korrektur des Aufhebungs- und Rückforderungsbetrags auf 120,84 Euro zurück (Widerspruchsbescheid vom 12.12.2007).

4

Das SG hat den Bescheid vom 19.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.12.2007 aufgehoben. Es verstoße gegen die §§ 33, 37 SGB X, dass die Bescheide allein an die Klägerin adressiert seien, weil der Sache nach auch der Tochter der Klägerin bewilligte Leistungen von der Aufhebung und Rückforderung betroffen seien. Rechtswirkungen für diese seien den Bescheiden jedoch nicht zu entnehmen (Urteil vom 18.12.2008).

5

Das LSG hat das Urteil des SG "teilweise aufgehoben und dahingehend abgeändert, dass der Bescheid des Beklagten vom 19. Juli 2007 (richtig: 19.9.2007) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 2007 nur insoweit aufgehoben wird, als darin von der Klägerin mehr als 102,98 Euro zurückgefordert werden" (Urteil vom 5.5.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, entgegen der Ansicht des SG bestünden keine rechtlichen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit - insbesondere die hinreichende Bestimmtheit iS des § 33 Abs 1 SGB X - des Bescheids vom 19.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.12.2007. Bereits nach seinem ursprünglichen Verfügungssatz lasse der Bescheid keine andere Deutung als diejenige zu, dass die Bewilligung von Leistungen im Bescheid vom 3.5.2007 allein insoweit, als danach der Klägerin in eigener Person ein Anteil in Höhe von 272,38 Euro an der Gesamtleistung zugesprochen worden sei, für den Monat Juli 2007 in Höhe von 122,10 Euro aufgehoben werden solle und diese Beträge von der Klägerin zu erstatten seien. Zwar sei damit der Bescheid vom 19.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.12.2007 weiterhin materiell rechtswidrig, weil er das von der Klägerin im September 2007 erzielte Mehreinkommen allein der Klägerin zuschreibe und ihre Tochter - entgegen dem Prinzip der modifizierten horizontalen Berechnungsweise - von der nachträglichen Einkommensberücksichtigung ausgespart habe. Die damit verknüpfte teilweise Rechtswidrigkeit der getroffenen Regelung habe indes nicht auch ihre Unbestimmtheit zur Folge. Insoweit, als der Beklagte das Urteil des SG lediglich teilweise in der den Betrag von 17,95 Euro übersteigenden Höhe angefochten und damit die gegenüber der Klägerin verfügte Aufhebung und Rückforderung auf nunmehr 102,89 Euro beschränkt habe, stünden die angefochtenen Bescheide auch mit der materiellen Rechtslage in Einklang und seien auch der Höhe nach rechtmäßig. Die Klägerin könne auch nicht erfolgreich einwenden, dass die mit dem Juligehalt ausgezahlte Nachzahlung aufgrund des Tarifabschlusses für das Jahr 2005 in Höhe von 154,72 Euro auf mehrere Monate zu verteilen sei.

6

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, es sei davon auszugehen, dass der angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid nicht hinreichend bestimmt sei (Hinweis auf Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 7.5.2009 - L 28 AS 1354/08). Da es keinen Gesamtanspruch der Bedarfsgemeinschaft gebe, bestehe auch keine gesamtschuldnerische Haftung ihrer Mitglieder. Im Rückabwicklungsverhältnis müsse der Leistungsträger konkret prüfen, für welche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in welcher Höhe Leistungen zu Unrecht bewilligt worden seien und wer entsprechende Leistungen zu Unrecht erhalten habe. Dies sei nicht geschehen, weil ein nicht weiter nach Personen aufgegliederter Betrag zurückgefordert worden sei. Ein materiell rechtswidriger Verfügungssatz könne nicht hinreichend bestimmt sein.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Mai 2011 aufzuheben und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er bezieht sich auf das Urteil des LSG.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das LSG hat zu Recht entschieden, dass das von der Klägerin im Juli 2007 erzielte höhere Nettoarbeitsentgelt insgesamt als Einkommen im laufenden Leistungsmonat zu berücksichtigen ist.

11

1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG gehen in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Jobcenter (§ 6d SGB I idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112) mit Wirkung vom 1.1.2011 als Rechtsnachfolgerin kraft Gesetzes an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft (vgl § 76 Abs 3 S 1 SGB II) getreten sind. Dieser kraft Gesetzes eingetretene Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar. Das Passivrubrum war daher von Amts wegen zu berichtigen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II bestehen nicht, weil der Gesetzgeber sich bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt(vgl dazu Urteile des Senats vom 18.1.2011 ua - B 4 AS 99/10 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 5).

12

2. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 19.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.12.2007, soweit der Beklagte mit diesem die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Klägerin für den Monat Juli 2007 in Höhe von 102,98 Euro aufgehoben und von ihr die Erstattung dieses Betrags gefordert hat. Hiergegen wendet sich die Klägerin zu Recht mit der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 SGG).

13

Die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids beurteilt sich nach § 40 SGB II iVm § 48 Abs 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt nach S 3 der Regelung in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraums. Wegen § 40 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 S 1 SGB III ist diese Rechtsfolge zwingend.

14

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im Falle der Klägerin erfüllt, denn durch den Zufluss des höheren Einkommens im Juli 2007 war der bindende Bescheid vom 6.6.2007, der die vorangehenden Bewilligungsbescheide für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis 30.11.2007 komplett ersetzt hat, für diesen Monat teilweise aufzuheben und von der Klägerin der (nunmehr) festgesetzte Betrag in Höhe von 102,89 Euro zu erstatten. Der dies regelnde Bescheid vom 19.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.12.2007 ist nicht bereits deshalb aufzuheben, weil er nicht hinreichend bestimmt ist.

15

3. Der Bescheid vom 19.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.12.2007 genügt - bei einzelfallbezogener Auslegung - den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten.

16

Nach § 33 Abs 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dieses Erfordernis bezieht sich sowohl auf den Verfügungssatz bzw die Verfügungssätze der Entscheidung (BSG SozR 4-5910 § 92c Nr 1 RdNr 11) als auch auf den Adressaten eines Verwaltungsaktes. Insofern verlangt das Bestimmtheitserfordernis als materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung zum einen, dass der Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzt, die in ihm getroffene Rechtsfolge vollständig, klar und unzweideutig zu erkennen und sein Verhalten daran auszurichten (vgl BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr 2, RdNr 13 mwN; BSG SozR 4-4200 § 31 Nr 3 RdNr 16 mwN; BSG Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 92/09 R - juris RdNr 18; BSGE 108, 289 ff = SozR 4-4200 § 38 Nr 2, RdNr 31). Dies ist durch Auslegung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts zu ermitteln (BSG SozR 4-5910 § 92c Nr 1, RdNr 11; vgl auch BSG SozR 4-1200 § 48 Nr 2 RdNr 15 zur nicht zulässigen Verfügung eines Gesamtbetrags bei Abzweigungen nach dem SGB I zu Gunsten eines Dritten, der mehreren Kindern des Leistungsempfängers Unterhalt gewährt). Insofern ist - als Besonderheit des SGB II - zu berücksichtigen, dass es keinen Anspruch der Bedarfsgemeinschaft als solcher kennt, sondern Anspruchsinhaber jeweils alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind (grundlegend BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 12). Entsprechend können auch im Rückabwicklungsverhältnis die - hier auf § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X gestützte - Aufhebung eines rechtswidrigen Bewilligungsbescheids als auch die Erstattungsforderung erbrachter SGB II-Leistungen nur gegenüber dem jeweiligen Leistungsempfänger als einzelnem hilfebedürftigen Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft iS von § 7 Abs 3 SGB II erfolgen. Da es keinen "Gesamtanspruch" der Bedarfsgemeinschaft gibt, besteht auch keine gesamtschuldnerische Haftung deren Mitglieder. Den Verfügungen des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides muss sich daher entnehmen lassen, welcher Adressat bzw welche Adressaten betroffen sind (vgl bereits BVerwG FEVS 43, 324).

17

Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der angefochtene Bescheid vom 19.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.12.2007 diesen Vorgaben gerecht wird. Ihm lässt sich hinreichend klar entnehmen, dass Adressatin sowohl der Aufhebungsentscheidung als auch der Erstattungsforderung ausschließlich die Klägerin ist. Nur sie sollte verpflichtet werden. Der Beklagte hat sowohl im Verfügungssatz als auch in der Begründung des angefochtenen Bescheids zum Ausdruck gebracht, dass er für den konkreten Monat Juli die Leistungsbewilligung - bezogen auf die Regelleistung als auch die Kosten der Unterkunft und Heizung - ausdrücklich nur für sie aufhebt, sodass der Senat dahinstehen lassen kann, ob § 33 SGB X entsprechende Aufschlüsselungen voraussetzt(vgl zur notwendigen zeitlichen Konkretisierung der Aufhebungsentscheidung betreffend Arbeitslosengeld: BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1, RdNr 10; zur Übertragbarkeit dieser Entscheidung auf das SGB II und zur Aufschlüsselung bei einer Erstattungsforderung: BSGE 108, 289 = SozR 4-4200 § 38 Nr 2, RdNr 35 ff). Mit den Formulierungen "die Entscheidung vom 3.5.2007 über die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wird vom 01.07.2007 bis 31.07.2007 für Sie in Höhe von 122,10 Euro aufgehoben … In der Zeit vom 1.7.2007 bis 31.7.2007 wurden Ihnen Leistungen nach dem SGB II in der genannten Höhe zu Unrecht gezahlt. Sie haben Einkommen oder Vermögen erzielt, das zum Wegfall oder zur Minderung Ihres Anspruchs geführt hat" wird nicht auf die der gesamten Bedarfsgemeinschaft, sondern nur auf der Klägerin erbrachte Leistungen Bezug genommen. Auch aus der Höhe der Aufhebungs- und Erstattungsverfügung ergibt sich - anders als nach den einzelfallbezogenen Umständen - möglicherweise bei einer Aufhebung der Leistungsbewilligung in vollem Umfang (vgl hierzu zB LSG Berlin Urteil vom 7.5.2009 - L 28 AS 1354/08 - RdNr 43) - keine offensichtliche Nichtübereinstimmung mit dem im Bewilligungsbescheid vom 6.6.2007 bewilligten Einzelanspruch der Klägerin. Nur für an mehrere Adressaten gerichtete belastende Verwaltungsakte gilt, dass erkennbar sein muss, ob sie als Gesamtschuldner oder nach Bruchteilen in Anspruch genommen werden sollen (vgl Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 33 RdNr 6 mwN). Eine solche Konstellation liegt hier jedoch nicht vor.

18

Zwar bezieht sich der Aufhebung- und Erstattungsbescheid vom 19.9.2007 auf den die vorangegangenen Bewilligungsbescheide vom 3.5.2007 und 14.5.2007 vollständig ersetzenden Bescheid vom 6.6.2007 und kann zur Auslegung des Verfügungssatzes auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte zurückgegriffen werden (BSG SozR 4-2600 § 96a Nr 9 RdNr 38). Mit dem Bewilligungsbescheid vom 6.6.2007 hat der Beklagte in getrennt zu betrachtenden Verfügungen Einzelansprüche der Klägerin und ihrer Tochter bewilligt. Der angefochtene Bescheid bezieht sich nach seinem Inhalt - wie bereits dargelegt - aber von vorneherein nur auf den (Einzel-)Anspruch der Klägerin.

19

4. Das LSG ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass der im Juli 2007 ausgezahlte (höhere) Verdienst für das Jahr 2005 als Einkommen nur für Juli 2007 zu berücksichtigen ist. Hierdurch ist eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen iS des § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X gegenüber dem Bescheid vom 6.6.2007 - als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - eingetreten.

20

Auch der für zurückliegende Zeiträume mit dem regelmäßigen Nettoarbeitsentgelt ausgezahlte Betrag ist Einkommen, nicht Vermögen. Nach § 11 Abs 1 S 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert; die in § 11 Abs 1 SGB II weiter normierten Ausnahmen sind hier nicht von Bedeutung. Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II ist nach der Rechtsprechung der für Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG zur sog Zuflusstheorie grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen iS von § 12 SGB II, was er vor Antragstellung bereits hatte. Dabei ist nach § 11 SGB II im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung grundsätzlich nicht ihr Schicksal von Bedeutung, sondern es ist allein die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert maßgebend(vgl nur BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; Urteile des Senats vom 13.5.2009 - B 4 AS 49/08 R - juris RdNr 12 und vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - FEVS 60, 546; s auch bereits BVerwG Urteil vom 19.2.2001 - 5 C 4/00 - DVBl 2001, 1065 f zu nachgezahltem Arbeitsentgelt). Unerheblich ist deshalb, dass die - wegen der darin enthaltenen Nachzahlung - erhöhte Gehaltszahlung für das Jahr 2005 von der Klägerin bereits zu einem früheren Zeitpunkt erarbeitet wurde.

21

Die Berücksichtigung der zugeflossenen (höheren) Entgelteinnahmen gemäß § 11 Abs 1 S 1 SGB II ergibt sich aus § 2 Abs 2 S 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung - Alg II-V) vom 20.10.2004 (BGBl I 2622). Danach sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Hierunter fällt das in der Gehaltsabrechnung erfasste höhere Nettoentgelt für den Monat Juli 2007 insgesamt, ohne dass zwischen dem regelmäßigen monatlichen Entgelt und dem Nachzahlungsanteil zu differenzieren ist. Laufende Einnahmen sind solche, die auf demselben Rechtsgrund beruhen und regelmäßig erbracht werden, bei einmaligen Einnahmen erschöpft sich das Geschehen in einer einzigen Leistung. Eine - hier neben der nachträglichen - einmalige Erbringung einer an sich laufenden Einnahme ändert deren Qualifizierung grundsätzlich nicht (vgl auch BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 4/08 R - RdNr 21 <Übergangsgeld>; BSG Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 46/08 R - RdNr 14 ; Striebinger in Gagel, SGB II/SGB III, § 11 SGB II, RdNr 40, Stand Januar 2012). Zudem wird das Einkommen nach Maßgabe des § 2 Abs 2 S 1 Alg II-V grundsätzlich im Zeitpunkt seines Zuflusses, hier also - nach den Feststellungen des LSG zum Zeitpunkt der Erzielung höheren Einkommens - im Juli 2007 berücksichtigt.

22

Unabhängig hiervon hat das LSG bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass die Gehaltsnachzahlung auch als einmalige Einnahme nicht auf mehrere Monate zu verteilen, sondern allein im Juli 2007 als Einkommen zu berücksichtigen gewesen wäre. § 2 Abs 3 der Alg II-V bestimmt, dass einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen sind, in dem sie zufließen(S 1). Einmalige Einnahmen sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen (S 3). Nur wenn durch die Berücksichtigung der einmaligen Einnahme die Hilfebedürftigkeit des Leistungsberechtigten und die Leistungspflicht des Grundsicherungsträgers in vollem Umfang entfällt, liegt vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ein Regelfall iS des § 2 Abs 3 S 3 SGB II vor, der grundsätzlich eine Aufteilung der einmaligen Einnahme über mehrere Monate rechtfertigt. Entfällt durch die Berücksichtigung der einmaligen Einnahme die Hilfebedürftigkeit des Leistungsberechtigten und die Leistungspflicht jedoch nicht in vollem Umfang und bleibt die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung und Pflegeversicherung bestehen, ist keine Aufteilung der einmaligen Einnahme über mehrere Monate gerechtfertigt. Ein Grund hierfür kann insbesondere nicht darin gesehen werden, dass durch "Streckung" der einmaligen Einnahmen auf mehrere Kalendermonate in jedem Monat des Verteilzeitraums Freibeträge vom Einkommen abgesetzt werden könnten und dadurch der Umfang der Berücksichtigung insgesamt wirtschaftlich verringert würde (vgl ausführlich BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16 RdNr 29 f).

23

5. Die Änderung berechtigte den Beklagten zu einer Aufhebung der bindenden Bewilligung im Bescheid vom 6.6.2007 in Höhe von 102,89 Euro.

24

Wesentlich iS des § 48 Abs 1 SGB X sind alle Änderungen, die dazu führen, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht hätte erlassen dürfen(BSG SozR 1300 § 48 Nr 22, S 50; vgl auch BSGE 102, 295 ff = SozR 4-4200 § 11 Nr 24, RdNr 10; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 38 RdNr 15). Insofern ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG davon auszugehen, dass der Beklagte den Bescheid vom 6.6.2007 wegen der Einkommenserzielung in zutreffender Höhe von 102,89 Euro aufgehoben hat. Das LSG ist - im Einzelnen aufgeschlüsselt - für den Monat Juli 2007 entsprechend den (korrigierten) Berechnungen des Beklagten davon ausgegangen, dass einem unveränderten Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft unter Berücksichtigung der erhöhten Einkünfte der Klägerin und eines angewachsenen Freibetrags gemäß § 30 SGB II ein höheres anrechenbares Gesamteinkommen gegenüberstehe, sodass der ungedeckte Bedarf der Bedarfsgemeinschaft geringer sei. Zur Bestimmung des die Klägerin und ihre Tochter jeweils betreffenden Anteils der individuellen Leistungsminderung hat es den überzahlten Differenzbetrag nach der Methode der sogenannten modifizierten horizontalen Berechnung im Verhältnis der individuellen Bedarfe auf beide Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verteilt.

25

6. Der Beklagte war auch berechtigt, gemäß § 50 Abs 1 S 1 SGB X von der Klägerin die Erstattung des überzahlten Betrags zu verlangen.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint,
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde,
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll,
4.
Allgemeinverfügungen oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl erlassen werden sollen,
5.
einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen,
6.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen oder
7.
gegen Ansprüche oder mit Ansprüchen von weniger als 70 Euro aufgerechnet oder verrechnet werden soll; Nummer 5 bleibt unberührt.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch

1.
Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen,
2.
(weggefallen)
3.
Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung,
4.
Heranführung an eine selbständige Tätigkeit oder
5.
Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme
unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Für die Aktivierung von Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen, insbesondere auf Grund der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit, besonders erschwert ist, sollen Maßnahmen gefördert werden, die nach inhaltlicher Ausgestaltung und Dauer den erhöhten Stabilisierungs- und Unterstützungsbedarf der Arbeitslosen berücksichtigen. Versicherungspflichtige Beschäftigungen mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind den versicherungspflichtigen Beschäftigungen nach Satz 1 Nummer 3 gleichgestellt. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten für die Teilnahme, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die Förderung kann auf die Weiterleistung von Arbeitslosengeld beschränkt werden.

(2) Die Dauer der Einzel- oder Gruppenmaßnahmen muss deren Zweck und Inhalt entsprechen. Soweit Maßnahmen oder Teile von Maßnahmen nach Absatz 1 bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, dürfen diese jeweils die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung darf die Dauer von acht Wochen nicht überschreiten. Maßnahmen des Dritten Abschnitts sind ausgeschlossen.

(3) Die Agentur für Arbeit kann unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 beauftragen.

(4) Die Agentur für Arbeit kann der oder dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach Absatz 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden. Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berechtigt zur Auswahl

1.
eines Trägers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende und nach § 179 zugelassene Maßnahme anbietet,
2.
eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet, oder
3.
eines Arbeitgebers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende betriebliche Maßnahme von einer Dauer bis zu sechs Wochen anbietet.
Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 1 und der ausgewählte Arbeitgeber nach Satz 3 Nummer 3 haben der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vor Beginn der Maßnahme vorzulegen. Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 2 hat der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen.

(5) Die Agentur für Arbeit soll die Entscheidung über die Ausgabe eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach Absatz 4 von der Eignung und den persönlichen Verhältnissen der Förderberechtigten oder der örtlichen Verfügbarkeit von Arbeitsmarktdienstleistungen abhängig machen.

(6) Die Vergütung richtet sich nach Art und Umfang der Maßnahme und kann aufwands- oder erfolgsbezogen gestaltet sein; eine Pauschalierung ist zulässig. § 83 Absatz 2 gilt entsprechend. Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 beträgt die Vergütung 2 500 Euro. Bei Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderungen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches kann die Vergütung auf eine Höhe von bis zu 3 000 Euro festgelegt werden. Die Vergütung nach den Sätzen 3 und 4 wird in Höhe von 1 250 Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ist ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis

1.
von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist oder
2.
bei einem früheren Arbeitgeber begründet wird, bei dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Aufnahme der Beschäftigung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.

(7) Arbeitslose, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, dessen Dauer nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, und nach einer Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, haben Anspruch auf einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2. In die Frist werden Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat.

(8) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 3 Nummer 3 darf bei Langzeitarbeitslosen oder Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert ist, die Teilnahme an Maßnahmen oder Teilen von Maßnahmen, die bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, jeweils die Dauer von zwölf Wochen nicht überschreiten.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 17. Februar 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Unterkunftskosten nach dem SGB II für Dezember 2009.

2

Die laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beziehenden Kläger zu 1 bis 3 wohnten bis zum 31.10.2008 in einer Wohnung im O weg in K Am 1.11.2008 zogen sie ohne vorherige Zustimmung des Beklagten in ihre derzeitige Wohnung im Ö weg um. Für den Zeitraum vom 1.7.2009 bis 31.12.2009 bewilligte der Beklagte SGB II-Leistungen in Höhe von 1212 Euro monatlich (Bescheid vom 12.6.2009). Hierin enthalten war nur ein von dem Beklagten für Kosten der Unterkunft als angemessen angesehener Betrag in Höhe von 485 Euro (je Kläger 161,66 Euro), nicht die tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 600 Euro monatlich.

3

Aus einer für den Zeitraum 1.1.2008 bis 31.12.2008 erstellten Betriebskostenabrechnung des früheren Vermieters vom 2.10.2009, dem Beklagten zugegangen am 6.10.2009, ergab sich ein Guthaben in Höhe von 1006,78 Euro. Der Vermieter informierte den Beklagten am 16.10.2009 darüber, dass der Betrag aufgrund diverser Mietschulden nicht ausgezahlt werde. Dem Kläger zu 2 teilte er mit, wegen "aufgelaufener, noch ausstehender Mietrückstände" werde das Guthaben in voller Höhe "verrechnet" (Schreiben vom 11.11.2009).

4

Der Beklagte errechnete ein Betriebskostenguthaben der Kläger für den Teilzeitraum vom 1.1.2008 bis 31.10.2008 in Höhe von 838,99 Euro; hiervon entfielen nach seiner Ansicht 785,40 Euro auf die aktuelle Bedarfsgemeinschaft, weil zeitweise auch mehr Personen im Haushalt gelebt hätten. Dies berücksichtigend bewilligte der Beklagte den Klägern für Dezember 2009 lediglich die Regelleistungen in Höhe von 727 Euro, weil hinsichtlich der Kosten der Unterkunft das Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung in Höhe von 485 Euro bedarfsmindernd anzurechnen sei (Bescheid vom 23.11.2009). Gleichzeitig hob er mit weiteren Bescheiden vom 23.11.2009 die Leistungsbewilligungen ab 1.12.2009 teilweise in Höhe von 161,66 Euro bei dem Kläger zu 2, gegenüber der Klägerin zu 1 in Höhe von 161,68 Euro und hinsichtlich der Klägerin zu 3 in Höhe von 161,66 Euro (Gesamthöhe von 485 Euro) gemäß § 22 Abs 1 S 4 SGB II auf. Das Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung sei im Dezember 2009 in Höhe eines Betrages von 485 Euro und im Januar 2010 in Höhe von 300,40 Euro bedarfsmindernd auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung anzurechnen, weil nicht nur faktische Rückzahlungen, sondern bereits Guthaben die nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstandenen Aufwendungen des Leistungsberechtigen minderten (Bescheide vom 23.11.2009; Widerspruchsbescheid vom 2.2.2010).

5

Das SG hat die Bescheide vom 23.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.2.2010 aufgehoben (Urteil vom 17.2.2011). Den Klägern stünden auch für Dezember 2009 die Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in der festgesetzten Höhe zu, weil keine wesentliche Änderung in den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen eingetreten sei. § 22 Abs 1 S 4 SGB II könne nur angewandt werden, wenn dem Hilfebedürftigen eine Rückzahlung oder ein Guthaben zufließe, über das er tatsächlich verfügen könne. Nach dem Wortlaut der Norm sei zwar davon auszugehen, dass eine faktische "Rückzahlung" an den Berechtigten nicht erforderlich sei. Ausreichend sei vielmehr ein positiver Saldo, dh eine Forderung, die gegenüber einem anderen geltend gemacht werden könne, bzw allein eine schriftliche Fixierung bzw Eintragung des Guthabens. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift komme eine Minderung jedoch nur in Betracht, wenn dem Hilfebedürftigen tatsächlich Mittel zur Verfügung stünden, mit denen er seinen Lebensunterhalt bestreiten könne, weil ansonsten eine Bedarfsunterdeckung bestehe. Gerade weil den Klägern die Disposition über das Guthaben entzogen gewesen sei, liege keine Schuldentilgung vor. Die Kläger hätten nicht über das Guthaben verfügen können und auch keinen Einfluss auf die Entscheidung des Vermieters gehabt, das Guthaben mit bestehenden Schulden zu verrechnen.

6

Mit seiner Sprungrevision rügt der Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 S 4 SGB II. Die Vorschrift sei auch anzuwenden, wenn die Gutschrift aus einem Betriebskostenguthaben dem Leistungsempfänger tatsächlich nicht zur Verfügung stehe. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, weil das Wort "Gutschrift" keine Zahlung beinhalte, sondern allein die schriftliche Fixierung bzw Eintragung eines Guthabens als bestehenden Anspruch eines Anderen beinhalte. Der Umstand, dass die Gutschrift als Einkommen des Leistungsberechtigten angesehen werde und nach § 22 Abs 1 S 4 SGB II nur einer besonderen Anrechnungsform auf die Leistung unterliege, spreche ebenfalls dafür, dass auch die Rückerstattung, die zur Schuldentilgung verwandt werde, seinen Leistungsanspruch mindere. Der Sicherungsauftrag des SGB II beinhalte nicht, dass der Leistungsberechtigte in jedem Leistungsmonat auch den vollen Leistungsbetrag zu erhalten habe; vielmehr müssten Leistungsempfänger private Schulden aus der Regelleistung finanzieren. Allerdings ergebe sich - entgegen den Berechnungen in den Bescheiden vom 23.11.2009 - im November ein Minderungsbetrag in Höhe von 485 Euro und - im streitgegenständlichen Monat Dezember 2009 - nur ein solcher in Höhe von 300,40 Euro, weshalb die Bewilligung nur in dieser Höhe aufzuheben sei.

7

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 17. Februar 2011 aufzuheben
und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

9

Die Kläger machen geltend, das Guthaben dürfe nicht angerechnet werden, weil es nicht zugeflossen sei. Sie hätten auch kein Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der Verwendung des Guthabens gehabt. Im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum sei ihr Bedarf gleich geblieben.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des SG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Ob und in welcher Höhe der Beklagte die Kosten der Unterkunft der Kläger im Dezember 2009 aufheben durfte, kann nicht abschließend entschieden werden. Hierzu fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG) des SG, die es dem Senat ermöglichen würden, Grund und Höhe der Aufhebungsentscheidung zu überprüfen.

11

1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG gehen in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Jobcenter (§ 6d SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112) mit Wirkung vom 1.1.2011 als Rechtsnachfolgerin kraft Gesetzes an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft (vgl § 76 Abs 3 S 1 SGB II) getreten sind. Dieser kraft Gesetzes eingetretene Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar. Das Passivrubrum war daher von Amts wegen zu berichtigen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II bestehen nicht, weil der Gesetzgeber sich bei der einfach-gesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraum bewegt(BSG SozR 4-4200 § 37 Nr 5).

12

2. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Sprungrevision bestehen nicht. Nachdem der Beklagte - nach Zustellung des Urteils am 28.2.2011 bzw 4.3.2011 - am 9.3.2011 die Zulassung der Sprungrevision beantragt und die Kläger mit Schriftsatz vom 24.3.2011, welcher am selben Tag zur Gerichtsakte gelangte, der beantragten Zulassung der Sprungrevision zugestimmt hatten, hat das SG diese zugelassen (Beschluss vom 29.3.2011). Eine nach Zustellung des vollständigen Urteils abgegebene Erklärung ist regelmäßig als Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision zu werten (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 161 RdNr 4 mwN). Das BSG ist an die Zulassung durch das SG gebunden (§ 161 Abs 2 S 2 SGG).

13

3. Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide des Beklagten vom 23.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.2.2010, mit denen er die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für den Monat Dezember 2009 teilweise aufgehoben hat. Die Kläger haben die Bescheide zu Recht mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) angegriffen.

14

Mit ihren in der Vorinstanz gestellten Anträgen, die Bescheide vom 23.11.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 2.2.2010 aufzuheben, haben die Kläger den Streitstoff ausdrücklich auf die Aufhebung der mit Bescheid vom 12.6.2009 (auch) für Dezember 2009 bereits bewilligten Kosten für Unterkunft durch den Beklagten in einer Gesamthöhe von 485 Euro beschränkt. Der Höhe nach ist die Prüfung im Revisionsverfahren darauf begrenzt, ob der Beklagte berechtigt war, diese Leistungen aufzuheben. An der Möglichkeit eines isolierten Rechtsstreits allein über die Kosten der Unterkunft und Heizung hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453), das insofern zum 1.1.2011 in Kraft getreten ist, zumindest für das laufende Verfahren über vorher abgeschlossene Bewilligungsabschnitte nichts geändert (zur Zulässigkeit einer derartigen Beschränkung: BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18; BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 15/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, juris RdNr 11). Das SG wird allerdings zu berücksichtigen haben, dass der Beklagte im Revisionsverfahren anerkannt hat, dass die mit Bescheid vom 12.6.2009 bewilligten Unterkunftskosten (ohnehin) nur in Höhe von 300,40 Euro aufzuheben sind und insofern ein Teilanerkenntnis vorliegt (Schriftsatz vom 6.7.2011; vgl zum Vorrang des normativen Anrechnungszeitraums vor dem sonst geltenden Zuflussprinzip nach § 22 Abs 1 S 4 SGB II: Urteil des Senats vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 55, RdNr 15 ff).

15

4. Die materielle Rechtmäßigkeit der Bescheide vom 23.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.2.2010 beurteilt sich nach § 40 SGB II iVm § 48 Abs 1 S 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, hier also der Bescheid vom 12.6.2007, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Wegen § 40 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 S 1 SGB III ist diese Rechtsfolge zwingend. Bei der Beurteilung der Wesentlichkeit der Änderung durch das Betriebskostenguthaben und dessen Berücksichtigung sind hier auch weitere, den Grund und die Höhe der bewilligten Unterkunftskosten beeinflussende Berechnungsfaktoren einzubeziehen (siehe hierzu unter 8). Auch insofern sind noch weitere Feststellungen des SG erforderlich.

16

5. Das in der Betriebskostenabrechnung vom 2.10.2009 ausgewiesene Guthaben ist grundsätzlich als Einkommen iS von § 11 Abs 1 SGB II iVm mit der Sonderregelung des § 22 Abs 1 S 4 SGB II und nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II ist nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen, was er bereits vor Antragstellung hatte. Dabei ist nach § 11 SGB II im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung grundsätzlich nicht ihr Schicksal von Bedeutung, sondern es ist allein die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert maßgebend. Auch für Rückerstattungen von Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen ist nicht von dieser Maßgeblichkeit des tatsächlichen Zuflusses als Differenzierungskriterium zwischen Einkommen und Vermögen abzuweichen (vgl zuletzt BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 55, RdNr 16 mwN; BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 5, RdNr 37; s aber BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 42, RdNr 12 zur Stromkostenerstattung und BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 16, RdNr 17 für den Ausnahmefall, dass mit bereits erlangten Einkünften Vermögen angespart wurde).

17

Nach der Sonderregelung zur Einkommensanrechnung von Rückzahlungen und Guthaben des § 22 Abs 1 S 4 SGB II(in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706; nunmehr - in geringfügig veränderter Fassung des § 22 Abs 3 SGB II idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011) mindern Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die nach dem Monat der Rückzahlung oder Gutschrift entstandenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift. Mit der unklaren Formulierung "mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung" wird zum Ausdruck gebracht, dass eine unmittelbare Anrechnung der Guthaben auf die Kosten der Unterkunft und Heizung und ohne Berücksichtigung der Absetzbeträge des § 11 Abs 2 SGB II, nicht jedoch eine abweichende individuelle Bedarfsfestsetzung bei den Kosten der Unterkunft und Heizung des Folgemonats, erfolgen soll. § 22 Abs 1 S 4 SGB II ist eine Sonderregelung zur Anrechnung von Einkommen iS des § 11 SGB II, die eingeführt wurde, um den mit der Einkommensberücksichtigung nach § 11 SGB II häufig einhergehenden Abzug der Versicherungspauschale zu vermeiden und zugleich die Anrechnung des Guthabens dem kommunalen Träger zugute kommen zu lassen(BT-Drucks 16/1696 S 26). § 22 Abs 1 S 4 SGB II verändert für Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten der Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, lediglich die in § 19 S 3 SGB II(idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706) bestimmte Reihenfolge der Berücksichtigung von Einkommen und modifiziert den Zeitpunkt der Anrechnung in Bezug auf die Zuflusstheorie und - durch die ausdrückliche gesetzliche Zuordnung zu den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung - die Regelungen des § 11 Abs 2 SGB II(vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 55, RdNr 17 ff; s auch Urteil des Senats vom 16.5.2012 - B 4 AS 159/11 R).

18

Es handelt sich hier um ein Guthaben, das dem Bedarf für Unterkunft und Heizung iS des § 22 Abs 1 S 4 SGB II zuzuordnen ist. § 22 Abs 1 S 4 SGB II ist auch nicht einschränkend dahin auszulegen, dass ein Guthaben nur dann (im Folgemonat) zu berücksichtigen ist, wenn es sich (aufgrund mietvertraglicher Vereinbarungen oÄ) im Monat der Gutschrift oder später tatsächlich auf die Kosten der Unterkunft und Heizung ausgewirkt hat(so LSG Hamburg Urteil vom 16.7.2009 - L 5 AS 81/08 - NZS 2010, 230, juris RdNr 26). Zwar könnte hierfür die Fassung des Gesetzes sprechen ("mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung" anstelle "sind als Einkommen bei der Höhe der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen"). Eine derart weitgehende Ankoppelung der Berücksichtigung des Betriebskostenguthabens als Einkommen an Vereinbarungen und ein tatsächliches Handeln des Vermieters und/oder des Leistungsberechtigten ist mit dieser Regelung jedoch nicht verbunden. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber insoweit vom Einkommensbegriff des § 11 SGB II abweichen und Einkommen nur dann berücksichtigen wollte, wenn der Vermieter oder der Leistungsberechtigte dieses Guthaben auch für einen bestimmten Zweck tatsächlich verwenden.

19

Der Anwendung des § 22 Abs 1 S 4 SGB II steht auch nicht entgegen, dass das Betriebskostenguthaben aus einem früheren Mietverhältnis stammt. Eine in diesem Sinne einschränkende Auslegung ergibt sich aus dem Wortlaut des § 22 Abs 1 S 4 SGB II nicht. Insofern gilt der allgemeine Grundsatz, dass während der Hilfebedürftigkeit zugeflossenes Einkommen zur Bedarfsdeckung heranzuziehen ist und bei der Anrechnung von Einkommen regelmäßig auf den Zeitraum des Erzielens von Einkommen in Geld oder Geldeswert und nicht auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem es "erwirtschaftet" wurde (BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 18; BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 17, RdNr 23 ff). Über die in der Literatur diskutierte Frage, ob das Guthaben von vornherein nur teilweise berücksichtigt werden kann, weil die Ansparung aus einer Zeit stammt, in welcher der Leistungsträger nicht die tatsächlichen, sondern nur die aus seiner Sicht angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung übernommen hat (vgl hierzu zB Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, § 22 RdNr 116), musste der Senat nicht entscheiden, weil der Beklagte - nach Aktenlage - im Jahre 2008 die Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe übernommen hat.

20

6. Der Senat kann aber nicht abschließend beurteilen, ob - wie das SG und die Kläger meinen - das Betriebskostenguthaben nach Maßgabe des § 11 Abs 1 SGB II iVm § 22 Abs 1 S 4 SGB II deshalb nicht zu berücksichtigen ist, weil der Betrag den Klägern nicht direkt zugewandt, sondern von dem früheren Vermieter "wegen aufgelaufener, noch ausstehender Mietrückstände verrechnet" worden ist.

21

Auch insofern handelt es sich - nach den allgemeinen Grundsätzen zum Begriff und zur Berücksichtigung von Einkommen - grundsätzlich um zugeflossenes Einkommen iS von § 11 Abs 1 SGB II. Zwar enthält § 11 Abs 1 S 1 SGB II keine weitergehende Definition dessen, was als Einkommen gilt. Eine Betriebskostenrückzahlung, die dem Hilfebedürftigen nicht ausgezahlt wird, sondern mit aufgelaufenen oder künftigen Mietforderungen des Vermieters von diesem verrechnet wird, bewirkt aber bei ihm einen "wertmäßigen Zuwachs", weil sie wegen der damit ggf verbundenen Schuldbefreiung oder Verringerung anderweitiger Verbindlichkeiten aus der Vergangenheit oder Zukunft einen bestimmten, in Geld ausdrückbaren wirtschaftlichen Wert besitzt (s BSGE 74, 287 = SozR 3-1300 § 48 Nr 33, S 68 f zur Aufrechnung mit Arbeitsentgeltansprüchen; vgl BSGE 108, 144 = SozR 4-5870 § 6a Nr 2 zu gepfändeten Einkommensteilen; zu einem von der Vermieterin verrechneten Betriebs- und Heizkostenguthaben mit zukünftigen Mietzahlungen: BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 55, RdNr 16).

22

Handelt es sich demnach um grundsätzlich zu berücksichtigendes Einkommen, wird das SG noch zu prüfen haben, ob die Kläger das Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2008 - auch wenn es (zunächst) an einer "tatsächlichen Verfügungsgewalt" fehlte - auch aus Rechtsgründen überhaupt nicht oder nicht ohne Weiteres realisieren konnten. Nur wenn dies festgestellt worden ist, standen den Klägern bereite Mittel zur Bedarfsdeckung nicht zur Verfügung und muss - in gleicher Weise wie bei gepfändeten Teilen des Alg II - die mögliche Folge einer Tilgung von Mietschulden aus der Vergangenheit durch Rückzahlungen aus Betriebskostenabrechnungen hingenommen werden (vgl zur Pfändung BSGE 108, 144 = SozR 4-5870 § 6a Nr 2 mwN; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 RdNr 100 f; Söhngen in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 11 RdNr 41). Diese Prüfung ist erforderlich, obwohl das Betriebskostenguthaben mit Kosten der Unterkunft und Heizung "verrechnet" worden ist. Zwar sind Aufwendungen der Kosten der Unterkunft und Heizung von dem SGB II-Träger zu übernehmen, wenn sie auf einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und tatsächlich gezahlt werden (BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, RdNr 16 zum Staffelmietvertrag; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 47, RdNr 14). Der hier von dem Vermieter vorgenommenen Einbehaltung des Betriebskostenguthabens liegt jedoch keine Vereinbarung zwischen den Klägern und ihrem Vermieter zugrunde, sondern sie ist als Aufrechnungserklärung iS des § 388 BGB die bloße Ausübung eines Gestaltungsrechts des Vermieters. Die ungeprüfte Akzeptanz des allein tatsächlichen Vermieterhandelns käme - so der Beklagte zu Recht - der im SGB II grundsätzlich nicht möglichen "freiwilligen" Schuldentilgung gleich. Insofern haben die beiden für die Grundsicherung nach dem SGB II zuständigen Senate des BSG bereits in anderem Zusammenhang darauf verwiesen, dass bei der Abgrenzung der als Zuschuss übernahmefähigen Aufwendungen nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II von den Schulden iS von § 22 Abs 5 SGB II ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II danach zu unterscheiden ist, ob es sich um einen tatsächlich eingetretenen, bisher noch nicht von dem SGB II-Träger gedeckten Bedarf handelt oder nicht(zur Übernahme einer Heizkostennachforderung des Vermieters nach § 22 Abs 1 SGB II: BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 38, RdNr 17; BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 121/10 R - RdNr 15, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Regelung des § 22 Abs 5 SGB II verdeutlicht, dass - auch im Bereich der Unterkunftskosten - Schulden nur dann und auch nur als Darlehen übernommen werden sollen, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist.

23

7. Bei den vor diesem Hintergrund noch erforderlichen Feststellungen zur Realisierbarkeit des Einkommens aus der Betriebskostenabrechnung des ehemaligen Vermieters wird zu berücksichtigen sein, dass eine Aufrechnungserklärung nach § 388 BGB ein Erlöschen der Forderung des Klägers aus der Betriebskostenabrechnung bewirken kann(§ 389 BGB). Ihre Wirksamkeit setzt jedoch ua die hinreichende Bestimmtheit auch der Gegen- bzw Passivforderung, dh hier der vom Vermieter behaupteten Mietrückstände (vgl allgemein zB Grüneberg in Palandt, BGB, 67. Aufl 2008, § 388 RdNr 1; Wenzel in Münchner Kommentar, BGB, 5. Aufl 2007, § 366 BGB RdNr 2, 10; BGH Urteil vom 6.11.1990 - XI ZR 262/89 - NJW-RR 1991, 169 f; BGH Urteil vom 17.9.2001 - II ZR 275/99 - NJW 2001, 3781 f; vgl zu Verrechnungsregelungen in Mietverträgen zB BGH Urteil vom 20.6.1984 - VIII ZR 337/82 - NJW 1984, 2404 ff) sowie deren Fälligkeit (vgl zB BSGE 74, 287 = SozR 3-1300 § 48 Nr 33 S 67) voraus.

24

Allerdings dürfen an die Realisierungsmöglichkeiten zur Auszahlung des Guthabens keine überhöhten Anforderungen gestellt werden, ein Zusammenwirken von Vermieter und Leistungsberechtigten zum Ausgleich von Mietschulden ist aber zu vermeiden. Ggf hat der SGB II-Träger den Leistungsberechtigten bei der Verfolgung berechtigter Ansprüche gegenüber dem ehemaligen Vermieter zu unterstützen (vgl hierzu Urteil des 14. Senats vom 24.11.2011 - B 14 AS 15/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 53, RdNr 16 ff). Besteht kein (zivilrechtlicher) Anspruch des Klägers gegen den früheren Vermieter auf Auszahlung des Guthabens an ihn oder ist dieser nicht ohne weiteres zu realisieren, kann der Bewilligungsbescheid vom 12.6.2009 nicht aus diesem Grund aufgehoben werden. Entgegen der Ansicht des Beklagten rechtfertigt § 22 Abs 1 S 4 SGB II und das mögliche Ergebnis einer Schuldentilgung dann keine - die Grundsätze der Berücksichtigung von Einkommen und den Bedarfsdeckungsgrundsatz außer Acht lassende - Kürzung der existenznotwendigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.

25

8. Kommt das SG zu einer Berücksichtigung des Betriebskostenguthabens als Einkommen, wird es ggf auch die - von seinem rechtlichen Standpunkt nachvollziehbar - bisher unterlassenen Feststellungen zum Anteil des in dem Guthaben enthaltenen Betrags für Haushaltsenergie nachzuholen haben, die nicht zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung zählen (§ 22 Abs 1 S 4, 2. Halbs SGB II).

26

Wesentlich iS des § 48 Abs 1 SGB X sind weiter nur Änderungen, die dazu führen, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt - hier den Bescheid vom 12.6.2009 nicht hätte erlassen dürfen (vgl zB BSG SozR 1300 § 48 Nr 22, S 50; vgl auch BSGE 102, 295 ff = SozR 4-4200 § 11 Nr 24, RdNr 10; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 38, RdNr 15). Grundsätzlich sind daher bei der Prüfung, ob bzw inwieweit eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse dazu führt, dass der bindende Ursprungsbescheid - hier also der Bescheid vom 12.6.2009 - in der festgesetzten Höhe zu Lasten des Leistungsberechtigten aufgehoben werden durfte, neben der Berücksichtigung des Betriebskostenguthabens auch die weiteren, den Grund und die Höhe beeinflussenden Berechnungsfaktoren der bereits bewilligten Leistungen - unter Berücksichtigung des § 44 SGB X - einzubeziehen, soweit Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit dargetan oder ersichtlich sind(vgl auch BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 23; vgl Steinwedel in Kasseler Komm § 48 SGB X RdNr 28). Insofern wird das SG auch zu beachten haben, dass der Beklagte im Aufhebungsmonat Dezember 2009 nicht die tatsächlichen Unterkunftskosten, sondern nur deutlich geringere, von ihm als angemessen angesehenen Kosten der Unterkunft übernommen und seine damalige Praxis nach eigenen Angaben im Verhandlungstermin vor dem Senat zwischenzeitlich geändert hat.

27

Das SG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 9. September 2010 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat Juli 2007.

2

Der 1977 geborene Kläger zu 1 und die 1980 geborene Klägerin zu 2 sind miteinander verheiratet und leben mit ihren gemeinsamen, am 2003 und am 2007 geborenen Kindern, den Klägern zu 3 und 4, in einer ca 72 qm großen 3-Zimmer-Wohnung in Duisburg, für die im Juli 2007 insgesamt 432,69 Euro zu zahlen waren.

3

Seit dem 7.4.2007 bezog der Kläger zu 1 Arbeitslosengeld (Alg) nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in Höhe von 823,80 Euro monatlich (27,46 Euro täglich), zuletzt aufgrund des Bewilligungsbescheides der Bundesagentur für Arbeit (BA) vom 21.3.2007. Für die Kinder wurde Kindergeld in Höhe von jeweils 154 Euro gezahlt. Die Kläger bezogen daneben Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Unter anderem bewilligte der beklagte Träger der Grundsicherung mit Bescheid vom 1.6.2007 für den Bewilligungszeitraum vom 1.4.2007 bis zum 30.9.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und dabei für den Monat Juli 2007 (unter Berücksichtigung des Kindergeldes und des Alg) Leistungen in Höhe von insgesamt 340,89 Euro (Regelleistung an die Kläger zu 1 und 2 sowie Kosten der Unterkunft und Heizung an sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft).

4

Am 27.6.2007 nahm der Kläger zu 1 eine Vollzeittätigkeit als Produktionshelfer auf und informierte die BA hierüber am 3.7.2007 und den Beklagten am 2.8.2007. Der Arbeitgeber zahlte Mitte Juli 2007 für die vier im Juni 2007 geleisteten Arbeitstage 261,26 Euro brutto (219,21 Euro netto). Am 31.7.2007 zahlte die BA an den Kläger zu 1 Alg in Höhe von 823,80 Euro.

5

Mit Bescheid vom 2.8.2007 hob die BA ihre Bewilligung von Alg ab dem 27.6.2007 auf und forderte mit Erstattungsbescheid vom 9.8.2007 Leistungen in Höhe von 933,64 Euro zurück. Diese Bescheide sind bestandskräftig. Der Kläger zu 1 zahlte den Rückforderungsbetrag seit dem 14.12.2007 in monatlichen Raten von zuletzt 30 Euro zurück.

6

Mit Änderungsbescheid vom 14.8.2007 bewilligte der Beklagte den Klägern Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 1.7.2007 bis 30.9.2007. Für den Monat Juli 2007 gewährte er Leistungen in Höhe von 423,27 Euro unter Berücksichtigung von Alg in Höhe von 741,42 Euro. Den Wegfall des Alg berücksichtigte er erst ab August 2007.

7

Wegen der Erzielung von Erwerbseinkommen im Juli 2007 forderte der Beklagte von den Klägern mit Bescheiden vom 27.8.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1.7.2007 bis 31.7.2007 in Höhe von insgesamt 55,59 Euro gegenüber den Klägern zu 2 bis 4, sowie in Höhe von 31,37 Euro gegenüber dem Kläger zu 1 zurück.

8

Gegen den Änderungsbescheid des Beklagten vom 14.8.2007 und die Bescheide vom 27.8.2007 legten die Kläger am 3.9.2007 (mit zwei Schriftsätzen) Widerspruch ein. Gegen die Berücksichtigung des Erwerbseinkommens wandten sie sich in der Folge nicht mehr (Schriftsatz vom 11.10.2007) und beglichen die sich aus den Bescheiden vom 27.8.2007 ergebende Rückforderung. Soweit sie geltend machten, das mittlerweile zurückgeforderte Alg sei nicht als Einkommen zu berücksichtigen, blieb der Widerspruch ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 1.2.2008).

9

Die hiergegen gerichtete Klage zum Sozialgericht (SG) Duisburg hat das SG mit Urteil vom 9.9.2010 abgewiesen. Der Streitgegenstand sei vorliegend durch einen in einem Erörterungstermin geschlossenen Vergleich wirksam auf die Frage der Berücksichtigung des Alg auf den Bedarf der Kläger für den Monat Juli 2007 beschränkt worden. Gegenstand der zulässigen Anfechtungs- und Leistungsklage sei allein der Bescheid vom 14.8.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.2.2008. Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 27.8.2007 seien dagegen nach Auffassung der Kammer nicht Gegenstand des Widerspruchverfahrens und damit auch nicht Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Zwar beträfen sowohl der angegriffene Bescheid vom 14.8.2007 als auch die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 27.8.2007 die Grundsicherungsleistungen für Juli 2007, sie beinhalten aber unterschiedliche, nämlich gegenläufige Verfügungen (Bewilligung und Aufhebung) im Hinblick auf unterschiedliche Einnahmen (Alg und Erwerbseinkommen). In der Sache ergebe sich ein Anspruch der Kläger auf höhere Leistungen im Juli 2007 nicht. Zutreffend sei der Beklagte von einem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1472,69 Euro ausgegangen (Regelleistungen und tatsächliche Kosten der Unterkunft in Höhe von 432,69 Euro). Von dem Gesamtbedarf seien zunächst 308 Euro Kindergeld abzusetzen und sodann das zugeflossene Alg. Das Alg sei seiner Natur nach - anders als ein gewährtes Darlehen - zum endgültigen Verbrauch bestimmt gewesen und habe den Klägern bei wirtschaftlicher Betrachtung im streitigen Zeitraum auch zur Verfügung gestanden. Daran ändere nichts, dass die Zahlung nicht rechtmäßig erfolgt sei.

10

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihren Sprungrevisionen. Die zu Unrecht ausgezahlte Sozialleistung dürfe nicht als Einkommen berücksichtigt werden. Beim Alg handele es sich um eine zweckbestimmte Leistung. Die Leistung habe im Juli 2007 nicht dem Zweck dienen können, den Lebensunterhalt bei Arbeitslosigkeit zu decken, weswegen sie nicht habe zweckbestimmt eingesetzt werden können. Rechtswidrig gezahlte Leistungen seien von vornherein nicht geeignet, den Bedarf zu decken, denn sie seien von vornherein damit belastet, dass sie zurückgezahlt werden müssten. Jedenfalls wenn einem Hilfebedürftigen eine Einnahme zufließe, die mit einer sofortigen Rückzahlungspflicht verbunden sei, und unstreitig sei, dass die Rückzahlungspflicht bestehe, könne ein solcher Zufluss nicht als Einkommen oder als Vermögen berücksichtigt werden.

11

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 9. September 2010 aufzuheben und die Bescheide des Beklagten vom 14. August 2007 und vom 27. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2008 zu ändern und den Klägern höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu zahlen.

12

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

13

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind unbegründet. Ein Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat Juli 2007 besteht nicht. Dabei ist entgegen der Auffassung des SG der Streitgegenstand nicht dahin beschränkt, dass der geltend gemachte Anspruch nur unter dem Gesichtspunkt der Berücksichtigung des Alg als Einkommen zu prüfen wäre (dazu unter 1). Ein Anspruch der Kläger auf Änderung der angefochtenen Bescheide zu ihren Gunsten besteht nicht, wie das SG zutreffend entschieden hat. Für Juli 2007 war neben dem Erwerbseinkommen das zugeflossene Alg zu berücksichtigen (dazu unter 2). Weder die Kenntnis des Klägers zu 1 von der fehlenden Leistungsberechtigung nach dem SGB III noch die Aufhebung der der Zahlung zugrunde liegenden Bewilligung durch die BA im August 2007 führen dazu, dass das Alg im Zeitpunkt seines Zuflusses nicht als Einkommen zu berücksichtigen war (dazu unter 3).

15

1. Streitgegenstand sind vorliegend höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts an sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft im Juli 2007. Die Kläger machen mit ihrem Vorbringen, es sei für Juli 2007 das zugeflossene Alg nicht als Einkommen zu berücksichtigen, sowohl höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung an die minderjährigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft als auch (höhere) Regelleistungen an sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft geltend. Eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf Regelleistungen einerseits und Kosten der Unterkunft und Heizung andererseits haben sie damit nicht vorgenommen, wovon auch das SG ausgegangen ist. Lediglich in zeitlicher Hinsicht haben sie den Streitgegenstand zulässigerweise beschränkt.

16

Demgegenüber war es nicht zulässig, den Streitgegenstand "durch Vergleich" weitergehend auf die Frage der Berücksichtigung des Alg als Einkommen zu beschränken. Bei den von den Beteiligten vorliegend im Erörterungstermin abgegebenen Erklärungen hat es sich schon nicht um ein gegenseitiges Nachgeben im Sinne eines (Teil-)Vergleichs gehandelt (§ 101 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz), denn der Beklagte hat weder materiell noch prozessual nachgegeben. Auch davon unabhängig ist eine Beschränkung des Streitstoffs auf die Prüfung bestimmter Tatsachen durch eine einvernehmliche Regelung der Beteiligten nicht möglich (vgl zum Teilanerkenntnis BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 12). Voraussetzung hierfür wäre, dass insoweit eine Regelung über einen abtrennbaren Teil des Streitgegenstandes erfolgen würde. Hinsichtlich bestimmter Berechnungselemente der Leistung scheidet ein Vergleich also aus, soweit diese Leistung - wie hier - nach dem Willen der Kläger in allen Teilen, also hinsichtlich Regelleistungen und Kosten für Unterkunft und Heizung, zur Überprüfung gestellt werden soll. Eine rechtliche Einschränkung des Prüfungsumfangs ergibt sich aus diesem Grund auch nicht aus dem Vorbringen der Kläger, wonach sie die Berücksichtigung von Erwerbseinkommen im streitigen Monat der Sache nach nicht beanstanden. Eine wirksame Beschränkung durch eine nur teilweise Anfechtung der Bescheide liegt darin nicht, schon weil sie ihren Klageantrag nicht beziffert haben.

17

Damit sind sowohl der Bescheid vom 14.8.2007 als auch die Bescheide vom 27.8.2007 Gegenstand eines einheitlichen Widerspruchsverfahrens iS des § 86 SGG. Alle diese Bescheide treffen aufeinander aufbauend eine Entscheidung hinsichtlich der Höhe der Leistungen und ändern damit die ursprüngliche Bewilligung ab. Die Erklärungen der Kläger sowohl im Widerspruchsverfahren als auch im Klageverfahren sind zwar dahin zu verstehen, dass sie die Berücksichtigung des Erwerbseinkommens in der Sache nicht beanstanden. Dies bedeutet aber nicht, dass die Bescheide vom 27.8.2007 bestandskräftig werden sollten, denn ihre Bestandskraft stünde einem Anspruch auf höhere Leistungen entgegen. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 1.2.2008 hat der Beklagte schließlich über die geltend gemachten höheren Leistungen unter allen rechtlichen Gesichtspunkten - und damit auch unter Berücksichtigung der Bescheide vom 27.8.2007 - entschieden. Das Vorverfahren als Klagevoraussetzung (§ 78 SGG) ist damit durchgeführt.

18

2. Als Rechtsgrundlage für die von den Klägern begehrte Bewilligung von höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts kommt nur § 48 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Betracht. Die Vorschrift setzt ua voraus, dass in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Dabei sind für die Frage, ob bzw inwieweit eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse dazu führt, dass der Ausgangsbescheid vom 1.6.2007 zugunsten der Kläger zu ändern ist, grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen. Dabei ist auf die Rechtslage im damaligen Bewilligungszeitraum abzustellen.

19

Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass die Kläger zu 1 und 2 als erwerbsfähige Hilfebedürftige (vgl § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II) und die Kläger zu 3 und 4, die als gemeinsame, nicht erwerbsfähige Kinder mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft leben (vgl § 7 Abs 2, 3 SGB II), dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (vgl §§ 19, 28 SGB II) haben. Wegen der Höhe ihrer Ansprüche ist zunächst der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft aus dem Bedarf jeder einzelnen Person zu ermitteln und sodann das zu berücksichtigende Einkommen (vgl § 11 SGB II) im Verhältnis der Einzelbedarfe zum Gesamtbedarf zu verteilen (§ 9 Abs 2 Satz 3 SGB II). Entgegen der Auffassung des SG beträgt der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft vorliegend allerdings lediglich 1164,69 Euro, zusammengesetzt aus einem Bedarf der Eltern in Höhe von jeweils 312 Euro und der Kinder in Höhe von jeweils 54 Euro sowie tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 432,69 Euro. Das zugeflossene Kindergeld ist nämlich nach § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II vorliegend ausschließlich zur Bedarfsdeckung der Kinder heranzuziehen und also vorab von ihren Bedarfen abzusetzen(vgl BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 4 RdNr 24).

20

Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens sind - wie bereits in den Monaten zuvor - das am 31.7.2007 zugeflossene Alg (dazu im Einzelnen unter 3) sowie (zusätzlich) das Erwerbseinkommen in Höhe von 86,96 Euro (Nettoeinkommen in Höhe von 219,21 Euro abzüglich der Freibeträge aus § 11 Abs 2 Satz 2<100 Euro>, § 30 SGB II<32,25 Euro>) zu berücksichtigen. Nach den Feststellungen des SG und dem ausdrücklichen Vorbringen der Kläger ergibt sich kein Hinweis, dass bezüglich des Gesamteinkommens im Monat Juli 2007 über den beim Erwerbseinkommen abgesetzten Betrag nach § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II hinaus weitere Absetzungen vorzunehmen wären. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte das Alg im Juli 2007 versehentlich nur in Höhe von 741,42 Euro statt der tatsächlich gezahlten 823,80 Euro zugrunde gelegt hat. Es wirkt sich wegen dieses Fehlers auf die Ansprüche der Kläger auch nicht aus, dass bei Verteilung des Gesamteinkommens unter Zugrundelegung der soeben dargestellten Einzelbedarfe im Verhältnis zum Gesamtbedarf sich richtigerweise geringfügig andere Individualansprüche ergeben hätten. Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist damit im Juli 2007 (wegen des Zuflusses von Erwerbseinkommen) lediglich zu ihren Lasten, nicht aber zugunsten der Kläger eingetreten.

21

3. Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Dabei ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte(vgl nur BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 18). Damit handelt es sich bei der Zahlung von Alg nach §§ 117 ff SGB III auf Grundlage des Bewilligungsbescheides vom 21.3.2007 im Grundsatz um laufendes Einkommen (vgl insoweit § 2 Abs 2 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung), was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist.

22

a) Ohne Bedeutung für die Berücksichtigung als Einkommen ist dabei, dass es sich um eine Entgeltersatz- und Sozialleistung nach vorangegangener versicherungspflichtiger Beschäftigung handelt. Der Zweck des Alg als Entgeltersatzleistung bei Arbeitslosigkeit führt nicht dazu, im Alg eine zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II zu sehen(vgl BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 19 RdNr 19 für Krankengeld nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch und BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 22 RdNr 13 für das Insolvenzgeld). Mit der Gewährung der Leistung wird den Leistungsempfängern ein bestimmter "Verwendungszweck" nicht auferlegt. Daraus folgt zugleich, dass mit der materiell rechtswidrigen Zahlung von Alg nach Wegfall der Arbeitslosigkeit - anders als die Kläger meinen - ein nach dem SGB II beachtlicher Zweck dieser Leistung nicht verfehlt wird.

23

b) Der Berücksichtigung des Alg steht die Rechtsprechung des Senats nicht entgegen, wonach nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II anzusehen sind, die einen Zuwachs von Mitteln bedeuten, der dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleibt(BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30, RdNr 16). Entscheidend für die Privilegierung von bestimmten Zuflüssen ist nach dieser Rechtsprechung, dass in dem Zeitpunkt, in dem die Einnahme als Einkommen berücksichtigt werden soll, der Zufluss bereits mit einer (wirksamen) Rückzahlungsverpflichtung belastet ist. Jedenfalls sofern eine Verpflichtung zur Rückzahlung der laufenden Einnahme erst nach dem Monat eintritt, für den sie berücksichtigt werden soll (zum Monatsprinzip bei laufenden Einnahmen vgl § 2 Abs 2 Alg II-V in der bis zum 31.3.2011 geltenden Fassung), besteht die Verpflichtung des Hilfebedürftigen, die Leistung als "bereite Mittel" in dem Monat des Zuflusses auch zu verbrauchen. Insbesondere können solche Rückstellungen nicht geschützt sein, die Leistungsempfänger in Bezug auf möglicherweise eintretende, im Zeitpunkt des Zuflusses aber noch ungewisse, künftige Zahlungsverpflichtungen vornehmen.

24

Damit ist das SG zutreffend davon ausgegangen, dass das im Juli ausgezahlte Alg auch für diesen Monat zu berücksichtigen ist. Zwar ist die Arbeitslosigkeit des Klägers zu 1 als Leistungsvoraussetzung nach § 118 SGB III und damit das Stammrecht auf Alg vom Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme (am 27.6.2007) an entfallen. Dies allein führt jedoch nicht dazu, dass die Zahlung des Alg rechtswidrig geworden und bereits bei Auszahlung mit einem Rückzahlungsanspruch belastet war (zur Unterscheidung von Stammrecht und Leistungsanspruch etwa BSGE 75, 235 = SozR 3-4100 § 100 Nr 5 mwN). So wie die BA an die Zuerkennung des Leistungsanspruchs gebunden ist, solange der Bewilligungsbescheid Bestand hat, steht auch dem Kläger zu 1 in dieser Zeit ein Rechtsgrund für das Behalten der Leistung zur Seite. Ein auf einer bindenden Bewilligung begründeter Leistungsbezug von Alg ist rechtmäßig, solange der Bewilligungsbescheid besteht (vgl nur BSGE 61, 286, 287 = SozR 4100 § 134 Nr 31). Die fehlende Übereinstimmung des Bezuges mit dem materiellen Recht kann dem Kläger zu 1 gegenüber also nicht vor der Aufhebung des Bescheides geltend gemacht werden, und zwar auch dann nicht, wenn er Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistung hatte. Spiegelbildlich dazu können er und die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sich auf eine Rückzahlungsverpflichtung, die der Berücksichtigung als Einkommen durch den Träger der Grundsicherung entgegenstehen könnte, erst berufen, wenn die Bindungswirkung der Bewilligungsentscheidung nach den Regelungen der §§ 45, 48 SGB X aufgehoben worden ist. Insoweit kommt es allein auf den Zahlungsanspruch an, da nach dem oben Ausgeführten dieser Anspruch (und nicht bereits das Stammrecht) den für § 11 Abs 1 SGB II entscheidenden Zufluss der Einnahme vermittelt. Die so getroffene Abgrenzung ist schließlich sachgerecht auch deshalb, weil der Träger der Grundsicherung damit von einer Prüfung, ob bei materieller Rechtswidrigkeit die zusätzlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme für die Vergangenheit vorliegen, entbunden ist und es allein auf die Aufhebung der Bewilligung durch die BA ankommt.

25

c) Zwar ist die Bewilligung von Alg mit Wirkung für die Vergangenheit - und also auch für den hier streitigen Zuflussmonat - aufgehoben worden, die Rückzahlungsverpflichtung, die für die Bestimmung der Hilfebedürftigkeit allein maßgeblich ist, tritt jedoch erst zukünftig ein. Die (bestandskräftig gewordene) Aufhebung der Bewilligungsentscheidung im August 2007 hat deshalb im Verhältnis zum Träger der Grundsicherung lediglich die Bedeutung, dass die Hilfebedürftigen (erst) von diesem Zeitpunkt an mit Schulden (gegenüber der BA) belastet sind. Solche Verpflichtungen sind aber grundsätzlich bei Bestimmung der Hilfebedürftigkeit unbeachtlich (BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 18 RdNr 25; Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 ff = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 19; Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 19 RdNr 28; Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 29/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 22 RdNr 13; Urteil vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - SozR 4-5870 § 6a Nr 2, RdNr 18). Soweit das SG die Möglichkeit der Gewährung eines Sonderbedarfs (vgl § 23 Abs 1 SGB II) zur Deckung der Schulden erwogen hat, widerspräche eine solche Bewilligung dieser Rechtsprechung. Freiwillige Zahlungen an die BA, wie sie der Kläger zu 1 offensichtlich geleistet hat, sind - auch wenn sie einem Versicherungsträger zugute kommen - unbeachtlich (ausdrücklich BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 18 RdNr 25 am Ende).

26

Soweit die Kläger - sinngemäß - eine Härte darin erkennen, dass (ihr Vorbringen als zutreffend unterstellt) die Überzahlung vorliegend allein durch eine fehlerhafte Arbeitsweise der BA eingetreten ist und dieses fehlerhafte Verwaltungshandeln zu dem Zufluss von Einkommen im Juli 2007 geführt hat, weist der Senat darauf hin, dass solche Sachverhalte im Verhältnis zum Leistungsempfänger ausschließlich bei einer Entscheidung über den Erlass der aus dem Bescheid der BA vom 9.8.2007 begründeten Erstattungsforderung (vgl § 76 Abs 2 Nr 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch) Berücksichtigung finden (vgl BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 13 S 94). Ob Erstattungsansprüche der Träger untereinander bestanden hätten, kann vorliegend deshalb offen bleiben.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Oktober 2008 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Absenkungsbescheids für die Zeit vom 1.9. bis 30.11.2006 und die Höhe der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für diesen Zeitraum.

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Der im Jahre 1969 geborene Kläger arbeitete nach seinen eigenen Angaben zunächst als Fernsehredakteur. Er lebt mit seinem im Dezember 2003 geborenen Sohn in einem Haushalt. Seit 2005 bezieht er Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Der Beklagte bewilligte durch Bescheid vom 29.3.2006 (Änderungsbescheid vom 7.4.2006) Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.5. bis 31.10.2006, dabei für die Monate September und Oktober 2006 in Höhe von 966 Euro, wobei der Kläger eine Regelleistung in Höhe von 345 Euro (100 vH) monatlich bezog. Der zuständige Sachbearbeiter des Beklagten überreichte dem Kläger am 6.7.2006 im Rahmen eines "ausführlichen Beratungsgesprächs" zwei Vermittlungsvorschläge, darunter einen für eine Vollzeittätigkeit bei der Zukunftswerkstatt K Nach Angaben des Klägers wurde laut Stellenbeschreibung ein Erzieher zur Anleitung anderer ABM-Helfer mit viel Erfahrung in sozialen und organisatorischen Bereichen sowie in der Betreuung an Grundschulen gesucht. Der Vermittlungsvorschlag enthielt auch eine Rechtsfolgenbelehrung über die Folgen einer Nichtaufnahme der angebotenen Arbeit. Auf diese Stelle bewarb sich der Kläger nicht. Auf ein Anhörungsschreiben des Beklagten hin antwortete der Kläger am 21.7.2006, dass er den Vermittlungsvorschlag in seinen Unterlagen abgelegt und dort vergessen habe.

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Der Beklagte erließ am 26.7.2006 einen Bescheid zur Absenkung des Arbeitslosengelds II (Alg II) gemäß § 31 SGB II. Darin hieß es wörtlich: "Der Ihnen zustehende Anteil des Arbeitslosengeldes II wird unter Wegfall des eventuell zustehenden Zuschlages nach § 24 SGB II für die Zeit vom 1.9.2006 bis 30.11.2006 monatlich um 30 % der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des zustehenden Auszahlungsbetrages, abgesenkt. Daraus ergibt sich eine Absenkung in Höhe von maximal 104,00 Euro monatlich. Die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung wird insoweit ab dem 1.9.2006 gemäß § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben." Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe die ihm am 6.7.2006 angebotene, zumutbare Arbeit als Erzieher bei der Firma Zukunftswerkstatt K trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht angenommen, indem er sich nicht beworben habe.

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Mit Bescheid vom 1.11.2006 (Änderungsbescheid vom 24.11.2006) bewilligte der Beklagte Leistungen für den Zeitraum vom 1.11.2006 bis April 2007. Ausweislich der Berechnungsbögen wurde dabei durch den Änderungsbescheid vom 24.11.2006 für den Monat November 2006 von einem Minderungsbetrag von 104 Euro ausgegangen. Bewilligt wurden dem Kläger Leistungen in Höhe von 841,40 Euro.

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Bereits am 17.8.2006 hatte der Kläger Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid vom 26.7.2006 eingelegt. Diesen wies der Beklagte durch Bescheid vom 24.11.2006 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, trotz eines zuvor geführten intensiven Gesprächs hinsichtlich der Bewerbungsstrategie und einer Belehrung über die Rechtsfolgen habe der Kläger sich nicht bei der Zukunftswerkstatt beworben. Er habe hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass er die Aufnahme der angebotenen Tätigkeit verweigere. Einen wichtigen Grund hierfür habe er nicht nachgewiesen. Die Tätigkeit sei angesichts seiner beruflichen Laufbahn auch angemessen und zumutbar gewesen. Die Voraussetzungen für die Absenkung des Alg II um 30 % der maßgebenden Regelleistung seien daher erfüllt. Für den Kläger betrage die Regelleistung 345 Euro, woraus sich ein Absenkungsbetrag in Höhe von gerundet 104 Euro ergebe. Die Sanktion umfasse die Kalendermonate September bis November 2006. Für diesen Zeitraum sei die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung teilweise aufzuheben gewesen.

6

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) durch Gerichtsbescheid vom 22.1.2008 den Bescheid des Beklagten vom 26.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2006 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Sanktionsbescheid vom 26.7.2006 sei inhaltlich nicht hinreichend bestimmt gewesen. Es müsse aus dem Sanktionsbescheid von vornherein klar werden, in welcher Höhe eine Absenkung erfolgen werde. Der Umfang der Kürzung müsse deshalb konkret und unmissverständlich dem Bescheid zu entnehmen sein. Durch die Formulierung in dem Bescheid vom 26.7.2006 "30 % höchstens in Höhe des zustehenden Auszahlungsbetrages und Absenkung von maximal 104,00 Euro monatlich" sei dem Kläger lediglich eine Obergrenze mitgeteilt worden. Es fehle an einem konkreten und unmissverständlichen Minderungsbetrag. Die mangelnde Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes könne auch nicht nach § 41 SGB X geheilt werden, denn es handele sich hierbei nicht um einen Formmangel. Eine hinreichende Bestimmtheit sei vorliegend auch nicht durch andere Bescheide hergestellt worden. Allein aus der durch den Änderungsbescheid vom 21.8.2006 festgesetzten Änderung für den Monat Oktober 2006 habe der Kläger nicht den Schluss ziehen können, dass der Minderungsbetrag 104 Euro betrage. Es könne dahinstehen, inwieweit nicht die Wertung des § 10 Abs 1 Nr 3 SGB II für eine Unzumutbarkeit der angebotenen Vollzeittätigkeit spreche. Aus dieser Vorschrift folge, dass ein Hilfebedürftiger, der ein unter dreijähriges Kind betreue und erziehe, nicht zur Aufnahme einer Arbeit verpflichtet werden könne.

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Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die vom SG zugelassene Berufung des Beklagten den Gerichtsbescheid vom 22.1.2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahinstehen, ob der Ausgangsbescheid wegen fehlender inhaltlicher Bestimmtheit gemäß § 33 Abs 1 SGB X rechtswidrig gewesen sei. Jedenfalls sei diese mangelnde Bestimmtheit im Widerspruchsverfahren durch den Erlass des Widerspruchsbescheids in entsprechender Anwendung des § 41 SGB X geheilt worden. Des Weiteren liege auch ein Sachverhalt vor, der den Eintritt einer Sanktion zur Folge habe. Der Kläger sei durch den Vermittlungsvorschlag über die Rechtsfolgen einer Arbeitsverweigerung ausreichend belehrt gewesen. Er habe sich auch geweigert, eine Arbeit aufzunehmen. Schließlich sei auch nicht ersichtlich, dass die angebotene Arbeit für den Kläger unzumutbar gewesen wäre. Gemäß § 10 Abs 1 SGB II sei dem Hilfebedürftigen grundsätzlich jede Arbeit zumutbar. Auch der Umstand, dass der Kläger allein seinen damals noch nicht dreijährigen Sohn erzogen habe, führe nicht zur Unzumutbarkeit der angebotenen Stelle. Die Erziehung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr vollendet habe, sei in der Regel nicht gefährdet, soweit seine Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege sichergestellt sei. Vorliegend sei eine solche Gefährdung der Kindeserziehung nicht ersichtlich. Der Kläger selbst habe diesen Einwand erstmals im Klageverfahren vorgebracht. Dies überzeuge bereits deshalb nicht, weil der Kläger in seinen früheren Stellungnahmen und Widersprüchen besonders betont habe, wie sehr er sich um eine Arbeit bemühe, ohne seine angeblich eingeschränkte Vermittelbarkeit auch nur anzudeuten. Auch die vom Kläger geschlossene Eingliederungsvereinbarung enthalte keinerlei einschränkende Bedingungen.

8

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner - vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen - Revision. Er rügt eine Verletzung der §§ 33, 41 SGB X und des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1c, § 31 Abs 6, § 10 Abs 1 Nr 3 SGB II sowie des § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Er geht zunächst mit dem SG davon aus, dass der Ausgangsbescheid vom 26.7.2006 nicht hinreichend inhaltlich bestimmt iS des § 33 Abs 1 SGB X gewesen sei. Die mangelnde Bestimmtheit des Sanktionsbescheids sei auch nicht durch andere oder spätere Bescheide geheilt worden. Er habe sich auch nicht geweigert, eine ihm angebotene Arbeit anzunehmen. Er habe lediglich die Arbeitsangebote in seine Mappe gelegt und dort vergessen. Die angebotene Tätigkeit als voll ausgebildeter Erzieher sei ihm nicht zumutbar gewesen, zumal dieses Angebot seine Eingliederung nicht gefördert hätte. Zwar spreche das Vermittlungsangebot nur von einem Erzieher. Da dieser jedoch Andere anleiten habe sollen, habe darauf geschlossen werden können, dass es sich um einen ausgebildeten Erzieher handeln sollte. Das LSG überspanne die Anforderungen an die Hilfebedürftigen, wenn es trotzdem verlange, dass er sich zunächst einmal auf die angebotene Stelle als Erzieher hätte bewerben müssen. Schließlich sei auch die Erziehung seines unter dreijährigen Kindes gefährdet gewesen. Das LSG habe an dieser Stelle den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt, denn es sei die Betreuung seines Sohnes nur für maximal sechs Stunden täglich sichergestellt gewesen. Bei der angebotenen Stelle habe es sich zudem um eine Vollzeitstelle in K gehandelt. Von seinem Wohnort aus in R benötige er mit öffentlichen Verkehrsmitteln etwa eineinhalb Stunden für eine Fahrtstrecke bis nach K Darüber hinaus habe der Sanktionszeitraum auch nicht auf den November 2006 ausgedehnt werden dürfen, weil zum Zeitpunkt der Festsetzung des Sanktionszeitraums eine Leistungsbewilligung für diesen Zeitraum noch nicht vorgelegen habe.

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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Oktober 2008 aufzuheben und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Der Beklagte beruft sich auf den Inhalt des angefochtenen Urteils. Ergänzend weist er darauf hin, dass sich bereits aus dem Ausgangsbescheid vom 26.7.2006 hinreichend bestimmt die ausgesprochene Rechtsfolge ergebe.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann nicht abschließend entschieden werden, ob die Absenkung der Leistungen des Klägers für den Zeitraum vom 1.9. bis 30.11.2006 zu Recht erfolgt ist (hierzu unter 3.), bzw ob dem Kläger aus anderen Gründen für diesen Zeitraum höhere Leistungen zustanden (sodann unter 4.). Zu Recht hat das LSG allerdings entschieden, dass der Sanktionsbescheid vom 26.7.2006 nicht wegen fehlender inhaltlicher Bestimmtheit gemäß § 33 Abs 1 SGB X aufzuheben war(siehe unter 2.).

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1.a) Streitgegenstand sind die vom Kläger begehrten Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.9. bis 30.11.2006. Das BSG hat insofern bereits entschieden, dass ein Sanktionsereignis bzw ein Sanktionsbescheid gemäß § 31 SGB II keinen abtrennbaren Streitgegenstand darstellt, der isoliert von den übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II überprüft werden kann(BSGE 102, 201 = SozR 4-4200 § 16 Nr 4, jeweils RdNr 12). Ob dem Kläger für den streitigen Zeitraum vom 1.9. bis 30.11.2006 höhere als die abgesenkten Leistungen zustanden, kann nicht abschließend entschieden werden. Zum einen kann nicht beurteilt werden, ob der Sanktionsbescheid vom 26.7.2006 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.11.2006) den Anforderungen der Rechtsprechung des BSG insbesondere an das Vorliegen einer ausreichenden Rechtsfolgenbelehrung genügte (sogleich unter 3.). Zum anderen könnte selbst bei einer Rechtmäßigkeit der hier bislang ausschließlich geprüften Sanktionsbescheide die Revision des Klägers dennoch begründet sein, wenn ihm aus einem anderen Grund höhere Leistungen als die abgesenkten für den streitigen Zeitraum zustanden (siehe unter 4.).

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b) Die Anfechtungsklage des Klägers gemäß § 54 Abs 1 SGG(hierzu BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - RdNr 12) richtet sich darauf, für den streitigen Zeitraum ungekürzte bzw nicht abgesenkte Leistungen zu erhalten. Hierbei ist hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung wegen der vorherigen Leistungsbewilligung für die Monate September und Oktober 2006 zwischen diesen beiden Monaten einerseits und dem Monat November 2006 andererseits zu unterscheiden.

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Hinsichtlich der Monate September und Oktober 2006 hatte der Beklagte dem Kläger mit den Bescheiden vom 29.3.2006 /Änderungsbescheid vom 7.4.2006 bereits Leistungen in Höhe von zuletzt 966 Euro monatlich bewilligt. Insofern zutreffend hat der Beklagte die vom Kläger ausschließlich angefochtenen Bescheide vom 26.7.2006 und 24.11.2006, mit denen er die bewilligte Leistung absenkte, auf § 48 SGB X gestützt. Nach § 48 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Eintritt vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine solche Änderung ist (mit Wirkung für die Zukunft) eingetreten, wenn die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 SGB II für eine Absenkung des Alg II vorgelegen haben.

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Für den Zeitraum ab 1.11. bis 30.11.2006 hatte der Beklagte Leistungen lediglich unter Berücksichtigung einer um 104 Euro gekürzten Regelleistung bewilligt (Bescheid vom 1.11.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24.11.2006). Für den Monat November 2006 stehen dem Kläger die Leistungen ohne Kürzung eines Betrags von 104 Euro zu, wenn er dem Grunde nach die Voraussetzungen der §§ 7, 19 SGB II für einen Anspruch auf Alg II erfüllt hat und die Regelleistung nicht nach § 31 Abs 1 SGB II abgesenkt ist. Damit der Kläger dieses Ziel erreichen kann, müssten (im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 4 SGG) die Bescheide vom 1.11. bzw 24.11.2006 insofern geändert werden, was das SG unterlassen hat. Auch hierüber wird das LSG abschließend zu befinden haben.

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Dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen im Urteil des LSG kann noch mit hinreichender Klarheit entnommen werden, dass der Kläger die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 SGB II für einen Leistungsanspruch nach dem SGB II erfüllt.

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2. Entgegen der Rechtsansicht des SG war bereits der angefochtene Sanktionsbescheid vom 26.7.2006 inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 SGB X). Es kommt mithin nicht darauf an, ob dieser Bescheid noch durch den Widerspruchsbescheid vom 24.11.2006 "geheilt" worden ist, wovon das LSG ausgegangen ist. Das BSG hat bereits entschieden, dass Sanktionsbescheide mit dem hier angefochtenen Inhalt den Bestimmtheitsanforderungen des § 33 Abs 1 SGB X genügen(vgl insbesondere Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr 2 RdNr 13 ff). Das Bestimmtheitserfordernis des § 33 Abs 1 SGB X verlangt, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten. Mithin muss aus dem Verfügungssatz für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Insoweit kommt dem Verfügungssatz des Verwaltungsakts klarstellende Funktion zu (BSG Urteil vom 15.5.2002 - B 6 KA 25/01 R = BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 46 S 384). Unbestimmt iS des § 33 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nur dann, wenn sein Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich nicht widerspruchsfrei ist und der davon Betroffene bei Zugrundelegung der Verständnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers nicht in der Lage ist, sein Verhalten daran auszurichten (vgl auch BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 3 RdNr 16 mwzN). Unschädlich ist, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (BSG SozR 4-2600 § 96a Nr 9). Nach diesen Maßstäben lässt sich hier die Unbestimmtheit des Aufhebungsbescheides vom 26.7.2006 nicht feststellen. Zwar verfügte der Beklagte in diesem Bescheid, dass sich der monatliche Absenkungsbetrag vom 1.9.2006 bis zum 30.11.2006 auf 30 % der Regelleistung belaufe, woraus sich maximal 104 Euro ergeben würden. Damit hat der Beklagte zunächst unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass dem Kläger ab dem 1.9.2006 Leistungen nicht mehr in unveränderter Höhe zustehen sollten. Allerdings ist angesichts der teilweise umfangreichen Bewilligungsbescheide nicht in jedem Falle (so etwa, wenn Nebeneinkommen gemäß §§ 11, 30 SGB II zu berücksichtigen ist) unschwer ersichtlich, um welchen Betrag das Alg II abgesenkt werden soll. Hier lag hingegen ein unproblematischer Fall vor, weil der Kläger eine Regelleistung in Höhe von 100vH (damals 345 Euro) erhielt und sonst kein Nebeneinkommen vorlag. Insofern konnte der Kläger dem Verfügungssatz des Absenkungsbescheides unter Hinzuziehung seines Bewilligungsbescheids durch einfache Rechenoperation auch ohne weiteres den für ihn maßgebenden konkreten Absenkungsbetrag entnehmen. Jedenfalls für den Kläger war somit ausreichend und in nachvollziehbarer Weise erkennbar, dass und in welchem Umfang aufgrund des Sanktionsereignisses Zahlungen von Alg II ab dem 1.9.2006 erfolgen sollten. Schließlich machte der angefochtene Sanktionsbescheid vom 26.7.2006 insofern auch deutlich, dass die ursprünglichen Bewilligungsbescheide insoweit gemäß § 48 SGB X aufgehoben würden (vgl hierzu BSG Urteile vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr 2 - und - B 4 AS 30/09 R = SozR 4-4200 § 31 Nr 3). Da bereits der Ausgangsbescheid mithin nicht wegen fehlender Bestimmtheit rechtswidrig war, kommt es auf die weitere Frage, ob eine eventuell fehlende Bestimmtheit im Widerspruchsverfahren bzw durch den Erlass eines Widerspruchsbescheids in entsprechender Anwendung des § 41 SGB X heilbar wäre, nicht mehr an.

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3. Es kann nicht abschließend entschieden werden, ob der Sanktionsbescheid vom 26.7.2006 gemäß § 31 SGB II rechtmäßig war und damit gemäß § 48 Abs 1 SGB X die ursprünglichen Bewilligungsbescheide vom 29.3.2006/7.4.2006 gemäß § 48 Abs 1 SGB X geändert werden bzw bei dem anschließenden Bewilligungszeitraum ab 1.11.2006 eine um 104 Euro gekürzte Regelleistung zu Grunde gelegt werden durfte (Bescheide vom 1.11.2006/24.11.2006).

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Nach § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1c SGB II wird das Arbeitslosengeld unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 30 vH der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgeblichen Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit oder eine sonstige in der Eingliederungsvereinbarung vereinbarte Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen. Anhand der Feststellungen des LSG kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die von ihm selbst aufgestellten Anforderungen an eine Rechtsfolgenbelehrung iS des § 31 Abs 1 Satz 1 SGB II im vorliegenden Fall erfüllt wurden (vgl grundlegend Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 53/08 R - BSGE 105, 297 = SozR 4-4200 § 31 Nr 5).

21

a) Es bestehen aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG zunächst keine rechtlichen Zweifel daran, dass der Kläger sich geweigert hat, eine Arbeit anzunehmen. Weigern in diesem Sinne bedeutet regelmäßig die vorsätzliche, ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer Weise dem Leistungsträger oder dem Arbeitgeber zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft, sich an die durch das Gesetz auferlegte Pflicht zu halten. Die Aufnahme einer Tätigkeit kann mithin auch durch konkludentes Verhalten verweigert werden (statt vieler Berlit in Münder, LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 31 RdNr 35 mwN). Insofern zutreffend hat das LSG aus den Angaben des Klägers, er habe das Angebot schlichtweg vergessen, den Schluss gezogen, er habe die konkrete Arbeit nicht antreten bzw ausführen wollen.

22

b) Das LSG wird allerdings nach der Zurückverweisung der Sache nochmals darüber zu entscheiden haben, ob die Arbeit dem Kläger tatsächlich zumutbar iS des § 10 SGB II iVm § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1c SGB II war. Nach § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II ist die Ausübung der Arbeit auch dann zumutbar, wenn die Erziehung eines unter dreijährigen Kindes nicht gefährdet ist. Dies ist dann der Fall, soweit dessen Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege im Sinne der Vorschriften des Achten Buches Sozialgesetzbuch oder auf sonstige Weise sichergestellt ist. Insofern ist rechtlicher Maßstab für die Zumutbarkeit einer Arbeit ausschließlich, ob die Erziehung eines Kindes tatsächlich iS des § 10 Abs 1 Nr 3 SGB II sichergestellt ist. Mit der vom LSG angestellten Hilfserwägung, der Kläger habe erst im Klageverfahren auf die fehlende Sicherstellung der Betreuung seines Kindes hingewiesen, zuvor aber stets sein Bemühen um Erlangung einer Arbeitsstelle betont, kann das Vorliegen dieser tatbestandlichen Voraussetzung nicht nachgewiesen werden. Maßgeblich ist insofern ausschließlich die objektive Betreuungssituation, die von Amts wegen zu ermitteln ist (§ 20 SGB X iVm § 103 SGG). Eine Präklusion von Vorbringen, wovon das LSG offenbar ausgeht, ist insoweit nur in den engen Grenzen des § 106a SGG möglich, dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Soweit der Kläger darüber hinaus im Rahmen der Zumutbarkeit vorgetragen hat, eine Arbeitsstelle als Erzieher sei ihm als vormaligem Fernsehredakteur generell unzumutbar, verkennt er die Tragweite des § 10 Abs 1 Satz 1 SGB II, wonach dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen grundsätzlich jede Arbeit zumutbar ist.

23

c) Letztlich kann dies aber dahinstehen, solange nicht ausreichend festgestellt ist, welche Rechtsfolgenbelehrung dem Kläger wann überreicht worden ist. Das LSG hat insofern lediglich festgestellt: "Der Vermittlungsvorschlag enthielt auch eine Rechtsfolgenbelehrung über die Folgen einer Nichtaufnahme der angebotenen Arbeit". Aufgrund dieser Feststellung gelangt das LSG zur Subsumtion: "Der Kläger ist über die Rechtsfolgen einer Arbeitsverweigerung durch den Vermittlungsvorschlag ausreichend belehrt gewesen". Der erkennende Senat ist zu einer revisionsgerichtlichen Überprüfung der rechtlichen Grundlagen dieser Wertung nicht in der Lage, zumal der Vermittlungsvorschlag auch nicht Gegenstand der in Bezug genommenen Akten ist. Auch in den Sanktionsbescheiden des Beklagten findet sich keine inhaltliche Beschreibung bzw Wiedergabe der dem Kläger am 6.7.2006 erteilten Rechtsfolgenbelehrung. Das angefochtene Urteil lässt nicht erkennen, welche Anforderungen das LSG seiner rechtlichen Würdigung der Rechtsfolgenbelehrung zugrunde gelegt hat. Es hätte festgestellt werden müssen, welchen konkreten Inhalt die Rechtsfolgenbelehrung hatte, die dem Kläger am 6.7.2006 ausgehändigt bzw mündlich übermittelt worden ist. Der Inhalt dieser Rechtsfolgenbelehrung ist auch nicht aus den Akten ersichtlich.

24

Der erkennende Senat hat hierzu im Anschluss an die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (BSGE 102, 201 = SozR 4-4200 § 16 Nr 4 und Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 3 RdNr 19) durch Urteil vom 18.2.2010 (B 14 AS 53/08 R - BSGE 105, 297 = SozR 4-4200 § 31 Nr 5 RdNr 17 ff) im Einzelnen dargelegt, dass die Festsetzung von Sanktionen nach § 31 Abs 1 Satz 1 SGB II voraussetzt, dass der Hilfebedürftige über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung konkret, verständlich, richtig und vollständig belehrt worden ist. Dabei kommt es auf den objektiven Erklärungswert der Belehrung an. Sämtliche in § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II genannten Sanktionstatbestände setzen voraus, dass der Hilfebedürftige über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung belehrt worden ist. Diese in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte und in der sozialrechtlichen Literatur weitgehend geteilte Auffassung (vgl die Nachweise in dem Urteil des BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 53/08 R - BSGE 105, 297 = SozR 4-4200 § 31 Nr 5 RdNr 19) ist insbesondere im Hinblick auf die gravierenden Folgen des § 31 Abs 1 SGB II im Bereich der existenzsichernden Leistungen aufrecht zu erhalten. Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung orientieren sich dabei an den vom BSG zum Arbeitsförderungsrecht entwickelten Grundsätzen. Schon die Gesetzesbegründung knüpft hieran an, indem sie darauf verweist, dass die Rechtsfolgenbelehrung nach § 31 Abs 1 SGB II die Funktion haben soll, dem Hilfebedürftigen in verständlicher Form zu erläutern, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch die in § 31 Abs 1 SGB II genannten Pflichtverletzungen haben werden. Die Belehrung soll zeitlich vor der Pflichtverletzung liegen. Im Hinblick auf die Sperrzeittatbestände hat das BSG entschieden, dass die Rechtsfolgenbelehrung als Voraussetzung für ihre Wirksamkeit konkret, richtig, vollständig und verständlich sein und dem Arbeitslosen zeitnah im Zusammenhang mit einem Arbeitsangebot zutreffend erläutern muss, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch eine unbegründete Arbeitsablehnung haben kann. Dabei hat das BSG auch den zwingenden formalen Charakter der Rechtsfolgenbelehrung betont und dies aus dem übergeordneten sozialen Schutzzweck abgeleitet, den Arbeitslosen vor den Folgen einer Pflichtverletzung zu warnen (vgl BSGE 53, 13, 15 = SozR 4100 § 119 Nr 18 S 87 mwN). Der Warnfunktion der Rechtsfolgenbelehrung kommt im Bereich des SGB II noch eine größere Bedeutung zu als im Bereich der Arbeitsförderung. Dies leitet der Senat nicht zuletzt aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09) ab, in der das BVerfG betont hat, dass das SGB II insgesamt der Realisierung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums iS des Art 1 Abs 1 iVm Art 210 Abs 1 Grundgesetz (GG) diene. Entsprechende Feststellungen zum Inhalt der Rechtsfolgenbelehrung und eine nachfolgende Subsumtion wird das LSG noch vorzunehmen haben.

25

d) Schließlich wird das LSG auch zu überprüfen haben, wann der Sanktionsbescheid vom 26.7.2006 dem Kläger bekannt gegeben worden ist. Gemäß § 31 Abs 6 Satz 1 SGB II treten Absenkungen und Wegfall mit Wirkung des Kalendermonats ein, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes, der die Absenkung oder den Wegfall der Leistung feststellt, folgt. Gemäß § 39 Abs 1 SGB X iVm § 37 Abs 1 SGB X wird ein Verwaltungsakt in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er bekannt gegeben wurde. Nach § 37 Abs 2 SGB II gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am 3. Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Da der 26.7.2006 ein Mittwoch war, besteht zumindest Veranlassung zu überprüfen, ob der Bescheid nicht bereits im Juli 2006 bekannt gegeben wurde. Nach der zwingenden Rechtsfolge des § 31 Abs 6 Satz 1 SGB II hätten möglicherweise Absenkung und Wegfall mit Wirkung des Kalendermonats eintreten müssen, der auf das Wirksamwerden folgte, was hier der August 2006 gewesen wäre. Da der Bescheid nach § 31 Abs 6 Satz 1 SGB II für das Eintreten der Sanktion konstitutiv ist, könnte sich hieraus ergeben, dass jedenfalls die dann für den Monat August 2006 zwingend erforderliche Sanktion nicht mehr wirksam nachgeholt werden kann, ggf könnte auch eine Rechtswidrigkeit der Festsetzung des Sanktionszeitraums insgesamt zu erwägen sein.

26

4. Ergeben die Ermittlungen und weiteren rechtlichen Würdigungen des LSG, dass der Absenkungsbescheid vom 26.7.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.11.2006 rechtmäßig war und dass insofern das LSG auf die Berufung des Beklagten hin die Klage zu Recht abgewiesen hat, so wird im Einzelnen noch zu prüfen sein, ob dem Kläger nicht aus anderen Gründen eine höhere Regelleistung zustand. Insofern wären sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 19, 22 SGB II zu überprüfen und auch zu ermitteln, inwieweit die dem Kläger bewilligten Kosten der Unterkunft und ggf auch die Leistungen für den minderjährigen Sohn des Klägers richtig berechnet worden sind. Da der Kläger insofern gegen das Urteil des LSG Revision eingelegt hat, ist unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu überprüfen, ob der Kläger sein Klageziel - ungekürzte Leistungen in der ursprünglich bewilligten Höhe - nicht auf andere Weise erreichen kann.

27

Das LSG wird auch über die Kosten des Rechtsstreits unter Beachtung des Ausgangs des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Im Sinne von Absatz 1 können Ausländerinnen und Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 des Aufenthaltsgesetzes aufzunehmen, ist ausreichend.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005.

2

Die 1959 geborene Klägerin ist alleinstehend und bewohnt eine Ein-Zimmer-Wohnung, die durch zwei Gas-Einzelöfen und einen Heizlüfter im Bad beheizt wird. Im Oktober 2004 beantragte sie bei dem Beklagten die Gewährung von Alg II und legte dabei eine Bescheinigung ihrer Hausärztin vor, wonach bei ihr aufgrund eines Diabetes mellitus Typ I Krankenkost (Diabeteskost) erforderlich sei.

3

Mit Bescheid vom 13.11.2004 bewilligte der Beklagte Alg II von Januar bis Mai 2005 in Höhe von 794,56 Euro und für Juni 2005 in Höhe von 777,16 Euro, wobei er neben einem befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe von 134 Euro einen monatlichen Mehrbedarf von 25,56 Euro für kostenaufwändige Ernährung wegen Diabetes mellitus Typ I berücksichtigte. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu gering sei und ihr einschließlich Praxisgebühr und Zuzahlung monatliche Kosten in Höhe von mindestens 50 Euro entstünden. Mit Widerspruchsbescheid vom 4.2.2005 bewilligte der Beklagte daraufhin für die Zeit von Januar bis Mai 2005 monatlich 795,23 Euro und für Juni 2005 775,18 Euro. Den darüber hinausgehenden Widerspruch wies er als unbegründet zurück.

4

Am 1.3.2005 erhob die Klägerin Klage zum SG und begründete ihre Klage insbesondere damit, dass eine Anpassung des seit 1997 nicht erhöhten Mehrbedarfsbetrages zu erfolgen habe, die Regelleistung in Höhe von 345 Euro zu gering sei und zusätzliche Stromkosten von monatlich 11 Euro zu berücksichtigen seien, weil sie ihr Bad mit einem Heizlüfter beheize. Während des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 4.3.2005, 7.9.2005 und 15.11.2005 zuletzt Leistungen für Januar und Februar in Höhe von monatlich 806,33 Euro, für März 689,26 Euro, für April 810,33 Euro, für Mai 802,82 Euro und für Juni 2005 782,72 Euro bewilligt. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Beklagte am 29.6.2006 ein Teilanerkenntnis abgegeben und sich bereit erklärt, der Klägerin über die mit Bescheid vom 15.11.2005 zuerkannten Leistungen hinaus für März 2005 Leistungen in Höhe von 795,23 Euro (gemäß dem Widerspruchsbescheid), für Mai 2005 in Höhe von 807,56 Euro und für Juni 2005 in Höhe von 784,46 Euro (gemäß dem Bescheid vom 4.3.2005) zu bewilligen. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen. Mit Urteil vom 29.6.2006 hat das SG die darüber hinausgehende Klage abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 15.12.2006 hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie einen Bedarf habe, der in der Höhe erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweiche. Insofern werde auf die Entscheidungsgründe des SG verwiesen, wonach ein Mehrbetrag für kostenaufwändige Ernährung nach dem Krankheitsbild der Klägerin nicht gerechtfertigt sei und die Kosten für Arztbesuche und Zuzahlungen im Regelbetrag enthalten seien.

6

Auf die Revision der Klägerin hat das BSG mit Urteil vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R - das Urteil des LSG vom 15.12.2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, da es an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen fehle, insbesondere für die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für eine kostenaufwändige Krankenernährung gemäß § 21 Abs 5 SGB II.

7

Das LSG hat hierauf die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Außerdem hat das LSG ein gerichtliches Sachverständigengutachten bei dem Internisten Dr. S. eingeholt. Mit Urteil vom 23.10.2009 hat das LSG der Klägerin einen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung zugesprochen. Insoweit sei bei den Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) ein Anteil an den Stromkosten, der für eine angemessene Beheizung des Bades mittels des vorhandenen Heizlüfters erforderlich sei, ergänzend zu berücksichtigen. Der konkrete Stromverbrauch des Heizlüfters zur Beheizung des Bades - etwa über einen getrennten Zähler - werde nicht erfasst. Die vom SG berücksichtigte Betriebsdauer des Heizlüfters von einer halben Stunde täglich sei sehr knapp bemessen, weshalb zu Gunsten der Klägerin im Rahmen der Schätzung eine volle Stunde zugrunde gelegt werde. Insgesamt belaufe sich die der Klägerin zustehende Nachzahlung für Kosten der Unterkunft und Heizung für den streitgegenständlichen Zeitraum auf 60,69 Euro. Im Übrigen hat das LSG die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Es bestehe unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme kein Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung. Wegen des Verbots der reformatio in peius verbleibe es jedoch bei dem von der Beklagten zuerkannten Mehrbedarf in Höhe von 25,56 Euro monatlich. Eine Verrechnung mit dem Nachzahlungsanspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung komme nicht in Betracht.

8

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 21 Abs 5 SGB II. Das Tatbestandsmerkmal "medizinische Gründe" in § 21 Abs 5 SGB II umfasse auch nicht krankheitsbedingte und in der körperlichen Verfassung eines Menschen liegende Umstände, die ärztlich festgestellt werden könnten. Vorliegend bestehe ein erhöhter Grundumsatz bzw ein erhöhter Kalorienverbrauch, der zu einer finanziellen Mehrbelastung führe, welche die bereits monatlich gewährten 25,56 Euro deutlich übersteige. Weder der Wortlaut der Norm noch die Gesetzesbegründung würden die Beschränkung auf Gesundheitsschäden hergeben. Ausgehend von ihren Angaben, wonach sie bereits seit ihrer Kindheit habe sehr viel essen müssen, hätte das LSG eine individuelle Kaloriemetrie zur Ermittlung ihres erhöhten Grundbedarfs durchführen müssen. Der Hinweis des LSG auf die Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gehe fehl, da ein pauschaler Regelleistungsbetrag nur den durchschnittlichen Bedarf decke. Die vorliegend erforderliche Vollkost lasse sich nicht aus dem Regelsatz finanzieren. Auch hierzu fehle es an Feststellungen des LSG. Es liege eine Verletzung des § 170 Abs 5 SGG vor, da das LSG insoweit entgegen der Rechtsprechung des BSG die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 herangezogen und hieraus abgeleitet habe, dass Vollkost aus dem Regelsatz finanzierbar sei. Hilfsweise bestehe ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen Bedarfs, der nicht von den Leistungen nach § 20 SGB II erfasst werde, jedoch zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zwingend zu decken sei. Schließlich sei der vom LSG errechnete Betrag für die Leistungen für Unterkunft und Heizung wegen fehlerhafter Anwendung der Rundungsregel des § 41 Abs 2 SGB II um 1 Euro zu niedrig.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Oktober 2009 abzuändern und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung seiner Bescheide vom 13. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2005, dieser in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 4. März 2005, 7. September 2005 und 15. November 2005 zu verurteilen, ihr höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 zu gewähren.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen im streitigen Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005.

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1. Die Klägerin ist im streitigen Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005 nach den Feststellungen des LSG leistungsberechtigt als erwerbsfähige Hilfebedürftige iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Damit hat sie Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 SGB II, idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954).

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2. Die Klägerin hat weder wegen eines erhöhten Kalorienbedarfs noch aufgrund einer etwaigen Ernährung mit sog "Vollkost" einen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.

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a) Erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, erhalten nach § 21 Abs 5 SGB II einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Dieser ergänzt die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 21 SGB II idF des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Er umfasst Bedarfe, die nicht durch die Regelleistung abgedeckt sind (§ 21 Abs 1 SGB II).

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Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung ist kein abtrennbarer Teil der Regelung über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Die Gewährung des Mehrbedarfs allein kann damit nicht zulässiger Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

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b) Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erfordert, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist (BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, Stand Juli 2010, § 21 RdNr 19). Es muss also ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung vorliegen. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor.

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aa) Mit "medizinischen Gründen" sind nur krankheitsbedingte Gründe gemeint. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 21 Abs 5 SGB II bewusst an den Rechtszustand des § 23 Abs 4 BSHG angeknüpft. Danach war für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anzuerkennen. Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur war ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer drohenden oder bestehenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung tatbestandliche Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs (Hofmann in: LPK-BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 28; vgl auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 43). Unter der Geltung des BSHG wurde die kostenaufwändige Ernährung gemäß § 23 Abs 4 BSHG deshalb auch als "Krankenkostzulage" bezeichnet(vgl Knopp/Fichtner, BSHG, 5. Aufl 1983, § 23 RdNr 22; Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 15. Aufl 1997, § 23 RdNr 30; Schoch, Sozialhilfe, 3. Aufl 2001, S 167; Hofmann in LPK-BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 28; Linhart, BSHG § 23 RdNr 14 - Stand 39. EL, Juli 2004).

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Wie in der früheren Sozialhilfe, dem Referenzsystem für das SGB II (BT-Drucks 15/1514 S 1), wollte der Gesetzgeber auch im Rahmen des Alg II einen Mehrbedarf wegen krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung vorsehen. In der Gesetzesbegründung ist unter Bezugnahme auf den Rechtszustand des BSHG zum Tatbestandsmerkmal "aus medizinischen Gründen" ausgeführt worden: "Wie in der Sozialhilfe ist auch im Rahmen des Arbeitslosengeldes II ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung vorgesehen. Hierbei ist eine Präzisierung dahin gehend vorgenommen worden, dass der Mehrbedarf nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen ist. Zur Angemessenheit des Mehrbedarfs können die hierzu vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen werden." (BT-Drucks 15/1516, S 57).

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Auch die vergleichende Betrachtung der Vorschriften des § 21 Abs 5 SGB II und des § 30 Abs 5 des SGB XII bestätigt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung erforderlich ist. Die Definition des Kreises der Anspruchsberechtigten ist in § 21 Abs 5 SGB II zwar anders formuliert als in § 30 Abs 5 SGB XII, der dem früheren § 23 Abs 4 BSHG nachgebildet ist. Gemäß § 30 Abs 5 SGB XII in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung des Gesetzes vom 27.12.2003 (BGBl I 3022) wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Hingegen sind auch anspruchsberechtigt erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer aufwendigen Ernährung bedürfen. Wie aufgezeigt, sollte nach der Gesetzesbegründung zu § 21 Abs 5 SGB II(BT-Drucks 15/1516, S 57) mit der Formulierung klargestellt werden, dass der Mehrbedarf nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen sei.

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Folglich hat der Gesetzgeber inhaltliche Unterschiede zwischen § 21 Abs 5 SGB II und § 30 Abs 5 SGB XII nicht beabsichtigt. Sinn und Zweck der Leistungen ist es in beiden Fällen, durch die krankheitsbedingte besondere Ernährung drohende oder bestehende Gesundheitsschäden abzuwenden oder zu verhindern (Lang/Knickrehm in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 21 RdNr 49 f; Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 31; O. Loose in GK-SGB II § 21 RdNr 32, 34; Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 25; Simon in: jurisPK-SGB XII, § 30 RdNr 92; vgl auch Behrend in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 43). Anspruchsvoraussetzung bei § 21 Abs 5 SGB II ist daher immer das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer drohenden oder bestehenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung. Dementsprechend hat auch das BSG bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 21 Abs 5 SGB II bislang stets von "Krankenernährung" oder "krankheitsbedingtem Mehrbedarf" gesprochen(BSG vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R) und ausgeführt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nur vorliegen, wenn eine oder mehrere Erkrankungen eine kostenaufwändige Ernährung bedingen (BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5; vgl auch BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).

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bb) Der von der Klägerin behauptete erhöhte Kalorienbedarf ist nach den Feststellungen des LSG nicht auf eine Krankheit, also auf einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, zurückzuführen. Nach diesen Feststellungen liegen bei der Klägerin zwar verschiedene Krankheiten, insbesondere ein Diabetes mellitus Typ I vor; diese verursachen jedoch weder einen erhöhten Kalorienbedarf noch einen anderen Ernährungsmehrbedarf iS des § 21 Abs 5 SGB II. Das LSG hat den Sachverhalt vollständig und ausreichend ermittelt, indem es sachverständige Zeugenauskünfte sowie ein internistisches ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt hat, um sich die erforderliche Sachkunde zu verschaffen. Damit hat das LSG von den Ermittlungsmöglichkeiten, die vernünftigerweise zur Verfügung gestanden haben, Gebrauch gemacht (vgl BSG vom 12.2.2009 - B 5 R 48/08 B; BSG vom 11.12.1969 - GS 2/68 - BSGE 30, 192, 205 = SozR Nr 20 zu § 1247 RVO). Ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) liegt nicht vor.

22

Nach den Feststellungen, die das LSG nach ausreichenden Ermittlungen des Sachverhalts getroffen hat, liegen keine begründeten Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Krankenkost vor. Das LSG konnte nach der vorgenommenen eigenständigen Aufklärung des Sachverhalts und der Prüfung der Umstände des Einzelfalles dahinstehen lassen, ob die überarbeiteten, aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen sind (zum Meinungsstand siehe Düring in Gagel, SGB III mit SGB II, § 21 RdNr 40). Auch durch die aktuellen Empfehlungen wird die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären ( § 20 SGB X bzw § 103 SGG ), nicht aufgehoben. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (abgedruckt in NDV 2008, 503 ff) ersetzen nicht eine ggf erforderliche Begutachtung im Einzelfall.

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Unabhängig von der in der Rechtsprechung umstrittenen Frage, ob die Empfehlungen 2008 als antizipiertes Sachverständigengutachten anzusehen sind (bejahend zB Sächsisches LSG vom 27.8.2009 - L 3 AS 245/08 - und vom 22.6.2009 - L 7 AS 250/08; Bayerisches LSG vom 23.4.2009 - L 11 AS 124/08; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.3.2009 - L 8 AS 68/08; offen gelassen: LSG Nordrhein-Westfalen vom 15.3.2010 - L 19 <20> AS 50/09 - und vom 4.10.2010 - L 19 AS 1140/10), können die Empfehlungen 2008 jedenfalls als Orientierungshilfe dienen und es sind weitere Ermittlungen im Einzelfall nur dann erforderlich, sofern Besonderheiten, insbesondere von den Empfehlungen abweichende Bedarfe, substantiiert geltend gemacht werden (so bereits zu den Empfehlungen 1997: BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 7 f). Da die Empfehlungen des Deutschen Vereins keine Rechtsnormqualität aufweisen (BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 89 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 44 und - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 6 f), gibt es auch keine Hinderungsgründe, die darin enthaltenen medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse auch mit den Ergebnissen der Amtsermittlung zu vergleichen bzw in diese einfließen zu lassen, wenn diese Zeiträume betreffen, die vor der Veröffentlichung der neuen Empfehlungen am 1.10.2008 lagen (so bereits Sächsisches LSG vom 26.2.2009 - L 2 AS 152/07; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 9.3.2009 - L 8 AS 68/08). Wenn dann - wie vorliegend - nach dem Ergebnis der im Einzelfall durchgeführten Amtsermittlung eine Abweichung von den Empfehlungen nicht festzustellen ist (vgl zu diesem Gesichtspunkt auch BVerfG vom 20.6.2006 - 1 BvR 2673/05 - juris RdNr 19), ist eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich.

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cc) Da nur für eine krankheitsbedingt erforderliche kostenaufwändige Ernährung gemäß § 21 Abs 5 SGB II ein Mehrbedarf zu gewähren ist, hat das LSG zu Recht davon abgesehen, den individuell angemessenen Ernährungsbedarf bzw den tatsächlichen individuellen Grundumsatz und Kalorienbedarf der Klägerin zu ermitteln. Auf die Gewährung eines individuell angemessenen Bedarfs für Ernährung besteht kein Anspruch. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlich zulässigen System der Gewährung einer statistisch ermittelten Regelleistung als Festbetrag. Maßgeblich für die Bestimmung des Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II sind in diesem System stets die im Einzelfall medizinisch begründeten tatsächlichen Kosten für eine besondere Ernährung, die von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, ist § 21 Abs 5 SGB II jedoch kein Auffangtatbestand(Münder in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 24).

25

dd) Die Ernährung mit einer sog "Vollkost" bei Diabetes mellitus I/II unterfällt nicht § 21 Abs 5 SGB II, da es sich nicht um eine Krankenkost handelt, auf die die Vorschrift abzielt, sondern um eine Ernährungsweise, die auf das Leitbild des gesunden Menschen Bezug nimmt.

26

Die Vollkost ist jedoch aus der Regelleistung zu bestreiten. Auch insoweit gilt, dass für die allgemeine Kritik, eine ausgewogene Ernährung sei aus dem Regelsatz nicht zu finanzieren, § 21 Abs 5 SGB II kein Auffangtatbestand ist.

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3. Der Sache nach ist das Begehren der Klägerin demnach darauf gerichtet, für ihren geltend gemachten individuellen Ernährungsbedarf eine höhere Regelleistung zu erstreiten. Dieses Begehren hat gleichfalls keinen Erfolg.

28

a) Im streitgegenständlichen Zeitraum besteht lediglich ein Anspruch auf eine monatliche Regelleistung in Höhe von 345 Euro. Zwar hat das BVerfG die Vorschriften über die Höhe der Regelleistung, ua die des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II, mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt. Daraus folgt aber nicht, dass einem Hilfebedürftigen ein höherer Anspruch auf Leistungen zusteht. Vielmehr gilt die Vorschrift des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II in der jeweils anzuwendenden Fassung bis zum 31.12.2010 fort. Der Gesetzgeber wurde lediglich verpflichtet, die Regelleistung für die Zukunft neu festzusetzen (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 ff - juris RdNr 210 ff; BVerfG vom 18.2.2010 - 1 BvR 1523/08; BVerfG vom 24.3.2010 - 1 BvR 395/09; BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 17/10 R). Folglich ist im vorliegenden Verfahren davon auszugehen, dass die der Klägerin im Jahre 2005 bewilligte Regelleistung in Höhe von 345 Euro für den hier streitigen Zeitraum hinzunehmen ist (vgl BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 17/10 R - juris RdNr 16).

29

b) Zudem hat das BVerfG ausgeführt, die Regelleistung reiche zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums aus: "Für den Betrag der Regelleistung von 345 Euro nach § 20 Abs 2 1. Halbsatz SGB II aF kann eine evidente Unterschreitung nicht festgestellt werden, weil die Regelleistung zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums zumindest ausreicht und der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der sozialen Seite des Existenzminimums weiter ist. So kommt beispielsweise eine Untersuchung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zu dem Ergebnis, dass die Beträge des § 2 Abs 2 Regelsatzverordnung für 'Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren' sowie für 'Beherbergungsdienstleistungen, Gaststättenbesuche' die Ernährung eines Alleinstehenden mit Vollkost decken können (vgl seine Empfehlungen zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 3. Aufl., sub III 2 )" (RdNr 152 des Urteils vom 9.2.2010).

30

c) Eine abweichende Bedarfsermittlung kommt nicht in Betracht. Nach dem Leistungssystem des SGB II ist eine individuelle Bedarfsermittlung bzw abweichende Bestimmung der Höhe der Regelleistung nicht vorgesehen (vgl dazu BSG 18.6.2008 - B 14 AS 22/07 R - BSGE 101, 70 76 f = SozR 4-4200 § 11 Nr 11 S 65 f). Dies gilt sowohl zu Gunsten wie auch zu Lasten des Grundsicherungsempfängers. Bei der Ernährung handelt es sich um einen Grundbedarf, der von der Regelleistung des § 20 Abs 1 SGB II gedeckt werden soll. Es ist konstitutiver Bestandteil des Systems des SGB II, eine abweichende Festsetzung der Bedarfe, wie sie § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII zulässt, gerade nicht vorzusehen. Folglich gestattet es das SGB II nicht, außerhalb von § 21 Abs 5 SGB II einen individuellen Ernährungsbedarf bedarfserhöhend geltend zu machen.

31

Der Verzicht auf eine individuelle Bedarfsbestimmung entspricht im Übrigen auch dem Sinn und Zweck, den der Gesetzgeber mit einer Pauschalierung der Regelleistung im SGB II verband. Die pauschalierte Regelleistung sollte gerade die Selbstverantwortung und Eigenständigkeit der Hilfeempfänger fördern (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 11 RdNr 24). Diese sind darauf angewiesen, mit dem in der Regelleistung pauschaliert enthaltenen Betrag ihre grundlegenden Bedürfnisse zu decken. Außerhalb der gemäß § 21 SGB II gewährten Mehrbedarfe und der gemäß § 23 Abs 3 SGB II aF - in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung - gewährten einmaligen Leistungen sind monetäre Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Das System des SGB II ist insofern abschließend (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R - BSGE 100, 83, 91 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6 S 45).

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In diesem vom Gesetzgeber in zulässiger Weise gewählten System der pauschalierten Regelleistung ist weder - wie von der Klägerin begehrt - eine individuelle Kaloriemetrie vorzunehmen, noch durch eine isolierte Herausnahme und Überprüfung einzelner Bedarfspositionen zu prüfen, ob eine bestimmte individuell gewünschte Ernährungsweise von einer bestimmten Bedarfsposition der Regelleistung direkt erfasst und abgebildet wird. Das BVerfG hat hierzu im Urteil vom 9.2.2010, aaO, RdNr 205 ausgeführt: "Die Gewährung einer Regelleistung als Festbetrag ist grundsätzlich zulässig. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen darf der Gesetzgeber typisierende und pauschalierende Regelungen treffen (vgl BVerfGE 87, 234 <255 f>; 100, 59 <90>; 195 <205>). Dies gilt auch für Leistungen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Allerdings verlangt Art 1 Abs 1 GG , der die Menschenwürde jedes einzelnen Individuums ohne Ausnahme schützt, dass das Existenzminimum in jedem Einzelfall sichergestellt wird. Der Hilfebedürftige, dem ein pauschaler Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, kann über seine Verwendung im Einzelnen selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen. Dies ist ihm auch zumutbar. Dass sich der Gesamtbetrag aus statistisch erfassten Ausgaben in den einzelnen Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zusammensetzt, bedeutet nicht, dass jedem Hilfebedürftigen die einzelnen Ausgabenpositionen und -beträge stets uneingeschränkt zur Verfügung stehen müssen. Es ist vielmehr dem Statistikmodell eigen, dass der individuelle Bedarf eines Hilfebedürftigen vom statistischen Durchschnittsfall abweichen kann. Die regelleistungsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge sind von vornherein als abstrakte Rechengrößen konzipiert, die nicht bei jedem Hilfebedürftigen exakt zutreffen müssen, sondern erst in ihrer Summe ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten sollen. Wenn das Statistikmodell entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben angewandt und der Pauschalbetrag insbesondere so bestimmt worden ist, dass ein Ausgleich zwischen verschiedenen Bedarfspositionen möglich ist […], kann der Hilfebedürftige in der Regel sein individuelles Verbrauchsverhalten so gestalten, dass er mit dem Festbetrag auskommt; vor allem hat er bei besonderem Bedarf zuerst auf das Ansparpotenzial zurückzugreifen, das in der Regelleistung enthalten ist.“

33

Folglich ist nicht individuell zu ermitteln, ob eine bestimmte Ernährungsweise, die nicht von § 21 Abs 5 SGB II umfasst wird, sondern aus der Regelleistung zu bestreiten ist, im Einzelnen von der entsprechenden Bedarfsposition gedeckt wird. Denn es ist Sache des Hilfebedürftigen selbst, über die Verwendung des bewilligten Festbetrages im Einzelnen zu bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen.

34

4. Ansprüche auf Gewährung einer von der Regelleistung abweichenden Leistung auf der Grundlage sonstiger Anspruchsgrundlagen bestehen gleichfalls nicht.

35

a) Die Klägerin kann keinen Anspruch aus einer entsprechenden Anwendung des § 73 SGB XII herleiten. Nach Satz 1 dieser Vorschrift können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Voraussetzung eines Anspruchs nach § 73 SGB XII ist nach der Rechtsprechung des 7b. Senats, der sich auch der 14. Senat des BSG angeschlossen hat, eine besondere Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist. Zugleich muss auch der Bereich der Grundrechtsausübung tangiert sein (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242, 250 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1 RdNr 22 f; BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 19 f). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil es sich bei der Ernährung mit ausgewogener Mischkost bzw sog "Vollkost" um einen typischen, innerhalb des SGB II zu befriedigenden Bedarf handelt.

36

b) Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht im Hinblick auf die durch eine Anordnung des BVerfG im Urteil vom 9.2.2010 (aaO) geschaffene Härtefallregelung, die der Gesetzgeber mittlerweile mWv 3.6.2010 in § 21 Abs 6 SGB II geregelt hat(Gesetz vom 27.5.2010, BGBl I 671). Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9.2.2010 (insbesondere RdNr 207) klargestellt, dass der von ihm verfassungsrechtlich abgeleitete, zusätzliche Anspruch immer dann notwendig werde, wenn ein bestimmter fortlaufender atypischer Bedarf außerhalb der Regelleistung des § 20 SGB II nicht gedeckt werden könne. Nach den Feststellungen des LSG kann die Klägerin keinen derartigen besonderen Bedarf geltend machen.

37

5. Schließlich hat die Klägerin keinen Anspruch auf einen höheren Leistungsbetrag mit Rücksicht auf die fehlerhafte Anwendung der Rundungsregelung des § 41 Abs 2 SGB II durch das LSG. Hierbei geht der Senat davon aus, dass der Ansatz des LSG hinsichtlich der hier ausnahmsweise als KdU anteilig zu berücksichtigenden Stromkosten nicht zu beanstanden ist. Das LSG hat jedoch nicht beachtet, dass lediglich Endzahlbeträge der monatlichen Leistung nach § 41 Abs 2 SGB II zu runden sind, Zwischenberechnungsschritte aber von der Rundung ausgenommen sind(vgl BSG SozR 4-4200 § 24 Nr 3 RdNr 25).

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Aus einer fehlerhaften Anwendung der Rundungsregelung folgt hier schon deshalb kein höherer Zahlbetrag, weil der Beklagte - wie bereits ausgeführt worden ist - bei der Leistungsbewilligung einen Betrag von monatlich 25,56 Euro für kostenaufwändige Ernährung in Ansatz gebracht hatte, auf den die Klägerin keinen Anspruch hatte. Zwar folgt hieraus nicht, dass die Bescheide durch den erkennenden Senat zu Lasten der Klägerin zu ändern waren, denn einer solchen Änderung steht das Verbot der reformatio in peius entgegen (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2 S 8; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274, 281 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 S 130). Da jedoch im Verfahren der Anspruch auf Alg II einschließlich der angemessenen KdU insgesamt streitig ist, kann die Klägerin einen höheren Zahlbetrag nur beanspruchen, wenn der Verfügungssatz der Bewilligung von Alg II sich insoweit der Höhe nach als unrichtig erweist. Insoweit ist die Höhe der Leistung unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen.

39

Dem steht nicht entgegen, dass das BSG eine Beschränkung des Klagebegehrens auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bzw die Kosten für Unterkunft für zulässig erachtet hat (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18), denn die Klägerin hat eine Beschränkung ihres Klagebegehrens nicht vorgenommen. Eine (Teil-)Bestandskraft ist hinsichtlich der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich des zuerkannten Mehrbedarfs folglich nicht eingetreten.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht.

(2) Berechnungen werden auf zwei Dezimalstellen durchgeführt, wenn nichts Abweichendes bestimmt ist. Bei einer auf Dezimalstellen durchgeführten Berechnung wird die letzte Dezimalstelle um eins erhöht, wenn sich in der folgenden Dezimalstelle eine der Ziffern 5 bis 9 ergeben würde.

(3) Über den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist in der Regel für ein Jahr zu entscheiden (Bewilligungszeitraum). Der Bewilligungszeitraum soll insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt werden, in denen

1.
über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird (§ 41a) oder
2.
die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung unangemessen sind.
Die Festlegung des Bewilligungszeitraums erfolgt einheitlich für die Entscheidung über die Leistungsansprüche aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Wird mit dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht auch über die Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 entschieden, ist die oder der Leistungsberechtigte in dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 gesondert erfolgt.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.