Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 11. Dez. 2015 - L 3 AL 49/13

ECLI:ECLI:DE:LSGSH:2015:1211.L3AL49.13.0A
bei uns veröffentlicht am11.12.2015

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache durch die Prozesserklärung der Klägerin vom 3. Mai 2013 wirksam erledigt ist.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

In dem Verfahren S 40 AL 118/11 vor dem Sozialgericht Lübeck stritten die Beteiligten über die Aufhebung und Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg).

2

Die 1956 geborene Klägerin bezog (vorläufiges) Alg seit dem 17. Juli 2010 (für 450 Tage) und nahm währenddessen eine Teilzeittätigkeit ab dem 20. September 2010 auf. Die Nebenverdienstbescheinigungen wiesen eine Beschäftigung von mehr als 15 Stunden wöchentlich aus. Mit dem angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10. Januar 2011 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung ab dem 1. Oktober 2010 auf und forderte überzahlte Leistungen in Höhe von rd. 1.190,00 EUR für die Monate Oktober und November 2010 zurück. Mit Änderungsbescheid vom 11. Mai 2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. Oktober 2010 bis 14. November 2010 wiederum Leistungen und wies im Übrigen den von der Klägerin erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2011 zurück, weil die Klägerin ab dem 15. November 2010 wöchentlich mehr als 15 Stunden gearbeitet habe. Den Erstattungsbetrag minderte die Beklagte auf 317,92 EUR. Mit der am 27. Juni 2011 vor dem Sozialgericht Lübeck erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt und im Wesentlichen damit begründet, dass sie zu keinem Zeitpunkt so viel habe arbeiten wollen, dass der Alg-Anspruch entfalle.

3

Die Klägerin hat nach Aktenlage beantragt,

4

den Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2011 in der Fassung des Widerspruchbescheids vom 23. Mai 2011 aufzuheben.

5

Die Beklagte hat beantragt,

6

die Klage abzuweisen.

7

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28. November 2012 hat das Sozialgericht mit Urteil vom gleichen Tag die Klage abgewiesen, weil der Klägerin ab dem 15. November 2010 kein Anspruch auf Alg mangels Beschäftigungslosigkeit zustehe. Auch handele es sich bei der Überschreitung der Arbeitszeit nicht um eine solche von geringer Dauer. Das Urteil ist der Klägerin am 7. Dezember 2012 zugegangen. Hiergegen hat die Klägerin am 4. Januar 2013 Berufung bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt.

8

Unter dem Aktenzeichen S 36 AL 242/10 war ein weiteres sozialgerichtliches Verfahren beim Sozialgericht Lübeck anhängig, in dem es um die Ablehnung eines Antrages auf Gewährung von Alg ab dem 1. Juli 2010 ging (Bescheid vom 11. August 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2010). Die Ablehnung erfolgt im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Klägerin nicht arbeitsfähig sei. Nach Einholung eines medizinischen Gutachtens vom 1. Dezember 2012 erkannte die Beklagte den Anspruch der Klägerin für die Zeit vom 1. Juli bis 16. Juli 2010 an und erklärte sich im gleichen Schriftsatz vom 18. Januar 2013 (Eingang am 22. Januar 2013) zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits dem Grunde nach bereit. Mit weiterem Schreiben vom 28. Februar 2013 (Eingang am 1. März 2013) erklärte sich die Beklagte dem Grunde nach zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten auch für das Vorverfahren bereit. Nachdem der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 20. März 2013 (Eingang 21. März 2013) sich dagegen wandte, dass die Beklagte nur die Kosten die Kosten des Rechtsstreits ohne Vorverfahrenskosten übernehmen wolle, wies das Sozialgericht auf das Beklagtenschreiben vom 28. Februar 2013 hin. Mit Schreiben vom 3. Juni 2013 (Eingang am 5. Juli 2013) erklärte der Prozessbevollmächtigte zum Aktenzeichen S 36 AL 242/10, dass seine Schreiben vom 25. April [Kostenfestsetzungsantrag] und 3. Mai 2013 [Erledigungserklärung – dazu siehe unten –] selbstverständlich zu diesem Aktenzeichen hätten eingereicht werden sollen und es sich bei dem tatsächlich angegebenen Aktenzeichen S 40 AL 118/11 um ein Versehen handele.

9

In dem Berufungsverfahren L 3 AL 1/13 (S 40 AL 118/11) begründete die Klägerin die Berufung mit Schriftsatz vom 4. April 2013 und beantragte die Aufhebung des Bescheids vom 10. Januar 2011 in der Fassung des Widerspruchbescheids vom 23. Mai 2011. Die zunächst per Fax übersandte Berufungsbegründung erfolgte am 8. April 2013 per Post. Am 15. Mai 2013 ging beim LSG die vom SG Lübeck übersandte Abschrift eines Schreibens der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 3. Mai 2013 mit der Bitte um weitere Veranlassung ein. Dabei handelte es sich um eine am 6. Mai 2013 an das Sozialgericht zu dem erstinstanzlichen Aktenzeichen S 40 AL 118/11 erfolgte Erledigungserklärung in der Hauptsache in dem Rechtsstreit der Klägerin gegen die Bundesagentur für Arbeit. Weitere Zusätze enthielt das unterschriebene Schreiben nicht. Das Berufungsverfahren wurde von Seiten des LSG ausgetragen und die Akte an das Sozialgericht Lübeck zurückgesandt, die dort am 28. Mai 2013 einging. Mit Schreiben vom 23. Mai 2013 teilte das LSG der Beklagten mit, dass das Verfahren aufgrund der Ablichtung des mit übersandten Schreibens der Rechtsanwälte vom 3. Mai 2013 für erledigt erklärt worden und das Verfahren damit erledigt sei.

10

Am 5. November 2013 ging beim LSG das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein, in welchem diese unter Bezugnahme auf das Schreiben des LSG vom 23. Mai 2013 an die Beklagte erklärten, dass dieses Schreiben unzutreffend und gegenüber dem Senat keinerlei Erledigungserklärung abgegeben worden sei. Lediglich in einer anderen vor dem Sozialgericht Lübeck vormals anhängigen Rechtsstreitigkeit der Klägerin zum Aktenzeichen S 40 AL 118/11 sei eine Erledigungserklärung in der Hauptsache mit Schriftsatz vom 3. Mai 2013 abgegeben worden. Richtigerweise hätte das Aktenzeichen S 36 AL 242/10 angegeben werden müssen. Das Berufungsverfahren solle fortgeführt werden. Beigefügt war eine Abschrift der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 3. Juni 2013 (Eingang beim Sozialgericht Lübeck am 30. Juli 2013), in dem zu dem Aktenzeichen S 40 AL 118/11 mitgeteilt wurde, dass die Schriftsätze vom 25. April 2013 und 3. Mai 2013 zu dem Aktenzeichen S 36 AL 242/10 hätten eingereicht werden sollen. Bei dem angegebenen Aktenzeichen S 40 AL 118/11 handele es sich um ein anderes Verfahren der Klägerin, versehentlich sei das Aktenzeichen S 40 AL 118/11 angegeben worden. Es werde gebeten, dieses Versehen zu entschuldigen. Ein entsprechendes Schreiben sei unter gleichem Datum zum Aktenzeichen S 36 AL 242/10 gesandt worden (s.o.).

11

Von Seiten des Senats wurden die Prozessbevollmächtigten der Klägerin darauf hingewiesen, dass das Verfahren neu eingetragen worden sei und fortgeführt werde, wobei es zunächst um die Frage gehe, ob das Verfahren durch den Schriftsatz vom 3. Mai 2013 wirksam beendet worden sei. Für eine Sachentscheidung sei nur Raum, wenn der Senat eine wirksame Verfahrensbeendigung verneine.

12

In ihrer Stellungnahme vom 2. Dezember 2013 weist die Beklagte darauf hin, dass die Erledigungserklärung der Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 3. Mai 2013 eindeutig und ausdrücklich zu dem Aktenzeichen S 40 AL 118/11 erfolgt sei, welches dem Berufungsverfahren L 3 AL 1/13 zugrunde gelegen habe. Die Erledigungserklärung sei an das (richtige) erstinstanzliche Gericht gerichtet. Da eine Erledigung der Klage bis zur Rechtskraft des ergangenen Urteils möglich sei mit der Wirkung, dass das erstinstanzlich ergangene Urteil wirkungslos werde, sei die Erklärung auch in sich schlüssig. Ein Irrtum sei nicht erkennbar gewesen. Deshalb habe die Beklagte die Vollstreckungsstelle benachrichtigt, die die Beitreibung der Forderung fortgesetzt habe. Erst hierauf habe sich die Klägerseite gemeldet. Aus Beklagtensicht sei das Verfahren wirksam beendet worden und könne nicht fortgesetzt werden.

13

Demgegenüber trägt der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 vor: Aus dem Schriftsatz vom 3. Mai 2013 könne keine wirksame Prozesserklärung für das laufende Berufungsverfahren im Sinne einer wirksamen Verfahrensbeendigung hergeleitet werden. Es handele sich bei der Angabe des Aktenzeichens für den Schriftsatz vom 3. Mai 2013 um ein reines Versehen, es sei ein anderes zwischen den Parteien geführtes Verfahren betroffen gewesen. Für die Annahme einer wirksamen Verfahrensbeendigung durch den in Rede stehenden Schriftsatz für das vor dem Berufungsgericht geführte Verfahren fehle es schon an den erforderlichen prozessualen Anknüpfungspunkten: So sei der Senat nicht Adressat der Erklärung aus dem Schriftsatz vom 3. Mai 2013 gewesen, sondern das Sozialgericht und damit die unzuständige Instanz. Eine wirksame Prozesserklärung könne nur gegenüber dem Senat selbst abgegeben werden. Und zweitens sei auch keine Klagrücknahme erfolgt, so dass keine wirksame verfahrensbeendigende Erklärung vor dem Senat abgegeben worden sei. Denn die gegenüber dem Sozialgericht abgegebene prozessuale Erklärung habe sich auf eine „Erledigung in der Hauptsache“ bezogen. Eine solche prozessuale Erklärung habe vorliegend überhaupt nicht angestanden, nachdem über die Klage (Hauptsache) bereits durch Urteil abweisend entschieden worden sei. Deswegen sei für eine Erledigungserklärung kein Raum mehr und es habe sich insoweit um eine prozessual unzulässige Erklärung gehandelt.

14

Die Klägerin beantragt,

15

das Berufungsverfahren L 3 AL 1/13 (alt) fortzuführen und das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 28. November 2012 sowie den Bescheid vom 10. Januar 2011 in der Fassung des Widerspruchbescheids vom 23. Mai 2011 aufzuheben.

16

Die Beklagte beantragt,

17

festzustellen, dass das Berufungsverfahren L 3 AL 1/13 (alt) durch Prozesserklärung der Klägerin vom 3. Mai 2013 wirksam beendet wurde,
hilfsweise,

18

die Berufung zurückzuweisen.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

20

Die Klägerin hat durch Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 3. Mai 2013 den Rechtsstreit in der Hauptsache wirksam für erledigt erklärt, § 102 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Diese Feststellung war vom Senat zu treffen, nachdem die Klägerin die Wirksamkeit der Erklärung wegen eines ihr unterlaufenen Versehens bestritten hatte.

21

Die Erledigungserklärung der Hauptsache hat die Beendigung der Rechtshängigkeit zur Folge. Die vom Prozessbevollmächtigten vorgenommene Prozesshandlung bindet die Klägerin, als hätte sie sie selbst vorgenommen, § 73 Abs.6 Satz 7 SGG i.V.m. § 85 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Angesichts dessen kommt eine Sachentscheidung nicht in Betracht.

22

Gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG kann der Kläger die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache. Vorliegend ist keine ausdrückliche Klagrücknahme erfolgt, sondern es wurde in der streitigen Erklärung vom 3. Mai 2013 die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache erklärt. Diese Erklärung ist aber als Klagrücknahme auszulegen. Denn die Klägerin hat mit ihr unzweideutig zum Ausdruck gebracht, dass sie von ihrem Rechtsschutzbegehren Abstand nimmt. Auf die materielle Rechtslage kommt es nicht an, da der Kläger insoweit dispositionsbefugt ist. Unabhängig vom kostenrechtlichen Hintergrund (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 11. Aufl. § 125 Rz. 10) ist im sozialgerichtlichen Verfahren die einseitige Erledigungserklärung – wie vorliegend – möglich. Hierzu hat das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 1995 weiter ausgeführt: „Die Erledigungserklärung hat hier (anders als nach § 91a Abs. 1 ZPO oder § 161 Abs. 2 VwGO) keine eigenständige, insbesondere kostenrechtliche Bedeutung; sie stellt sich je nach prozessualer Konstellation entweder als Klagrücknahme oder als Annahme eines von der Beklagten abgegebenen Anerkenntnisses dar. In beiden Fällen führt die Abgabe der entsprechenden Erklärung zur Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 101 Abs. 2, § 102 Satz 2 SGG). Die Erledigungserklärung ist eine Prozesshandlung, die das Gericht und die Beteiligten bindet, auch wenn der Rechtsstreit materiell nicht erledigt wurde. Sie kann grundsätzlich nicht widerrufen oder wegen Irrtums angefochten werden“ (BSG vom 20. Dezember 1995 – 6 RKa 18/95 –). Eine Anfechtung ist damit nicht möglich und ein Widerruf nur unter den Voraussetzungen der Wiederaufnahme des Verfahrens nach §§ 179, 180 SGG entsprechend möglich. Die Voraussetzungen eines ausnahmsweise möglichen Widerrufs entsprechend den Regeln über die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil abgeschlossenen Verfahrens (§§ 579, 580 ZPO) sind vorliegend offensichtlich nicht erfüllt.

23

Die als Klagrücknahme auszulegende Erledigungserklärung ist wirksam.

24

Der letztmögliche Zeitpunkt für eine Klagrücknahme ist in § 102 Abs. 1 Satz 1 SGG dahin bestimmt, dass sie bis zur Rechtskraft des Urteils möglich ist. Die Klage kann also auch nach Verkündung eines Urteils erster oder zweiter Instanz und auch noch im Rechtsmittelverfahren zurückgenommen werden (vgl. Meyer-Ladewig u.a. a.a.O. § 102 Rz. 6f). Diese Voraussetzung ist unproblematisch erfüllt. Denn weder im Zeitpunkt des Eingangs der streitigen Erklärung beim Sozialgericht noch beim LSG war das von der Klägerin angefochtene Urteil wegen des anhängigen Berufungsverfahrens rechtskräftig. Allerdings ist die Erklärung nicht bereits mit Eingang beim Sozialgericht Lübeck wirksam geworden, sondern erst mit Zugang beim LSG. Zwar bestimmt die Regelung in § 102 SGG nicht, gegenüber welchem Gericht die Rücknahmeerklärung abzugeben ist, insbesondere wenn bereits ein Rechtsmittelverfahren anhängig ist. Mit der herrschenden Literaturmeinung (vgl. z.B. Peters/Sautter/Wolff, Stand 4. Aufl. 33.Nachtr., zu § 102 a.F., zu 3. Frist; Breitkreuz/Fichte, SGG 2. Aufl. 2014, § 102 Rz. 2; Meyer-Ladewig u.a. a.a.O. § 102 Rz. 7 lit. a; Jansen SGG, 4. Aufl. 2012, § 102 Rz. 8; Roos/Wahrendorf SGG 2014 § 102 Rz. 9; Rohwer-Kahlmann, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit, Stand August/2008, Rz. 8) ist auch der Senat der Auffassung, dass die Klagrücknahme gegenüber dem Gericht abzugeben ist, bei dem die Sache anhängig ist, während eines laufenden Berufungsverfahrens also gegenüber dem Rechtsmittelgericht. Soweit sich Teile des Schrifttums demgegenüber insoweit auf eine Entscheidung des BSG (Beschluss vom 27. September 1983 – 8 BK 16/82-) berufen, vermag der Senat dieser Entscheidung allerdings die ihm beigelegte Stringenz nicht zu entnehmen. In dem dort zu entscheidenden Fall war die Konstellation eine gänzlich andere. Es ging darum, ob zu § 102 SGG a.F., nachdem eine Klagrücknahme nur „bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung“ möglich war, eine Klagrücknahme gegenüber dem BSG wirksam erklärt werden konnte, nachdem gegen ein Berufungsurteil bei nicht zugelassener Revision ein Beschwerdeverfahren beim BSG bereits anhängig war. Hierzu hat das BSG angenommen, dass die Klage durch Erklärung gegenüber dem BSG zurückgenommen werden kann. Überzeugender ist für das Erfordernis, die Rücknahmeerklärung gegenüber dem Gericht abzugeben, bei dem die Sache anhängig ist, die Bestimmung des § 269 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO, die über die Verweisungsnorm des § 202 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar ist. Danach ist die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Hieraus folgt, dass die Erklärung gegenüber dem Gericht zu erfolgen hat, bei dem die mündliche Verhandlung durchgeführt wird, hier also dem LSG. Vorliegend war die Erledigungserklärung an das – unzuständige - Sozialgericht gerichtet, weil die Sache dort nicht mehr anhängig war, sodass die Erklärung bei dortigem Eingang am 6. Mai 2013 nicht wirksam wurde. Dies steht aber der Wirksamkeit der Erledigungserklärung gleichwohl nicht entgegen; denn die Wirkungen der Erledigungserklärung treten jedenfalls mit dem Eingang des Schriftsatzes bei dem zuständigen Gericht ein (vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Beschluss vom 19. Februar 1991 – X ZR 14/91- unter Berufung auf BGH vom 21. März 1977 (Beschluss) - II ZB 5/77-). Letzteres führte hierzu weiter aus, dass nur dann, wenn der Widerspruch zu dieser (Rücknahme)Erklärung zu dem wirklichen Willen der anderen Partei und der Irrtum ihres Prozessbevollmächtigten, auf dem die Erklärung beruhte, für ihn und das Gericht ganz offensichtlich waren, es dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechen würde, sich auf diese Erklärung zu berufen. Hiernach ist durch die Weiterleitung der Erklärung an das – zuständige – LSG die Erledigungserklärung mit Eingang am 15. Mai 2013 wirksam geworden. Anhaltspunkte dafür, dass die Rücknahmeerklärung nur gegenüber dem unzuständigen Gericht erfolgen sollte, sind nicht gegeben. Es war aber vorliegend aber weder für die Beklagte, an die die Erledigungserklärung mit Schreiben vom 23. Mai 2013 übersandt worden war, noch für das LSG weder ein entgegen stehender Wille noch der Irrtum des Prozessbevollmächtigten bekannt oder erkennbar. Schon die Tatsache eines weiteren Rechtsstreits der Klägerin war dem LSG nicht bekannt. Soweit in älterer finanzgerichtlicher Rechtsprechung die Klagrücknahme unter dem weiteren Erfordernis des Wissens und Wollens der Weitergabe der Erklärung an das Gericht steht, ist dies vor dem Hintergrund der dortigen Verfahrensordnung zu sehen, nach der eine schriftliche Klagrücknahme auch gegenüber dem beklagten Finanzamt erfolgen kann. In diesen Fällen muss klar erkennbar sein dass der Kläger die Klage dem Gericht gegenüber zurücknimmt und seine Erklärung mit Wissen und Wollen dem Gericht vorgelegt wird (vgl. Bundesfinanzhof [BFH], Beschluss vom 5. März 1971–VI R 184/68-). Derartige Besonderheiten gibt es im sozialgerichtlichen Verfahren nicht. Dieser Maßstab ist daher auch nicht geeignet, Antworten auf die hier relevante Fragestellung der irrtümlichen Abgabe einer Prozesserklärung zu geben.

25

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

26

Der Senat lässt vorliegend die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage der Wirksamkeit einer irrtümlich abgegebenen Erledigungserklärung (oder Klagrücknahme) gegenüber dem erstinstanzlichen Gericht während eines laufenden Berufungsverfahrens gibt es - soweit erkennbar – nicht.


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4.
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5.
selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
6.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
7.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
8.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,
9.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 bis 8 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter. § 157 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen. Satz 3 gilt nicht für Beschäftigte eines Sozialleistungsträgers oder eines Spitzenverbandes der Sozialversicherung.

(4) Vor dem Bundessozialgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind außer den in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen nur die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 bezeichneten Organisationen zugelassen. Diese müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des Satzes 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten; Satz 3 bleibt unberührt.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Bei Ehegatten oder Lebenspartnern und Verwandten in gerader Linie kann unterstellt werden, dass sie bevollmächtigt sind. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten. Im Übrigen gelten die §§ 81, 83 bis 86 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen, können die Beteiligten zu Protokoll des Gerichts oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand der Klage verfügen können. Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Beteiligten einen in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag des Gerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen.

(2) Das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs erledigt insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozeßordnung wieder aufgenommen werden.

(2) Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist ferner zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat.

(3) Auf Antrag kann das Gericht anordnen, daß die gewährten Leistungen zurückzuerstatten sind.

(1) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist auch zulässig, wenn

1.
mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig anerkannt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig zur Leistung verurteilt worden sind,
2.
ein oder mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig abgelehnt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig von der Leistungspflicht befreit worden sind, weil ein anderer Versicherungsträger leistungspflichtig sei, der seine Leistung bereits endgültig abgelehnt hat oder von ihr rechtskräftig befreit worden ist.

(2) Das gleiche gilt im Verhältnis zwischen Versicherungsträgern und einem Land, wenn streitig ist, ob eine Leistung aus der Sozialversicherung oder nach dem sozialen Entschädigungsrecht zu gewähren ist.

(3) Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist bei einem der gemäß § 179 Abs. 1 für die Wiederaufnahme zuständigen Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu stellen. Dieses verständigt die an dem Wiederaufnahmeverfahren Beteiligten und die Gerichte, die über den Anspruch entschieden haben. Es gibt die Sache zur Entscheidung an das gemeinsam nächsthöhere Gericht ab.

(4) Das zur Entscheidung berufene Gericht bestimmt unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide oder richterlichen Entscheidungen den Leistungspflichtigen.

(5) Für die Durchführung des Verfahrens nach Absatz 4 gelten im übrigen die Vorschriften über die Wiederaufnahme des Verfahrens entsprechend.

(6) (weggefallen)

(1) Die Nichtigkeitsklage findet statt:

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.

(2) In den Fällen der Nummern 1, 3 findet die Klage nicht statt, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.