Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 17. Okt. 2013 - L 2 AS 36/11

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2013:1017.L2AS36.11.0A
bei uns veröffentlicht am17.10.2013

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 14. Dezember 2010 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 333,20 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die isolierte Kostenentscheidung im Widerspruchsverfahren, insbesondere geht es um die Berücksichtigung einer Erledigungsgebühr.

2

Die Klägerin ist die Prozessbevollmächtigte des Leistungsempfängers H. J. Sie führt aus abgetretenem Recht den Rechtsstreit auf höhere Kostenerstattung für die Rechtsanwaltsgebühren. Der am 22. Juni 1968 geborene Herr J. bezog bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe. Danach erhielt er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) von dem Beklagten bzw. der Agentur für Arbeit H. – SGB II S ... (der Rechtsvorgängerin des Beklagten, solange es eine geteilte Trägerschaft in dem betreffenden Landkreis bis zum 31. Dezember 2010 gab – künftig einheitlich als der Beklagte bezeichnet). Herr J. genoss freies Wohnrecht bei seinen Eltern, der Beklagte bewilligte ihm anfänglich Grundsicherungsleistungen ohne Kosten der Unterkunft und ohne Anrechnung von Einkommen. Am 4. April 2007 stellte er einen Antrag auf Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Der Beklagte fragte bei ihm nach, ob er sich an den Stromkosten beteilige. Zunächst bewilligte der Beklagte Herrn J. mit Bescheid vom 18. April 2007 vorläufig Leistungen nach § 42 SGB I für den Zeitraum 1. Mai 2007 bis 31. Oktober 2007 in Höhe von 317,40 EUR monatlich. Am 20. April 2007 gingen die Angaben von Herrn J. zu dem Umfang der Hilfebedürftigkeit bei Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft bei dem Beklagten ein. Er gab an, dass er bei seinen Eltern lebe, die Unterkunft unentgeltlich zur Verfügung gestellt werde und er sich nicht finanziell an den Stromkosten beteilige. Darüber hinaus kreuzte er an, dass ihm volle Verpflegung zur Verfügung gestellt werde.

3

Mit Änderungsbescheid vom 26. April 2007 bewilligte der Beklagte Herrn J. für den Zeitraum 1. Mai 2007 bis 31. Oktober 2007 Leistungen nur noch in Höhe von 196,65 EUR monatlich: Er bekomme ab dem 1. Mai 2007 Verpflegung in vollem Umfang frei zur Verfügung gestellt. Die bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen würden insoweit aufgehoben. Am gleichen Tag hörte der Beklagte Herrn J. dazu an, dass ihm für Mai 2007 Arbeitslosengeld II in Höhe von 120,75 EUR zu Unrecht gezahlt worden sei. Hierauf teilte Herr J. mit Schreiben vom 30. April 2007 mit, dass ein Missverständnis vorliegen müsse. Er erhalte keine frei Verpflegung, sondern müsse im Monat 130,00 EUR für Verpflegung bei seinen Eltern bezahlen. Er bezahle auch anteilmäßig Strom an seine Eltern. Er fügte auch eine Quittung als Nachweis für die Zahlung von 130,00 EUR am 1. Mai 2007 an seine Eltern bei. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 8. Mai 2007 hob der Beklagte die Bewilligung für Herrn J. für Mai 2007 in Höhe von 120,75 EUR auf. Dies begründete er wie folgt: Der Hilfeempfänger erhalte ab dem 1. Mai 2007 freie Verpflegung von seinen Eltern und müsse sich nicht an den Stromkosten beteiligen. Er wusste bzw. hätte wissen müssen, dass der ihm zuerkannte Anspruch zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen sei. Gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erhob der Kläger persönlich mit zwei gleichlautenden Schreiben, welche an zwei verschiedene Mitarbeiterinnen adressiert sind am 21. Mai 2007, Widerspruch. Zur Begründung führte er aus: Er habe mitgeteilt, dass er für die Versorgung und für den Strom bei seinen Eltern bezahlen müsse und habe erklärt, dass in Bezug auf seine früheren Angaben ein Missverständnis vorliege. Stromkosten seien zum 1. eines Monats in Höhe von 10,00 EUR fällig. Stromkosten sowie das Verpflegungsgeld in Höhe von 130,00 EUR würden aus finanziellen Gründen an seine Eltern gezahlt. "Ich bitte Sie, dies zu überprüfen und mir ein Ergebnis mitzuteilen." Am 5. Juni 2007 stellte die Klägerin für Herrn J. einen Antrag auf Überprüfung der Bewilligung im Bescheid vom 18. April 2007, da dieser nach eigenen Angaben nicht über Einkünfte verfüge. Weiter erhob sie für ihn Widerspruch gegen den Bescheid vom 8. Mai 2007 und verwies insoweit auf den bereits früher erhobenen eigenen Widerspruch ihres Mandanten.

4

Mit Änderungsbescheid vom 2. Juni 2007 änderte der Beklagte die Bewilligung vom 27. April 2007 ab, da die Regelleistung ab dem 1. Juli 2007 erhöht wurde. Nunmehr bewilligte er Herrn J. Leistungen für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Oktober 2007 in Höhe von 198,65 EUR monatlich.

5

Mit Änderungsbescheid vom 15. Juni 2007 bewilligte der Beklagte Herrn J. Leistungen vom 1. Mai 2007 bis zum 30. Juni 2007 in Höhe von 317,40 EUR monatlich (wie bei der vorläufigen Bewilligung vom 18. April 2007) und für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Oktober 2007 in Höhe von 319,40 EUR monatlich. Die Bescheide vom 27. April 2007 und vom 8. Mai 2007 würden aufgehoben. Mit Widerspruchsbescheid vom gleichen Datum wies der Beklagte den Widerspruch im Übrigen zurück. Die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen würden auf Antrag erstattet und die Hinzuziehung der Bevollmächtigten werde als notwendig anerkannt. Zur Begründung führte er aus: Die Regelleistung reduziere sich um die anteiligen Stromkosten, welche mit 8% in der Regelleistung enthalten seien. Stromkosten habe der Leistungsempfänger nicht zu zahlen. Mit Schreiben vom 20. Juni 2007 leitete die Klägerin den Widerspruchs- und den Änderungsbescheid vom 15. Juni 2007 an Herrn J. weiter. Dabei wies sie darauf hin, dass der Beklagte dem Widerspruch nur teilweise stattgegeben habe und als Einkommen weiterhin die Stromkosten angerechnet würden. Außerdem bat die Klägerin ihren Mandanten um Rücksprache. Die Klägerin reichte unter Bezugnahme auf das Kostenanerkenntnis des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2007 am 3. Juli 2007 eine Gebührenrechnung bei dem Beklagten ein. Diese stellt sich wie folgt dar:

6

Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten § 14, Nr. 2400 VV RVG 240,00 EUR Erledigungsgebühr, sozialrechtliche Angelegenheiten § 14, Nr. 1005, 1002 VV RVG 280,00 EUR Zwischensumme der Gebührenpositionen 520,00 EUR Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensummen netto 540,00 EUR 19% Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 102,60 EUR Gesamtbetrag 642,60 EUR

7

Mit Bescheid vom 7. September 2007 setzte der Beklagte die Kosten für das Widerspruchsverfahren auf 309,40 EUR fest. Eine Erstattung der Erledigungsgebühr müsse zurückgewiesen werden. Erledigungsgebühren könnten nur in Ansatz gebracht werden, wenn eine qualifizierte Mitwirkung des Rechtsanwalts vorliege. Es solle eine besondere Tätigkeit des Rechtsanwaltes abgegolten werden. Sie setze voraus, dass der Rechtsanwalt an der Erledigung durch eine Tätigkeit in einem Umfang mitgewirkt habe, die über das hinausgehe, was von ihm allgemein im Rahmen seiner Bevollmächtigung zu erwarten sei und durch die bis dahin entstandene Gebühr nicht als abgegolten angesehen werden könne. Hierfür reiche die Begründung des Widerspruches ebenso wenig aus wie der Umstand einer auf die Widerspruchserhebung folgenden Bescheidkorrektur.

8

Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin für Herrn J. Widerspruch ein: Führe man sich den Widerspruchsbescheid und den zeitgleich erlassenen Änderungsbescheid vor Augen, werde deutlich, dass man gegen dieses Bescheide weiter hätte vorgehen können, vornehmlich unter Berücksichtigung, dass eine Einkommensanrechnung von 27,60 EUR monatlich erfolgte, ohne dass dies nachvollziehbar sei. Nach Rücksprache mit der Mandantschaft und ausführlicher Erörterung sollte dies jedoch nicht erfolgen. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2007 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Ergänzend führte er aus, die Tätigkeit des Anwaltes müsse auf die Erledigung des Rechtsbehelfsverfahrens ohne streitige Entscheidung gerichtet sein. Diese Voraussetzungen seien hier nicht gegeben.

9

Hiergegen hat die Klägerin am 25. Oktober 2007 Klage vor dem Sozialgericht Halle (künftig: SG) erhoben. Sie hat mitgeteilt, dass sie im vorliegenden Rechtsstreit die Rechtsanwaltsgebühren im eigenen Namen geltend mache, weil der Leistungsempfänger Herr J. seine Erstattungsansprüche hinsichtlich der Rechtsanwaltsgebühren mit Abtretungserklärung vom 11. Oktober 2007 auf sie übertragen habe. Der Kläger habe zwei Begehren verfolgt, zum einen habe er sich gegen die Anrechnung von Einkommen in Höhe von 27,60 EUR im Bescheid vom 18. April 2007 wehren wollen, zum anderen gegen die Rückzahlung eines Betrages von 120,75 EUR. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2007 habe der Beklagte die Anrechnung des Betrages von 27,60 EUR beibehalten und nur die weitergehende Forderung fallen gelassen. Gleichwohl habe er die notwendigen Aufwendungen vollständig anerkannt. Die Mitwirkung zur Erledigung habe darin bestanden, dass nach Rücksprache mit dem Mandanten eine Erörterung durchgeführt und die Entscheidung getroffen worden sei, auf weitere Rechtsmittel – vornehmlich die Klageerhebung – zu verzichten. Es müsse der Schutzzweck der Norm bedacht werden, nämlich dem Bemühen Rechnung zu tragen, ein Verfahren außergerichtlich zu erledigen und die Gerichte zu entlasten. Die Entscheidung, keine Klage einzureichen, sei im persönlichen Gespräch mit dem Mandanten in den Büroräumlichkeiten getroffen worden.

10

Das SG hat der Klage nach Vernehmung des Zeugen H. J. mit Urteil vom 14. Dezember 2010 stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 333,20 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Die Berufung hat das SG zugelassen. Dieses Urteil hat es wie folgt begründet: Die Voraussetzungen für eine Erledigungsgebühr seien gegeben. Hinsichtlich des Widerspruchsverfahrens bei dem Beklagten sei eine teilweise Erledigung einer Rechtssache gegeben, da der Beklagte dem Widerspruch des Zeugen H. J. durch den Änderungsbescheid nur teilweise abgeholfen habe. Eine qualifizierte Mitwirkung bei der Erledigung der Rechtssache sei durch die Einwirkung der Klägerin auf den Zeugen H. J. im Rahmen der persönlichen Besprechung erfolgt, welche nach Erlass des Widerspruchsbescheides und innerhalb der Klagefrist stattgefunden habe. Durch das Überzeugen des Mandanten vom Absehen von der Klageerhebung, dem nachfolgenden Verstreichenlassen der Klagefrist sowie dem tatsächlichen Nichterheben einer Klage wurde eine gerichtliche Streitentscheidung vermieden. Damit habe die Klägerin durch ihre Mitwirkung tatsächlich das zuständige Gericht entlastet, was der Gesetzgeber mit der Kodifizierung der Erledigungsgebühr beabsichtigt habe. Die Berufungszulassung sei notwendig, weil es noch keine gefestigte Rechtsprechung dazu gebe, ob eine Mitwirkung im Sinne des Nr. 1002 VV RVG auch in dem Zeitraum nach Erlass eines Widerspruchsbescheides, bis zum Verstreichen der Klagefrist, möglich sei, bzw. wie diese gegebenenfalls erfolgen müsse.

11

Gegen dieses ihm am 29. Dezember 2010 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 20. Januar 2011 Berufung eingelegt und wie folgt begründet: Eine Tätigkeit der Rechtsanwältin über das normale Maß hinaus liege nicht vor. Es sei selbstverständlich, dass der Abschluss eines Widerspruchsverfahrens zu überprüfen sei und gegebenenfalls dem Widerspruchsführer zu erklären. Diese Tätigkeit sei von der Geschäftsgebühr im Widerspruchsverfahren umfasst. Das streitige Verfahren habe sich vorliegend nicht durch die Beratung erledigt, denn es habe ein Widerspruchsbescheid erlassen werden müssen. Es sei festzustellen, dass er für das Widerspruchsverfahren keine weiteren Kosten zu erstatten habe.

12

Der Beklagte beantragt,

13

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 14. Dezember 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

14

Die Klägerin beantragt,

15

die Berufung zurückzuweisen.

16

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Der Argumentation des Beklagten, dass eine Erledigungsgebühr deshalb nicht angefallen sei, da ein Widerspruchsbescheid erlassen worden sei, könne nicht gefolgt werden. Die gesetzliche Regelung schreibe vor, dass der Beklagte einen Widerspruchsbescheid zu erlassen habe. Dies habe nichts mit der Entstehung der anwaltlichen Gebühren zu tun und schon gar nicht sei es ein Argument gegen den Anfall der Erledigungsgebühr.

17

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt. Der Berichterstatter hat darauf hingewiesen, dass problematisch sein könnte, ob es überhaupt ein Widerspruchsverfahren für die Gewährung von höheren Leistungen gegeben habe.

18

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen. Diese haben vorgelegen und sind vom Senat bei der Entscheidung berücksichtigt worden.

Entscheidungsgründe

19

Die vom SG zugelassene Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig.

20

Die Berufung des Beklagten ist auch begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 7. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2007 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine höhere Kostenerstattung.

21

Es handelt sich um eine Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 1 und 4 SGG, in welcher die Klägerin aus abgetretenem Recht höhere Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren festgesetzt haben möchte. Dem zusätzlich angekündigten Begehren, festzustellen, dass keine weiteren Kosten zu tragen sind, kommt keine eigenständige Bedeutung zu. Er wiederholt das mit dem Antrag der Klageabweisung verfolgte Klageziel nur mit anderen Worten und ist unbeachtlich.

22

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung höherer Rechtsanwaltsgebühren im Widerspruchsverfahren gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Die von dem Beklagten gem. § 63 Abs. 3 Satz 1 HS 1 SGB X getroffene Kostenentscheidung, wonach Herr J. nur einen Anspruch auf eine Kostenerstattung in Höhe von 309,40 EUR hat, ist rechtmäßig. Ein höherer Kostenerstattungsanspruch besteht nicht.

23

Zutreffend hat der Beklagte die Geschäftsgebühr und die Pauschale für Post- und Telekommunikation nebst Mehrwertsteuer angesetzt. Herr J., bzw. seine Rechtsnachfolgerin kraft Abtretung, hat gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 3 HS 1 SGB X keinen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen auf der Grundlage der Erledigungsgebühr gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Nr. 1005 und 1002 VV RVG. Die Höhe der Vergütung für die anwaltliche Tätigkeit bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu dem RVG. Eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG kommt bei einer Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen in Betracht. Hierzu zählt der Anspruch von Herrn J. auf höhere Leistungen nach dem SGB II. Bei den "Allgemeinen Gebühren" ist unter der Nr. 1002 RVG VV, die über Nr. 1005 RVG VV auch für das sozialgerichtliche Verfahren gilt, geregelt, dass eine Erledigungsgebühr entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes erledigt. Die Voraussetzungen für eine Erledigungsgebühr liegen nicht vor. Gefordert wird eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung des Rechtsanwaltes, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird (ständige Rechtsprechung des BSG zuletzt BSG, Urteil vom 14. Februar 2013 – B 14 AS 62/12 R –; Urteil vom 9. Dezember 2010 – B 13 R 63/09 R – mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris). Gefordert wird damit eine Anfechtung eines Verwaltungsaktes mit Rechtsbehelf, eine Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsaktes, eine Erledigung der Rechtssache und eine besondere anwaltliche Mitwirkung hieran, welche kausal für die Erledigung der Rechtssache gewesen sein muss (vgl. Gerold/Schmidt – Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., VV 1002 Rn. 11 ff.). Es soll das besondere Bemühen des Rechtsanwaltes honoriert werden, eine streitige Entscheidung zu vermeiden. Eine Rechtssache hat sich in diesem Sinne insgesamt oder teilweise erledigt, wenn es bezüglich sämtlicher oder eines Teils der Streitgegenstände einer streitigen Entscheidung nicht mehr bedarf (Curkovic in Bischof, RVG, 5. Aufl., Nr. 1002 VV Rn. 6).

24

Fraglich hingegen ist, ob die qualifizierte Mitwirkungshandlung – hier die eingehende Beratung, von einer Klage abzusehen – auch noch nach Erlass eines Widerspruchsbescheides erfolgen kann.

25

Es wird – so auch vom SG mit ausführlicher Darstellung – vereinzelt vertreten, dass die Erledigungsgebühr nicht eng verstanden werden dürfe. Eine Erledigung der Rechtssache i. S. der Nr. 1002 RVG VV sei umfassend zu verstehen und diese auch dann anzunehmen, wenn es nicht zur Klageerhebung gekommen ist (so ausdrücklich für einen Einzelfall: LSG NRW, Urteil vom 14. Januar 2009 – L 11 KA 23/07 – Rn. 32- zitiert nach juris). Auch eine solche Einwirkung werde dem Sinn und Zweck einer Erledigungsgebühr, eine streitvermeidende und gerichtsentlastende Handlungsweise des Rechtsanwaltes zu honorieren, gerecht. Der Wortlaut der betreffenden Erläuterung zu Nr. 1002 schließe dies nicht aus, wenn es dort umfassend heißt "wenn sich eine Rechtssache ( ) erledigt".

26

Dem ist nicht zu folgen. Die Erledigung muss sich auf das konkrete Verfahren – hier also das Widerspruchsverfahren beziehen. Die qualifizierte Mitwirkung des Rechtsanwaltes muss ursächlich für die (unstreitige) Erledigung des Widerspruchsverfahrens ohne den Erlass eines Widerspruchsbescheides sein. Die von der Klägerin dargestellte Mitwirkungshandlung, die Einwirkung auf Herrn J., keine Klage vor dem SG zu erheben und den Widerspruchsbescheid bestandskräftig werden zu lassen, erfolgte erst nach der Erledigung des Vorverfahrens durch den Erlass des Widerspruchsbescheides. Hierdurch konnte eine Widerspruchsentscheidung nicht mehr vermieden werden. Insofern kann eine Einwirkung nach einer Teilabhilfe, das Verfahren nicht fortzuführen, nur solange auf die Erledigung des Widerspruchsverfahrens gerichtet sein, solange nicht schon eine streitige Widerspruchsentscheidung durch die Behörde getroffen wurde. Es mag zwar zutreffen, dass der Wortlaut ein umfassenderes Verständnis zulässt und die systematische Stellung als allgemeine "vor die Klammer" gezogene Regelung hierfür sprechen könnte, letztlich kann eine Erledigungsgebühr aber nur entweder im Widerspruchsverfahren oder im Klageverfahren anfallen, nicht dagegen in dem Zeitraum dazwischen. Über § 63 SGB X werden nur die Kosten im Vorverfahren übernommen. Das Vorverfahren endet mit dem Erlass des Widerspruchsbescheides. Die Erledigungsgebühr soll privilegieren, dass es keiner Verwaltungs- bzw. Widerspruchentscheidung mehr bedarf. Der Beklagte muss nicht die Kosten übernehmen, die entstehen, weil sich der Empfänger des Widerspruchsbescheides darüber beraten lässt, ob er in das Klageverfahren geht oder nicht. Entscheidet sich der Mandant für ein Klageverfahren dürfte die Beratung in der Verfahrensgebühr für das Klageverfahren enthalten sein, entscheidet er sich dagegen, kommt eine besondere Beratungsgebühr in Betracht.

27

Besteht kein höherer Anspruch der Klägerin bedarf es keiner weiteren Prüfung der Voraussetzungen des Vergütungsanspruches, da jedenfalls eine "Verböserung" nicht in Betracht kommt.

28

Es handelt sich um ein gerichtskostenpflichtiges Verfahren gem. § 197a SGG. Denn die Kostenprivilegierung nach § 183 SGG greift für die Klägerin nicht. Sie ist keine Versicherte oder Leistungsempfängerin. Eine gesetzliche Bestimmung, wonach auch die Klage eines Rechtsnachfolgers aus dem abgetretenen Recht eines Leistungsempfängers unter § 183 SGG fällt, besteht nicht (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 14. Februar 2013 – B 14 AS 62/12 R – zitiert nach juris).

29

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht. Allein die im Ergebnis gegenteilige Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen in einem anders gelagerten Einzelfall (uneindeutige Verwaltungsentscheidung) begründet noch keine grundsätzliche Bedeutung, wenn sich das Ergebnis aus § 63 SGG ableiten lässt. Es ist nicht erkennbar, dass die Einbeziehung von Mitwirkungshandlungen des Rechtsanwaltes nach Erlass des Widerspruchsbescheides für eine Erledigungsgebühr diskutiert wird und es einer höchstrichterlichen Klärung bedarf.

30

Die Streitwertfestsetzung folgt auch § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Streitwert beträgt nach dem Antrag der Klägerin 333,20 EUR.


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(1) Besteht ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach und ist zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich, kann der zuständige Leistungsträger Vorschüsse zahlen, deren Höhe er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Er

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Tenor I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 3. April 2014 wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

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(1) Besteht ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach und ist zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich, kann der zuständige Leistungsträger Vorschüsse zahlen, deren Höhe er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Er hat Vorschüsse nach Satz 1 zu zahlen, wenn der Berechtigte es beantragt; die Vorschußzahlung beginnt spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.

(2) Die Vorschüsse sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit sie diese übersteigen, sind sie vom Empfänger zu erstatten. § 50 Abs. 4 des Zehnten Buches gilt entsprechend.

(3) Für die Stundung, Niederschlagung und den Erlaß des Erstattungsanspruchs gilt § 76 Abs. 2 des Vierten Buches entsprechend.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. Oktober 2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage gegen die Bescheide des Beklagten vom 21. Juli 2008 und vom 16. Juni 2009 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheids vom 11. November 2009 abgewiesen wird.

Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welchem Umfang der beklagte Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende der Klägerin Aufwendungen für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten eines für sie erfolgreichen (isolierten) Widerspruchsverfahrens und eines Antrages auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung zu erstatten hat.

2

Die Klägerin, ihr Ehemann und ihre beiden gemeinsamen Söhne bezogen von dem Rechtsvorgänger des Beklagten (im Folgenden: Beklagter) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Beklagte beschränkte die Kosten der Unterkunft auf die nach seiner Auffassung angemessene Höhe (Bescheid vom 15.11.2006) und änderte die laufende Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Wirkung ab dem Monat Dezember 2006 zu Lasten der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entsprechend ab (Änderungsbescheid vom 15.11.2006). Der von der Klägerin beauftragte Rechtsanwalt - ihr jetziger Prozessbevollmächtigter - begründete den dagegen eingelegten Widerspruch und forderte den Beklagten auf, die Kürzung der Leistungen umgehend zurückzunehmen und insofern die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs "wiederherzustellen". Der Beklagte half dem Widerspruch ab und entschied, dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten auf Antrag erstattet werden, soweit sie notwendig und nachgewiesen seien. Dies gelte auch für die Gebühren und Auslagen des Rechtsanwaltes (Bescheid vom 2.5.2007).

3

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin machte mit Schreiben vom 20.7.2007 die Übernahme von Rechtsanwaltsgebühren nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ) in Höhe von insgesamt 690,20 Euro geltend (Geschäftsgebühr 280 Euro, Erledigungsgebühr 280 Euro, Auslagenpauschale 20 Euro zuzüglich Umsatzsteuer). Der Beklagte setzte die erstattungsfähigen Gebühren auf insgesamt 309,40 Euro fest (Geschäftsgebühr 240 Euro, Auslagenpauschale 20 Euro zuzüglich Umsatzsteuer) und ließ die geltend gemachte Erledigungsgebühr unberücksichtigt (Bescheid vom 8.8.2007; Widerspruchsbescheid vom 22.8.2007).

4

Mit ihrer dagegen zum Sozialgericht (SG) Hannover gerichteten Klage hat die Klägerin die Erstattung der ursprünglich geforderten Kosten und daneben einen (weiteren) Betrag in Höhe von 602,14 Euro (Geschäftsgebühr 240 Euro, Erledigungsgebühr 240 Euro, Auslagenpauschale 20 Euro und Dokumentenpauschale 6 Euro zuzüglich Umsatzsteuer) für das Tätigwerden im Hinblick auf die Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs geltend gemacht (Schriftsatz vom 18.6.2008). Der Beklagte hat hierauf erwidert, er sehe keine Notwendigkeit, in einem gesonderten Verwaltungsverfahren über diesen zusätzlichen Kostenerstattungsantrag zu entscheiden, weil es sich um eine Erweiterung des Klageantrages handele. Auch insoweit werde Klageabweisung beantragt (Schriftsatz vom 21.7.2008). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.4.2009).

5

Nach Einlegung der Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat der Beklagte die Erstattung der Kosten für den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung abgelehnt (Bescheid vom 16.6.2009; Widerspruchsbescheid vom 11.11.2009). Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 18.10.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, Streitgegenstand seien sowohl der Bescheid des Beklagten vom 8.5.2007 (gemeint ist 8.8.2007) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.7.2007 (gemeint ist 22.8.2007), mit dem über die Kostennote vom 20.7.2007 entschieden worden sei, als auch der weitere Bescheid vom 16.6.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2009, der über die später geltend gemachte Gebühr für das Aussetzungsverfahren befunden habe. Die Bescheide regelten einen einheitlichen Lebenssachverhalt, weil die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs eine unmittelbare Folge des Rechtsbehelfs darstelle und nur als Annex des Widerspruchs behandelt werden könne. Der weiteren vor dem SG Hannover erhobenen Klage (zum Az S 21 AS 4034/09) habe es nicht bedurft. Eine Erledigungsgebühr könne die Klägerin nicht beanspruchen, weil der Prozessbevollmächtigte eine qualifizierte, die Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit nicht erbracht habe. Sie könne auch keine gesonderte Erstattung der Aufwendungen für den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung beanspruchen. Es handele sich nicht um eine der in § 17 RVG abschließend aufgezählten verschiedenen Angelegenheiten. Eine mit § 80 Abs 5, 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vergleichbare Situation bestehe im sozialgerichtlichen Verfahren nicht. Ein Antrag nach § 86a Abs 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei statthaft, löse aber kein eigenständiges Verfahren im Sinne des RVG aus(Hinweis auf BSG SozR 4-1935 § 17 Nr 1).

6

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie zunächst rügt, die Entscheidung des LSG sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. In der Sache macht sie geltend, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die für die Zubilligung dieser Gebühr ein zusätzliches qualitatives, tätigkeitsbezogenes Leistungsmoment verlange, verkenne, dass für streitwertabhängige Verfahren innerhalb und außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit keine qualitative Bewertung der anwaltlichen Beitragsleistung zur Erfolgserzielung erfolge. Schließlich rügt sie die Verletzung von § 17 RVG. § 17 Nr 1 RVG gelte auch für das Sozialverwaltungsverfahren; die anwaltliche Tätigkeit für einen bei der Behörde gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung sei daher gesondert zu vergüten. Die vom LSG herangezogene Entscheidung des BSG sei wegen der dort betonten Besonderheiten des Kassenarztrechts nicht verallgemeinerungsfähig.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. Oktober 2011 und das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 30. April 2009 sowie die Bescheide des Beklagten vom 21. Juli 2008 und vom 16. Juni 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2009 aufzuheben und den Bescheid vom 8. August 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2007 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere Anwaltsvergütung in Höhe von 942,94 Euro nebst gesetzlicher Zinsen ab Rechtshängigkeit (26. September 2007) zu zahlen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

9

Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, dass der Klägerin weder ein höherer Erstattungsanspruch für ihre Aufwendungen im (isolierten) Vorverfahren noch ein Erstattungsanspruch für ihre Aufwendungen wegen des Antrages auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung zusteht.

11

1. Die Revision ist zulässig, insbesondere statthaft (§§ 160, 161 SGG). Wird wie vorliegend in der Hauptsache über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens (§§ 78 ff SGG) gestritten, handelt es sich nicht um Kosten des Verfahrens iS von § 144 Abs 4 iVm § 165 Satz 1 SGG(vgl Urteil des Senats vom 21.12.2009 - B 14 AS 83/08 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 11 RdNr 11 mwN).

12

Beteiligt ist auf Klägerseite nur die Klägerin. Sie lebte nach den Feststellungen des LSG im streitigen Zeitraum zwar mit ihrem Ehemann und den beiden Söhnen in einer Bedarfsgemeinschaft; sie hat aber das Klageverfahren von Anfang an allein betrieben, ohne dass es einen Hinweis darauf gab, dass sie auch Ansprüche der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen geltend macht. Die Klägerin ist auch allein prozessführungsbefugt (zur Prozessführungsbefugnis zuletzt Urteil des Senats vom 23.5.2012 - B 14 AS 156/11 R - SozR 4-4200 § 36a Nr 1 RdNr 12 mwN). Nach den Feststellungen des LSG hat nur sie selbst Widerspruch erhoben und "zur Erledigung der Angelegenheit" ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten beauftragt. Ihr Prozessbevollmächtigter macht nur ihr gegenüber Vergütungsansprüche aus dem anwaltlichen Dienstvertrag geltend; insbesondere eine Erhöhungsgebühr nach Nr 1008 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zum RVG (VV RVG) ist nicht Gegenstand seiner Kostennote gewesen. Damit ist nur die Klägerin berechtigt, diese Vergütungsansprüche im Widerspruchs- und anschließenden Klageverfahren als Aufwendungen des (isolierten) Vorverfahrens und des Verfahrens auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung geltend zu machen.

13

2. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist zunächst das Begehren der Klägerin auf Erstattung höherer Gebühren für das Widerspruchsverfahren. Gegenstand des Rechtsstreits ist damit der Kostenfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 8.8.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.8.2007, mit dem die Aufwendungen der Klägerin für die Vertretung ihres Prozessbevollmächtigten im isolierten Vorverfahren auf einen Betrag in Höhe von 309,40 Euro festgesetzt und die Festsetzung höherer Vergütung abgelehnt worden ist. Hiergegen richtet sich die Klägerin zulässigerweise mit ihrer Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, 4 SGG).

14

Daneben ist Streitgegenstand das weitere Begehren der Klägerin auf Erstattung der Gebühren des Rechtsanwalts für die Tätigkeit im Hinblick auf den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Entgegen der Auffassung des LSG handelt es sich insoweit um einen weiteren prozessualen Anspruch unabhängig davon, ob die geltend gemachten Kosten materiell-rechtlich (nur) als Annex zu den Kosten des Widerspruchs angesehen werden können. Die Kosten für den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung entstammen nicht demselben Lebenssachverhalt wie die Kosten für das Widerspruchsverfahren. Erst die gesonderte Kostenrechnung des Rechtsanwalts vom 18.6.2008, mit der eine Gebührenforderung für die anwaltliche Tätigkeit insoweit bestimmt worden ist (§ 14 Abs 1 RVG), hat die Kostenbelastung der Klägerin ausgelöst, für die sie Erstattung verlangt. Die Klägerin hat die Klage damit im laufenden Klageverfahren um ein weiteres prozessuales Begehren erweitert (§ 99 Abs 1 SGG). Diese Klageänderung war zulässig, schon weil der Beklagte sich zur Sache eingelassen hat, ohne der Erweiterung zu widersprechen (§ 99 Abs 1 iVm Abs 2 SGG).

15

Auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen hinsichtlich der geänderten Klage liegen vor. Zwar ist eine Anfechtungs- und Leistungsklage grundsätzlich nur dann zulässig, wenn sie auf Aufhebung eines Verwaltungsakts iS des § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zielt. Die vor Erlass eines solchen Bescheides unzulässige Klage wird aber jedenfalls zulässig, wenn der zunächst fehlende Verwaltungsakt bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem SG nachgeholt wird (BSG Urteil vom 13.3.1985 - 9a RV 47/83 - Der Versorgungsbeamte 1985, 119 = juris RdNr 15; dazu auch Ulmer in Hennig, SGG, Stand Februar 2009, § 54 RdNr 94). Der Beklagte hat hier vor diesem Zeitpunkt über die Festsetzung der Aufwendungen der Klägerin für die Vertretung ihres Prozessbevollmächtigten wegen des Antrages auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung entschieden.

16

Eine solche Entscheidung iS des § 31 Satz 1 SGB X ist im Schriftsatz des Beklagten vom 21.7.2008 zu sehen, weil dieser Schriftsatz über eine bloße Prozesserklärung zum bis dahin streitigen Rechtsverhältnis hinaus einen weitergehenden Regelungswillen unmissverständlich erkennen lässt (vgl BSG aaO; Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 31 RdNr 56; Luthe in jurisPK-SGB X, Stand 1.12.2012, § 31 RdNr 42). Der Beklagte ist zwar rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass es wegen dieses Kostenfestsetzungsantrages einer weiteren Entscheidung durch Verwaltungsakt nicht bedürfe. Er hat aber gleichwohl mit den Ausführungen, ein Anspruch auf Kostenübernahme in Bezug auf diese anwaltliche Tätigkeiten bestehe nicht, verbunden mit dem Antrag der Klageabweisung eine entsprechende Regelung in der Sache gegenüber der Klägerin getroffen. Mit dem Kostenfestsetzungsbescheid vom 16.6.2009 ist diese vorangegangene Entscheidung nur wiederholt worden.

17

Das SG hat über das weitere prozessuale Begehren der Klägerin ausdrücklich entschieden, sodass die Sache mit der Berufung auch insoweit beim LSG angefallen ist (§ 157 SGG). Das notwendige Vorverfahren (§ 78 SGG)ist schließlich im laufenden Berufungsverfahren mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2009 nachgeholt worden (vgl dazu nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 78 RdNr 3 mwN). Die hiergegen vor dem SG Hannover zum Az S 21 AS 4034/09 erhobene Klage steht einer Entscheidung in der Sache nicht entgegen, weil sie später als der vorliegende Rechtsstreit anhängig gemacht worden ist.

18

3. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Klägerin ein höherer Erstattungsanspruch für ihre Aufwendungen nicht zusteht. Die beiden Kostenfestsetzungsentscheidungen des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten.

19

a) Die Revision der Klägerin ist nicht schon aufgrund eines Verfahrensmangels vor dem LSG begründet. Die Rüge der Verletzung von § 127 SGG und § 128 Abs 2 SGG, die beide Anwendungsfälle des in § 62 SGG und Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG) garantierten rechtlichen Gehörs regeln, greift nicht durch. Das LSG hat zwar die im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten gewesene Klägerin zuvor von der Beiziehung der Akten des SG Hannover zum Az S 21 AS 4034/09 nicht benachrichtigt. Schon die Beiziehung von Akten und die Kenntnisnahme von den darin enthaltenen Urkunden und Gutachten ist eine Beweiserhebung iS des § 127 SGG(BSG Urteil vom 26.9.1974 - 5 RJ 371/72 -, nicht veröffentlicht, juris RdNr 13), von der die Beteiligten zu benachrichtigen sind. § 127 SGG steht einer Beweiserhebung im Termin nicht entgegen; die Vorschrift ist allerdings - unabhängig von dem aus der nicht angekündigten Beweiserhebung gezogenen Schluss - immer schon dann verletzt, wenn in dem Termin ein für den nicht benachrichtigten Beteiligten ungünstiges Urteil ergeht (BSG aaO; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 127 RdNr 2; Bolay in Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 127 RdNr 6; R. Wagner in Hennig, SGG, § 127 RdNr 25, Stand August 2007; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand 08/2011, § 127). Da die Verletzung rechtlichen Gehörs im sozialgerichtlichen Verfahren nicht als absoluter Revisionsgrund ausgestaltet ist, muss das angegriffene Urteil als weitere Voraussetzung für einen beachtlichen Verfahrensmangel aber auf diesem Mangel beruhen. Daran fehlt es, denn das LSG hat den Inhalt der beigezogenen Akten nicht zu Lasten der Klägerin verwertet. Es ist nach Einsichtnahme in die Akten wie die Klägerin davon ausgegangen, dass sich Bedenken gegen die Zulässigkeit des vorliegenden Rechtsstreits aus der Rechtshängigkeit dieses weiteren Verfahrens nicht ergeben. Damit ist nicht ersichtlich, dass es bei einem entsprechenden Sachvortrag oder Beweisantrag der Klägerin, den § 127 SGG ermöglichen will, zu einem für sie günstigen Ergebnis gekommen wäre. § 128 Abs 2 SGG ist deshalb ebenfalls nicht verletzt.

20

b) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung höherer Aufwendungen für die Kosten des (isolierten) Widerspruchsverfahrens nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X als mit dem Kostenfestsetzungsbescheid vom 8.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.8.2007 festgesetzt.

21

Nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Nach § 63 Abs 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn - was der Beklagte hier mit Bescheid vom 2.5.2007 entschieden hat - die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gemäß § 63 Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest. Aufwendungen der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sind grundsätzlich auch die Gebühren und Auslagen, die ein Rechtsanwalt seinem Mandanten, hier der Klägerin, in Rechnung stellt. Diese Vergütung bemisst sich seit dem 1.7.2004 nach dem RVG (§ 1 Abs 1 Satz 1, § 2 Abs 2 Satz 1 RVG) sowie dem VV RVG.

22

Eine Erledigungsgebühr nach Nr 1005 iVm Nr 1002 VV RVG, deren Erstattung die Klägerin zusätzlich geltend macht und um die vorliegend allein gestritten wird, kommt bei einer Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen - wie vorliegend - im Falle eines gerichtlichen Verfahrens Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 Abs 1 Satz 1 RVG, § 183 Satz 1 SGG), in Betracht. Abs 1 gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (§ 3 Abs 2 RVG). Nach der Rechtsprechung des BSG kann eine Erledigungsgebühr nach Nr 1005 iVm Nr 1002 VV RVG für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens durch Abhilfebescheid allerdings nur beansprucht werden, wenn der Anwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat. Daran fehlt es hier.

23

Nach dem Wortlaut der Erläuterungen zu Nr 1002 (Satz 2) VV RVG kommt es für das Entstehen einer Erledigungsgebühr sowohl in einer Anfechtungssituation als auch bei einem Verpflichtungsrechtsbehelf auf die auf Erledigung gerichtete Mithilfe des Anwalts an. Die Regelungssystematik, der Sinn und Zweck der Regelung sowie ihre Entstehungsgeschichte erfordern eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung des Rechtsanwalts, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird (vgl BSG vom 9.12.2010 - B 13 R 63/09 R - juris RdNr 26 ff; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 22; BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 14; BSG vom 2.10.2008 - B 9/9a SB 3/07 R - juris RdNr 15; BSG vom 21.3.2007 - B 11a AL 53/06 R - juris RdNr 16; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 20 ff; BSG vom 7.11.2006 - B 1 KR 22/06 R - und - B 1 KR B 1 KR 13/06 R -, jeweils RdNr 20 ff; zustimmend Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand 2010, K § 63 RdNr 98; Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, Anhang zu § 63 RdNr 43b; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl 2012, Nr 1002 VV RdNr 38; Curkovic in Bischof, RVG-Kompaktkommentar, 4. Aufl 2011, Nr 1002 VV RdNr 9 f und Nr 1005 VV RdNr 3).

24

Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe im vorliegenden Fall keine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit im Sinne einer qualifizierten Mitwirkung ihres Prozessbevollmächtigten vor, die ursächlich für die (unstreitige) Erledigung des Vorverfahrens durch Abhilfebescheid gewesen ist. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat den Widerspruch nach den für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG lediglich begründet. Dabei hat er keine qualifizierten "erledigungsgerichteten" Leistungen erbracht, die über das Maß dessen hinausgehen, was schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird. Entgegen der klägerischen Auffassung reicht es nicht aus, dass sein Sachvortrag besonderes Bemühen ausdrückt und kausal zur Abhilfeentscheidung des Beklagten beigetragen hat.

25

Soweit die Klägerin die bisherige Rechtsprechung unter Hinweis auf streitwertabhängige Verfahren innerhalb und außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit, in denen ein zusätzliches qualitatives, tätigkeitsbezogenes Leistungsmoment für die Zuerkennung der Erledigungsgebühr nicht gefordert werde, für korrekturbedürftig hält, geht dieser Hinweis fehl. Mit dem RVG sind für alle Gebührentatbestände, für die im Allgemeinen Wertgebühren anfallen, eigene Betragsrahmengebühren geregelt worden (vgl BT-Drucks 15/1971 S 187). Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Entstehung der Erledigungsgebühr sind dementsprechend für die streitwertunabhängigen Verfahren und die streitwertabhängigen Verfahren identisch. Auch in den streitwertabhängigen Verfahren, die der Nr 1002 VV RVG zugrunde liegen, wird eine anwaltliche Mitwirkung verlangt, die über die Tätigkeit hinausgeht, die bereits mit der Geschäftsgebühr abgegolten ist (vgl hierzu Wolf in Schneider/Wolf, AnwaltKommentar RVG, 6. Aufl 2012, Nr 1002 VV RVG, RdNr 20 mwN).

26

c) Auch die (zulässig gewordene) Klage gegen die in den Bescheiden des Beklagten vom 21.7.2008 und vom 16.6.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2009 getroffene Entscheidung ist unbegründet. Dies war im Tenor klarstellend zum Ausdruck zu bringen, weil es sich - wie ausgeführt - um einen weiteren prozessualen Anspruch handelt, der vor dem SG und dem LSG ohne Erfolg geblieben ist. Die geltend gemachten Kosten für die anwaltliche Vertretung im Verwaltungsverfahren nach § 86a Abs 3 SGG gehören von vornherein nicht zu den Kosten des Vorverfahrens iS des § 63 Abs 1 SGB X, sodass es auch für den Fall des Erfolges eines solchen Antrages an einer Rechtsgrundlage für die Erstattung durch die Behörde fehlt.

27

Erstattungsfähig nach § 63 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 SGB X ist, wie bereits der Normtext und die systematische Stellung im Gesetz - nämlich im Fünften Abschnitt (Rechtsbehelfsverfahren) des Ersten Kapitels (Verwaltungsverfahren) des SGB X - deutlich machen, ausschließlich die anwaltliche Vergütung, die für das isolierte Vorverfahren anfällt. Die Möglichkeit der Kostenerstattung nach § 63 SGB X korrespondiert insoweit mit der Kostenregelung für ein ggf nachfolgendes gerichtliches Verfahren in § 193 Abs 2 SGG, wonach die notwendigen Aufwendungen eines für die sozialgerichtliche Klage gemäß § 78 SGG zwingend vorgeschriebenen Vorverfahrens zu den zu erstattenden Kosten gehören(grundlegend dazu bereits BSG SozR 1500 § 193 Nr 3). War der Widerspruchsführer schon mit seinem Widerspruch erfolgreich und erübrigt sich eine Anrufung des Gerichts, besteht deshalb die Möglichkeit der Kostenerstattung nach § 63 SGB X(BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12 RdNr 15). Die Aufwendungen für eine weitergehende Vertretung durch einen Rechtsanwalt, die nicht Vorverfahrenskosten sind, können dagegen auf Grundlage von § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht erstattet werden(vgl BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 14; BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 1; BSGE 55, 92, 93 = SozR 1300 § 63 Nr 1; Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand 2010, K § 63 RdNr 61; Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 12). Die Gerichte können § 63 SGB X nicht allein deshalb, weil es wünschenswert erscheinen mag, durch Rechtsfortbildung auf andere Verfahrensabschnitte als das Widerspruchsverfahren erstrecken. Eine planwidrige Regelungslücke, die eine analoge Anwendung des § 63 SGB X auf andere (ggf vorgelagerte) Verwaltungsverfahrensabschnitte rechtfertigen könnte, fehlt(ausführlich BSG SozR 1500 § 193 Nr 3 S 3 ff und BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 1).

28

Damit scheidet auch die Übernahme von Kosten für einen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung nach § 86a Abs 3 SGG aus. Fragen der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs iS des § 86a Abs 1 und 2 SGG und die in diesem Zusammenhang an die Verwaltung gerichteten Anträge und Anregungen sind für den Gang des eigentlichen Vorverfahrens und die Zulässigkeit einer sozialgerichtlichen Klage ohne Belang. Kosten, die durch entsprechende Verfahrenshandlungen von Bevollmächtigten entstehen, sind deshalb keine Vorverfahrenskosten iS des § 63 Abs 2 SGB X; sie gehören nicht zu den in Bezug auf das Vorverfahren zur Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen (vgl LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 5.11.2008 - L 3 B 1007/05 U - juris RdNr 17; OVG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 10.5.2006 - 14 E 252/06 - NVwZ-RR 2006, 856 = juris RdNr 2 f; VGH Baden-Württemberg Beschluss vom 18.9.2000 - 2 S 2012/00 - VBlBW 2001, 111 f = juris RdNr 4; vgl auch Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 80 VwVfG RdNr 10). Ein erfolglos durchlaufenes Antragsverfahren nach § 86a Abs 3 SGG ist schließlich nicht Voraussetzung für einen Antrag nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG. Solche Kosten gehören deshalb im Falle der anschließenden Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes nicht zu den Verfahrenskosten (vgl LSG Berlin-Brandenburg aaO), auch wenn für diese gerichtlichen Verfahren eine Kostenerstattung in entsprechender Anwendung des § 193 SGG erfolgt. Mithin ist eine Anwendung des § 63 SGB X in Fällen, in denen ausschließlich ein Verwaltungsverfahren wegen der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs geführt wird, nicht geboten.

29

Allerdings ist damit - anders als das LSG meint - kein Gesichtspunkt erkennbar, der dafür spricht, dass das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung nach § 86a Abs 3 SGG in dem Fall, in dem einem Widerspruch nach § 39 Nr 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung zukommt, keine im Verhältnis zum Vorverfahren verschiedene Angelegenheit iS des § 17 Nr 1 RVG ist. Der Wortlaut des § 17 Nr 1 RVG bietet hierfür jedenfalls keinen Anhaltspunkt. Systematische Besonderheiten, wie sie der 6. Senat des BSG für das Verfahren vor dem Berufungsausschuss nach § 97 Abs 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch herausgestellt hat(BSG SozR 4-1935 § 17 Nr 1 RdNr 18 f), sind im Anwendungsbereich des § 39 Nr 1 SGB II gegenüber vergleichbaren verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten, die dem Verwaltungsverfahrensgesetz und der VwGO unterfallen, nicht erkennbar. Das Verhältnis von Anträgen nach § 86a Abs 3 SGG zu Anträgen nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG entspricht insoweit den vergleichbaren Konstellationen eines bundesgesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs(Fall des § 80 Abs 2 Satz 1 Nr 3 VwGO), wie sie in § 80 Abs 4 und § 80 Abs 5 VwGO geregelt sind.

30

Die gesonderte Abrechenbarkeit als verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten nach § 17 RVG allein führt aber nicht zum Erfolg der Klage. Aus der in § 17 Nr 1 RVG vorgesehenen Aufspaltung in verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten lässt sich nicht folgern, dass ein dem beauftragten Rechtsanwalt gebührenpflichtiger Antragsteller die jeweils entstandene Gebühr auch von einem unterlegenen Gegner erstattet verlangen kann. Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass in den Gesetzesmaterialien zum RVG deutlich zum Ausdruck komme, dass der Gesetzgeber eine Verbesserung des Gebührenrechts durch die Regelung des § 17 Nr 1 RVG gerade für die Tätigkeit im Verfahren auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung beabsichtigt habe(BT-Drucks 15/1971 S 190 f), ergibt sich nichts anderes. Da nach Auffassung des Senats die grundsätzliche "Abrechnungsfähigkeit" der Kosten für die Vertretung im Verfahren auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung nicht zweifelhaft ist, sondern nur die Frage tangiert ist, ob die Kosten von der unterlegenen Behörde zu erstatten sind, stellt sich die von der Klägerin aufgeworfene Frage nach einem Verstoß gegen Art 3 und Art 12 GG von vornherein nicht.

31

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, weil die Klägerin als Leistungsempfängerin iS des § 183 Satz 1 SGG und nicht ihr Prozessbevollmächtigter aus abgetretenem Recht den Rechtsstreit auf höhere Kostenerstattung geführt hat(vgl BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 32-33).

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Sozialgerichts Trier vom 24. Juli 2007 und des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Juli 2009 geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger lediglich weitere 185,60 Euro an Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten; die darüber hinausgehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 3/5 der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit steht, in welcher Höhe die Beklagte Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen eines isolierten Vorverfahrens zu erstatten hat.

2

Der Kläger beantragte im Dezember 2005 mit Schreiben seines bevollmächtigten Rechtsanwalts die Übernahme von Kosten für eine berufsbedingte Hörgeräteversorgung über die Festbetragsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus. Diesem Antrag war ua eine Schilderung über hörbedingte Probleme des Klägers am Arbeitsplatz beigefügt. Der Antrag blieb zunächst erfolglos, weil die Hörgeräteversorgung nicht ausschließlich zur Ausübung seiner Berufstätigkeit erforderlich sei (Bescheid vom 12.1.2006). Mit dem Widerspruch trug der Bevollmächtigte vor, dass das beantragte Hörgerät nicht zur Herstellung der Kommunikationsfähigkeit im Alltag bestimmt sei und fügte eine weitere - inhaltlich identische - Stellungnahme des Klägers über "Hörprobleme am Arbeitsplatz" vom 9.2.2006 bei. Die Richtigkeit dieser Angaben bestätigte der Arbeitgeber im ebenfalls beigefügten Schreiben vom 10.2.2006. Die von der Beklagten eingeholte beratungsärztliche Stellungnahme vom 23.2.2006 empfahl die Abhilfe des Widerspruchs, weil ein höherwertiges Hörgerät zur Erhöhung der Sicherheit am Arbeitsplatz erforderlich sei.

3

Den Ablehnungsbescheid vom 12.1.2006 nahm die Beklagte daraufhin zurück. Sie half dem Widerspruch in vollem Umfang ab und erklärte sich bereit, die beantragten Kosten für die Beschaffung des Hörgeräts antragsgemäß zu übernehmen und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren notwendigen Aufwendungen voll zu erstatten (Bescheid vom 3.3.2006).

4

Mit Schriftsatz vom 10.3.2006 stellte der Bevollmächtigte Rechtsanwaltsgebühren iHv insgesamt 626,40 Euro der Beklagten in Rechnung. Hierin war ua eine Erledigungsgebühr (280 Euro) zzgl Umsatzsteuer von 16 % (= 324,80 Euro) nach Nr 1002, 1005, 7008 Vergütungsverzeichnis (VV) gemäß Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) enthalten, deren Erstattung die Beklagte ablehnte, weil ein Erhöhungstatbestand nach § 3 Abs 2 RVG iVm Nr 1005 VV RVG bei voller Abhilfe nicht vorliege. Sie erstattete daher lediglich einen Betrag iHv 301,60 Euro (626,40 Euro abzüglich 324,80 Euro). Im Erstattungsbetrag waren eine Geschäftsgebühr nach Nr 2500 (jetzt Nr 2400) VV RVG aF (240 Euro), die Postpauschale nach Nr 7002 VV RVG (20 Euro) und die Umsatzsteuer nach Nr 7008 VV RVG (41,60 Euro) enthalten (Bescheid vom 21.3.2006). Der auf die Erstattung auch der Erledigungsgebühr zzgl Umsatzsteuer (324,80 Euro) gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22.6.2006).

5

Im Klageverfahren hat das SG die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Bescheids verurteilt, dem Kläger antragsgemäß den Betrag iHv 324,80 Euro zu erstatten (Urteil SG Trier vom 24.7.2007).

6

Auf die vom LSG zugelassene Berufung hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 15.7.2009). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Eine Erledigungsgebühr entstehe, wenn eine anwaltliche Tätigkeit erbracht werde, die über das Maß hinausgehe, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten sei. Es schließe sich der Auffassung des 2. Senats des LSG im Urteil vom 27.10.2008 - L 2 R 49/08 - (nachgehend Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R) und des BSG vom 7.11.2006 (SozR 4-1300 § 63 Nr 8)an. Eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts des Klägers liege hier vor. Der Bevollmächtigte habe sich im Widerspruchsverfahren mit den Gründen des Ablehnungsbescheids auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, warum der Kläger unter Berücksichtigung der vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung einen Anspruch auf Kostenübernahme für die begehrte Hörgeräteversorgung habe. Als weiteres Beweismittel sei eine Bestätigung des Arbeitgebers vorgelegt worden. Der qualifizierte Vortrag und das weitere Beweismittel hätten zur Erledigung des Widerspruchsverfahrens beigetragen. Insoweit könne auf das Urteil des BSG vom 2.10.2008 (SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1) verwiesen werden, wo eine Erledigungsgebühr nach Vorlage neuer (medizinischer) Beweismittel im Widerspruchsverfahren zugesprochen worden sei. Unschädlich für das Entstehen der Erledigungsgebühr sei, dass das Widerspruchsverfahren durch Widerspruchs- und nicht durch Abhilfebescheid erledigt worden sei.

7

Mit der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 2.10.2008 und 5.5.2009) sei davon auszugehen, dass für das Entstehen der Erledigungsgebühr kein beiderseitiges Nachgeben erforderlich sei. Für eine solche einengende Auslegung ließen sich weder Wortlaut noch Sinn und Zweck von Nr 1002 VV RVG heranziehen. Auch der Vorläuferregelung von § 24 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) lasse sich dies dem Wortlaut nach nicht entnehmen. Die Zielsetzung von Nr 1002 VV RVG, namentlich die anwaltliche Mitwirkung an einer insbesondere die Gerichte entlastenden Erledigung von Streitigkeiten besonders zu honorieren, liefe nach der von der Beklagten vertretenen Ansicht leer. Die Erledigungsgebühr falle selbst dann an, wenn sich der mit einem Rechtsbehelf angefochtene Verwaltungsakt teilweise erledige, zB durch Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts.

8

Die parallele Regelung zur Einigungsgebühr in Nr 1000 VV RVG honoriere jegliche vertragliche Beilegung des Rechtsstreits und fordere auch nicht mehr das für die Vergleichsgebühr seinerzeit noch erforderliche Nachgeben (§ 23 BRAGO iVm § 779 BGB). Nach den Gesetzesmaterialien sollte Streit darüber vermieden werden, welche Abreden als Nachgeben zu bewerten seien. Für das Entstehen der Erledigungsgebühr komme es allein darauf an, ob eine qualifizierte anwaltliche Mitwirkung vorgelegen habe.

9

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X iVm § 63 Abs 2 SGB X und § 2 Abs 2 Satz 1 RVG iVm Nr 1002 VV RVG. Zwar stimme sie dem LSG insofern zu, als der Bevollmächtigte des Klägers eine anwaltliche Tätigkeit erbracht habe, die über das Maß hinausgehe, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Verfahren abgegolten sei. Dies entspreche den Vorgaben des BSG (SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 und Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R). Darüber hinaus müsse ein gegenseitiges Nachgeben der Beteiligten zur Erledigung des Widerspruchsverfahrens geführt haben. Nach der og Rechtsprechung werde nicht deutlich, weshalb die frühere Rechtsprechung zu § 116 Abs 3 Satz 2 und § 24 BRAGO, die auf ein beiderseitiges Nachgeben als Voraussetzung des Entstehens einer Erledigungsgebühr abstellte, nunmehr überholt sei. Schließlich sei der Wortlaut der Nr 1002 Satz 1 VV RVG nahezu identisch mit dem des § 24 BRAGO. Der Wortlaut der neuen Nr 1002 Satz 2 VV RVG sei jedoch nicht eindeutig. Für ihre Meinung spreche, dass der Gesetzgeber eine Gleichbehandlung von Anfechtungs- und Verpflichtungswiderspruch beabsichtigt habe. Hierfür sei auch der enge systematische Zusammenhang zur Nr 1000 VV RVG anzuführen, wonach die Einigungsgebühr nur bei gegenseitigem Nachgeben entstehe. Unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 15/1971, S 204) spreche auch der Regelungszweck von Nr 1002 VV RVG für diese Auffassung. Danach solle eine verfahrensvermeidende bzw -beendende Tätigkeit des Bevollmächtigten als Anreiz für die Erledigung gefördert werden. Hierfür reiche eine bloße Abhilfeentscheidung der Behörde nicht aus. Dem entspreche die Entstehungsgeschichte. Nr 1002 VV RVG sei die Nachfolgevorschrift zu § 24 BRAGO. Letztere habe ein gegenseitiges Nachgeben der Beteiligten vorausgesetzt, um die Erledigungsgebühr entstehen zu lassen. Hingegen könne diese bei voller Abhilfe bzw Stattgabe des Widerspruchs nicht beansprucht werden.

10

Die Beklagte trägt ferner vor, dass dem Kläger auch kein Anspruch auf eine Regelgeschäftsgebühr nach Nr 2500 (jetzt Nr 2400) VV RVG aF, sondern nur ein Anspruch auf eine verminderte Geschäftsgebühr nach Nr 2501 (jetzt Nr 2401) VV RVG aF zustehe, weil der Bevollmächtigte bereits bei Antragstellung im Verwaltungsverfahren tätig geworden sei. Hierfür beruft sie sich auf das Urteil des BSG vom 25.2.2010 (BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12). Die reduzierte Geschäftsgebühr sei iHv 120 Euro nebst Umsatzsteuer in Höhe von 16 % angefallen. Selbst unter Zugrundelegung der streitigen Erledigungsgebühr iHv 280 Euro plus 16 % Umsatzsteuer verbleibe lediglich noch ein Betrag von 185,60 Euro, der allenfalls an den Kläger zu erstatten sei.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 15. Juli 2009 und des SG Trier vom 24. Juli 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Beklagte habe eingeräumt, dass der Bevollmächtigte eine anwaltliche Tätigkeit erbracht habe, die über das Maß hinausgehe, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten sei. Dass darüber hinaus ein gegenseitiges Nachgeben erforderlich sei, stehe im Widerspruch zu den Entscheidungen des BSG vom 7.11.2006 (SozR 4-1300 § 63 Nr 8; B 1 KR 13/06 R; B 1 KR 22/06 R). Eine Korrektur des Ansatzes für die Geschäftsgebühr sei im Revisionsverfahren nicht mehr möglich.

14

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 165 Satz 1, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet, soweit die Vorinstanzen dem Kläger zu Unrecht einen Kostenerstattungsanspruch von mehr als 185,60 Euro zuerkannt haben. Die Urteile des SG und des LSG waren daher abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen. Die weitergehende Revision war zurückzuweisen.

16

1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Revision und Berufung sind durch ausdrückliche Zulassung der Vorinstanz statthaft. Das Rechtsmittel ist nicht ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens gestritten wird. Es handelt sich dann nicht um Kosten des sozialgerichtlichen Verfahren iS von § 144 Abs 4, § 165 Satz 1 SGG(stRspr, vgl BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 30; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 1 RdNr 6; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 11; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 9; BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 11; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 12).

17

2. Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG).

18

a) Gegenstand des Rechtsstreits ist allein die Entscheidung der Beklagten, in welcher Höhe der Betrag der zu erstattenden Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren festzusetzen ist (§ 63 Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X). Sie hat entschieden, dass dem Kläger die Kosten des Vorverfahrens dem Grunde nach zu erstatten sind (Bescheid vom 3.3.2006, § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X). Zwar hat das LSG nicht festgestellt, ob die Beklagte die Zuziehung eines Rechtsanwalts für notwendig erklärt hat (§ 63 Abs 2, Abs 3 Satz 2 SGB X); allerdings liegt eine solche Feststellung konkludent in der Festsetzung des Erstattungsbetrags iHv 301,60 Euro (Bescheid vom 21.3.2006; Widerspruchsbescheid vom 22.6.2006). Einer weitergehenden Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) bedurfte es daher nicht (vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - Juris RdNr 12; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 12; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 12).

19

b) Die angefochtene Kostenentscheidung hat den Erstattungsbetrag auf 301,60 Euro festgesetzt. Im Streit steht die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, weitere 324,80 Euro an Rechtsanwaltsgebühren des isolierten Vorverfahrens zu erstatten.

20

Anders als der Kläger meint, kann die Anfechtung des Kostenfestsetzungsbescheids nicht auf die Höhe der Erledigungsgebühr wirksam begrenzt werden. Vielmehr steht die Höhe der Geschäftsgebühr ebenfalls zur Überprüfung; dies gälte auch dann, wenn sie nicht - erstmals im Revisionsverfahren - von der Beklagten gerügt worden wäre. Die Erledigungs- und die Geschäftsgebühr sind lediglich einzelne Berechnungsfaktoren der Kostenfestsetzung, aus denen sich die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs neben anderen Faktoren insgesamt zusammensetzt. Die isolierte Festsetzung einer Erledigungsgebühr sieht das Gesetz hingegen nicht vor; sie enthielte auch keine Regelung, die Bindungswirkung entfalten könnte. Obwohl die Beklagte die Geschäftsgebühr antragsgemäß in voller Höhe erstattet hat, haben die Gerichte eigenständig nach Maßgabe des Gesetzes unter Berücksichtigung der Berechnungsfaktoren zu entscheiden, ob dem Kläger insgesamt ein Anspruch auf höhere Kostenerstattung zusteht, als die Behörde bislang festgesetzt hat. Der Kläger ist insofern allerdings durch das prozessuale Verböserungsverbot vor einer im Ergebnis niedrigeren Kostenerstattung geschützt (vgl zur Höhe der Bestimmung der Rahmengebühr bzw des Gegenstandswerts als Berechnungsfaktor der Kostenfestsetzung: BSG vom 9.4.2008 - B 6 KA 3/07 B - Juris RdNr 12; BSG SozR 1300 § 63 Nr 8 S 25 ff, jeweils mwN; zustimmend Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 45).

21

3. Der Kläger hat gemäß § 63 Abs 1 Satz 1, Abs 2 und Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen auf der Grundlage der Erledigungsgebühr gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 iVm Nr 1005 und Nr 1002 VV RVG.

22

a) Nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X hat bei einem erfolgreichen (isolierten) Vorverfahren der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, dem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dabei sind nach § 63 Abs 2 SGB X die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gemäß § 63 Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.

23

b) Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwälte richtet seit dem 1.7.2004 nach dem RVG in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (KostRMoG) vom 5.5.2004 (BGBl I 2004, 718; vgl § 1 Abs 1 Satz 1 RVG). Der Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit ist dem Bevollmächtigten nach dem 30.6.2004 erteilt worden.

24

aa) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 RVG nach dem VV der Anlage 1 zum RVG. Eine Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG kommt bei einer "Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen," in Betracht. Betragsrahmengebühren sind in sozialgerichtlichen Verfahren vorgesehen, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist (§ 3 Abs 1 Satz 1 RVG). Abs 1 gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (§ 3 Abs 2 RVG). Ginge es hier um ein gerichtliches Verfahren, wäre gemäß § 3 Abs 1 Satz 1 RVG eine Betragsrahmengebühr entstanden. Der Kläger hat einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Versorgung mit einem Hörgerät als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben behauptet. Hierfür wäre im Fall der Klageerhebung gemäß § 51 Abs 1 Nr 1 SGG der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Dann entstünden auch Betragsrahmengebühren, da der Kläger den Anspruch als Versicherter geltend macht (§ 3 Abs 1 Satz 1 RVG, § 183 Satz 1 SGG).

25

bb) Zutreffend hat das LSG festgestellt, dass auch die weiteren Voraussetzungen für das Entstehen einer Erledigungsgebühr nach Nr 1005 iVm Nr 1002 VV RVG erfüllt sind. Nach den amtlichen, vom Gesetzestext umfassten Erläuterungen zu Nr 1002 Satz 1 VV RVG setzt diese Vorschrift voraus, dass "sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt". Dem steht nach Satz 2 gleich, dass "sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt". Das LSG hat zutreffend festgestellt, dass sich das isolierte Vorverfahren "durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt" hat.

26

Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG kann eine Erledigungsgebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens durch Abhilfebescheid nur beansprucht werden, wenn der Anwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat. Nach dem Wortlaut der Erläuterungen zu Nr 1002 (Satz 2) VV RVG kommt es hiernach für das Entstehen einer Erledigungsgebühr sowohl in einer Anfechtungssituation als auch bei einem Verpflichtungsrechtsbehelf auf die auf Erledigung gerichtete Mithilfe des Anwalts an. Auch die Regelungssystematik, der Sinn und Zweck der Regelung sowie ihre Entstehungsgeschichte erfordern eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung des Rechtsanwalts, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird (vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - Juris RdNr 16; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 22; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 42; BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 14; BSG vom 2.10.2008 - B 9/9a SB 3/07 R - Juris RdNr 15; BSG vom 21.3.2007 - B 11a AL 53/06 R - Juris RdNr 16; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 20 ff; BSG vom 7.11.2006 - B 1 KR 22/06 R - und B 1 KR B 1 KR 13/06 R, jeweils RdNr 20 ff; für die Literatur zustimmend: Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, Anhang zu § 63 RdNr 43b; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl 2010, Nr 1002 VV RdNr 38; Straßfeld, NZS 2010, 253, 259; dieselbe, Brennpunkte des Sozialrechts 2009, 219, 247; dieselbe, SGb 2008, 635, 641; Köhler, ZFSH/SGB 2009, 67, 76; Becker in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB X, Stand 2010, K § 63 RdNr 98; Curkovic in Bischof, RVG-Kompaktkommentar, 2. Aufl 2007, Nr 1002 VV RdNr 9 f, Nr 1005 VV RdNr 3; Mayer in Mayer/Kroiß , RVG-HK, 2. Aufl 2006, Nr 1002 VV RdNr 18).

27

Eine solche qualifizierte, eine Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit liegt zB vor, wenn der Rechtsanwalt zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert neue, bisher noch nicht bekannte Beweismittel im Widerspruchsverfahren beibringt (zB neu erstattete Befundberichte, vgl BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 15). Anders verhält es sich bei der Vorlage schon präsenter Beweismittel im Rahmen der dem Widerspruchsführer ohnehin obliegenden Mitwirkung (§ 21 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB X), deren unaufgeforderte Vorlage bereits mit der Geschäftsgebühr bzw der Auslagenpauschale abgegolten ist (vgl BSG vom 2.10.2008 - B 9/9a SB 3/07 R - Juris RdNr 16 f; vgl auch BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 22).

28

cc) Wie die Beklagte selbst einräumt, liegt im vorliegenden Fall eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit im Sinne einer qualifizierten erledigungsgerichteten Mitwirkung des Rechtsanwalts vor, die ursächlich für die (unstreitige) Erledigung des Vorverfahrens durch Abhilfebescheid war. Ungeachtet dessen tragen die für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG dieses Ergebnis unter Zugrundelegung der aufgezeigten Maßstäbe. Der Bevollmächtigte des Klägers hat den Widerspruch nicht nur eingelegt und begründet, sondern darüber hinaus zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert die Bestätigung des Arbeitgebers vom 10.2.2006 beigebracht, in der dieser die Richtigkeit der vom Kläger gemachten Angaben vom 9.2.2006 zu den "Hörprobleme(n) am Arbeitsplatz" bestätigte. Das während des laufenden Widerspruchsverfahrens zur Glaubhaftmachung der Angaben des Klägers erstellte Schreiben hat die Beklagte im Wege des Urkundsbeweises (§ 21 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 3 SGB X iVm § 416 ZPO)verwertet. Unerheblich ist, dass der Kläger eine inhaltlich identische Schilderung bereits bei Antragstellung im Dezember 2005 übersandt hatte. Denn erst die vom Kläger unaufgefordert vorgelegte Arbeitgeberbestätigung machte weitere Sachverhaltsermittlungen der Beklagten, zB durch Nachfragen beim Arbeitgeber, entbehrlich. Deshalb kommt es auch nicht auf den Umfang der Bestätigung (1,5 Zeilen) an. Entscheidend ist vielmehr der dem Anwalt entstandene Aufwand, der ua durch das Bemühen entstanden ist, an den Arbeitgeber im aufgezeigten Sinne heranzutreten. Mit der Vorlage dieser selbst beschafften Urkunde hat der Bevollmächtigte des Klägers den Rahmen der seinem Mandanten obliegenden Mitwirkung (§ 21 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB X; § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Nr 3 SGB I)überobligatorisch erfüllt (§ 21 Abs 2 Satz 3 SGB X).

29

Die Vorlage der Arbeitgeberbestätigung vom 10.2.2006 war im vorliegenden Fall auch ursächlich für die (unstreitige) Erledigung des Vorverfahrens durch Abhilfebescheid. Denn die Beklagte hat unter Berücksichtigung der vom Kläger geschilderten berufsbedingten Anforderungen an sein Hörvermögen und der Bestätigung der Richtigkeit dieser Angaben durch den Arbeitgeber dem Widerspruch abgeholfen. Entgegen den Feststellungen des LSG erfolgte die Erledigung nicht durch (stattgebenden) Widerspruchsbescheid.

30

dd) Entgegen der Ansicht der Beklagten bedurfte es für das Entstehen der Erledigungsgebühr auch keines zusätzlichen "beiderseitigen Nachgebens" der Beteiligten. Hierfür ergeben sich unter Geltung des RVG keine tragfähigen rechtlichen Gesichtspunkte.

31

Der 9. Senat des BSG hat seine Rechtsprechung insoweit aufgegeben, als er vor dem Inkrafttreten des RVG die Auffassung vertreten hatte, dass eine gebührenrechtlich erhebliche Mitwirkungshandlung eines Bevollmächtigten nach § 116 Abs 3 Satz 2 BRAGO(idF des Gesetzes vom 20.8.1990, ) nur dann vorlag, wenn sich die Rechtssache durch beiderseitiges Nachgeben erledigt hatte (vgl BSG SozR 3-1930 § 116 Nr 7 S 23 f; BSGE 97, 153 = SozR 4-1500 § 183 Nr 4, RdNr 19). Diese Rechtsprechung ist aufgrund des Wortlauts der inhaltlich neuen Erläuterung zu Nr 1002 (Satz 2) VV RVG überholt, mit welcher die teilweise und die vollständige Abhilfe gleichgestellt werden (so BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 14; BSG vom 2.10.2008 - B 9/9a SB 3/07 R - Juris RdNr 15). Dieser Rechtsprechung hat sich der erkennende Senat bereits angeschlossen und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der geänderte Wortlaut von Nr 1002 Satz 2 VV RVG nicht mehr auf ein beiderseitiges Nachgeben abstellt, sondern teilweise und vollständige Abhilfe gleichstellt (vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - Juris RdNr 16).

32

Der Revisionsvortrag - auch im Vergleich zur Revisionserwiderung der identischen Beklagten im entschiedenen Verfahren B 13 R 137/08 R - enthält insofern keine neuen Argumente, die Anlass geben könnten, von dieser gefestigten Rechtsprechung abzuweichen. Deshalb kann auf die vom 1. Senat des BSG getroffene Auslegung unter Zugrundelegung des Wortlauts, der systematischen Zusammenhänge mit vergleichbaren Gebührenpositionen, Sinn und Zweck der Regelung und der Entstehungsgeschichte von Nr 1005 iVm Nr 1002 VV RVG verwiesen werden, wonach die Erledigungsgebühr "ein besonderes Bemühen" um eine Erledigung (nicht "Einigung") des Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren voraussetzt. Nur insofern ist die zu § 24 BRAGO iVm § 116 Abs 4 Satz 2 BRAGO(idF des Gesetzes vom 17.8.2001 ) bzw § 116 Abs 3 Satz 2 BRAGO(idF des Gesetzes vom 20.8.1990 ) ergangene Rechtsprechung auf Nr 1005 VV RVG noch übertragbar (BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 25 mwN). Für ein beiderseitiges Nachgeben als Voraussetzung des Entstehens der Erledigungsgebühr lassen die genannten neuen Vorschriften und mit ihnen die hierzu ergangene Rechtsprechung keinen Raum mehr. Allein entscheidend ist vielmehr, ob eine Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung des (isolierten) Widerspruchsverfahrens durch Abhilfebescheid vorliegt, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird (BSG aaO; zustimmend Straßfeld, NZS 2010, 253, 258 f; dieselbe, Brennpunkte des Sozialrechts 2009, 219, 248; Mayer in Mayer/Kroiß , RVG-HK, 2. Aufl 2006, Nr 1002 VV RdNr 12).

33

Auch auf den weiteren Revisionsvortrag, der danach differenziert, ob sich die Rechtssache erst nach Aufhebung bzw Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts oder durch Verwaltungsakt erledige, kommt es nach der vorliegenden Rechtsprechung für das Entstehen einer Erledigungsgebühr nicht an; ebenso wenig darauf, ob die Nr 1002 VV RVG eine teilweise und vollständige Abhilfe oder eine teilweise und vollständige Erledigung gleichstelle. Unerheblich ist schließlich, ob eine verfahrensvermeidende oder -beendende Funktion der anwaltlichen Tätigkeit feststellbar sein muss oder ob es "zufälliger" Erfolg einer eigentlich "verfahrensgewinnenden" Funktion der anwaltlichen Tätigkeit ist, dass die Beklagte dem Widerspruch abgeholfen hat (vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - Juris RdNr 20).

34

ee) Die Höhe der Erledigungsgebühr als solche ist von der Beklagten nicht angegriffen worden. Sie entspricht der Mittelgebühr von 280 Euro nach § 14 Abs 1 Satz 1 iVm Nr 1005 VV RVG(Rahmengebühr zwischen 40 und 520 Euro). Die Mittelgebühr errechnet sich aus der Mindestgebühr zuzüglich der Hälfte des Unterschieds zwischen Mindest- und Höchstgebühr. Sie kann auch ermittelt werden, indem man Mindest- und Höchstgebühr addiert und das Ergebnis durch zwei dividiert (hier: 40 plus 520, geteilt durch 2 = 280 Euro; vgl allgemein zur Berechnung, BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 23 mwN).

35

Innerhalb des Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs 1 Satz 4 RVG). Die Mittelgebühr ist auch unter Geltung des RVG im Grundsatz in Fällen zugrunde zu legen, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt; sie gilt in "Normalfällen" als billige Gebühr (BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 24 f mwN; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 16 ff). Dass die anwaltliche Tätigkeit insbesondere weder umfangreich noch schwierig, mithin durchschnittlicher Art gewesen ist, folgt aus den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG.

36

4. Der Kläger hat jedoch nur Anspruch auf Erstattung der reduzierten Geschäftsgebühr gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 RVG iVm Nr 2500, 2501 VV RVG aF(als Nr 2400, 2401 VV RVG in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung von Art 5 Abs 1 Nr 4 Buchst b KostRMoG fortgeführt). Nach der amtlichen Vorbemerkung zu Nr 2500 VV RVG aF entsteht die Geschäftsgebühr ua für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information; sie beträgt in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG), 40 bis 520 Euro, wobei eine Gebühr von mehr als 240 Euro nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Zusätzlich bestimmt Nr 2501 VV RVG aF für den Fall des Vorausgehens einer Tätigkeit im Verwaltungsverfahren, dass die Gebühr für das weitere, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienende Verwaltungsverfahren 40 bis 260 Euro beträgt, wobei eine Gebühr von mehr als 120 Euro nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich und schwierig war (sog Schwellengebühr). Der durch die Vorbefassung der Angelegenheit im Verwaltungsverfahren ersparte Aufwand soll durch einen geringeren Gebührenrahmen abgegolten werden (vgl BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 20 unter Hinweis auf BT-Drucks 15/1971 S 208).

37

a) Die Beklagte hat dem Kläger gemäß § 63 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 und Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X lediglich die geminderte Geschäftsgebühr nach Nr 2501 VV RVG aF iVm § 14 RVG zu erstatten. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war der Bevollmächtigte des Klägers bereits im (selben) vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mit der Angelegenheit befasst, als er die Kostenübernahme für das digitale Hörgerät durch Anwaltsschreiben im Dezember 2005 bei der Beklagten beantragt hat. Damit war das hierauf gerichtete Verwaltungsverfahren eröffnet (§ 116 Abs 2 Nr 1 SGB VI; § 18 Satz 2 Nr 1 SGB X).

38

Für die anwaltliche Tätigkeit im Verwaltungsverfahren besteht kein Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten. Im Hinblick auf das Gebührenrecht handelt es sich beim Verwaltungs- und beim Widerspruchsverfahren um unterschiedliche Angelegenheiten. Für eine Kostenerstattung von Aufwendungen für das dem Widerspruchsverfahren vorausgegangene Verwaltungsverfahren bietet § 63 SGB X keine Rechtsgrundlage(vgl BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 14 ff, 19; BSGE 55, 92, 94 = SozR 1300 § 63 Nr 1 S 3; zustimmend Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 6).

39

b) Die Geschäftsgebühr nach Nr 2500 VV RVG aF iHv 240 Euro zzgl darauf entfallende Umsatzsteuer war daher im angefochtenen Kostenbescheid unzutreffend festgesetzt. Dem Kläger stand nur die verminderte Geschäftsgebühr nach Nr 2501 VV RVG aF zzgl Umsatzsteuer zu. Es handelt sich hierbei um die ausgehend von der Mittelgebühr (150 Euro) um den Schwellenwert (30 Euro) gekappte Schwellengebühr (120 Euro). Die Einführung der Schwellengebühr hat zur Folge, dass die in einem ersten Schritt ausgehend von der Mittelgebühr bestimmte Gebühr in einem zweiten Schritt in Höhe des Schwellenwertes gekappt wird, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich ist (zur Berechnung vgl BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 22; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 15 f; BSG vom 29.3.2007- B 9a SB 4/06 R - Juris RdNr 16).

40

Wie bereits zur Erledigungsgebühr ausgeführt, bieten die bindenden Feststellungen des LSG keine greifbaren Anhaltspunkte für das Vorliegen einer überdurchschnittlich umfangreichen oder schwierigen Tätigkeit des Bevollmächtigten, die Anlass geben könnten, eine höhere Geschäftsgebühr als 120 Euro anzunehmen. Dies hat auch der Kläger weder behauptet, noch ergibt sich dies aus der vom Bevollmächtigten vorgelegten Kostennote. Umstände, die die Öffnung des Gebührenrahmens über die Schwellengebühr hinaus rechtfertigten (vgl dazu ausführlich BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 22 ff), sind daher nicht ersichtlich.

41

5. Der Kostenfestsetzungsbescheid vom 21.3.2006 ist unter Berücksichtigung der entstandenen Erledigungsgebühr einerseits und der reduzierten Geschäftsgebühr in Höhe der Schwellengebühr andererseits zu korrigieren. Es verbleibt ein noch an den Kläger zu erstattender Betrag von 185,60 Euro. Hierin enthalten ist die auf die Gebührenansätze anfallende Umsatzsteuer (67,20 Euro) nach Nr 7008 VV RVG (iHv 16 %, § 12 Abs 1 Umsatzsteuergesetz idF vom 21.2.2005 ) und der Gebührenansatz für die Postpauschale nach Nr 7002 VV RVG (20 Euro).

42

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das anteilsmäßige Unterliegen bzw Obsiegen der Beteiligen.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. Oktober 2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage gegen die Bescheide des Beklagten vom 21. Juli 2008 und vom 16. Juni 2009 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheids vom 11. November 2009 abgewiesen wird.

Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welchem Umfang der beklagte Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende der Klägerin Aufwendungen für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten eines für sie erfolgreichen (isolierten) Widerspruchsverfahrens und eines Antrages auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung zu erstatten hat.

2

Die Klägerin, ihr Ehemann und ihre beiden gemeinsamen Söhne bezogen von dem Rechtsvorgänger des Beklagten (im Folgenden: Beklagter) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Beklagte beschränkte die Kosten der Unterkunft auf die nach seiner Auffassung angemessene Höhe (Bescheid vom 15.11.2006) und änderte die laufende Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Wirkung ab dem Monat Dezember 2006 zu Lasten der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entsprechend ab (Änderungsbescheid vom 15.11.2006). Der von der Klägerin beauftragte Rechtsanwalt - ihr jetziger Prozessbevollmächtigter - begründete den dagegen eingelegten Widerspruch und forderte den Beklagten auf, die Kürzung der Leistungen umgehend zurückzunehmen und insofern die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs "wiederherzustellen". Der Beklagte half dem Widerspruch ab und entschied, dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten auf Antrag erstattet werden, soweit sie notwendig und nachgewiesen seien. Dies gelte auch für die Gebühren und Auslagen des Rechtsanwaltes (Bescheid vom 2.5.2007).

3

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin machte mit Schreiben vom 20.7.2007 die Übernahme von Rechtsanwaltsgebühren nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ) in Höhe von insgesamt 690,20 Euro geltend (Geschäftsgebühr 280 Euro, Erledigungsgebühr 280 Euro, Auslagenpauschale 20 Euro zuzüglich Umsatzsteuer). Der Beklagte setzte die erstattungsfähigen Gebühren auf insgesamt 309,40 Euro fest (Geschäftsgebühr 240 Euro, Auslagenpauschale 20 Euro zuzüglich Umsatzsteuer) und ließ die geltend gemachte Erledigungsgebühr unberücksichtigt (Bescheid vom 8.8.2007; Widerspruchsbescheid vom 22.8.2007).

4

Mit ihrer dagegen zum Sozialgericht (SG) Hannover gerichteten Klage hat die Klägerin die Erstattung der ursprünglich geforderten Kosten und daneben einen (weiteren) Betrag in Höhe von 602,14 Euro (Geschäftsgebühr 240 Euro, Erledigungsgebühr 240 Euro, Auslagenpauschale 20 Euro und Dokumentenpauschale 6 Euro zuzüglich Umsatzsteuer) für das Tätigwerden im Hinblick auf die Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs geltend gemacht (Schriftsatz vom 18.6.2008). Der Beklagte hat hierauf erwidert, er sehe keine Notwendigkeit, in einem gesonderten Verwaltungsverfahren über diesen zusätzlichen Kostenerstattungsantrag zu entscheiden, weil es sich um eine Erweiterung des Klageantrages handele. Auch insoweit werde Klageabweisung beantragt (Schriftsatz vom 21.7.2008). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.4.2009).

5

Nach Einlegung der Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat der Beklagte die Erstattung der Kosten für den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung abgelehnt (Bescheid vom 16.6.2009; Widerspruchsbescheid vom 11.11.2009). Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 18.10.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, Streitgegenstand seien sowohl der Bescheid des Beklagten vom 8.5.2007 (gemeint ist 8.8.2007) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.7.2007 (gemeint ist 22.8.2007), mit dem über die Kostennote vom 20.7.2007 entschieden worden sei, als auch der weitere Bescheid vom 16.6.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2009, der über die später geltend gemachte Gebühr für das Aussetzungsverfahren befunden habe. Die Bescheide regelten einen einheitlichen Lebenssachverhalt, weil die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs eine unmittelbare Folge des Rechtsbehelfs darstelle und nur als Annex des Widerspruchs behandelt werden könne. Der weiteren vor dem SG Hannover erhobenen Klage (zum Az S 21 AS 4034/09) habe es nicht bedurft. Eine Erledigungsgebühr könne die Klägerin nicht beanspruchen, weil der Prozessbevollmächtigte eine qualifizierte, die Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit nicht erbracht habe. Sie könne auch keine gesonderte Erstattung der Aufwendungen für den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung beanspruchen. Es handele sich nicht um eine der in § 17 RVG abschließend aufgezählten verschiedenen Angelegenheiten. Eine mit § 80 Abs 5, 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vergleichbare Situation bestehe im sozialgerichtlichen Verfahren nicht. Ein Antrag nach § 86a Abs 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei statthaft, löse aber kein eigenständiges Verfahren im Sinne des RVG aus(Hinweis auf BSG SozR 4-1935 § 17 Nr 1).

6

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie zunächst rügt, die Entscheidung des LSG sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. In der Sache macht sie geltend, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die für die Zubilligung dieser Gebühr ein zusätzliches qualitatives, tätigkeitsbezogenes Leistungsmoment verlange, verkenne, dass für streitwertabhängige Verfahren innerhalb und außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit keine qualitative Bewertung der anwaltlichen Beitragsleistung zur Erfolgserzielung erfolge. Schließlich rügt sie die Verletzung von § 17 RVG. § 17 Nr 1 RVG gelte auch für das Sozialverwaltungsverfahren; die anwaltliche Tätigkeit für einen bei der Behörde gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung sei daher gesondert zu vergüten. Die vom LSG herangezogene Entscheidung des BSG sei wegen der dort betonten Besonderheiten des Kassenarztrechts nicht verallgemeinerungsfähig.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. Oktober 2011 und das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 30. April 2009 sowie die Bescheide des Beklagten vom 21. Juli 2008 und vom 16. Juni 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2009 aufzuheben und den Bescheid vom 8. August 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2007 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere Anwaltsvergütung in Höhe von 942,94 Euro nebst gesetzlicher Zinsen ab Rechtshängigkeit (26. September 2007) zu zahlen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

9

Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, dass der Klägerin weder ein höherer Erstattungsanspruch für ihre Aufwendungen im (isolierten) Vorverfahren noch ein Erstattungsanspruch für ihre Aufwendungen wegen des Antrages auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung zusteht.

11

1. Die Revision ist zulässig, insbesondere statthaft (§§ 160, 161 SGG). Wird wie vorliegend in der Hauptsache über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens (§§ 78 ff SGG) gestritten, handelt es sich nicht um Kosten des Verfahrens iS von § 144 Abs 4 iVm § 165 Satz 1 SGG(vgl Urteil des Senats vom 21.12.2009 - B 14 AS 83/08 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 11 RdNr 11 mwN).

12

Beteiligt ist auf Klägerseite nur die Klägerin. Sie lebte nach den Feststellungen des LSG im streitigen Zeitraum zwar mit ihrem Ehemann und den beiden Söhnen in einer Bedarfsgemeinschaft; sie hat aber das Klageverfahren von Anfang an allein betrieben, ohne dass es einen Hinweis darauf gab, dass sie auch Ansprüche der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen geltend macht. Die Klägerin ist auch allein prozessführungsbefugt (zur Prozessführungsbefugnis zuletzt Urteil des Senats vom 23.5.2012 - B 14 AS 156/11 R - SozR 4-4200 § 36a Nr 1 RdNr 12 mwN). Nach den Feststellungen des LSG hat nur sie selbst Widerspruch erhoben und "zur Erledigung der Angelegenheit" ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten beauftragt. Ihr Prozessbevollmächtigter macht nur ihr gegenüber Vergütungsansprüche aus dem anwaltlichen Dienstvertrag geltend; insbesondere eine Erhöhungsgebühr nach Nr 1008 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zum RVG (VV RVG) ist nicht Gegenstand seiner Kostennote gewesen. Damit ist nur die Klägerin berechtigt, diese Vergütungsansprüche im Widerspruchs- und anschließenden Klageverfahren als Aufwendungen des (isolierten) Vorverfahrens und des Verfahrens auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung geltend zu machen.

13

2. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist zunächst das Begehren der Klägerin auf Erstattung höherer Gebühren für das Widerspruchsverfahren. Gegenstand des Rechtsstreits ist damit der Kostenfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 8.8.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.8.2007, mit dem die Aufwendungen der Klägerin für die Vertretung ihres Prozessbevollmächtigten im isolierten Vorverfahren auf einen Betrag in Höhe von 309,40 Euro festgesetzt und die Festsetzung höherer Vergütung abgelehnt worden ist. Hiergegen richtet sich die Klägerin zulässigerweise mit ihrer Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, 4 SGG).

14

Daneben ist Streitgegenstand das weitere Begehren der Klägerin auf Erstattung der Gebühren des Rechtsanwalts für die Tätigkeit im Hinblick auf den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Entgegen der Auffassung des LSG handelt es sich insoweit um einen weiteren prozessualen Anspruch unabhängig davon, ob die geltend gemachten Kosten materiell-rechtlich (nur) als Annex zu den Kosten des Widerspruchs angesehen werden können. Die Kosten für den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung entstammen nicht demselben Lebenssachverhalt wie die Kosten für das Widerspruchsverfahren. Erst die gesonderte Kostenrechnung des Rechtsanwalts vom 18.6.2008, mit der eine Gebührenforderung für die anwaltliche Tätigkeit insoweit bestimmt worden ist (§ 14 Abs 1 RVG), hat die Kostenbelastung der Klägerin ausgelöst, für die sie Erstattung verlangt. Die Klägerin hat die Klage damit im laufenden Klageverfahren um ein weiteres prozessuales Begehren erweitert (§ 99 Abs 1 SGG). Diese Klageänderung war zulässig, schon weil der Beklagte sich zur Sache eingelassen hat, ohne der Erweiterung zu widersprechen (§ 99 Abs 1 iVm Abs 2 SGG).

15

Auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen hinsichtlich der geänderten Klage liegen vor. Zwar ist eine Anfechtungs- und Leistungsklage grundsätzlich nur dann zulässig, wenn sie auf Aufhebung eines Verwaltungsakts iS des § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zielt. Die vor Erlass eines solchen Bescheides unzulässige Klage wird aber jedenfalls zulässig, wenn der zunächst fehlende Verwaltungsakt bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem SG nachgeholt wird (BSG Urteil vom 13.3.1985 - 9a RV 47/83 - Der Versorgungsbeamte 1985, 119 = juris RdNr 15; dazu auch Ulmer in Hennig, SGG, Stand Februar 2009, § 54 RdNr 94). Der Beklagte hat hier vor diesem Zeitpunkt über die Festsetzung der Aufwendungen der Klägerin für die Vertretung ihres Prozessbevollmächtigten wegen des Antrages auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung entschieden.

16

Eine solche Entscheidung iS des § 31 Satz 1 SGB X ist im Schriftsatz des Beklagten vom 21.7.2008 zu sehen, weil dieser Schriftsatz über eine bloße Prozesserklärung zum bis dahin streitigen Rechtsverhältnis hinaus einen weitergehenden Regelungswillen unmissverständlich erkennen lässt (vgl BSG aaO; Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 31 RdNr 56; Luthe in jurisPK-SGB X, Stand 1.12.2012, § 31 RdNr 42). Der Beklagte ist zwar rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass es wegen dieses Kostenfestsetzungsantrages einer weiteren Entscheidung durch Verwaltungsakt nicht bedürfe. Er hat aber gleichwohl mit den Ausführungen, ein Anspruch auf Kostenübernahme in Bezug auf diese anwaltliche Tätigkeiten bestehe nicht, verbunden mit dem Antrag der Klageabweisung eine entsprechende Regelung in der Sache gegenüber der Klägerin getroffen. Mit dem Kostenfestsetzungsbescheid vom 16.6.2009 ist diese vorangegangene Entscheidung nur wiederholt worden.

17

Das SG hat über das weitere prozessuale Begehren der Klägerin ausdrücklich entschieden, sodass die Sache mit der Berufung auch insoweit beim LSG angefallen ist (§ 157 SGG). Das notwendige Vorverfahren (§ 78 SGG)ist schließlich im laufenden Berufungsverfahren mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2009 nachgeholt worden (vgl dazu nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 78 RdNr 3 mwN). Die hiergegen vor dem SG Hannover zum Az S 21 AS 4034/09 erhobene Klage steht einer Entscheidung in der Sache nicht entgegen, weil sie später als der vorliegende Rechtsstreit anhängig gemacht worden ist.

18

3. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Klägerin ein höherer Erstattungsanspruch für ihre Aufwendungen nicht zusteht. Die beiden Kostenfestsetzungsentscheidungen des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten.

19

a) Die Revision der Klägerin ist nicht schon aufgrund eines Verfahrensmangels vor dem LSG begründet. Die Rüge der Verletzung von § 127 SGG und § 128 Abs 2 SGG, die beide Anwendungsfälle des in § 62 SGG und Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG) garantierten rechtlichen Gehörs regeln, greift nicht durch. Das LSG hat zwar die im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten gewesene Klägerin zuvor von der Beiziehung der Akten des SG Hannover zum Az S 21 AS 4034/09 nicht benachrichtigt. Schon die Beiziehung von Akten und die Kenntnisnahme von den darin enthaltenen Urkunden und Gutachten ist eine Beweiserhebung iS des § 127 SGG(BSG Urteil vom 26.9.1974 - 5 RJ 371/72 -, nicht veröffentlicht, juris RdNr 13), von der die Beteiligten zu benachrichtigen sind. § 127 SGG steht einer Beweiserhebung im Termin nicht entgegen; die Vorschrift ist allerdings - unabhängig von dem aus der nicht angekündigten Beweiserhebung gezogenen Schluss - immer schon dann verletzt, wenn in dem Termin ein für den nicht benachrichtigten Beteiligten ungünstiges Urteil ergeht (BSG aaO; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 127 RdNr 2; Bolay in Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 127 RdNr 6; R. Wagner in Hennig, SGG, § 127 RdNr 25, Stand August 2007; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand 08/2011, § 127). Da die Verletzung rechtlichen Gehörs im sozialgerichtlichen Verfahren nicht als absoluter Revisionsgrund ausgestaltet ist, muss das angegriffene Urteil als weitere Voraussetzung für einen beachtlichen Verfahrensmangel aber auf diesem Mangel beruhen. Daran fehlt es, denn das LSG hat den Inhalt der beigezogenen Akten nicht zu Lasten der Klägerin verwertet. Es ist nach Einsichtnahme in die Akten wie die Klägerin davon ausgegangen, dass sich Bedenken gegen die Zulässigkeit des vorliegenden Rechtsstreits aus der Rechtshängigkeit dieses weiteren Verfahrens nicht ergeben. Damit ist nicht ersichtlich, dass es bei einem entsprechenden Sachvortrag oder Beweisantrag der Klägerin, den § 127 SGG ermöglichen will, zu einem für sie günstigen Ergebnis gekommen wäre. § 128 Abs 2 SGG ist deshalb ebenfalls nicht verletzt.

20

b) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung höherer Aufwendungen für die Kosten des (isolierten) Widerspruchsverfahrens nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X als mit dem Kostenfestsetzungsbescheid vom 8.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.8.2007 festgesetzt.

21

Nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Nach § 63 Abs 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn - was der Beklagte hier mit Bescheid vom 2.5.2007 entschieden hat - die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gemäß § 63 Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest. Aufwendungen der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sind grundsätzlich auch die Gebühren und Auslagen, die ein Rechtsanwalt seinem Mandanten, hier der Klägerin, in Rechnung stellt. Diese Vergütung bemisst sich seit dem 1.7.2004 nach dem RVG (§ 1 Abs 1 Satz 1, § 2 Abs 2 Satz 1 RVG) sowie dem VV RVG.

22

Eine Erledigungsgebühr nach Nr 1005 iVm Nr 1002 VV RVG, deren Erstattung die Klägerin zusätzlich geltend macht und um die vorliegend allein gestritten wird, kommt bei einer Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen - wie vorliegend - im Falle eines gerichtlichen Verfahrens Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 Abs 1 Satz 1 RVG, § 183 Satz 1 SGG), in Betracht. Abs 1 gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (§ 3 Abs 2 RVG). Nach der Rechtsprechung des BSG kann eine Erledigungsgebühr nach Nr 1005 iVm Nr 1002 VV RVG für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens durch Abhilfebescheid allerdings nur beansprucht werden, wenn der Anwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat. Daran fehlt es hier.

23

Nach dem Wortlaut der Erläuterungen zu Nr 1002 (Satz 2) VV RVG kommt es für das Entstehen einer Erledigungsgebühr sowohl in einer Anfechtungssituation als auch bei einem Verpflichtungsrechtsbehelf auf die auf Erledigung gerichtete Mithilfe des Anwalts an. Die Regelungssystematik, der Sinn und Zweck der Regelung sowie ihre Entstehungsgeschichte erfordern eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung des Rechtsanwalts, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird (vgl BSG vom 9.12.2010 - B 13 R 63/09 R - juris RdNr 26 ff; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 22; BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 14; BSG vom 2.10.2008 - B 9/9a SB 3/07 R - juris RdNr 15; BSG vom 21.3.2007 - B 11a AL 53/06 R - juris RdNr 16; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 20 ff; BSG vom 7.11.2006 - B 1 KR 22/06 R - und - B 1 KR B 1 KR 13/06 R -, jeweils RdNr 20 ff; zustimmend Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand 2010, K § 63 RdNr 98; Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, Anhang zu § 63 RdNr 43b; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl 2012, Nr 1002 VV RdNr 38; Curkovic in Bischof, RVG-Kompaktkommentar, 4. Aufl 2011, Nr 1002 VV RdNr 9 f und Nr 1005 VV RdNr 3).

24

Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe im vorliegenden Fall keine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit im Sinne einer qualifizierten Mitwirkung ihres Prozessbevollmächtigten vor, die ursächlich für die (unstreitige) Erledigung des Vorverfahrens durch Abhilfebescheid gewesen ist. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat den Widerspruch nach den für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG lediglich begründet. Dabei hat er keine qualifizierten "erledigungsgerichteten" Leistungen erbracht, die über das Maß dessen hinausgehen, was schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird. Entgegen der klägerischen Auffassung reicht es nicht aus, dass sein Sachvortrag besonderes Bemühen ausdrückt und kausal zur Abhilfeentscheidung des Beklagten beigetragen hat.

25

Soweit die Klägerin die bisherige Rechtsprechung unter Hinweis auf streitwertabhängige Verfahren innerhalb und außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit, in denen ein zusätzliches qualitatives, tätigkeitsbezogenes Leistungsmoment für die Zuerkennung der Erledigungsgebühr nicht gefordert werde, für korrekturbedürftig hält, geht dieser Hinweis fehl. Mit dem RVG sind für alle Gebührentatbestände, für die im Allgemeinen Wertgebühren anfallen, eigene Betragsrahmengebühren geregelt worden (vgl BT-Drucks 15/1971 S 187). Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Entstehung der Erledigungsgebühr sind dementsprechend für die streitwertunabhängigen Verfahren und die streitwertabhängigen Verfahren identisch. Auch in den streitwertabhängigen Verfahren, die der Nr 1002 VV RVG zugrunde liegen, wird eine anwaltliche Mitwirkung verlangt, die über die Tätigkeit hinausgeht, die bereits mit der Geschäftsgebühr abgegolten ist (vgl hierzu Wolf in Schneider/Wolf, AnwaltKommentar RVG, 6. Aufl 2012, Nr 1002 VV RVG, RdNr 20 mwN).

26

c) Auch die (zulässig gewordene) Klage gegen die in den Bescheiden des Beklagten vom 21.7.2008 und vom 16.6.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2009 getroffene Entscheidung ist unbegründet. Dies war im Tenor klarstellend zum Ausdruck zu bringen, weil es sich - wie ausgeführt - um einen weiteren prozessualen Anspruch handelt, der vor dem SG und dem LSG ohne Erfolg geblieben ist. Die geltend gemachten Kosten für die anwaltliche Vertretung im Verwaltungsverfahren nach § 86a Abs 3 SGG gehören von vornherein nicht zu den Kosten des Vorverfahrens iS des § 63 Abs 1 SGB X, sodass es auch für den Fall des Erfolges eines solchen Antrages an einer Rechtsgrundlage für die Erstattung durch die Behörde fehlt.

27

Erstattungsfähig nach § 63 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 SGB X ist, wie bereits der Normtext und die systematische Stellung im Gesetz - nämlich im Fünften Abschnitt (Rechtsbehelfsverfahren) des Ersten Kapitels (Verwaltungsverfahren) des SGB X - deutlich machen, ausschließlich die anwaltliche Vergütung, die für das isolierte Vorverfahren anfällt. Die Möglichkeit der Kostenerstattung nach § 63 SGB X korrespondiert insoweit mit der Kostenregelung für ein ggf nachfolgendes gerichtliches Verfahren in § 193 Abs 2 SGG, wonach die notwendigen Aufwendungen eines für die sozialgerichtliche Klage gemäß § 78 SGG zwingend vorgeschriebenen Vorverfahrens zu den zu erstattenden Kosten gehören(grundlegend dazu bereits BSG SozR 1500 § 193 Nr 3). War der Widerspruchsführer schon mit seinem Widerspruch erfolgreich und erübrigt sich eine Anrufung des Gerichts, besteht deshalb die Möglichkeit der Kostenerstattung nach § 63 SGB X(BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12 RdNr 15). Die Aufwendungen für eine weitergehende Vertretung durch einen Rechtsanwalt, die nicht Vorverfahrenskosten sind, können dagegen auf Grundlage von § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht erstattet werden(vgl BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 14; BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 1; BSGE 55, 92, 93 = SozR 1300 § 63 Nr 1; Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand 2010, K § 63 RdNr 61; Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 12). Die Gerichte können § 63 SGB X nicht allein deshalb, weil es wünschenswert erscheinen mag, durch Rechtsfortbildung auf andere Verfahrensabschnitte als das Widerspruchsverfahren erstrecken. Eine planwidrige Regelungslücke, die eine analoge Anwendung des § 63 SGB X auf andere (ggf vorgelagerte) Verwaltungsverfahrensabschnitte rechtfertigen könnte, fehlt(ausführlich BSG SozR 1500 § 193 Nr 3 S 3 ff und BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 1).

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Damit scheidet auch die Übernahme von Kosten für einen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung nach § 86a Abs 3 SGG aus. Fragen der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs iS des § 86a Abs 1 und 2 SGG und die in diesem Zusammenhang an die Verwaltung gerichteten Anträge und Anregungen sind für den Gang des eigentlichen Vorverfahrens und die Zulässigkeit einer sozialgerichtlichen Klage ohne Belang. Kosten, die durch entsprechende Verfahrenshandlungen von Bevollmächtigten entstehen, sind deshalb keine Vorverfahrenskosten iS des § 63 Abs 2 SGB X; sie gehören nicht zu den in Bezug auf das Vorverfahren zur Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen (vgl LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 5.11.2008 - L 3 B 1007/05 U - juris RdNr 17; OVG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 10.5.2006 - 14 E 252/06 - NVwZ-RR 2006, 856 = juris RdNr 2 f; VGH Baden-Württemberg Beschluss vom 18.9.2000 - 2 S 2012/00 - VBlBW 2001, 111 f = juris RdNr 4; vgl auch Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 80 VwVfG RdNr 10). Ein erfolglos durchlaufenes Antragsverfahren nach § 86a Abs 3 SGG ist schließlich nicht Voraussetzung für einen Antrag nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG. Solche Kosten gehören deshalb im Falle der anschließenden Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes nicht zu den Verfahrenskosten (vgl LSG Berlin-Brandenburg aaO), auch wenn für diese gerichtlichen Verfahren eine Kostenerstattung in entsprechender Anwendung des § 193 SGG erfolgt. Mithin ist eine Anwendung des § 63 SGB X in Fällen, in denen ausschließlich ein Verwaltungsverfahren wegen der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs geführt wird, nicht geboten.

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Allerdings ist damit - anders als das LSG meint - kein Gesichtspunkt erkennbar, der dafür spricht, dass das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung nach § 86a Abs 3 SGG in dem Fall, in dem einem Widerspruch nach § 39 Nr 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung zukommt, keine im Verhältnis zum Vorverfahren verschiedene Angelegenheit iS des § 17 Nr 1 RVG ist. Der Wortlaut des § 17 Nr 1 RVG bietet hierfür jedenfalls keinen Anhaltspunkt. Systematische Besonderheiten, wie sie der 6. Senat des BSG für das Verfahren vor dem Berufungsausschuss nach § 97 Abs 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch herausgestellt hat(BSG SozR 4-1935 § 17 Nr 1 RdNr 18 f), sind im Anwendungsbereich des § 39 Nr 1 SGB II gegenüber vergleichbaren verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten, die dem Verwaltungsverfahrensgesetz und der VwGO unterfallen, nicht erkennbar. Das Verhältnis von Anträgen nach § 86a Abs 3 SGG zu Anträgen nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG entspricht insoweit den vergleichbaren Konstellationen eines bundesgesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs(Fall des § 80 Abs 2 Satz 1 Nr 3 VwGO), wie sie in § 80 Abs 4 und § 80 Abs 5 VwGO geregelt sind.

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Die gesonderte Abrechenbarkeit als verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten nach § 17 RVG allein führt aber nicht zum Erfolg der Klage. Aus der in § 17 Nr 1 RVG vorgesehenen Aufspaltung in verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten lässt sich nicht folgern, dass ein dem beauftragten Rechtsanwalt gebührenpflichtiger Antragsteller die jeweils entstandene Gebühr auch von einem unterlegenen Gegner erstattet verlangen kann. Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass in den Gesetzesmaterialien zum RVG deutlich zum Ausdruck komme, dass der Gesetzgeber eine Verbesserung des Gebührenrechts durch die Regelung des § 17 Nr 1 RVG gerade für die Tätigkeit im Verfahren auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung beabsichtigt habe(BT-Drucks 15/1971 S 190 f), ergibt sich nichts anderes. Da nach Auffassung des Senats die grundsätzliche "Abrechnungsfähigkeit" der Kosten für die Vertretung im Verfahren auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung nicht zweifelhaft ist, sondern nur die Frage tangiert ist, ob die Kosten von der unterlegenen Behörde zu erstatten sind, stellt sich die von der Klägerin aufgeworfene Frage nach einem Verstoß gegen Art 3 und Art 12 GG von vornherein nicht.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, weil die Klägerin als Leistungsempfängerin iS des § 183 Satz 1 SGG und nicht ihr Prozessbevollmächtigter aus abgetretenem Recht den Rechtsstreit auf höhere Kostenerstattung geführt hat(vgl BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 32-33).

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. §§ 173, 175 und 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 zur Prozessvertretung zugelassenen Personen.

(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.