Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 02. Okt. 2012 - L 8 SB 1914/10

bei uns veröffentlicht am02.10.2012

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 2. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

 
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches (Merkzeichen) „G“ (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) streitig.
Bei der 1971 geborenen Klägerin stellte das Landratsamt H. - Versorgungsamt - (LRA) auf ihren Antrag auf Erhöhung des Grades der Behinderung (GdB) mit Bescheid vom 21.02.2006 (auf Widerspruch der Klägerin) in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 15.01.2007 wegen eines chronischen Schmerzsyndroms, einer seelischen Störung und posttraumatischer Belastungsstörung (Teil-GdB 50), Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation und eines Zwölffingerdarmgeschwürsleidens, einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und Hüftdysplasie beidseitig sowie einer Sehbehinderung (Teil-GdB jeweils 20), den Gesamt-GdB mit 70 neu fest.
Außerdem beantragte die Klägerin am 23.08.2006 (wiederholt am 07.11.2006) beim LRA die Feststellung des Merkzeichens „G“. Diesem Antrag entsprach das LRA mit Bescheid vom 17.01.2007 nicht. Hiergegen legte die Klägerin am 20.02.2007 Widerspruch ein. Sie legte das Attest von Dr. He. vom 24.10.2006 vor, in dem über Unterbauchschmerzen durch rezidivierende Ovarialzysten und orthostatische Dysregulationen sowie ausgeprägte Verwachsungsbeschwerden beim Gehen berichtet wird.
Entsprechend der gutachtlichen Stellungnahme der Versorgungsärztin S. vom 11.04.2007 wurden die Widersprüche der Klägerin gegen den Bescheid vom 21.02.2006 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 15.01.2007 sowie gegen den Bescheid vom 17.01.2007 vom Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.2007 jeweils zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine weitere Erhöhung des GdB sowie die Zuerkennung des Merkzeichens „G“ ließen sich nicht begründen.
Am 07.05.2007 erhob die Klägerin wegen der Zuerkennung des Merkzeichens „G“ Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Sie berief sich zur Begründung auf eine Hüftdysplasie, eine Achillessehnenoperation, Unterbauchschmerzen mit orthostatischen Dysregulationen, einen Meniskusschaden sowie die Bildung von Zysten, wodurch sie an der Zurücklegung ortsüblicher Wegstrecken gehindert sei. Die Klägerin legte das Attest von Dr. He. vom 19.06.2007 und Dr. Ho. vom 26.10.2009 vor.
Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. G. vom 05.03.2008 und Dr. F. vom 22.09.2008 entgegen.
Mit Urteil vom 02.12.2009 wies das SG die Klage ab. Es nahm zur Begründung auf den Ursprungs- und Widerspruchsbescheid Bezug und führte ergänzend aus, die vorgelegten Atteste von Dr. He. und Dr. Ho. seien nicht geeignet, das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen „G“ zu beweisen.
Gegen das den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 22.03.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten am 21.04.2010 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung geltend gemacht, aus den im Klageverfahren vorgelegten ärztlichen Attesten gehe entgegen der Auffassung des SG eindeutig hervor, dass sie wegen Verwachsungsbeschwerden am Zurücklegen ortsüblicher Wegstrecken ständig gehindert sei. Ihrem hilfsweise gestellten Beweisantrag auf Einholung eines orthopädischen und eines gynäkologischen Gutachtens hätte das SG nachgehen müssen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
10 
den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Heilbronn vom 2. Dezember 2009 sowie des Bescheides des Beklagten vom 17.01.2007 in der Gestalt des hierzu ergangenen Teils des Widerspruchsbescheids vom 16.04.2007 zu verurteilen, bei ihr die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches „G“ festzustellen.
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Der Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das Vorbringen der Klägerin beinhalte keine neuen Tatsachen oder Gesichtspunkte, die eine der Klägerin günstigere Entscheidung rechtfertigen könnten.
14 
Der Senat hat Dr. He. , den Orthopäden Dr. L. , den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. B. sowie die Frauenärztin Dr. Ho. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. He. teilte in seiner Stellungnahme vom 30.11.2010 unter Vorlage medizinischer Befundunterlagen mit, er habe die Klägerin seit fast 3 1/2 Jahren nicht mehr behandelt und erachtete eine Vernehmung von Dr. Ho. für zweckmäßig. Dr. L. teilte in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 05.12.2010 unter Vorlage medizinischer Befundunterlagen den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und erhobenen Befunde mit. Er hielt die Bewegungsfähigkeit der Klägerin im Wesentlichen psychisch bedingt (durch eine Angsterkrankung bzw. eine posttraumatische Belastungsreaktion) eingeschränkt. Dr. B. teilte in seiner Stellungnahme vom 21.12.2010 unter Vorlage medizinischer Befundunterlagen den Behandlungsverlauf, die von der Klägerin geklagten Beschwerden (allgemeine Schwäche, Antriebslosigkeit, Schmerzen am ganzen Körper, besonders im Bauch mit Ausstrahlung in das linke Bein durch eine Eierstockzyste) und die Diagnosen (schwere depressive Erkrankung, neurasthenisches Syndrom) mit. Er hielt die Klägerin wegen einer extrem schweren psychiatrischen Erkrankung für nicht in der Lage, ohne erhebliche Schwierigkeiten Gehstrecken über 200 Meter zu Fuß zurückzulegen. Dr. Ho. teilte in ihrer Stellungnahme vom 29.12.2010 unter Vorlage von medizinischen Befundunterlagen den Behandlungsverlauf, die von der Klägerin geklagten Beschwerden und die Diagnosen (chronisch rezidivierende Unterbauchschmerzen rechts, Ovarialzyste rechts, Verdacht auf Adhäsionen im kleinen Becken bei Zustand nach mehrfachen Laparotomien und Adnexektomie/Ovarektomie links) mit. Zu einer Stellungnahme zur Gehfähigkeit/Bewegungsfähigkeit sah sie sich als Gynäkologin nicht in der Lage, verneinte jedoch, soweit gynäkologisch beurteilbar, die Frage zu den Voraussetzungen für das Merkzeichen „G“.
15 
Der Senat hat außerdem die Rentenakte der Klägerin bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg beigezogen und hieraus ärztliche Unterlagen in Kopie zur Akte genommen (Gutachten Dr. W. vom 12.01.2011, Diagnosen: rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, posttraumatische Belastungsstörung, Agoraphobie mit Panikstörung; Befundberichte Dr. E. vom 12.10.2010, Diagnose rezidivierende depressive Störung, und vom 24.08.2010, Diagnosen: schwere depressive Episode, Zustand nach posttraumatischer Belastungsstörung; Gutachten der Ärztlichen Untersuchungsstelle H. , Dr. Ba. , vom 30.03.2010, Diagnosen: chronifizierte therapieresistente rezidivierende depressive Störung, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, fragliche posttraumatische Belastungsstörung, rezidivierende Ovarialzysten und fragliche abdominelle Verwachsungen; Ärztlicher Entlassungsbericht des Therapiezentrums Bad R. vom 20.02.2008, Diagnosen: muskulär statische Rückenbeschwerden, chronische Unterbauchbeschwerden bei peritonealen Adhäsionen nach mehreren Unterbauchoperationen, posttraumatische Belastungsstörung; Gutachten des MDK vom 02.11.2007, Diagnosen: chronische Unterbauchbeschwerden bei peritonealen Adhäsionen nach mehreren Unterbauchoperationen, Darmresektion 1989, mehrfach Adhäsiolysen, Ovarektomie links, chronisch rezidivierende Ovarialzysten rechts, rezidivierendes Lumbalsyndrom, Hüftdysplasie beidseits, posttraumatische Belastungsstörung).
16 
Der Beklagte trat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. R. vom 25.05.2011 und 21.12.2011 der Berufung weiter entgegen.
17 
Der Senat hat daraufhin das Gutachten des Arztes für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Schn. vom 18.06.2012 eingeholt. Dr. Schn. diagnostizierte bei der Klägerin eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung mit Borderline-Anteilen, eine somatoforme Störung mit vorwiegender Projektion auf das Abdomen bzw. das muskulo-skelettale System, anamnestisch posttraumatische Belastungsstörung, weitestgehend remittiert, anamnestisch depressives Syndrom, remittiert sowie eine Sehstörung, ein Wirbelsäulenleiden, eine Hüftdysplasie beidseits und Verwachsungsbeschwerden nach abdominellen und gynäkologischen Eingriffen. Er gelangte zusammenfassend zu der Beurteilung, die Angaben der Klägerin bei der Untersuchung zur Wegstrecke bzw. zum Spazierengehen hätten nicht authentisch gewirkt und seien eindeutig nicht mit dem körperlichen Status vereinbar. Entsprechendes gelte für die Angabe einer Kraftlosigkeit. Der internistische Untersuchungsbefund sei bis auf eine vermehrte Schmerzempfindlichkeit am Abdomen unauffällig. Bei der neurologischen Untersuchung habe sich intermittierend ein Verdeutlichungs- bzw. Aggravationsverhalten gezeigt. Der psychopathologische Befund sei im Wesentlichen unauffällig. Es hätten sich deutliche Hinweise auf Somatisierungstendenzen und auf eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung mit vor allem Borderline-Anteilen ergeben. Das EEG zeige einen Alpha-Grundrhythmus. Vigilanzschwankungen oder -minderungen lägen nicht vor. Die weiteren neurophysiologischen Untersuchungen seien unauffällig. Es ergebe sich kein Anhalt für eine Polyneuropathie. Aktuell habe sich kein Anhalt für eine manifeste depressive Symptomatik sowie für eine posttraumatische Belastungsstörung oder für eine generalisierte Angststörung ergeben. Bei der Klägerin ergäben sich an Behinderungen / Funktionsbeeinträchtigungen seelische Störungen und somatoforme Beschwerden (Teil-GdB 40), eine Sehbehinderung (Teil-GdB 20), Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperationen (Teil-GdB 20) sowie ein Wirbelsäulenleiden und Hüftdysplasie beidseits (Teil-GdB 20). Die Klägerin sei bei aller zumutbaren Willensanstrengung durch die genannten Behinderungen / Funktionseinbußen nicht gehindert, ohne erhebliche Schwierigkeiten und ohne Gefahren für sich oder andere die Wegstrecken im Ortsverkehr zu Fuß zurückzulegen, die heute noch üblicherweise gehend bewältigt werden (etwa zwei km in einer halben Stunde). Es bestünden keine Erkrankungen, die die Wegstrecke sozialmedizinisch relevant beschränkten.
18 
Die Beteiligten sind mit richterlicher Verfügung vom 07.08.2012 auf die Möglichkeit einer Entscheidung des Senats nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Äußerung erhalten. Die Beteiligten sind eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG nicht entgegen getreten.
19 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die beigezogene Rentenakte der Klägerin sowie auf ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
II.
20 
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind mit richterlicher Verfügung vom 07.08.2012 auf die in Betracht kommende Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG sowie deren Voraussetzungen hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigen Verfahren Stellung zu nehmen.
21 
Der Senat hat den Berufungsantrag der Klägerin nach ihrem erkennbaren Begehren sachdienlich gefasst. Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist der Bescheid des Beklagten vom 21.02.2006 in der Gestalt des Teilabhilfebescheids vom 15.01.2007 und der diese Bescheide betreffende Teil des Widerspruchsbescheids vom 16.04.2007 zur Neufeststellung des GdB mit 70. Hiergegen hat die Klägerin sich mit ihrer Klage nicht gewandt. Damit ist die Neufeststellung des GdB mit 70 bestandskräftig und nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites. Die Klägerin begehrt im vorliegenden Rechtsstreit nur, den Beklagten zu verurteilen, ihr - neben einem GdB von 70 zugleich auch - das Merkzeichen „G“ zuzuerkennen, wie sie in ihrer Klageschrift an das SG vom 04.05.2007 beantragt hat. Sie wendet sich damit zweifelsfrei nur gegen den Bescheid des Beklagten vom 17.01.2007 und den diesen Bescheid betreffenden Teil des Widerspruchsbescheids vom 16.04.2007. Dementsprechend hat der Senat den Berufungsantrag der Klägerin sachdienlich gefasst.
22 
Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch insgesamt zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung des Merkzeichens „G“. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 17.01.2007 in der Gestalt des hierzu ergangenen Teils des Widerspruchsbescheids vom 16.04.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Gemäß § 145 Abs. 1 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 SGB IX unentgeltlich befördert. In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ist erheblich beeinträchtigt nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.
24 
Bis zum 31.12.2008 waren die „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1). Die AHP besaßen zwar keine Normqualität, weil sie weder auf einem Gesetz noch auf einer Verordnung oder auch nur auf Verwaltungsvorschriften beruhten. Sie waren vielmehr als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen, die in der Praxis wie Richtlinien für die ärztliche Gutachtertätigkeit wirkten, und deshalb normähnliche Auswirkungen hatten. Auch waren sie im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung wie untergesetzliche Normen von den Gerichten anzuwenden (vgl. BSGE 72, 285, 286; BSG SozR 3-3870 a.a.O.).
25 
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP die Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG (jetzt § 30 Abs. 16 BVG) zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB.
26 
Allerdings kann sich der Beklagte hinsichtlich der Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens „G“ nicht auf die VG (Teil D 1) berufen. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthalten weder § 30 Abs. 17 BVG (jetzt: Abs. 16), der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht im SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR-SozR 4/2009), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche ist auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Die Regelungen der VG zum Nachteilsausgleich G sind damit mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile des Senats vom 23.07.2010 - L 8 SB 3119/08 – und vom 14.08.2009 - L 8 SB 1691/08 -, beide veröff. in juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de) und dem ebenfalls für Schwerbehindertenrecht zuständigen 6. Senat des LSG Baden-Württemberg (vgl. stellvertretend Urteil vom 04.11.2010 - L 6 SB 2556/09 -, unveröffentlicht; offen lassend der 3. Senat, vgl. Urteil vom 17.07.2012 - L 3 SB 523/12 - unveröffentlicht). Rechtsgrundlage sind daher allein die genannten gesetzlichen Bestimmungen und die hierzu in ständiger Rechtsprechung anzuwendenden Grundsätze.
27 
Das Tatbestandsmerkmal der im Ortsverkehr üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegten Wegstrecke des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nach ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichte (grundlegend BSG Urt. vom 10.12.1987 - 9a RVs 11/87 -, SozR 3870 § 60 Nr. 2; BSG Urteil vom 13.08.1997 - 9 RVS 1/96 -, SozR 3 - 3870 § 60 Nr. 2) die Bewältigung von Wegstrecken von zwei km in einer halben Stunde ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall. Sowohl die Gesetzesmaterialien zur gleichlautenden Vorgängervorschrift des § 58 Abs. 1 Satz 1 SchwbG 1979 als auch die AHP 1983 (Seite 123, 127f') enthielten keine Festlegung zur Konkretisierung des Begriffs der im Ortsverkehr üblichen Wegstrecke. Diese Festlegung geht auf eine in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis gegriffene Größe von zwei km zurück, die als allgemeine Tatsache, welche zur allgemeingültigen Auslegung der genannten Gesetzesvorschrift herangezogen wurde, durch verschiedene Studien (vgl. die Nachweise in BSG Urt. vom 10.12.1987 a.a.O.) bestätigt worden ist. Der außerdem hinzukommende Zeitfaktor enthält den in ständiger Rechtsprechung bestätigten Ansatz einer geringeren Durchschnittsgeschwindigkeit als die von fünf bis sechs km pro Stunde zu erwartende Gehgeschwindigkeit rüstiger Wanderer, da im Ortsverkehr in der Vergleichsgruppe auch langsam Gehende, die noch nicht so erheblich behindert sind wie die Schwerbehinderten, denen das Recht auf unentgeltliche Beförderung zukommt, zu berücksichtigen sind (vgl. BSG Urteil vom 10.12.1987, a.a.O.). Anhaltspunkte dafür, dass infolge des Zeitablaufs sich die Tatsachengrundlage geändert haben könnte, hat der Senat nicht. Der Senat legt daher in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Urteil vom 20.04.2012 - L 8 SB 5315/11- , unveröffentlicht) diese Erkenntnisse weiter der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der ortsüblichen Wegstrecken i.S.v. § 146 Abs. 1 SGB IX zugrunde, auch wenn die entsprechenden Regelungen der VG zu dem Nachteilsausgleich „G“ unwirksam sind, wie oben ausgeführt (ebenso der 3. und 6. Senat des LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 17.07.2012 a.a.O. und vom 04.11.2010 a.a.O.).
28 
Hiervon ausgehend steht für den Senat fest, dass bei der Klägerin keine erhebliche Beeinträchtigung ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr im Sinne des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorliegt. Die Klägerin ist durch die bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen nicht gehindert, Wegstrecken im Ortsverkehr - ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall - von maximal zwei km bei einer Gehdauer von etwa 30 Minuten zu Fuß zurückzulegen. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund des im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens des Dr. Schn. vom 18.06.2012 sowie den zu den Akten gelangten (zahlreichen) medizinischen Unterlagen einschließlich der im Rentenverfahren der Klägerin eingeholten Gutachten.
29 
Dass die Gehfähigkeit der Klägerin durch gynäkologische / abdominelle Beschwerden relevant herabgesetzt ist, wie sie geltend macht, steht zur Überzeugung des Senates nicht fest. Die Frauenärztin Dr. Ho. hat vielmehr in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an den Senat vom 29.12.2010 - aus gynäkologischer Sicht - die Beweisfrage zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens „G“ verneint. Auch sonst lassen sich den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen keine Behinderungen der Klägerin entnehmen, die wegen gynäkologischer Leiden eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr plausibel machen. Dies gilt insbesondere auch für die von der Klägerin geklagten (Unter)Bauchschmerzen, die nach den Angaben der Klägerin im Rahmen der Begutachtung durch Dr. Schn. im Zusammenhang beim Stuhlgang oder langem sitzen auftreten. Dem entspricht auch die überzeugende Bewertung von Dr. Schn. in seinem Gutachten, der durch die abdominellen Beschwerden eine Einschränkung der Wegefähigkeit verneint hat, dem sich der Senat anschließt. Auch sonst ist der von Dr. Schn. bei der Begutachtung der Klägerin erhobene internistische Untersuchungsbefund - bis auf eine vermehrte Schmerzempfindlichkeit am Abdomen - unauffällig, wie Dr. Schn. in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat. Der nicht näher begründeten abweichenden Ansicht von Dr. He. in seinem Attest vom 19.06.2007 kann im Hinblick auf den von Dr. Schn. erhobenen Befund wie auch den sonst zu den Akten gelangten diesbezüglichen medizinischen Befundunterlagen nicht gefolgt werden.
30 
Weiter bestehen bei der Klägerin hinsichtlich des Bewegungs- und Halteapparates (neurologisch und orthopädisch) keine Funktionsbeeinträchtigungen, die auf eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr schließen lassen. Dr. Schn. beschreibt in seinem Gutachten ein physiologisches Gangbild mit ausreichender Mitbewegung der oberen Extremitäten sowie regelgerechtem Abrollen der Fußsohlen. Muskelrelief und -tonus sind regelrecht. Ein Hinweis für latente oder manifeste Paresen an den Extremitäten besteht nicht. Alle Gelenke der oberen und insbesondere unteren Extremitäten der Klägerin sind aktiv und passiv beweglich. Für eine neurogene Gangstörung wie auch für das Vorliegen einer Polyneuropathie hat Dr. Schn. kein Anhalt gefunden. Weiter ist bei der Klägerin keine relevante neurologische Läsion zu objektivieren, wie Dr. Schn. in seinem Gutachten außerdem ausgeführt hat. Auch sonst hat Dr. Schn. keine motorische Störung festgestellt, die auf eine Herabsetzung der Gehfähigkeit der Klägerin schließen lässt. Vielmehr ergaben sich bei der Klägerin hinsichtlich des Bewegungs- und Halteapparates Hinweise auf eine Verdeutlichung/Aggravation. Auch Dr. L. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 05.12.2010 auf orthopädischem Gebiet liegende Gesundheitsstörungen und Behinderungen der Klägerin, die ihre Gehfähigkeit herabsetzen, insbesondere wegen der Hüftdysplasie beidseits, nicht beschrieben. Er hat vielmehr mitgeteilt, dass aus seiner Sicht eine psychisch bedingte Einschränkung der Bewegungsfähigkeit bestehe. Entsprechendes gilt für die schriftliche sachverständige Zeugenaussage des Dr. B. vom 12.12.2010, der zwar von einer erheblichen Einschränkung der Gehfähigkeit der Klägerin (Gehstrecke 200 m) ausgeht, die Ursache hierfür jedoch nicht in körperlich somatischen Befunden, sondern in einer psychiatrischen Erkrankung der Klägerin sieht. Auch sonst lässt sich den zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen eine auf orthopädischem Gebiet liegende Funktionsbehinderung, die eine erhebliche Einschränkung der Gehfähigkeit der Klägerin plausibel macht, nicht entnehmen.
31 
Weiter wird die Klägerin durch die (im Vordergrund stehende) seelische Störung und somatoforme Beschwerden in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt. Zwar bestehen bei der Klägerin nach dem nachvollziehbaren und plausiblen Gutachten von Dr. Schn. stärker behindernde Störungen mit einer wesentlich eingeschränkten Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im Sinne der VG Teil B 3.7. Hierdurch wird die Klägerin jedoch nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. Schn. bei aller zumutbaren Willensanstrengung nicht gehindert, ohne erhebliche Schwierigkeiten oder ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr von etwa zwei km in 30 Minuten zu Fuß zurückzulegen. Dieser Bewertung schließt sich der Senat an. Befunde, die dafür sprechen, dass die Klägerin durch ihre psychische Störungen außer Stande ist, Wegstrecken von etwa zwei km in 30 Minuten zurückzulegen, lässt sich dem von Dr. Schn. erhobenen und in seinem Gutachten nachvollziehbar beschriebenen und psychopathologischen Befund, nicht entnehmen. Insbesondere hat Dr. Schn. eine Angststörung bei der Klägerin nicht festgestellt.
32 
Der abweichenden Ansicht von Dr. B. und Dr. L. in ihren schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen folgt der Senat nicht. Dr. B. stützt seine Ansicht auf die Beschwerdeangaben der Klägerin. Nach den überzeugenden Ausführungen durch Dr. Schn. in seinem Gutachten wirken die Angaben der Klägerin zur Wegstrecke bzw. zum Spazierengehen jedoch nicht authentisch und sind auch nicht mit ihrem körperlichen Status zu vereinbaren. Eigene Befunderhebungen zur Gehfähigkeit der Klägerin beschreibt Dr. B. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage hingegen nicht, weshalb seine Ansicht, auf die sich die Klägerin beruft, nicht nachvollziehbar ist, wie auch Dr. Schn. in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat. Dr. L. hat seine Ansicht nicht näher begründet und im Übrigen eine erhebliche Einschränkung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr der Klägerin nicht bestätigt („Wenn das so ist, dann aus psychischer Ursache.“).
33 
Danach bedarf es keiner Entscheidung durch den Senat, zu der Frage, ob psychische Erkrankungen (generell) geeignet sind, die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens „G“ zu begründen (verneinend LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 12.10.2011 - 6 SB 3032/11-, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de).
34 
Insgesamt bestehen bei der Klägerin zur Überzeugung des Senats keine Erkrankungen, wie Paresen an den unteren Extremitäten, eine schwere arterielle Verschlusskrankheit, eine dekompensierte Herzinsuffizienz, orthopädische Erkrankungen oder eine andere schwere Zwangs- oder Angsterkrankung, die ihre Gehfähigkeit relevant beschränken, wie Dr. Schn. in seinem Gutachten überzeugend dargelegt hat. Dem entsprechen auch die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen einschließlich der im Rentenverfahren der Klägerin eingeholten Gutachten, wie zudem Dr. R. in seinen versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 25.05.2011 und 21.12.2011 nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat, dem sich der Senat ebenfalls anschließt. Auch ein Anfallsleiden oder Störungen der Orientierungsfähigkeit sind nicht ersichtlich und werden von der Klägerin im Übrigen auch nicht geltend gemacht.
35 
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt durch die im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen geklärt. Neue Gesichtspunkte, die Anlass für weitere Ermittlungen geben, hat die Klägerin im Verlauf des Berufungsverfahrens nicht aufgezeigt.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
37 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädig

Bundesversorgungsgesetz - BVG | § 35


(1) Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtun

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 145 Hilfsmerkmale


(1) Hilfsmerkmale sind1.Name und Anschrift des Auskunftspflichtigen,2.Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse der für eventuelle Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,3.für die Erhebung nach § 143 Nummer 1 die Kennnummer des Leistungsberechtigten.

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 146 Periodizität und Berichtszeitraum


Die Erhebungen erfolgen jährlich für das abgelaufene Kalenderjahr.

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 147 Auskunftspflicht


(1) Für die Erhebungen besteht Auskunftspflicht. Die Angaben nach § 145 Absatz 1 Nummer 2 und die Angaben zum Gemeindeteil nach § 144 Absatz 1 Nummer 1 sind freiwillig. (2) Auskunftspflichtig sind die Träger der Eingliederungshilfe.

Referenzen - Urteile

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 02. Okt. 2012 - L 8 SB 1914/10 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 02. Okt. 2012 - L 8 SB 1914/10 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 23. Juli 2010 - L 8 SB 3119/08

bei uns veröffentlicht am 23.07.2010

Tenor Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Juni 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Tatbe
7 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 02. Okt. 2012 - L 8 SB 1914/10.

Sozialgericht Aachen Urteil, 12. Jan. 2016 - S 12 SB 259/13

bei uns veröffentlicht am 12.01.2016

Tenor Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 22.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2013 verurteilt, bei dem Kläger in der Zeit ab dem 01.10.2015 einen GdB von 60 sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraus

Sozialgericht Aachen Urteil, 23. Juni 2015 - S 12 SB 812/14

bei uns veröffentlicht am 23.06.2015

Tenor Der Beklagte wird entsprechend seinem Vergleichsvorschlag vom 07.05.2015 unter Abänderung des Bescheides vom 02.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2014 verurteilt, den GdB ab dem 17.02.2014 mit 50 sowie ab dem 01.03.2015 m

Sozialgericht Aachen Urteil, 19. Aug. 2014 - S 12 SB 1088/12

bei uns veröffentlicht am 19.08.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Zwischen den Beteiligten sind die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens

Sozialgericht Aachen Urteil, 29. Apr. 2014 - S 12 SB 755/13

bei uns veröffentlicht am 29.04.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Zwischen den Beteiligten ist das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens aG streitig. 3Der Beklagte stellte mit Bescheid

Referenzen

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Hilfsmerkmale sind

1.
Name und Anschrift des Auskunftspflichtigen,
2.
Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse der für eventuelle Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
3.
für die Erhebung nach § 143 Nummer 1 die Kennnummer des Leistungsberechtigten.

(2) Die Kennnummern nach Absatz 1 Nummer 3 dienen der Prüfung der Richtigkeit der Statistik und der Fortschreibung der jeweils letzten Bestandserhebung. Sie enthalten keine Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse des Leistungsberechtigten und sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens nach Abschluss der wiederkehrenden Bestandserhebung, zu löschen.

(1) Für die Erhebungen besteht Auskunftspflicht. Die Angaben nach § 145 Absatz 1 Nummer 2 und die Angaben zum Gemeindeteil nach § 144 Absatz 1 Nummer 1 sind freiwillig.

(2) Auskunftspflichtig sind die Träger der Eingliederungshilfe.

Die Erhebungen erfolgen jährlich für das abgelaufene Kalenderjahr.

(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.

(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch

a)
eine unmittelbare Kriegseinwirkung,
b)
eine Kriegsgefangenschaft,
c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit,
d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist,
e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen,
f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.

(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.

(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.

(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

(1) Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den in Satz 2 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muß, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Ist die Gesundheitsstörung so schwer, daß sie dauerndes Krankenlager oder dauernd außergewöhnliche Pflege erfordert, so ist die Pflegezulage je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege auf 642, 916, 1 174, 1 524 oder 1 876 Euro (Stufen II, III, IV, V und VI) zu erhöhen. Für die Ermittlung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage sind die in der Verordnung zu § 30 Abs. 17 aufgestellten Grundsätze maßgebend. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III. Hirnbeschädigte mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 erhalten eine Pflegezulage mindestens nach Stufe I.

(2) Wird fremde Hilfe im Sinne des Absatzes 1 von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages geleistet und übersteigen die dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wird die Pflegezulage um den übersteigenden Betrag erhöht. Leben Beschädigte mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft, ist die Pflegezulage so zu erhöhen, dass sie nur ein Viertel der von ihnen aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen haben und ihnen mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibt. In Ausnahmefällen kann der verbleibende Anteil bis zum vollen Betrag der pauschalen Pflegezulage erhöht werden, wenn Ehegatten, Lebenspartner oder ein Elternteil von Pflegezulageempfängern mindestens der Stufe V neben den Dritten in außergewöhnlichem Umfang zusätzliche Hilfe leisten. Entstehen vorübergehend Kosten für fremde Hilfe, insbesondere infolge Krankheit der Pflegeperson, ist die Pflegezulage für jeweils höchstens sechs Wochen über Satz 2 hinaus so zu erhöhen, dass den Beschädigten die pauschale Pflegezulage in derselben Höhe wie vor der vorübergehenden Entstehung der Kosten verbleibt. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder Elternteil nicht nur vorübergehend keine Pflegeleistungen erbringt; § 40a Abs. 3 Satz 3 gilt.

(3) Während einer stationären Behandlung wird die Pflegezulage nach den Absätzen 1 und 2 Empfängern von Pflegezulage nach den Stufen I und II bis zum Ende des ersten, den übrigen Empfängern von Pflegezulage bis zum Ablauf des zwölften auf die Aufnahme folgenden Kalendermonats weitergezahlt.

(4) Über den in Absatz 3 bestimmten Zeitpunkt hinaus wird die Pflegezulage während einer stationären Behandlung bis zum Ende des Kalendermonats vor der Entlassung nur weitergezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte erhalten ein Viertel der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder der Elternteil bis zum Beginn der stationären Behandlung zumindest einen Teil der Pflege wahrgenommen hat. Daneben wird die Pflegezulage in Höhe der Kosten weitergezahlt, die aufgrund eines Pflegevertrages entstehen, es sei denn, die Kosten hätten durch ein den Beschädigten bei Abwägung aller Umstände zuzumutendes Verhalten, insbesondere durch Kündigung des Pflegevertrages, vermieden werden können. Empfänger einer Pflegezulage mindestens nach Stufe III erhalten, soweit eine stärkere Beteiligung der schon bis zum Beginn der stationären Behandlung unentgeltlich tätigen Pflegeperson medizinisch erforderlich ist, abweichend von Satz 2 ausnahmsweise Pflegezulage bis zur vollen Höhe nach Absatz 1, in Fällen des Satzes 3 jedoch nicht über den nach Absatz 2 Satz 2 aus der pauschalen Pflegezulage verbleibenden Betrag hinaus.

(5) Tritt Hilflosigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gleichzeitig mit der Notwendigkeit stationärer Behandlung oder während einer stationären Behandlung ein, besteht für die Zeit vor dem Kalendermonat der Entlassung kein Anspruch auf Pflegezulage. Für diese Zeit wird eine Pflegebeihilfe gezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte, die mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft leben, erhalten eine Pflegebeihilfe in Höhe eines Viertels der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I. Soweit eine stärkere Beteiligung der Ehegatten, Lebenspartner oder eines Elternteils oder die Beteiligung einer Person, die den Beschädigten nahesteht, an der Pflege medizinisch erforderlich ist, kann in begründeten Ausnahmefällen eine Pflegebeihilfe bis zur Höhe der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I gezahlt werden.

(6) Für Beschädigte, die infolge der Schädigung dauernder Pflege im Sinne des Absatzes 1 bedürfen, werden, wenn geeignete Pflege sonst nicht sichergestellt werden kann, die Kosten der nicht nur vorübergehenden Heimpflege, soweit sie Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich notwendiger Pflege umfassen, unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen. Jedoch ist den Beschädigten von ihren Versorgungsbezügen zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 und den Angehörigen ein Betrag mindestens in Höhe der Hinterbliebenenbezüge zu belassen, die ihnen zustehen würden, wenn Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben wären. Bei der Berechnung der Bezüge der Angehörigen ist auch das Einkommen der Beschädigten zu berücksichtigen, soweit es nicht ausnahmsweise für andere Zwecke, insbesondere die Erfüllung anderer Unterhaltspflichten, einzusetzen ist.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten sind die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleiches aG (außergewöhnliche Gehbehinderung) streitig.
Bei dem 1932 geborenen Kläger wurde mit Bescheid des Versorgungsamts Heilbronn vom 24.10.2002 ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 seit 16.11.2000 festgestellt. Der Bescheid erging in Ausführung des im Rechtsstreit S 1 SB 168/02 (Sozialgericht Heilbronn -SG -) im September 2002 von den Beteiligten geschlossenen Vergleichs.
Am 02.07.2007 beantragte der Kläger beim Landratsamt Heilbronn (LRA) die Erhöhung des GdB und die Feststellung der Nachteilsausgleiche G und aG. Nach medizinischer Sachaufklärung, insbesondere der Einholung eines Befundberichts von dem Internisten Dr. M. vom 30.07.2007 (Beurteilung u.a.: Mit Handstock in der Ebene sicher gehfähig; bei chronischem Schmerzsyndrom/Lumboischialgie Gehstrecke eingeschränkt), lehnte das LRA den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 16.08.2007 mangels wesentlicher Verschlimmerung der gesundheitlichen Verhältnisse ab. Auch die Voraussetzungen für die Feststellung der Nachteilsausgleiche G und aG seien nicht erfüllt.
Dagegen legte der Kläger am 23.08.2007 Widerspruch ein und machte einen höheren GdB geltend und verwies auf die Beeinträchtigung seines Gehvermögens. Zudem bestehe ein erheblicher Gesichtsfeldausfall im Bereich des linken Auges, wodurch sein unsicherer Gang mangels fehlender räumlicher Wahrnehmung noch verstärkt werde. Der Kläger legte den endgültigen Entlassungsbericht des C.-Krankenhauses B. M. vom 06.05.2004 (stationäre Behandlung vom 03.05. bis 07.05.2004 mit Arthroskopie der linken Schulter), den Untersuchungsbericht der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums W. vom 07.10.2005 (Diagnose u.a.: Bandscheibenvorfall LWK 3/4 mediolateral rechts; Angaben des Klägers: freie Gehstrecke von einer halben Stunde, dann folgten Schmerzen in der unteren Lendenwirbelsäule ohne Ausstrahlung; neurologischer Befund u.a.: leicht unsicheres Gangbild), den Bericht der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums W. über seine stationäre Behandlung vom 23.11. bis 01.12.2005 (Diagnosen u.a.: Perineales Schmerzsyndrom, leichtgradige sensomotorische axonal betonte Polyneuropathie unklarer Äthiologie, Bandscheibenvorfall LWK 3/4 rechts), und den Bericht der St. V.-Kliniken K. - Augenklinik - vom 16.01.2007 über seine stationäre Behandlung vom 10.01. bis 11.01.2007 (Diagnosen: Minimale Hypo- und Exotropie, primär chronisches Offenwinkelglaukom, LA glaukomatöse Optikusatrophie, RA Z. n. Trabekulektomie) vor. Das LRA holte von der A.-Klinik S. in M. bei F. den Bericht vom 11.10.2007 über die stationäre Rehabilitationsbehandlung des Klägers vom 11.04.2007 bis 02.05.2007 ein. Die Hüft-, Knie-, Sprung- und Zehengelenke wurden darin als gut beweglich beschrieben. Nach seinen Angaben mache ihm immer wieder eine Ischialgie zu schaffen. Morgens benötige er noch eine relativ lange Anlaufzeit, um in die „Gänge“ zu kommen. Wenn er „eingelaufen“ sei, käme er zufriedenstellend zurecht. Ferner holte das LRA von dem Orthopäden Dr. L. den Befundbericht vom 16.10.2007 ein. Nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 18.12.2007 stellte der Beklagte mit Teil-Abhilfebescheid vom 11.01.2008 einen GdB von 80 seit 02.07.2007 und den Nachteilsausgleich G fest. Die Voraussetzungen des Nachteilsausgleiches aG wurden weiterhin verneint. Als Funktionsbeeinträchtigungen wurden eine
„chronische Bronchitis, eine chronische Harnwegsentzündung, eine chronische Harnblasenentzündung, eine chronische Entzündung der Prostata, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, eine Spinalkanalstenose, eine Claudicatio spinalis, ein Restless-Legs-Syndrom, ein chronisches Schmerzsyndrom, eine Sehbehinderung, eine chronische Magenschleimhautentzündung und eine Funktionsbehinderung beider Schultergelenke“
berücksichtigt. Nachdem der Kläger mit der nur teilweisen Abhilfe seines Widerspruchs nicht einverstanden war, wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2008 zurück. Der Kläger erfülle die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellungen des Nachteilsausgleiches aG nicht, weil er nicht außergewöhnlich gehbehindert sei. Die ihm noch mögliche Gehstrecke - 200 bis 300 m bzw. eine halbe Stunde Gehzeit - stelle keine außergewöhnliche Gehbehinderung dar.
Am 31.01.2008 erhob der Kläger Klage zum SG, mit der er den Nachteilsausgleich aG geltend machte. Zur Begründung brachte er vor, er sei als polymorbider Mensch, der an mehreren Erkrankungen leide, auf einen Parkplatz in greifbarer Nähe angewiesen, da er ansonsten - er lebe in einer ländlichen Gegend - nicht nur von jeglicher außerhäuslicher Aktivität ausgeschlossen sei. Auch Arztbesuche seien ihm dann unmöglich gemacht. Hinzu käme das nur teilweise durch Medikamente gemilderte Restless-Legs-Syndrom, das auch tagsüber das Schrittbild im Sinne eines taumelnden Ganges verändere. Ein Gehen ohne Gehhilfe würde daher unweigerlich zu Stürzen führen.
Das SG hörte den Internisten Dr. M. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dieser schilderte im März 2008 die von ihm diagnostizierten Erkrankungen, insbesondere ein chronisches Schmerzsyndrom, eine multifunktionelle Gangstörung, ein Restless-Legs-Syndrom, eine Polyneuropathie, eine tiefe Beinvenenthrombose rechts 8/07 (seither Macumartherapie) und eine COPD, und gab an, es bestehe beim Kläger bei Multimorbidität eine Gangstörung mit je nach Intensität des Schmerzsyndroms wechselnder Gehfähigkeit. Bestenfalls bestehe Gehfähigkeit in der Ebene mit Handstock für schätzungsweise wenige 100 m. Es gäbe jedoch phasenweise Schmerzausprägungen mit vollständiger Immobilität. Wie häufig dies auftrete, könne er jedoch nicht beurteilen. Sein letzter Hausbesuch bei einem solchen Zustand sei im Februar 2004 gewesen. Nach den Beurteilungskriterien liege keine dauerhafte außergewöhnliche Gehbehinderung vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.06.2008 wies das SG die Klage ab. Der Kläger, der nicht zu dem ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten gehöre, sei diesem auch nicht gleichzustellen. Der Kläger könne sich nicht nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung von den ersten Schritten an außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen.
10 
Dagegen hat der Kläger am 01.07.2008 Berufung eingelegt, mit der er an seinem Ziel festhält. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen und trägt zusätzlich vor, sein unsicherer Gang bei eingeschränktem bzw. nicht vorhandenem räumlichen Sehen bewirkten eine erhöhte Sturzgefahr. Inzwischen sei er gezwungen, einen Rollator zu benutzen. Der Kläger legt die ärztliche Bescheinigung seines Hausarztes, des Internisten Dr. N., vom 10.07.2008 vor, worin es heißt, der Kläger sei unter Schmerzen und mit Ausstattung einer Gehhilfe in der Lage, eine Gehstrecke von höchstens 50 m zu leisten. Ferner übersandte der Kläger den Untersuchungsbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. vom 01.07.2008 (Diagnosen: V.a. persistierenden Lagerungsschwindel, kombinierte Gangstörung, Restless-Legs-Syndrom) und das Attest der Fachärztin für Augenheilkunde Dr. A.-S. vom 04.07.2008.
11 
Der Beklagte hat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W.. vom 26.09.2008 geltend gemacht, dass keine Gesichtspunkte erkennbar seien, die für eine außergewöhnliche Gehbehinderung des Klägers sprächen.
12 
Der Senat hat von dem Orthopäden Dr. W... das orthopädisch-traumatologische Gutachten vom 18.02.2009 eingeholt. Dieser hat den Kläger ambulant untersucht und ist in seinem schriftlichen Gutachten vom 18.02.2009 unter Berücksichtigung der Ergebnisse des radiologischen Zusatzgutachtens von Dr. R. vom 30.03.2009 zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger eine ausgeprägte degenerative lumbale Spinalkanalstenose mit Claudicatio spinalis und ein degeneratives Rotatorenmanschettensyndrom beidseits bestehen. Die Spinalkanalstenose verursache schwerwiegende Funktionsbeeinträchtigungen der Lendenwirbelsäule sowie der unteren Extremitäten. Das Zusammenwirken der Claudicatio spinalis infolge der degenerativen Lumbalkanalstenose sowie der bestehenden Polyneuropathie und des Restless-Legs-Syndroms und die gestörte Sehfähigkeit ließen eine außergewöhnliche Gehbehinderung wahrscheinlich erscheinen. An dieser Beurteilung hat der Sachverständige auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.09.2009 festgehalten. Bei seiner Untersuchung des Klägers am 13.02.2009 sei das Gehen sowohl vom Wartebereich ins Untersuchungszimmer als auch das Aufstehen und Gehen innerhalb des Untersuchungsraums nach der Anamneseerhebung während der Untersuchung trotz Zuhilfenahme eines Gehstocks in der rechten Hand nur unter großen Anstrengungen, kleinschrittig, unsicher und verlangsamt möglich gewesen.
13 
Zur weiteren Klärung des medizinischen Sachverhalts hat der Senat den Neurologen Dr. D. mit der Erstattung eines fachärztlichen Gutachtens beauftragt. Dieser ist nach ambulanter Untersuchung des Klägers in seinem Gutachten vom 27.11.2009 zu der Beurteilung gelangt, auf neurologischem Gebiet lasse sich praktisch kein krankhafter Befund erheben. Es liege auch keine wesentliche Polyneuropathie vor. Geschildert werde ein Restless-Legs-Syndrom. Die Funktionsbeeinträchtigung durch die deutlichen degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule mit engem Spinalkanal würde er aus neurologischer Sicht als mittelgradig einschätzen. Dabei sei berücksichtigt, dass ein Teil der Gehbeeinträchtigung und Gangunsicherheit und der Schilderung der Beschwerden des Klägers durch eine nicht organische funktionelle Ausgestaltung bedingt sei, die durch ausreichende Willensanstrengung überwunden werden könne. Er gehe daher im Gegensatz zu Dr. W... davon aus, dass sich der Kläger wegen der Schwere seines Leidens nicht dauernd nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeugs bewegen könne und dass die Beeinträchtigung keineswegs mit den ausdrücklich genannten außergewöhnlich Gehbehinderten vergleichbar sei. Der Kläger habe zwar bei den ersten Schritten beim Gehen möglicherweise deutlichere Schmerzen und benötige dafür größere Anstrengung, er sei dann aber mit großer Wahrscheinlichkeit in der Lage, mit einiger, aber keineswegs sehr großer Anstrengung einige 100 m mit dem Gehstock oder dem Rollator zurückzulegen.
14 
Der Kläger hält die Beurteilung von Dr. W... für zutreffend und bringt vor, dieser sei schon ohne Einbeziehung seiner weiteren Erkrankungen zu dem von ihm angestrebten Ergebnis gekommen. Er betont den bei ihm bestehenden unsicheren Gang und die stark erhöhte Sturzgefahr. Die Benutzung von Treppen sei ihm praktisch nicht mehr möglich. Das Aussteigen aus einem Kraftfahrzeug bedeute für ihn nicht nur Überwindung, sondern auch eine erhebliche Kraftanstrengung und sei nur unter der Zuhilfenahme beider Arme und Hände möglich. Danach bedürfe es einiger Sekunden, um überhaupt das Gleichgewicht zu finden und gerade die ersten Schritte seien außerordentlich belastend und beschwerlich für ihn. Am 24.10.2009 sei er auf dem Weg von einem Autobahnparkplatz zum Restaurant - er habe hierfür seine Gehhilfe benutzt (Der Einsatz seines Rollators sei ihm auf dem Gelände nicht sinnvoll erschienen) - gestürzt und habe sich starke Prellungen mit Blutergüssen an seiner linken Hand, seinem rechten Schulter- und Ellbogengelenk sowie an der rechten Kniescheibe zugezogen. Der Kläger wendet sich gegen das neurologische Gutachten von Dr. D. und hat hierzu eingehend im Einzelnen Stellung genommen (Schreiben vom 15.01.2010). Zusammenfassend vertritt er die Auffassung, die abweichende Auffassung von Dr. D. vom Gutachten von Dr. W... seien seines Erachtens zum großen Teil durch Voreingenommenheit des Gutachters und Außerachtlassung zusätzlich nicht primär neurologisch bedingter Erkrankungen und Befunde bedingt.
15 
Der Kläger beantragt,
16 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Juni 2008 aufzuheben und die Bescheide des Beklagten vom 16. August 2007 und 11. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleiches aG ab 2. Juli 2007 festzustellen.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Er hält die Voraussetzungen des Nachteilsausgleiches aG nach wie vor nicht für erfüllt und legt hierzu die versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. R. vom 23.06.2009 und Dr. G. vom 28.10.2009 vor.
20 
Wegen den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die Vorakten S 1 SB 168/02 und die Akten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft und insgesamt zulässig.
22 
Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleichs aG.
23 
Nach § 69 Abs. 4 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) iVm §§ 1 Abs. 4 und 3 Abs. 1 Nr. 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung vom 25.07.1991, zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 02.12.2006 (BGBl. I S. 2742), ist auf Antrag des behinderten Menschen der Nachteilsausgleich aG in den Schwerbehindertenausweis einzutragen, wenn der behinderte Mensch außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ist. Ein solcher Vermerk ist Grundlage für die Inanspruchnahme von Parkerleichterungen, die von den Straßenverkehrsbehörden für bestimmte Ausnahmefälle vorgesehen sind.
24 
Eine derartige straßenverkehrsrechtliche Vorschrift ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) vom 26.01.2001 (BAnz S. 1419, ber. S. 5206), zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVwV vom 10.04.2006 (BAnz S. 2968). Nach Abschnitt II Nr. 1 der VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO sind als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlichen Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können, oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem zuvor genannten Personenkreis gleichzustellen sind.
25 
Ein Betroffener ist gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in Nr. 11 Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 1. Halbsatz VwV-StVO aufgeführten schwerbehinderten Menschen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 23). Hierbei ist zu beachten, dass die maßgebenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschrift nicht darauf abstellen, über welche Wegstrecke ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sonder darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur noch mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt (vgl. BSG SozR 3-3250 § 69 Nr. 1).
26 
Soweit der Beklagte sich auf die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) beruft, ist dies rechtlich nicht beachtlich. Die Regelungen der VG zum Merkzeichen aG sind mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig und unwirksam. Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (AHP) die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthalten weder § 30 Abs. 17 BVG, der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht in SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche ist auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Der Senat geht insoweit von einer Teilnichtigkeit der VersMedV aus, da der Teil der VG - als Anhang zu § 2 Teil der Verordnung - durch die Unwirksamkeit der genannten Regelungen nicht berührt wird und auch im übrigen die Regelungen der VersMedV nicht betroffen sind. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs sind daher allein die genannten gesetzlichen Regelungen und die hierzu in ständiger Rechtsprechung zulässig anzuwendenden Verwaltungsvorschriften.
27 
Der Kläger, der unstreitig nicht zum ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten gehört, ist diesem Personenkreis auch nicht gleichgestellt, da seine Gehfähigkeit nicht in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nicht nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der VwV genannten Personen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Dies steht aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere den im Berufungsverfahren von Dr. W... und Dr. D. eingeholten fachärztlichen Gutachten, für den Senat fest.
28 
Der Kläger kann sich nicht nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen. Dies macht er auch selbst nicht geltend. Der Kläger erfüllt auch nicht die Tatbestandsalternative, dass er nur unter ebenso großer Anstrengung wie die ausdrücklich genannten außergewöhnlich Gehbehinderten fortbewegen kann. Die für den Nachteilsausgleich aG geforderte große körperliche Anstrengung ist nach der bereits genannten Entscheidung des BSG dann gegeben, wenn die Wegstreckenlimitierung (im vom BSG zu entscheidenden Rechtsstreit auf 30 m Wegstrecke beschränkt) darauf beruht, dass der Betroffene bereits nach kurzer Wegstrecke erschöpft ist und neue Kräfte sammeln muss, bevor er weitergehen kann. Dass der betroffene Gehbehinderte nach einer bestimmten Strecke eine Pause machen muss, ist allerdings lediglich Indiz für eine Erschöpfung. Für den Nachteilsausgleich aG reichen irgend welche Erschöpfungszustände zudem nicht aus (BSG Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R). Vielmehr müssen sie in ihrer Intensität mit den Erschöpfungszuständen gleichwertig sein, die bei den ausdrücklich genannten außergewöhnlich Gehbehinderten auftreten. Gradmesser hierfür kann die Intensität des Schmerzes oder der Luftnot nach dem Zurücklegen einer bestimmten Wegstrecke sein. Ein solches Erschöpfungsbild lässt sich u.a. aus der Dauer der erforderlichen Pause sowie den Umständen herleiten, unter denen der Betroffene nach der Pause seinen Weg fortsetzt. Nur kurzes Pausieren mit anschließendem Fortsetzen des Weges ohne zusätzliche Probleme ist im Hinblick auf den von den Vergleichsgruppen gebildeten Maßstab zumutbar (a.a.O.).
29 
Bei Beachtung dieser Beurteilungskriterien und Anlegung der genannten Maßstäbe steht für den Senat fest, dass sich der Kläger nicht nur noch mit großer Anstrengung fortbewegen kann. Zunächst ist im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers festzustellen, dass im Rahmen der Prüfung, ob eine außergewöhnliche Gehbehinderung vorliegt und damit auch bei der Prüfung der Frage der „großen Anstrengung“ weder der Wohnort des Betroffenen noch die Art und etwaige Besonderheiten der von ihm üblicherweise benutzten Wege Bedeutung zukommt. Auch der Zweck der angestrebten Parkerleichterung spielt keine Rolle. Schlechte Verkehrsanbindung, Wege mit Steigungen oder Gefälle bzw. die Notwendigkeit, Treppen zu überwinden sind daher ebenso wenig zu berücksichtigen wie der Umstand, dass die Parkerleichterung hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Besuch von Arztpraxen geltend gemacht wird. Das entsprechende Vorbringen des Klägers ist daher nicht geeignet, den geltend gemachten Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleichs aG zu begründen.
30 
Maßgebend sind außerdem nur die Beeinträchtigungen des Gehvermögens und nicht Funktionsstörungen, die das Gehvermögen selbst nicht beeinträchtigen. Gesundheitsstörungen, die das Gehvermögen nicht oder nur peripher einschränken, sind nicht geeignet, eine außergewöhnliche Gehbehinderung zu begründen. Dies folgt unmittelbar aus den aufgeführten schwerwiegenden Gehbehinderungen der in Abschnitt II Nr. 1 der VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO genannten Personen, mit denen eine Gleichstellung zu prüfen ist. Für die vorzunehmende Beurteilung sind folglich nur die Funktionsbeeinträchtigungen von Belang, die sich auf das Gehvermögen selbst auswirken. Das sind hier die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit Spinalkanalstenose (die Claudicatio spinalis) und das chronische Schmerzsyndrom. Nicht dazu gehören entgegen der Auffassung des Klägers die die "Wegefähigkeit" als solche beeinträchtigende Sehbehinderung mit Einschränkung des räumlichen Sehens, da diese nur die Orientierungsfähigkeit, nicht aber das Gehen selbst beeinträchtigt, die Funktionsbehinderung beider Schultergelenke, da diese das Gehvermögen selbst ebenfalls nicht beeinträchtigt, sondern nach den eigenen Angaben des Klägers der Zuhilfenahme eines Gehstockes bei längeren Strecken entgegensteht und auch das Restless-Legs-Syndrom, das als eine nur während der Nachtruhe auftretenden Gesundheitsstörung das Gehen selbst gleichfalls nicht tangiert. Soweit der Kläger somit den geltend gemachten Anspruch (auch) mit den genannten Funktionsbeeinträchtigungen begründet, kann ihm nicht gefolgt werden.
31 
Das Gehvermögen des Klägers ist nach dem orthopädischen Gutachten von Dr. W... durch eine ausgeprägte degenerative lumbale Spinalkanalstenose mit claudicatio spinalis bzw. nach dem neurologischen Gutachten von Dr. D. durch ein chronisches Schmerzsyndrom mit Lumboischialgie beidseits bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule ohne Hinweis auf neurologische Ausfallserscheinungen beeinträchtigt. Aus der damit verbundenen Mobilitätseinschränkung - der Beklagte hat für den entsprechenden Behinderungskomplex einen GdB von 50 angenommen - resultiert zwar eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Nachteilsausgleich G). Eine die außergewöhnliche Gehbehinderung begründende große Anstrengung ist damit nicht nachgewiesen.
32 
Dagegen sprechen zunächst die eigenen anamnestischen Angaben des Klägers nach den aktenkundigen Klinik- und Arztberichten sowie in den vom Senat eingeholten fachärztlichen Gutachten. So heißt es im Entlassungsbericht der A-Klinik S. vom 11.10.2007, dass der Kläger angegeben habe, immer wieder mache ihm eine Ischialgie zu schaffen. Morgens benötige er noch eine relativ lange Anlaufzeit, um in die Gänge zu kommen, wenn er „eingelaufen“ sei, käme er zufriedenstellend zurecht. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger angegeben, zur Zeit sei er aufgrund einer seit Jahren bestehenden therapieresistenten Ischialgie links und einer Lumbago nicht in der Lage, längere Strecken als 200 bis 300 m trotz Gehhilfe zurückzulegen. Von einer großen Anstrengung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - ist weder im genannten Entlassungsbericht noch im Schreiben des Klägers die Rede. Nach seinen Angaben gegenüber dem Sachverständigen Dr. D. nähmen seine Schmerzen, besonders im Bereich Glutaealgegend und der Vorderfüße, nach einer Gehstrecke von 100 bis 150 m (mit Gehstock) zu. Auch diese Angabe des Klägers spricht gegen eine „große Anstrengung“. Dass er nach dieser Gehstrecke den Weg nicht fortsetzen kann, ergibt sich daraus nicht. Vielmehr ist aus seiner Angabe, auch Museumsbesuche zu unternehmen, zu schließen, dass auch längere Wegstrecken zurückgelegt werden. Soweit in der Entgegnung des Klägers auf das Gutachten von Dr. D. (Schreiben vom 15.01.2010) behauptet wird, nach Auftreten der Gehbeschwerden sei ihm ein Weitergehen auch mit dem Rollator praktisch nicht möglich, ist dies wenig glaubhaft. Eine Beeinträchtigung dieses Ausmaßes war bei den Untersuchungen durch die Sachverständigen Dr. W... und Dr. D. nicht angegeben worden, obgleich der Kläger als Arzt sich über die Bedeutung dieses Umstandes bei der Beurteilung der Gehfähigkeit hätte im Klaren sein müssen. Die spätere Einlassung, nach Kenntnis der Beurteilung durch Dr. D., spricht für ein prozesstaktisches Verhalten. Aber selbst dann, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgehen würde, dass er schmerzbedingt nach 100 bis 150 m (zunächst) nicht mehr weitergehen kann, wären die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs aG nicht erfüllt, da keine relevanten Erschöpfungszustände nachgewiesen sind, die in ihrer Intensität gleichwertig mit den Erschöpfungszuständen sind, die bei dem ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten auftreten (BSG aaO). Ein solches Erschöpfungsbild liegt beim Kläger nach seinen eigenen Beschwerdeschilderungen nicht vor.
33 
Die Feststellung des Senats anhand der eigenen Angaben des Klägers wird durch die Beurteilungen der sich zu seinem Gehvermögen im Laufe des Verfahrens äußernden Ärzte bestätigt Mit Ausnahme des Sachverständigen Dr. W..., der eine außergewöhnliche Gehbehinderung - allerdings nach Auffassung des Senats zu Unrecht - bejaht hat, haben diese eine außergewöhnliche Gehbehinderung des Klägers entweder direkt oder indirekt verneint. Zu nennen ist zunächst wiederum der Entlassungsbericht der A.-Klinik S. vom 11.10.2007, in dem das Gangbild als leicht hinkend unter Benutzung eines Gehstocks beschrieben worden ist. Dr. M., der im Verfahrensverlauf unterschiedliche Angaben gemacht hat, hat gegenüber dem SG über eine bei Multimorbidität bestehende Gangstörung mit je nach Intensität des Schmerzsyndroms wechselnder Gehfähigkeit berichtet. Bestenfalls - so Dr. M. - bestehe Gehfähigkeit in der Ebene mit Handstock für schätzungsweise wenige 100 m, es gebe jedoch phasenweise Schmerzausprägungen mit vollständiger Immobilität, was letztlich auch seiner Äußerung 6 Monate zuvor im Befundschein vom 30.07.2007 widerspricht, es bestehe sichere Gehfähigkeit mit Handstock. Von einer großen Anstrengung, die der Kläger schon von den ersten Schritten an aufwenden muss, ist nach dieser Aussage nicht auszugehen. Die nach diesen Angaben von Dr. M. zeitweise vollständige Immobilität kann der Beurteilung nicht zugrunde gelegt werden, weil der Nachteilsausgleich aG eine dauerhafte außergewöhnliche Gehbehinderung erfordert.
34 
Schließlich hat auch Dr. D. in seinem Gutachten vom 27.11.2009 eine außergewöhnliche Gehbehinderung des Klägers verneint. Unabhängig von der vom Sachverständigen aufgeworfenen Frage, ob die kernspintomographisch nachgewiesenen deutlichen degenerativen Veränderungen im Bereich der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule mit Einengung des Spinalkanals die vom Kläger angegebenen Schmerzen bei längerem Gehen allein zu erklären vermögen oder ob auch die Möglichkeit besteht, dass eine gewisse Aggravation im Sinne einer funktionellen Verdeutlichungstendenz eine erhebliche Rolle spielt, hat er auf neurologischem Fachgebiet praktisch keinen krankhaften Befund erhoben und auch keine wesentliche Polyneuropathie diagnostiziert. Er kommt deshalb zu dem den Senat überzeugenden Ergebnis, dass aus neurologischer Sicht trotz der deutlichen degenerativen Veränderungen mit Spinalkanalstenose im Lendenwirbelsäulenbereich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine so deutliche Gehbeeinträchtigung besteht, dass der Nachteilsausgleich aG gerechtfertigt wäre.
35 
Die Beurteilung des Sachverständigen Dr. W... überzeugt den Senat hingegen nicht. Er ist in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass das Zusammenwirken der Claudicatio spinalis infolge der degenerativen Lumbalkanalstenose und der bestehenden Polyneuropathie und des Restless-legs-Syndroms und die gestörte Sehfähigkeit eine außergewöhnliche Gehbehinderung wahrscheinlich erscheinen lassen. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Sachverständige die bei der Beurteilung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nicht zu berücksichtigende Sehbehinderung des Klägers und eine Polyneuropathie, - nach der Beurteilung des insoweit fachkompetenteren Sachverständigen Dr. D. gibt es keinen ausreichenden Hinweis auf eine wesentliche Polyneuropathie - sowie das Restless-legs-Syndrom, das nur im Ruhezustand oder nachts beim Schlafen Beschwerden verursacht und nach der ebenfalls nachvollziehbaren Beurteilung von Dr. D. eine irgendwie geartete Gehbehinderung nicht erklären kann, in seine (Gesamt-) Beurteilung mit einbezogen hat. Dies ist jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht gerechtfertigt. Dr. W... verweist in seinem Gutachten selbst darauf, dass die aus der Claudicatio spinalis resultierenden körperlich schwindenden Kräfte teilweise durch den benutzten Rollator kompensiert werden können, was mit der Einschätzung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 23.06.2009 übereinstimmt. Die geklagte und von den Sachverständigen beschriebene Gangunsicherheit ist auch nach Dr. W... durch die Claudicatio spinalis nicht zu erklären. Eine mit Länge der Wegstrecke zunehmende Schmerzhaftigkeit bejaht Dr. W... nur als hinreichende Beeinträchtigung für die Annahme des Merkzeichens a.G. unter der nicht gerechtfertigten Berücksichtigung der Polyneuropathie und des Restless-legs-Syndroms. Soweit Dr. W... seine Einschätzung auch damit begründet, das Gehen des einen Handstock in der rechten Hand benutzenden Klägers sei auf dem Weg zum Untersuchungszimmer nur unter großen Anstrengungen, kleinschrittig, unsicher und erheblich verlangsamt möglich gewesen und dies auch nochmals in seiner ergänzenden Äußerung vom 08.09.2009 betont, überzeugt dies den Senat angesichts der hiermit nicht im Einklang stehenden eigenen Angaben des Klägers und der entgegenstehenden anderen ärztlichen Beurteilungen nicht; zumal Dr. D. teilweise eine funktionelle Ausgestaltung der Beschwerden beschreibt. Entgegen der Auffassung des Klägers finden sich Hinweise auf eine Voreingenommenheit des Sachverständigen Dr. D. nicht. Er hat seine gutachtlichen Bewertungen sachlich begründet und besitzt als Neurologe zur Beurteilung von Schmerzen und differenzialdiagnostischer psychiatrischer Krankheitsbilder auch die erforderliche Sachkunde (vgl. u.a. Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Stand 01.10.2003, § 2 i.V.m. Abschnitt 1 Nr. 24 ).
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
37 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
21 
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft und insgesamt zulässig.
22 
Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleichs aG.
23 
Nach § 69 Abs. 4 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) iVm §§ 1 Abs. 4 und 3 Abs. 1 Nr. 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung vom 25.07.1991, zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 02.12.2006 (BGBl. I S. 2742), ist auf Antrag des behinderten Menschen der Nachteilsausgleich aG in den Schwerbehindertenausweis einzutragen, wenn der behinderte Mensch außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ist. Ein solcher Vermerk ist Grundlage für die Inanspruchnahme von Parkerleichterungen, die von den Straßenverkehrsbehörden für bestimmte Ausnahmefälle vorgesehen sind.
24 
Eine derartige straßenverkehrsrechtliche Vorschrift ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) vom 26.01.2001 (BAnz S. 1419, ber. S. 5206), zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVwV vom 10.04.2006 (BAnz S. 2968). Nach Abschnitt II Nr. 1 der VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO sind als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlichen Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können, oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem zuvor genannten Personenkreis gleichzustellen sind.
25 
Ein Betroffener ist gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in Nr. 11 Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 1. Halbsatz VwV-StVO aufgeführten schwerbehinderten Menschen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 23). Hierbei ist zu beachten, dass die maßgebenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschrift nicht darauf abstellen, über welche Wegstrecke ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sonder darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur noch mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt (vgl. BSG SozR 3-3250 § 69 Nr. 1).
26 
Soweit der Beklagte sich auf die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) beruft, ist dies rechtlich nicht beachtlich. Die Regelungen der VG zum Merkzeichen aG sind mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig und unwirksam. Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (AHP) die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthalten weder § 30 Abs. 17 BVG, der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht in SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche ist auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Der Senat geht insoweit von einer Teilnichtigkeit der VersMedV aus, da der Teil der VG - als Anhang zu § 2 Teil der Verordnung - durch die Unwirksamkeit der genannten Regelungen nicht berührt wird und auch im übrigen die Regelungen der VersMedV nicht betroffen sind. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs sind daher allein die genannten gesetzlichen Regelungen und die hierzu in ständiger Rechtsprechung zulässig anzuwendenden Verwaltungsvorschriften.
27 
Der Kläger, der unstreitig nicht zum ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten gehört, ist diesem Personenkreis auch nicht gleichgestellt, da seine Gehfähigkeit nicht in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nicht nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der VwV genannten Personen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Dies steht aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere den im Berufungsverfahren von Dr. W... und Dr. D. eingeholten fachärztlichen Gutachten, für den Senat fest.
28 
Der Kläger kann sich nicht nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen. Dies macht er auch selbst nicht geltend. Der Kläger erfüllt auch nicht die Tatbestandsalternative, dass er nur unter ebenso großer Anstrengung wie die ausdrücklich genannten außergewöhnlich Gehbehinderten fortbewegen kann. Die für den Nachteilsausgleich aG geforderte große körperliche Anstrengung ist nach der bereits genannten Entscheidung des BSG dann gegeben, wenn die Wegstreckenlimitierung (im vom BSG zu entscheidenden Rechtsstreit auf 30 m Wegstrecke beschränkt) darauf beruht, dass der Betroffene bereits nach kurzer Wegstrecke erschöpft ist und neue Kräfte sammeln muss, bevor er weitergehen kann. Dass der betroffene Gehbehinderte nach einer bestimmten Strecke eine Pause machen muss, ist allerdings lediglich Indiz für eine Erschöpfung. Für den Nachteilsausgleich aG reichen irgend welche Erschöpfungszustände zudem nicht aus (BSG Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R). Vielmehr müssen sie in ihrer Intensität mit den Erschöpfungszuständen gleichwertig sein, die bei den ausdrücklich genannten außergewöhnlich Gehbehinderten auftreten. Gradmesser hierfür kann die Intensität des Schmerzes oder der Luftnot nach dem Zurücklegen einer bestimmten Wegstrecke sein. Ein solches Erschöpfungsbild lässt sich u.a. aus der Dauer der erforderlichen Pause sowie den Umständen herleiten, unter denen der Betroffene nach der Pause seinen Weg fortsetzt. Nur kurzes Pausieren mit anschließendem Fortsetzen des Weges ohne zusätzliche Probleme ist im Hinblick auf den von den Vergleichsgruppen gebildeten Maßstab zumutbar (a.a.O.).
29 
Bei Beachtung dieser Beurteilungskriterien und Anlegung der genannten Maßstäbe steht für den Senat fest, dass sich der Kläger nicht nur noch mit großer Anstrengung fortbewegen kann. Zunächst ist im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers festzustellen, dass im Rahmen der Prüfung, ob eine außergewöhnliche Gehbehinderung vorliegt und damit auch bei der Prüfung der Frage der „großen Anstrengung“ weder der Wohnort des Betroffenen noch die Art und etwaige Besonderheiten der von ihm üblicherweise benutzten Wege Bedeutung zukommt. Auch der Zweck der angestrebten Parkerleichterung spielt keine Rolle. Schlechte Verkehrsanbindung, Wege mit Steigungen oder Gefälle bzw. die Notwendigkeit, Treppen zu überwinden sind daher ebenso wenig zu berücksichtigen wie der Umstand, dass die Parkerleichterung hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Besuch von Arztpraxen geltend gemacht wird. Das entsprechende Vorbringen des Klägers ist daher nicht geeignet, den geltend gemachten Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleichs aG zu begründen.
30 
Maßgebend sind außerdem nur die Beeinträchtigungen des Gehvermögens und nicht Funktionsstörungen, die das Gehvermögen selbst nicht beeinträchtigen. Gesundheitsstörungen, die das Gehvermögen nicht oder nur peripher einschränken, sind nicht geeignet, eine außergewöhnliche Gehbehinderung zu begründen. Dies folgt unmittelbar aus den aufgeführten schwerwiegenden Gehbehinderungen der in Abschnitt II Nr. 1 der VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO genannten Personen, mit denen eine Gleichstellung zu prüfen ist. Für die vorzunehmende Beurteilung sind folglich nur die Funktionsbeeinträchtigungen von Belang, die sich auf das Gehvermögen selbst auswirken. Das sind hier die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit Spinalkanalstenose (die Claudicatio spinalis) und das chronische Schmerzsyndrom. Nicht dazu gehören entgegen der Auffassung des Klägers die die "Wegefähigkeit" als solche beeinträchtigende Sehbehinderung mit Einschränkung des räumlichen Sehens, da diese nur die Orientierungsfähigkeit, nicht aber das Gehen selbst beeinträchtigt, die Funktionsbehinderung beider Schultergelenke, da diese das Gehvermögen selbst ebenfalls nicht beeinträchtigt, sondern nach den eigenen Angaben des Klägers der Zuhilfenahme eines Gehstockes bei längeren Strecken entgegensteht und auch das Restless-Legs-Syndrom, das als eine nur während der Nachtruhe auftretenden Gesundheitsstörung das Gehen selbst gleichfalls nicht tangiert. Soweit der Kläger somit den geltend gemachten Anspruch (auch) mit den genannten Funktionsbeeinträchtigungen begründet, kann ihm nicht gefolgt werden.
31 
Das Gehvermögen des Klägers ist nach dem orthopädischen Gutachten von Dr. W... durch eine ausgeprägte degenerative lumbale Spinalkanalstenose mit claudicatio spinalis bzw. nach dem neurologischen Gutachten von Dr. D. durch ein chronisches Schmerzsyndrom mit Lumboischialgie beidseits bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule ohne Hinweis auf neurologische Ausfallserscheinungen beeinträchtigt. Aus der damit verbundenen Mobilitätseinschränkung - der Beklagte hat für den entsprechenden Behinderungskomplex einen GdB von 50 angenommen - resultiert zwar eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Nachteilsausgleich G). Eine die außergewöhnliche Gehbehinderung begründende große Anstrengung ist damit nicht nachgewiesen.
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Dagegen sprechen zunächst die eigenen anamnestischen Angaben des Klägers nach den aktenkundigen Klinik- und Arztberichten sowie in den vom Senat eingeholten fachärztlichen Gutachten. So heißt es im Entlassungsbericht der A-Klinik S. vom 11.10.2007, dass der Kläger angegeben habe, immer wieder mache ihm eine Ischialgie zu schaffen. Morgens benötige er noch eine relativ lange Anlaufzeit, um in die Gänge zu kommen, wenn er „eingelaufen“ sei, käme er zufriedenstellend zurecht. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger angegeben, zur Zeit sei er aufgrund einer seit Jahren bestehenden therapieresistenten Ischialgie links und einer Lumbago nicht in der Lage, längere Strecken als 200 bis 300 m trotz Gehhilfe zurückzulegen. Von einer großen Anstrengung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - ist weder im genannten Entlassungsbericht noch im Schreiben des Klägers die Rede. Nach seinen Angaben gegenüber dem Sachverständigen Dr. D. nähmen seine Schmerzen, besonders im Bereich Glutaealgegend und der Vorderfüße, nach einer Gehstrecke von 100 bis 150 m (mit Gehstock) zu. Auch diese Angabe des Klägers spricht gegen eine „große Anstrengung“. Dass er nach dieser Gehstrecke den Weg nicht fortsetzen kann, ergibt sich daraus nicht. Vielmehr ist aus seiner Angabe, auch Museumsbesuche zu unternehmen, zu schließen, dass auch längere Wegstrecken zurückgelegt werden. Soweit in der Entgegnung des Klägers auf das Gutachten von Dr. D. (Schreiben vom 15.01.2010) behauptet wird, nach Auftreten der Gehbeschwerden sei ihm ein Weitergehen auch mit dem Rollator praktisch nicht möglich, ist dies wenig glaubhaft. Eine Beeinträchtigung dieses Ausmaßes war bei den Untersuchungen durch die Sachverständigen Dr. W... und Dr. D. nicht angegeben worden, obgleich der Kläger als Arzt sich über die Bedeutung dieses Umstandes bei der Beurteilung der Gehfähigkeit hätte im Klaren sein müssen. Die spätere Einlassung, nach Kenntnis der Beurteilung durch Dr. D., spricht für ein prozesstaktisches Verhalten. Aber selbst dann, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgehen würde, dass er schmerzbedingt nach 100 bis 150 m (zunächst) nicht mehr weitergehen kann, wären die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs aG nicht erfüllt, da keine relevanten Erschöpfungszustände nachgewiesen sind, die in ihrer Intensität gleichwertig mit den Erschöpfungszuständen sind, die bei dem ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten auftreten (BSG aaO). Ein solches Erschöpfungsbild liegt beim Kläger nach seinen eigenen Beschwerdeschilderungen nicht vor.
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Die Feststellung des Senats anhand der eigenen Angaben des Klägers wird durch die Beurteilungen der sich zu seinem Gehvermögen im Laufe des Verfahrens äußernden Ärzte bestätigt Mit Ausnahme des Sachverständigen Dr. W..., der eine außergewöhnliche Gehbehinderung - allerdings nach Auffassung des Senats zu Unrecht - bejaht hat, haben diese eine außergewöhnliche Gehbehinderung des Klägers entweder direkt oder indirekt verneint. Zu nennen ist zunächst wiederum der Entlassungsbericht der A.-Klinik S. vom 11.10.2007, in dem das Gangbild als leicht hinkend unter Benutzung eines Gehstocks beschrieben worden ist. Dr. M., der im Verfahrensverlauf unterschiedliche Angaben gemacht hat, hat gegenüber dem SG über eine bei Multimorbidität bestehende Gangstörung mit je nach Intensität des Schmerzsyndroms wechselnder Gehfähigkeit berichtet. Bestenfalls - so Dr. M. - bestehe Gehfähigkeit in der Ebene mit Handstock für schätzungsweise wenige 100 m, es gebe jedoch phasenweise Schmerzausprägungen mit vollständiger Immobilität, was letztlich auch seiner Äußerung 6 Monate zuvor im Befundschein vom 30.07.2007 widerspricht, es bestehe sichere Gehfähigkeit mit Handstock. Von einer großen Anstrengung, die der Kläger schon von den ersten Schritten an aufwenden muss, ist nach dieser Aussage nicht auszugehen. Die nach diesen Angaben von Dr. M. zeitweise vollständige Immobilität kann der Beurteilung nicht zugrunde gelegt werden, weil der Nachteilsausgleich aG eine dauerhafte außergewöhnliche Gehbehinderung erfordert.
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Schließlich hat auch Dr. D. in seinem Gutachten vom 27.11.2009 eine außergewöhnliche Gehbehinderung des Klägers verneint. Unabhängig von der vom Sachverständigen aufgeworfenen Frage, ob die kernspintomographisch nachgewiesenen deutlichen degenerativen Veränderungen im Bereich der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule mit Einengung des Spinalkanals die vom Kläger angegebenen Schmerzen bei längerem Gehen allein zu erklären vermögen oder ob auch die Möglichkeit besteht, dass eine gewisse Aggravation im Sinne einer funktionellen Verdeutlichungstendenz eine erhebliche Rolle spielt, hat er auf neurologischem Fachgebiet praktisch keinen krankhaften Befund erhoben und auch keine wesentliche Polyneuropathie diagnostiziert. Er kommt deshalb zu dem den Senat überzeugenden Ergebnis, dass aus neurologischer Sicht trotz der deutlichen degenerativen Veränderungen mit Spinalkanalstenose im Lendenwirbelsäulenbereich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine so deutliche Gehbeeinträchtigung besteht, dass der Nachteilsausgleich aG gerechtfertigt wäre.
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Die Beurteilung des Sachverständigen Dr. W... überzeugt den Senat hingegen nicht. Er ist in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass das Zusammenwirken der Claudicatio spinalis infolge der degenerativen Lumbalkanalstenose und der bestehenden Polyneuropathie und des Restless-legs-Syndroms und die gestörte Sehfähigkeit eine außergewöhnliche Gehbehinderung wahrscheinlich erscheinen lassen. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Sachverständige die bei der Beurteilung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nicht zu berücksichtigende Sehbehinderung des Klägers und eine Polyneuropathie, - nach der Beurteilung des insoweit fachkompetenteren Sachverständigen Dr. D. gibt es keinen ausreichenden Hinweis auf eine wesentliche Polyneuropathie - sowie das Restless-legs-Syndrom, das nur im Ruhezustand oder nachts beim Schlafen Beschwerden verursacht und nach der ebenfalls nachvollziehbaren Beurteilung von Dr. D. eine irgendwie geartete Gehbehinderung nicht erklären kann, in seine (Gesamt-) Beurteilung mit einbezogen hat. Dies ist jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht gerechtfertigt. Dr. W... verweist in seinem Gutachten selbst darauf, dass die aus der Claudicatio spinalis resultierenden körperlich schwindenden Kräfte teilweise durch den benutzten Rollator kompensiert werden können, was mit der Einschätzung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 23.06.2009 übereinstimmt. Die geklagte und von den Sachverständigen beschriebene Gangunsicherheit ist auch nach Dr. W... durch die Claudicatio spinalis nicht zu erklären. Eine mit Länge der Wegstrecke zunehmende Schmerzhaftigkeit bejaht Dr. W... nur als hinreichende Beeinträchtigung für die Annahme des Merkzeichens a.G. unter der nicht gerechtfertigten Berücksichtigung der Polyneuropathie und des Restless-legs-Syndroms. Soweit Dr. W... seine Einschätzung auch damit begründet, das Gehen des einen Handstock in der rechten Hand benutzenden Klägers sei auf dem Weg zum Untersuchungszimmer nur unter großen Anstrengungen, kleinschrittig, unsicher und erheblich verlangsamt möglich gewesen und dies auch nochmals in seiner ergänzenden Äußerung vom 08.09.2009 betont, überzeugt dies den Senat angesichts der hiermit nicht im Einklang stehenden eigenen Angaben des Klägers und der entgegenstehenden anderen ärztlichen Beurteilungen nicht; zumal Dr. D. teilweise eine funktionelle Ausgestaltung der Beschwerden beschreibt. Entgegen der Auffassung des Klägers finden sich Hinweise auf eine Voreingenommenheit des Sachverständigen Dr. D. nicht. Er hat seine gutachtlichen Bewertungen sachlich begründet und besitzt als Neurologe zur Beurteilung von Schmerzen und differenzialdiagnostischer psychiatrischer Krankheitsbilder auch die erforderliche Sachkunde (vgl. u.a. Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Stand 01.10.2003, § 2 i.V.m. Abschnitt 1 Nr. 24 ).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Die Erhebungen erfolgen jährlich für das abgelaufene Kalenderjahr.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.