Landessozialgericht NRW Urteil, 10. Nov. 2014 - L 20 SO 484/11
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 20.07.2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen die Einstellung der Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland nach § 24 SGB XII zum 01.11.2010.
3Der 1947 in E geborene Kläger zu 1 und die 1973 geborene Klägerin zu 2 sind Eheleute. Sie lebten mit ihren gemeinsamen Töchtern, der im Oktober 1992 geborenen Klägerin zu 3 sowie der im August 2002 geborenen Klägerin zu 4, seit dem 00.07.2005 in Spanien. Dort hielten sie sich zunächst in Santa F (= Santa F del Rio, Ibiza; Katalonisch: Santa F des Riu) auf. Die Klägerin zu 3 ist am 04.11.2010 aus der elterlichen Wohnung ausgezogen und nach Deutschland zurückgekehrt. Die Kläger zu 1, 2 und 4 befanden sich vom 19.08. bis zum 25.08.2011 vorübergehend in Deutschland, nachdem sie ihre Unterkunft in Spanien aus finanziellen Gründen verlassen mussten und ihnen eine Zwangsausweisung drohte. Zuvor hatten sie am 16.08.2011 bei dem Deutschen Generalkonsulat in Barcelona erneut Sozialhilfe beantragt. Anlässlich des Aufenthalts in Deutschland gewährte die Stadt E den Klägern zu 1, 2 und 4 bzw. der Klägerin zu 2 auf deren Antrag vom 22.08.2011 für die Zeit vom 22. bis zum 31.08.2011 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII (Bescheid vom 24.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2012). Gegenüber dem örtlichen Sozialhilfeträger hatte der Kläger zu 1 anlässlich des dortigen Antrags auf Sozialhilfe unter dem 22.08.2011 zuvor erklärt, er werde mit den Klägerinnen zu 2 und 4 nach Ibiza zurückkehren, sofern ersterer in dem am Folgetag (23.08.2011) stattfindenden Gerichtstermin vor dem Landessozialgericht eine Rentennachzahlung zugesprochen werde. Für die Rückkehr nach Spanien benötige er ggf. ein Darlehen i.H.v. 6.000,00 EUR. Ähnlich hatte der Kläger zu 1 den Beklagten bereits im Vorfeld des Aufenthalts in Deutschland am 12.08.2011 um ein entsprechendes Darlehen gebeten, welches er zur Anmietung einer neuen Wohnung in Spanien benötige. Nachdem der Klägerin zu 2 aufgrund eines Anerkenntnisses der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland eine (im Oktober 2011 ausgezahlte) Rentennachzahlung i.H.v. ca. 13.000,00 EUR (hiervon wurden wegen eines Erstattungsanspruchs ca. 9.900,00 EUR einbehalten) zuerkannt worden war, kehrten die Kläger zu 1, 2 und 4 mit Hilfe eines Vorschusses ihres damaligen Bevollmächtigten nach Ibiza zurück. Dort bewohnten sie zunächst diverse Ferienwohnungen, bevor sie im Oktober 2011 nach G (Provinz Malaga, Andalusien) verzogen.
4Die Klägerin zu 2 leidet an Epilepsie mit täglich mehrfachen Grand-Mal Anfällen sowie Absencen, einem Gehirntumor und psychischen Störungen. Bei ihr sind seit August 1995 seitens des Versorgungsamts N ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "G", "H", "RF" und "B" festgestellt. Sie bezieht seit (spätestens) September 2002 ein Pflegegeld aus der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III (monatlich 685,00 EUR ab 01.01.2010 und 700,00 EUR ab 01.01.2012) und wird von dem Kläger zu 1 gepflegt. Ferner erhält sie seit Juni 2007 eine Rente wegen Erwerbsminderung, welche sich seit Juli 2008 auf 588,70 EUR (Stand Februar 2014: 638,00 EUR) belief.
5Der Kläger zu 1 bezieht seit Januar 2010 eine vorgezogene Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit (ab November 2010: 410,55 EUR; Stand Februar 2014: 422,00 EUR), welche die DRV Rheinland mit Bescheid vom 20.09.2011 rückwirkend für die Zeit ab Januar 2010 (mit einer Nachzahlung i.H.v. ca. 5.000,00 EUR für die Zeit von Januar 2010 bis Oktober 2011) bewilligte. Für die Klägerin zu 4 erhält die Familie Kindergeld (monatlich 184,00 EUR seit Januar 2010).
6Auf den Antrag des Klägers zu 1 vom 16.01.2007 gewährte der Beklagte der gesamten Familie seit Januar 2007 Sozialhilfe für Deutsche im Ausland nach § 24 SGB XII. In dem erstmaligen Leistungsbescheid vom 31.01.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 21.03.2007 errechnete er einen ungedeckten Bedarf der Kläger i.H.v. 1.636,00 EUR, den er für die Zeit "ab Januar 2007" bewilligte. Dabei ging der Beklagte davon aus, dass ein Rücktransport der Klägerin zu 2 nach Deutschland aus medizinischen Gründen nicht möglich und die Voraussetzungen des § 24 SGB XII daher für die gesamte Familie erfüllt seien.
7Durch Bescheid vom 27.01.2009 brachte der Beklagte von den zuerkannten Leistungen ab dem 01.02.2009 Gutscheine für Lebensmittel und Hygieneartikel im Gesamtwert von monatlich 124,00 EUR in Abzug, welche die Stadtverwaltung (Sozialbehörde Santa F, Soziale Dienste) der Klägerin zu 2 aufgrund ihrer sozialen und gesundheitlichen Lage vorübergehend als "Primärversorgung" gewährte (Auskunft der Sozialbehörde Santa F vom 21.04.2009). Anschließend setzte der Beklagte die Leistungen für die Zeit ab dem 01.04.2009 neu fest (Bescheid vom 25.03.2009 in der Fassung des Bescheides vom 22.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2009). Zuletzt mit Bescheid vom 03.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010 setzte der Beklagte die Sozialhilfeleistungen der Kläger für die Zeit "ab dem 01.04.2010" neu fest und bewilligte nunmehr monatliche Leistungen i.H.v. insgesamt 1.016,13 EUR.
8Nach Einholung diverser Auskünfte (u.a. des Auswärtigen Amts vom 09.09.2009, der Deutschen Botschaft in Madrid vom 27.07.2010, der Spanischen Botschaft in Berlin vom 01.07.2010 sowie des Deutschen Generalkonsulats in Barcelona vom 08.03.2010, auf deren Inhalt Bezug genommen wird) hob der Beklagte die zuvor ergangenen Bewilligungsbescheide (u.a. den Bescheid vom 03.03.2010 in der Fassung vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010) durch den (hier angefochtenen) Bescheid vom 29.07.2010 nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X zum 01.11.2010 auf. Die Sach- und Rechtslage habe sich insofern geändert, als die Kläger nunmehr über einen Zeitraum von fünf Jahren in Spanien lebten und daher nach dem Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA) gegenüber dem spanischen Staat die gleichen Leistungen wie spanische Staatsangehörige beanspruchen könnten. Da entsprechende Leistungen durch die spanischen Sozialbehörden zu erwarten seien, bestehe kein Anspruch mehr auf Sozialhilfe für Deutsche im Ausland (§§ 2 und 24 Abs. 2 SGB XII). Zugleich empfahl der Beklagte, die Leistungen bei den spanischen Behörden umgehend zu beantragen.
9Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch der Kläger wies der Beklagte unter Beteiligung sozial erfahrener Personen (vgl. § 116 SGB XII) mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 (dem damaligen Bevollmächtigten der Kläger am 02.11.2010 zugestellt) zurück. Nach den beigezogenen Auskünften könnten Deutsche in Spanien als EU-Bürger grundsätzlich Sozialhilfe beanspruchen, sofern sie sich - je nach Region - über einen Zeitraum zwischen drei und maximal fünf Jahren in Spanien aufhielten. Die spanische Sozialhilfe werde beitragsunabhängig gewährt. Die Kläger hätten zudem bislang nicht dargelegt, einen entsprechenden Antrag gestellt zu haben. Ein ablehnender Bescheid der spanischen Behörde sei nicht vorgelegt worden.
10Dagegen haben die Kläger am 05.11.2010 bei dem Sozialgericht Köln Klage erhoben. Sie haben geltend gemacht, von den spanischen Behörden keine Sozialhilfe zu erhalten. Sozialhilfe werde in Spanien grundsätzlich nur gewährt, wenn der Anspruchsteller dort eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt habe. Die Kläger seien jedoch zu keinem Zeitpunkt in Spanien versicherungspflichtig beschäftigt gewesen; Beiträge an Renten- bzw. Sozialversicherungsträger seien daher nicht entrichtet worden. Spanische Sozialhilfe erhalte darüber hinaus nur, wer das 65. Lebensjahr vollendet und über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren in Spanien gewohnt habe; auch diese Voraussetzung erfüllten die Kläger nicht. Der Kläger zu 1 habe bei den spanischen Behörden zahlreiche Anträge gestellt. Diese seien dort jedoch schon nicht angenommen worden; schriftliche Ablehnungsbescheide könnten sie daher nicht vorlegen. Lebensmittelgutscheine habe die spanische Behörde der Familie in der Vergangenheit nur vorübergehend zur Verfügung gestellt, weil die Leistungen des Beklagten nicht ausreichend gewesen seien. Zur Stützung ihres Vorbringens haben die Kläger diverse Unterlagen vorgelegt, u.a. ein Schreiben des Ministeriums für Arbeit und Einwanderung (Öffentliche Stelle für Arbeit) vom 13.10.2010, eine Bescheinigung der Regierung der Balearen (Amt für Soziales, Förderung und Immigration, Abteilung für Unterstützungsleistungen) vom 07.12.2010, eine Bescheinigung des Ministeriums für Arbeit und Immigration (Sozialversicherungsanstalt, Provinzstelle der Balearen) vom 03.12.2010 sowie ein Schreiben des Rechtsanwalts W N (ansässig in Santa F) vom 03.12.2010. Auf den Inhalt dieser Schreiben wird verwiesen.
11Die Kläger haben beantragt,
12den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2010 zu verurteilen, ihnen weiterhin ab November 2010 Sozialhilfe zu gewähren.
13Der Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Er hat die angefochtenen Bescheide für zutreffend erachtet.
16Mit Urteil vom 20.07.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Den Klägern stehe über den 31.10.2010 hinaus keine Sozialhilfe für Deutsche im Ausland zu. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.
17Gegen das ihrem damaligen Bevollmächtigten am 10.08.2011 zugestellte Urteil haben die Kläger am 02.09.2011 Berufung eingelegt. Sie tragen im Wesentlichen ergänzend vor, es handele sich bei den Auskünften der Spanischen Botschaft in Berlin und der Deutschen Botschaft in Madrid, auf welche der Beklagte die Leistungseinstellung stütze, um vorsätzlich manipulierte Gefälligkeitserklärungen. Die Darstellung der Deutschen Botschaft in Madrid im Internet, wonach in Spanien lebende Deutsche dort Sozialhilfe erhalten könnten, sei inzwischen berichtigt worden. Der Kläger zu 1 sei schon im Jahr 2009 und auch fortlaufend beim Servicio Social in Santa F vorstellig geworden, um dort Sozialhilfe zu beantragen. Zur Antragstellung zugelassen werde man jedoch nur, wenn eine geprüfte Berechtigung vorliege. Über eine solche Berechtigung verfüge die Familie nicht; dies hätten die Kläger bereits durch die vorgelegte schriftliche Bestätigung der zuständigen spanischen Behörde nachgewiesen. Weder habe die Familie ein Antragsformular erhalten, noch habe die Behörde einen Ablehnungsbescheid erteilt. Das Amt in Ibiza-Stadt habe einen Antrag der Kläger schon nicht angenommen. Auch ein Widerspruch gegen das Schreiben der Regierung der Balearen vom 15.10.2010 sei nicht angenommen worden. Die Interpretation und Übersetzung des im Berufungsverfahren vom Beklagten vorgelegten Schreibens der Regierung vom 12.03.2014 seien ebenfalls unzutreffend. Bei der Balearen- oder der Bezirksregierung könne - entgegen dem Inhalt dieses Schreibens - kein Antrag des Klägers zu 1 vorliegen, weil dieser nicht angenommen worden sei. Auf den Balearen gebe es kein Büro dieser Behörde. Die Anträge würden von den örtlichen Sozialämtern, im Falle der Kläger also vom Sozialamt in Santa F, bearbeitet. Bei positiver Antragstellung werde die Angelegenheit entweder an die Zentrale in Madrid weitergeleitet, oder das örtliche Sozialamt entscheide in eigener Kompetenz. Die Klägerin zu 2 sei im Übrigen - abweichend vom Vorbringen des Beklagten im Berufungsverfahren - nach wie vor aus gesundheitlichen Gründen an einer Rückkehr nach Deutschland gehindert. Zur Stützung ihres Vorbringens haben die Kläger weitere Unterlagen, u.a. ein Schreiben der Regierung der Balearen (Ministerium für Soziale Angelegenheiten, Förderung und Einwanderung, Generaldirektion für Soziale Betreuung) mit Registrierung vom 15.10.2010, des Staatssekretariats für soziale Angelegenheiten (Ministerium für Arbeit und Immigration) vom 05.10.2012, ein weiteres Schreiben des Ministeriums für Arbeit und Soziales (Nationales Institut der sozialen Sicherheit, Provinzverwaltung von Malaga) vom 05.10.2012, eine Bescheinigung des Ministeriums für Arbeit und Soziales (Hauptschatzamt der Sozialversicherung) vom 02.10.2012 sowie eine ärztliche Stellungnahme des Dr. L vom 09.09.2014 (zum Gesundheitszustand der Klägerin zu 2 nach ihrer Rückkehr aus E im August 2011) vorgelegt; auf deren Inhalt wird ebenfalls Bezug genommen.
18Die Kläger beantragen,
19das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 20.07.2011 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 29.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2010 aufzuheben.
20Der Beklagte beantragt,
21die Berufung zurückzuweisen.
22Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Die Kläger könnten Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland schon deshalb nicht mehr beanspruchen, weil die Klägerin zu 2 und damit die gesamte Familie nicht an der Rückkehr nach Deutschland gehindert sei. Aufgrund des vorübergehenden Aufenthalts in E im August 2011 sowie des späteren Umzugs innerhalb Spaniens stehe fest, dass die Klägerin zu 2 trotz ihres Gesundheitszustandes reisefähig sei. Die Kläger hätten zudem weiterhin nicht nachgewiesen, in Spanien Sozialhilfe beantragt zu haben. In der von ihnen vorgelegten Bescheinigung der Regierung der Balearen vom 15.10.2010 werde zwar ein Antrag des Klägers zu 1 auf soziale Leistungen erwähnt. Es habe sich dabei jedoch nicht um einen Antrag auf eine beitragslose Sozialleistung gehandelt; insofern legt der Beklagte ergänzend eine Auskunft der Regierung der Balearen (Ministerium für Familie und Soziale Dienste, Generaldirektion für Familie und Kinder) vom 12.03.2014 sowie eine E-Mail der Deutschen Botschaft Madrid, vom 14.03.2014 vor, auf deren Inhalt verwiesen wird.
23Der Senat hat zur weiteren Klärung u.a. die Spanische Botschaft in Berlin, Abteilung für Arbeit und Einwanderung, um Auskunft zu den Voraussetzungen u.a. der spanischen Sozialhilfe gebeten. Wegen der Einzelheiten der Auskunft vom 23.05.2012 wird auf Bl. 151 ff. der Gerichtsakten Bezug genommen.
24Ferner sind die Kläger im Hinblick auf das von ihnen vorgelegte Schreiben der Regierung der Balearen vom 15.10.2010 um Darlegung gebeten worden, welchen Antrag auf soziale Leistungen der Kläger zu 1 wann gestellt hat. Zugleich wurden sie um Übersendung einer Kopie des Antrags gebeten. Der Kläger zu 1 hat daraufhin mitgeteilt, den Ablauf einer solchen Antragstellung, die nie bearbeitet worden sei, bereits ausführlich erklärt zu haben.
25In einem Erörterungstermin vom 20.02.2014 hat der (persönlich erschienene) Kläger zu 1 u.a. Angaben zum Gesundheitszustand der Klägerin zu 2, zum Umfang ihrer Pflege, zur Flugreise nach Deutschland im August 2011 sowie zum Umzug nach Malaga (via Flugzeug) im Oktober 2011 gemacht. Ferner hat er erklärt, nicht im Besitz einer Kopie des Antrags zu sein, welcher dem Schreiben der Balearen-Regierung vom 15.10.2010 zugrunde liege. Beim Aufsuchen des Amts erhalte man ein Formular ausgehändigt, vervollständige dieses und müsse es sofort wieder abgeben. In der Regel erhalte man anlässlich eines abgelehnten Antrags auch keinen Bescheid; ein solcher werde nur bei positiver Entscheidung erteilt. Daher habe er einen Rechtsanwalt in Spanien mit der offiziellen Antragstellung beauftragt und daraufhin das Schreiben der Regierung der Balearen erhalten. Widerspruch habe er gegen dieses Schreiben nicht erhoben, weil der beauftragte Rechtsanwalt ihm erklärt habe, dass die Sach- und Rechtslage eindeutig sei. Auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 20.02.2014 wird im Übrigen verwiesen.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
27Entscheidungsgründe:
28A) Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
29I. Die auch im Übrigen zulässige Klage ist als reine Anfechtungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 SGG) statthaft.
301. Die Kläger wenden sich gegen den Bescheid vom 29.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2010, mit welchem der Beklagte (u.a.) die zuletzt ergangenen Leistungsbescheide über die Bewilligung von Sozialhilfe für Deutsche im Ausland für die Zeit "ab dem 01.04.2010" (= Bescheid vom 03.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010) mit Wirkung zum 01.11.2010 aufgehoben hat. Im Falle einer erfolgreichen Anfechtung der Aufhebungsbescheide könnten die Kläger aus den dann weiterhin Regelungswirkung entfaltenden (zuletzt ergangenen) Bewilligungsbescheiden über den 31.10.2010 hinaus Sozialhilfe in der dort zuerkannten Höhe beanspruchen. Diese Dauerverwaltungsakte entfalten über den Kalendermonat April 2010 hinaus Wirkung, weil der Beklagte darin aus der insoweit maßgeblichen Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers (vgl. zu dieser Voraussetzung bei der Auslegung behördlicher Willenserklärungen u.a. BSG, Urteil vom 17.06.2008 - B 8 AY 8/07 R) ohne zeitliche Begrenzung ("ab dem 01.04.2010") Leistungen zuerkannt hat. Dass der insoweit in erster Linie maßgebliche Verfügungssatz nicht zu Beginn des Bescheides vom 03.03.2010 zu finden ist, ist unerheblich. Den - im Rahmen der Auslegung ergänzend heranzuziehenden - (sonstigen) Gründen der Bescheide lassen sich zudem keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass (erst) in den Folgemonaten (ab Mai 2010) jeweils erneut - etwa konkludent durch faktische Auszahlung - Leistungen hätten bewilligt werden sollen. Dementsprechend hat auch der Beklagte selbst der erfolgten Leistungsbewilligung in der Vergangenheit Dauerwirkung über den Kalendermonat April 2010 hinaus beigemessen; anderenfalls hätte es einer Aufhebung dieser Bescheide nach § 48 SGB X für die Zeit ab November 2010 durch die hier angefochtenen Bescheide nicht bedurft.
312. Die Regelungswirkung der nach § 48 SGB X ergangenen, hier angefochtenen Bescheide ist auch nicht zwischenzeitlich dadurch entfallen, dass die Kläger am 16.08.2011 bei dem Deutschen Generalkonsulat erneut Sozialhilfe beantragt haben. Gleiches gilt im Hinblick auf den Umstand, dass die Stadt E den Klägern zu 1, 2 und 4 anlässlich ihres siebentägigen Aufenthalts in Deutschland vorübergehend (vom 22. bis zum 31.08.2011) Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 27 SGB XII gewährt hat. Zwar erledigt sich ein Bescheid, mit welchem eine Leistung ohne zeitliche Begrenzung abgelehnt worden ist, nach § 39 Abs. 2 SGB X, wenn zwischenzeitlich ein neuer Antrag gestellt wurde, für die von einem auf diesen Antrag ergangenen neuen Bescheid erfasste Zeit (BSG, Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R). An einem solchen Bescheid fehlt es vorliegend jedoch.
32a) Den beim Generalkonsulat gestellten, auslegungsbedürftigen Antrag vom 16.08.2011 haben die Kläger zwar - abweichend von der Auffassung des Beklagten - nicht mit Schreiben vom 08.09.2011 zurückgenommen; denn jenes Schreiben bezog sich vom Empfängerhorizont her lediglich auf einen bei dem Sozialgericht gestellten Eilantrag der Kläger. Der Antrag wurde jedoch vom Beklagten bislang jedenfalls nicht beschieden.
33b) Die (allein) seitens der Stadt E und damit ohnehin durch einen anderen Leistungsträger ergangenen Leistungsbescheide regeln aber lediglich die Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 27 SGB XII, nicht hingegen die hier in Rede stehende, gemäß § 24 SGB XII an gänzlich andere Voraussetzungen geknüpfte Sozialhilfe für Deutsche im Ausland. Ohnehin erschöpft sich der Regelungsgehalt dieser Bescheide in zeitlicher Hinsicht auf einen Bewilligungszeitraum vom 22. bis zum 31.08.2011.
34II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Die Kläger können vom Beklagten über den 31.10.2010 hinaus keine Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland beanspruchen.
351. Zu Recht hat der Beklagte die Aufhebung der zuvor ergangenen Leistungsbewilligungsbescheide auf die Vorschrift des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X gestützt, welche die Aufhebung eines Dauerverwaltungsakts mit Wirkung für die Zukunft ermöglicht. Um eine solche Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft handelt es sich hier; denn der Beklagte hat die früheren Leistungsbewilligungsbescheide in den angefochtenen Bescheiden zum 01.11.2010 aufgehoben, also ab einem Zeitpunkt, der nach Bekanntgabe des angefochtenen Ausgangsbescheides vom 29.07.2010 liegt (vgl. zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe des Verwaltungsakts Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 48 Rn. 18, und zur Maßgeblichkeit des Ausgangsbescheides, nicht hingegen des Widerspruchsbescheides, etwa BSG, Urteil vom 29.04.1998 - B 7 AL 18/97 R).
362. Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig ergangen.
37a) Der Beklagte war als für die Erbringung der in Rede stehenden Leistungen gemäß § 24 Abs. 4 S. 1 SGB XII sachlich und örtlich zuständiger überörtlicher Sozialhilfeträger auch für die Entscheidung nach § 48 SGB X zuständig (vgl. § 48 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 44 Abs. 3 SGB X). Seine örtliche Zuständigkeit beruht darauf, dass der Kläger zu 1 als ältestes Familienmitglied in E und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten geboren ist (vgl. § 24 Abs. 4 S. 2 i.V.m. Abs. 5 S. 1 SGB XII).
38b) Der Umstand, dass die Kläger entgegen § 24 Abs. 1 SGB X vor Erlass des sie belastenden Aufhebungsbescheides vom 29.07.2010 nicht angehört wurden, ist gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X unschädlich; denn ihnen wurde im Widerspruchsverfahren zu allen wesentlichen Tatsachen, auf welche der Beklagte seine Entscheidung gestützt hat, rechtliches Gehör gewährt und ein etwaiger Anhörungsmangel daher geheilt. Eines gesonderten Hinweises auf die Äußerungsmöglichkeit sowie auf die maßgeblichen Tatsachen bedarf es insoweit in der Regel nicht (Schütze, a.a.O., § 41 Rn. 15 m.w.N.).
393. Die angefochtenen Bescheide sind auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X sind erfüllt. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
40a) Es handelt sich bei dem zuletzt - für die Zeit ab dem 01.04.2010 - ergangenen Bewilligungsbescheid vom 03.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010, welchen der Beklagte durch die hier angefochtenen Bescheide zum 01.11.2010 aufgehoben hat, um einen begünstigenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (s.o.).
41Dass der Beklagte in dem (Ausgangs-)Bescheid vom 03.03.2010 darüber hinaus (nahezu) sämtliche früheren Leistungsbescheide aufgehoben hat, mit welchen er den Klägern in dem Zeitraum seit Januar 2007 Sozialhilfe zuerkannt hat, ist unschädlich. Diese Aufhebung geht - ebenso wie die eines (auch nach dem Vorbringen des Beklagten) nicht existenten Bescheides vom 20.04.2009 - lediglich "ins Leere"; denn die früheren Bewilligungsbescheide wurden bereits durch die nachfolgend ergangenen Leistungsbescheide, mit denen die Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland jeweils für spätere Zeiträume "neu festgesetzt" wurden, konkludent aufgehoben.
42b) In den tatsächlichen bzw. rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bewilligungsbescheides vom 03.03.2010 in der Fassung des Bescheides vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010 vorgelegen haben, ist insofern eine wesentliche Änderung eingetreten, als die Voraussetzungen des § 24 SGB XII (jedenfalls) zum 01.11.2010 entfallen sind.
43Nach § 24 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, keine Leistungen. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland wegen eines der in § 24 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 3 SGB XII genannten Hinderungsgründe nicht möglich ist (vgl. § 24 Abs. 1 S. 2 SGB XII). Dabei richten sich Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und Vermögens nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland (§ 24 Abs. 3 SGB XII). Leistungen in das Ausland werden nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind (§ 24 Abs. 2 SGB XII).
44aa) Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X allerdings - ohne dass es hierauf letztlich ankommt - nicht mit Erfolg darauf stützen, dass die Klägerin zu 2 (und damit die gesamte Familie) nach den Feststellungen des Senats in dem anhängig gewesenen Parallelverfahren (L 20 SO 481/11) bereits in dem dort streitbefangenen Zeitraum (von 2008 bis 2010) nicht im Sinne des § 24 Abs. 1 S. 2 SGB XII an einer Rückkehr nach Deutschland gehindert war. Bestand das Rückkehrhindernis schon im Zeitpunkt des Erlasses der aufgehobenen Bescheide über die Bewilligung von Leistungen für die Zeit ab dem 01.04.2010, so ist gerade keine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X eingetreten. Dass sich die tatsächlich bereits anfänglich vorhandene Rückkehrfähigkeit erst später - etwa wie hier nach weiteren Ermittlungen - erwiesen hat, ist unbeachtlich; denn entscheidend sind die objektiven Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.2011 - B 4 AS 21/10 R).
45Eine Umdeutung der streitbefangenen Bescheide in einen - bei anfänglicher Rechtswidrigkeit allein in Betracht kommenden - Rücknahmebescheid nach § 45 SGB X kommt nicht in Betracht. Gleiches gilt unter dem Gesichtspunkt des "Nachschiebens von Gründen" (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 21.06.2011 - B 4 AS 21/10 R). Stützt die Behörde ihre Aufhebungsentscheidung (wie hier) auf § 48 SGB X, obwohl § 45 SGB X hätte Anwendung finden müssen, so wäre dies bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit nur dann unbeachtlich, wenn es einer Ermessenentscheidung nicht bedurfte hätte (vgl. BSG, a.a.O.); denn sowohl eine Umdeutung als auch ein Nachschieben von Gründen ist nur denkbar, wenn der Wesensgehalt des Verwaltungsakts hierdurch nicht verändert wird (vgl. zum Nachschieben von Gründen Schütze, a.a.O., Rn. 12 m.w.N., und zur Umdeutung auch § 43 Abs. 3 SGB X). Vorliegend würde der angefochtene Bescheid durch eine Umdeutung bzw. ein Nachschieben von Gründen aber in seinem Wesensgehalt verändert. Denn § 45 Abs. 1 S. 1 SGB X setzt - abweichend von § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X - auch bei einer Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft die Ausübung von Ermessen voraus; der Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden jedoch kein Ermessen ausgeübt. Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null, welche die fehlende Ermessensausübung unbeachtlich erscheinen ließe (vgl. dazu Schütze, a.a.O.), sind zugleich nicht ersichtlich.
46bb) In den Verhältnissen, die bei Erlass der hier maßgeblichen, für die Zeit ab April 2010 Leistungen zuerkennenden Bewilligungsbescheide bestanden, ist jedoch insofern eine wesentliche Änderung eingetreten, als seit dem 01.11.2010 Leistungen des Aufenthaltslandes zu erwarten waren (§ 24 Abs. 2 SGB XII). Das gilt für die Klägerin zu 3 nur bis zu ihrer Rückkehr nach Deutschland am 04.11.2010 (dazu weiter unten), für die übrigen Kläger auch darüber hinaus.
47(1) Im Sinne dieser Vorschrift "zu erwarten" sind Leistungen, insbesondere der Sozialhilfeträger des Aufenthaltslandes, wenn sie überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 24 Rn. 22; Bieback in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage 2014, § 24 SGB XII Rn. 29). Der Annahme einer niedrigeren Wahrscheinlichkeitsstufe (einfache oder hinreichende Wahrscheinlichkeit) steht die mit § 24 SGB XII intendierte generelle Zielsetzung entgegen, Leistungen für Deutsche mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland ausschließlich in den gesetzlich bestimmten drei Ausnahmefällen (vgl. § 24 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB XII) zu erbringen (Hohm, a.a.O.). Andererseits ist eine mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit schon nach dem eindeutigen Wortlaut ("zu erwarten") nicht zu verlangen (Hohm, a.a.O.).
48Für die Beurteilung, ob Leistungen zu erwarten sind, bedarf es einer gerichtlich überprüfbaren Prognoseentscheidung des Trägers der Sozialhilfe (Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 24 Rn. 51; Bieback, a.a.O., Rn. 29; vgl. ferner Hohm, a.a.O., Rn. 23). Dabei reicht indes die rechtliche Verpflichtung des Aufenthaltslandes zur Leistungserbringung - sei es aufgrund innerstaatlicher Regelungen des Landes oder aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen - nicht aus. Weigert sich das Aufenthaltsland rechts- oder vertragswidrig, Fürsorgeleistungen zu erbringen, so greift der Anspruchsausschluss nach § 24 Abs. 2 SGB XII nicht ein (Hohm, a.a.O., Rn. 24; Bieback, a.a.O., Rn. 31 m.w.N.; vgl. ferner Coseriu, a.a.O., Rn. 52 für den Fall, dass eine öffentliche Stelle Leistungen abgelehnt hat); denn derartige Leistungen müssen auch tatsächlich erwartbar sein. Hat der Betroffene Sozialhilfeleistungen im Ausland schon nicht beantragt, obwohl ein Anspruch hierauf besteht, so sind Leistungen nach § 24 Abs. 2 SGB XII hingegen nicht zu erbringen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 09.03.2011 - L 12 SO 634/10 B ER; ferner Bieback, a.a.O., Rn. 31); denn dann hat der Betroffene nicht alles ihm Zumutbare getan, um seinen Leistungsanspruch zu verwirklichen.
49Ausgehend von der insoweit zu treffenden Prognoseentscheidung war es vorliegend schon im Zeitpunkt der Leistungseinstellung überwiegend wahrscheinlich, dass den Klägern nach fünfjährigem dauerhaften Aufenthalt in Spanien (am 22.07.2010) und damit auch ab dem 01.11.2010 Anspruch auf spanische Sozialhilfe zustand. Es lässt sich zudem (auch in der Rückschau) nicht feststellen, dass die spanischen Behörden den Klägern entsprechende Leistungen trotz Antragstellung rechts- oder vertragswidrig versagt hätten.
50(a) Es spricht mehr dafür als dagegen, dass die Kläger spätestens ab dem 01.11.2010 spanische Sozialhilfe beanspruchen konnten. Dabei kommt es lediglich darauf an, dass die Kläger seither die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllten, ihnen spanische Sozialhilfe also dem Grunde nach mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit zustand. Dass sie - insbesondere unter Berücksichtigung etwaiger eigener Einkünfte - auch der Höhe nach leistungsberechtigt, also bedürftig waren, ist hingegen nicht erforderlich; denn Art und Maß der Leistungserbringung richten sich gemäß § 24 Abs. 3 SGB XII nach den Verhältnissen des Aufenthaltslandes. Leistungen, die über Art und Umfang der Leistungen in Spanien hinausgehen, muss der deutsche Sozialhilfeträger daher grundsätzlich nicht erbringen. Den Betroffenen steht kein Wahlrecht zwischen der Sozialhilfe nach § 24 SGB XII und Leistungen nach den rechtlichen und sonstigen Verhältnissen des Aufnahmelandes zu (vgl. zu letzterem u.a. Hohm, a.a.O., Rn. 21 und BT-Drucks. 15/176 S. 6).
51Zu Recht ist der Beklagte im Rahmen seiner Prognoseentscheidung davon ausgegangen, dass die Kläger (spätestens) zum 01.11.2010 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dem Grunde nach die Voraussetzungen für den Erhalt spanischer Sozialhilfe erfüllten; denn sie hielten sich seit dem 21.07.2005 und damit zum 01.11.2010 bereits über einen Zeitraum von fünf Jahren in Santa F (Ibiza) auf und waren dort gemeldet. Entgegen dem Vorbringen der Kläger setzt spanische Sozialhilfe auch nicht voraus, dass der Betroffene Beiträge zur dortigen Rentenversicherung oder zu einem sonstigen dortigen Sozialversicherungssystem entrichtet hat. Es bedarf vielmehr - neben der Antragstellung und einer Anmeldung - lediglich eines Mindestaufenthalts in Spanien, der sich an dem damaligen Wohnort der Kläger jedenfalls nach der Verwaltungspraxis der örtlichen Behörden auf fünf Jahre belief.
52(aa) Dass es sich bei der spanischen Sozialhilfe um eine beitragslose Leistung handelt, steht insbesondere nach den übereinstimmenden Auskünften der Spanischen Botschaft in Berlin vom 01.07. und 19.11.2010, der Deutschen Botschaft in Madrid vom 27.07.2010 sowie des Deutschen Generalkonsulats Barcelona vom 08.03.2010 fest, welche der Beklagte im Verwaltungsverfahren beigezogen hat und die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet hat. Die Richtigkeit der dortigen Angaben wird durch die im Berufungsverfahren beigezogene Auskunft der Spanischen Botschaft in Berlin vom 23.05.2012 bestätigt. Danach handelt es sich bei der spanischen Sozialhilfe (= auf den Balearen "renta minima de inserción", in Andalusien "salario social") um eine Leistung, die von der jeweiligen regionalen Regierung geregelt und bewilligt wird, und die lediglich eine Meldung, z.T. auch eine Wohnsitznahme in der jeweiligen Provinz für eine gewisse Dauer, nicht hingegen die Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen bzw. die vorherige Ausübung einer Erwerbstätigkeit erfordert.
53In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob Hilfebedürftige, die (wie zunächst die Kläger) auf den Balearen wohnen, nicht - wie in anderen Provinzen Spaniens - erst nach fünfjährigem Aufenthalt, sondern bereits sechs Monate nach Wohnsitznahme spanische Sozialhilfe beanspruchen können (so die Auskunft der Spanischen Botschaft vom 23.05.2012). Gleiches gilt für die Frage, ob es eines Mindestaufenthalts in der jeweiligen Provinz bei Minderjährigen bzw. solchen Personen, die Minderjährige unterhalten, nicht bedarf (vgl. die Auskunft der Spanischen Botschaft vom 19.11.2010); denn der Senat hält es im Hinblick auf die Auskünfte der Sozialbehörde am damaligen Wohnort der Kläger (Santa F) für überwiegend wahrscheinlich, dass die Kläger - unabhängig von einer etwaigen früheren Leistungsverpflichtung der Regionalregierung - erst nach fünfjährigem Aufenthalt auf Ibiza tatsächlich Zugang zum spanischen Sozialhilfesystem hätten erhalten können. Denn bereits unter dem 27.01.2006 hatte die Stadt Santa F dem Beklagten insofern mitgeteilt, dass eine beitragsunabhängige "Rente", welche für die Klägerin zu 2 allein in Betracht komme, einen legalen Aufenthalt auf spanischem Territorium von mindestens fünf Jahren voraussetze. An der diesbezüglichen Verwaltungspraxis der örtlichen Behörden hat sich nachfolgend nichts geändert. Der Senat entnimmt dies der in den Verwaltungsvorgängen des Beklagten befindlichen, ebenfalls urkundenbeweislich verwerteten E-Mail eines Mitarbeiters des Deutschen Generalkonsulats in Barcelona vom 08.03.2010, welche den entsprechenden Inhalt eines Telefonats mit der zuständigen Sozialbehörde in Santa F wiedergibt.
54Keine andere Beurteilung ergibt sich im Übrigen im Hinblick auf das EFA vom 11.02.1953, dem sowohl Spanien als auch Deutschland beigetreten sind. Auch aus Art. 1 EFA hatten die Kläger "dem Grunde nach" Leistungen erst nach fünfjährigem Aufenthalt von den örtlichen Behörden zu erwarten. Zwar entsprechen Voraussetzung, Art und Umfang der Fürsorgeleistungen nach Art. 1 EFA den Leistungen, die den eigenen Staatsangehörigen gewährt werden. Auch diese Leistungen werden nach den Erfahrungen des Deutschen Generalkonsulats jedoch (tatsächlich) erst nach fünfjährigem dortigen Aufenthalt erbracht (vgl. die in den Verwaltungsvorgängen befindliche Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 09.09.2009).
55Dass die Klägerin zu 2 von der örtlichen Sozialbehörde bereits zuvor vorübergehend (von Dezember 2008 bis April 2009) Gutscheine zum Erwerb von Lebensmitteln und Hygieneartikeln erhalten hat, lässt eine andere Beurteilung nicht zu; denn es handelte sich dabei - der Auskunft der Stadtverwaltung Santa F vom 21.04.2009 folgend - offenbar um eine freiwillige Leistung im Sinne einer Nothilfe ("Primärversorgung"), welche der Klägerin zu 2 u.a. aufgrund ihrer gesundheitlichen Lage gewährt wurde.
56Schließlich sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Kläger nach ihrem Umzug von Ibiza nach Malaga (Andalusien) im Oktober 2011 dem Grunde nach keinen Anspruch mehr auf spanische Sozialhilfe gehabt hätten; denn nach der zweitinstanzlich eingeholten Auskunft der Spanischen Botschaft in Berlin vom 23.05.2012 setzt die Gewährung spanischer Sozialhilfe an Familienverbände in Andalusien - neben Bedürftigkeit - lediglich voraus, dass die Familie unter derselben Anschrift in Andalusien gemeldet ist und bereits ein Jahr oder länger vor Antragstellung eine Familie bildete. Diese Voraussetzung erfüllten die Kläger zu 1, 2 und 4 jedoch schon im Zeitpunkt ihres Umzugs.
57(bb) Die von den Klägern im Verlauf des Verfahrens vorgelegten Unterlagen und Bescheinigungen spanischer Stellen sind nicht geeignet, die Richtigkeit der erwähnten Auskünfte in Zweifel zu ziehen. Ihnen lässt sich schon nicht entnehmen, dass die spanische Sozialhilfe über die genannten Voraussetzungen hinaus eine zuvor ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung bzw. die Entrichtung von Beiträgen erfordert.
58Soweit verschiedene öffentliche Stellen in Spanien in den übersandten Bescheinigungen schriftlich bestätigen, dass die Kläger zu 1 und 2 von dort keine Leistungen beziehen bzw. bezogen haben und auch nicht bezugsberechtigt sind, betreffen diese Schreiben/Auskünfte entweder nicht die spanische Sozialhilfe (so das Schreiben des Leiters des Büros für Leistungen des Arbeitsamtes des öffentlichen Dienstes, Hauptstelle Ibiza, vom 13.10.2010, des Direktors der Leistungsabteilung der öffentlichen Stelle für Arbeit, Leistungsabteilung Ibiza, vom 10. oder 13.10.2010, die Bescheinigung des Regionalleiters des Nationalen Instituts für Soziale Angelegenheiten, Regionaldirektion der Balearen, vom 03.12.2010, die Auskunft der Abteilung für Arbeit und Migration der Botschaft von Spanien - wohl - aus August 2009, das Schreiben des Ministeriums für Arbeit und Soziales, Hauptschatzamt der Sozialversicherung, vom 02.10.2012, das Schreiben des Staatssekretariats für soziale Angelegenheiten des Ministeriums für Arbeit und Immigration vom 05.10.2012, der Auszug aus www.spanienclub.de und die Arbeitshilfe des Deutschen Caritasverbandes). Oder sie geben keine Auskunft darüber, aus welchen Gründen die Kläger keine Sozialhilfe erhalten (so die Bescheinigung des Leiters des Amtes für Unterstützungsleistungen beim Amt für Soziales, Förderung und Immigration, Balearen, vom 07.12.2010).
59Ebenso wenig lässt das Schreiben der Regierung der Balearen (Ministerium für soziale Angelegenheiten, Förderung und Einwanderung, Generaldirektion für soziale Betreuung) mit Registrierung vom 15.10.2010 den Rückschluss zu, dass spanische Sozialhilfe nur gewährt wird, wenn zuvor (Sozialversicherungs-)Beiträge erbracht wurden. Zwar wird darin die Bearbeitung eines Antrags des Klägers zu 1 auf "soziale Leistungen" mit der Begründung abgelehnt, dass er weder in der dortigen Gemeinde noch in Spanien Sozialversicherungsbeiträge geleistet habe. Es ist jedoch schon nicht erkennbar, dass sich das Schreiben auch zu den Voraussetzungen der spanischen Sozialhilfe verhält. Zudem lag der Auskunft - dem Schreiben der Regierung der Balearen (Ministerium für Familie und Soziale Dienste) vom 12.03.2014 folgend - kein Antrag des Klägers zu 1 auf spanische Sozialhilfe zugrunde. Nach der dem Schreiben beigefügten Empfangsbestätigung der Regierung der Balearen vom 17.09.2010 handelte es sich vielmehr um einen allgemeinen, bei der Arbeitsvermittlung der Balearen in Ibiza gestellten, an "sonstige Verwaltungsbehörden" gerichteten Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung, aus der hervorgehen sollte, ob der Kläger zu 1 bzw. die Familie Anspruch auf Erhalt von Leistungen besitze oder diese zu irgendeinem Zeitpunkt in Spanien bezogen habe.
60Soweit der Direktor des Nationalen Instituts der sozialen Sicherheit, Provinzverwaltung von Malaga, Ministerium für Arbeit und Soziales, unter dem 05.10.2012 bescheinigt, dass der Kläger zu 1 im Register für öffentliche Sozialangelegenheiten nicht als Berechtigter auf "Leistungen des sozialen Sicherungssystems sowie anderer allgemeiner staatlicher Sozialleistungen" aufgeführt wird, bleibt schon unklar, um welche Leistungen es sich hierbei konkret handelt. Zudem lässt der Umstand, dass der Kläger zu 1 nicht als Berechtigter in dem dortigen Register geführt wird, nicht den Schluss zu, dass er die Voraussetzungen für den Erhalt der spanischen Sozialhilfe nicht erfüllt.
61Soweit die Kläger ferner auf angeblich inzwischen berichtigte Hinweise auf der Homepage der Deutschen Botschaft in Madrid Bezug nehmen, nach denen der spanische Staat für die Kläger nicht zuständig und von dort keine Hilfe zu erwarten sei, lässt sich dies dem Internetauftritt der Deutschen Vertretungen in Spanien (Stand November 2012; unter www.madrid.diplo.de/Vertretungen/madrid/de/05/Leben und Arbeiten) nicht entnehmen. Danach können vielmehr auch Residenten aus einem EU-Mitgliedstaat spanische Sozialhilfe beanspruchen, wenn auf Arbeitslosengeld oder -hilfe kein Anspruch (mehr) besteht.
62Einzig die "Europa-Beratung" führt in einer E-Mail vom 29.02.2012 zwar aus, dass Anspruch auf spanische Sozialhilfe nur bestehe, wenn zuvor Beiträge in das spanische Sozialsystem geleistet worden seien. Diese allgemeine Behauptung ist jedoch nicht geeignet, die Richtigkeit der hiervon abweichenden und im Wesentlichen übereinstimmenden Auskünfte der sachnäheren Deutschen bzw. der Spanischen Botschaft sowie der örtlichen Sozialbehörde in Santa F zu erschüttern. Das gilt umso mehr, als die Europa-Beratung in ihrer E-Mail selbst darauf hinweist, dass es sich bei ihr um einen unabhängigen Ratgeber handele, der nicht die Auffassung der Europäischen Kommission, einer anderen Einrichtung der EU oder ihrer Mitarbeiter widerspiegele.
63(b) Es lässt sich zudem nicht feststellen, dass den Klägern die (ihnen somit seit dem 01.11.2010 überwiegend wahrscheinlich dem Grunde nach zustehenden) spanischen Sozialhilfeleistungen seither rechts- bzw. vertragswidrig versagt wurden, obwohl sie diese beantragt haben.
64Die - insofern darlegungs- und beweispflichtigen (dazu weiter unten) - Kläger haben nicht glaubhaft gemacht, geschweige denn nachgewiesen, an der Durchsetzung eines solchen Anspruchs gehindert gewesen zu sein. Die pauschale Behauptung, einen Antrag auf spanische Sozialhilfe gestellt zu haben, welcher von der spanischen Behörde jedoch nicht angenommen worden sei, reicht insofern nicht aus.
65(aa) Die Kläger haben schon nicht konkret dargelegt, wann sie spanische Sozialhilfe für die hier streitbefangene Zeit (ab dem 01.11.2010) beantragt haben wollen. Zwar hat der Kläger zu 1 unter dem 17.11.2010 erklärt, die Familie sei "seit Januar 2009" bzw. - so seine Angaben im Verlauf des Klageverfahrens - auch fortlaufend bei dem Servicio Social in Santa F vorstellig geworden und habe entsprechende Leistungen beantragt. Zu welchem konkreten Zeitpunkt ein solcher Antrag gestellt worden sein soll, bleibt jedoch unklar. Das gilt vor allem für die Frage, ob und ggf. wann die Kläger sich nach Juli 2010 (als dem Zeitpunkt, zu dem sie nach fünfjährigem Aufenthalt auf spanischem Territorium erstmals Zugang zu einer solchen Leistung hatten, s.o.) an das - für die Feststellung der Bedürftigkeit zuständige (vgl. die Auskunft der Spanischen Botschaft in Berlin vom 01.07.2010) - lokale Bürgeramt (ayuntament) oder eine andere Behörde gewandt haben. Auf die im Zusammenhang mit dem Schreiben der Regierung der Balearen vom 15.10.2010 an die Kläger gerichtete Anfrage des Senats, welchen darin erwähnten "Antrag auf soziale Leistungen" der Kläger zu 1 wann gestellt hat, hat dieser lediglich ausweichend reagiert, ohne konkret darzulegen, zu welchem Zeitpunkt er sich mit welchem konkreten Begehren an welche Behörde gewandt hat.
66bb) Darüber hinaus fehlt es an Nachweisen eines solchen, auf die Gewährung spanischer Sozialhilfe gerichteten Antrags. Die zahlreichen schriftlichen Bescheinigungen diverser spanischer Stellen/Behörden, welche die Kläger im Verlauf des Streitverfahrens übersandt haben, sind insofern zum Nachweis ungeeignet. Denn sie beziehen sich schon nicht auf die spanische Sozialhilfe (s.o.) und verhalten sich zudem im Wesentlichen zu der Frage, ob die Kläger bestimmte sonstige Leistungen beanspruchen können.
67Insbesondere lässt sich dem bereits erwähnten Schreiben der Regierung der Balearen (Ministerium für soziale Angelegenheiten, Förderung und Einwanderung, Generaldirektion für soziale Betreuung) mit Registrierung vom 15.10.2010 nicht entnehmen, dass die Kläger Leistungen der - für sie allein in Betracht kommenden - spanischen Sozialhilfe beantragt haben. Zwar wird - einzig - in diesem Schreiben ein "Antrag auf soziale Leistungen" erwähnt. Ein derart pauschaler Antrag, der nicht konkret auf die Gewährung spanischer Sozialhilfe gerichtet ist, reicht zum Nachweis der behaupteten Antragstellung jedoch nicht aus. Das gilt umso mehr, als dieser Bescheinigung - wie bereits dargelegt - noch nicht einmal ein Leistungsantrag zugrunde lag, sondern der Kläger zu 1 lediglich die Ausstellung einer Bescheinigung beantragt hatte, aus der hervorgehen sollte, ob er Anspruch auf Erhalt von Leistungen besitze oder derartige Leistungen zu irgendeinem Zeitpunkt in Spanien bezogen habe (s.o.).
68cc) Es lässt sich im Übrigen auch nicht feststellen, dass die Kläger faktisch daran gehindert waren, ihren Anspruch auf spanische Sozialhilfe durchzusetzen, insbesondere, dass das örtlich zuständige lokale Bürgeramt (ayuntament) bzw. der Servicio Social die Annahme eines solchen Antrags rechtswidrig verweigert hätte. Haben die Kläger schon nicht schlüssig vorgetragen, wann sie dort für die hier in Rede stehende Zeit spanische Sozialhilfe beantragt haben, so bleibt auch die behauptete Weigerung der Entgegennahme eines solchen Antrags unsubstantiiert; denn insofern fehlt ebenfalls konkreter Sachvortrag, wann welcher Antrag der Kläger zurückgewiesen wurde. Zudem hat der Kläger zu 1 jedenfalls anlässlich seines "Antrags auf soziale Leistungen", den er am 17.09.2010 bei der Arbeitsvermittlung der Balearen in Ibiza gestellt hat, eine Empfangsbestätigung erhalten (s.o.), obwohl er auch insofern zuvor behauptet hatte, die Regierung der Balearen habe seinen Antrag schon nicht angenommen. Entsprechendes hatte der Kläger zu 1 im Übrigen zunächst auch im Hinblick auf seinen Widerspruch gegen das Schreiben der Regierung vom 15.10.2010 vorgetragen, dieses Vorbringen in dem zweitinstanzlich durchgeführten Erörterungstermin unter dem 20.02.2014 allerdings nicht aufrechterhalten. Die auf dem sehr pauschalen und auch uneinheitlichen Vorbringen der Kläger beruhenden Zweifel des Senats an der Richtigkeit ihrer diesbezüglichen Angaben werden schließlich dadurch verstärkt, dass die Kläger im Verlauf des Streitverfahrens - auch unter Einschaltung eines Rechtsbeistandes - eine Vielzahl schriftlicher Bescheinigungen vorgelegt haben, welche sich zu den Voraussetzungen diverser spanischer (Sozialversicherungs-)Leistungen bzw. einer fehlenden Anspruchsberechtigung der Kläger verhalten. Dass ihnen dies hingegen für eine hier in Rede stehende Beantragung spanischer Sozialhilfe trotz entsprechender Bemühungen nicht möglich gewesen sein soll, erscheint vor diesem Hintergrund nicht plausibel.
69(dd) Der Senat verkennt bei alldem nicht, dass es grundsätzlich dem Beklagten obliegt, die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 SGB X nachzuweisen, weil er hieraus eine für ihn günstige Rechtsfolge herleiten will (vgl. insoweit zu § 45 SGB X u.a. BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R m.w.N.). Für Vorgänge, welche in der persönlichen oder in der Verantwortungssphäre des Bürgers wurzeln - wie hier die Beantragung von Sozialhilfe - trägt jedoch der Bürger selbst die Darlegungs- und Beweislast (vgl. zur Umkehr der Beweislast nach der sog. Sphärentheorie BSG, a.a.O., Rn. 33). Das gilt im Übrigen auch im Hinblick auf das Vorbringen der Kläger, das lokale Bürgeramt bzw. der Servicio Social habe ihre Anträge auf spanische Sozialhilfe nicht angenommen. Zwar mag der Nachweis einer sog. negativen Tatsache nur mit größerer Mühe erbracht werden können. Dies entbindet die Kläger jedoch nicht davon, die entsprechenden Umstände zumindest konkret darzulegen. Fehlt es hieran, so ist auch der Senat nicht gehalten, gleichsam "ins Blaue hinein" zu ermitteln, ob und ggf. wann die Kläger bei wem welche Leistungen beantragt haben bzw. welche Behörde welchen Antrag zu welchem Zeitpunkt abgelehnt hat.
70(dd) Ohne dass der Senat dies letztlich entscheiden müsste, erscheint es im Übrigen mit Blick auf die Einkommensverhältnisse der Kläger ohnehin unwahrscheinlich, dass ihnen spanische Sozialhilfe (lediglich) rechts- oder vertragswidrig verweigert wurde; denn die Kläger waren nach den insofern allein maßgebenden Gegebenheiten im Aufenthaltsland (vgl. § 24 Abs. 3 SGB XII) offenbar schon seit dem 01.11.2010 nicht bedürftig.
71Nach den Auskünften der Deutschen Botschaft in Madrid vom 30.04. und 15.06.2010 beliefen sich die Höchstsätze der spanischen Sozialhilfe im Jahr 2010 bei einem Dreipersonenhaushalt auf 555,00 EUR (370,00 EUR für den Haushaltsvorstand, die folgende Person 111,00 EUR und für jede weitere Person 74,00 EUR), bei einem Vierpersonenhaushalt somit auf 629,00 EUR. Im Jahr 2011 betrug der Höchstbetrag der spanischen Sozialhilfe - der Auskunft der Spanischen Botschaft in Berlin vom 23.05.2012 folgend - 776,57 EUR. Dabei erhielt der Leistungsempfänger eine Grundleistung i.H.v. 396,00 EUR zuzüglich 118,90 EUR (30 % der Grundleistung) für das erste Familienmitglied, 79,26 EUR (= 20 % der Grundleistung) für das zweite und 39,63 EUR (10 % der Grundleistung) für das dritte Familienmitglied. Hinzu kommt eventuell ein Mietanteil, der sich im Hinblick auf eine in Spanien vorausgesetzte "Großfamilien-Mentalität" und einem damit verbundenen kostenfreien Wohnen im Familienverbund bei einer vierköpfigen Familie auf einen Betrag i.H.v. 100,00 EUR bis 200,00 EUR beschränkt (so die Auskunft der deutschen Botschaft in Madrid vom 30.04.2010).
72Die Kläger dürften jedoch schon seit November 2010 in der Lage gewesen sein, diesen Bedarf mit Hilfe ihrer monatlichen Einkünfte zu decken. Das gilt nicht nur für die Zeit ab Bewilligung der vorgezogenen Altersrente des Klägers zu 1 durch Bescheid vom 20.09.2011, sondern auch für die vorausgegangene Zeit; denn die Familie verfügte (selbst unter Außerachtlassung der finanziellen Unterstützung durch den im Februar 2014 verstorbenen, bis dahin in der Wohnung der Kläger lebenden Vater der Klägerin zu 2) schon seit November 2010 über ein monatliches Einkommen i.H.v. insgesamt ca. 1.460,00 EUR (= Erwerbsminderungsrente der Klägern zu 2 i.H.v. ca. 590,00 EUR, Pflegegeld aus der Pflegeversicherung i.H.v. 685,00 EUR sowie Kindergeld für die Klägerin zu 4 i.H.v. 184,00 EUR). Unter zusätzlicher Berücksichtigung der später bewilligten vorgezogenen Altersrente des Klägers zu 1 i.H.v. ca. 400,00 EUR beliefen sich die Einkünfte ab Oktober 2011 sogar auf ca. 1.870,00 EUR pro Monat. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob das aus der Pflegeversicherung der Klägerin zu 2 gezahlte Pflegegeld im Falle einer Sozialhilfegewährung in Deutschland nach §§ 82 ff. SGB XII anrechnungsfreies Einkommen wäre; denn auch die Einsatzpflicht von Einkommen und Vermögen richtet sich im Fall der Kläger gemäß § 24 Abs. 3 SGB XII nicht nach deutschen Gegebenheiten, sondern allein nach den Verhältnissen in Spanien. Unter Zugrundelegung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Auskünfte der Deutschen Botschaft Madrid vom 14. und 15.06.2010 werden in Spanien jedoch sämtliche Zahlungen aus Deutschland - mithin auch das Pflegegeld aus der Pflegeversicherung - als Einkommen gewertet und von einer in Spanien gezahlten Hilfe in Abzug gebracht.
73Eine sozialhilfeweise Aufstockung des den Klägern verfügbaren Einkommens unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten kommt nicht in Betracht. Insbesondere lässt sich ein - über die im Aufenthaltsland vorgesehenen Bemessungsregelungen hinausgreifender - Anspruch nicht auf das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 SGG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG; vgl. dazu BVerfG, Urteile vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 2/09 und 4/09 sowie vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 und 2/11) stützen (a.A. möglicherweise Coseriu, a.a.O., § 24 Rn. 55). Der ggf. anspruchsverschaffende Geltungsbereich dieses Grundrechts ist in räumlicher Hinsicht von vornherein auf den Geltungsbereich des Grundgesetzes und damit auf das Inland beschränkt. Das gilt jedenfalls und umso mehr, als bei einem EU-Mitgliedstaat wie Spanien von der Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze und nicht zuletzt mit Blick auf das EFA von der Einhaltung sozialer Mindeststandards auszugehen ist. Entspricht es der Lebensentscheidung der Kläger, ihren ständigen Aufenthalt im Ausland zu nehmen, so sind sie auf die Fürsorgeverhältnisse im Aufenthaltsland verwiesen; sie haben deshalb von Verfassungs wegen keinen Anspruch auf Ausgleich von im Vergleich zu Deutschland bestehenden sozialhilferechtlichen Schlechterstellungen durch deutsche Sozialhilfeleistungen ins Ausland.
74(2) War somit im Sinne von § 24 Abs. 2 SGB XII (rechtlich wie tatsächlich) zu erwarten, dass die Kläger ab dem 01.11.2010 dem Grunde nach Anspruch auf Erhalt spanischer Sozialhilfeleistungen haben, so gilt dies für die Klägerin zu 3 - anders als für die Kläger zu 1, 2 und 4 - zwar nur für die Zeit bis zu ihrer Rückkehr nach Deutschland am 04.11.2010; denn während die Kläger zu 1, 2 und 4 sich lediglich im August 2011 kurzzeitig und von Beginn an mit dem Willen, möglichst umgehend nach Spanien zurückzukehren, in E aufgehalten haben, hat die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien durch ihre Rückkehr nach Deutschland dauerhaft aufgegeben. Hierdurch ist jedoch eine (weitere) wesentliche Änderung eingetreten, die für die Zeit ab dem 04.11.2010 einen Anspruch der Klägerin zu 3 auf Sozialhilfe für Deutsche im Ausland weiterhin ausschließt (vgl. § 24 Abs. 1 S. 1 SGB XII); denn die Klägerin zu 3 lebt seither dauerhaft in Deutschland und hat dort ihren sozialen Mittelpunkt (vgl. zu dem Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts, der in § 24 Abs. 1 S. 1 SGB XII - soweit ersichtlich - unstreitig abweichend von § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I definiert wird, u.a. Bieback, a.a.O., § 24 SGB XII Rn. 13 ff., und Berlit in LPK-SGB XII, 9. Auflage 2012, § 24 Rn. 5, beide unter Hinweis auf BVerwG vom 31.08.1995 - 5 C 11.94; ferner Hohm, a.a.O., § 24 Rn. 6 m.w.N.).
75c) Da der Beklagte die vorherigen Bewilligungsbescheide (nur) mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben hat (s.o.), müssen vorliegend im Übrigen weder die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X (= Änderung rückwirkend vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse) erfüllt sein, noch bedarf es der Ausübung von Ermessen (vgl. den Wortlaut des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X "ist").
76d) Ebenso wenig sind bei einer Aufhebung für die Zukunft die in § 48 Abs. 4 i.V.m. § 45 Abs. 3 bis 5 SGB X vorgesehenen Fristen einzuhalten (Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 48 SGB X Rn. 34). Im Übrigen ist sowohl die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X, welche mit Kenntnis der die Aufhebung rechtfertigenden Umstände beginnt, als auch die mit Bekanntgabe des aufgehobenen Bescheides beginnende Zweijahresfrist des § 45 Abs. 3 S. 1 SGB X gewahrt. Kenntnis der insofern maßgeblichen Tatsachen erlangte der Beklagte erst durch die Auskünfte der Spanischen Botschaft in Berlin und der Deutschen Botschaft in Madrid aus Juli 2010 sowie des Deutschen Generalkonsulats Barcelona aus März 2010.
77Hat der Beklagte die Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland somit zu Recht gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X zum 01.10.2011 eingestellt, so kann offen bleiben, ob der Anspruch der Kläger nach § 24 SGB XII durch die Rückkehr nach Deutschland (der Klägerin zu 3 am 04.11.2010 und der übrigen Kläger vom 19. bis 25.08.2011) kraft Gesetzes entfallen ist und es einer Aufhebung der zuvor ergangenen Bewilligungsbescheide nach § 48 SGB X seither nicht bedurfte.
78B) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
79C) Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht NRW Urteil, 10. Nov. 2014 - L 20 SO 484/11
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Urteil einreichenLandessozialgericht NRW Urteil, 10. Nov. 2014 - L 20 SO 484/11 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten keine Leistungen. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden Gründen nicht möglich ist:
- 1.
Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss, - 2.
längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit oder - 3.
hoheitliche Gewalt.
(2) Leistungen werden nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind.
(3) Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und des Vermögens richten sich nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland.
(4) Die Leistungen sind abweichend von § 18 zu beantragen. Für die Leistungen zuständig ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die antragstellende Person geboren ist. Liegt der Geburtsort im Ausland oder ist er nicht zu ermitteln, wird der örtlich zuständige Träger von einer Schiedsstelle bestimmt. § 108 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(5) Leben Ehegatten oder Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte bei Einsetzen der Sozialhilfe zusammen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der ältesten Person von ihnen, die im Inland geboren ist. Ist keine dieser Personen im Inland geboren, ist ein gemeinsamer örtlich zuständiger Träger nach Absatz 4 zu bestimmen. Die Zuständigkeit bleibt bestehen, solange eine der Personen nach Satz 1 der Sozialhilfe bedarf.
(6) Die Träger der Sozialhilfe arbeiten mit den deutschen Dienststellen im Ausland zusammen.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(1) Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten keine Leistungen. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden Gründen nicht möglich ist:
- 1.
Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss, - 2.
längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit oder - 3.
hoheitliche Gewalt.
(2) Leistungen werden nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind.
(3) Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und des Vermögens richten sich nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland.
(4) Die Leistungen sind abweichend von § 18 zu beantragen. Für die Leistungen zuständig ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die antragstellende Person geboren ist. Liegt der Geburtsort im Ausland oder ist er nicht zu ermitteln, wird der örtlich zuständige Träger von einer Schiedsstelle bestimmt. § 108 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(5) Leben Ehegatten oder Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte bei Einsetzen der Sozialhilfe zusammen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der ältesten Person von ihnen, die im Inland geboren ist. Ist keine dieser Personen im Inland geboren, ist ein gemeinsamer örtlich zuständiger Träger nach Absatz 4 zu bestimmen. Die Zuständigkeit bleibt bestehen, solange eine der Personen nach Satz 1 der Sozialhilfe bedarf.
(6) Die Träger der Sozialhilfe arbeiten mit den deutschen Dienststellen im Ausland zusammen.
(1) Soweit Landesrecht nichts Abweichendes bestimmt, sind vor dem Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften sozial erfahrene Dritte zu hören, insbesondere aus Vereinigungen, die Bedürftige betreuen, oder aus Vereinigungen von Sozialleistungsempfängern.
(2) Soweit Landesrecht nichts Abweichendes bestimmt, sind vor dem Erlass des Verwaltungsaktes über einen Widerspruch gegen die Ablehnung der Sozialhilfe oder gegen die Festsetzung ihrer Art und Höhe Dritte, wie sie in Absatz 1 bezeichnet sind, beratend zu beteiligen.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können.
(2) Eigene Mittel sind insbesondere das eigene Einkommen und Vermögen. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern sind das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner gemeinsam zu berücksichtigen. Gehören minderjährige unverheiratete Kinder dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils an und können sie den notwendigen Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht bestreiten, sind vorbehaltlich des § 39 Satz 3 Nummer 1 auch das Einkommen und das Vermögen der Eltern oder des Elternteils gemeinsam zu berücksichtigen.
(3) Personen, die ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können, jedoch einzelne im Haushalt erforderliche Tätigkeiten nicht verrichten können, erhalten auf Antrag einen angemessenen Zuschuss, wenn ihnen die Aufbringung der für die geleistete Hilfe und Unterstützung notwendigen Kosten nicht in voller Höhe zumutbar ist. Als angemessen gelten Aufwendungen, die üblicherweise als Anerkennung für unentgeltlich geleistete Hilfen und Unterstützungen oder zur Abgeltung des entsprechenden Aufwandes geleistet werden. Den Zuschuss erhält nicht, wer einen entsprechenden Anspruch auf Assistenzleistungen nach § 78 des Neunten Buches hat.
(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.
(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können.
(2) Eigene Mittel sind insbesondere das eigene Einkommen und Vermögen. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern sind das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner gemeinsam zu berücksichtigen. Gehören minderjährige unverheiratete Kinder dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils an und können sie den notwendigen Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht bestreiten, sind vorbehaltlich des § 39 Satz 3 Nummer 1 auch das Einkommen und das Vermögen der Eltern oder des Elternteils gemeinsam zu berücksichtigen.
(3) Personen, die ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können, jedoch einzelne im Haushalt erforderliche Tätigkeiten nicht verrichten können, erhalten auf Antrag einen angemessenen Zuschuss, wenn ihnen die Aufbringung der für die geleistete Hilfe und Unterstützung notwendigen Kosten nicht in voller Höhe zumutbar ist. Als angemessen gelten Aufwendungen, die üblicherweise als Anerkennung für unentgeltlich geleistete Hilfen und Unterstützungen oder zur Abgeltung des entsprechenden Aufwandes geleistet werden. Den Zuschuss erhält nicht, wer einen entsprechenden Anspruch auf Assistenzleistungen nach § 78 des Neunten Buches hat.
(1) Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten keine Leistungen. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden Gründen nicht möglich ist:
- 1.
Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss, - 2.
längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit oder - 3.
hoheitliche Gewalt.
(2) Leistungen werden nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind.
(3) Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und des Vermögens richten sich nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland.
(4) Die Leistungen sind abweichend von § 18 zu beantragen. Für die Leistungen zuständig ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die antragstellende Person geboren ist. Liegt der Geburtsort im Ausland oder ist er nicht zu ermitteln, wird der örtlich zuständige Träger von einer Schiedsstelle bestimmt. § 108 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(5) Leben Ehegatten oder Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte bei Einsetzen der Sozialhilfe zusammen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der ältesten Person von ihnen, die im Inland geboren ist. Ist keine dieser Personen im Inland geboren, ist ein gemeinsamer örtlich zuständiger Träger nach Absatz 4 zu bestimmen. Die Zuständigkeit bleibt bestehen, solange eine der Personen nach Satz 1 der Sozialhilfe bedarf.
(6) Die Träger der Sozialhilfe arbeiten mit den deutschen Dienststellen im Ausland zusammen.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten keine Leistungen. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden Gründen nicht möglich ist:
- 1.
Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss, - 2.
längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit oder - 3.
hoheitliche Gewalt.
(2) Leistungen werden nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind.
(3) Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und des Vermögens richten sich nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland.
(4) Die Leistungen sind abweichend von § 18 zu beantragen. Für die Leistungen zuständig ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die antragstellende Person geboren ist. Liegt der Geburtsort im Ausland oder ist er nicht zu ermitteln, wird der örtlich zuständige Träger von einer Schiedsstelle bestimmt. § 108 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(5) Leben Ehegatten oder Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte bei Einsetzen der Sozialhilfe zusammen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der ältesten Person von ihnen, die im Inland geboren ist. Ist keine dieser Personen im Inland geboren, ist ein gemeinsamer örtlich zuständiger Träger nach Absatz 4 zu bestimmen. Die Zuständigkeit bleibt bestehen, solange eine der Personen nach Satz 1 der Sozialhilfe bedarf.
(6) Die Träger der Sozialhilfe arbeiten mit den deutschen Dienststellen im Ausland zusammen.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint, - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde, - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll, - 4.
Allgemeinverfügungen oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl erlassen werden sollen, - 5.
einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen, - 6.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen oder - 7.
gegen Ansprüche oder mit Ansprüchen von weniger als 70 Euro aufgerechnet oder verrechnet werden soll; Nummer 5 bleibt unberührt.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird, - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird, - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird, - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird, - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird, - 6.
die erforderliche Hinzuziehung eines Beteiligten nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 können bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten keine Leistungen. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden Gründen nicht möglich ist:
- 1.
Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss, - 2.
längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit oder - 3.
hoheitliche Gewalt.
(2) Leistungen werden nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind.
(3) Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und des Vermögens richten sich nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland.
(4) Die Leistungen sind abweichend von § 18 zu beantragen. Für die Leistungen zuständig ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die antragstellende Person geboren ist. Liegt der Geburtsort im Ausland oder ist er nicht zu ermitteln, wird der örtlich zuständige Träger von einer Schiedsstelle bestimmt. § 108 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(5) Leben Ehegatten oder Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte bei Einsetzen der Sozialhilfe zusammen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der ältesten Person von ihnen, die im Inland geboren ist. Ist keine dieser Personen im Inland geboren, ist ein gemeinsamer örtlich zuständiger Träger nach Absatz 4 zu bestimmen. Die Zuständigkeit bleibt bestehen, solange eine der Personen nach Satz 1 der Sozialhilfe bedarf.
(6) Die Träger der Sozialhilfe arbeiten mit den deutschen Dienststellen im Ausland zusammen.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
Tenor
Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 20.07.2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Streitig ist die Übernahme von Kosten für zahnärztliche und kieferorthopädische Behandlungen, welche die in Spanien wohnhaften Klägerinnen dort in Anspruch genommen haben.
3Die Klägerin zu 1 (geb. 1973) ist die Mutter der Klägerin zu 2 (geb. Oktober 1992). Die Klägerin zu 1 lebt mit ihrem 1947 in E geborenen Ehemann und Bevollmächtigten sowie einer weiteren, gemeinsamen Tochter (geb. August 2002) seit 2005 dauerhaft in Spanien. Die Familie - sämtlich deutsche Staatsangehörige - hielt sich dort zunächst und auch in dem hier streitbefangenen Zeitraum in T (Ibiza) auf.
4Die Klägerin zu 1 leidet an Epilepsie mit täglichen mehrfachen Grand-Mal Anfällen sowie Absencen, einem Gehirntumor und psychischen Störungen. Seit August 1995 sind bei ihr ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "G", "H", "RF" und "B" festgestellt. Sie bezieht seit August 2001 ein Pflegegeld aus der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III und wird von ihrem Ehemann gepflegt. Seit Juni 2007 erhält sie eine Rente wegen Erwerbsminderung (Stand Juli 2008: 588,70 EUR). Aufgrund des Rentenbezugs ist sie bei der Beigeladenen gesetzlich krankenversichert. Vom 01.07.2007 bis zum 13.11.2012 war sie über die INSS Palma de Mallorca zum Zwecke der Gesundheitsvorsorge im spanischen Sozialversicherungssystem als in Deutschland Versicherte eingetragen und beim spanischen Krankenversicherungsträger zu Lasten der Beigeladenen sachleistungsberechtigt.
5Die Klägerin zu 2 war u.a. in der Zeit vom 27.06.2006 bis zum 30.09.2010 über die Klägerin zu 1 familienversichert. Die Sachleistungsaushilfe durch den spanischen Sozialversicherungsträger wurde für die Klägerin zu 2 bis zu ihrer Rückkehr nach Deutschland (am 03.11.2010) ebenfalls über die INSS Palma de Mallorca sichergestellt.
6Der Ehemann der Klägerin zu 1 bezieht aufgrund eines rückwirkenden Bescheides der Deutschen Rentenversicherung Rheinland vom 20.09.2011 ab Januar 2010 eine vorgezogene Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit (Stand Februar 2014: 422,00 EUR). Für die gemeinsame Tochter wurde Kindergeld gezahlt (164,00 EUR).
7Der Beklagte gewährte der gesamten Familie in der Zeit von Januar 2007 bis Oktober 2010 Sozialhilfe für Deutsche im Ausland gemäß § 24 SGB XII. Dabei ging er davon aus, dass ein Rücktransport der Klägerin zu 1 nach Deutschland aus medizinischen Gründen nicht möglich und die Voraussetzungen des § 24 SGB XII daher für die gesamte Familie erfüllt seien. Die Leistungseinstellung zum 01.11.2010 stützte der Beklagte darauf, dass die Familie nunmehr über einen Zeitraum von fünf Jahren in Spanien lebe und daher nach dem Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA) vom spanischen Staat Leistungen beanspruchen könne. Die Klägerin zu 2 ist am 04.11.2010 aus der elterlichen Wohnung ausgezogen und nach Deutschland zurückgekehrt, wo sie nach wie vor lebt.
8Die Klägerin zu 1, der Ehemann und die gemeinsame Tochter befanden sich vom 19.08. bis zum 25.08.2011 vorübergehend in Deutschland; auf Ibiza hatten sie die Miete für ihre Unterkunft nicht mehr zahlen können und waren obdachlos geworden. Nach Deutschland gelangte die Familie per Flugzeug. Nachdem der Klägerin zu 1 anlässlich eines Termins vor dem hiesigen Landessozialgericht vom 23.08.2011 eine Rentennachzahlung von ca. 14.000,00 EUR zuerkannt worden war, flog die Familie (ohne die Klägerin zu 2) am 25.08.2011 nach Spanien zurück. Dort bewohnten sie zunächst diverse Ferienwohnungen auf Ibiza, bevor sie im Oktober 2011 - ebenfalls per Flugzeug - nach Malaga verzogen.
9Am 28.02.2008 fragte der Ehemann als Bevollmächtigter der Klägerinnen bei der Beigeladenen an, ob diese die Kosten für eine kieferorthopädische Behandlung der Klägerin zu 2 in Spanien übernehme, oder ob die Klägerin zu 2 für die Behandlung nach Deutschland kommen müsse. Mit E-Mail vom 29.02.2009 wies ihn die Beigeladene unter Verweis auf frühere Schreiben (aus Oktober 2006 und Juni 2007) darauf hin, dass sich ein Leistungsanspruch nach spanischem Recht richte und Kosten für eine in Spanien durchgeführte kieferorthopädische Behandlung deshalb von der Beigeladenen nicht übernommen werden könnten. Sofern die medizinischen Voraussetzungen erfüllt seien, könne der Beigeladene die Kosten der Behandlung in Deutschland übernehmen. Weitere Anfragen an die Beigeladene bzgl. der hier in Rede stehenden zahnärztlichen und kieferorthopädischen Behandlungen erfolgten seitens der Klägerinnen nicht.
10Am 04.03.2008 beantragte die Klägerin zu 2 durch ihren Bevollmächtigten über das Generalkonsulat der BRD in Barcelona bei dem Beklagten die Übernahme der Kosten für eine kieferorthopädische Behandlung. Nach dem im Juni 2008 vorgelegten Kostenvoranschlag der Fachzahnärztin für Kieferorthopädie Dr. Q, Centro de Ortodoncia-Ibiza, sollten sich die Behandlungskosten auf insgesamt 6.137,09 EUR belaufen; die Behandlung sollte voraussichtlich 16 Quartale in Anspruch nehmen. Die Behandlung wurde am 01.04.2008 aufgenommen, jedoch Mitte Januar 2010 abgebrochen. Am 05.10.2009 hat der Bevollmächtigte 1.440,00 EUR für entstandene Kosten beglichen. Unterlagen über etwaige weitere Zahlungen für die Behandlung sind nicht aktenkundig.
11Am 21.07.2008 beantragte der Bevollmächtigte beim Beklagten ferner die Kostenübernahme für eine zahnärztliche Behandlung der Klägerin zu 1 in Höhe von 2.774,61 EUR. Diese Behandlung war im Zeitraum vom 26.05. bis 08.07.2008 durchgeführt worden. Nach der Rechnung des Zahnarztes Dr. M, Clinic Dental Del Mar, T, vom 08.07.2008 (beglichen am 25.11.2008) entstanden davon am 26.05.2008 Kosten i.H.v. insgesamt 20,10 EUR (= 11,20 EUR für einen einfachen Besuch zuzüglich 8,90 EUR für das Beseitigen scharfer Kanten/Prothesenränder). Am 10.06., 17.06. und 08.07.2008 wurde die Behandlung fortgesetzt, indem u.a. zunächst eine provisorischen Krone eingesetzt, ein Zahn vor dessen Überkronung rekonstruiert sowie ein Brückenglied und schließlich die endgültige Krone eingesetzt wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechnung Bezug genommen. Mit Schreiben vom 06.10.2008 bescheinigte der Zahnarzt ergänzend, dass die Klägerin zu 1 sich am 26.05.2008 mit akuten Schmerzen in der Praxis vorgestellt habe. Die Seitenzähne im 1. und 4. Quadranten seien mit großer Wahrscheinlichkeit durch Knirschen und Pressen massiv okklusal abradiert. Die Abrasionsschäden seien durch plastische Füllungen nicht mehr zu beheben gewesen, so dass eine schnelle Überkronung angezeigt gewesen sei, um die Zähne möglichst vital zu erhalten und eventuellen Nervenschädigungen vorzubeugen. Zudem seien die Zähne leicht beweglich gewesen, so dass sie zunächst mit verblockten provisorischen Kronen bzw. einer Brücke versorgt worden seien.
12Am 21.07.2008 beantragte der Bevollmächtigte für die Klägerin zu 2 die Kostenübernahme für eine kieferorthopädische Vorbehandlung vom 11.02. (Besuch und klinische Untersuchung; 34,00 EUR) und 08.07.2008 (zahnärztliche Behandlung und Extraktion einwurzelig für KfO-Behandlung sowie Infiltrationsanästhesie; 33,40 EUR). Die entsprechende Rechnung des Zahnarztes Dr. M vom 08.07.2008 i.H.v. insgesamt 67,40 EUR wurde am 10.09.2008 beglichen.
13Mit Bescheid vom 29.7.2008 lehnte der Beklagte die Anträge der Klägerinnen auf Übernahme der Kosten für die zahnärztliche Behandlung der Klägerin zu 1 (vom 26.05. bis 08.07.2008) sowie die kieferorthopädische Vorbehandlung der Klägerin zu 2 ab. Seien die zahnärztlichen Rechnungen bereits beglichen, komme eine nachträgliche Kostenübernahme nicht in Betracht.
14Dagegen legten die Klägerinnen am 09.09.2008 Widerspruch ein. Der Beklagte sei zur Kostenerstattung verpflichtet, weil die Behandlungen medizinisch notwendig gewesen seien und kein anderer Leistungsträger die Kosten trage. Das spanische Krankenversicherungssystem sehe zahn- und kieferorthopädische Behandlungen lediglich durch Privatzahnärzte vor, die jedoch nicht nach kassenüblichen Sätzen abrechneten. Im Hinblick auf die Behandlung der Klägerin zu 1 am 26.05.2008 habe ein vorheriger Antrag ohnehin nicht gestellt werden können, weil die Behandlung nicht vorhersehbar gewesen sei.
15Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens beantragte der Bevollmächtigte für die Klägerin zu 1 bei der Beklagten am 27.10.2008 die Kostenübernahme für eine weitere zahnärztliche Behandlung vom 20.10.2008 i.H.v. 83,40 EUR. Die Behandlung sei wegen Schmerzen notwendig und dringlich gewesen, nachdem am frühen Morgen des 20.10.2008 durch Pressen des Kiefers nach einem epileptischen Anfall ein Schneidezahn abgesplittert sei. Laut Rechnung des Zahnarztes Dr. M vom 20.08.2010 erfolgten am gleichen Tag Behandlungen in Form einer Kürettage (ein Zahn Gebiet 17; 22,60 EUR) und Komposit zweiflächig (Gebiet 21; 60,80 EUR). Die Rechnung enthält den handschriftlichen Zusatz "21 Zahnfacette durch nächtliches Pressen abgesplittert".
16Mit Bescheid vom 20.11.2008 lehnte der Beklagte auch den weiteren Kostenübernahmeantrag mit der Begründung ab, dass dieser erst nach Abschluss der Behandlung gestellt worden und der sozialhilferechtliche Bedarf zu diesem Zeitpunkt bereits gedeckt gewesen sei. Sozialhilfe diene jedoch nicht der Schuldentilgung. Zudem gelte auch im Rahmen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland der im SGB XII verankerte allgemeine Nachranggrundsatz. Da für die Klägerin zu 1 Krankenversicherungsschutz bestehe, sei die Gewährung von Krankenhilfe nach dem SGB XII ausgeschlossen.
17Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin zu 1 am 15.12.2008 ebenfalls Widerspruch ein. Der Nachranggrundsatz sei vorliegend nicht anwendbar; denn sie genieße als Schwerbehinderte und chronisch Kranke keinen Versicherungsschutz für die in Rede stehende Zahnbehandlung. Es habe sich ausschließlich um eine Behandlung wegen Schmerzen sowie zur Vorbeugung gegen weitere Verletzungen gehandelt; deren Kostenübernahme habe sie nachträglich beantragen dürfen. Ohnehin sei sie als Schwerbehinderte nach europarechtlichen und bundesrechtrechtlichen Vorschriften, insbesondere Art. 3 GG sowie dem AGG i.V.m. § 2 Abs. 1 SGB IX, in Deutschland Lebenden gleichzustellen.
18Mit weiterem Bescheid vom 15.01.2009 lehnte der Beklagte ferner "nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage" die Übernahme der Kosten für die am 01.04.2008 aufgenommene kieferorthopädische Behandlung der Klägerin zu 2 sowie für die bereits abgeschlossene kieferorthopädische Vorbehandlung ab. Auch hiergegen wurde Widerspruch eingelegt (29.01.2009).
19Mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2009 wies der Beklagte die Widersprüche der Klägerinnen gegen die Bescheide vom 29.07. und 20.11.2008 sowie vom 15.01.2009 als unbegründet zurück. Ergänzend führte er aus, die Klägerin zu 1 sei aufgrund ihrer Krankheit zwar pflegebedürftig und laut ärztlichem Gutachten reiseunfähig. Beide Klägerinnen seien jedoch dem spanischen Vertragspartner als gesetzlich versichertes (Familien-)Mitglied der Beigeladenen gemeldet. Sie genössen daher lediglich Krankenversicherungsschutz nach spanischem Krankenversicherungsrecht. Dieser umfasse jedoch keine kieferorthopädische Behandlungen; auch bei medizinisch notwendiger kieferorthopädischer Behandlung müssten die Betroffenen hierfür vielmehr stets selbst aufkommen. Da sich Art und Maß der Leistungserbringung des Sozialhilfeträgers gemäß § 24 Abs. 3 SGB XII aber nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland richteten, sei der Beklagte nicht verpflichtet, die Kosten für die kieferorthopädischen Behandlungen der Klägerin zu 2 zu übernehmen. Zudem sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin zu 2 durch das Ausbleiben der kieferorthopädischen Behandlung in eine außergewöhnliche Notlage im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 2 SGB XII geraten könne.
20Am 11.03.2009 haben die Klägerinnen - entsprechend der dem Widerspruchsbescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung - beim Verwaltungsgericht E Klage erhoben. Dieses hat den Rechtsstreit an das Sozialgericht Köln verwiesen (Beschluss vom 30.03.2009). Sie haben weiterhin die Auffassung vertreten, der Beklagte müsse die Kosten für die in Rede stehenden zahnärztlichen und kieferorthopädischen Behandlungen übernehmen. Die Klägerin zu 1 könne sich wegen Reiseunfähigkeit nicht in Deutschland behandeln lassen. Bei einer Rückkehr nach Deutschland bestehe die Gefahr, dass sie insbesondere in psychologischer Hinsicht ganz erheblichen weiteren gesundheitlichen Schaden erleide und sich ihre Suizidgefahr erhöhe. Es sei aber nicht gerechtfertigt, dass sie in Deutschland Krankenversicherungsbeiträge für Leistungen zahle, die sie wegen ihrer Reiseunfähigkeit in Deutschland nicht in Anspruch nehmen könne. Es treffe zwar zu, dass zahnärztliche bzw. kieferorthopädische Behandlungen durch das spanische Krankenversicherungssystem nicht gedeckt seien, sofern es sich nicht um eine Schmerzbehandlung durch Ziehen eines kranken Zahnes handele. Für bedürftige spanische Bürger übernehme der spanische Sozialhilfeträger jedoch auch die Kosten für medizinisch notwendige zahnärztliche und kieferorthopädische Behandlungen. Dass sie - die Klägerinnen - die Kostenübernahme teilweise erst nach Abschluss der jeweiligen Behandlung beim Beklagten beantragt hätten, sei unschädlich. Nach dem Leitfaden des Beklagten zur Hilfe bei Krankheit genüge in einem absolut notwendigen Akutfall (wie hier dem Sturz der Klägerin zu 1 am 20.10.2008) ein nachträglicher Antrag. Der Beklagte gehe auch zu Unrecht davon aus, dass der Bedarf bei Antragstellung bereits gedeckt gewesen sei; denn sie hätten die Rechnungen für die Behandlungen mit Hilfe von Freunden beglichen. Hierzu haben die Klägerinnen ein Schreiben vom 05.10.2009 der Ruth Kaiser, T, Spanien, vorgelegt, worin diese bestätigte, dem Bevollmächtigten der Klägerinnen für die seit Mai 2008 erfolgten Zahnbehandlungen in mehreren Raten ein Darlehen von insgesamt 4.800,00 EUR gewährt zu haben. Sie haben weiter vorgetragen, der geltend gemachte Anspruch folge schließlich wenn auch nicht aus der VO (EWG) Nr. 1408/71 bzw. VO (EG) Nr. 883/04, so aber jedenfalls aus dem EFA.
21Die Klägerinnen haben erstinstanzlich beantragt,
22die Bescheide vom 29.07.2008, 20.11.2008 und 15.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, für die Klägerin zu 1 Zahnarztbehandlungskosten in Höhe von 2.774,61 EUR und weitere Zahnarztkosten in Höhe von 83,40 EUR und für die Klägerin zu 2 die Kosten für die kieferorthopädische Behandlung in Höhe von 6.137,09 EUR sowie weitere Behandlungskosten in Höhe von 67,40 EUR zu zahlen.
23Der Beklagte hat beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Er hat die angefochtenen Bescheide für zutreffend erachtet.
26Das Sozialgericht hat Befundberichte der Zahnärzte Dres. Q und M eingeholt. Auf den Inhalt der Berichte vom 19.11.2009 und 10.12.2009 nebst ergänzender Stellungnahme (ohne Datum) von Dr. Q wird Bezug genommen.
27Die Generaldirektion des spanischen Versicherungsträgers (Instituto Nacional de la Seguridad Social) hat auf Anfrage des Sozialgerichts u.a. mitgeteilt, die Klägerin zu 1 sei mit dem Formular E-121-DE zum 01.07.2007 für die Zwecke der Gesundheitsvorsorge im spanischen Sozialversicherungssystem als in Deutschland Versicherte eingetragen. Seither sei sie im Besitz einer Persönlichen Krankenversicherungskarte (TSI) des Gesundheitsdienstes der Balearen und werde gegen Vorlage dieser Karte in einer Einrichtung des öffentlichen Gesundheitsnetzes Spaniens unter denselben Bedingungen wie in Spanien Versicherte behandelt.
28Der Gesundheitsdienst der Balearen hat unter dem 18.02. bzw. 05.05.2011 ausgeführt, Patienten mit Krankenversicherungsschutz müssten sich über den dortigen Gesundheitsdienst an die Gesundheitseinrichtungen oder Krankenhäuser des öffentlichen Gesundheitsnetzes wenden, um eine kostenlose medizinische Versorgung zu erhalten. Die Erstattung der medizinischen Behandlung in einer privaten Einrichtung sei nur in Notfällen wegen Lebensgefahr möglich. Das Abfeilen scharfer Spitzen an den Zähnen bzw. scharfer Kanten an Zahnprothesen bei Erwachsenen gehöre nicht zum Leistungsspektrum der zahnärztlichen Versorgung. Die Deckung dieser Behandlung komme lediglich bei Verletzungen von Kindern in Betracht, die vom Programm zur Zahnärztlichen Versorgung von Kindern (PADI - www.ibsalut.es ) seccio ciutadans ) salud ) PADI) für zwischen 1999 und 2005 geborene Kinder erfasst seien.
29Durch Urteil vom 20.7.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Gründe der Entscheidung wird Bezug genommen.
30Gegen das ihnen am 10.8.2011 zugestellte Urteil haben die Klägerinnen am 02.09.2011 sinngemäß Berufung eingelegt. Sie meinen weiterhin, dass die Voraussetzungen des § 24 SGB XII für die Gewährung von Sozialhilfe für Deutsche im Ausland erfüllt seien. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hätten sie sich insbesondere in einer außergewöhnlichen Notlage im Sinne des Abs. 1 S. 2 der Vorschrift befunden. Das dem Beklagten eingeräumte Ermessen sei durch das EFA und diverse sonstige europäische Richtlinien eingeschränkt.
31Die Klägerinnen, die in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend und auch nicht vertreten gewesen sind, beantragen nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
32das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 20.07.2011 zu ändern und den Beklagten, hilfsweise den Beigeladenen unter Aufhebung der Bescheide vom 29.07.2008, 20.11.2008 und 15.01.2009, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2009, zu verurteilen, die Kosten der zahnärztlichen Behandlung der Klägerin zu 1 in Höhe von 2.774,61 EUR (laut Rechnung vom 08.07.2008) und 83,40 EUR (laut Rechnung vom 20.10.2008) sowie die Kosten der kieferorthopädischen (Vor-)Behandlungen der Klägerin zu 2 in Höhe von 6.137,09 EUR (laut Kostenvoranschlag vom 17.06.2008) und 67,40 EUR (laut Rechnung vom 08.07.2008) zu übernehmen.
33Der Beklagte beantragt,
34die Berufung zurückzuweisen.
35Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
36Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich auch in der Sache nicht geäußert.
37Der Senat hat u.a. eine Auskunft der Spanischen Botschaft in Berlin (Abteilung für Arbeit und Einwanderung) zur spanischen "renta minima" sowie zu den "pensiones non contributivas" eingeholt. Auf deren Inhalt wird Bezug genommen.
38Ferner ist (u.a.) der Allgemeinmediziner Dr. L, der die Klägerin zu 1 im betroffenen Zeitraum behandelt hat, um Erstattung eines Befundberichts gebeten worden. Insoweit wird auf das Antwortschreiben des Arztes aus September 2012 verwiesen.
39In einem Erörterungstermin vom 20.02.2014 hat der erschienene Bevollmächtigte der Klägerinnen Angaben zum Gesundheitszustand der Klägerin zu 1, zum Umfang ihrer Pflege sowie zu den Flugreisen der Familie anlässlich des vorübergehenden Aufenthalts in Deutschland im August 2011 und des Umzugs von Ibiza nach Malaga gemacht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 20.02.2014 Bezug genommen.
40Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (des Beklagten und - auszugsweise - der Beigeladenen) sowie der Streitakten S 21 SO 89/09 ER, S 11 KR 461/04 ER und S 8 KR 344/06 (sämtlich Sozialgericht Münster) verwiesen, aus denen medizinische Unterlagen zum Gesundheitszustand der Klägerin zu 1 zu den Gerichtsakten genommen wurden.
41Entscheidungsgründe:
42A. Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs.1, 110 Abs.1, 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Abwesenheit der Klägerinnen und ihres Bevollmächtigten verhandeln und entscheiden, weil in der Terminsmitteilung, die am 14.07. und 19.07.2997 zugegangen ist, auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
43Es bestand keine Veranlassung, den Verhandlungstermin - wie vom Bevollmächtigten der Klägerinnen mit Schriftsatz vom 06.08.2014 gefordert - aufzuheben und auf einen anderen Zeitpunkt zu verlegen. Entsprechende Gründe im Sinne der § 202 SGG i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO hat der Bevollmächtigte nicht geltend gemacht. Allein der Umstand, dass er aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sein mag, zum Termin zu erscheinen, reicht insofern nicht aus. Zudem ist nicht erkennbar, ob und ggf. inwiefern der Bevollmächtigte im Rahmen des Verhandlungstermins noch über das bisherige Vorbringen hinaus persönlich hätte vortragen wollen. Der Inhalt des Schriftsatzes vom 06.08.2014 erschöpft sich vielmehr in der Wiederholung von bereits vorgetragenen Rechtsauffassungen.
44B. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
45Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
46Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthafte (vgl. § 54 Abs. 1 und 4, § 56 Abs. 1 SGG) Klage ist auch im Übrigen zulässig. Dabei kann offen bleiben, ob es sich bei dem Bescheid vom 15.01.2009, mit welchem der Beklagte die Übernahme der Kosten für die kieferorthopädische Vorbehandlung der Klägerin zu 2 erneut ("nach nochmaliger Prüfung") abgelehnt hat, obwohl bereits der Bescheid vom 29.07.2008 eine entsprechende Regelung enthielt, lediglich um eine wiederholende Verfügung oder einen sog. Zweitbescheid handelt, der den Rechtsweg ebenfalls eröffnet (vgl. hierzu Engelen in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 31 Rn. 31 ff.); denn jedenfalls trifft der Bescheid vom 15.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2009 eine - gerichtlich überprüfbare - Entscheidung im Sinne des § 31 SGB X.
47Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerinnen nicht gemäß § 54 Abs. 2 SGG in ihren Rechten. Der Beklagte hat die Übernahme der streitbefangenen Kosten für die zahnärztlichen Behandlungen der Klägerin zu 1 und die kieferorthopädischen (Vor-)Behandlungen der Klägerin zu 2 darin zu Recht abgelehnt. Den Klägerinnen steht ein entsprechender Anspruch weder gegenüber dem Beklagten (dazu unter I.) noch gegenüber dem Beigeladenen (dazu unter II.) zu.
48I. Der geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten lässt sich nicht mit Erfolg auf § 24 SGB XII stützen, der insoweit als bundesgesetzliche Anspruchsgrundlage einzig in Betracht kommt (dazu unter 1.). Er ergibt sich zudem nicht aus europarechtlichen Vorschriften (dazu unter 2.).
491. Die Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerinnen nach § 24 SGB XII sind nicht erfüllt.
50a) Zwar wäre der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe für die Erbringung der in Rede stehenden Leistungen gemäß § 24 Abs. 4 S. 1 SGB XII sachlich und auch örtlich zuständig; denn der Bevollmächtigte der Klägerinnen als ältestes Familienmitglied ist in E und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten geboren (vgl. § 24 Abs. 4 S. 2 i.V.m. Abs. 5 S. 1 SGB XII).
51b) Die materiellen Voraussetzungen des § 24 SGB XII liegen jedoch nicht vor.
52Nach Abs. 1 S. 1 der Vorschrift erhalten Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, keine Leistungen. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland wegen eines der in § 24 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 3 SGB XII genannten Hinderungsgründe nicht möglich ist (vgl. § 24 Abs. 1 S. 2 SGB XII). Dabei richten sich Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und Vermögens nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland (§ 24 Abs. 3 SGB XII). Leistungen in das Ausland werden nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind (§ 24 Abs. 2 SGB XII). Abweichend von § 18 SGB XII sind die Leistungen zu beantragen (§ 24 Abs. 4 S. 1 SGB XII).
53aa) Die Klägerinnen erfüllten im streitbefangenen Zeitraum zwar die persönlichen Voraussetzungen des § 24 SGB XII. Insbesondere hatten sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt schon während der in Rede stehenden Behandlungen in den Jahren 2008 bis 2010 im Ausland (vgl. zu dem Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts, der - soweit ersichtlich - unstreitig abweichend von § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I definiert wird, u.a. Bieback, in Grube/Wahrendorf, Sozialhilfe, 5. Auflage 2014, § 24 SGB XII Rn. 13 ff. und Berlit in LPK-SGB XII, 9. Auflage 2012, § 24 Rn. 5, jeweilse unter Hinweis auf BVerwG vom 31.08.1995 - 5 C 11.94; ferner Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2010, § 24 Rn. 6 m.w.N.); denn sie hielten sich bereits seit Mitte 2005 dauerhaft in T in Spanien auf und hatten dort ihren familiären und sozialen Mittelpunkt.
54bb) Unabhängig von den weiteren Voraussetzungen des § 24 SGB XII scheitert die Übernahme der Kosten für die streitbefangenen zahnärztlichen Behandlungen der Klägerin zu 1 (vom 26.05. bis 08.07.2008 und am 20.10.2008) sowie die kieferorthopädische Vorbehandlung der Klägerin zu 2 (vom 11.02. bis 08.07.2008) jedoch schon am Antragserfordernis des § 24 Abs. 4 S. 1 SGB XII. Denn die Klägerinnen haben den entsprechenden Kostenübernahmeantrag erst nach Abschluss der jeweiligen Behandlungen beim Beklagten bzw. der amtlichen Vertretung in Spanien (vgl. hierzu § 16 Abs. 2 S. 1 SGB I) gestellt.
55(1) Sieht § 24 Abs. 4 S. 1 SGB XII vor, dass Leistungen für Deutsche im Ausland einen Antrag erfordern (s.o.), so kommt die Gewährung solcher Leistungen für die Vergangenheit nicht in Betracht. Diese können vielmehr erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung erbracht werden (Coseriu, in jurisPK-SGB XII, § 24 SGB Rn. 54; vgl. hierzu auch Berlit, a.a.O., § 24 Rn. 17: keine Rückwirkung des Antrags). Denn die Sozialhilfe dient dazu, eine gegenwärtige Notlage zu beheben. Notlagen aus einer Zeit vor Antragstellung sind hingegen sozialhilferechtlich unbeachtlich, sofern sie im Zeitpunkt der beanspruchten Hilfeleistung nicht mehr bestehen, der Bedarf des Hilfebedürftigen also schon gedeckt ist (vgl. Coseriu, a.a.O., § 18 Rn. 39 zum Kenntnisgrundsatz des § 18 SGB XII m.w.N.). Das gilt auch dann, wenn die Notlage - wie möglicherweise im Falle der Klägerinnen - mittels eines Darlehens abgewendet worden ist; denn Schulden des Hilfesuchenden lassen einen sozialhilferechtlichen Bedarf grundsätzlich nicht darstellen (vgl. hierzu u.a. Grube in Grube/Wahrendorf, a.a.O., § 18 Rn. 18 zu dem Kenntnisgrundsatz in § 18 SGB XII).
56Die Klägerinnen haben die Übernahme der Kosten für die in Rede stehenden Behandlungen - mit Ausnahme der (eigentlichen) kieferorthopädischen Behandlung der Klägerin zu 2 (dazu weiter unten) - jedoch erst zu einem Zeitpunkt beantragt, als ihr Bedarf für Zahnbehandlung bereits vollumfänglich gedeckt war.
57(2) Insofern hätte es eines konkreten Antrags vor Beginn der jeweiligen Behandlung bedurft. Der ursprünglich gestellte Sozialhilfeantrag, der Grundlage der Gewährung laufender Hilfe (zum Lebensunterhalt) für die Zeit ab Januar 2007 war, ist nicht - meistbegünstigend (vgl. zum Meistbegünstigungsgrundsatz u.a. BSG, Urteil, vom 15.11.2012 - B 8 SO 23/11 R m.w.N.) - in der Weise auszulegen, dass hiermit zugleich die Übernahme der Kosten für die hier in Rede stehenden zahnärztlichen und kieferorthopädischen Behandlungen geltend machen wurde; denn im Zeitpunkt des damaligen Antrags auf Gewährung von Sozialhilfe für Deutsche im Ausland waren diese Behandlungen weder angefallen noch überhaupt schon absehbar. Ein im Zeitpunkt der Beantragung von Sozialhilfeleistungen schon dem Grunde nach noch völlig ungewisser Bedarf kann aber - auch aus der insofern maßgeblichen Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers (vgl. zu dieser Voraussetzung bei der Auslegung von Verwaltungsakten u.a. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 23/11 R) - von vornherein nicht Antragsgegenstand sein.
58Die Klägerin zu 2 hat den - somit allein maßgeblichen - Antrag auf Übernahme der Kosten für die kieferorthopädische Vorbehandlung vom 11.02. und 08.07.2008 jedoch erst nach Abschluss der Behandlung, nämlich am 16.08.2008 beim Beklagten gestellt. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Kosten der zahnärztlichen Behandlungen der Klägerin zu 1 vom 26.05. bis zum 08.07.2008 sowie vom 20.10.2008; deren Übernahme wurde ebenfalls erst nach Beendigung der jeweiligen Behandlungen, nämlich am 21.07.2008 (für die Behandlung vom 26.05. bis 08.07.2008) bzw. am 27.10.2008 (für die Behandlung vom 20.10.2008) beim Beklagten beantragt.
59(3) Auch an die Beigeladene haben die Klägerinnen keinen vorherigen Kostenübernahmeantrag gerichtet, welchen diese ggf. an den Beklagten hätte weiterleiten müssen. Nach den von der Beigeladenen vorgelegten Unterlagen hat der Bevollmächtigte der Klägerinnen bei ihr lediglich im Vorfeld der kieferorthopädischen Behandlung der Klägerin zu 2 angefragt, ob die Behandlungskosten übernommen würden, nicht hingegen bzgl. der sonstigen in Rede stehenden Behandlungen. Entsprechendes wird von den Klägerinnen auch nicht behauptet.
60(4) Offen bleiben kann im Übrigen dabei, ob die zahnärztlichen (Teil-)Behandlungen der Klägerin zu 1 am 20.10.2008 (= Komposit zweiflächig, Gebiet 21 wegen eines abgesplitterten Zahnes nach epileptischem Anfall) und am 26.05.2008 (= einfacher Besuch sowie Beseitigen scharfer Kanten/Prothesenränder) schmerzbedingt oder aus anderen Gründen unmittelbar notwendig wurden. Allenfalls diese Behandlungen kommen vorliegend als medizinischer Eil- bzw. Notfall in Betracht; denn die nach dem 26.05.2008 fortgeführte Behandlung (vom 10.06. bis 08.07.2008), bei der u.a. eine provisorische Krone aufgesetzt, ein Zahn rekonstruiert und schließlich die endgültige Krone eingesetzt wurde, sowie die am 20.10.2008 vorgenommene Kürettage, bei der es sich um einen Eingriff zur Parodontitisbehandlung handelt (vgl. www.wikipedia.org/wiki/Kürettage), mögen zwar medizinisch notwendig gewesen sein. Indes sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese Befunde - ebenso wie die planbare kieferorthopädische Vorbehandlung der Klägerin zu 2 - eines sofortigen Eingreifens bedurften.
61Doch selbst bei unterstellter Eilbedürftigkeit der am 20.10. und 26.05.2008 erfolgten (Teil-) Behandlungen kann (entgegen der Auffassung des Sozialgerichts) jedenfalls nicht vom Erfordernis eines vorherigen Antrags abgesehen werden. Eine entsprechende Rechtsgrundlage enthält das SGB XII nicht. Schon bei § 18 SGB XII - der abweichend von § 24 SGB XII für sonstige Leistungen der Sozialhilfe (mit Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) nicht einmal einen Antrag, jedoch die Kenntnis des Sozialhilfeträgers von dem Bedarf erfordert - ist die Kenntniserlangung der frühestmögliche Zeitpunkt für das Einsetzen der Hilfe (vgl. u.a. Coseriu, a.a.O., § 18 Rn. 39 m.w.N.). Soweit § 25 SGB XII die Erstattung von Aufwendungen ausnahmsweise ohne vorherige Kenntnis des Sozialhilfeträgers ermöglicht, wenn jemand einem anderen in einem Eilfall Leistungen erbracht hat, vermag dies eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Denn gegebenenfalls steht nur dem Nothelfer, also demjenigen, der im Eilfall aktiv Hilfe leistet, Aufwendungsersatz zu. Der Hilfebedürftige hingegen kann einen eigenen Sozialhilfeanspruch nur ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers haben; hierüber kann der als Ausnahmefall gestaltete Sozialhilfeanspruch des Hilfebedürftigen selbst nach § 24 SGB XII nicht hinausgehen.
62cc) Ob nach dem Leitfaden des Beklagten für Leistungen an Deutsche im Ausland nach § 24 SGB XII in Notfällen ausnahmsweise (ggf. i.V.m. Art. 3 GG bzw. dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung) Abweichendes gelten kann, bedarf vorliegend keiner abschließenden Klärung. Denn selbst, wenn es eines vorherigen Antrags bzgl. der am 26.05. und 20.08.2008 durchgeführten zahnärztlichen Behandlungen - deren Eilbedürftigkeit zugunsten der Klägerinnen unterstellt - doch nicht bedurft haben sollte, so hätte jedenfalls hinsichtlich dieser Behandlungen keine außergewöhnlichen Notlage im Sinne des § 24 Abs. 1 S. 2 SGB XII bestanden.
63Eine Notlage ist eine Situation besonderer Bedrängnis, in welcher der Betroffene dringend Hilfe benötigt. Die Notlage ist außergewöhnlich, wenn existenzielle Rechtsgüter in erheblicher Weise betroffen sind bzw. eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung existenzieller Rechtsgüter droht. Sie ist nur anzunehmen, wenn überragende Grundrechte, insbesondere das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit und/oder die Grundvoraussetzungen einer menschenwürdigen Existenz, betroffen sind (vgl. hierzu u.a. LSG Bayern, Beschluss vom 08.09.2009 - L 18 SO 119/09 B Rn. 15 und LSG Baden-Württemberg vom 25.02.2010 - L 7 SO 5106/07 Rn. 26 m.w.N.). Schon im Hinblick auf die geringen Kosten der Behandlung der Klägerin zu 1 am 26.05.2008 (insgesamt 20,80 EUR für einen einfachen Besuch und die Beseitigung scharfer Kanten/Prothesenränder) sowie am 20.10.2008 (60,80 EUR für Komposit zweiflächig im Gebiet 21) ist eine derartige Grundrechtsbeeinträchtigung nicht ersichtlich. Den Klägerinnen wäre es jedenfalls zuzumuten, insoweit mit (geringen) Behandlungsschulden zurückzubleiben, sofern ihnen entsprechende Ersparnisse aus den für ihren Lebensunterhalt bezogenen Leistungen nicht zur Verfügung stünden.
64dd) Schließlich steht der Klägerin zu 2 auch kein Anspruch gegen den Beklagten auf Übernahme der Kosten für die am 01.04.2008 aufgenommene kieferorthopädische Behandlung zu.
65Zwar wurde die Kostenübernahme insoweit (als einzige der im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Behandlungen) bereits vor Behandlungsbeginn (nämlich am 04.03.2008) und damit rechtzeitig beantragt. Auch mag letztlich offen bleiben, ob es sich jedenfalls hierbei um eine außergewöhnliche Notlage in dem bereits dargestellten Sinne handelte (dagegen spricht allerdings, dass die Zahnärztin Dr. Q in ihrer ergänzenden Stellungnahme zwar von einer erheblichen Beeinträchtigung der Funktionen des Beißens, Kauens, der Sprachlautbildung oder anderer Funktionen ausgegangen ist, andererseits bei einer Behandlungsdurchführung erst zu einem späteren Zeitpunkt lediglich eine Erschwerung der Therapie und ggf. ein schlechteres Behandlungsergebnis erwartet hat). Offen bleiben kann zudem, welche Kosten für die kieferorthopädische Behandlung bis zu deren vorzeitigem Abbruch tatsächlich entstanden sind und von der Klägerin zu 2 auch beglichen wurden.
66Denn es ist jedenfalls nicht nachgewiesen, dass ihr bzw. der Klägerin zu 1 eine Rückkehr in das Inland wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit nicht möglich war (vgl. § 24 Abs. 1 S. 2 SGB XII).
67(1) Allerdings war der Klägerin zu 2 - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - eine Rückkehr nach Deutschland für die Dauer der kieferorthopädischen Behandlung nicht unabhängig von einem etwaigen Rückkehrhindernis der Klägerin zu 1 möglich. Denn zum einen war die Klägerin zu 2 im Zeitpunkt der Aufnahme der Behandlung (am 01.04.2008) erst 15 Jahre alt und damit noch minderjährig. Zum anderen war die Behandlung (laut Kostenvoranschlag von Dr. Q) auf einen Zeitraum von 16 Quartalen (vier Jahre) prognostiziert. Eine derart lange Trennung von den Eltern war der Klägerin zu 2 mit Blick auf ihr Alter jedoch weder zumutbar noch war sie überhaupt realisierbar; denn es bestand für sie nach den glaubhaften Schilderungen ihres Bevollmächtigten im Erörterungstermin vom 20.02.2014 keinerlei Möglichkeit, für die Dauer der Behandlung bei einem nahen Verwandten in Deutschland unterzukommen.
68(2) Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass der Klägerin zu 1 und damit - ggf. über Art. 6 GG - der gesamten Familie eine Rückkehr nach Deutschland wegen eines der in § 24 Abs. 1 S. 2 SGB XII genannten Hinderungsgründe unmöglich war; dabei kann wiederum offen bleiben, ob die gesetzlich vorgesehene Pflicht des Anspruchsberechtigten, das Rückkehrhindernis nachzuweisen, den Sozialhilfeträger oder das Gericht von dem sonst im Sozialhilferecht geltenden Amtsermittlungsgrundsatz entbindet (vgl. hierzu LSG Bad-Württemberg, Urteil vom 25.02.2010 - L 7 SO 5106/07 Rn. 27 m.w.N.).
69Die Klägerin zu 1 war während der Dauer der kieferorthopädischen Behandlung ihrer Tochter, der Klägerin zu 2, und im Übrigen auch im gesamten streitbefangenen Behandlungszeitraum nicht wegen eines der in § 24 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 3 SGB XII enumerativ und abschließend genannten Hindernisse (vgl. hierzu LSG NRW vom 31.03.2011 - L 20 SO 32/09 m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung vgl. LSG Sachsen, Beschluss vom 29.11.2010 - L 7 SO 80/10 B ER Rn. 25 m.w.N.), namentlich wegen der - hier allein als Rückkehrhindernis in Betracht kommenden - Schwere ihrer Pflegebedürftigkeit (vgl. § 24 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB XII) an einer Rückkehr nach Deutschland gehindert. Sonstige Gründe, z.B. die Dauer des Aufenthalts, eine besondere persönliche oder soziale Verwurzelung im Aufenthaltsland oder erwartbare Schwierigkeiten bei der Reintegration im Bundesgebiet, mögen die Rückkehr zwar als unzumutbar erscheinen lassen; sie machen sie aber nicht objektiv unmöglich und sind daher im Rahmen von § 24 SGB XII unerheblich (Berlit in LPK-SGB XII § 24 Rn. 8 m.w.N.; vgl. hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.02.2010 - L 7 SO 5106/07, Rn. 25).
70(a) Die Schwere der Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 24 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB XII steht einer Rückkehr nach Deutschland entgegen, wenn die Rückkehr - z.B. wegen Transportunfähigkeit - nicht ohne Gefahr für Leib und Leben des Betroffenen möglich ist. Dies beurteilt sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls (vgl. Bieback in Grube/Wahrendorf, a.a.O. § 24 Rn. 23 m.w.N.). Eine Rückkehr ist nur dann in diesem Sinne unmöglich, wenn die Art bzw. das Ausmaß der erforderlichen Pflege eine Rückreise nicht zulässt (vgl. u.a. LSG Bayern, Beschluss vom 08.09.2009 - L 18 SO 119/09 B ER; LSG Sachsen, Beschluss vom 29.11.2010 - L 7 SO 80/10 B ER Rn. 24 unter Hinweis auf KSW/Coseriu, § 24 SGB XII Rn. 4; Berlit, a.a.O Rn. 10; ähnlich LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.02.2010 - L 7 SO 5106/07 Rn. 29). Eine Erkrankung oder die Pflegebedürftigkeit des Betroffenen für sich genommen kann hingegen einen Hinderungsgrund nicht begründen. Insoweit ist auch nicht auf die im SGB XI festgelegten Pflegestufen abzustellen (vgl. u.a. LSG Sachsen, Beschluss vom 29.11.2010 - L 7 SO 80/10 B ER Rn. 24 unter Hinweis auf KSW/Coseriu, § 24 SGB XII Rn. 4; BayLSG, Beschluss vom 08.09.2009 - L 18 SO 119/09 B ER Rn. 16).
71Ausgehend hiervon war die Klägerin zu 1 jedoch in den betroffenen Behandlungszeiträumen (von 2008 bis 2010) nicht wegen des Ausmaßes der Pflegebedürftigkeit an einer Rückkehr nach Deutschland gehindert. Sie bedurfte nach den aktenkundigen medizinischen Unterlagen sowie den überzeugenden Schilderungen ihres bevollmächtigten Ehemannes im Erörterungstermin vom 20.02.2014 auch seinerzeit wegen epileptischer Anfälle und damit verbundener Sturz- und Verletzungsgefahr zwar ständiger Begleitung. Eine Rückkehr nach Deutschland in Begleitung (insbesondere ihres Bevollmächtigten) war ihr gleichwohl auch damals möglich.
72(b) Hiervon ist der Senat bereits auf Grund der tatsächlichen Reisetätigkeit der Klägerin zu 1 zuletzt in den Jahren 2005 und 2011 überzeugt. So ist die Klägerin, obwohl seinerzeit in gleicher Weise erkrankt wie zur Zeit der hier fraglichen Behandlungen, gemeinsam mit dem Bevollmächtigten bereits 2005 anlässlich ihres Wohnsitzwechsels von Deutschland nach Spanien gereist. Darüber hinaus hat sie sich im August 2011 vorübergehend nach Deutschland begeben und ist - ca. eine Woche später - nach Spanien zurückgereist. Wenig später zog sie im Oktober 2011 - wenn auch nur innerhalb Spaniens - von Ibiza nach Malaga um. Diese jeweils mit dem Flugzeug zurückgelegten Reisen widerlegen gerade (vergleichbar dem im Bereich des SGB VI geltenden Grundsatz, dass der Ausübung einer zumutbaren Erwerbstätigkeit ein stärkerer Beweiswert zukommt als etwaigen anderslautenden medizinische Beurteilungen über das Restleistungsvermögen eines Versicherten; vgl. BSG, Urteil vom 26.09.1975 - 12 RJ 208/74) ebenso das Vorbringen der Klägerinnen, an einer Rückkehr nach Deutschland gehindert gewesen zu sein, wie eine eventuelle hiervon abweichende medizinische Einschätzung.
73Dass die Klägerin zu 1 die 2011 unternommenen Flüge unter vorheriger Einnahme eines Beruhigungsmittels (Valium) absolviert hat, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen; denn der darin enthaltene Wirkstoff Diazepam dient gerade als Notfallmedikament zur Behandlung bei epileptischen Grand-mal-Anfällen sowie zur Vorbeugung vor solchen Anfällen, sofern zuvor Anzeichen dafür zu bemerken sind, (vgl. www.onmedia.de/Wirkstoffe/Diazepam/wirkung-medikament). Dementsprechend wurde der Klägerin zu 1 nach den Angaben ihres Bevollmächtigten auch schon in der Vergangenheit in Absprache mit dem behandelnden Arzt Valium verabreicht.
74Der Senat verkennt insoweit nicht, dass die Klägerin zu 1 unmittelbar im hier in Rede stehenden Zeitraum der zahnärztlichen bzw. kieferorthopädischen Behandlungen (in den Jahren 2008 bis 2010) keine Reisetätigkeit entfaltet hat. Ihr war wegen ihrer epileptischen Erkrankung und des damit verbundenen Pflegeaufwandes aber schon seit August 2001 die Pflegestufe III zuerkannt worden, ohne dass sie dies seinerzeit und nachfolgend am Reisen gehindert hätte. Zudem hat der Ehemann, der die Pflege der Klägerin zu 1 im Wesentlichen allein sicherstellt, ihren Pflegebedarf während der Zeit des Aufenthalts der Familie auf Ibiza und damit auch in dem hier in Rede stehenden Zeitraum im Erörterungstermins vom 20.02.2014 im Einzelnen geschildert, ohne dass gravierende Änderungen im Gesundheitszustand der Klägerin zu 1 erkennbar wurden.
75(c) Ohnehin lässt sich im Übrigen weder den beigezogenen medizinischen Unterlagen noch den Schilderungen des Bevollmächtigten insbesondere im Erörterungstermin vom 20.02.2014 nachvollziehbar entnehmen, dass der Pflege- und Betreuungsaufwand in den Jahren 2008 bis 2010 einer Rückkehr der Klägerin zu 1 nach Deutschland entgegenstand. Allein der Umstand, dass sie u.a. nach dem (im März 2009 und damit zeitnah zu den bzw. sogar während der in Rede stehenden Behandlungszeiträume) erstellten Gutachten der Psychologin Hernandez Martin aus März 2009 täglich mehrfach unter epileptischen Anfällen leidet, reicht zur Annahme eines solchen Rückkehrhindernisses ebenso wenig aus wie die Tatsache, dass mit diesen Anfällen eine besondere Sturz- und Verletzungsgefahr einhergeht. Eine solcher Sturz kann - vor allem den Angaben des Bevollmächtigten folgend - durch eine Begleitung vermieden werden, weil sich die epileptischen Anfälle ca. ein bis zwei Minuten zuvor (durch Heraustreten der Augen aus den Augenhöhlen bzw. eine langsame, verwaschene Sprache) ankündigen; es besteht deshalb die Möglichkeit, die Klägerin zu 1 vor einem Anfall eine sitzende Position einnehmen zu lassen. Die einem Anfall folgende Phase der Somnolenz erfordert - ebenfalls im Wesentlichen ausgehend von den Schilderungen des Bevollmächtigen im Erörterungstermin - bei unkontrolliertem Harn- und Stuhlgang zwar das Aufsuchen einer Toilette und Reinigungsmaßnahmen. Auch derartige Pflegemaßnahmen können aber während einer Reise nach Deutschland bewältigt werden. Das gilt umso mehr, als eine Rückreise nach Deutschland nicht notwendig mit dem Flugzeug zu erfolgen hätte. Denkbar wäre vielmehr auch etwa eine Schiffsreise oder ein (sonstiger) Krankentransport, etwa auf dem Landweg. Für Organisation und Kosten einer notwendigen Rückreise wäre die Klägerin ggf. gehalten, sich um konsularische Hilfen zu bemühen.
76Dem steht auch nicht entgegen, dass der ehemalige Hausarzt Dr. L die Klägerin zu 1 in diversen Attesten aus den Jahren 2007 und 2011 als reiseunfähig bezeichnet hat. Insofern ist bereits nicht erkennbar, dass seine Einschätzung (entsprechend den Anforderungen des § 24 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB XII) auf dem Ausmaß der Pflegebedürftigkeit beruht. Insbesondere ist die von Dr. L beschriebene Schwere der chronischen Erkrankung der Klägerin zu 1 insofern nach dem Gesetz ebenso unerheblich wie eine drohende Verschlechterung der psychischen Erkrankung durch einen Daueraufenthalt in Deutschland, fern des bevorzugten Aufenthaltslandes (s.o.). Zudem ist Dr. L an anderer Stelle selbst zu der Beurteilung gelangt, der Klägerin zu 1 sei eine Reise nach Deutschland unter Aufsicht möglich; der Senat entnimmt dies der in den Verwaltungsakten der Beklagten befindlichen E-Mail eines Mitarbeiters des Generalkonsulat der BRD in Barcelona vom 18.08.2011, in der dieser den Inhalt eines Telefonates mit Dr. L wiedergibt.
77ee) War aber der Klägerin zu 1 und mit ihr der gesamten Familie eine Rückkehr nach Deutschland in den in Rede stehenden Behandlungszeiträumen möglich, so kann letztlich offen bleiben, ob Leistungen nach § 24 SGB XII darüber hinaus zumindest einen ernsthaften Willen bzw. die Bereitschaft voraussetzen, zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit nach Deutschland zurückzukehren (so LSG Baden-Württemberg vom 27.06.2011 - L 2 SO 2138/11 ER-B bzgl. der Pflege und Erziehung eines Kindes; vgl. ferner Coseriu, a.a.O. § 24 Rn. 31). Eine solche Bereitschaft besteht jedenfalls - dies hat die Familie durch ihre Rückkehr nach Spanien im August 2011 hinreichend zum Ausdruck gebracht - bei der Familie der Klägerinnen (mit Ausnahme der Klägerin zu 2) ersichtlich nicht.
78ff) Der Umstand, dass der Beklagte den Klägerinnen schon seit Januar 2007 und auch in dem hier in Rede stehenden Behandlungszeitraum laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 24 Abs. 1 SGB XII zuerkannt hat und deshalb selbst ersichtlich von einem Rückkehrhindernis im Sinne des S. 2 der Vorschrift ausgegangen ist, bindet weder die Beklagte noch den Senat bei der Entscheidung über den hier streitbefangenen Anspruch auf Kostenübernahme für zahnärztliche und kieferorthopädische Behandlungen. Insbesondere liegt hierin weder eine - auf den Erlass eines zukünftigen Verwaltungsakts gerichtete - Zusicherung im Sinne des § 34 SGB X noch ein Anerkenntnis. Vielmehr bedarf es einer eigenständigen Prüfung der jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen.
792. Der geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten lässt sich ferner nicht auf europarechtliche Vorschriften stützen. Die VO (EWG) Nr. 1408/71 ist schon nicht auf die Sozialhilfe anwendbar (vgl. den Ausschlusstatbestand des Art. 4 Abs. 4 VO (EWG)). Ansprüche aus dem EFA können die Klägerinnen ebenfalls nicht geltend machen (vgl. hierzu Coseriu, a.a.O. § 23 Rn. 31 ff.); denn sie wären gehalten, derartige Ansprüche gegenüber Spanien als dem Land ihres Aufenthalts geltend zu machen (vgl. Art. 1 EFA).
80II. Die Klägerinnen können die Übernahme der Kosten für die zahnärztlichen und kieferorthopädischen Behandlungen schließlich auch nicht von dem Beigeladenen beanspruchen. Insofern mag offen bleiben, ob und ggf. in welchem Umfang die diesbezügliche Klage zulässig ist, obwohl eine ablehnende (Erst-)Entscheidung der Beigeladenen allenfalls im Hinblick auf die kieferorthopädische Behandlung der Klägerin zu 2 (mit E-Mail vom 28.02.2008) vorliegt (vgl. zur Möglichkeit der Verurteilung zumindest zu einer Leistung nach § 75 Abs. 5 SGG ohne Durchführung eines Vorverfahrens u.a. Leitherer, a.a.O. § 75 Rn. 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr. 27 zu § 75 SGG). Gleiches gilt für die Frage, ob der geltend gemachte Anspruch in materiell-rechtlicher Hinsicht bereits daran scheitern kann, dass die E-Mail vom 28.02.2008 (gegen welche kein Widerspruch erhoben wurde) als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X zu qualifizieren sei und die Beigeladene die Erstattung der Kosten für die kieferorthopädische Behandlung der Klägerin zu 2 daher zwischen den Beteiligten im Sinne des § 77 SGG verbindlich abgelehnt habe (vgl. zur Unmöglichkeit einer Verurteilung nach § 75 Abs. 5 SGG, wenn der Beigeladene den Anspruch durch bindenden VA abgelehnt hat, Leitherer, a.a.O. m.w.N.); denn unabhängig hiervon liegen die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung durch die Beigeladene weder bzgl. der kieferorthopädischen (Vor-)Behandlung noch der sonstigen zahnärztlichen Behandlungen vor.
81Nach § 13 Abs. 3 SGB V hat die Krankenkasse die Kosten für eine selbstbeschaffte, notwendige Leistung zu erstatten, sofern sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind.
82Insoweit bedarf es letztlich keiner abschließenden Klärung, ob bzw. bzgl. welcher streitbefangenen Behandlungen diese Voraussetzungen erfüllt sind; denn jedenfalls ist ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V vorliegend bzgl. sämtlicher in Rede stehender Behandlungen gemäß § 13 Abs. 4 S. 1, 2. Halbsatz SGB V ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in anderen Staaten im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattungsanspruch in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen aufgrund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung.
83Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 4 S. 1, 2. Halbsatz (1. Alternative) SGB V sind vorliegend erfüllt. Die zahnärztlichen und kieferorthopädischen Behandlungen der Klägerinnen in Spanien waren auf der Grundlage eines Pauschbetrags zu erstatten; denn nach Art. 36 VO (EWG) Nr. 1408/71 i.V.m. Art. 95 VO (EWG) 574/72 über die Durchführung der VO (EWG) Nr. 1408/71 erstattet die Bundesrepublik Deutschland (über die zentrale Stelle der AOK Rheinland/Hamburg) für deutsche Rentner, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind (= KVdR-Rentner), und ihre Familienangehörigen, die ihren Wohnsitz in Spanien haben, an den spanischen Krankenversicherungsträger einen Pauschalbetrag für von diesem erbrachte Krankenversicherungsleistungen.
84Die Klägerinnen hatten auch Anspruch auf Sachleistungsgewährung durch den spanischen Krankenversicherungsträger. Nach Art. 28 Abs. 1 S. 2 VO (EWG) 1408/71 bekommen Rentner, die - wie die Klägerin zu 1 seit Juni 2007 - zum Bezug einer Rente (z.B.) nach deutschen Vorschriften berechtigt sind und in Deutschland (als pflichtversicherte Rentner) Krankenversicherungsleistungen erhalten würden, aber an ihrem Wohnsitz im EU-Ausland (hier: Spanien) keinen Krankenversicherungsschutz genießen, Sachleistungen von dem ausländischen Krankenversicherungsträger, als ob sie dort zum Bezug einer Rente oder zur Inanspruchnahme von Sachleistungen aus der Krankenversicherung berechtigt wären. Dabei sind Familienangehörige in diesen Schutz einbezogen (vgl. Art. 28 Abs. 1 S. 1 VO (EWG) 1408/71). Diese Sachleistungsgewährung geht nach Art. 28 Abs. 2a VO (EWG) 1408/71 zu Lasten des Trägers desjenigen Mitgliedstaates, nach dessen Vorschriften der Rentner Anspruch auf diese Sachleistungen hat. Die Durchführung des Anspruchs erfolgt, indem der Rentner sich bei dem Träger des Wohnorts eintragen lässt und dabei eine Bescheinigung über einen Sachleistungsanspruch gegenüber dem Träger des anderen Mitgliedstaates vorlegt (Art. 28 VO (EWG) 574/72 über die Durchführung der VO (EWG) 1408/71). Die Klägerin zu 1 hat zum Nachweis ihrer Registrierung den Vordruck E 121 vorgelegt (vgl. zu alledem LSG NRW, Urteil vom 27.01.2011 - L 5 KR 56/09 sowie vom 14.06.2007 - L 5 KR 183/06). Nach der Einschreibung der Klägerinnen bei dem spanischen Versicherungsträger zum 01.07.2007 liegen die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch daher nicht mehr vor (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 13.07.2007 - B 1 KR 33/02 R).
85Aus der zum 20.05.2004 in Kraft getretenen Verordnung (EG) 883/2004, welche die VO (EWG) 1408/71 allerdings erst mit Wirkung vom 01.05.2010 ersetzt (vgl. Art. 91 Abs. 2 VO (EG) 883/2004 i.V.m. Art. 97 S. 2 und 96 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009), ergibt sich im Übrigen keine andere Beurteilung; denn Art. 24 VO (EG) 883/2004 ist - die Anwendbarkeit dieser Regelung vorliegend unterstellt - mit der bisherigen Regelung des Art. 28 VO (EWG) 1408/71 inhaltlich identisch.
86Der Umstand, dass der spanische Krankenversicherungsträger zahnärztliche Behandlungen (über elementare Behandlungen, z.B. Ziehen eines Zahnes, hinaus) sowie kieferorthopädische Behandlungen nicht übernehmen dürfte (s.o.), ist im Übrigen nicht geeignet, einen darüber hinausgehenden Anspruch der Klägerinnen gegen den Beigeladenen zu begründen. Denn Versicherte haben es angesichts des gleichzeitigen Gewinns an Freizügigkeit hinzunehmen, dass ihnen im Ausland weder nach Form noch Inhalt nach identische Ansprüche zustehen wie im Inland (BSG, Urteil vom 13.07.2004 - B 1 KR 33/02 R; vgl. ferner LSG NRW, Urteil vom 14.06.2007 - L 5 KR 183/06).
87C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache. Einer Übernahme der außergerichtlichen Kosten der Kläger durch den Beklagten, soweit diese durch Erhebung der Klage bei dem unzuständigen Verwaltungsgericht verursacht wurden, bedarf es nicht; denn Gerichtskosten sind dort nach § 188 S. 2 VwGO nicht angefallen.
88D. Anlass für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG besteht nicht.
(1) Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten keine Leistungen. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden Gründen nicht möglich ist:
- 1.
Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss, - 2.
längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit oder - 3.
hoheitliche Gewalt.
(2) Leistungen werden nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind.
(3) Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und des Vermögens richten sich nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland.
(4) Die Leistungen sind abweichend von § 18 zu beantragen. Für die Leistungen zuständig ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die antragstellende Person geboren ist. Liegt der Geburtsort im Ausland oder ist er nicht zu ermitteln, wird der örtlich zuständige Träger von einer Schiedsstelle bestimmt. § 108 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(5) Leben Ehegatten oder Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte bei Einsetzen der Sozialhilfe zusammen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der ältesten Person von ihnen, die im Inland geboren ist. Ist keine dieser Personen im Inland geboren, ist ein gemeinsamer örtlich zuständiger Träger nach Absatz 4 zu bestimmen. Die Zuständigkeit bleibt bestehen, solange eine der Personen nach Satz 1 der Sozialhilfe bedarf.
(6) Die Träger der Sozialhilfe arbeiten mit den deutschen Dienststellen im Ausland zusammen.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
Tenor
-
Auf die Sprungrevision des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 22. Dezember 2009 (S 40 AS 2407/08) aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 und die Erstattung der gewährten Leistungen in Höhe von 1454,28 Euro.
- 2
-
Der alleinstehende Kläger stellte erstmals am 31.3.2005 einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zu Einkünften aus selbstständiger oder anderer Tätigkeit machte er keine Angaben. Auf dem Zusatzblatt 2 findet sich mit grünem Stift - der Beraterin - die Einfügung: "Ich-AG 3.2.03 - 1 Jahr Förderung". Der Beklagte gewährte dem Kläger alsdann Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, zunächst für den Zeitraum vom 31.3. bis 30.9.2005 (Bescheid vom 19.4.2005). Einkommen des Klägers berücksichtigte er bei der Berechnung der Leistungshöhe nicht. In seinem Fortzahlungsantrag vom 28.7.2005 gab der Kläger keine Änderungen der Verhältnisse an, woraufhin der Beklagte Alg II in der selben Höhe wie zuvor (monatlich: 601,89 Euro; Regelleistung: 331 Euro; KdU: 270,89 Euro) auch für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.3.2006 bewilligte (Bescheid vom 16.8.2005 ).
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Auf eine Einladung des Beklagten zu einem Gespräch über seine berufliche Situation und zur Vorlage seiner Bewerbungen legte der Kläger am 29.12.2005 eine Änderungsmitteilung vor und gab an, er werde vom 9.1.2006 bis 28.2.2006 selbstständig tätig sein (Abbruch, Entkernung, Maurerarbeiten). Zusammen mit dieser Änderungsmitteilung füllte der Kläger das Zusatzblatt 2.1. (Einkommenserklärung) aus und legte die Anlage GSE zu seiner Einkommensteuererklärung für 2004 vor. Er teilte zunächst voraussichtliche Betriebseinnahmen in Höhe von 750 Euro sowie -ausgaben in Höhe von 225 Euro mit. Der Gewinn habe sich gegenüber den Vorjahren verringert, weil sich die Auftragslage verschlechtert habe. Im Mai und August 2006 reichte der Kläger ferner Betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA) für die Jahre 2005 und für die bereits abgelaufenen Monate des Jahres 2006 ein und legte mit einem weiteren Fortzahlungsantrag im Januar 2007 eine am 3.1.2007 erstellte betriebswirtschaftliche Auswertung vor, aus der sich für das Jahr 2005 insgesamt ein vorläufiges positives betriebswirtschaftliches Ergebnis von 8581,40 Euro ergibt, darunter im letzten Quartal 2005 - dem hier streitgegenständlichen Zeitraum - in Höhe von 10 115,44 Euro. Am 16.7.2007 gab der Kläger den Einkommensteuerbescheid für 2005 zu den Akten, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer in Höhe von 10 405 Euro ausweist. In einem vom Kläger beigefügten Schreiben des Steuerberaters wird zur Erläuterung ausgeführt, dass der Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG ermittelt worden sei und sich der in dem Steuerbescheid angesetzte Gewinn in Höhe von 10 405 Euro aus zwei Positionen zusammensetze - einem Gewinnanteil aus laufendem Geschäftsbetrieb in Höhe von 381 Euro und einem Gewinnanteil in Höhe von 10 024 Euro, der aus der Auflösung, Neubildung und Verzinsung von Sonderposten mit Rücklageanteil nach § 7g EStG (Ansparabschreibungen) entstanden sei. In dem Schreiben heißt es weiter: "Der hohe Gewinn des Jahres 2003 wurde im Rahmen der gesetzlichen Regelungen des § 7g EStG in die Folgejahre verschoben. Dieser Gewinnanteil ist im Jahr 2005 nicht zugeflossen und stand damit nicht zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung."
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Daraufhin führte der Beklagte eine Neuberechnung der Leistungen für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.3.2006 durch und hob mit Bescheid vom 24.1.2008 den Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 sowie den Änderungsbescheid vom 8.8.2006 unter Hinweis auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X auf. Mit Änderungsbescheid vom 24.4.2008 wurde die Leistungsbewilligung für den noch streitigen Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 - der Rechtsstreit hat sich für den Zeitraum ab 1.1.2006 durch angenommenes Teilanerkenntnis in der mündlichen Verhandlung vor dem SG Dresden erledigt - teilweise in Höhe von monatlich 587,59 Euro aufgehoben und die Erstattungsforderung für diesen Zeitraum auf monatlich 484,76 Euro, insgesamt 1454,28 Euro, reduziert. Den Widerspruch des Klägers vom 28.1.2008 wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 25.4.2008 zurück.
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Durch Urteil vom 22.12.2009 hat das SG die Klage hiergegen abgewiesen. Die streitbefangenen Bescheide seien - im Gegensatz zur Auffassung des Klägers - inhaltlich hinreichend bestimmt. Der Beklagte habe die rückwirkende Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 16.8.2005 zutreffend auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X gestützt. Der Bescheid vom 16.8.2005 sei bei seinem Erlass rechtmäßig gewesen und es sei eine wesentliche Änderung durch Zufluss von Einkommen eingetreten. Für den Beklagten habe aufgrund der Angaben des Klägers im Leistungsantrag weder Veranlassung bestanden, den Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 nur vorläufig zu erlassen, noch aufgrund der Angaben des Klägers in seinem Antrag auf Bewilligung von Alg II zu vermuten, dass sich im Leistungszeitraum Einkünfte - in wechselnder Höhe - aus selbstständiger Tätigkeit ergeben könnten. Die Kammer glaube dem Kläger, dass er beim Ausfüllen des Antrags weder Einkünfte gehabt, noch solche erwartet und deswegen die entsprechenden Felder des Antrags nicht angekreuzt habe. Zu Recht habe der Beklagte die Höhe des dann zugeflossenen Einkommens ausgehend vom steuerrechtlichen Gewinn ermittelt. Insofern komme dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 Tatbestandswirkung zu. Der auf die Auflösung der Ansparabschreibungen entfallende Gewinnanteil sei nicht abzuziehen. Die Auflösung der Rücklage fließe dem Steuerpflichtigen zu, weil Gelder, die ursprünglich für eine Investition vorgesehen und gebunden gewesen seien, nun wieder - auch zur Bestreitung des Lebensunterhalts - zur Verfügung gestanden hätten. Das SG hat die Sprungrevision zugelassen. Der Beklagte hat der Einlegung zugestimmt.
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Der Kläger rügt mit der Revision (sinngemäß) eine Verletzung des § 11 Abs 1 SGB II und des § 2a Abs 1 Alg II-V iVm § 15 Abs 1 SGB IV. Zu Unrecht habe das SG die Feststellungen des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2005 zugrunde gelegt. Die Auflösung der im Jahr 2003 gebildeten Ansparabschreibung habe nicht berücksichtigt werden dürfen. Hierbei handele es sich um einen im Jahr 2003 und nicht im maßgeblichen Zeitraum 2005 zugeflossenen Gewinn. Allein durch die Ausweisung der aufgelösten Ansparabschreibung stünden ihm keine bereiten Mittel zur Verfügung. Das Geld sei bereits im vorangegangenen Geschäftsjahr zur Deckung der laufenden Betriebskosten verwendet worden.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 22. Dezember 2009 (S 40 AS 2407/08) sowie den Bescheid des Beklagten vom 24. Januar 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. April 2008 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Sprungrevision ist im Sinne der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG begründet.
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Der Senat vermochte nicht abschließend zu beurteilen, ob der aufgehobene Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 von Anfang an rechtswidrig war (§ 45 SGB X) oder durch eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nachträglich rechtswidrig geworden ist (§ 48 SGB X). Es ist vom SG nicht festgestellt worden, ob bei Bescheiderteilung nach den objektiven Verhältnissen Hilfebedürftigkeit vorlag oder die Hilfebedürftigkeit ggf im Verlaufe des streitigen Zeitraumes entfallen ist.
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1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig(vgl Urteile des Senats vom 18.1.2011, ua B 4 AS 99/10 R). Nach § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar.
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Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II bestehen, weil der Gesetzgeber sich bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt(BSG Urteile vom 18.1.2011, ua B 4 AS 99/10 R).
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2. Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 24.1.2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24.4.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.4.2008, mit dem der Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II teilweise aufgehoben hat und eine Erstattungsforderung in Höhe von 1454,28 Euro für den noch streitigen Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 geltend gemacht hat. Der Kläger hat ihn zutreffend mit der Anfechtungsklage angegriffen.
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3. Ob der Beklagte die Aufhebungsentscheidung - die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung unterstellt (s hierzu unter b) - auf § 48 SGB X stützen konnte, wie das SG annimmt, oder ob ggf § 45 SGB X als Rechtsgrundlage in Betracht kommt, kann vom erkennenden Senat mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen durch das SG ebenso wenig entschieden werden, wie die Frage, ob der Bewilligungsbescheid materiell-rechtlich rechtswidrig war.
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a) Nach § 48 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. § 45 SGB X regelt, dass ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise zurückgenommen werden darf. § 45 SGB X findet also Anwendung, wenn der Verwaltungsakt bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen geändert werden soll. Beide Normen grenzen sich nach den objektiven Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts, der aufgehoben werden soll, ab (vgl BSGE 96, 285 = SozR 4-4300 § 122 Nr 4 RdNr 13; BSGE 59, 206 = SozR 1300 § 45 Nr 20 S 68 und BSGE 65, 221 = SozR 1300 § 45 Nr 45 S 141; vgl auch Urteil des Senats vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - und zuletzt BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 45/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen). Dabei ist die Verwaltung grundsätzlich verpflichtet, vor Erlass eines Bescheides die Sachlage vollständig aufzuklären (BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 113 ff = SozR 3-1300 § 32 Nr 2; BSGE 82, 183 = SozR 3-4100 § 71 Nr 2 mwN; BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1), um die objektiven Verhältnisse festzustellen. Insoweit kommt es entgegen der Auffassung des SG nicht darauf an, zu welchen Vermutungen die Verwaltung aufgrund der klägerischen Angaben Anlass gehabt hatte. Erlässt die Verwaltung einen endgültigen Bescheid auf Grundlage eines nicht endgültig aufgeklärten Sachverhalts und stellt sich später - nach weiteren Ermittlungen - heraus, dass der Bescheid bereits im Zeitpunkt des Erlasses objektiv rechtswidrig war, ist ein Fall des § 45 SGB X gegeben. Mangelnde Amtsermittlung kann auch niemals Grund für eine nur vorläufige Leistungsbewilligung sein. Der endgültige Bescheid ist umgekehrt kein taugliches Instrumentarium in Fällen, in denen - nicht wegen fehlerhafter Ausübung der Amtsermittlungspflicht, sondern - objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung etwa der Einkommenssituation besteht. Eine endgültige Bewilligung unter Abschlag von der Leistungshöhe aufgrund einer prospektiven Schätzung von Einkommen ohne rechtliche Befugnis hierzu ist rechtswidrig (BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1). Entscheidet der Träger jedoch endgültig und bewilligt nicht nur vorläufige Leistungen, sind Maßstab der Überprüfung der Aufhebungsentscheidung § 45 oder § 48 SGB X.
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Die objektiven Verhältnisse zum Zeitpunkt des Bewilligungsbescheides können den Feststellungen des SG jedoch nicht entnommen werden. Das SG hat ausgeführt, aufgrund der Angaben des Klägers in seinem Antrag auf Bewilligung von Alg II sei nicht zu vermuten gewesen, dass sich im Leistungszeitraum Einkünfte - in wechselnder Höhe - aus selbstständiger Tätigkeit ergeben könnten. Die Kammer glaube dem Kläger, dass er beim Ausfüllen des Antrags weder Einkünfte gehabt, noch solche erwartet und deswegen die entsprechenden Felder des Antrags nicht angekreuzt habe. Wenn das Gericht in seinen weiteren Ausführungen gleichwohl davon ausgeht, dass der Kläger Einkommen aus selbstständiger Beschäftigung hatte, brauchte es zwar von seinem Rechtsstandpunkt keine weitere Aufklärung der tatsächlichen Einkommens- und Vermögenssituation vorzunehmen. Insoweit verkennt es jedoch den rechtlichen Maßstab für die Beurteilung, ob eine zur Rechtswidrigkeit führende wesentlich Änderung der Verhältnisse oder eine anfängliche Rechtswidrigkeit gegeben waren.
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b) Ob der Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 rechtmäßig war, beurteilt sich zuvörderst danach, ob der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungsbewilligung nach dem SGB II erfüllt hatte, insbesondere ob er hilfebedürftig war. Nach § 7 Abs 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II - jeweils in der Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954 - ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr 1), aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
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Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II - ebenfalls in der Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003 - sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert, mithin auch Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit zu berücksichtigen. Vom Einkommen sind ua die auf das Einkommen entrichteten Steuern abzuziehen (§ 11 Abs 2 Nr 1 SGB II). § 2a Alg II-V(idF der ersten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 22.8.2005, mit Wirkung vom 1.10.2005, BGBl I 2499) regelt die Einzelheiten der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit sowie Gewerbebetrieb. Nach § 2a Abs 1 Satz 1 und 2 Alg II-V ist dabei vom Arbeitseinkommen iS des § 15 SGB IV unter Verweis ua auf § 15 Abs 1 EStG auszugehen. Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind gemäß § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG(idF des Art 1 Nr 4 Gesetz vom 22.12.2003, BGBl I 2840 mit Wirkung vom 1.1.2004) Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.
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Grundsätzlich ist es - im Gegensatz zur Auffassung des Klägers - zwar nicht zu beanstanden, dass das SG von dem Gewinn aus der Auflösung der Ansparrücklage iS des § 7g EStG als Arbeitseinkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im hier streitigen Zeitraum ausgegangen ist(vgl auch LSG Berlin-Brandenburg 24.4.2007 - L 26 B 422/07 AS ER -; Klattenhoff in Hauck/Noftz, SGB IV, § 15 RdNr 8, Stand 43. EL XII/2005). Gemäß § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IV(idF des Art 3 Nr 2 Gesetz zur Reform der Agrarsozialen Sicherung vom 29.7.1994, BGBl I 1890) ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Nach der Gesetzesbegründung zu § 15 Abs 1 SGB IV(BT-Drucks 12/5700, S 96) soll das Arbeitseinkommen aus dem Steuerbescheid übernommen werden. Die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts sind die §§ 4 - 7k EStG(vgl Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 15 SGB IV RdNr 10, Stand 44. EL August 2004). Auch die Regelung des § 7g EStG ist Teil der allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften und damit bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens zu berücksichtigen(BSG Urteil vom 6.11.2008 - B 1 KR 28/07 R - SozR 4-2500 § 47 Nr 10; Fischer in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 15 RdNr 43).
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Ansparrücklagen sollen dem Selbstständigen ermöglichen, eine Rücklage für künftige Investitionen zu bilden. Durch ihre Bildung wird verhindert, dass in bestimmter Höhe erzielte Gewinne besteuert werden (siehe zum Ganzen: BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr 2). Nach § 7g Abs 3 EStG(in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.10.2002, BGBl I 4210) können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts iS des § 7g Abs 1 EStG eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden (Ansparabschreibung). Sobald für das begünstigte Wirtschaftsgut Abschreibungen vorgenommen werden dürfen, ist die Rücklage gemäß § 7g Abs 4 Satz 1 EStG in Höhe von 40 vom Hundert der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnerhöhend aufzulösen. Ist eine Rücklage am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, so ist sie zu diesem Zeitpunkt gemäß § 7g Abs 4 Satz 2 EStG gewinnerhöhend aufzulösen(siehe hierzu Drenseck in Schmidt, EStG, 24. Aufl 2005, § 7g RdNr 24; Lambrecht in EStG-KompaktKommentar, 4. Aufl 2004, § 7g RdNr 48 f; Pinkos, DB 1993, 1688, 1690 ff). Für den Fall, dass der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG ermittelt, bestimmt § 7g Abs 6 EStG, dass § 7 Abs 3 bis 5 EStG mit Ausnahme von Abs 3 Nr 1(gemeint: Abs 3 Satz 3 Nr 1) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden ist, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) und ihre Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln ist.
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Die Rücklagenbildung hat zur Folge, dass sie im Jahr der Bildung zu einem buchmäßigen Aufwand führt, unabhängig davon, ob dabei ein Verlust entsteht oder ein bestehender Verlust sich erhöht (§ 7g Abs 3 Satz 4 EStG). Durch die Bildung einer Rücklage erhält der Steuerpflichtige mithin einen Steuervorteil unter der Bedingung, dass er spätestens zwei Jahre nach der (eigenkapitalschonenden) Rücklagenbildung investiert. Die Nichtbesteuerung der erzielten Gewinne in Höhe der Ansparrücklage führt dazu, dass beim Steuerpflichtigen im Jahr der Bildung der Ansparrücklage eine erhöhte Liquidität vorliegt; mit dem Ersparten kann und soll der Steuerpflichtige investieren (vgl BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr 2).
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Bei der Ansparrücklage handelt es sich im hier streitigen Zeitraum auch um Einkommen iS des SGB II. Die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen nimmt das SGB II selbst nicht vor. Wie der Senat im Urteil vom 30.9.2008 (B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15; vgl auch Urteil des Senats vom 13.5.2009 - B 4 AS 49/08 R; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - FEVS 60, 546) dargelegt hat, ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte(ebenso schon BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt.
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Grundsätzlich gilt für die Ansparrücklage nach diesem Grundsatz - da sie in jedem Fall bereits vor der Antragstellung gebildet wurde und soweit sie im hier streitigen Zeitraum noch vorhanden war -, dass sie als Vermögen zu werten wäre (vgl Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tag im Parallelverfahren für den Zeitraum vor dem Inkrafttreten des § 2a Alg II-V, - B 4 AS 22/10 R). Der Senat knüpft bei dieser Wertung an seine bisherige Rechtsprechung an, wonach ein Sparguthaben eines Leistungsberechtigten, das vor der Antragstellung gebildet wurde, durchgehend Vermögen ist, auch wenn es nach der Antragstellung fällig wird und zufließt (BSG Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16). Dieses gilt insbesondere in Fällen, in denen mit bereits erlangten Einkünften angespart wurde, zB bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen. Denn anderenfalls wertete man den Rückgriff auf Erspartes unzulässig erneut als Einkommen. Dementsprechend bleibt ein auf längere Zeit angelegtes Sparguthaben auch bei seiner Auszahlung Vermögen (vgl BVerwG Urteile vom 18.2.1999 - 5 C 16/98 - NJW 1999, 3210 f = juris RdNr 16, und - 5 C 14/98 - NJW 1999, 3137 f = juris RdNr 15). Dieses gilt auch für die Ansparrücklage. Die Ansparrücklage entstammt Jahre zuvor - hier wohl 2003 - erwirtschaftetem Gewinn, war also zum damaligen Zeitpunkt Einkommen und fließt bei ihrer Auflösung in den Betrieb/das Unternehmen als Investition zurück (vgl Kratzsch in EStG, Praxiskommentar, Stand III/2008, § 7g RdNr 63c; s hierzu auch Urteil des erkennenden Senats vom selben Tag - B 4 AS 22/10 R). Tatsächlich handelt es sich mithin um die Freisetzung von angespartem Einkommen, also Vermögen.
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Gleichwohl ist der Gewinn aus der aufgelösten Ansparrücklage im hier streitigen Zeitraum Einkommen. Dieses wird durch den Verweis in § 2a Alg II-V auf die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften normativ bestimmt. Danach ist die aufgelöste oder aufzulösende Ansparrücklage, obwohl sie vor der Antragstellung gebildet wurde (s zum Sparguthaben BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16) als Einkommen im jeweiligen Steuerjahr zu berücksichtigen. Grundsätzliche Bedenken gegen die normative Zuordnung als Einkommen bestehen auf Grundlage der soeben dargelegten Funktion der Ansparrücklage mit im Wesentlichen Steuerstundungseffekt (vgl hierzu Kratzsch in EStG, Praxiskommentar, Stand III/2008, § 7g RdNr 63c) nicht.
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Soweit das SG allerdings auf Grundlage des § 2a Alg II-V allein darauf abstellt, dass der im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Gewinn als Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit anzusehen sei und der Steuerbescheid Tatbestandswirkung habe, übersieht es, dass die Anwendung des § 15 SGB IV und der einkommensteuerrechtlichen Regelungen hier nur als Berechnungselement zur Ermittlung des Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen dienen. So zeigen Wortlaut, Begründungen des Verordnungsgebers mit Blick auf die Geschichte der Regelung der Berechnungsweise für Einkommen aus selbstständiger Beschäftigung, systematischer Zusammenhang und Sinn und Zweck der Regelung, dass die Anbindung an das Steuerrecht im Einzelfall unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des SGB II hinterfragt werden muss (zu anderen Fallgruppen der Durchbrechung der Anbindung an das Steuerrecht, zB im Unterhaltsrecht vgl BSG Urteil vom 6.11.2008 - B 1 KR 28/07 R - SozR 4-2500 § 47 Nr 10 - juris RdNr 25 ff). Der Steuerbescheid entfaltet folglich keine Tatbestandswirkung in dem Sinne, dass dessen Feststellungen ohne Berücksichtigung des Umstandes, ob es sich bei dem ausgewiesenen Gewinn um bereite Mittel handelt, zur Berechnung des Alg II herangezogen werden können.
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Bereits der Wortlaut zeigt deutlich, dass § 15 SGB IV und der dortige Verweis auf die Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts, also auch auf § 7g EStG, nur die Grundlage für die Berechnung des Einkommens Selbstständiger sein soll. Wörtlich heißt es in § 2a Abs 1 Satz 1 Alg II-V, von dem nach diesen Vorschriften bestimmten Einkommen sei "auszugehen". Diese Formulierung lässt erkennen, dass der einkommensteuerrechtlich relevante Gewinn nicht mit dem bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu berücksichtigenden Einkommen gleichgesetzt werden kann.
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Dies wird durch die wechselvolle Geschichte der Vorschriften der Alg II-V im Hinblick auf die Berechnung von Einkommen Selbstständiger bestätigt. Wertungswidersprüche zwischen der steuerrechtlichen Betrachtung und dem Bedarfsdeckungsprinzip des SGB II hat der Verordnungsgeber selbst erkannt und zum Anlass genommen, die hier anzuwendende Fassung des § 2a Alg II-V zum 1.1.2008 wiederum zu ändern. Seit 1.1.2008 stellt er im Hinblick auf die möglichen Unterschiede (zu Gunsten und zu Lasten der Leistungsberechtigten) zwischen steuerrechtlichem Arbeitseinkommen und real zur Lebensunterhaltssicherung zur Verfügung stehendem Einkommen auf die Betriebseinnahmen, die tatsächlich zufließen, ab (vgl § 3 Alg II-V idF der VO vom 17.12.2007, BGBl I 2942). Zur Begründung hat er ausgeführt: "… Der Einkommensteuerbescheid ist nicht mehr relevant ... Die Erfahrungen in der praktischen Anwendung des bisherigen § 2a Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung haben gezeigt, dass durch die Berücksichtigung aller steuerlich möglichen Absetzungen vom Einkommen das zu berücksichtigende Arbeitseinkommen vielfach geringer war als das tatsächlich (für den Lebensunterhalt) zur Verfügung stehende Einkommen...".
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Im Grundsatz entspricht es auch dem durchgängigen System des Grundsicherungsrechts sowie der ständigen Rechtsprechung des BSG, auf den tatsächlichen Zufluss einer Einnahme abzustellen, wenn sie als Einkommen im Rahmen der Berechnung der SGB II-Leistung den Leistungsanspruch mindern soll. § 9 Abs 1 SGB II bringt zum Ausdruck, dass SGB II-Leistungen nicht für denjenigen erbracht werden sollen, der sich nach seiner tatsächlichen Lage selbst helfen kann. Es kommt also auf den tatsächlichen Zufluss "bereiter Mittel" an (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R, RdNr 20, zur Veröffentlichung vorgesehen). Entsprechend der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II muss korrespondierend bei der Festlegung der zu berücksichtigenden Einkommensteile an die tatsächliche Lage des Hilfebedürftigen angeknüpft werden. Zwar gilt insoweit, dass der Hilfesuchende sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden muss, wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen (BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 18, RdNr 25); andererseits kann ein Leistungsanspruch auch dann gegeben sein, wenn das zu berücksichtigende Einkommen tatsächlich nicht uneingeschränkt zur Verfügung steht (BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 ff = SozR 4-4200 § 9 Nr 7, RdNr 32; BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 23/06 R - BSGE 99, 262 ff = SozR 4-3500 § 82 Nr 3, RdNr 15). In diesem Sinne regelt § 11 SGB II in der bis zum 31.3.2011 geltenden Fassung (nunmehr § 11b SGB II idF des RegelbedarfsÄndG vom 24.3.2011, BGBl I 453), dass das Einkommen um zahlreiche Absetzbeträge zu bereinigen ist, bevor es zur Leistungsberechnung heranzuziehen ist. Grund hierfür ist, nicht nur einen Anreiz für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu schaffen, sondern auch, nur diejenigen Einkünfte tatsächlich bei der Höhe des Alg II-Anspruchs zu berücksichtigen, die tatsächlich zur Lebensunterhaltssicherung eingesetzt werden können. Deutlich wird dieses auch im System des § 2a Alg II-V selbst. Von der Regelberechnung nach § 2 a Abs 2 S 1 Alg II-V, wonach das Einkommen auf Jahresbasis zu berechnen ist, ist nach § 2 a Abs 2 S 2 Alg II-V abzuweichen, wenn Arbeitseinkommen nur während eines Teils des Kalenderjahres erzielt wird. Dies kann zB der Fall sein, wenn die selbstständige Tätigkeit nur während eines Teils des Jahres ausgeübt wird oder wenn die noch zu Beginn des Jahres erzielten Einnahmen im Laufe des Jahres wegfallen. In diesem Fall ist das monatliche Einkommen auf Basis des Teilzeitraums des Kalenderjahres zu berechnen, in dem die Einnahmen tatsächlich erzielt werden. Diese Abweichung dient nach der Begründung des Verordnungsgebers dazu, eine Gefährdung der Sicherung des Lebensunterhalts zu vermeiden. Es kommt also auch hier letztlich darauf an, ob eine auf das gesamte Jahr bezogene Durchschnittsbetrachtung die tatsächlichen Einnahmen im Bedarfszeitraum widerspiegelt (vgl Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 11 RdNr 78)und damit ob bereite Mittel zur Verfügung standen, um den Lebensunterhalt zu decken (siehe dazu auch Senatsurteil vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - mwN).
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Sinn und Zweck der hier anzuwendenden Fassung des § 2a Alg II-V ist es mithin, im Interesse der Verwaltungsvereinfachung die einkommensteuerrechtlichen Festsetzungen als Anknüpfungspunkt für die grundsicherungsrechtliche Berechnung des berücksichtigungsfähigen Einkommens heranzuziehen. Die tatsächliche Berücksichtigung bei der Berechnung des Alg II hat allerdings unter der grundsicherungsrechtlichen Einschränkung zu erfolgen, dass der einkommensteuerrechtlich ermittelte Gewinn auch tatsächlich zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung steht. Nur so kann der Zweck des SGB II, die Existenzsicherung zu gewährleisten, erfüllt werden
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Insoweit fehlt es an Feststellungen des SG. Es wird diese vor allem vor dem Hintergrund des Vortrags des Klägers nachzuholen haben, dass er die Ansparrücklage bereits vor ihrer einkommensteuerrechtlichen Veranlagung als Gewinn iS des § 7g EStG verbraucht habe, sie ihm also nicht zur Lebensunterhaltssicherung zur Verfügung gestanden habe; er mithin trotz der steuerlichen Veranlagung hilfebedürftig und demnach leistungsberechtigt war. Es würde alsdann bereits an der Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides mangeln. War die aufgelöste Ansparrücklage oder waren Teile hiervon hingegen bei der Bescheiderteilung für den hier streitigen Zeitraum noch oder bereits vorhanden, so könnte ein Fall des § 45 SGB X gegeben sein. Ist sie erst nach Bescheiderteilung aufgelöst worden, liegt ein Fall von § 48 SGB X vor.
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4. Das SG wird im wieder eröffneten erstinstanzlichen Gerichtsverfahren auch Feststellungen zum Vermögen des Klägers zu treffen haben. Solche fehlen hier, obwohl hierzu nach dem eigenen Vorbringen des Klägers Anlass bestanden hätte. Der Kläger hat selbst vorgebracht, der "hohe Gewinn des Jahres 2003" aus seinem Gewerbebetrieb sei "in die Folgejahre verschoben" worden und er habe auf dieses Geld auch tatsächlich Zugriff gehabt und es verbraucht. Daher hätte Anlass zur Prüfung bestanden, wie hoch die Gewinne der letzten Jahre waren und wofür sie verwendet wurden bzw wie viel davon in die Bildung von Ansparrücklagen geflossen ist, um letztlich beurteilen zu können, wie hoch das Vermögen des Klägers bei Bescheiderteilung am 16.8.2005 war. Diesbezüglich ist der Grundsatz zu beachten, dass auch nicht bereite Mittel, wenn es sich um verwertbares Vermögen handelt, zur Existenzsicherung einzusetzen sind (vgl Senatsurteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R).
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5. Ferner kann es für eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits darauf ankommen, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung oder während des Bewilligungszeitraums über anderweitiges Einkommen aus seiner Erwerbstätigkeit verfügt hat. Die Angaben des Klägers in den BWA geben durchaus Anlass, insoweit, unabhängig von der einkommensteuerrechtlichen Veranlagung, in eine nähere Prüfung einzutreten. Das SG wird dabei insbesondere den Sachvortrag des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren zu berücksichtigen haben, wonach er aufgrund der betrieblichen Überschüsse im letzten Quartal 2005 seinen gesamten monatlichen Bedarf in Höhe von 601,89 Euro habe decken können.
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6. Sollte vorliegend § 45 SGB X Anwendung finden, wäre der Umstand, dass der Beklagte seinen Bescheid auf § 48 SGB X gestützt hat, alleine nicht klagebegründend(Senatsurteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R; vgl auch BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr 2). Denn das so genannte "Nachschieben von Gründen" (richtigerweise: Stützen der Entscheidung auf eine andere Rechtsgrundlage) ist zulässig, soweit der Verwaltungsakt dadurch nicht in seinem Regelungsumfang oder seinem Wesensgehalt verändert oder die Rechtsverteidigung des Betroffenen in nicht zulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert wird (BSGE 29, 129, 132 = SozR Nr 123 zu § 54 SGG; BSGE 87, 8, 12 = SozR 3-4100 § 152 Nr 9; BSG Urteil vom 18.9.1997 - 11 RAr 9/97 - juris RdNr 22; BSG Urteil vom 25.4.2002 - B 11 AL 69/01 R - juris RdNr 16 f). Weil die §§ 45, 48 SGB X auf dasselbe Ziel, nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsakts, gerichtet sind, ist das Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig(BSG Urteil vom 25.4.2002, aaO).
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Wäre der rechtliche Maßstab für die Aufhebungsentscheidung vorliegend § 45 SGB X, so kann dies bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung jedoch nur dann unbeachtet bleiben, wenn es einer Ermessensentscheidung nicht bedurfte, denn eine Ermessensentscheidung wurde hier von dem Beklagten nicht getroffen. § 40 Abs 1 Nr 1 SGB II verweist auf § 330 Abs 2 SGB III; dieser ordnet an, dass bei Vorliegen der in § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes diese - im Wege einer gebundenen Entscheidung, also ohne Ermessen - auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist. Das SG hat bisher noch keine Tatsachen festgestellt, nach denen beurteilt werden kann, ob der Tatbestand des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X erfüllt ist. Das SG wird - sollte es zur Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X gelangen - auch zu prüfen haben, ob der Beklagte eine Anhörung zu den tatsächlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift vorgenommen hat und die Frage zu klären haben, ob eine ggf fehlende Anhörung hierzu auch nach einer Zurückverweisung durch das BSG im weiteren Verfahren wirksam iS des § 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB X durchgeführt werden kann.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
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er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
Tenor
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Auf die Sprungrevision des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 22. Dezember 2009 (S 40 AS 2407/08) aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 und die Erstattung der gewährten Leistungen in Höhe von 1454,28 Euro.
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Der alleinstehende Kläger stellte erstmals am 31.3.2005 einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zu Einkünften aus selbstständiger oder anderer Tätigkeit machte er keine Angaben. Auf dem Zusatzblatt 2 findet sich mit grünem Stift - der Beraterin - die Einfügung: "Ich-AG 3.2.03 - 1 Jahr Förderung". Der Beklagte gewährte dem Kläger alsdann Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, zunächst für den Zeitraum vom 31.3. bis 30.9.2005 (Bescheid vom 19.4.2005). Einkommen des Klägers berücksichtigte er bei der Berechnung der Leistungshöhe nicht. In seinem Fortzahlungsantrag vom 28.7.2005 gab der Kläger keine Änderungen der Verhältnisse an, woraufhin der Beklagte Alg II in der selben Höhe wie zuvor (monatlich: 601,89 Euro; Regelleistung: 331 Euro; KdU: 270,89 Euro) auch für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.3.2006 bewilligte (Bescheid vom 16.8.2005 ).
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Auf eine Einladung des Beklagten zu einem Gespräch über seine berufliche Situation und zur Vorlage seiner Bewerbungen legte der Kläger am 29.12.2005 eine Änderungsmitteilung vor und gab an, er werde vom 9.1.2006 bis 28.2.2006 selbstständig tätig sein (Abbruch, Entkernung, Maurerarbeiten). Zusammen mit dieser Änderungsmitteilung füllte der Kläger das Zusatzblatt 2.1. (Einkommenserklärung) aus und legte die Anlage GSE zu seiner Einkommensteuererklärung für 2004 vor. Er teilte zunächst voraussichtliche Betriebseinnahmen in Höhe von 750 Euro sowie -ausgaben in Höhe von 225 Euro mit. Der Gewinn habe sich gegenüber den Vorjahren verringert, weil sich die Auftragslage verschlechtert habe. Im Mai und August 2006 reichte der Kläger ferner Betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA) für die Jahre 2005 und für die bereits abgelaufenen Monate des Jahres 2006 ein und legte mit einem weiteren Fortzahlungsantrag im Januar 2007 eine am 3.1.2007 erstellte betriebswirtschaftliche Auswertung vor, aus der sich für das Jahr 2005 insgesamt ein vorläufiges positives betriebswirtschaftliches Ergebnis von 8581,40 Euro ergibt, darunter im letzten Quartal 2005 - dem hier streitgegenständlichen Zeitraum - in Höhe von 10 115,44 Euro. Am 16.7.2007 gab der Kläger den Einkommensteuerbescheid für 2005 zu den Akten, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer in Höhe von 10 405 Euro ausweist. In einem vom Kläger beigefügten Schreiben des Steuerberaters wird zur Erläuterung ausgeführt, dass der Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG ermittelt worden sei und sich der in dem Steuerbescheid angesetzte Gewinn in Höhe von 10 405 Euro aus zwei Positionen zusammensetze - einem Gewinnanteil aus laufendem Geschäftsbetrieb in Höhe von 381 Euro und einem Gewinnanteil in Höhe von 10 024 Euro, der aus der Auflösung, Neubildung und Verzinsung von Sonderposten mit Rücklageanteil nach § 7g EStG (Ansparabschreibungen) entstanden sei. In dem Schreiben heißt es weiter: "Der hohe Gewinn des Jahres 2003 wurde im Rahmen der gesetzlichen Regelungen des § 7g EStG in die Folgejahre verschoben. Dieser Gewinnanteil ist im Jahr 2005 nicht zugeflossen und stand damit nicht zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung."
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Daraufhin führte der Beklagte eine Neuberechnung der Leistungen für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.3.2006 durch und hob mit Bescheid vom 24.1.2008 den Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 sowie den Änderungsbescheid vom 8.8.2006 unter Hinweis auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X auf. Mit Änderungsbescheid vom 24.4.2008 wurde die Leistungsbewilligung für den noch streitigen Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 - der Rechtsstreit hat sich für den Zeitraum ab 1.1.2006 durch angenommenes Teilanerkenntnis in der mündlichen Verhandlung vor dem SG Dresden erledigt - teilweise in Höhe von monatlich 587,59 Euro aufgehoben und die Erstattungsforderung für diesen Zeitraum auf monatlich 484,76 Euro, insgesamt 1454,28 Euro, reduziert. Den Widerspruch des Klägers vom 28.1.2008 wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 25.4.2008 zurück.
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Durch Urteil vom 22.12.2009 hat das SG die Klage hiergegen abgewiesen. Die streitbefangenen Bescheide seien - im Gegensatz zur Auffassung des Klägers - inhaltlich hinreichend bestimmt. Der Beklagte habe die rückwirkende Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 16.8.2005 zutreffend auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X gestützt. Der Bescheid vom 16.8.2005 sei bei seinem Erlass rechtmäßig gewesen und es sei eine wesentliche Änderung durch Zufluss von Einkommen eingetreten. Für den Beklagten habe aufgrund der Angaben des Klägers im Leistungsantrag weder Veranlassung bestanden, den Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 nur vorläufig zu erlassen, noch aufgrund der Angaben des Klägers in seinem Antrag auf Bewilligung von Alg II zu vermuten, dass sich im Leistungszeitraum Einkünfte - in wechselnder Höhe - aus selbstständiger Tätigkeit ergeben könnten. Die Kammer glaube dem Kläger, dass er beim Ausfüllen des Antrags weder Einkünfte gehabt, noch solche erwartet und deswegen die entsprechenden Felder des Antrags nicht angekreuzt habe. Zu Recht habe der Beklagte die Höhe des dann zugeflossenen Einkommens ausgehend vom steuerrechtlichen Gewinn ermittelt. Insofern komme dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 Tatbestandswirkung zu. Der auf die Auflösung der Ansparabschreibungen entfallende Gewinnanteil sei nicht abzuziehen. Die Auflösung der Rücklage fließe dem Steuerpflichtigen zu, weil Gelder, die ursprünglich für eine Investition vorgesehen und gebunden gewesen seien, nun wieder - auch zur Bestreitung des Lebensunterhalts - zur Verfügung gestanden hätten. Das SG hat die Sprungrevision zugelassen. Der Beklagte hat der Einlegung zugestimmt.
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Der Kläger rügt mit der Revision (sinngemäß) eine Verletzung des § 11 Abs 1 SGB II und des § 2a Abs 1 Alg II-V iVm § 15 Abs 1 SGB IV. Zu Unrecht habe das SG die Feststellungen des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2005 zugrunde gelegt. Die Auflösung der im Jahr 2003 gebildeten Ansparabschreibung habe nicht berücksichtigt werden dürfen. Hierbei handele es sich um einen im Jahr 2003 und nicht im maßgeblichen Zeitraum 2005 zugeflossenen Gewinn. Allein durch die Ausweisung der aufgelösten Ansparabschreibung stünden ihm keine bereiten Mittel zur Verfügung. Das Geld sei bereits im vorangegangenen Geschäftsjahr zur Deckung der laufenden Betriebskosten verwendet worden.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 22. Dezember 2009 (S 40 AS 2407/08) sowie den Bescheid des Beklagten vom 24. Januar 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. April 2008 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Sprungrevision ist im Sinne der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG begründet.
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Der Senat vermochte nicht abschließend zu beurteilen, ob der aufgehobene Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 von Anfang an rechtswidrig war (§ 45 SGB X) oder durch eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nachträglich rechtswidrig geworden ist (§ 48 SGB X). Es ist vom SG nicht festgestellt worden, ob bei Bescheiderteilung nach den objektiven Verhältnissen Hilfebedürftigkeit vorlag oder die Hilfebedürftigkeit ggf im Verlaufe des streitigen Zeitraumes entfallen ist.
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1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig(vgl Urteile des Senats vom 18.1.2011, ua B 4 AS 99/10 R). Nach § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar.
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Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II bestehen, weil der Gesetzgeber sich bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt(BSG Urteile vom 18.1.2011, ua B 4 AS 99/10 R).
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2. Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 24.1.2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 24.4.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.4.2008, mit dem der Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II teilweise aufgehoben hat und eine Erstattungsforderung in Höhe von 1454,28 Euro für den noch streitigen Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 geltend gemacht hat. Der Kläger hat ihn zutreffend mit der Anfechtungsklage angegriffen.
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3. Ob der Beklagte die Aufhebungsentscheidung - die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung unterstellt (s hierzu unter b) - auf § 48 SGB X stützen konnte, wie das SG annimmt, oder ob ggf § 45 SGB X als Rechtsgrundlage in Betracht kommt, kann vom erkennenden Senat mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen durch das SG ebenso wenig entschieden werden, wie die Frage, ob der Bewilligungsbescheid materiell-rechtlich rechtswidrig war.
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a) Nach § 48 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. § 45 SGB X regelt, dass ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise zurückgenommen werden darf. § 45 SGB X findet also Anwendung, wenn der Verwaltungsakt bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen geändert werden soll. Beide Normen grenzen sich nach den objektiven Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts, der aufgehoben werden soll, ab (vgl BSGE 96, 285 = SozR 4-4300 § 122 Nr 4 RdNr 13; BSGE 59, 206 = SozR 1300 § 45 Nr 20 S 68 und BSGE 65, 221 = SozR 1300 § 45 Nr 45 S 141; vgl auch Urteil des Senats vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - und zuletzt BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 45/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen). Dabei ist die Verwaltung grundsätzlich verpflichtet, vor Erlass eines Bescheides die Sachlage vollständig aufzuklären (BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 113 ff = SozR 3-1300 § 32 Nr 2; BSGE 82, 183 = SozR 3-4100 § 71 Nr 2 mwN; BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1), um die objektiven Verhältnisse festzustellen. Insoweit kommt es entgegen der Auffassung des SG nicht darauf an, zu welchen Vermutungen die Verwaltung aufgrund der klägerischen Angaben Anlass gehabt hatte. Erlässt die Verwaltung einen endgültigen Bescheid auf Grundlage eines nicht endgültig aufgeklärten Sachverhalts und stellt sich später - nach weiteren Ermittlungen - heraus, dass der Bescheid bereits im Zeitpunkt des Erlasses objektiv rechtswidrig war, ist ein Fall des § 45 SGB X gegeben. Mangelnde Amtsermittlung kann auch niemals Grund für eine nur vorläufige Leistungsbewilligung sein. Der endgültige Bescheid ist umgekehrt kein taugliches Instrumentarium in Fällen, in denen - nicht wegen fehlerhafter Ausübung der Amtsermittlungspflicht, sondern - objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung etwa der Einkommenssituation besteht. Eine endgültige Bewilligung unter Abschlag von der Leistungshöhe aufgrund einer prospektiven Schätzung von Einkommen ohne rechtliche Befugnis hierzu ist rechtswidrig (BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1). Entscheidet der Träger jedoch endgültig und bewilligt nicht nur vorläufige Leistungen, sind Maßstab der Überprüfung der Aufhebungsentscheidung § 45 oder § 48 SGB X.
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Die objektiven Verhältnisse zum Zeitpunkt des Bewilligungsbescheides können den Feststellungen des SG jedoch nicht entnommen werden. Das SG hat ausgeführt, aufgrund der Angaben des Klägers in seinem Antrag auf Bewilligung von Alg II sei nicht zu vermuten gewesen, dass sich im Leistungszeitraum Einkünfte - in wechselnder Höhe - aus selbstständiger Tätigkeit ergeben könnten. Die Kammer glaube dem Kläger, dass er beim Ausfüllen des Antrags weder Einkünfte gehabt, noch solche erwartet und deswegen die entsprechenden Felder des Antrags nicht angekreuzt habe. Wenn das Gericht in seinen weiteren Ausführungen gleichwohl davon ausgeht, dass der Kläger Einkommen aus selbstständiger Beschäftigung hatte, brauchte es zwar von seinem Rechtsstandpunkt keine weitere Aufklärung der tatsächlichen Einkommens- und Vermögenssituation vorzunehmen. Insoweit verkennt es jedoch den rechtlichen Maßstab für die Beurteilung, ob eine zur Rechtswidrigkeit führende wesentlich Änderung der Verhältnisse oder eine anfängliche Rechtswidrigkeit gegeben waren.
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b) Ob der Bewilligungsbescheid vom 16.8.2005 rechtmäßig war, beurteilt sich zuvörderst danach, ob der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungsbewilligung nach dem SGB II erfüllt hatte, insbesondere ob er hilfebedürftig war. Nach § 7 Abs 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II - jeweils in der Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954 - ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr 1), aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
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Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II - ebenfalls in der Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003 - sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert, mithin auch Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit zu berücksichtigen. Vom Einkommen sind ua die auf das Einkommen entrichteten Steuern abzuziehen (§ 11 Abs 2 Nr 1 SGB II). § 2a Alg II-V(idF der ersten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 22.8.2005, mit Wirkung vom 1.10.2005, BGBl I 2499) regelt die Einzelheiten der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit sowie Gewerbebetrieb. Nach § 2a Abs 1 Satz 1 und 2 Alg II-V ist dabei vom Arbeitseinkommen iS des § 15 SGB IV unter Verweis ua auf § 15 Abs 1 EStG auszugehen. Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind gemäß § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG(idF des Art 1 Nr 4 Gesetz vom 22.12.2003, BGBl I 2840 mit Wirkung vom 1.1.2004) Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.
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Grundsätzlich ist es - im Gegensatz zur Auffassung des Klägers - zwar nicht zu beanstanden, dass das SG von dem Gewinn aus der Auflösung der Ansparrücklage iS des § 7g EStG als Arbeitseinkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im hier streitigen Zeitraum ausgegangen ist(vgl auch LSG Berlin-Brandenburg 24.4.2007 - L 26 B 422/07 AS ER -; Klattenhoff in Hauck/Noftz, SGB IV, § 15 RdNr 8, Stand 43. EL XII/2005). Gemäß § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IV(idF des Art 3 Nr 2 Gesetz zur Reform der Agrarsozialen Sicherung vom 29.7.1994, BGBl I 1890) ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Nach der Gesetzesbegründung zu § 15 Abs 1 SGB IV(BT-Drucks 12/5700, S 96) soll das Arbeitseinkommen aus dem Steuerbescheid übernommen werden. Die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts sind die §§ 4 - 7k EStG(vgl Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 15 SGB IV RdNr 10, Stand 44. EL August 2004). Auch die Regelung des § 7g EStG ist Teil der allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften und damit bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens zu berücksichtigen(BSG Urteil vom 6.11.2008 - B 1 KR 28/07 R - SozR 4-2500 § 47 Nr 10; Fischer in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 15 RdNr 43).
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Ansparrücklagen sollen dem Selbstständigen ermöglichen, eine Rücklage für künftige Investitionen zu bilden. Durch ihre Bildung wird verhindert, dass in bestimmter Höhe erzielte Gewinne besteuert werden (siehe zum Ganzen: BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr 2). Nach § 7g Abs 3 EStG(in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.10.2002, BGBl I 4210) können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts iS des § 7g Abs 1 EStG eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden (Ansparabschreibung). Sobald für das begünstigte Wirtschaftsgut Abschreibungen vorgenommen werden dürfen, ist die Rücklage gemäß § 7g Abs 4 Satz 1 EStG in Höhe von 40 vom Hundert der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnerhöhend aufzulösen. Ist eine Rücklage am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, so ist sie zu diesem Zeitpunkt gemäß § 7g Abs 4 Satz 2 EStG gewinnerhöhend aufzulösen(siehe hierzu Drenseck in Schmidt, EStG, 24. Aufl 2005, § 7g RdNr 24; Lambrecht in EStG-KompaktKommentar, 4. Aufl 2004, § 7g RdNr 48 f; Pinkos, DB 1993, 1688, 1690 ff). Für den Fall, dass der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG ermittelt, bestimmt § 7g Abs 6 EStG, dass § 7 Abs 3 bis 5 EStG mit Ausnahme von Abs 3 Nr 1(gemeint: Abs 3 Satz 3 Nr 1) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden ist, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) und ihre Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln ist.
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Die Rücklagenbildung hat zur Folge, dass sie im Jahr der Bildung zu einem buchmäßigen Aufwand führt, unabhängig davon, ob dabei ein Verlust entsteht oder ein bestehender Verlust sich erhöht (§ 7g Abs 3 Satz 4 EStG). Durch die Bildung einer Rücklage erhält der Steuerpflichtige mithin einen Steuervorteil unter der Bedingung, dass er spätestens zwei Jahre nach der (eigenkapitalschonenden) Rücklagenbildung investiert. Die Nichtbesteuerung der erzielten Gewinne in Höhe der Ansparrücklage führt dazu, dass beim Steuerpflichtigen im Jahr der Bildung der Ansparrücklage eine erhöhte Liquidität vorliegt; mit dem Ersparten kann und soll der Steuerpflichtige investieren (vgl BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr 2).
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Bei der Ansparrücklage handelt es sich im hier streitigen Zeitraum auch um Einkommen iS des SGB II. Die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen nimmt das SGB II selbst nicht vor. Wie der Senat im Urteil vom 30.9.2008 (B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15; vgl auch Urteil des Senats vom 13.5.2009 - B 4 AS 49/08 R; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - FEVS 60, 546) dargelegt hat, ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte(ebenso schon BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17). Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt.
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Grundsätzlich gilt für die Ansparrücklage nach diesem Grundsatz - da sie in jedem Fall bereits vor der Antragstellung gebildet wurde und soweit sie im hier streitigen Zeitraum noch vorhanden war -, dass sie als Vermögen zu werten wäre (vgl Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tag im Parallelverfahren für den Zeitraum vor dem Inkrafttreten des § 2a Alg II-V, - B 4 AS 22/10 R). Der Senat knüpft bei dieser Wertung an seine bisherige Rechtsprechung an, wonach ein Sparguthaben eines Leistungsberechtigten, das vor der Antragstellung gebildet wurde, durchgehend Vermögen ist, auch wenn es nach der Antragstellung fällig wird und zufließt (BSG Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16). Dieses gilt insbesondere in Fällen, in denen mit bereits erlangten Einkünften angespart wurde, zB bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen. Denn anderenfalls wertete man den Rückgriff auf Erspartes unzulässig erneut als Einkommen. Dementsprechend bleibt ein auf längere Zeit angelegtes Sparguthaben auch bei seiner Auszahlung Vermögen (vgl BVerwG Urteile vom 18.2.1999 - 5 C 16/98 - NJW 1999, 3210 f = juris RdNr 16, und - 5 C 14/98 - NJW 1999, 3137 f = juris RdNr 15). Dieses gilt auch für die Ansparrücklage. Die Ansparrücklage entstammt Jahre zuvor - hier wohl 2003 - erwirtschaftetem Gewinn, war also zum damaligen Zeitpunkt Einkommen und fließt bei ihrer Auflösung in den Betrieb/das Unternehmen als Investition zurück (vgl Kratzsch in EStG, Praxiskommentar, Stand III/2008, § 7g RdNr 63c; s hierzu auch Urteil des erkennenden Senats vom selben Tag - B 4 AS 22/10 R). Tatsächlich handelt es sich mithin um die Freisetzung von angespartem Einkommen, also Vermögen.
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Gleichwohl ist der Gewinn aus der aufgelösten Ansparrücklage im hier streitigen Zeitraum Einkommen. Dieses wird durch den Verweis in § 2a Alg II-V auf die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften normativ bestimmt. Danach ist die aufgelöste oder aufzulösende Ansparrücklage, obwohl sie vor der Antragstellung gebildet wurde (s zum Sparguthaben BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16) als Einkommen im jeweiligen Steuerjahr zu berücksichtigen. Grundsätzliche Bedenken gegen die normative Zuordnung als Einkommen bestehen auf Grundlage der soeben dargelegten Funktion der Ansparrücklage mit im Wesentlichen Steuerstundungseffekt (vgl hierzu Kratzsch in EStG, Praxiskommentar, Stand III/2008, § 7g RdNr 63c) nicht.
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Soweit das SG allerdings auf Grundlage des § 2a Alg II-V allein darauf abstellt, dass der im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Gewinn als Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit anzusehen sei und der Steuerbescheid Tatbestandswirkung habe, übersieht es, dass die Anwendung des § 15 SGB IV und der einkommensteuerrechtlichen Regelungen hier nur als Berechnungselement zur Ermittlung des Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen dienen. So zeigen Wortlaut, Begründungen des Verordnungsgebers mit Blick auf die Geschichte der Regelung der Berechnungsweise für Einkommen aus selbstständiger Beschäftigung, systematischer Zusammenhang und Sinn und Zweck der Regelung, dass die Anbindung an das Steuerrecht im Einzelfall unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des SGB II hinterfragt werden muss (zu anderen Fallgruppen der Durchbrechung der Anbindung an das Steuerrecht, zB im Unterhaltsrecht vgl BSG Urteil vom 6.11.2008 - B 1 KR 28/07 R - SozR 4-2500 § 47 Nr 10 - juris RdNr 25 ff). Der Steuerbescheid entfaltet folglich keine Tatbestandswirkung in dem Sinne, dass dessen Feststellungen ohne Berücksichtigung des Umstandes, ob es sich bei dem ausgewiesenen Gewinn um bereite Mittel handelt, zur Berechnung des Alg II herangezogen werden können.
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Bereits der Wortlaut zeigt deutlich, dass § 15 SGB IV und der dortige Verweis auf die Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts, also auch auf § 7g EStG, nur die Grundlage für die Berechnung des Einkommens Selbstständiger sein soll. Wörtlich heißt es in § 2a Abs 1 Satz 1 Alg II-V, von dem nach diesen Vorschriften bestimmten Einkommen sei "auszugehen". Diese Formulierung lässt erkennen, dass der einkommensteuerrechtlich relevante Gewinn nicht mit dem bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu berücksichtigenden Einkommen gleichgesetzt werden kann.
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Dies wird durch die wechselvolle Geschichte der Vorschriften der Alg II-V im Hinblick auf die Berechnung von Einkommen Selbstständiger bestätigt. Wertungswidersprüche zwischen der steuerrechtlichen Betrachtung und dem Bedarfsdeckungsprinzip des SGB II hat der Verordnungsgeber selbst erkannt und zum Anlass genommen, die hier anzuwendende Fassung des § 2a Alg II-V zum 1.1.2008 wiederum zu ändern. Seit 1.1.2008 stellt er im Hinblick auf die möglichen Unterschiede (zu Gunsten und zu Lasten der Leistungsberechtigten) zwischen steuerrechtlichem Arbeitseinkommen und real zur Lebensunterhaltssicherung zur Verfügung stehendem Einkommen auf die Betriebseinnahmen, die tatsächlich zufließen, ab (vgl § 3 Alg II-V idF der VO vom 17.12.2007, BGBl I 2942). Zur Begründung hat er ausgeführt: "… Der Einkommensteuerbescheid ist nicht mehr relevant ... Die Erfahrungen in der praktischen Anwendung des bisherigen § 2a Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung haben gezeigt, dass durch die Berücksichtigung aller steuerlich möglichen Absetzungen vom Einkommen das zu berücksichtigende Arbeitseinkommen vielfach geringer war als das tatsächlich (für den Lebensunterhalt) zur Verfügung stehende Einkommen...".
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Im Grundsatz entspricht es auch dem durchgängigen System des Grundsicherungsrechts sowie der ständigen Rechtsprechung des BSG, auf den tatsächlichen Zufluss einer Einnahme abzustellen, wenn sie als Einkommen im Rahmen der Berechnung der SGB II-Leistung den Leistungsanspruch mindern soll. § 9 Abs 1 SGB II bringt zum Ausdruck, dass SGB II-Leistungen nicht für denjenigen erbracht werden sollen, der sich nach seiner tatsächlichen Lage selbst helfen kann. Es kommt also auf den tatsächlichen Zufluss "bereiter Mittel" an (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R, RdNr 20, zur Veröffentlichung vorgesehen). Entsprechend der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II muss korrespondierend bei der Festlegung der zu berücksichtigenden Einkommensteile an die tatsächliche Lage des Hilfebedürftigen angeknüpft werden. Zwar gilt insoweit, dass der Hilfesuchende sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden muss, wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen (BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 18, RdNr 25); andererseits kann ein Leistungsanspruch auch dann gegeben sein, wenn das zu berücksichtigende Einkommen tatsächlich nicht uneingeschränkt zur Verfügung steht (BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 ff = SozR 4-4200 § 9 Nr 7, RdNr 32; BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 23/06 R - BSGE 99, 262 ff = SozR 4-3500 § 82 Nr 3, RdNr 15). In diesem Sinne regelt § 11 SGB II in der bis zum 31.3.2011 geltenden Fassung (nunmehr § 11b SGB II idF des RegelbedarfsÄndG vom 24.3.2011, BGBl I 453), dass das Einkommen um zahlreiche Absetzbeträge zu bereinigen ist, bevor es zur Leistungsberechnung heranzuziehen ist. Grund hierfür ist, nicht nur einen Anreiz für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu schaffen, sondern auch, nur diejenigen Einkünfte tatsächlich bei der Höhe des Alg II-Anspruchs zu berücksichtigen, die tatsächlich zur Lebensunterhaltssicherung eingesetzt werden können. Deutlich wird dieses auch im System des § 2a Alg II-V selbst. Von der Regelberechnung nach § 2 a Abs 2 S 1 Alg II-V, wonach das Einkommen auf Jahresbasis zu berechnen ist, ist nach § 2 a Abs 2 S 2 Alg II-V abzuweichen, wenn Arbeitseinkommen nur während eines Teils des Kalenderjahres erzielt wird. Dies kann zB der Fall sein, wenn die selbstständige Tätigkeit nur während eines Teils des Jahres ausgeübt wird oder wenn die noch zu Beginn des Jahres erzielten Einnahmen im Laufe des Jahres wegfallen. In diesem Fall ist das monatliche Einkommen auf Basis des Teilzeitraums des Kalenderjahres zu berechnen, in dem die Einnahmen tatsächlich erzielt werden. Diese Abweichung dient nach der Begründung des Verordnungsgebers dazu, eine Gefährdung der Sicherung des Lebensunterhalts zu vermeiden. Es kommt also auch hier letztlich darauf an, ob eine auf das gesamte Jahr bezogene Durchschnittsbetrachtung die tatsächlichen Einnahmen im Bedarfszeitraum widerspiegelt (vgl Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 11 RdNr 78)und damit ob bereite Mittel zur Verfügung standen, um den Lebensunterhalt zu decken (siehe dazu auch Senatsurteil vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - mwN).
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Sinn und Zweck der hier anzuwendenden Fassung des § 2a Alg II-V ist es mithin, im Interesse der Verwaltungsvereinfachung die einkommensteuerrechtlichen Festsetzungen als Anknüpfungspunkt für die grundsicherungsrechtliche Berechnung des berücksichtigungsfähigen Einkommens heranzuziehen. Die tatsächliche Berücksichtigung bei der Berechnung des Alg II hat allerdings unter der grundsicherungsrechtlichen Einschränkung zu erfolgen, dass der einkommensteuerrechtlich ermittelte Gewinn auch tatsächlich zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung steht. Nur so kann der Zweck des SGB II, die Existenzsicherung zu gewährleisten, erfüllt werden
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Insoweit fehlt es an Feststellungen des SG. Es wird diese vor allem vor dem Hintergrund des Vortrags des Klägers nachzuholen haben, dass er die Ansparrücklage bereits vor ihrer einkommensteuerrechtlichen Veranlagung als Gewinn iS des § 7g EStG verbraucht habe, sie ihm also nicht zur Lebensunterhaltssicherung zur Verfügung gestanden habe; er mithin trotz der steuerlichen Veranlagung hilfebedürftig und demnach leistungsberechtigt war. Es würde alsdann bereits an der Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides mangeln. War die aufgelöste Ansparrücklage oder waren Teile hiervon hingegen bei der Bescheiderteilung für den hier streitigen Zeitraum noch oder bereits vorhanden, so könnte ein Fall des § 45 SGB X gegeben sein. Ist sie erst nach Bescheiderteilung aufgelöst worden, liegt ein Fall von § 48 SGB X vor.
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4. Das SG wird im wieder eröffneten erstinstanzlichen Gerichtsverfahren auch Feststellungen zum Vermögen des Klägers zu treffen haben. Solche fehlen hier, obwohl hierzu nach dem eigenen Vorbringen des Klägers Anlass bestanden hätte. Der Kläger hat selbst vorgebracht, der "hohe Gewinn des Jahres 2003" aus seinem Gewerbebetrieb sei "in die Folgejahre verschoben" worden und er habe auf dieses Geld auch tatsächlich Zugriff gehabt und es verbraucht. Daher hätte Anlass zur Prüfung bestanden, wie hoch die Gewinne der letzten Jahre waren und wofür sie verwendet wurden bzw wie viel davon in die Bildung von Ansparrücklagen geflossen ist, um letztlich beurteilen zu können, wie hoch das Vermögen des Klägers bei Bescheiderteilung am 16.8.2005 war. Diesbezüglich ist der Grundsatz zu beachten, dass auch nicht bereite Mittel, wenn es sich um verwertbares Vermögen handelt, zur Existenzsicherung einzusetzen sind (vgl Senatsurteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R).
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5. Ferner kann es für eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits darauf ankommen, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung oder während des Bewilligungszeitraums über anderweitiges Einkommen aus seiner Erwerbstätigkeit verfügt hat. Die Angaben des Klägers in den BWA geben durchaus Anlass, insoweit, unabhängig von der einkommensteuerrechtlichen Veranlagung, in eine nähere Prüfung einzutreten. Das SG wird dabei insbesondere den Sachvortrag des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren zu berücksichtigen haben, wonach er aufgrund der betrieblichen Überschüsse im letzten Quartal 2005 seinen gesamten monatlichen Bedarf in Höhe von 601,89 Euro habe decken können.
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6. Sollte vorliegend § 45 SGB X Anwendung finden, wäre der Umstand, dass der Beklagte seinen Bescheid auf § 48 SGB X gestützt hat, alleine nicht klagebegründend(Senatsurteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R; vgl auch BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr 2). Denn das so genannte "Nachschieben von Gründen" (richtigerweise: Stützen der Entscheidung auf eine andere Rechtsgrundlage) ist zulässig, soweit der Verwaltungsakt dadurch nicht in seinem Regelungsumfang oder seinem Wesensgehalt verändert oder die Rechtsverteidigung des Betroffenen in nicht zulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert wird (BSGE 29, 129, 132 = SozR Nr 123 zu § 54 SGG; BSGE 87, 8, 12 = SozR 3-4100 § 152 Nr 9; BSG Urteil vom 18.9.1997 - 11 RAr 9/97 - juris RdNr 22; BSG Urteil vom 25.4.2002 - B 11 AL 69/01 R - juris RdNr 16 f). Weil die §§ 45, 48 SGB X auf dasselbe Ziel, nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsakts, gerichtet sind, ist das Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig(BSG Urteil vom 25.4.2002, aaO).
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Wäre der rechtliche Maßstab für die Aufhebungsentscheidung vorliegend § 45 SGB X, so kann dies bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung jedoch nur dann unbeachtet bleiben, wenn es einer Ermessensentscheidung nicht bedurfte, denn eine Ermessensentscheidung wurde hier von dem Beklagten nicht getroffen. § 40 Abs 1 Nr 1 SGB II verweist auf § 330 Abs 2 SGB III; dieser ordnet an, dass bei Vorliegen der in § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes diese - im Wege einer gebundenen Entscheidung, also ohne Ermessen - auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist. Das SG hat bisher noch keine Tatsachen festgestellt, nach denen beurteilt werden kann, ob der Tatbestand des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X erfüllt ist. Das SG wird - sollte es zur Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X gelangen - auch zu prüfen haben, ob der Beklagte eine Anhörung zu den tatsächlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift vorgenommen hat und die Frage zu klären haben, ob eine ggf fehlende Anhörung hierzu auch nach einer Zurückverweisung durch das BSG im weiteren Verfahren wirksam iS des § 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB X durchgeführt werden kann.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.
(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.
(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.
(4) § 24 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten keine Leistungen. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden Gründen nicht möglich ist:
- 1.
Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss, - 2.
längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit oder - 3.
hoheitliche Gewalt.
(2) Leistungen werden nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind.
(3) Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und des Vermögens richten sich nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland.
(4) Die Leistungen sind abweichend von § 18 zu beantragen. Für die Leistungen zuständig ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die antragstellende Person geboren ist. Liegt der Geburtsort im Ausland oder ist er nicht zu ermitteln, wird der örtlich zuständige Träger von einer Schiedsstelle bestimmt. § 108 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(5) Leben Ehegatten oder Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte bei Einsetzen der Sozialhilfe zusammen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der ältesten Person von ihnen, die im Inland geboren ist. Ist keine dieser Personen im Inland geboren, ist ein gemeinsamer örtlich zuständiger Träger nach Absatz 4 zu bestimmen. Die Zuständigkeit bleibt bestehen, solange eine der Personen nach Satz 1 der Sozialhilfe bedarf.
(6) Die Träger der Sozialhilfe arbeiten mit den deutschen Dienststellen im Ausland zusammen.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten keine Leistungen. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden Gründen nicht möglich ist:
- 1.
Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss, - 2.
längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit oder - 3.
hoheitliche Gewalt.
(2) Leistungen werden nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind.
(3) Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und des Vermögens richten sich nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland.
(4) Die Leistungen sind abweichend von § 18 zu beantragen. Für die Leistungen zuständig ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die antragstellende Person geboren ist. Liegt der Geburtsort im Ausland oder ist er nicht zu ermitteln, wird der örtlich zuständige Träger von einer Schiedsstelle bestimmt. § 108 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(5) Leben Ehegatten oder Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte bei Einsetzen der Sozialhilfe zusammen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der ältesten Person von ihnen, die im Inland geboren ist. Ist keine dieser Personen im Inland geboren, ist ein gemeinsamer örtlich zuständiger Träger nach Absatz 4 zu bestimmen. Die Zuständigkeit bleibt bestehen, solange eine der Personen nach Satz 1 der Sozialhilfe bedarf.
(6) Die Träger der Sozialhilfe arbeiten mit den deutschen Dienststellen im Ausland zusammen.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten keine Leistungen. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden Gründen nicht möglich ist:
- 1.
Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss, - 2.
längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit oder - 3.
hoheitliche Gewalt.
(2) Leistungen werden nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind.
(3) Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und des Vermögens richten sich nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland.
(4) Die Leistungen sind abweichend von § 18 zu beantragen. Für die Leistungen zuständig ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die antragstellende Person geboren ist. Liegt der Geburtsort im Ausland oder ist er nicht zu ermitteln, wird der örtlich zuständige Träger von einer Schiedsstelle bestimmt. § 108 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(5) Leben Ehegatten oder Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte bei Einsetzen der Sozialhilfe zusammen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der ältesten Person von ihnen, die im Inland geboren ist. Ist keine dieser Personen im Inland geboren, ist ein gemeinsamer örtlich zuständiger Träger nach Absatz 4 zu bestimmen. Die Zuständigkeit bleibt bestehen, solange eine der Personen nach Satz 1 der Sozialhilfe bedarf.
(6) Die Träger der Sozialhilfe arbeiten mit den deutschen Dienststellen im Ausland zusammen.
(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.
(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.
(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
(1) Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten keine Leistungen. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden Gründen nicht möglich ist:
- 1.
Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss, - 2.
längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit oder - 3.
hoheitliche Gewalt.
(2) Leistungen werden nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind.
(3) Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und des Vermögens richten sich nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland.
(4) Die Leistungen sind abweichend von § 18 zu beantragen. Für die Leistungen zuständig ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die antragstellende Person geboren ist. Liegt der Geburtsort im Ausland oder ist er nicht zu ermitteln, wird der örtlich zuständige Träger von einer Schiedsstelle bestimmt. § 108 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(5) Leben Ehegatten oder Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte bei Einsetzen der Sozialhilfe zusammen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der ältesten Person von ihnen, die im Inland geboren ist. Ist keine dieser Personen im Inland geboren, ist ein gemeinsamer örtlich zuständiger Träger nach Absatz 4 zu bestimmen. Die Zuständigkeit bleibt bestehen, solange eine der Personen nach Satz 1 der Sozialhilfe bedarf.
(6) Die Träger der Sozialhilfe arbeiten mit den deutschen Dienststellen im Ausland zusammen.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten keine Leistungen. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden Gründen nicht möglich ist:
- 1.
Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss, - 2.
längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit oder - 3.
hoheitliche Gewalt.
(2) Leistungen werden nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind.
(3) Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und des Vermögens richten sich nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland.
(4) Die Leistungen sind abweichend von § 18 zu beantragen. Für die Leistungen zuständig ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die antragstellende Person geboren ist. Liegt der Geburtsort im Ausland oder ist er nicht zu ermitteln, wird der örtlich zuständige Träger von einer Schiedsstelle bestimmt. § 108 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(5) Leben Ehegatten oder Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte bei Einsetzen der Sozialhilfe zusammen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der ältesten Person von ihnen, die im Inland geboren ist. Ist keine dieser Personen im Inland geboren, ist ein gemeinsamer örtlich zuständiger Träger nach Absatz 4 zu bestimmen. Die Zuständigkeit bleibt bestehen, solange eine der Personen nach Satz 1 der Sozialhilfe bedarf.
(6) Die Träger der Sozialhilfe arbeiten mit den deutschen Dienststellen im Ausland zusammen.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.