Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 27. Apr. 2012 - L 4 KR 5054/10

bei uns veröffentlicht am27.04.2012

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Oktober 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt als Witwer und Sonderrechtsnachfolger der am 1971 geborenen und am 2010 an einem Astrozytom verstorbenen P. F. (Versicherte) die Erstattung der Kosten für eine ambulante Behandlung mit alternativer Krebstherapie (Hyperthermie) in Höhe von EUR 1.349,80.
Die Versicherte war bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im Januar 2008 wurde bei ihr ein diffus infiltrierendes Astrozytom nach WHO Grad III rechts frontal festgestellt. Eine Operation war aufgrund des Tumortyps und der Art des Tumors nach Einschätzung der behandelnden Ärzte zu dem Zeitpunkt nicht möglich. In der Zeit von Februar bis April 2008 wurde der Tumor mit 60 Gy bestrahlt. In der Zeit von August bis November 2008 wurden vier Zyklen einer Chemotherapie mit Temodal durchgeführt. In den Monaten Januar, August und Dezember 2008 traten außerdem bei der Versicherten Krampfanfälle auf.
Die Versicherte beantragte unter Vorlage eines Attests des Facharztes für Innere Medizin Dr. W. vom 08. Dezember 2008, der seit 01. Februar 2002 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, die Gewährung einer Hyperthermiebehandlung. Dr. W. führte in diesem Attest aus, die bisherigen Therapien hätten den Tumor nicht aufhalten können. Es habe sich jeweils in kernspintomographischen Kontrollen ein Fortschreiten der Erkrankung ergeben. Weitere Therapiemöglichkeiten bestünden in Zweit- oder Drittlinienprotokollen (Chemotherapie mit sehr fraglichen Wirkungen bei sicher zu erwartenden Nebenwirkungen). Aus diesem Grund sei die Beratung in seiner komplementär-onkologischen Sprechstunde erfolgt. Es seien schon eine gezielte Ernährungsumstellung und die Einnahme von hochdosierten redifferenzierenden und orthomolekularen Substanzen (Retinolpalmitat, Vitamin D3 und Selen 300) besprochen worden. Die beabsichtigte Elektrotiefenhyperthermie solle ein wesentlicher Therapiepfeiler sein. Ein entsprechendes Gerät (EHY 2000 der Firma O.) stehe in seiner Praxis zur Verfügung. Auch wenn diese Therapie nicht dem allgemein von der Krankenkasse zu übernehmendem Standard entspreche, müsse sie bei der Versicherten übernommen werden, weil die konservativen Therapien ausgereizt seien und es sich um eine lebensbedrohliche Erkrankung handle. Nach 30 Sitzungen werde die Wirksamkeit dieser Therapie im Rahmen einer Kernspintomographie überprüft. Dr. W. fügte seinem Attest eine Zusammenfassung von Studien zur Hyperthermiebehandlung bei Astrozytomen und Gliomen bei.
Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten bei Dr. M. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein (Gutachten vom 20. Dezember 2008), der bestätigte, dass eine Tumorerkrankung mit ungünstiger Prognose ohne kurative Therapieaussicht vorliege. Eine lebensbedrohliche Situation sei zu bestätigen. Nach Ausschöpfen der Bestrahlungsoptionen und der Primärtherapie mit Temodal ergäben sich nur Sekundärchemotherapieprotokolle wie PCV, ACNU oder VM26. Ob eine relevante Krankheitsbeeinflussung noch möglich sei, bleibe offen. Bezüglich der Tiefenhyperthermie bei diffus infiltrierendem Astrozytom Grad III lägen keine validen Studienergebnisse vor. Die vorgelegte retrospektive Studie mit 200 Patienten und der Vergleich zu einer historischen Gruppe sei nicht ausreichend aussagekräftig. Eine fachärztliche Behandlung finde ebenfalls nicht statt. Die Kostenübernahme könne nicht empfohlen werden. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Versicherten ab.
Gegen diesen Bescheid wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 23. Januar 2009, zu dessen Begründung sie sich auf das Attest von Dr. W. und einem Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 19. Oktober 2006 (S 11 KR 134/06 ER) bezog.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2009 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch der Versicherten als unbegründet zurück. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) Empfehlungen über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben habe. Die Hyperthermiebehandlung sei durch den GBA ausdrücklich als solche Behandlungsmethode aufgeführt worden, die nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfe. Die Therapie gehöre damit nicht zur Behandlung im Sinne des § 27 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), die die Versicherte als Sachleistung oder im Wege der Kostenerstattung beanspruchen könne. Zur Klärung der Frage, ob mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98, SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) ein Anspruch der Versicherten gegeben sei, sei durch den MDK eine Überprüfung des Einzelfalls gemäß § 275 SGB V erfolgt. Dieser sei zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Übernahme der Kosten sozialmedizinisch nicht empfohlen werden könne. Die Beurteilungen des MDK seien entsprechend ihrer Zweckbestimmung bei der Entscheidung der Kasse über die Gewährung oder Versagung einer Leistung nach der medizinischen Seite hin richtunggebend. Hinweise auf Versendungsart bzw. -datum des Widerspruchsbescheids finden sich in der Verwaltungsakte nicht.
Bereits am 18. Dezember 2008 hatte die Klägerin eine ambulante Tiefenhyperthermiebehandlung bei Dr. W. begonnen. An diesem Tage unterschrieben die Versicherte und Dr. W. zudem ein als „Aufklärungsbogen über die Lokoregionale Elektro-Tiefenhyperthermie (EHT)“ überschriebenes Formular, in welchem die Versicherte darauf hingewiesen wurde, dass die angestrebte Behandlung nicht zu den von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfassten Behandlungsformen gehöre und die Versicherte daher die Kosten von EUR 145,14 je Sitzung bei Ablehnung der Kostenzusage durch die Krankenkasse selbst zu tragen habe. Die Tiefenhyperthermiebehandlung fand insgesamt zehnmal (nämlich außerdem am 22. , 24. und 29. Dezember 2008 sowie am 02., 05., 09., 12., 16. und 20. Januar 2009) statt. Die Kosten der Einzelbehandlungen beliefen sich auf jeweils EUR 145,14 bzw. einmalig EUR 43,54. Mit den Rechnungen vom 24. Dezember 2008, 29. Dezember 2008, 02. Januar 2009, 12. Januar 2009 und 20. Januar 2009, die jeweils innerhalb von vier Wochen zu bezahlen waren, berechnete Dr. W. nach der Gebührennummer 5854 der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) insgesamt EUR 1.349,80. Weitere Sitzungen wurden nicht durchgeführt. Vielmehr entschloss sich die Versicherte nun doch zu einer operativen Behandlung, welche am 03. Februar 2009 in der Neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikums F. durchgeführt wurde (vgl. den Entlassungsbericht von Prof. Dr. Z. vom 10. Februar 2009). In der Folge befand sich die Versicherte vom 23. Februar bis 27. März 2009 in einer medizinischen Reha-Maßnahme in den Kliniken S. in K. (vgl. den Entlassungsbericht des Prof. Dr. D. vom 27. März 2009).
Am 23. März 2009 (einem Montag) erhob die Versicherte zum Sozialgericht Freiburg (SG) Klage. Zur Begründung wiederholte sie ihr bisheriges Vorbringen und bezog sich insbesondere auf den Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005. In ihrem Fall hätten inzwischen (zum Zeitpunkt des Erhebens der Klage) fünf durchgeführte Chemotherapien keine Verbesserung ihres Gesundheitszustands mit sich gebracht. Eine Kombination von Chemotherapien und der beantragten Elektrotiefenhyperthermiebehandlung ließen eine Verbesserung des Gesundheitszustands mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie bezog sich zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide. Eine Anwendung des Urteils des BVerfG vom 06. Dezember 2005 sei nicht möglich, weil der GBA in seiner Beschlussbegründung vom 18. Januar 2005 zur Änderung der Anlage B der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien), jetzt Anlage I Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinie), ausgeführt habe, dass die Vielzahl der technischen Varianten der Hyperthermiebehandlung Ausdruck dafür sei, dass sich die Technologie noch im Stadium der Forschung und Entwicklung befinde. Erprobungen sollten deshalb auf kontrollierte Studien begrenzt bleiben. Die Voraussetzungen für ausnahmsweise aus verfassungsrechtlichen Gründen zu gewährende Leistungen seien deshalb nicht erfüllt.
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Das Gericht hörte zur Aufklärung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte der Versicherten schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. W. gab in seiner Auskunft vom 12. Juni 2009 an, die Versicherte habe ihn erstmals am 12. Mai 2008 aufgesucht. Sie habe über Krampfanfälle geklagt. Die Therapien seien durchweg erfolglos geblieben; die üblichen Standardverfahren eines Astrozytoms seien damit ausgereizt gewesen. Von der Neurochirurgie Freiburg sei bis zum Zeitpunkt seines Behandlungsbeginns eine Operation ausgeschlossen worden. Am 18. Dezember 2008 habe er daher mit einer Tiefenhyperthermiebehandlung begonnen, die mit dem Gerät EHY 2000 der Firma O. erfolgt sei. Parallel dazu sei eine erneute Chemotherapie von der betreuenden Onkologin Dr. M. begonnen worden. Dabei habe es sich um eine Therapie nach dem PCV-Schema gehandelt. Diese Therapie sei bis 07. Januar 2009 durchgeführt worden. Die Versicherte habe sich damals in einer lebensbedrohlichen und regelmäßig tödlich verlaufenden Situation befunden. Die von ihm durchgeführte Therapie von Astrozytomen und auch Glioblastomen mit dem Gerät EHY 2000 sei etabliert und werde von einigen Dutzend Arztpraxen und Tumorkliniken bei dieser Indikation eingesetzt. Der Erfolg der bei ihm insgesamt durchgeführten neuen Hyperthermiebehandlungen habe nicht mehr eindeutig festgestellt werden können, da zwischenzeitlich aufgrund einer dringenden Bitte des primären Hausarztes Dr. R. die neurochirurgische Klinik eine gefährliche Operation nun doch in Erwägung gezogen habe. Zuvor habe jedoch keine allgemein anerkannte und medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung gestanden. Die Methode der Hyperthermie habe die Chance eines wenigstens spürbar positiven Einflusses auf den Krankheitsverlauf versprochen. Seiner Auskunft fügte Dr. W. eine Information zur Behandlung mit Hyperthermie und Auszüge aus Veröffentlichungen hierzu bei. Überdies legte er den Reha-Entlassungsbericht des Prof. Dr. D. vom 27. März 2009 vor. Dieser berichtete von einer Hemiparese links mit Gangunsicherheit und Fallneigung sowie einer psychophysischen Belastbarkeitsminderung bei Zustand nach Resektion des Astrozytoms am 03. Februar 2009. Auch postoperativ sei es zu generalisierten epileptischen Anfällen gekommen. Durch die Folgen der strahlen- und chemotherapeutischen Behandlung sowie in der Folge der Tumoroperation sei die Klägerin in der selbstständigen Alltagsbewältigung deutlichst eingeschränkt. Ergänzend gab Dr. W. in seiner Auskunft vom 07. Dezember 2009 an, die Kombination der Elektrotiefenhyperthermie und Chemotherapie habe als Ziel die synergetische Wirkung in der erwünschten Tumorzerstörung gehabt bzw. mindestens in der Verhinderung weiteren Wachstums bestanden.
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Arzt für Allgemeinmedizin Dr. R. gab an (Auskunft vom 15. Juni 2009), die Klägerin habe sich bereits seit September 2006 sehr häufig in seiner ambulanten Behandlung befunden. Erst Anfang Januar 2008 sei die Diagnose klar gewesen. Im Laufe der Zeit sei es zu zunehmenden sensiblen Störungen und Ausfällen gekommen. Die Diagnose eines weit fortgeschrittenen diffus infiltrierenden Astrozytoms des Frontalhirns im Übergang zum Glioblastom sei im Zeitpunkt der Überlegung, die Hyperthermiebehandlung zu empfehlen, ein Todesurteil gewesen. Die Versicherte sei damals von den Onkologen eigentlich aufgegeben worden. Es habe eine bereits durchgeführte Chemotherapie wiederholt werden sollen. Auch die Strahlenbehandlung habe sich nur in den Nebenwirkungen als „erfolgreich“ erwiesen. Er habe daher die Hyperthermiebehandlung und auch deren Beginn vor einer Entscheidung der Beklagten empfohlen, um zu verhindern, dass sich die Frage nach der Übernahmefähigkeit der Kosten vor der Bewilligung „biologisch erledige“. Dr. R. fügte seiner Auskunft Arztunterlagen und Arztbriefe zum Verlauf der Erkrankung der Versicherten, insbesondere des O. Klinikums, des Radiologischen Instituts B. der Neurologin Dr. Wu., des Ärztlichen Direktors Prof. Dr. N. des Neurozentrums vom Universitätsklinikum F. sowie den Bericht der Onkologin Dr. M. vom 19. Dezember 2008 bei. Letzterem zufolge wurde damals eine weitere Zunahme des Tumors festgestellt. Sie schlage daher einen Zyklus nach dem PCV-Schema und dann die erneute Vorstellung in der Neurochirurgie vor. Außerdem könne eine experimentelle Therapie mit Avastin, einem VEGF-Antikörper in Kombination mit Irinotecan versucht werden, die die Beklagte jedoch zunächst genehmigen müsse. In der Neurochirurgie des Universitätsklinikums F. könne zumindest eine operative Teilresektion des Tumors versucht werden. Überdies legte Dr. R. den Reha-Entlassungsbericht des Prof. Dr. D. der Kliniken S. vom 26. Mai 2008 über eine bereits in der Zeit vom 25. April bis 22. Mai 2008 erfolgte medizinische Reha-Maßnahme der Versicherten vor. Seinerzeit war die Versicherte als für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch vollschichtig belastbar, jedoch wegen der Inoperabilität des Tumors mit einer ungünstigen Prognose entlassen worden. Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens legte Dr. R. zudem den Operationsbericht der Oberärztin Dr. We. sowie den Entlassungsbericht des Prof. Dr. Z. vom 10. Februar 2009, beides Ärzte der Neurochirurgie des Universitätsklinikums F., über die operative Behandlung der Versicherten am 03. Februar 2009 vor. Danach konnte eine weitgehende Tumorresektion erreicht werden.
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Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. berichtete in seiner Auskunft vom 23. Juni 2009 davon, dass er die Versicherte aufgrund epileptischer Anfälle zur Kernspintomographie überwiesen habe. Die Diagnose beschreibe eine lebensbedrohliche Erkrankung. Er habe keine Erfahrung mit der Elektrotiefenhyperthermie und könne dazu keine Aussage treffen.
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Die Versicherte verstarb am 24. Mai 2010, was die Beteiligten dem SG nicht mitteilten.
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Mit Urteil vom 19. Oktober 2010 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 zur Erstattung der Kosten für die im Dezember 2008 und Januar 2009 durchgeführte Hyperthermiebehandlung in Höhe von insgesamt EUR 1.349,80. Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten sei § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Beklagte sei nach § 27 Abs. 1 SGB V zur Gewährung ärztlicher Behandlung verpflichtet, allerdings unterliege der Behandlungs- und Versorgungsanspruch den sich aus §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen und umfasse nur Leistungen, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen. Dies sei bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben habe. Durch diese Richtlinien werde der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - z.B. Urteil vom 24. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - BSGE 97, 190). Bei der Elektrotiefenhyperthermie handle es sich um eine neue Behandlungsmethode, die vom GBA in der Anlage II der Methoden-Richtlinie nicht als anerkannte Behandlungsmethode für Astrozytome aufgeführt sei. Die Versicherte habe deshalb unter diesem Aspekt keinen Kostenerstattungsanspruch. Sie habe auch keinen Kostenerstattungsanspruch nach den Grundsätzen des so genannten Systemversagens. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen lägen im Falle der Versicherten erkennbar nicht vor. Weder habe diese an einer extrem seltenen Erkrankung, deren Erforschung praktisch ausgeschlossen sei, gelitten, noch habe der GBA verspätet entschieden. Dieser habe sich vielmehr bereits im Jahr 2005 mit der Hyperthermiebehandlung auseinandergesetzt und sie in Anlage II der Methoden-Richtlinie aufgenommen. Das Vorliegen neuer Erkenntnisse habe die Versicherte weder vorgetragen, noch seien solche ersichtlich. Die Versicherte habe aber einen Kostenanspruch wegen des Vorliegens einer notstandsähnlichen Situation unter Berücksichtigung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (unter Verweis auf BVerfG, vom 06. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 5). Dieses habe entschieden, dass die Vorschriften des SGB V verfassungskonform auszulegen seien. Danach komme ein Anspruch auf Kostenerstattung auch dann in Betracht, wenn
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1. eine lebensbedrohliche oder regelmäßige tödlich verlaufende Erkrankung vorliege,
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2. bezüglich dieser Krankheit eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht (mehr) zur Verfügung stehe und
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3. bezüglich der anzuwendenden Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe.
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Die zweite Voraussetzung sei erfüllt, wenn feststehe, dass derartige dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethoden überhaupt nicht zur Verfügung stünden oder im konkreten Einzelfall, weil der Versicherte diese nachgewiesenermaßen nicht vertrage oder ihre Anwendung keinen Erfolg gebracht habe. Dabei sei zu unterscheiden, welchem Behandlungsziel die Methode diene: Sei zwar eine Methode verfügbar, die auf Linderung der Krankheitsbeschwerden abziele, könne sie der begehrten nicht anerkannten Behandlung dann nicht entgegengehalten werden, wenn letztere auf die Heilung oder langfristige Verzögerung des Krankheitsverlaufs abziele. Die dritte Bedingung für einen verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Krankenbehandlung setze voraus, dass Erkenntnisse wissenschaftlicher Art dazu vorlägen, dass ein Behandlungserfolg möglich sei. Diese Erkenntnisse müssten objektivierbar sein. Die Behandlung müsse in der Regel fachärztlich durchgeführt werden. Der Erfüllung der dritten Voraussetzung stehe - anders als von der Beklagten und dem BSG im Urteil vom 24. November 2006 (B 1 KR 24/06 R, a.a.O.) vertreten - auch nicht in allen Fällen ein Beschluss des GBA entgegen, der die entsprechende Behandlung in Anlage II der Methoden-Richtlinie aufgenommen habe. Zwar sei verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode nichts einzuwenden. Dennoch sei nicht ausgeschlossen, die vom BVerfG im Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) aufgestellten Grundsätze auch in einem Fall anzuwenden, in welchem eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich ausgeschlossen worden sei (unter Verweis auf BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 17). Das gelte jedenfalls dann, wenn aus den auf der Homepage des GBA veröffentlichten Gründen für den Ausschluss erkennbar sei, dass ein Ausschluss nicht wegen völliger Unwissenschaftlichkeit oder nachgewiesener Wirkungslosigkeit erfolgt sei, sondern davon ausgegangen werde, dass angesichts der Vielzahl der technischen Varianten der Hyperthermie diese Technologie sich noch im Stadium der Forschung und Entwicklung befunden habe. In diesen Fällen lägen nämlich ebenso wie bei Behandlungsmethoden, mit denen sich der GBA überhaupt noch nicht befasst habe, Indizien für eine nicht ganz fern liegende Aussicht auf einen Behandlungserfolg vor. Seien diese Voraussetzungen erfüllt, sei schließlich zu prüfen, ob auch andere anerkannte Methoden diesem Maßstab genügten. Ausgehend davon habe die Versicherte einen Anspruch auf Erstattung ihrer für die Hyperthermie aufgewandten Kosten. Sie leide an einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Die durchschnittliche Überlebenswahrscheinlichkeit nach Diagnose eines Astrozytoms betrage elf bis zwölf Monate. Eine andere - anerkannte - Methode habe für die Behandlung der Versicherten nicht zur Verfügung gestanden. Diese habe bereits verschiedene Chemotherapien und eine Strahlentherapie hinter sich gehabt. Eine operative Entfernung des Tumors sei durch die Fachärzte als weitgehend unmöglich abgelehnt worden. Die Tatsache, dass später „quasi als Verzweiflungstat“ doch noch eine Operation durchgeführt worden sei, ändere an dieser Einschätzung nichts. Maßgeblich seien für den Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V die Erkenntnisse im Zeitpunkt der Durchführung der Behandlung. Eine erneute Chemotherapie nach anderen Protokollen seien selbst vom MDK als wenig aussichtsreich oder allenfalls ergänzend möglich beurteilt worden. Es hätten nur die Möglichkeiten einer palliativen Chemotherapie bestanden. Demgegenüber habe die Behandlung mit Elektrohyperthermie nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. W. der Zerstörung des Tumors, jedenfalls aber der Verhinderung von dessen weiterem Wachstum gedient. Die Hyperthermiebehandlung sei also in erster Linie auf Heilung oder wenigstens spürbare Lebensverlängerung gerichtet gewesen, die als weitere Möglichkeit in Betracht gezogene Chemotherapie in erster Linie auf Verhinderung einer Verschlechterung bzw. auf Linderung der Krankheit. Auch die weiteren Voraussetzungen hätten vorgelegen. Es habe eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf einen Heilungserfolg oder wenigstens einen spürbar positiven Krankheitsverlauf gegeben. Es sei medizinisch keine abwegige Vorstellung, dass durch die Erhitzung des Tumorgewebes mittels Radiowellen eine Zerstörung oder wenigstens eine Hemmung des weiteren Tumorwachstums möglich sei. Nachdem die Behandlung im stationären Bereich auch schon zu Erfolgen geführt habe, reichten diese Erkenntnisse zur Annahme eines Indizes für eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf aus. Auch die Abwägung vom Risiko der Behandlung mit Hyperthermie, die immerhin in Krankenhäusern schon länger eingesetzt werde, mit dem zu erwartenden Nutzen sei zu Gunsten der Behandlung ausgefallen. Die Versicherte sei in einer verzweifelten Lage gewesen. Sie sei überdies darüber informiert gewesen, dass die Hyperthermiebehandlung keine anerkannte Methode gewesen sei; sie sei über den experimentellen Charakter der Behandlung aufgeklärt gewesen und habe ihr zugestimmt. Der Erbringung der Behandlung zu Lasten der Beklagten habe schließlich der Beschluss des GBA vom 14. Mai 2005 nicht entgegengestanden. Die Aufnahme zur Behandlung in Anlage II der Methoden-Richtlinie sei in erster Linie deshalb erfolgt, da die Hyperthermie nach deren Anwendern eine Vielzahl nicht näher spezifizierter Anwendungsgebiete gehabt habe, die nicht im einzelnen erforscht seien. Die Wirkungslosigkeit oder ihre völlige Unwissenschaftlichkeit habe der GBA ebenso wenig festgestellt wie eine besondere Gefährdung durch die Durchführung dieser Therapie. Dem Kostenerstattungsanspruch stehe schließlich nicht entgegen, dass die Versicherte die Entscheidung der Beklagten nicht abgewartet habe, bevor sie mit der Behandlung begonnen habe. Die Behandlung sei unaufschiebbar gewesen. Wie ihr behandelnder Hausarzt überzeugend ausgeführt habe, habe mit dem Beginn der Behandlung nicht abgewartet werden können, bis die Beklagte entschied, denn es habe die Gefahr bestanden, dass sie vor Beginn der Behandlung an den Folgen des Astrozytoms verstarb. Schließlich entsprächen die Rechnungen des Dr. W. auch den Voraussetzungen der GOÄ; eine ordnungsgemäße Abrechnung sei erfolgt.
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Gegen dieses ihr am 25. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. Oktober 2010 zum Landessozialgericht Baden- Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Sie hat vorgetragen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich durch Richtlinien des GBA festgelegt werde. Der GBA habe die Hyperthermie in Nr. 42 der Anlage II der Methoden-Richtlinie aufgenommen. Die dort aufgeführten Behandlungsverfahren dürften nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Die Methode gehöre damit nicht zur Behandlung im Sinne des § 27 SGB V. Das BSG habe in seinem Urteil vom 07. November 2006 (a.a.O.) entschieden, dass für eine Anspruchsbegründung aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr sei, wenn der GBA - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu einer negativen Bewertung gelangt sei. Dann sei auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert seien. Auch in Bezug auf den Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 (a.a.O.) stehe der Versicherten die begehrte Leistung nicht zu. Anders als im dort entschiedenen Fall sei die Hyperthermiebehandlung vorliegend nicht zur Schmerzbekämpfung erfolgt, sondern habe nach der Stellungnahme des Dr. W. vom 07. Dezember 2009 das Ziel der synergetischen Wirkung in der erwünschten Tumorzerstörung bzw. mindestens in der Verhinderung des Wachstums gehabt. Von einem ausdrücklichen Ausschluss vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung durch den GBA könne somit ausgegangen werden. Im Übrigen habe das BVerfG in seiner Entscheidung keine abschließende Entscheidung getroffen, sondern die Sache an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Das BVerfG habe ausgeführt, dass das Landessozialgericht - soweit es zu dem Ergebnis komme, dass auch die individuell im Fall der dortigen Beschwerdeführerin durchgeführte Hyperthermiebehandlung zur Schmerzbehandlung in rechtsfehlerfreier Form vom GBA vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich ausgeschlossen worden sei - in rechtlicher Hinsicht in eigenständiger Würdigung zu entscheiden habe, ob die im Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) aufgestellten Grundsätze auch in den Fällen gälten, in welchen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom GBA ausgeschlossen worden sei. Für sie, die Beklagte, gelte weiterhin die Rechtsauffassung des BSG im Urteil vom 07. November 2006 (a.a.O.). Soweit der GBA zwischenzeitlich konkretisiert habe, dass bei einer lebensbedrohlichen, regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit eine Methode, für die eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare Linderung bestehe, grundsätzlich im Einzelfall von den Krankenkassen getragen werden könne, sei hieraus kein anderes Ergebnis abzuleiten. Im Falle der Hyperthermie habe der GBA in seiner Beschlussbegründung vom 18. Januar 2005 jedoch festgestellt, dass der Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit des Hyperthermieverfahrens - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht valide belegt seien, so dass eine Anerkennung und Einführung für die vertragsärztliche Versorgung nicht habe empfohlen werden können. Die Vielzahl der technischen Varianten der Hyperthermie sei, wie bei anderen medizinischen Entwicklungen, Ausdruck dafür, dass sich die Technologie noch im Stadium der Forschung und Entwicklung befinde.
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Im Verlauf des Berufungsverfahrens hat die Beklagte überdies das sozialmedizinische Gutachten des Dr. Bä. (MDK) vom 28. April 2011 vorgelegt. Dr. Bä. führt darin aus, dass von den vier verschiedenen Anwendungsformen der Hyperthermie vorliegend die regionale Tiefenhyperthermie relevant sei. Insoweit existiere ein patientenrelevanter methodischer Unterschied zwischen der wissenschaftlichen Hyperthermie, wie sie an Universitätskliniken angewandt werde, und der frei zugänglichen, auch von Heilpraktikern oder der „komplementären Onkologie“ ohne Bestrahlungsplanung und Temperaturmessung anwendbaren niederfrequenten „Onkothermie“, die auch als Hyperthermie bezeichnet werde. Diese lasse regelmäßig sowohl eine wissenschaftlich-technisch begründete Therapieplanung als auch die Möglichkeit der Fokussierung der Energieverteilung im Zielgebiet als auch eine valide Temperaturkontrolle im Zielvolumen vermissen. Niederfrequente Geräte könnten besonders einfach und kostengünstig gebaut werden. Jedoch brächten diese Geräte eine meist geringe Energieleistung auf; gut durchblutete Organe könnten die eingestrahlte Energieleistung problemlos sofort wieder abführen. Von der Herstellerfirma der in diesem Bereich am weitesten verbreiteten Geräte (Hot O. GmbH) werde ein hypothetischer zweiter Wirkungsmechanismus konstruiert, der sich aus einem behaupteten besonderen Absorptionsverhalten der extrazellulären Flüssigkeit im Tumorgewebe und einem niedrigeren Wellenwiderstand des Tumors im Vergleich zum umliegenden Gewebe zusammensetzen solle. Für diese Behauptungen könnten sich die Leistungserbringer auf keinerlei naturwissenschaftliche Grundlagen stützen und entzögen ihre Gerätewirkung einer naturwissenschaftlichen Überprüfbarkeit. Unabhängig von der Form der angewandten Hyperthermie habe - nach Auswertung der einschlägigen Publikationen - zu keiner Zeit durch den Einsatz der Hyperthermie eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden. Der GBA habe sich seinerzeit mit 1.252 Titeln zur Hyperthermie befasst, darunter hätten sich 42 Studien mit vorrangiger Evidenz bei 11 Tumorindikationen befunden. In keiner Indikation habe die Stärke der Evidenz für eine positive Empfehlung von Hyperthermieanwendungen ausgereicht. Der GBA habe daher das Resümee gezogen, bei solchen experimentellen Therapien, auch in den Indikationen, in denen die Forschung schon weiter fortgeschritten sei, sollten Erprobungen auf die Durchführung kontrollierter Studien begrenzt bleiben. Zwischenzeitlich sei in Österreich vom Ludwig-Boltzmann-Institut, einer wissenschaftlich arbeitenden Institution des öffentlichen Gesundheitswesens in Österreich, ein systematischer Review erstellt worden, der die internationale Literatur im Zeitraum von 2005 bis 2010 bewerte. Die dortigen Autoren zögen das Resümee, dass sich die Lage der Evidenz in den letzten fünf Jahren seit dem GBA-Bericht gemessen an der Zahl neuer RCTs (randomisierter kontrollierter Studien) kaum geändert habe. Obwohl von vielen Studienautoren umfassendere Phase-III-Studien gefordert worden seien, sei für die meisten Indikationen die Evidenz nahezu unverändert. Die RCTs aus der aktuellen Recherche zeigten zusammengefasst in Bezug auf klinisch relevante Endpunkte keine Vorteile von Hyperthermie gegenüber allgemeiner Chemo- und/oder Radiotherapie. In der Summe sei die Evidenz daher derzeit zu schwach, um einen Nutzen durch die zusätzliche Hyperthermieanwendung ableiten zu können. Die von Dr. W. vorgelegten Studien seien nicht geeignet, Wirksamkeit und Überlebensvorteil bzw. einen Nutzen der Hyperthermie nachzuweisen. Es handle sich um eine Fallserie bei einer Tumorart, die mit der Erkrankung der Versicherten nicht vollständig identisch sei, die Daten seien nicht vollständig publiziert, eine Randomisierung habe nicht stattgefunden, dem Abstract sei nicht zu entnehmen, ob und mit welcher Kontrollgruppe verglichen worden sei. Nach der GBA-Klassifizierung entspreche die Publikation der niedrigen Evidenzstufe IV. Eine eigene, am 20. April 2011 durchgeführte Literatursuche in der medizinischen Datenbank PubMed habe keine randomisiert kontrollierte Studie zur Hyperthermie beim Astrozytom seit 2005 ergeben. Die Datenlage sei somit unverändert seit der GBA-Bewertung. Weder in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie noch in der amerikanischen NCCN-Leitlinie sei die Hyperthermie für die Therapie von Astrozytomen auch nur erwähnt. Somit ergäben sich nach Aktenlage keine neuen Erkenntnisse für Wirksamkeit und Nutzen der beantragten, von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossenen Leistung. Stattdessen sei eine erhebliche Anzahl an Studien durchgeführt worden, die mit keiner Publikation abgeschlossen worden sei. Im Übrigen sei nochmals darauf hinzuweisen, dass die klinischen Studien der letzten Jahre vor allem in Universitätskliniken mit Hochfrequenz-Therapiegeräten durchgeführt würden, das Hyperthermiegerät in der Praxis des Dr. W. jedoch ein niederfrequentes Gerät sei, das die für die Hyperthermie notwendige technische Qualitätsanforderung nicht erfülle. Im konkreten Fall der Versicherten sei ein therapeutisches Gesamtkonzept der Hyperthermiebehandlung an keiner Stelle gemacht worden. In den Unterlägen fänden sich keine Antworten auf die Fragen, in welcher konkreten klinischen Indikation die lokale Behandlung mit welchen physikalischen Parametern erfolgt sei, ob die Hyperthermie begleitend zur Chemotherapie mit der onkologischen Fachpraxis abgestimmt worden sei, wie die Zeitabstände der Behandlung begründet worden seien und wie häufig und wie lange insgesamt die Behandlung habe erfolgen sollen. Es stelle sich daher die Frage, ob die Versicherte hinreichend aufgeklärt worden sei. Im Übrigen hätten zum Zeitpunkt, an dem die Hyperthermie begonnen worden sei, leitliniengerechte Therapieoptionen entsprechend dem Facharztstandard zur Verfügung gestanden. Aufgrund des fortgeschrittenen Befundes sei im vorliegenden Fall zwar eine primäre chirurgische Tumorresektion ausgeschlossen gewesen. Diese sei aber nach strahlentherapeutischer und chemotherapeutischer Vorbehandlung später möglich gewesen. Schulmedizinische/vertragsmedizinische Therapien einschließlich der palliativen Medizin hätten der Versicherten jederzeit zur Verfügung gestanden. In den Unterlagen fänden sich keine Aussagen, nach denen man die Versicherte aufgegeben habe oder ihr keine stadiengerechte Therapie habe anbieten können. Tatsächlich habe die Versicherte trotz Diagnosestellung in einem fortgeschrittenen Tumorstadium noch zweieinhalb Jahre überlebt.
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Die Beklagte beantragt,
22 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Oktober 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
25 
Er hat zunächst darauf hingewiesen, als Ehemann der Versicherten das Verfahren „in Rechtsnachfolge“ fortzuführen. Der Sache nach hält er die angegriffene Entscheidung des SG für zutreffend. Soweit die Beklagte vortrage, dass der Versicherten ein Anspruch deshalb nicht zugestanden habe, weil die erfolgte Hyperthermiebehandlung nicht zur Schmerzbekämpfung, sondern zur Tumorzerstörung bzw. Verhinderung des Wachstums erfolgt sei, verkenne sie, dass der Wortlaut des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) wesentlich geringere Anforderungen an die Verpflichtung zur Kostenübernahme stelle als der GBA. Es reiche unter verfassungsrechtlichen Kriterien aus, dass eine auf Indizien gestützte nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Im Übrigen ergebe sich auch aus der Begutachtungsanleitung „Außervertragliche neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden“ vom 08. Oktober 2008, die sich auch an die Gutachter des MDK und die Mitarbeiter der Krankenkassen wende, dass die Versicherte, die seinerzeit mit dem Leben gekämpft habe, aufgrund der Lebensbedrohlichkeit der Situation einen Anspruch auf Kostenübernahme gehabt habe. In Reaktion auf das von der Beklagten vorgelegte Gutachten des Dr. Bä. hat der Kläger vortragen, das Gutachten genüge aus mehreren Gründen den Anforderungen an eine gewissenhafte und ordnungsgemäße Begutachtung nicht. Es stelle lediglich einseitig die der Beklagten günstigen Tatsachen auf. An mehreren Stellen würden Behauptungen und Schlussfolgerungen aufgestellt, die in keinster Weise belegt würden, so z. B. hinsichtlich der Behauptung, Hyperthermie führe bei hohen Temperaturen zur potentiell schädigenden Effekten auf innere Organe. Überdies ergebe sich aus Seite 8 des Gutachtens, dass die Ausführungen teilweise aus einem Gutachten des Kompetenzzentrums Onkologie stammten. Welche Teile dieses Gutachtens dies seien, bleibe offen. Bereits an dieser Stelle könne von einem gewissenhaften und ordnungsgemäßen Gutachten keine Rede mehr sein. Zudem sei ersichtlich, dass das Gutachten im Wesentlichen Ausdruck der persönlichen Meinung des Erstellers sei. Insbesondere lasse das Gutachten offen, wodurch die Unterscheidung in wissenschaftliche und nicht wissenschaftliche Hyperthermie begründet werde. Überdies habe das Gutachten die Publikation von Alexander Herzog zwar erwähnt, nicht jedoch hinreichend ausgewertet. Ein objektives Gutachten bedinge zur Verwertbarkeit in einem Gerichtsverfahren jedoch, dass alle verfügbaren Studien, Publikationen und Erkenntnisse ausgewertet würden und eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den darin gewonnenen Erkenntnissen stattfinde. Dass sich ein Gutachter mit der zitierten, immerhin 40 Seiten umfassenden Publikation nicht in angemessenem Maße auseinander setze, sei nur dadurch zu erklären, dass die sehr wohl vorhandenen und auch publizierten Studien schlichtweg ausgelassen worden oder aber dem Ersteller nicht bekannt gewesen seien. Insoweit werde zudem auf die Studie von Dr. Sa. von der Universität W. sowie die Veröffentlichung des Department of Oncology des St. Giuseppe-General-Hospital in Florenz sowie fünf weitere konkret benannte Veröffentlichungen von Studien, die alle die Wirksamkeit und Verträglichkeit der streitgegenständlichen Behandlungsmethode bestätigten, verwiesen. Der dem Gutachten beigefügte Endbericht des Ludwig-Boltzmann-Instituts verdeutliche entgegen den Ausführungen im Gutachten unter Punkt 4.2, dass Erkenntnisse der Wirksamkeit der Hyperthermie bei den vorliegend streitgegenständlichen Astrozytomen nicht vorlägen. Es heiße ausdrücklich „für Kopf-Hals-Tumoren gingen aus der Recherche keine prospektiven Vergleichsstudien hervor.“ Für die im Streit stehende Frage spiele der Endbericht somit keine beweiserhebliche Rolle. Aufgrund der Vielzahl an unbelegten Behauptungen und teilweise unvollständigen Recherchen sei insgesamt das Gutachten keineswegs geeignet, als Beweismittel für die streitgegenständliche Frage zu dienen. Ausdrücklich bestritten werde überdies die im Berufungsverfahren erstmalig geäußerte Behauptung, zu dem Zeitpunkt, zu dem die nicht evidenzbasierte Hypterthermie begonnen worden sei, hätten leitliniengerechte Therapieoptionen entsprechend dem Facharztstandard zur Verfügung gestanden. In seinen vorangegangenen Äußerungen habe der MDK jedoch das Gegenteil bestätigt. Eine kurative Therapieaussicht habe danach nicht bestanden. Dies werde im Übrigen auch durch die Aussagen der behandelnden Ärzte Dr. W. und Dr. R. gestützt. Die angewandte Therapie habe seinerzeit das letzte Mittel dargestellt, um dem fortschreitenden Tumor entgegenzuwirken. Der Kläger hat Kopien der von ihm zitierten wissenschaftlichen Veröffentlichungen bzw. Zusammenfassungen hierzu vorgelegt. Er hat überdies eine Auskunft des Dr. W. vom 01. Februar 2011 dazu vorgelegt, aus welchen Gründen die Hyperthermiebehandlung seinerzeit ambulant erfolgt sei. Dr. W. hat insoweit angegeben, die Versicherte habe sich in einem zwar insgesamt schlechten Zustand befunden, sei jedoch mithilfe ihres Ehemannes noch transportfähig gewesen. Somit habe eine ambulante Behandlung durchgeführt werden können. Die Gesamtkosten für einen stationären Aufenthalt in einer Hyperthermie-befähigten komplementär-onkologischen Fachklinik hätten außerdem ein Vielfaches der in diesem Streitfall zur Diskussion stehenden Geldsumme gekostet. Da die Hyperthermie üblicherweise nur alle zwei bis drei Tage für bis zu 60 Minuten Therapiedauer durchgeführt werde, wäre eine stationäre Hyperthermie unwirtschaftlich gewesen.
26 
Der Senat hat den GBA dazu befragt, ob zwischenzeitlich eine erneute Befassung mit der Behandlungsmethode der Hyperthermie stattgefunden habe. In seiner Auskunft vom 21. Januar 2011 hat der GBA dies verneint. Auch liege kein Antrag zur Überprüfung der Hyperthermie auf Nutzen, medizinische Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit für die vertragsärztliche Versorgung vor. Dr. W. hat auf Anfrage des Senats unter dem 13. Februar 2012 angegeben, die Versicherte sei über alle Belange der lokalen Tiefenhyperthermie aufgeklärt worden und hat den „Aufklärungsbogen über die Lokoregionale Elektro-Tiefenhyperthermie“ vorgelegt.
27 
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
28 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten in beiden Instanzenzügen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
29 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligten gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig. Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 19. Oktober 2010 auf die zulässige Klage der Versicherten (dazu I.) zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung der durch die erfolgten Hyperthermiebehandlungen entstandenen Kosten von EUR 1.349,80 verurteilt. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 ist rechtmäßig und verletzt auch den Kläger als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nicht in seinen Rechten. Da schon der Versicherten weder ein Sachleistungsanspruch auf Zurverfügungstellung der ambulanten Hyperthermiebehandlungen bei Dr. W. noch ein an seine Stelle getretener Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V zugestanden hatte, kann auch der Kläger als vorrangiger Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht die Erstattung der Kosten für die Hyperthermiebehandlungen in Höhe von EUR 1.349,80 verlangen (dazu insgesamt II.). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Kläger als Sonderrechtsnachfolger befugt ist, einen Kostenerstattungsanspruch geltend zu machen (vgl. BSG, Beschluss vom 08. November 2011 - B 1 KR 6/11 R -, juris; anderer Ansicht: BSG, Urteil vom 25. August 2009 - B 3 KR 25/08 R - SozR 4-2500 § 37 Nr. 10).
I.
30 
Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere - noch durch die Versicherte - fristgerecht gem. § 87 Abs. 2 SGG vor dem SG erhoben worden. Da sich in der Verwaltungsakte keine anderweitigen Hinweise finden, ist davon auszugehen, dass der Widerspruchsbescheid - frühestens - am 19. Februar 2009 im Sinne des § 85 Abs. 3 Satz 1 SGG formlos bekannt gegeben wurde. Dann gilt der Bescheid am dritten Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 37 Abs. 1 und 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Vorliegend war das - frühestens - der 22. Februar 2009. Die am 23. März 2009 (einem Montag) erhobene Klage ist damit gem. § 64 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG i.V.m. § 64 Abs. 3 SGG innerhalb des Monatsfrist des § 87 Abs. 2 SGG erhoben worden.
II.
31 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten in Höhe von EUR 1.349,80.
32 
Zwar sind der Versicherten Kosten in dieser Höhe aufgrund der Durchführung von insgesamt zehn Hyperthermiebehandlungen bei Dr. W. entstanden. Ausweislich des von Dr. W. vorgelegten, mit „Aufklärungsbogen über die Lokoregionale Elektro-Tiefenhyperthermie“ überschriebenen Formulars, welches die Versicherte und Dr. W. am 18. Dezember 2009 und folglich vor Durchführung der Hyperthermiebehandlungen unterschrieben haben, war die Versicherte auf die Pflicht zur Selbsttragung der Kosten aufgeklärt worden und hierzu von ihr die schriftliche Zustimmung eingeholt worden. Aus Sicht des Senats ist die Aufklärung, da sie über den experimentellen Status der Hyperthermie und die sich daraus ergebende Kostenpflicht einschließlich der Höhe der Kosten hinreichend deutlich informiert, auch in ausreichendem Umfang mit der Folge einer vertraglichen Verpflichtung der Versicherten zur Zahlung der Behandlungen als Privatpatientin erfolgt. Dr. W. hat die dann durchgeführten Hyperthermiebehandlungen zudem alle nach der GOÄ und folglich privatärztlich in Rechnung gestellt. Dr. W. ist damit auch der ihm als zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Arzt nach § 21 Abs. 8 Nr. 3 Arzt-/Ersatzkassen-vertrag (EKV), der auf der Rechtsgrundlage des § 82 Abs. 1 SGB V beruht und für die zugelassenen Vertragsärzte nach § 95 Abs. 3 Satz 3 SGB V verbindlich ist, obliegenden Verpflichtung nachgekommen. Danach darf der Vertragsarzt von einem Versicherten eine Vergütung nur fordern, wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde.
33 
Diese Kosten sind dem Kläger jedoch nicht zu erstatten. Da die Versicherte nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hatte, kommt als Anspruchsgrundlage für die Kosten der ambulant durchgeführten Hyperthermiebehandlung in Höhe von EUR 1.349,80 nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Diese Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
34 
Der Senat lässt dahingestellt, ob die Erstattung der ersten vier Hyperthermiebehandlungen am 18., 22., 24. und 29. Dezember 2008 (je nach Zugang des ablehnenden Bescheids vom 30. Dezember 2008 zudem hinsichtlich der fünften Sitzung am 02. Januar 2009) bereits deshalb ausscheidet, weil der Versicherten Kosten nicht dadurch entstanden sind, dass die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Da diese vier (möglicherweise fünf) Behandlungen schon vor Erlass des ablehnenden Bescheids vom 30. Dezember 2008 erfolgt sind, käme insoweit ein Kostenerstattungsanspruch nur nach Maßgabe von § 13 Abs. 3 Satz 1 Erste Alternative SGB V in Betracht. Ob die Voraussetzungen dieser Regelung gegeben sind, insbesondere ob die begehrte Leistung der Hyperthermie unaufschiebbar im Sinne dieser Tatbestandsalternative war, brauchte der Senat indes nicht zu entscheiden. Denn in jedem Falle fehlt es hinsichtlich aller zehn durchgeführten Hyperthermiebehandlungen an der für beide Tatbestandsalternativen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Erste und Zweite Alternative SGB V) erforderlichen Voraussetzung, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den durch die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu gewährenden Leistungen gehört.
35 
1. Nach ständiger Rechtsprechung reicht der Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 3 Satz 1 SGB V nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24. September 1996 - 1 RK 33/95 - SozR 3 2500 § 13 Nr. 11; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12; Urteil vom 26. September 2009 - B 1 KR 3/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 10 m.w.N.).
36 
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die ärztliche Behandlung sowie die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 3 SGB V) durch zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigte Behandler (§ 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung, für den ambulanten Bereich insoweit das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4 2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12). Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (st. Rspr., BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8), wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des GBA sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Ohne befürwortende Entscheidung des GBA kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch LSG, Urteil vom 30. August 2006 - L 5 KR 281/06 - und ausführlich m.w.N. Urteil vom 31. Oktober 2007 - L 5 KR 2563/07 -, beide veröffentlicht in juris).
37 
Die Behandlung der Versicherten bei Dr. W. bestand in der Anwendung einer lokalen Hyperthermie. Diese Behandlung erfolgte ambulant. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, diese Therapie als ambulante Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Es fehlt an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des GBA, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Vielmehr hat der GBA nach Anlage II Nr. 42 der Methoden-Richtlinie, die Hyperthermiebehandlung (u.a. Ganzkörperhyperthermie, regionale Tiefenhyperthermie, Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie) gerade umgekehrt ausdrücklich als nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethode angesehen (Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005, BAnz 2005, S. 7485).
38 
Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend auch einschlägig. Die Hyperthermie neben gleichzeitiger Anwendung einer Chemotherapie ist eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt bzw. zu Grunde liegen soll, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Sie war zum Zeitpunkt der Durchführung von Dezember 2008 bis Januar 2009 nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung, weil sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) enthalten war (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8).
39 
2. Ein Ausnahmefall des "Systemversagens" liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8) kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden. Dieser Fallgestaltung steht schon entgegen, dass sich der GBA mit der streitigen Behandlungsmethode der Hyperthermie befasst hat.
40 
3. Der Kläger kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung berufen. In seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - SozR 4-2500 § 27 Nr 5) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne‘sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat hat sich dem in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. z.B. Urteil vom 02. September 2011 - L 4 KR 1931/10 - in juris). Danach (z.B. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige GBA diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das GG, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
41 
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor;
42 
2. bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung und
43 
3. bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
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Hinsichtlich der dritten Voraussetzung hat das BSG im Urteil vom 07. November 2006 (B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) ergänzend Folgendes ausgeführt: Art. 2 GG verlangt eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf eine bestimmte Versorgung der Versicherten entgegenstehen. Dagegen bleibt die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung unberührt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten sollen einerseits verhindern, dass die den Versicherten durch Gesetz eingeräumten Leistungsansprüche in einer dem Zweck des Art. 2 GG zuwiderlaufenden Weise eingeschränkt werden; so lag der Fall nach Ansicht des BVerfG im Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.). Andererseits setzen die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten dem Leistungsbegehren der Versicherten selbst im Falle regelmäßig tödlich verlaufender Krankheiten Grenzen. Sie sollen die Versicherten in solchen Fällen auch davor bewahren, auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung mit zweifelhaften Therapien behandelt zu werden, wenn auf diese Weise eine nahe liegende, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht wahrgenommen wird. Gesetzes- und Verfassungsrecht fordern und akzeptieren, dass Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung allein nach Maßgabe der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zu beanspruchen und zu erbringen sind (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3; § 15 Abs. 1; § 70 Abs. 1; § 72 Abs. 2; §§ 135 ff SGB V; BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - Rn. 35). Die Erkenntnisse müssen folglich wissenschaftlicher Art, also objektivierbar sein. Dementsprechend hat das BVerfG das im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Arztvorbehalt verfolgte gesetzgeberische Ziel als einen wichtigen Gemeinschaftsbelang anerkannt. Der Arztvorbehalt soll dafür sorgen, dass eine auf öffentliche Kosten durchgeführte Behandlung durch die Art der angewandten Methoden und die Qualifikation der behandelnden Personen objektiv Erfolg verspricht (BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 111/77 - SozR 2200 § 368 Nr. 11). In der Konsequenz dieser Rechtsprechung liegt es auch, dass das BVerfG es als verfassungskonform angesehen hat, wenn der Gesetzgeber zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorsieht, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methode zu Lasten der Krankenkassen auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen (BVerfG, Beschluss vom 06. Dezember 2005, a.a.O.). Besteht ein solches, vom Gesetzgeber vorgesehenes Verfahren mit dem Ziel, den Versicherten und die Versichertengemeinschaft vor riskanten und/oder ineffektiven medizinischen Maßnahmen zu schützen, entspricht es den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten auch, den Ergebnissen dieses Verfahrens bei der Konkretisierung von Leistungsansprüchen Rechnung zu tragen. Ein solches Verfahren sieht das SGB V in § 135 zum Schutze der Versicherten und der Versichertengemeinschaft vor, in dem generalisierend zu den vorgenannten Kriterien Stellung zu nehmen ist. Für den Zeitraum, bis zu dem in einem solchen Verfahren noch Ergebnisse fehlen, ist für zumindest hilfsweise eingreifende Sicherungen zu sorgen und für die Zeitdauer bis zu einer Entscheidung des GBA aus verfassungsrechtlichen Gründen unter den Voraussetzungen des Beschlusses vom 06. Dezember 2005 ausnahmsweise ein Anspruch auf Anwendung einer neuen, noch nicht zugelassenen Behandlungsmethode denkbar; allerdings muss an die Stelle der noch nicht abgeschlossenen Prüfung durch den Bundesausschuss die generalisierende Prüfung von Risiken und Nutzen anlässlich des - wie hier - konkret zur Entscheidung stehenden Einzelfalles treten. Andererseits ist für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr, wenn der GBA - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu einer negativen Bewertung gelangt ist. Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind.
45 
Ausgehend hiervon sind die Voraussetzungen dafür, dass die Beklagte ausnahmsweise die ambulante Behandlung mit der lokalen Hyperthermie als Sachleistung zur Verfügung zu stellen hatte, nicht gegeben.
46 
Zwar litt die Versicherte an einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Auch dürfte davon auszugehen sein, dass es - zum Zeitpunkt des Beginns der Hyperthermiebehandlung am 18. Dezember 2008 - an der Durchführung weiterer Therapieoptionen fehlte. Nach Einschätzung des Gutachters Dr. M. (MDK) in seinem Gutachten vom 20. Dezember 2008 bestand damals keine kurative Therapieaussicht. Die Bestrahlungsoptionen und die Primärchemotherapie mit Temodal waren ausgeschöpft. Es verblieben nur noch Sekundärchemotherapieprotokolle, deren Wirkung im Sinne einer Krankheitsbeeinflussung Dr. M. jedoch als zweifelhaft ansah. Da nach Auskunft des Dr. W. demgegenüber der Tiefenhyperthermie eine entsprechende Wirkung zukommen sollte, sprechen (anders als von der Beklagten unter Verweis auf die Stellungnahme des Dr. Bä. nunmehr erstmals im Berufungsverfahren vertreten) wesentliche Argumente dafür, dass seinerzeit die herkömmlichen Behandlungsmethoden ausgeschöpft waren. Dass die Versicherte - offenbar unter Inkaufnahme eines hohen gesundheitlichen Risikos - später doch noch operiert wurde, belegt diese Einschätzung letztlich gerade, nachdem eine Operation zuvor als zu risikobehaftet abgelehnt worden war.
47 
Es fehlt jedoch nach Auffassung des Senats hinsichtlich der Behandlung mittels Hyperthermie an einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fern liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Wird - wie im vorliegenden Fall - die Erstattung von Kosten für eine durchgeführte Behandlung begehrt, ist abzustellen auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 5/09 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 15), hier mithin den Zeitraum von Dezember 2008 bis Januar 2009. Was die ambulante Hyperthermie im Besonderen angeht, ist diese - wie dargelegt - durch Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 mit Wirkung vom 15. Mai 2005 als nicht anerkannte Behandlungsmethode aus der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich ausgeschlossen worden. Für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung ist - wie ebenfalls dargelegt - nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) aber regelmäßig kein Raum mehr, wenn der GBA nach nicht zu beanstandender Prüfung zu einer negativen Bewertung gelangt ist. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat ausdrücklich an. Er hält sie für richtig und zutreffend, weil die Beurteilung einer Behandlungsmethode durch den GBA als nicht anerkannt nach seiner gesetzlichen Konzeption auf der Grundlage einer umfassenden Analyse des hierzu vorhandenen Wissenschaftsstandes erfolgt und daher die Frage nach hinreichenden Anhaltspunkten für die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode vorgreiflich geprüft und verneint worden ist.
48 
Dass diese Rechtsprechung im konkreten Fall nicht einschlägig sein soll mit der Begründung, der Beschluss des GBA schließe die Wirksamkeit der Methode der Hyperthermie letztlich nicht endgültig aus, sondern sehe sie bislang (nur) als nicht hinreichend erwiesen an (so die Argumentation des SG), vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Abgesehen davon, dass der Senat dieses Argument schon grundsätzlich für nicht stichhaltig erachtet, weil ein Beschluss des GBA über die Aufnahme einer Behandlungsmethode in Anlage II der Methoden-Richtlinie letztlich immer Folge fehlender Erwiesenheit der Validität einer Methode zu einem bestimmten Auswertungszeitpunkt darstellt, vermag der Senat dieser Argumentation im Besonderen für den vorliegenden Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 nicht zu folgen. In den tragenden Gründen des Beschlusses hat der GBA ausgeführt, dass „für alle überprüften (…) Anwendungsindikationen die Überprüfung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V erbracht hat, dass der Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der hier beratenen Hyperthermieverfahren - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht valide belegt sind, so dass eine Anerkennung und Einführung für die vertragsärztliche Versorgung nicht empfohlen werden kann“. Diese Begründung kann nur so verstanden werden, dass die wissenschaftliche Auswertung bisher vorhandener Studienergebnisse deutlich gegen die Anwendung von Hyperthermie spricht, nicht jedoch, dass der Beschluss nur eine - daher in Zweifelsfällen nicht verbindliche - Feststellung einer wissenschaftlich offenen Situation beinhaltet. Anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus dem „Zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses “Ärztliche Behandlung“ des GBA über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie“, der auf insgesamt 882 Seiten die medizinische Grundlage des Beschlusses vom 18. Januar 2005 darstellt. Dieser Bericht legt auch die Auswertung aller seinerzeit über die Hyperthermiebehandlung bei Hirntumoren vorhandener Studien offen (vgl. S. 154 bis 171 des Berichts) und qualifiziert diese als nicht hinreichende Belegbasis einer Methodenwirksamkeit.
49 
Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die Prüfung, auf der der Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 beruht, fehlerhaft war oder zwischenzeitlich an Validität eingebüßt hätte. Seit dem Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 bis zum Ende der Behandlung im Januar 2009 ist nicht erkennbar, dass sich neue Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Hyperthermie ergeben hätten. Aus Sicht des Senats sind auch insoweit - jedenfalls dort, wo der GBA eine Methode bereits ausdrücklich negativ bewertet hat - die durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin unter Sichtung und qualitativer Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen zugrundezulegen (vgl. zu diesen Maßstäben BSG, Urteile vom 01. März 2011 u.a. - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.; ebenso BSG, Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R - SozR 4-2500 § 139 Nr. 4). Die höchste Hinweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. entsprechend zur Arzneimitteltherapie BSG, Urteile vom 01. März 2011, u.a - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.). Soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl. auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr. 64).
50 
Vorliegend existieren jedoch bis heute - und folglich erst Recht bis Dezember 2008 - keinerlei Veröffentlichungen hinreichend valider Daten, die eine Wirksamkeit der Hyperthermie im Falle eines Astrozytoms hinreichend belegen. Dies gilt unabhängig davon, in welcher Form und mithilfe welchen Gerätes die Hyperthermiebehandlung erfolgt. Der Senat stützt sich insoweit auf das von der Beklagten vorgelegte Gutachten des Dr. Bä. vom 28. April 2011. Diesem lässt sich überzeugend entnehmen, dass es - auf der Grundlage einer durch Dr. Bä. am 20. April 2011 selbst durchgeführten Literaturrecherche - seit 2005 überhaupt keine einzige Veröffentlichung einer randomisiert kontrollierten Studie zur Hyperthermie als Behandlungsmethode eines Astrozytoms (unabhängig von verwandtem Gerät oder Therapieform) gibt. Dem hat auch der Kläger nichts zu entgegnen vermocht, wenn er - um dies zu widerlegen - auf eine Studie von Sa., Groenemeyer u.a. verwiesen hat. Dr. Bä. hat sich mit dem Inhalt dieser durch den Kläger ins Feld geführten Veröffentlichung auseinander gesetzt, jedoch für den Senat überzeugend eingewandt, dass die Autoren nicht einmal alle Daten veröffentlicht haben, insbesondere aber keine Randomisierung vorgenommen wurde. Überdies behandelt die Studie die Durchführung einer Hyperthermie bei Erkrankung an einem Glioblastom, nicht dagegen Astrozytom, so dass für den Senat die Einschätzung des Dr. Bä. überzeugend war, dass diese Studie lediglich der Evidenzklasse IV zuzuordnen ist und daher aus ihr für die Erkrankung an Astrozytomen keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des GBA ableitbar sind. Dieses Ergebnis wird im Übrigen gestützt durch den Endbericht „Hyperthermie“ des Ludwig Boltzmann-Instituts aus März 2010. Der Kläger zitiert diesen Bericht völlig zutreffend hinsichtlich des Fazits, dass „für Hals-Kopf-Tumore aus der Recherche keine prospektiven Vergleichsstudien hervorgingen“. Diese Feststellung spricht jedoch nicht für, sondern gerade gegen seine Argumentation. Das Ludwig Boltzmann-Institut zieht hieraus das Fazit: „keine Evidenz“ der Wirksamkeit der Hyperthermie in den Fällen derartiger Tumore. Auch aus diesem Bericht kann daher nur abgeleitet werden, dass von vornherein keinerlei Hinweise für eine Wirksamkeit der Hyperthermie im Falle von Kopftumoren bestehen. Die vom Kläger vorgelegten weiteren Veröffentlichungen gelangen alle (nur) zu dem Fazit, dass weitere Studien erforderlich seien, um eine Wirksamkeit der Hyperthermie wissenschaftlich hinreichend zu belegen. Auch aus ihnen lassen sich daher Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Beschlusses des GBA nicht ableiten. Insgesamt ist daher zum Zeitpunkt der Durchführung der Behandlung im Dezember 2008 bis Januar 2009 auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss dieser Behandlungsmethode gegen ein Astrozytom aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse Indizien für eine medizinische Notwendigkeit, für einen diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie für eine Wirtschaftlichkeit nicht erkennbar waren. Im Übrigen hat der GBA in seiner vom Senat eingeholten Auskunft vom 21. Januar 2011 sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bislang nicht einmal ein neuer Antrag auf Neubewertung der ambulant durchgeführten Hyperthermie gestellt wurde.
51 
Der Kläger vermag sein Begehren auch nicht auf den Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 (1 BvR 2496/07 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 17) zu stützen. Die Fallkonstellation, die dem Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 zugrunde lag, betraf eine Hyperthermiebehandlung zur Schmerzbekämpfung. Das BVerfG hatte es insofern als noch nicht geklärt angesehen, ob der durch den GBA bewirkte Leistungsausschluss auch eine Hyperthermiebehandlung erfasst, die nicht anstelle einer konventionellen Krebstherapie, sondern simultan hierzu zur Schmerzbehandlung erbracht wird. Im vorliegenden Fall wurde jedoch die Hyperthermie in Kombination mit der Chemotherapie erbracht; diese Konstellation wird vom Leistungsausschluss des GBA vom 18. Januar 2005 ausdrücklich erfasst. Zwar hat das BVerfG in dieser Entscheidung darüber hinaus nicht ausdrücklich ausgeschlossen, dass die in seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) für eine noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in einem Fall anzuwenden sein können, in welchem eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom GBA ausgeschlossen wurde. Jedoch hat es eine solche Betrachtungsweise umgekehrt auch nicht für ausdrücklich erforderlich erachtet. Seine Ausführungen lauten insoweit:
52 
„Soweit das Landessozialgericht zu dem Ergebnis kommt, dass auch die individuell im Fall der Beschwerdeführerin durchgeführte Hyperthermie-Therapie zur Schmerzbehandlung in rechtsfehlerfreier Form vom Gemeinsamen Bundesausschuss vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich ausgeschlossen wurde, wird es in rechtlicher Hinsicht in eigenständiger Würdigung zu entscheiden haben, ob die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) für eine im dortigen verfahrengegenständlichen Zeitraum noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in den Fällen gelten, in welchen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen wurde (ablehnend BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R -, NJW 2007, 1385 <1388> Rn. 24).“
53 
Diesen Ausführungen ist nur zu entnehmen, dass das dort erkennende Landessozialgericht sich mit einer Übertragbarkeit der Maßstäbe aus dem Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 auf eine bereits ausdrücklich ausgeschlossene Behandlungsmethode anhand der Besonderheiten des konkreten Falles auseinanderzusetzen hat; nicht jedoch, dass diese Auseinandersetzung zu einem von der Rechtsprechung des BSG abweichenden Ergebnis führen muss. Vorliegend kann der Kläger daher aus dieser Rechtsprechung des BVerfG für sich keine weitergehenden Rechte ableiten. Wie zuvor umfänglich ausgeführt, hat der GBA gerade in der Fallkonstellation der Versicherten die Wirksamkeit der Methode der Hyperthermie in nicht zu beanstandender Weise verneint, ohne dass sich im Folgenden Hinweise darauf ergebenden hätten, dass an diesem Ergebnis nicht festzuhalten ist.
54 
Schließlich ergibt sich eine andere Beurteilung nicht aus dem Beschluss des GBA über die Änderung der Methoden-Richtlinie unter Berücksichtigung des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 in der Methodenbewertung vom 20. Januar 2011 (BAnz. Nr. 56 vom 08. April 2011 S. 1342). Insoweit wird nur klargestellt, dass der Anspruch der Versicherten gemäß dem Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 durch Ausschlussentscheidungen des GBA zu ärztlichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht verkürzt wird (Nr. 2 a) der tragenden Gründe zum Beschluss).
55 
Die Versicherte hatte deshalb auch unter Berücksichtigung des durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Rechts auf körperliche Unversehrtheit keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung der lokalen Hyperthermie durch Dr. W. als Sachleistung und damit auch keinen Anspruch auf Erstattung der angefallenen Kosten nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V.
III.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. § 197a SGG war hier nicht anwendbar, denn der Kläger war als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nach § 183 Satz 1 SGG ein kostenrechtlich privilegierter Beteiligter (vgl. dazu BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 1/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 5).
IV.
57 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
29 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligten gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig. Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 19. Oktober 2010 auf die zulässige Klage der Versicherten (dazu I.) zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung der durch die erfolgten Hyperthermiebehandlungen entstandenen Kosten von EUR 1.349,80 verurteilt. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 ist rechtmäßig und verletzt auch den Kläger als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nicht in seinen Rechten. Da schon der Versicherten weder ein Sachleistungsanspruch auf Zurverfügungstellung der ambulanten Hyperthermiebehandlungen bei Dr. W. noch ein an seine Stelle getretener Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V zugestanden hatte, kann auch der Kläger als vorrangiger Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht die Erstattung der Kosten für die Hyperthermiebehandlungen in Höhe von EUR 1.349,80 verlangen (dazu insgesamt II.). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Kläger als Sonderrechtsnachfolger befugt ist, einen Kostenerstattungsanspruch geltend zu machen (vgl. BSG, Beschluss vom 08. November 2011 - B 1 KR 6/11 R -, juris; anderer Ansicht: BSG, Urteil vom 25. August 2009 - B 3 KR 25/08 R - SozR 4-2500 § 37 Nr. 10).
I.
30 
Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere - noch durch die Versicherte - fristgerecht gem. § 87 Abs. 2 SGG vor dem SG erhoben worden. Da sich in der Verwaltungsakte keine anderweitigen Hinweise finden, ist davon auszugehen, dass der Widerspruchsbescheid - frühestens - am 19. Februar 2009 im Sinne des § 85 Abs. 3 Satz 1 SGG formlos bekannt gegeben wurde. Dann gilt der Bescheid am dritten Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 37 Abs. 1 und 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Vorliegend war das - frühestens - der 22. Februar 2009. Die am 23. März 2009 (einem Montag) erhobene Klage ist damit gem. § 64 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG i.V.m. § 64 Abs. 3 SGG innerhalb des Monatsfrist des § 87 Abs. 2 SGG erhoben worden.
II.
31 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten in Höhe von EUR 1.349,80.
32 
Zwar sind der Versicherten Kosten in dieser Höhe aufgrund der Durchführung von insgesamt zehn Hyperthermiebehandlungen bei Dr. W. entstanden. Ausweislich des von Dr. W. vorgelegten, mit „Aufklärungsbogen über die Lokoregionale Elektro-Tiefenhyperthermie“ überschriebenen Formulars, welches die Versicherte und Dr. W. am 18. Dezember 2009 und folglich vor Durchführung der Hyperthermiebehandlungen unterschrieben haben, war die Versicherte auf die Pflicht zur Selbsttragung der Kosten aufgeklärt worden und hierzu von ihr die schriftliche Zustimmung eingeholt worden. Aus Sicht des Senats ist die Aufklärung, da sie über den experimentellen Status der Hyperthermie und die sich daraus ergebende Kostenpflicht einschließlich der Höhe der Kosten hinreichend deutlich informiert, auch in ausreichendem Umfang mit der Folge einer vertraglichen Verpflichtung der Versicherten zur Zahlung der Behandlungen als Privatpatientin erfolgt. Dr. W. hat die dann durchgeführten Hyperthermiebehandlungen zudem alle nach der GOÄ und folglich privatärztlich in Rechnung gestellt. Dr. W. ist damit auch der ihm als zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Arzt nach § 21 Abs. 8 Nr. 3 Arzt-/Ersatzkassen-vertrag (EKV), der auf der Rechtsgrundlage des § 82 Abs. 1 SGB V beruht und für die zugelassenen Vertragsärzte nach § 95 Abs. 3 Satz 3 SGB V verbindlich ist, obliegenden Verpflichtung nachgekommen. Danach darf der Vertragsarzt von einem Versicherten eine Vergütung nur fordern, wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde.
33 
Diese Kosten sind dem Kläger jedoch nicht zu erstatten. Da die Versicherte nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hatte, kommt als Anspruchsgrundlage für die Kosten der ambulant durchgeführten Hyperthermiebehandlung in Höhe von EUR 1.349,80 nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Diese Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
34 
Der Senat lässt dahingestellt, ob die Erstattung der ersten vier Hyperthermiebehandlungen am 18., 22., 24. und 29. Dezember 2008 (je nach Zugang des ablehnenden Bescheids vom 30. Dezember 2008 zudem hinsichtlich der fünften Sitzung am 02. Januar 2009) bereits deshalb ausscheidet, weil der Versicherten Kosten nicht dadurch entstanden sind, dass die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Da diese vier (möglicherweise fünf) Behandlungen schon vor Erlass des ablehnenden Bescheids vom 30. Dezember 2008 erfolgt sind, käme insoweit ein Kostenerstattungsanspruch nur nach Maßgabe von § 13 Abs. 3 Satz 1 Erste Alternative SGB V in Betracht. Ob die Voraussetzungen dieser Regelung gegeben sind, insbesondere ob die begehrte Leistung der Hyperthermie unaufschiebbar im Sinne dieser Tatbestandsalternative war, brauchte der Senat indes nicht zu entscheiden. Denn in jedem Falle fehlt es hinsichtlich aller zehn durchgeführten Hyperthermiebehandlungen an der für beide Tatbestandsalternativen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Erste und Zweite Alternative SGB V) erforderlichen Voraussetzung, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den durch die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu gewährenden Leistungen gehört.
35 
1. Nach ständiger Rechtsprechung reicht der Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 3 Satz 1 SGB V nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24. September 1996 - 1 RK 33/95 - SozR 3 2500 § 13 Nr. 11; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12; Urteil vom 26. September 2009 - B 1 KR 3/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 10 m.w.N.).
36 
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die ärztliche Behandlung sowie die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 3 SGB V) durch zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigte Behandler (§ 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung, für den ambulanten Bereich insoweit das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4 2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12). Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (st. Rspr., BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8), wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des GBA sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Ohne befürwortende Entscheidung des GBA kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch LSG, Urteil vom 30. August 2006 - L 5 KR 281/06 - und ausführlich m.w.N. Urteil vom 31. Oktober 2007 - L 5 KR 2563/07 -, beide veröffentlicht in juris).
37 
Die Behandlung der Versicherten bei Dr. W. bestand in der Anwendung einer lokalen Hyperthermie. Diese Behandlung erfolgte ambulant. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, diese Therapie als ambulante Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Es fehlt an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des GBA, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Vielmehr hat der GBA nach Anlage II Nr. 42 der Methoden-Richtlinie, die Hyperthermiebehandlung (u.a. Ganzkörperhyperthermie, regionale Tiefenhyperthermie, Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie) gerade umgekehrt ausdrücklich als nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethode angesehen (Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005, BAnz 2005, S. 7485).
38 
Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend auch einschlägig. Die Hyperthermie neben gleichzeitiger Anwendung einer Chemotherapie ist eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt bzw. zu Grunde liegen soll, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Sie war zum Zeitpunkt der Durchführung von Dezember 2008 bis Januar 2009 nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung, weil sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) enthalten war (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8).
39 
2. Ein Ausnahmefall des "Systemversagens" liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8) kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden. Dieser Fallgestaltung steht schon entgegen, dass sich der GBA mit der streitigen Behandlungsmethode der Hyperthermie befasst hat.
40 
3. Der Kläger kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung berufen. In seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - SozR 4-2500 § 27 Nr 5) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne‘sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat hat sich dem in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. z.B. Urteil vom 02. September 2011 - L 4 KR 1931/10 - in juris). Danach (z.B. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige GBA diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das GG, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
41 
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor;
42 
2. bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung und
43 
3. bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
44 
Hinsichtlich der dritten Voraussetzung hat das BSG im Urteil vom 07. November 2006 (B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) ergänzend Folgendes ausgeführt: Art. 2 GG verlangt eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf eine bestimmte Versorgung der Versicherten entgegenstehen. Dagegen bleibt die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung unberührt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten sollen einerseits verhindern, dass die den Versicherten durch Gesetz eingeräumten Leistungsansprüche in einer dem Zweck des Art. 2 GG zuwiderlaufenden Weise eingeschränkt werden; so lag der Fall nach Ansicht des BVerfG im Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.). Andererseits setzen die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten dem Leistungsbegehren der Versicherten selbst im Falle regelmäßig tödlich verlaufender Krankheiten Grenzen. Sie sollen die Versicherten in solchen Fällen auch davor bewahren, auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung mit zweifelhaften Therapien behandelt zu werden, wenn auf diese Weise eine nahe liegende, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht wahrgenommen wird. Gesetzes- und Verfassungsrecht fordern und akzeptieren, dass Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung allein nach Maßgabe der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zu beanspruchen und zu erbringen sind (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3; § 15 Abs. 1; § 70 Abs. 1; § 72 Abs. 2; §§ 135 ff SGB V; BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - Rn. 35). Die Erkenntnisse müssen folglich wissenschaftlicher Art, also objektivierbar sein. Dementsprechend hat das BVerfG das im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Arztvorbehalt verfolgte gesetzgeberische Ziel als einen wichtigen Gemeinschaftsbelang anerkannt. Der Arztvorbehalt soll dafür sorgen, dass eine auf öffentliche Kosten durchgeführte Behandlung durch die Art der angewandten Methoden und die Qualifikation der behandelnden Personen objektiv Erfolg verspricht (BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 111/77 - SozR 2200 § 368 Nr. 11). In der Konsequenz dieser Rechtsprechung liegt es auch, dass das BVerfG es als verfassungskonform angesehen hat, wenn der Gesetzgeber zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorsieht, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methode zu Lasten der Krankenkassen auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen (BVerfG, Beschluss vom 06. Dezember 2005, a.a.O.). Besteht ein solches, vom Gesetzgeber vorgesehenes Verfahren mit dem Ziel, den Versicherten und die Versichertengemeinschaft vor riskanten und/oder ineffektiven medizinischen Maßnahmen zu schützen, entspricht es den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten auch, den Ergebnissen dieses Verfahrens bei der Konkretisierung von Leistungsansprüchen Rechnung zu tragen. Ein solches Verfahren sieht das SGB V in § 135 zum Schutze der Versicherten und der Versichertengemeinschaft vor, in dem generalisierend zu den vorgenannten Kriterien Stellung zu nehmen ist. Für den Zeitraum, bis zu dem in einem solchen Verfahren noch Ergebnisse fehlen, ist für zumindest hilfsweise eingreifende Sicherungen zu sorgen und für die Zeitdauer bis zu einer Entscheidung des GBA aus verfassungsrechtlichen Gründen unter den Voraussetzungen des Beschlusses vom 06. Dezember 2005 ausnahmsweise ein Anspruch auf Anwendung einer neuen, noch nicht zugelassenen Behandlungsmethode denkbar; allerdings muss an die Stelle der noch nicht abgeschlossenen Prüfung durch den Bundesausschuss die generalisierende Prüfung von Risiken und Nutzen anlässlich des - wie hier - konkret zur Entscheidung stehenden Einzelfalles treten. Andererseits ist für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr, wenn der GBA - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu einer negativen Bewertung gelangt ist. Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind.
45 
Ausgehend hiervon sind die Voraussetzungen dafür, dass die Beklagte ausnahmsweise die ambulante Behandlung mit der lokalen Hyperthermie als Sachleistung zur Verfügung zu stellen hatte, nicht gegeben.
46 
Zwar litt die Versicherte an einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Auch dürfte davon auszugehen sein, dass es - zum Zeitpunkt des Beginns der Hyperthermiebehandlung am 18. Dezember 2008 - an der Durchführung weiterer Therapieoptionen fehlte. Nach Einschätzung des Gutachters Dr. M. (MDK) in seinem Gutachten vom 20. Dezember 2008 bestand damals keine kurative Therapieaussicht. Die Bestrahlungsoptionen und die Primärchemotherapie mit Temodal waren ausgeschöpft. Es verblieben nur noch Sekundärchemotherapieprotokolle, deren Wirkung im Sinne einer Krankheitsbeeinflussung Dr. M. jedoch als zweifelhaft ansah. Da nach Auskunft des Dr. W. demgegenüber der Tiefenhyperthermie eine entsprechende Wirkung zukommen sollte, sprechen (anders als von der Beklagten unter Verweis auf die Stellungnahme des Dr. Bä. nunmehr erstmals im Berufungsverfahren vertreten) wesentliche Argumente dafür, dass seinerzeit die herkömmlichen Behandlungsmethoden ausgeschöpft waren. Dass die Versicherte - offenbar unter Inkaufnahme eines hohen gesundheitlichen Risikos - später doch noch operiert wurde, belegt diese Einschätzung letztlich gerade, nachdem eine Operation zuvor als zu risikobehaftet abgelehnt worden war.
47 
Es fehlt jedoch nach Auffassung des Senats hinsichtlich der Behandlung mittels Hyperthermie an einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fern liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Wird - wie im vorliegenden Fall - die Erstattung von Kosten für eine durchgeführte Behandlung begehrt, ist abzustellen auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 5/09 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 15), hier mithin den Zeitraum von Dezember 2008 bis Januar 2009. Was die ambulante Hyperthermie im Besonderen angeht, ist diese - wie dargelegt - durch Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 mit Wirkung vom 15. Mai 2005 als nicht anerkannte Behandlungsmethode aus der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich ausgeschlossen worden. Für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung ist - wie ebenfalls dargelegt - nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) aber regelmäßig kein Raum mehr, wenn der GBA nach nicht zu beanstandender Prüfung zu einer negativen Bewertung gelangt ist. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat ausdrücklich an. Er hält sie für richtig und zutreffend, weil die Beurteilung einer Behandlungsmethode durch den GBA als nicht anerkannt nach seiner gesetzlichen Konzeption auf der Grundlage einer umfassenden Analyse des hierzu vorhandenen Wissenschaftsstandes erfolgt und daher die Frage nach hinreichenden Anhaltspunkten für die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode vorgreiflich geprüft und verneint worden ist.
48 
Dass diese Rechtsprechung im konkreten Fall nicht einschlägig sein soll mit der Begründung, der Beschluss des GBA schließe die Wirksamkeit der Methode der Hyperthermie letztlich nicht endgültig aus, sondern sehe sie bislang (nur) als nicht hinreichend erwiesen an (so die Argumentation des SG), vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Abgesehen davon, dass der Senat dieses Argument schon grundsätzlich für nicht stichhaltig erachtet, weil ein Beschluss des GBA über die Aufnahme einer Behandlungsmethode in Anlage II der Methoden-Richtlinie letztlich immer Folge fehlender Erwiesenheit der Validität einer Methode zu einem bestimmten Auswertungszeitpunkt darstellt, vermag der Senat dieser Argumentation im Besonderen für den vorliegenden Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 nicht zu folgen. In den tragenden Gründen des Beschlusses hat der GBA ausgeführt, dass „für alle überprüften (…) Anwendungsindikationen die Überprüfung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V erbracht hat, dass der Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der hier beratenen Hyperthermieverfahren - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht valide belegt sind, so dass eine Anerkennung und Einführung für die vertragsärztliche Versorgung nicht empfohlen werden kann“. Diese Begründung kann nur so verstanden werden, dass die wissenschaftliche Auswertung bisher vorhandener Studienergebnisse deutlich gegen die Anwendung von Hyperthermie spricht, nicht jedoch, dass der Beschluss nur eine - daher in Zweifelsfällen nicht verbindliche - Feststellung einer wissenschaftlich offenen Situation beinhaltet. Anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus dem „Zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses “Ärztliche Behandlung“ des GBA über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie“, der auf insgesamt 882 Seiten die medizinische Grundlage des Beschlusses vom 18. Januar 2005 darstellt. Dieser Bericht legt auch die Auswertung aller seinerzeit über die Hyperthermiebehandlung bei Hirntumoren vorhandener Studien offen (vgl. S. 154 bis 171 des Berichts) und qualifiziert diese als nicht hinreichende Belegbasis einer Methodenwirksamkeit.
49 
Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die Prüfung, auf der der Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 beruht, fehlerhaft war oder zwischenzeitlich an Validität eingebüßt hätte. Seit dem Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 bis zum Ende der Behandlung im Januar 2009 ist nicht erkennbar, dass sich neue Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Hyperthermie ergeben hätten. Aus Sicht des Senats sind auch insoweit - jedenfalls dort, wo der GBA eine Methode bereits ausdrücklich negativ bewertet hat - die durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin unter Sichtung und qualitativer Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen zugrundezulegen (vgl. zu diesen Maßstäben BSG, Urteile vom 01. März 2011 u.a. - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.; ebenso BSG, Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R - SozR 4-2500 § 139 Nr. 4). Die höchste Hinweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. entsprechend zur Arzneimitteltherapie BSG, Urteile vom 01. März 2011, u.a - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.). Soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl. auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr. 64).
50 
Vorliegend existieren jedoch bis heute - und folglich erst Recht bis Dezember 2008 - keinerlei Veröffentlichungen hinreichend valider Daten, die eine Wirksamkeit der Hyperthermie im Falle eines Astrozytoms hinreichend belegen. Dies gilt unabhängig davon, in welcher Form und mithilfe welchen Gerätes die Hyperthermiebehandlung erfolgt. Der Senat stützt sich insoweit auf das von der Beklagten vorgelegte Gutachten des Dr. Bä. vom 28. April 2011. Diesem lässt sich überzeugend entnehmen, dass es - auf der Grundlage einer durch Dr. Bä. am 20. April 2011 selbst durchgeführten Literaturrecherche - seit 2005 überhaupt keine einzige Veröffentlichung einer randomisiert kontrollierten Studie zur Hyperthermie als Behandlungsmethode eines Astrozytoms (unabhängig von verwandtem Gerät oder Therapieform) gibt. Dem hat auch der Kläger nichts zu entgegnen vermocht, wenn er - um dies zu widerlegen - auf eine Studie von Sa., Groenemeyer u.a. verwiesen hat. Dr. Bä. hat sich mit dem Inhalt dieser durch den Kläger ins Feld geführten Veröffentlichung auseinander gesetzt, jedoch für den Senat überzeugend eingewandt, dass die Autoren nicht einmal alle Daten veröffentlicht haben, insbesondere aber keine Randomisierung vorgenommen wurde. Überdies behandelt die Studie die Durchführung einer Hyperthermie bei Erkrankung an einem Glioblastom, nicht dagegen Astrozytom, so dass für den Senat die Einschätzung des Dr. Bä. überzeugend war, dass diese Studie lediglich der Evidenzklasse IV zuzuordnen ist und daher aus ihr für die Erkrankung an Astrozytomen keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des GBA ableitbar sind. Dieses Ergebnis wird im Übrigen gestützt durch den Endbericht „Hyperthermie“ des Ludwig Boltzmann-Instituts aus März 2010. Der Kläger zitiert diesen Bericht völlig zutreffend hinsichtlich des Fazits, dass „für Hals-Kopf-Tumore aus der Recherche keine prospektiven Vergleichsstudien hervorgingen“. Diese Feststellung spricht jedoch nicht für, sondern gerade gegen seine Argumentation. Das Ludwig Boltzmann-Institut zieht hieraus das Fazit: „keine Evidenz“ der Wirksamkeit der Hyperthermie in den Fällen derartiger Tumore. Auch aus diesem Bericht kann daher nur abgeleitet werden, dass von vornherein keinerlei Hinweise für eine Wirksamkeit der Hyperthermie im Falle von Kopftumoren bestehen. Die vom Kläger vorgelegten weiteren Veröffentlichungen gelangen alle (nur) zu dem Fazit, dass weitere Studien erforderlich seien, um eine Wirksamkeit der Hyperthermie wissenschaftlich hinreichend zu belegen. Auch aus ihnen lassen sich daher Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Beschlusses des GBA nicht ableiten. Insgesamt ist daher zum Zeitpunkt der Durchführung der Behandlung im Dezember 2008 bis Januar 2009 auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss dieser Behandlungsmethode gegen ein Astrozytom aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse Indizien für eine medizinische Notwendigkeit, für einen diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie für eine Wirtschaftlichkeit nicht erkennbar waren. Im Übrigen hat der GBA in seiner vom Senat eingeholten Auskunft vom 21. Januar 2011 sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bislang nicht einmal ein neuer Antrag auf Neubewertung der ambulant durchgeführten Hyperthermie gestellt wurde.
51 
Der Kläger vermag sein Begehren auch nicht auf den Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 (1 BvR 2496/07 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 17) zu stützen. Die Fallkonstellation, die dem Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 zugrunde lag, betraf eine Hyperthermiebehandlung zur Schmerzbekämpfung. Das BVerfG hatte es insofern als noch nicht geklärt angesehen, ob der durch den GBA bewirkte Leistungsausschluss auch eine Hyperthermiebehandlung erfasst, die nicht anstelle einer konventionellen Krebstherapie, sondern simultan hierzu zur Schmerzbehandlung erbracht wird. Im vorliegenden Fall wurde jedoch die Hyperthermie in Kombination mit der Chemotherapie erbracht; diese Konstellation wird vom Leistungsausschluss des GBA vom 18. Januar 2005 ausdrücklich erfasst. Zwar hat das BVerfG in dieser Entscheidung darüber hinaus nicht ausdrücklich ausgeschlossen, dass die in seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) für eine noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in einem Fall anzuwenden sein können, in welchem eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom GBA ausgeschlossen wurde. Jedoch hat es eine solche Betrachtungsweise umgekehrt auch nicht für ausdrücklich erforderlich erachtet. Seine Ausführungen lauten insoweit:
52 
„Soweit das Landessozialgericht zu dem Ergebnis kommt, dass auch die individuell im Fall der Beschwerdeführerin durchgeführte Hyperthermie-Therapie zur Schmerzbehandlung in rechtsfehlerfreier Form vom Gemeinsamen Bundesausschuss vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich ausgeschlossen wurde, wird es in rechtlicher Hinsicht in eigenständiger Würdigung zu entscheiden haben, ob die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) für eine im dortigen verfahrengegenständlichen Zeitraum noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in den Fällen gelten, in welchen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen wurde (ablehnend BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R -, NJW 2007, 1385 <1388> Rn. 24).“
53 
Diesen Ausführungen ist nur zu entnehmen, dass das dort erkennende Landessozialgericht sich mit einer Übertragbarkeit der Maßstäbe aus dem Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 auf eine bereits ausdrücklich ausgeschlossene Behandlungsmethode anhand der Besonderheiten des konkreten Falles auseinanderzusetzen hat; nicht jedoch, dass diese Auseinandersetzung zu einem von der Rechtsprechung des BSG abweichenden Ergebnis führen muss. Vorliegend kann der Kläger daher aus dieser Rechtsprechung des BVerfG für sich keine weitergehenden Rechte ableiten. Wie zuvor umfänglich ausgeführt, hat der GBA gerade in der Fallkonstellation der Versicherten die Wirksamkeit der Methode der Hyperthermie in nicht zu beanstandender Weise verneint, ohne dass sich im Folgenden Hinweise darauf ergebenden hätten, dass an diesem Ergebnis nicht festzuhalten ist.
54 
Schließlich ergibt sich eine andere Beurteilung nicht aus dem Beschluss des GBA über die Änderung der Methoden-Richtlinie unter Berücksichtigung des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 in der Methodenbewertung vom 20. Januar 2011 (BAnz. Nr. 56 vom 08. April 2011 S. 1342). Insoweit wird nur klargestellt, dass der Anspruch der Versicherten gemäß dem Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 durch Ausschlussentscheidungen des GBA zu ärztlichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht verkürzt wird (Nr. 2 a) der tragenden Gründe zum Beschluss).
55 
Die Versicherte hatte deshalb auch unter Berücksichtigung des durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Rechts auf körperliche Unversehrtheit keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung der lokalen Hyperthermie durch Dr. W. als Sachleistung und damit auch keinen Anspruch auf Erstattung der angefallenen Kosten nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V.
III.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. § 197a SGG war hier nicht anwendbar, denn der Kläger war als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nach § 183 Satz 1 SGG ein kostenrechtlich privilegierter Beteiligter (vgl. dazu BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 1/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 5).
IV.
57 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 13 Kostenerstattung


(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 2 Leistungen


(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 92 Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses


(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erforder

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 27 Krankenbehandlung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt 1. Ärztliche Behandlung einsc

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 12 Wirtschaftlichkeitsgebot


(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungs

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 275 Begutachtung und Beratung


(1) Die Krankenkassen sind in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet,1.bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfu

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 95 Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung


(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in de

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 135 Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden


(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 69 Anwendungsbereich


(1) Dieses Kapitel sowie die §§ 63 und 64 regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der B

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 37 Bekanntgabe des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden. (2) Ein schriftlicher Verwaltun

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 87


(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 64


(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tag nach der Eröffnung oder Verkündung. (2) Eine nach Tagen bestimmte Frist endet mit dem Ablauf

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 56 Sonderrechtsnachfolge


(1) Fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen stehen beim Tod des Berechtigten nacheinander 1. dem Ehegatten,1a. dem Lebenspartner,2. den Kindern,3. den Eltern,4. dem Haushaltsführerzu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in ein

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 76 Freie Arztwahl


(1) Die Versicherten können unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder nach § 116b an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Einrichtungen, de

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 82 Grundsätze


(1) Den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge vereinbaren die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen in Bundesmantelverträgen. Der Inhalt der Bundesmantelverträge ist Bestandteil der Gesamtverträge. (2)

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 85


(1) Wird der Widerspruch für begründet erachtet, so ist ihm abzuhelfen. (2) Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, so erläßt den Widerspruchsbescheid 1. die nächsthöhere Behörde oder, wenn diese eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörd

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(1) Die Krankenkassen sind in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet,

1.
bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung,
2.
zur Einleitung von Leistungen zur Teilhabe, insbesondere zur Koordinierung der Leistungen nach den §§ 14 bis 24 des Neunten Buches, im Benehmen mit dem behandelnden Arzt,
3.
bei Arbeitsunfähigkeit
a)
zur Sicherung des Behandlungserfolgs, insbesondere zur Einleitung von Maßnahmen der Leistungsträger für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, oder
b)
zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit
eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen. Die Regelungen des § 87 Absatz 1c zu dem im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenen Gutachterverfahren bleiben unberührt.

(1a) Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 Buchstabe b sind insbesondere in Fällen anzunehmen, in denen

a)
Versicherte auffällig häufig oder auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind oder der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende einer Woche fällt oder
b)
die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt worden ist, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden ist.
Die Prüfung hat unverzüglich nach Vorlage der ärztlichen Feststellung über die Arbeitsunfähigkeit zu erfolgen. Der Arbeitgeber kann verlangen, daß die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt. Die Krankenkasse kann von einer Beauftragung des Medizinischen Dienstes absehen, wenn sich die medizinischen Voraussetzungen der Arbeitsunfähigkeit eindeutig aus den der Krankenkasse vorliegenden ärztlichen Unterlagen ergeben.

(1b) Die Krankenkassen dürfen für den Zweck der Feststellung, ob bei Arbeitsunfähigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen ist, im jeweils erforderlichen Umfang grundsätzlich nur die bereits nach § 284 Absatz 1 rechtmäßig erhobenen und gespeicherten versichertenbezogenen Daten verarbeiten. Sollte die Verarbeitung bereits bei den Krankenkassen vorhandener Daten für den Zweck nach Satz 1 nicht ausreichen, dürfen die Krankenkassen abweichend von Satz 1 zu dem dort bezeichneten Zweck bei den Versicherten nur folgende versichertenbezogene Angaben im jeweils erforderlichen Umfang erheben und verarbeiten:

1.
Angaben dazu, ob eine Wiederaufnahme der Arbeit absehbar ist und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt eine Wiederaufnahme der Arbeit voraussichtlich erfolgt, und
2.
Angaben zu konkret bevorstehenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, die einer Wiederaufnahme der Arbeit entgegenstehen.
Die Krankenkassen dürfen die Angaben nach Satz 2 bei den Versicherten grundsätzlich nur schriftlich oder elektronisch erheben. Abweichend von Satz 3 ist eine telefonische Erhebung zulässig, wenn die Versicherten in die telefonische Erhebung zuvor schriftlich oder elektronisch eingewilligt haben. Die Krankenkassen haben jede telefonische Erhebung beim Versicherten zu protokollieren; die Versicherten sind hierauf sowie insbesondere auf das Auskunftsrecht nach Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 hinzuweisen. Versichertenanfragen der Krankenkassen im Rahmen der Durchführung der individuellen Beratung und Hilfestellung nach § 44 Absatz 4 bleiben unberührt. Abweichend von Satz 1 dürfen die Krankenkassen zu dem in Satz 1 bezeichneten Zweck im Rahmen einer Anfrage bei dem die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellenden Leistungserbringer weitere Angaben erheben und verarbeiten. Den Umfang der Datenerhebung nach Satz 7 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 unter der Voraussetzung, dass diese Angaben erforderlich sind
1.
zur Konkretisierung der auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aufgeführten Diagnosen,
2.
zur Kenntnis von weiteren diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, die in Bezug auf die die Arbeitsunfähigkeit auslösenden Diagnosen vorgesehenen sind,
3.
zur Ermittlung von Art und Umfang der zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübten Beschäftigung oder
4.
bei Leistungsempfängern nach dem Dritten Buch zur Feststellung des zeitlichen Umfangs, für den diese Versicherten zur Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen.
Die nach diesem Absatz erhobenen und verarbeiteten versichertenbezogenen Daten dürfen von den Krankenkassen nicht mit anderen Daten zu einem anderen Zweck zusammengeführt werden und sind zu löschen, sobald sie nicht mehr für die Entscheidung, ob bei Arbeitsunfähigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen ist, benötigt werden.

(1c) (weggefallen)

(2) Die Krankenkassen haben durch den Medizinischen Dienst prüfen zu lassen

1.
die Notwendigkeit der Leistungen nach den §§ 23, 24, 40 und 41, mit Ausnahme von Verordnungen nach § 40 Absatz 3 Satz 2, unter Zugrundelegung eines ärztlichen Behandlungsplans in Stichproben vor Bewilligung und regelmäßig bei beantragter Verlängerung; der Spitzenverband Bund der Krankenkassen regelt in Richtlinien den Umfang und die Auswahl der Stichprobe und kann Ausnahmen zulassen, wenn Prüfungen nach Indikation und Personenkreis nicht notwendig erscheinen; dies gilt insbesondere für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Anschluß an eine Krankenhausbehandlung (Anschlußheilbehandlung),
2.
bei Kostenübernahme einer Behandlung im Ausland, ob die Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich ist (§ 18),
3.
ob und für welchen Zeitraum häusliche Krankenpflege länger als vier Wochen erforderlich ist (§ 37 Abs. 1),
4.
ob Versorgung mit Zahnersatz aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist (§ 27 Abs. 2),
5.
den Anspruch auf Leistungen der außerklinischen Intensivpflege nach § 37c Absatz 2 Satz 1.

(3) Die Krankenkassen können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst prüfen lassen

1.
vor Bewilligung eines Hilfsmittels, ob das Hilfsmittel erforderlich ist (§ 33); der Medizinische Dienst hat hierbei den Versicherten zu beraten; er hat mit den Orthopädischen Versorgungsstellen zusammenzuarbeiten,
2.
bei Dialysebehandlung, welche Form der ambulanten Dialysebehandlung unter Berücksichtigung des Einzelfalls notwendig und wirtschaftlich ist,
3.
die Evaluation durchgeführter Hilfsmittelversorgungen,
4.
ob Versicherten bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern ein Schaden entstanden ist (§ 66).
Der Medizinische Dienst hat den Krankenkassen das Ergebnis seiner Prüfung nach Satz 1 Nummer 4 durch eine gutachterliche Stellungnahme mitzuteilen, die auch in den Fällen nachvollziehbar zu begründen ist, in denen gutachterlich kein Behandlungsfehler festgestellt wird, wenn dies zur angemessenen Unterrichtung des Versicherten im Einzelfall erforderlich ist.

(3a) Ergeben sich bei der Auswertung der Unterlagen über die Zuordnung von Patienten zu den Behandlungsbereichen nach § 4 der Psychiatrie-Personalverordnung in vergleichbaren Gruppen Abweichungen, so können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen die Zuordnungen durch den Medizinischen Dienst überprüfen lassen; das zu übermittelnde Ergebnis der Überprüfung darf keine Sozialdaten enthalten.

(3b) Hat in den Fällen des Absatzes 3 die Krankenkasse den Leistungsantrag des Versicherten ohne vorherige Prüfung durch den Medizinischen Dienst wegen fehlender medizinischer Erforderlichkeit abgelehnt, hat sie vor dem Erlass eines Widerspruchsbescheids eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen.

(3c) Lehnt die Krankenkasse einen Leistungsantrag einer oder eines Versicherten ab und liegt dieser Ablehnung eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes nach den Absätzen 1 bis 3 zugrunde, ist die Krankenkasse verpflichtet, in ihrem Bescheid der oder dem Versicherten das Ergebnis der gutachtlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes und die wesentlichen Gründe für dieses Ergebnis in einer verständlichen und nachvollziehbaren Form mitzuteilen sowie auf die Möglichkeit hinzuweisen, sich bei Beschwerden vertraulich an die Ombudsperson nach § 278 Absatz 3 zu wenden.

(4) Die Krankenkassen und ihre Verbände sollen bei der Erfüllung anderer als der in Absatz 1 bis 3 genannten Aufgaben im notwendigen Umfang den Medizinischen Dienst oder andere Gutachterdienste zu Rate ziehen, insbesondere für allgemeine medizinische Fragen der gesundheitlichen Versorgung und Beratung der Versicherten, für Fragen der Qualitätssicherung, für Vertragsverhandlungen mit den Leistungserbringern und für Beratungen der gemeinsamen Ausschüsse von Ärzten und Krankenkassen, insbesondere der Prüfungsausschüsse. Der Medizinische Dienst führt die Aufgaben nach § 116b Absatz 2 durch, wenn der erweiterte Landesausschuss ihn hiermit nach § 116b Absatz 3 Satz 8 ganz oder teilweise beauftragt.

(4a) Soweit die Erfüllung der sonstigen dem Medizinischen Dienst obliegenden Aufgaben nicht beeinträchtigt wird, kann er Beamte nach den §§ 44 bis 49 des Bundesbeamtengesetzes ärztlich untersuchen und ärztliche Gutachten fertigen. Die hierdurch entstehenden Kosten sind von der Behörde, die den Auftrag erteilt hat, zu erstatten. § 280 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Der Medizinische Dienst Bund und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat vereinbaren unter Beteiligung der Medizinischen Dienste, die ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Durchführung von Untersuchungen und zur Fertigung von Gutachten nach Satz 1 erklärt haben, das Nähere über das Verfahren und die Höhe der Kostenerstattung. Die Medizinischen Dienste legen die Vereinbarung ihrer Aufsichtsbehörde vor, die der Vereinbarung innerhalb von drei Monaten nach Vorlage widersprechen kann, wenn die Erfüllung der sonstigen Aufgaben des Medizinischen Dienstes gefährdet wäre.

(4b) Soweit die Erfüllung der dem Medizinischen Dienst gesetzlich obliegenden Aufgaben nicht beeinträchtigt wird, kann der Medizinische Dienst Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Ersuchen insbesondere einer für die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zuständigen Einrichtung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, eines zugelassenen Krankenhauses im Sinne des § 108, eines nach § 95 Absatz 1 Satz 1 an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers sowie eines Trägers einer zugelassenen Pflegeeinrichtung im Sinne des § 72 des Elften Buches befristet eine unterstützende Tätigkeit bei diesen Behörden, Einrichtungen oder Leistungserbringern zuweisen. Die hierdurch dem Medizinischen Dienst entstehenden Personal- und Sachkosten sind von der Behörde, der Einrichtung, dem Einrichtungsträger oder dem Leistungserbringer, die oder der die Unterstützung erbeten hat, zu erstatten. Das Nähere über den Umfang der Unterstützungsleistung sowie zu Verfahren und Höhe der Kostenerstattung vereinbaren der Medizinische Dienst und die um Unterstützung bittende Behörde oder Einrichtung oder der um Unterstützung bittende Einrichtungsträger oder Leistungserbringer. Eine Verwendung von Umlagemitteln nach § 280 Absatz 1 Satz 1 zur Finanzierung der Unterstützung nach Satz 1 ist auszuschließen. Der Medizinische Dienst legt die Zuweisungsverfügung seiner Aufsichtsbehörde vor, die dieser innerhalb einer Woche nach Vorlage widersprechen kann, wenn die Erfüllung der dem Medizinischen Dienst gesetzlich obliegenden Aufgaben beeinträchtigt wäre.

(5) Die Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes sind bei der Wahrnehmung ihrer fachlichen Aufgaben nur ihrem Gewissen unterworfen. Sie sind nicht berechtigt, in die Behandlung und pflegerische Versorgung der Versicherten einzugreifen.

(6) Jede fallabschließende gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes ist in schriftlicher oder elektronischer Form zu verfassen und muss zumindest eine kurze Darlegung der Fragestellung und des Sachverhalts, das Ergebnis der Begutachtung und die wesentlichen Gründe für dieses Ergebnis umfassen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen stehen beim Tod des Berechtigten nacheinander

1.
dem Ehegatten,
1a.
dem Lebenspartner,
2.
den Kindern,
3.
den Eltern,
4.
dem Haushaltsführer
zu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Mehreren Personen einer Gruppe stehen die Ansprüche zu gleichen Teilen zu.

(2) Als Kinder im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 gelten auch

1.
Stiefkinder und Enkel, die in den Haushalt des Berechtigten aufgenommen sind,
2.
Pflegekinder (Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind),
3.
Geschwister des Berechtigten, die in seinen Haushalt aufgenommen worden sind.

(3) Als Eltern im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 gelten auch

1.
sonstige Verwandte der geraden aufsteigenden Linie,
2.
Stiefeltern,
3.
Pflegeeltern (Personen, die den Berechtigten als Pflegekind aufgenommen haben).

(4) Haushaltsführer im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 ist derjenige Verwandte oder Verschwägerte, der an Stelle des verstorbenen oder geschiedenen oder an der Führung des Haushalts aus gesundheitlichen Gründen dauernd gehinderten Ehegatten oder Lebenspartners den Haushalt des Berechtigten mindestens ein Jahr lang vor dessen Tod geführt hat und von diesem überwiegend unterhalten worden ist.

(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem seit dem Tag der letzten Veröffentlichung zwei Wochen verstrichen sind.

(2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids.

(1) Wird der Widerspruch für begründet erachtet, so ist ihm abzuhelfen.

(2) Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, so erläßt den Widerspruchsbescheid

1.
die nächsthöhere Behörde oder, wenn diese eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
2.
in Angelegenheiten der Sozialversicherung die von der Vertreterversammlung bestimmte Stelle,
3.
in Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit mit Ausnahme der Angelegenheiten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch die von dem Vorstand bestimmte Stelle,
4.
in Angelegenheiten der kommunalen Selbstverwaltung die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 1 Nr. 1 ist in Angelegenheiten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und, soweit Landesrecht nichts Abweichendes vorsieht, in Angelegenheiten nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch der zuständige Träger, der den dem Widerspruch zugrunde liegenden Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig; § 44b Abs. 1 Satz 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt. Vorschriften, nach denen im Vorverfahren Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Satz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist schriftlich zu erlassen, zu begründen und den Beteiligten bekanntzugeben. Nimmt die Behörde eine Zustellung vor, gelten die §§ 2 bis 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes. § 5 Abs. 4 des Verwaltungszustellungsgesetzes und § 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 als Bevollmächtigte zugelassenen Personen entsprechend anzuwenden. Die Beteiligten sind hierbei über die Zulässigkeit der Klage, die einzuhaltende Frist und den Sitz des zuständigen Gerichts zu belehren.

(4) Über ruhend gestellte Widersprüche kann durch eine öffentlich bekannt gegebene Allgemeinverfügung entschieden werden, wenn die den angefochtenen Verwaltungsakten zugrunde liegende Gesetzeslage durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bestätigt wurde, Widerspruchsbescheide gegenüber einer Vielzahl von Widerspruchsführern zur gleichen Zeit ergehen müssen und durch sie die Rechtsstellung der Betroffenen ausschließlich nach einem für alle identischen Maßstab verändert wird. Die öffentliche Bekanntgabe erfolgt durch Veröffentlichung der Entscheidung über den Internetauftritt der Behörde, im Bundesanzeiger und in mindestens drei überregional erscheinenden Tageszeitungen. Auf die öffentliche Bekanntgabe, den Ort ihrer Bekanntgabe sowie die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 3 ist bereits in der Ruhensmitteilung hinzuweisen.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten können elektronische Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze bereitgestellt werden. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsaktes an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Behörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt abgerufen hat. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben. Die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(2b) In Angelegenheiten nach dem Abschnitt 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt abweichend von Absatz 2a für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten § 9 des Onlinezugangsgesetzes.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. In der Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tag nach der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Eine nach Tagen bestimmte Frist endet mit dem Ablauf ihres letzten Tages, eine nach Wochen oder Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fehlt dem letzten Monat der entsprechende Tag, so endet die Frist mit dem Monat.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.

(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem seit dem Tag der letzten Veröffentlichung zwei Wochen verstrichen sind.

(2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids.

(1) Den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge vereinbaren die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen in Bundesmantelverträgen. Der Inhalt der Bundesmantelverträge ist Bestandteil der Gesamtverträge.

(2) Die Vergütungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen werden von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen durch Gesamtverträge geregelt. Die Verhandlungen können auch von allen Kassenarten gemeinsam geführt werden.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen können mit nicht bundesunmittelbaren Ersatzkassen, der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und der landwirtschaftlichen Krankenkasse von § 83 Satz 1 abweichende Verfahren zur Vereinbarung der Gesamtverträge, von § 85 Abs. 1 und § 87a Abs. 3 abweichende Verfahren zur Entrichtung der in den Gesamtverträgen vereinbarten Vergütungen sowie von § 291a Absatz 2 Nummer 1 abweichende Kennzeichen vereinbaren.

(4) In den Verträgen ist ebenfalls das Nähere zur erneuten Verordnung eines mangelfreien Arzneimittels für versicherte Personen im Fall des § 31 Absatz 3 Satz 7 zu vereinbaren, insbesondere zur Kennzeichnung entsprechender Ersatzverordnungen.

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Die Versicherten können unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder nach § 116b an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Einrichtungen, den Zahnkliniken der Krankenkassen, den Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 2 Satz 2, den nach § 72a Abs. 3 vertraglich zur ärztlichen Behandlung verpflichteten Ärzten und Zahnärzten, den zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäusern sowie den Einrichtungen nach § 75 Abs. 9 frei wählen. Andere Ärzte dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Die Inanspruchnahme der Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 1 und 2 Satz 1 richtet sich nach den hierüber abgeschlossenen Verträgen. Die Zahl der Eigeneinrichtungen darf auf Grund vertraglicher Vereinbarung vermehrt werden, wenn die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 Satz 1 erfüllt sind.

(1a) In den Fällen des § 75 Absatz 1a Satz 7 können Versicherte auch zugelassene Krankenhäuser in Anspruch nehmen, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen; dies gilt auch, wenn die Terminservicestelle Versicherte in den Fällen des § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 in eine Notfallambulanz vermittelt. Die Inanspruchnahme umfasst auch weitere auf den Termin folgende notwendige Behandlungen, die dazu dienen, den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen.

(2) Wird ohne zwingenden Grund ein anderer als einer der nächsterreichbaren an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen oder medizinische Versorgungszentren in Anspruch genommen, hat der Versicherte die Mehrkosten zu tragen.

(3) Die Versicherten sollen den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt innerhalb eines Kalendervierteljahres nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Der Versicherte wählt einen Hausarzt. Der Arzt hat den Versicherten vorab über Inhalt und Umfang der hausärztlichen Versorgung (§ 73) zu unterrichten; eine Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung hat er auf seinem Praxisschild anzugeben.

(3a) Die Partner der Verträge nach § 82 Abs. 1 haben geeignete Maßnahmen zu vereinbaren, die einer unkoordinierten Mehrfachinanspruchnahme von Vertragsärzten entgegenwirken und den Informationsaustausch zwischen vor- und nachbehandelnden Ärzten gewährleisten.

(4) Die Übernahme der Behandlung verpflichtet die in Absatz 1 genannten Personen oder Einrichtungen dem Versicherten gegenüber zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts.

(5) Die Versicherten der knappschaftlichen Krankenversicherung können unter den Knappschaftsärzten und den in Absatz 1 genannten Personen und Einrichtungen frei wählen. Die Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 1.12.2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Versorgung mit Arzneimitteln auf Cannabisgrundlage (Cannabinoiden) zur Behandlung seiner chronischen Schmerzen.
Der 1953 geborene Kläger ist nach einem Motorradunfall im Jahr 1987 querschnittsgelähmt und leidet infolgedessen außerdem an einem chronischen Schmerzsyndrom. In einem Attest vom 19.8.2004 (Verwaltungsakte - VA S. 17 -) führte der Facharzt für Anästhesie und spezielle Schmerztherapie Dr. L. aus, die bisherige Schmerztherapie mit Lioresal und Opiaten habe keine ausreichende Reduktion der neuropathischen Schmerzen bewirken können. Deshalb sei nunmehr ein Therapieversuch mit Cannabinol indiziert.
Mit Bescheid vom 30.9.2004 (VA S. 23) lehnte die Beklagte einen Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für eine Therapie mit Cannabinol ab. Sie könne weder die Kosten für das in den USA zugelassene Fertigarzneimittel Marinol noch die Kosten für Dronabinol als Rezeptursubstanz, wie sie von der Firma THC-Pharma in Deutschland angeboten werde, erstatten. In rechtlicher Hinsicht sei zu unterscheiden zwischen nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) zulassungspflichtigen Fertigarzneimitteln und zulassungsfreien, für den jeweiligen Behandlungsfall nach ärztlicher Verordnung zusammengestellten Rezepturarzneimitteln. Ein Fertigarzneimittel auf der Basis von Cannabis sei in Deutschland nicht zugelassen. Die Zulassung von Marinol in den USA könne der Zulassung nach dem AMG nicht gleichgesetzt werden und führe lediglich dazu, dass dieses Mittel im Einzelfall verordnet und importiert werden dürfe, bewirke aber keine Verordnungsfähigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Außerdem sei Marinol in den USA nicht zur Schmerztherapie, sondern zur Behandlung von Anorexie bei Aids-Patienten und zytostatikbedingtem Erbrechen zugelassen. Eine Kostenübernahme für Marinol scheide daher aus. Gleiches gelte für das Rezepturarzneimittel Dronabinol. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nämlich nur dann erbracht werden, wenn diese vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (Bundesausschuss) geprüft und empfohlen worden seien, woran es hier fehle; insoweit werde auch auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25.4.2003 (L 4 KR 3828/01) hingewiesen.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, mittlerweile sei durch umfangreiche Versuchsreihen nachgewiesen, dass Cannabinol bei spastischen Lähmungserscheinungen, unter denen er (ebenfalls) leide, zu einer Verbesserung des Krankheits- und des Schmerzzustandes führe und damit Morphiumpräparate, die bedeutend ungünstigere Nebenwirkungen aufwiesen und außerdem teurer seien, ersetzen könne. Er habe die Morphiumpräparate wieder absetzen müssen, weil sie seine Schmerzen nicht gebessert hätten. Er bitte um Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), wofür er noch umfangreiche Publikationen einreichen werde. Sein Begehren sei nicht auf die Versorgung mit einem Fertigarzneimittel, sondern auf ein Rezepturarzneimittel gerichtet. Die letzte Auskunft des Bundesausschusses stamme aus dem Jahr 2001, weshalb das von der Beklagten zitierte Urteil des LSG Baden-Württemberg wohl überholt sein dürfte.
Die Beklagte erhob das Gutachten des MDK (Dr. Le.) vom 20.1.2005. Darin ist ausgeführt, in Zusammenhang mit einer Reihe von Krankheiten und Symptomen werde seit geraumer Zeit der Einsatz von Cannabis und Marihuana als Therapieoption diskutiert. Die sozialmedizinische Expertengruppe SEG-6 der MDK-Gemeinschaft habe eine Grundsatzstellungnahme zur Methodenbewertung (Stand 12. August 2004) angefertigt. Darin sei der Einsatz von Cannabinoiden für die Indikationen Anorexie und Kachexie, Asthma, Epilepsie, Gilles-de-la-Tourette-Syndrom, Glaukom, Migräne, muskuläre Krämpfe und Spastik, beispielsweise bei MS, reaktiver Depression, Schmerzzuständen, Übelkeit und Erbrechen, Unruhe und Schlafstörungen im Rahmen von Demenz bewertet worden. Zusammenfassend habe man festgestellt, dass für Cannabis/Cannabinoide zwar eine Evidenz für die (mäßige) Wirksamkeit einzelner Indikationen bestehe, jedoch wegen der Verfügbarkeit anderer gesicherter wirksamer kostengünstiger Standards insgesamt ein sozialmedizinischer Bedarf kaum erkennbar sei. Auf der Basis der derzeitigen Evidenz könne die medizinische Anwendung von Cannabinoiden nur im Rahmen von kontrollierten klinischen Prüfungen und nur für ausgewählte Indikationen/Bedingungen empfohlen werden, bei denen eine effektive Behandlungsoption nicht zur Verfügung stehe.
Die spezielle Recherche zur Evidenz von Cannabinoiden in der Schmerztherapie habe ergeben, dass Cannabis bei mäßigen Schmerzen der Wirksamkeit von Plazebo überlegen, derjenigen von Codein gleichwertig sei. Die erheblichen Nebenwirkungen relativierten jedoch die Nutzen-Risiko-Relation und ließen keine Notwendigkeit erkennen, Cannabinoide in die international etablierten Schemata zur Schmerzbehandlung aufzunehmen. Bei starken Schmerzen sei eine Überlegenheit des Therapiestandards Morphin anzunehmen, eine kontrollierte klinische Prüfung von Cannabinoiden erscheine hier ethisch kaum vertretbar. Auch die aktuelle Datenlage nach Fertigstellung der erwähnten Methodenbewertung ergebe kein anderes Bild. Damit könne die Beschaffung von Cannabispräparaten als Import zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht befürwortet werden. Die fehlende Evidenz der Wirksamkeit des Kosten-Risiko-Verhältnisses im Vergleich zur etablierten Therapie sei auch für die Verordnung von Cannabis als Rezeptur zutreffend, welche zwar grundsätzlich möglich sei, aber nicht auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung in Betracht komme.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8.3.2005 wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf das MDK-Gutachten vom 20.1.2005 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 11.3.2005 zugestellt.
Am 11.4.2005 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen. Er legte Arztberichte vor und bekräftigte sein bisheriges Vorbringen. Seit dem Motorradunfall im September 1987 leide er (u. a.) unter einem schweren Deafferentierungsschmerz, wodurch er zwischenzeitlich zermürbt sei. Die Schmerzen seien gegen MST-Gabe therapieresistent und könnten nur durch Heroin und Kokain gemindert werden, was er wegen der bekannten Nebenwirkungen jedoch ablehne. Morphium-Präparate habe er mangels Besserung der Schmerzen wieder absetzen müssen. Die Beklagte bezog sich auf das MDK-Gutachten vom 20.1.2005 und führt ergänzend aus, ein zugelassenes Arzneimittel mit den begehrten Inhalten gebe es in Deutschland nicht.
In einem zur weiteren Klagebegründung vorgelegten Bericht des Prof. Dr. B. (Oberarzt an der Neurologischen Klinik der Universitätsklinik T.) vom 6.2.1992 (SG-Akte S. 14) ist ausgeführt, der Kläger leide seit einem Motorradunfall mit Querschnittsläsion in Höhe des 5./6. BWK unter einem schweren Deafferentierungsschmerz, der bislang selbst auf MST-Gabe therapieresistent gewesen sei. Unabhängig davon sei es aktuell zu einer notorischen Aphasie und einer Parese des rechten Armes gekommen. Der deutlich depressiv wirkende Kläger habe angegeben, durch die Dauerschmerzen in den Beinen zermürbt zu sein. Auch die Therapie in der Universitätsklinik T. habe keine Linderung verschafft. Die einzige Schmerzbesserung habe er bislang durch Heroin oder Kokain erreicht, streite die derzeitige Einnahme von Suchtstoffen aber ab.
10 
In einem weiteren Arztbericht des PD Dr. K. (ebenfalls Oberarzt an der Neurologischen Klinik der Universitätsklinik T.) vom 26.4.1990 heißt es, der Kläger habe in demonstrativer Weise am 19.4.1990 beim „Schwäbischen Tagblatt“ angerufen, um seinen Suizid anzukündigen. Er wolle wegen seiner quälenden Deafferentierungsschmerzen nach kompletter Querschnittslähmung nicht mehr weiterleben. Der zuständige Amtsarzt habe ihn allerdings nicht als akut suizidal eingestuft und ihn daher nicht in die Nervenklinik, sondern in die hiesige Klinik, wo er bekannt sei, eingewiesen. Der Kläger habe gegenüber der letzten stationären Aufnahme am 11.10.1989 sehr gefasst und beherrscht gewirkt. Etwa zwei bis drei Wochen nach der Entlassung am 20.10.1989 habe er erneut schlimmste, quälende Schmerzen verspürt trotz der eingesetzten neurothymoleptischen Schmerzmedikation. Er habe daraufhin alle Medikamente abgesetzt und sich mit Anafranil, Taxilan, Lioressal sowie dem gelegentlichen Rauchen von Haschisch beholfen. Die Schmerzen seien dadurch zwar nicht gelindert worden, aber er habe weniger Müdigkeit empfunden. Beruflich plane er eine Wiedereingliederungsmaßnahme mit Besuch einer Fortbildungsschule für Körperbehinderte. Der Kläger sei plötzlich unmotiviert zornig geworden und habe die Klinik gegen ärztlichen Rat zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn verlassen. Man habe ihm deutlich gemacht, dass jederzeit eine stationäre Wiederaufnahme zur medikamentösen Neueinstellung der Schmerzen möglich sei und dies, falls gewünscht, auch ambulant geschehen könne.
11 
Das Sozialgericht holte die Auskunft des Bundesausschusses (Unterausschuss „Arzneimittel“) vom 28.7.2005 (SG-Akte S. 49) ein. Darin ist ausgeführt, bei Dronabinol, einem Cannabinoid, handele es sich um ein verkehrs- und verschreibungsfähiges Betäubungsmittel nach § 1 Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG), das als Ausgangssubstanz für die Herstellung von Rezepturarzneimitteln eingesetzt werde. Für neuartige zulassungsfreie Rezepturarzneimittel, wie Dronabinol, fehle es an der erforderlichen Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit, wenn der Bundesausschuss keine entsprechende Empfehlung abgegeben habe (§ 135 Abs. 1 SGB V). Beim Bundesausschuss sei ein Antrag auf Prüfung der Anwendung von Dronabinol nicht gestellt worden und er habe ein Prüfungsverfahren auch nicht von Amts wegen eingeleitet. Dazu sei er erst dann verpflichtet, wenn wissenschaftlich begründete Aussagen zur Wirksamkeit einschließlich eventueller Risiken getroffen werden könnten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müsse die Therapie in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein. Der Erfolg müsse sich aus wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen (BSG, Urteil vom 19.3.2002, - B 1 KR 16/00 R -).
12 
Einem Bericht im Deutschen Ärzteblatt aus dem Jahr 2001 zufolge habe die wissenschaftliche Datenlage zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ausgereicht, um den Nutzen von Cannabinoiden in der Schmerztherapie beurteilen zu können. Zum gleichen Ergebnis sei die Multiple-Sklerose-Therapie-Konsensgruppe der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft in ihren Leitlinien für die symptomatische Multiple-Sklerose-Therapie (Stand August 2004) gekommen. Dabei habe sie die Ergebnisse der CAMS-Studie berücksichtigt. In den genannten Leitlinien heiße es, Cannabis-Präparate seien bislang nur unzureichend hinsichtlich ihrer antispastischen Wirkung untersucht worden. In einer jüngst publizierten Studie habe mittels der Ashworth-Scala kein positiver Effekt auf die Spastik nach oraler Einnahme von Tetrahydrocannabinol oder Cannabis-Pflanzenextrakt objektiviert werden können. Gefunden worden sei wohl aber eine Besserung des Gehvermögens sowie eine subjektive Schmerzreduktion. Aufgrund der Resultate könne der Einsatz von Cannabis-Präparaten derzeit nur im Rahmen von Studien oder in Einzelfällen durch Multiple-Sklerose-Therapeuten mit großer Erfahrung empfohlen werden.
13 
Ausgehend von diesen Befunden seien der Geschäftsstelle des Bundesausschusses in der Zwischenzeit keine Studien bekannt geworden, aus denen sich wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zu Nutzen und Risiko des Einsatzes von Cannabinoiden in diesen Indikationen ableiten ließen. Das zeige, dass Therapien mit Cannabinoiden die Phase der Erprobung noch nicht verlassen hätten, weshalb allein schon aus diesem Grund eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen nicht bestehe. Nach Sinn und Zweck des § 2 SGB V seien noch im Prüfstadium befindliche Behandlungsmethoden nämlich nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung, da es - so die Gesetzesbegründung - nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sei, die medizinische Forschung zu finanzieren.
14 
Der Kläger trug hierzu vor, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 8.2.2000, - B 1 KR 18/99 B -) komme die Kostenerstattung für eine Behandlung, die mangels Empfehlung in den Richtlinien des Bundesausschusses zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erbracht werden dürfe, dann in Betracht, wenn die Richtlinien bereits im Zeitpunkt der Behandlung fehlerhaft gewesen seien. Erweise sich eine zunächst abgelehnte Methode aufgrund späterer Erkenntnisse oder Erfahrungen doch als sinnvoll, müsse dem für künftige Behandlungsfälle durch eine entsprechende Empfehlung Rechnung getragen werden. Die Behandlung mit Cannabinol sei nach der Stellungnahme des Dr. L. vom 19.8.2002 indiziert. Wie sich aus den vorgelegten Auszügen zu Versuchsreihen ergebe, sei auch nachgewiesen, dass der Einsatz von Cannabinol bei spastischen Lähmungserscheinungen zu einer Verbesserung des Krankheitszustandes und der Schmerzen führe. Daher seien die Richtlinien des Bundesausschusses fehlerhaft, wenn darin eine Behandlung mit Cannabinol nach wie vor nicht empfohlen werde. Nach dem Beschluss des BSG vom 6.1.2005 (- B 1 KR 51/03 R -) fehle es zwar an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Arzneimitteltherapie, wenn die Arznei nach dem deutschen Arzneimittelrecht der Zulassung bedürfe, diese Zulassung aber nicht erteilt worden sei. Er sei jedoch der Auffassung, dass dieser Frage im vorliegenden Verfahren grundsätzliche Bedeutung zukomme. Auf jeden Fall seien wegen der Empfehlung des Dr. L. Beweiserhebungen geboten, um festzustellen, ob eine der beim Bundesausschuss antragsberechtigten Institutionen gehalten wäre, ein Verfahren zur Abgabe einer Empfehlung von Cannabinoiden als neuer Behandlungsmethode einzuleiten. Letzteres sei bislang nicht geschehen; ob das pflichtwidrig sei, könne derzeit ohne weitere Recherchen nicht beurteilt werden. Bei der Behandlung mit Cannabinol handele es sich außerdem um ein neuartiges Behandlungskonzept. Die begehrte Therapie sei für ihn der einzige Weg, die Dauerschmerzen erträglich zu machen.
15 
Mit Beschluss vom 12.10.2005 lehnte das Sozialgericht einen Antrag des Klägers, Dr. L. zu der Frage anzuhören, ob die Behandlung mit Cannabinol seine Dauerschmerzen lindern könne, ab; hierauf komme es aus Rechtsgründen nicht an, da eine Leistungspflicht der Beklagten für im Erprobungs- bzw. Erforschungsstadium stehende Therapien von vornherein nicht bestehe.
16 
Mit Urteil vom 1.12.2005 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Behandlung mit Cannabisprodukten gehöre, wie das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 25.4.2003 (a. a. O.) - bestätigt durch das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 6.1.2005 (a. a. O.) - entschieden habe, nicht zu den von der Beklagten geschuldeten Leistungen. Das Präparat Cannabinol sei in Deutschland nicht zugelassen; auch eine EU-Zulassung liege nicht vor. Daher könne das Präparat nicht als Fertigarzneimittel zur Verfügung gestellt werden. Soweit es sich bei Cannabinol um ein Rezepturarzneimittel handeln sollte, sei die Leistungsgewährung ebenfalls nicht möglich. Nach der aktuellen Auskunft des Bundesausschusses befinde sich die Therapie mit Cannabisprodukten nämlich noch im Stadium der Erforschung und Erprobung, was die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausschließe. Ein etwaiger Anspruch auf Tätigwerden einer der beim Bundesausschuss antragsberechtigten Institutionen sei nicht Streitgegenstand und im vorliegenden Verfahren daher nicht zu prüfen.
17 
Auf das ihm am 27.12.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.1.2006 Berufung eingelegt. Er trägt ergänzend vor, das Sozialgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Behandlung mit Cannabinol ausreichend, zweckmäßig und auch wirtschaftlicher sei als die Therapie mit Opiaten, die bedeutend mehr koste. Er sei auch bereit, sich der Behandlung mit Cannabinol im Rahmen einer klinischen Studie zu unterziehen. Außerdem berufe er sich nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6.12.2005 (- 1 BvR 347/98 -) auf sein Grundrecht auf Gesundheit aus Art. 2 Abs. 2 GG. Beim Einsatz von Cannabinol bestehe jedenfalls die nicht ganz entfernte Aussicht auf eine spürbar positive Entwicklung seiner Schmerzkrankheit; das verdeutlichten die entsprechenden Empfehlungen seines Schmerztherapeuten Dr. L.. Zwar gehe es bei ihm, anders als im Fall, der der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde gelegen habe, nicht um eine lebensbedrohliche Krankheit. Gleichwohl sei er schwer krank. Das Bundessozialgericht sei der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mittlerweile auch gefolgt (Urteile in den Verfahren B 1 KR 7/05 R - und B 1 KR 12/05 R - sowie B 1 KR 12/04 R -).
18 
Der Kläger beantragt sinngemäß,
19 
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 1.12.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30.9.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.3.2005 zu verurteilen, ihm zur Behandlung seiner Schmerzerkrankung Arzneimittel auf Cannabinoidgrundlage (wie Dronabinol oder Cannabinol) als Sachleistung zu gewähren bzw. die Kosten für deren Selbstbeschaffung zu erstatten.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie trägt ergänzend vor,
23 
Cannabinol gehöre zu der Gruppe der Opiate, weshalb auch hier, wie bei Morphiumpräparaten, ein Suchtpotential vorhanden sei. Das Mittel stehe noch in der Erprobungsphase und sei in Deutschland nicht zugelassen, so dass es keinen Sinn mache, über die Kostenfrage zu diskutieren. Eine Therapieversuchsreihe an der Universitätsklinik T. sei nicht bekannt, so dass es nicht weiter führe, wenn sich der Kläger hierfür zur Verfügung stellen wolle. Die genannte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei vorliegend nicht einschlägig, weil im Fall des Klägers eine dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung stehe. Das gehe aus dem Gutachten des MDK vom 20.1.2005 hervor.
24 
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
25 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
26 
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
27 
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Arzneimittel auf Cannabinoidgrundlage (wie Dronabinol oder Cannabinol) als Sachleistung zu gewähren bzw. die Kosten für die Beschaffung solcher Arzneimittel zu erstatten. Er hat darauf keinen Anspruch.
I.
28 
Das Begehren des Klägers ist auf die Versorgung mit Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gerichtet, sei es als Sachleistung, sei es im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V. In diesem Sinne ist sein Antrag zu verstehen, die Beklagte möge die Kosten für einen entsprechenden Therapieversuch übernehmen. Die genannten Arzneimittel gehören auch nach Ansicht des Senats jedoch nicht zu den Leistungen, die die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten zu erbringen haben. Die Beklagte muss sie dem Kläger daher nicht als Sachleistung zur Verfügung stellen und infolge dessen auch die Kosten für vom Kläger selbst beschaffte Medikamente nicht erstatten. Letzteres setzte gem. § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V nämlich voraus, dass die Leistung zu Unrecht abgelehnt worden wäre, was hier nicht der Fall ist (vgl. dazu auch BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R – m.w.N., wonach der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter reicht als der entsprechende Sachleistungsanspruch).
II.
29 
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Danach haben sie Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um (u. a.) eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V).
30 
Soweit es, wie hier, um die Versorgung mit Arzneimitteln geht, ist in rechtlicher Hinsicht außerdem zwischen zulassungspflichtigen Fertigarzneimitteln und zulassungsfreien Rezepturarzneimitteln zu unterscheiden. Arzneimittel, die - als Fertigarzneimittel - im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an Endverbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht werden, bedürfen nach § 4 Abs. 1 AMG der Zulassung durch die dafür zuständige Behörde, während Arzneimittel, die - als Rezepturarzneimittel - für den jeweiligen Behandlungsfall nach ärztlicher Verordnung zusammengestellt werden, zulassungsfrei sind. Verfügt ein Fertigarzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung, fehlt es (schon deshalb) an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V; es gehört daher von vornherein nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BSG, Urt. v. 6.1.2005, - B 1 KR 51/03 B – m.w.N. sowie näher auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, - L 4 KR 3828/01 -). Daran ändert eine etwaige Zulassung oder Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels im Ausland nichts. Unbeschadet der Möglichkeit, ausländische Zulassungsentscheidungen zu übernehmen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AMG), und unbeschadet spezieller europarechtlicher Gemeinschaftsverfahren im Arzneimittelbereich führt dies nur dazu, dass das Arzneimittel importiert und ärztlich verordnet werden darf (§ 73 Abs. 3 AMG); die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen wird dadurch nicht begründet (näher LSG Baden-Württemberg, Urt. v,. 25.4.2003, a. a. O. sowie BSGE 93,1 und BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).
31 
Für zulassungsfreie Rezepturarzneimittel ist das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -) zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, wozu auch neue Arzneimitteltherapien gehören, in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (BSGE 81,73, ständige Rechtsprechung – zuletzt BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -), wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des Bundesausschusses sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R - m.w.N.). Ohne befürwortende Entscheidung des Bundesausschusses kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht.
III.
32 
Von diesen rechtlichen Vorgaben ausgehend kann das Begehren des Klägers keinen Erfolg haben.
33 
1. Die Versorgung mit einem auf Cannabinoidgrundlage hergestellten Fertigarzneimittel, etwa mit dem in den USA zugelassenen Medikament Marinol (dazu i.e. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.3003, a. a. O.), verlangt der Kläger nach seinem Vorbringen im Widerspruchs- und Klageverfahren offenbar nicht. Das wäre auch schon deshalb nicht möglich, da das genannte Arzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung verfügt und deshalb nach dem Gesagten auch nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehört. Mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung scheidet ein sog. „ off-label-use “, also die zulassungsüberschreitende Anwendung, von vornherein aus (dazu näher BSG, Urt. v. 19.3.2002, - B 1 KR 37/00 R – sowie Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).
34 
2. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, dem Kläger ein entsprechendes Rezepturarzneimittel (wie Dronabinol oder Cannabinol) zu gewähren. Denn insoweit fehlt es an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des Bundesausschusses, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Das gilt auch dann, wenn die Behandlung im Einzelfall, wie hier durch Dr. L., ärztlich empfohlen wird. Der Ausnahmefälle des sog. Systemversagens“ oder besonders seltener Erkrankungen liegen nicht vor. Zudem befindet sich die Schmerzbehandlung mit Medikamenten auf Cannaboidgrundlage derzeit noch im Erprobungsstadium, was die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ebenfalls ausschließt. Schließlich kann dem Kläger auch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden bei krankheitsbedingter Lebensgefahr (BVerfG, Beschl. v. 6.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, NZS 2006, 84) nicht weiterhelfen.
35 
a. Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend einschlägig. Die Anwendung von Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage ist eine Behandlungsmethode i. S. d. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Um eine „besondere Therapierichtung“, deren Arzneimittel gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht ausgeschlossen sind, geht es ersichtlich nicht, weshalb dahinstehen mag, ob der Kläger aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V für sich günstige Rechtsfolgen herleiten könnte. Besondere Therapierichtungen bedürfen nämlich (u.a.) eines sich von der naturwissenschaftlichen Schulmedizin abgrenzenden weltanschaulichen Denkansatzes (wie etwa die Homöopathie oder die anthroposophische Medizin). Das ist hier ersichtlich nicht der Fall. Die Schmerztherapie mit Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage mag sich von der (derzeitigen) klassischen Schmerztherapie unterscheiden, nimmt aber nicht für sich in Anspruch, im Gegensatz zu den wesentlichen Grundaussagen der Schulmedizin zu stehen (dazu näher BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R – m.N.); sie will deren Behandlungskonzepte vielmehr ergänzen und erweitern und sich so in die Schulmedizin einfügen. Soweit der Kläger vorbringt, er erstrebe ein neuartiges Konzept zur Schmerzbehandlung, kann ihn dies von den Einschränkungen des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V daher von vornherein nicht frei stellen. Die Anwendung von Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage ist auch neu i. S. d. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V; hierüber herrscht zu Recht kein Streit (dazu näher BSGE 81, 54; 94, 221 sowie Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -).
36 
b. Das Fehlen der nach § 135 Abs. 1 SGB V notwendigen Empfehlung des Bundesausschusses ist nicht wegen sog. „Systemversagens“ entbehrlich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde und damit ein sog. „Systemversagen“ vorliegt. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (näher BSGE 81, 54 sowie BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -). Für eine solche Fallgestaltung ist hier aber nichts ersichtlich oder substantiiert geltend gemacht (vgl. zur Versorgung mit Dronabinol bei multipler Sklerose insoweit auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, a. a. O.).
37 
Ein Prüfantrag nach § 135 Abs. 1 SGB V ist beim Bundesausschuss von den dazu berechtigten Stellen (der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder einem Spitzenverband der Krankenkassen) nicht gestellt worden und der Bundesausschuss hat ein Prüfverfahren auch von Amts wegen nicht eingeleitet. Das geht aus der vom Sozialgericht eingeholten Auskunft des Bundesausschusses (Unterausschuss „Arzneimittel“) vom 28.7.2005 hervor. Ein rechtswidriges Versäumnis liegt darin nicht. Beantragung oder Einleitung eines Prüfverfahrens sind vielmehr erst dann veranlasst, wenn wissenschaftlich begründete Aussagen zur Wirksamkeit einer Therapie und deren Risiken überhaupt getroffen werden können (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, a. a. O.). Das ist hier, wie die genannte Auskunft des Bundesausschusses vom 28.7.2005 und das von der Beklagten erhobene MDK-Gutachten vom 20.1.2005 belegen, aber nicht der Fall.
38 
Nach der Auskunft des Bundesausschusses vom 28.7.2005 hatte, einem Bericht im Deutschen Ärzteblatt aus dem Jahr 2001 zufolge, die wissenschaftliche Datenlage zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ausgereicht, um den Nutzen von Cannabinoiden in der Schmerztherapie beurteilen zu können. Zum gleichen Ergebnis kam die Multiple-Sklerose-Therapie-Konsensgruppe der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft in ihren Leitlinien für die symptomatische Multiple-Sklerose-Therapie (Stand August 2004). Nach deren Auffassung sind Cannabis-Präparate bislang nur unzureichend hinsichtlich ihrer (hier nicht im Vordergrund stehenden) antispastischen Wirkung untersucht worden; in einer neueren Studie konnte ein positiver Effekt auf die Spastik nach oraler Einnahme von Tetrahydrocannabinol oder Cannabis-Pflanzenextrakt auch nicht objektiviert werden, wogegen eine Besserung des Gehvermögens sowie eine subjektive Schmerzreduktion festgestellt wurde. Der Geschäftsstelle des Bundesausschusses sind in der Zwischenzeit auch keine Studien bekannt geworden, aus denen sich wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zu Nutzen und Risiko des Einsatzes von Cannabinoiden in diesen Indikationen ableiten ließen. Die vom Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten Publikationen stammen aus der Zeit bis 2004 und können die aktuelle Auskunft des Bundesausschusses (aus dem Jahr 2005) daher nicht stichhaltig in Zweifel ziehen. Auch aus dem MDK-Gutachten vom 20.1.2005 geht im Übrigen hervor, dass der Einsatz (u.a.) von Cannabis als Therapieoption bei einer Reihe von Krankheiten (noch) diskutiert wird. Hinsichtlich der Anwendung von Cannabinoiden in der Schmerztherapie ergab sich zudem eine Überlegenheit des Therapiestandards Morphin bei (hier in Rede stehenden) starken Schmerzen, weshalb bereits die kontrollierte klinische Prüfung von Cannabinoiden als ethisch kaum vertretbar angesehen wurde. Die aktuelle Datenlage, die der MDK-Gutachter überprüft hatte, ergab kein anderes Bild. Bei dieser Sachlage kann nicht angenommen werden, ein Prüfverfahren nach § 135 Abs. 1 SGB V hätte beantragt oder vom Bundesausschuss von Amts wegen eingeleitet werden müssen und dies sei willkürlich und aus sachfremden Erwägungen unterblieben (vgl. BSG, Urt. v. 19.2.2002, - B 1 KR 16/00 R -).
39 
c. Der Sonderfall einer wegen ihrer Seltenheit praktisch nicht systematisch erforschbaren Krankheit, deren Behandlung aus dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung deswegen nicht schon mangels entsprechender Empfehlung des Bundesausschusses ausscheidet (vgl. dazu BSGE 93,236), liegt offensichtlich ebenfalls nicht vor. Hierfür ist den ärztlichen Unterlagen nichts zu entnehmen und auch nichts vorgetragen. Vielmehr leidet der Kläger unter nach seinem Vorbringen therapieresistenten Schmerzzuständen auf Grund einer Querschnittslähmung, was die Annahme eines sich systematischer Erforschung entziehenden außerordentlich seltenen Krankheitsgeschehens nicht trägt, sondern offenkundig in einer Vielzahl von Fällen der ärztlichen Praxis vorkommt. Das gilt sowohl für Querschnittslähmungen als solche wie für therapieresistente Schmerzerkrankungen.
40 
d. Aus den dem Senat vom Bundesausschuss und vom MDK vermittelten Erkenntnissen geht im Übrigen zugleich hervor, dass die Schmerzbehandlung mit Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage noch in der Erprobungsphase steckt. Auch aus diesem Grund kann sie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erbracht werden, da Qualität und Wirksamkeit der Leistungen gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen müssen und es – so die Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift (BT-Drs. 11/2237, S. 157) – nicht Aufgabe der Krankenkassen ist, die medizinische Forschung zu finanzieren.
41 
e. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger schließlich auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung. Sie ist vorliegend nicht einschlägig.
42 
In seinem Beschluss vom 6.12.2005 (a. a. O.) hat es das Bundesverfassungsgericht für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall durch die Duchennesche Muskeldystrophie) verfassungswidrig.
43 
Das Bundessozialgericht hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner neueren Rechtsprechung (Urteile vom 4.4.2006, a. a. O.) zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat schließt sich dem an. Danach – so BSG, Urt. v. 4.4.2006 (B 1 KR 7/05 R) - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe (BSGE 94, 221), gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
44 
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor.
45 
2. Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung.
46 
3. Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine „auf Indizien gestützte“ nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
47 
Diese Voraussetzungen hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 4.4.2006 (B 1 KR 7/05 R -) weiter konkretisiert und außerdem auf den Bereich der Versorgung mit Arzneimittel übertragen. Allerdings ist insoweit eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V geboten, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf Arzneimittelversorgung entgegenstehen, während die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der Krankenversicherungsleistungen unberührt bleibt.
48 
Im Fall des Klägers fehlt es schon an der erstgenannten Voraussetzung des Vorliegens einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung, so dass dahin stehen mag, welche allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlungsmethoden hier ggf. zur Verfügung stehen und wie insoweit die vom Kläger geltend gemachte Therapieresistenz seiner Erkrankung einzuschätzen ist bzw. ob der Fall des kompletten Therapieversagens dem gänzlichen Fehlen bzw. der Nichtanwendbarkeit (dazu BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -) vorhandener Behandlungsmöglichkeiten gleich zu erachten wäre. Auch auf die zusätzlichen Anforderungen an den verfassungsrechtlich begründeten Anspruch gesetzlich Krankenversicherter auf Arzneimittelversorgung (kein Verstoß gegen das Arzneimittelrecht, Überwiegen des Nutzens bei unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs durchgeführter Abwägung von Chancen und Risiken, fachärztliche lege artis durchgeführte und dokumentierte Behandlung - dazu näher BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -) kommt es nicht an. Der Kläger leidet unter Schmerzzuständen auf Grund einer Querschnittslähmung, die ihn ohne Frage erheblich und nachhaltig beeinträchtigen, aber weder als lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Krankheit eingestuft werden können. Der Kläger macht das auch nicht geltend. Er meint vielmehr der Sache nach, die angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse über die Fälle der Extremsituation krankheitsbedingter Lebensgefahr hinaus verallgemeinert und generell auf schwere Krankheiten, wie seine schwere Schmerzerkrankung, angewendet werden. Das ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht möglich.
49 
Das Bundesverfassungsgericht geht (nach wie vor) davon aus, dass aus dem Grundgesetz unmittelbar kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte Leistungen der Krankenbehandlung (entsprechend: der Arzneimittelversorgung) abzuleiten ist, dafür vielmehr die Bestimmungen des Krankenversicherungsrechts in dessen Gesetzen oder untergesetzlichen Regelwerken maßgeblich sind. Sie legen fest, welche Leistungen die Krankenkassen unter welchen Voraussetzungen zu erbringen haben und wo die Grenzen ihrer Leistungspflicht verlaufen. Es hat gegen die hier einschlägigen leistungsrechtlichen Regelungen in den §§ 2, 12 Abs. 1 und 135 Abs. 1 SGB V verfassungsrechtliche Bedenken auch nicht erhoben. Nur für den Extremfall krankheitsbedingter Lebensgefahr bei gleichzeitigem Fehlen einer allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlungsmöglichkeit hat das Bundesverfassungsgericht im Wege verfassungskonformer Gesetzesauslegung letztendlich einen (verfassungsunmittelbaren) Leistungsanspruch statuiert, der den ansonsten geltenden gesetzlichen Grenzen der Leistungspflicht nicht unterworfen ist. Diese können ihm nicht entgegengehalten werden; entsprechende Gesetzesauslegungen sind nicht statthaft. Ansonsten bleibt es aber bei der Maßgeblichkeit des Gesetzes, namentlich des Erlaubnisvorbehalts in § 135 Abs. 1 SGB V. Andernfalls, insbesondere bei der vom Kläger geforderten Ausdehnung der durch verfassungskonforme Gesetzesauslegung begründeten Leistungsansprüche auf schwere Erkrankungen im allgemeinen, wie seine Schmerzkrankheit, würde das verfassungsrechtliche Mandat des Gesetzgebers zur Festlegung von Voraussetzungen und Inhalt der den Versicherten zustehenden Leistungsansprüche unterlaufen und auf Verwaltung und Gerichte übertragen, die im Einzelfall ohne hinreichend bestimmte gesetzliche Vorgaben (verfassungsunmittelbare) Leistungsrechte begründen könnten. Deshalb kann grundsätzlich nur in dem vom Bundesverfassungsgericht beschriebenen (extremen) Sonderfall, der durch die Zuspitzung auf das Vorliegen krankheitsbedingter Lebensgefahr bei gleichzeitigem Fehlen anerkannter Behandlungsmöglichkeiten hinreichend klar umschrieben ist, auf die gesetzliche Konkretisierung der Leistungsvoraussetzungen unter Bezugnahme auf einen verfassungsrechtlichen Kernbereich der Leistungspflicht sowie die grundrechtliche Pflicht des Staates zum Lebens- und Gesundheitsschutz verzichtet werden.
50 
Dem entspricht die genannte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Es hat namentlich im Urteil vom 4.4.2006 (- B 1 KR 7/05 R -) dezidiert klargestellt, dass die Krankenkassen (von vornherein) nur bei Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung Leistungen unter Außerachtlassung des in § 135 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt zu erbringen haben. In Bekräftigung und Präzisierung dessen hat es in einer weiteren Entscheidung vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/05 R -) demzufolge auch entschieden, dass einem an einem Prostatakarzinom erkrankten Versicherten die ambulant durchgeführte interstitielle Brachytherapie mit Permanent Seeds (dauerhafte Einbringung radioaktiver Substanz zur Zerstörung von Tumorzellen) als vom Bundesausschuss nicht empfohlene neue Behandlungsmethode i. S. d. § 135 Abs. 1 SGB V auf Kosten der Krankenkassen nicht gewährt werden muss, weil im Zeitpunkt der durchgeführten Behandlung die Konstellation einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung bei Fehlen einer allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlung (noch) nicht vorgelegen hatte. Das Bundessozialgericht hat hierfür ersichtlich nicht nur darauf abgestellt, dass für die Behandlung von Prostatakarzinomen mit der Prostatektomie eine (allerdings nicht gewünschte) medizinische Standardtherapie zur Verfügung stand, sondern ausdrücklich das Stadium der Krebserkrankung herangezogen und darauf verwiesen, dass sich das Prostatakarzinom noch im Anfangsstadium ohne Hinweis auf metastatische Absiedlungen befand. Der dem Versorgungsbegehren des Versicherten stattgebenden Entscheidung vom 4.4.2006 (- B 1 KR 7/05 R -) lag demgegenüber eine Krebserkrankung des Dickdarms zugrunde, die das Anfangsstadium bereits verlassen hatte, weshalb die Überlebenswahrscheinlichkeit wegen möglicher Fernmetastasen erheblich herabgesetzt war. Gerade darauf hat das Bundessozialgericht maßgeblich abgestellt und zur Abgrenzung darauf verwiesen, dass sich dieser Fall insoweit - hinsichtlich des Stadiums der Krebserkrankung - vom der Fallgestaltung des Urteils vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/05 -) unterscheidet.
51 
In einem dritten Urteil vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/04 R -) hat das Bundessozialgericht sich zwar im Ansatz mit der Frage befasst, ob andere Krankheitsbilder (im entschiedenen Fall ein zur Berufsunfähigkeit einer Tierärztin führendes Muskelleiden, sog. „MAD-Mangel“) mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden könnten, freilich angenommen, bei dem geschilderten Muskelleiden liege trotz der Nachhaltigkeit und Schwere der Erkrankung eine notstandsähnliche Extremsituation nicht vor. Das Bundessozialgericht hat in dem zuletzt genannten Urteil auch nur angedeutet, dass dies etwa für den Fall drohender Erblindung „zu erwägen wäre“, und hierfür auf seine Rechtsprechung zu extrem seltenen und deshalb systematisch nicht erforschbaren Krankheiten Bezug genommen (BSGE 93, 236). Nach dieser Rechtsprechung können - wie bei dem sog. „ off-label-use “ zugelassener Arzneimittel (BSGE 89, 184) - in notstandsähnlichen Situationen bei der Behandlung schwerwiegender, lebensbedrohlicher oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigender Erkrankungen (so BSGE 93, 236) - Leistungen auch abweichend vom Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V gewährt werden. Zu diesem Ergebnis führte letztendlich aber die Überlegung, wegen der Singularität der Erkrankung erfülle deren Behandlung den „Methodenbegriff“ in § 135 Abs. 1 SGB V nicht und der Bundesausschuss könne eine wissenschaftlich fundierte Aussage mangels systematischer Erforschbarkeit der Krankheit ohnehin nicht treffen. Die Ausnahme von der Erlaubnispflicht beruhte damit im Kern auf der Auslegung des § 135 Abs. 1 SGB V nach Wortlaut und Zweck und nicht auf verfassungsrechtlichen Erwägungen zum Kerngehalt der Leistungspflicht oder zur grundrechtlichen Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 GG. Das Bundessozialgericht hat es schließlich auch abgelehnt, den Rechtsgedanken des Bundesverfassungsgerichtsbeschlusses vom 6.12.2005 (a. a. O.) jedenfalls auf weitläufige Bereiche auszudehnen, in denen der Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gedanken in Abkehr von früherem Recht den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung bewusst eingeschränkt hat (so Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/04 R -). Für die Ausdehnung verfassungsunmittelbarer Leistungsrechte auf andere weitläufige Bereiche, wie das Schmerzleiden des Klägers, kann nach Ansicht des Senats nichts anderes gelten, zumal eine hinreichend klare Abgrenzung der Fallgestaltungen nicht zuletzt wegen der Vielgestaltigkeit von Schmerzerkrankungen und der Subjektivität des Schmerzerlebens und der darauf beruhenden Beeinträchtigungen anders als im vom Bundessozialgericht angesprochenen Fall drohender Erblindung nicht möglich ist.
III.
52 
Das Sozialgericht hat die Klage danach zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
53 
Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Grundsätzlicher Klärung bedarf die Frage, ob und in welchen Fallgestaltungen und unter welchen Voraussetzungen der Rechtsgedanke des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6.12.2005 (a. a. O.) außerhalb des Vorliegens lebensbedrohlicher oder regelmäßig tödlich verlaufender Erkrankungen anzuwenden ist und die Krankenkassen deshalb aus verfassungsrechtlichen Gründen Leistungen jenseits der gesetzlichen Grenzen ihrer Leistungspflicht erbringen müssen. Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht abschließend geklärt, wie dessen Urteil vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/04 R -) zeigt.

Gründe

 
26 
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
27 
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Arzneimittel auf Cannabinoidgrundlage (wie Dronabinol oder Cannabinol) als Sachleistung zu gewähren bzw. die Kosten für die Beschaffung solcher Arzneimittel zu erstatten. Er hat darauf keinen Anspruch.
I.
28 
Das Begehren des Klägers ist auf die Versorgung mit Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gerichtet, sei es als Sachleistung, sei es im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V. In diesem Sinne ist sein Antrag zu verstehen, die Beklagte möge die Kosten für einen entsprechenden Therapieversuch übernehmen. Die genannten Arzneimittel gehören auch nach Ansicht des Senats jedoch nicht zu den Leistungen, die die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten zu erbringen haben. Die Beklagte muss sie dem Kläger daher nicht als Sachleistung zur Verfügung stellen und infolge dessen auch die Kosten für vom Kläger selbst beschaffte Medikamente nicht erstatten. Letzteres setzte gem. § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V nämlich voraus, dass die Leistung zu Unrecht abgelehnt worden wäre, was hier nicht der Fall ist (vgl. dazu auch BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R – m.w.N., wonach der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter reicht als der entsprechende Sachleistungsanspruch).
II.
29 
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Danach haben sie Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um (u. a.) eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V).
30 
Soweit es, wie hier, um die Versorgung mit Arzneimitteln geht, ist in rechtlicher Hinsicht außerdem zwischen zulassungspflichtigen Fertigarzneimitteln und zulassungsfreien Rezepturarzneimitteln zu unterscheiden. Arzneimittel, die - als Fertigarzneimittel - im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an Endverbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht werden, bedürfen nach § 4 Abs. 1 AMG der Zulassung durch die dafür zuständige Behörde, während Arzneimittel, die - als Rezepturarzneimittel - für den jeweiligen Behandlungsfall nach ärztlicher Verordnung zusammengestellt werden, zulassungsfrei sind. Verfügt ein Fertigarzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung, fehlt es (schon deshalb) an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V; es gehört daher von vornherein nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BSG, Urt. v. 6.1.2005, - B 1 KR 51/03 B – m.w.N. sowie näher auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, - L 4 KR 3828/01 -). Daran ändert eine etwaige Zulassung oder Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels im Ausland nichts. Unbeschadet der Möglichkeit, ausländische Zulassungsentscheidungen zu übernehmen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AMG), und unbeschadet spezieller europarechtlicher Gemeinschaftsverfahren im Arzneimittelbereich führt dies nur dazu, dass das Arzneimittel importiert und ärztlich verordnet werden darf (§ 73 Abs. 3 AMG); die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen wird dadurch nicht begründet (näher LSG Baden-Württemberg, Urt. v,. 25.4.2003, a. a. O. sowie BSGE 93,1 und BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).
31 
Für zulassungsfreie Rezepturarzneimittel ist das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -) zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, wozu auch neue Arzneimitteltherapien gehören, in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (BSGE 81,73, ständige Rechtsprechung – zuletzt BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -), wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des Bundesausschusses sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R - m.w.N.). Ohne befürwortende Entscheidung des Bundesausschusses kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht.
III.
32 
Von diesen rechtlichen Vorgaben ausgehend kann das Begehren des Klägers keinen Erfolg haben.
33 
1. Die Versorgung mit einem auf Cannabinoidgrundlage hergestellten Fertigarzneimittel, etwa mit dem in den USA zugelassenen Medikament Marinol (dazu i.e. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.3003, a. a. O.), verlangt der Kläger nach seinem Vorbringen im Widerspruchs- und Klageverfahren offenbar nicht. Das wäre auch schon deshalb nicht möglich, da das genannte Arzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung verfügt und deshalb nach dem Gesagten auch nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehört. Mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung scheidet ein sog. „ off-label-use “, also die zulassungsüberschreitende Anwendung, von vornherein aus (dazu näher BSG, Urt. v. 19.3.2002, - B 1 KR 37/00 R – sowie Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).
34 
2. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, dem Kläger ein entsprechendes Rezepturarzneimittel (wie Dronabinol oder Cannabinol) zu gewähren. Denn insoweit fehlt es an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des Bundesausschusses, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Das gilt auch dann, wenn die Behandlung im Einzelfall, wie hier durch Dr. L., ärztlich empfohlen wird. Der Ausnahmefälle des sog. Systemversagens“ oder besonders seltener Erkrankungen liegen nicht vor. Zudem befindet sich die Schmerzbehandlung mit Medikamenten auf Cannaboidgrundlage derzeit noch im Erprobungsstadium, was die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ebenfalls ausschließt. Schließlich kann dem Kläger auch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden bei krankheitsbedingter Lebensgefahr (BVerfG, Beschl. v. 6.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, NZS 2006, 84) nicht weiterhelfen.
35 
a. Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend einschlägig. Die Anwendung von Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage ist eine Behandlungsmethode i. S. d. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Um eine „besondere Therapierichtung“, deren Arzneimittel gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht ausgeschlossen sind, geht es ersichtlich nicht, weshalb dahinstehen mag, ob der Kläger aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V für sich günstige Rechtsfolgen herleiten könnte. Besondere Therapierichtungen bedürfen nämlich (u.a.) eines sich von der naturwissenschaftlichen Schulmedizin abgrenzenden weltanschaulichen Denkansatzes (wie etwa die Homöopathie oder die anthroposophische Medizin). Das ist hier ersichtlich nicht der Fall. Die Schmerztherapie mit Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage mag sich von der (derzeitigen) klassischen Schmerztherapie unterscheiden, nimmt aber nicht für sich in Anspruch, im Gegensatz zu den wesentlichen Grundaussagen der Schulmedizin zu stehen (dazu näher BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R – m.N.); sie will deren Behandlungskonzepte vielmehr ergänzen und erweitern und sich so in die Schulmedizin einfügen. Soweit der Kläger vorbringt, er erstrebe ein neuartiges Konzept zur Schmerzbehandlung, kann ihn dies von den Einschränkungen des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V daher von vornherein nicht frei stellen. Die Anwendung von Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage ist auch neu i. S. d. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V; hierüber herrscht zu Recht kein Streit (dazu näher BSGE 81, 54; 94, 221 sowie Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -).
36 
b. Das Fehlen der nach § 135 Abs. 1 SGB V notwendigen Empfehlung des Bundesausschusses ist nicht wegen sog. „Systemversagens“ entbehrlich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde und damit ein sog. „Systemversagen“ vorliegt. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (näher BSGE 81, 54 sowie BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -). Für eine solche Fallgestaltung ist hier aber nichts ersichtlich oder substantiiert geltend gemacht (vgl. zur Versorgung mit Dronabinol bei multipler Sklerose insoweit auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, a. a. O.).
37 
Ein Prüfantrag nach § 135 Abs. 1 SGB V ist beim Bundesausschuss von den dazu berechtigten Stellen (der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder einem Spitzenverband der Krankenkassen) nicht gestellt worden und der Bundesausschuss hat ein Prüfverfahren auch von Amts wegen nicht eingeleitet. Das geht aus der vom Sozialgericht eingeholten Auskunft des Bundesausschusses (Unterausschuss „Arzneimittel“) vom 28.7.2005 hervor. Ein rechtswidriges Versäumnis liegt darin nicht. Beantragung oder Einleitung eines Prüfverfahrens sind vielmehr erst dann veranlasst, wenn wissenschaftlich begründete Aussagen zur Wirksamkeit einer Therapie und deren Risiken überhaupt getroffen werden können (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, a. a. O.). Das ist hier, wie die genannte Auskunft des Bundesausschusses vom 28.7.2005 und das von der Beklagten erhobene MDK-Gutachten vom 20.1.2005 belegen, aber nicht der Fall.
38 
Nach der Auskunft des Bundesausschusses vom 28.7.2005 hatte, einem Bericht im Deutschen Ärzteblatt aus dem Jahr 2001 zufolge, die wissenschaftliche Datenlage zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ausgereicht, um den Nutzen von Cannabinoiden in der Schmerztherapie beurteilen zu können. Zum gleichen Ergebnis kam die Multiple-Sklerose-Therapie-Konsensgruppe der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft in ihren Leitlinien für die symptomatische Multiple-Sklerose-Therapie (Stand August 2004). Nach deren Auffassung sind Cannabis-Präparate bislang nur unzureichend hinsichtlich ihrer (hier nicht im Vordergrund stehenden) antispastischen Wirkung untersucht worden; in einer neueren Studie konnte ein positiver Effekt auf die Spastik nach oraler Einnahme von Tetrahydrocannabinol oder Cannabis-Pflanzenextrakt auch nicht objektiviert werden, wogegen eine Besserung des Gehvermögens sowie eine subjektive Schmerzreduktion festgestellt wurde. Der Geschäftsstelle des Bundesausschusses sind in der Zwischenzeit auch keine Studien bekannt geworden, aus denen sich wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zu Nutzen und Risiko des Einsatzes von Cannabinoiden in diesen Indikationen ableiten ließen. Die vom Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten Publikationen stammen aus der Zeit bis 2004 und können die aktuelle Auskunft des Bundesausschusses (aus dem Jahr 2005) daher nicht stichhaltig in Zweifel ziehen. Auch aus dem MDK-Gutachten vom 20.1.2005 geht im Übrigen hervor, dass der Einsatz (u.a.) von Cannabis als Therapieoption bei einer Reihe von Krankheiten (noch) diskutiert wird. Hinsichtlich der Anwendung von Cannabinoiden in der Schmerztherapie ergab sich zudem eine Überlegenheit des Therapiestandards Morphin bei (hier in Rede stehenden) starken Schmerzen, weshalb bereits die kontrollierte klinische Prüfung von Cannabinoiden als ethisch kaum vertretbar angesehen wurde. Die aktuelle Datenlage, die der MDK-Gutachter überprüft hatte, ergab kein anderes Bild. Bei dieser Sachlage kann nicht angenommen werden, ein Prüfverfahren nach § 135 Abs. 1 SGB V hätte beantragt oder vom Bundesausschuss von Amts wegen eingeleitet werden müssen und dies sei willkürlich und aus sachfremden Erwägungen unterblieben (vgl. BSG, Urt. v. 19.2.2002, - B 1 KR 16/00 R -).
39 
c. Der Sonderfall einer wegen ihrer Seltenheit praktisch nicht systematisch erforschbaren Krankheit, deren Behandlung aus dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung deswegen nicht schon mangels entsprechender Empfehlung des Bundesausschusses ausscheidet (vgl. dazu BSGE 93,236), liegt offensichtlich ebenfalls nicht vor. Hierfür ist den ärztlichen Unterlagen nichts zu entnehmen und auch nichts vorgetragen. Vielmehr leidet der Kläger unter nach seinem Vorbringen therapieresistenten Schmerzzuständen auf Grund einer Querschnittslähmung, was die Annahme eines sich systematischer Erforschung entziehenden außerordentlich seltenen Krankheitsgeschehens nicht trägt, sondern offenkundig in einer Vielzahl von Fällen der ärztlichen Praxis vorkommt. Das gilt sowohl für Querschnittslähmungen als solche wie für therapieresistente Schmerzerkrankungen.
40 
d. Aus den dem Senat vom Bundesausschuss und vom MDK vermittelten Erkenntnissen geht im Übrigen zugleich hervor, dass die Schmerzbehandlung mit Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage noch in der Erprobungsphase steckt. Auch aus diesem Grund kann sie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erbracht werden, da Qualität und Wirksamkeit der Leistungen gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen müssen und es – so die Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift (BT-Drs. 11/2237, S. 157) – nicht Aufgabe der Krankenkassen ist, die medizinische Forschung zu finanzieren.
41 
e. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger schließlich auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung. Sie ist vorliegend nicht einschlägig.
42 
In seinem Beschluss vom 6.12.2005 (a. a. O.) hat es das Bundesverfassungsgericht für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall durch die Duchennesche Muskeldystrophie) verfassungswidrig.
43 
Das Bundessozialgericht hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner neueren Rechtsprechung (Urteile vom 4.4.2006, a. a. O.) zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat schließt sich dem an. Danach – so BSG, Urt. v. 4.4.2006 (B 1 KR 7/05 R) - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe (BSGE 94, 221), gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
44 
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor.
45 
2. Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung.
46 
3. Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine „auf Indizien gestützte“ nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
47 
Diese Voraussetzungen hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 4.4.2006 (B 1 KR 7/05 R -) weiter konkretisiert und außerdem auf den Bereich der Versorgung mit Arzneimittel übertragen. Allerdings ist insoweit eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V geboten, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf Arzneimittelversorgung entgegenstehen, während die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der Krankenversicherungsleistungen unberührt bleibt.
48 
Im Fall des Klägers fehlt es schon an der erstgenannten Voraussetzung des Vorliegens einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung, so dass dahin stehen mag, welche allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlungsmethoden hier ggf. zur Verfügung stehen und wie insoweit die vom Kläger geltend gemachte Therapieresistenz seiner Erkrankung einzuschätzen ist bzw. ob der Fall des kompletten Therapieversagens dem gänzlichen Fehlen bzw. der Nichtanwendbarkeit (dazu BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -) vorhandener Behandlungsmöglichkeiten gleich zu erachten wäre. Auch auf die zusätzlichen Anforderungen an den verfassungsrechtlich begründeten Anspruch gesetzlich Krankenversicherter auf Arzneimittelversorgung (kein Verstoß gegen das Arzneimittelrecht, Überwiegen des Nutzens bei unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs durchgeführter Abwägung von Chancen und Risiken, fachärztliche lege artis durchgeführte und dokumentierte Behandlung - dazu näher BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -) kommt es nicht an. Der Kläger leidet unter Schmerzzuständen auf Grund einer Querschnittslähmung, die ihn ohne Frage erheblich und nachhaltig beeinträchtigen, aber weder als lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Krankheit eingestuft werden können. Der Kläger macht das auch nicht geltend. Er meint vielmehr der Sache nach, die angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse über die Fälle der Extremsituation krankheitsbedingter Lebensgefahr hinaus verallgemeinert und generell auf schwere Krankheiten, wie seine schwere Schmerzerkrankung, angewendet werden. Das ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht möglich.
49 
Das Bundesverfassungsgericht geht (nach wie vor) davon aus, dass aus dem Grundgesetz unmittelbar kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte Leistungen der Krankenbehandlung (entsprechend: der Arzneimittelversorgung) abzuleiten ist, dafür vielmehr die Bestimmungen des Krankenversicherungsrechts in dessen Gesetzen oder untergesetzlichen Regelwerken maßgeblich sind. Sie legen fest, welche Leistungen die Krankenkassen unter welchen Voraussetzungen zu erbringen haben und wo die Grenzen ihrer Leistungspflicht verlaufen. Es hat gegen die hier einschlägigen leistungsrechtlichen Regelungen in den §§ 2, 12 Abs. 1 und 135 Abs. 1 SGB V verfassungsrechtliche Bedenken auch nicht erhoben. Nur für den Extremfall krankheitsbedingter Lebensgefahr bei gleichzeitigem Fehlen einer allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlungsmöglichkeit hat das Bundesverfassungsgericht im Wege verfassungskonformer Gesetzesauslegung letztendlich einen (verfassungsunmittelbaren) Leistungsanspruch statuiert, der den ansonsten geltenden gesetzlichen Grenzen der Leistungspflicht nicht unterworfen ist. Diese können ihm nicht entgegengehalten werden; entsprechende Gesetzesauslegungen sind nicht statthaft. Ansonsten bleibt es aber bei der Maßgeblichkeit des Gesetzes, namentlich des Erlaubnisvorbehalts in § 135 Abs. 1 SGB V. Andernfalls, insbesondere bei der vom Kläger geforderten Ausdehnung der durch verfassungskonforme Gesetzesauslegung begründeten Leistungsansprüche auf schwere Erkrankungen im allgemeinen, wie seine Schmerzkrankheit, würde das verfassungsrechtliche Mandat des Gesetzgebers zur Festlegung von Voraussetzungen und Inhalt der den Versicherten zustehenden Leistungsansprüche unterlaufen und auf Verwaltung und Gerichte übertragen, die im Einzelfall ohne hinreichend bestimmte gesetzliche Vorgaben (verfassungsunmittelbare) Leistungsrechte begründen könnten. Deshalb kann grundsätzlich nur in dem vom Bundesverfassungsgericht beschriebenen (extremen) Sonderfall, der durch die Zuspitzung auf das Vorliegen krankheitsbedingter Lebensgefahr bei gleichzeitigem Fehlen anerkannter Behandlungsmöglichkeiten hinreichend klar umschrieben ist, auf die gesetzliche Konkretisierung der Leistungsvoraussetzungen unter Bezugnahme auf einen verfassungsrechtlichen Kernbereich der Leistungspflicht sowie die grundrechtliche Pflicht des Staates zum Lebens- und Gesundheitsschutz verzichtet werden.
50 
Dem entspricht die genannte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Es hat namentlich im Urteil vom 4.4.2006 (- B 1 KR 7/05 R -) dezidiert klargestellt, dass die Krankenkassen (von vornherein) nur bei Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung Leistungen unter Außerachtlassung des in § 135 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt zu erbringen haben. In Bekräftigung und Präzisierung dessen hat es in einer weiteren Entscheidung vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/05 R -) demzufolge auch entschieden, dass einem an einem Prostatakarzinom erkrankten Versicherten die ambulant durchgeführte interstitielle Brachytherapie mit Permanent Seeds (dauerhafte Einbringung radioaktiver Substanz zur Zerstörung von Tumorzellen) als vom Bundesausschuss nicht empfohlene neue Behandlungsmethode i. S. d. § 135 Abs. 1 SGB V auf Kosten der Krankenkassen nicht gewährt werden muss, weil im Zeitpunkt der durchgeführten Behandlung die Konstellation einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung bei Fehlen einer allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlung (noch) nicht vorgelegen hatte. Das Bundessozialgericht hat hierfür ersichtlich nicht nur darauf abgestellt, dass für die Behandlung von Prostatakarzinomen mit der Prostatektomie eine (allerdings nicht gewünschte) medizinische Standardtherapie zur Verfügung stand, sondern ausdrücklich das Stadium der Krebserkrankung herangezogen und darauf verwiesen, dass sich das Prostatakarzinom noch im Anfangsstadium ohne Hinweis auf metastatische Absiedlungen befand. Der dem Versorgungsbegehren des Versicherten stattgebenden Entscheidung vom 4.4.2006 (- B 1 KR 7/05 R -) lag demgegenüber eine Krebserkrankung des Dickdarms zugrunde, die das Anfangsstadium bereits verlassen hatte, weshalb die Überlebenswahrscheinlichkeit wegen möglicher Fernmetastasen erheblich herabgesetzt war. Gerade darauf hat das Bundessozialgericht maßgeblich abgestellt und zur Abgrenzung darauf verwiesen, dass sich dieser Fall insoweit - hinsichtlich des Stadiums der Krebserkrankung - vom der Fallgestaltung des Urteils vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/05 -) unterscheidet.
51 
In einem dritten Urteil vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/04 R -) hat das Bundessozialgericht sich zwar im Ansatz mit der Frage befasst, ob andere Krankheitsbilder (im entschiedenen Fall ein zur Berufsunfähigkeit einer Tierärztin führendes Muskelleiden, sog. „MAD-Mangel“) mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden könnten, freilich angenommen, bei dem geschilderten Muskelleiden liege trotz der Nachhaltigkeit und Schwere der Erkrankung eine notstandsähnliche Extremsituation nicht vor. Das Bundessozialgericht hat in dem zuletzt genannten Urteil auch nur angedeutet, dass dies etwa für den Fall drohender Erblindung „zu erwägen wäre“, und hierfür auf seine Rechtsprechung zu extrem seltenen und deshalb systematisch nicht erforschbaren Krankheiten Bezug genommen (BSGE 93, 236). Nach dieser Rechtsprechung können - wie bei dem sog. „ off-label-use “ zugelassener Arzneimittel (BSGE 89, 184) - in notstandsähnlichen Situationen bei der Behandlung schwerwiegender, lebensbedrohlicher oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigender Erkrankungen (so BSGE 93, 236) - Leistungen auch abweichend vom Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V gewährt werden. Zu diesem Ergebnis führte letztendlich aber die Überlegung, wegen der Singularität der Erkrankung erfülle deren Behandlung den „Methodenbegriff“ in § 135 Abs. 1 SGB V nicht und der Bundesausschuss könne eine wissenschaftlich fundierte Aussage mangels systematischer Erforschbarkeit der Krankheit ohnehin nicht treffen. Die Ausnahme von der Erlaubnispflicht beruhte damit im Kern auf der Auslegung des § 135 Abs. 1 SGB V nach Wortlaut und Zweck und nicht auf verfassungsrechtlichen Erwägungen zum Kerngehalt der Leistungspflicht oder zur grundrechtlichen Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 GG. Das Bundessozialgericht hat es schließlich auch abgelehnt, den Rechtsgedanken des Bundesverfassungsgerichtsbeschlusses vom 6.12.2005 (a. a. O.) jedenfalls auf weitläufige Bereiche auszudehnen, in denen der Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gedanken in Abkehr von früherem Recht den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung bewusst eingeschränkt hat (so Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/04 R -). Für die Ausdehnung verfassungsunmittelbarer Leistungsrechte auf andere weitläufige Bereiche, wie das Schmerzleiden des Klägers, kann nach Ansicht des Senats nichts anderes gelten, zumal eine hinreichend klare Abgrenzung der Fallgestaltungen nicht zuletzt wegen der Vielgestaltigkeit von Schmerzerkrankungen und der Subjektivität des Schmerzerlebens und der darauf beruhenden Beeinträchtigungen anders als im vom Bundessozialgericht angesprochenen Fall drohender Erblindung nicht möglich ist.
III.
52 
Das Sozialgericht hat die Klage danach zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
53 
Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Grundsätzlicher Klärung bedarf die Frage, ob und in welchen Fallgestaltungen und unter welchen Voraussetzungen der Rechtsgedanke des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6.12.2005 (a. a. O.) außerhalb des Vorliegens lebensbedrohlicher oder regelmäßig tödlich verlaufender Erkrankungen anzuwenden ist und die Krankenkassen deshalb aus verfassungsrechtlichen Gründen Leistungen jenseits der gesetzlichen Grenzen ihrer Leistungspflicht erbringen müssen. Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht abschließend geklärt, wie dessen Urteil vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/04 R -) zeigt.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18. April 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten für die Behandlung ihres an Magenkrebs verstorbenen Ehemannes mit alternativen Krebstherapien (u.a. dem Mittel Ukrain).
Der 1945 geborene Ehemann der Klägerin (im Folgenden: Versicherter) war Mitglied der Beklagten. Nachdem bei ihm ein Magenkarzinom diagnostiziert worden war, wurde der Magen am 20.12.2004 vollständig entfernt (SG-Akte S. 47). Bei den ersten Kontrolluntersuchungen nach 3 Monaten entdeckten die Ärzte einen größeren bösartigen Lymphknoten, der im Mai 2005 ebenfalls operativ entfernt wurde. Bis August 2005 fand sodann eine mehrmonatige Radiochemotherapie in der Universitätsklinik H. statt (Verwaltungsakte S. 72, vgl. auch Bericht der Universitätsklinik H. vom 15.3.2006, SG-Akte S. 43). Nachdem bei einer erneuten Gastroskopie im August 2005 eine Gewebsvermehrung im Bereich der Anastomose (Nahtverbindung nach Magenentfernung) gefunden worden war, wurde in der Universitätsklinik H. eine erneute Bestrahlung und Chemotherapie empfohlen. Der Versicherte folgte der Empfehlung nicht und begab sich zur weiteren Behandlung in die B.-Klinik für Onkologie, Immunologie und Hyperthermie in Bad B., wo er während stationärer Aufenthalte vom 12. bis 28.9.2005 und vom 31.10. bis 12.11.2005 neben zusätzlichen Therapieansätzen, wie Mistel- und Thymusinjektionen, palliativ mit Chemotherapie behandelt wurde (SG-Akte S. 112). Am 18.11.2005 wurde erneut ein Rezidiv festgestellt, das ungeachtet der durchgeführten Chemotherapie sehr schnell gewachsen war (Untersuchungsbericht der Universitätsklinik H., Verwaltungsakte S. 71).
Der Versicherte suchte daraufhin nach alternativen Heilmethoden und wandte sich auf Empfehlung der Vereinigung Menschen gegen Krebs e.V. an den – nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen (Verwaltungsakte S. 91) - Arzt für Naturheilverfahren und Chirotherapie S.. Dessen Behandlung, die aus einer Kombination unterschiedlicher Therapien, wie Blutautotransfusionen, Infusionen von Natriumhydrogenkarbonat, Kaliumchlorid, Magnesium, Procain, Ukrain und anderen Mitteln bestand (SG-Akte S. 3), begann am 1.12.2005. Bei einer Untersuchung am 16.2.2006 wurde im Vergleich zum Vorbefund vom 18.11.2005 eine geringe Größenprogredienz des Rezidivs festgestellt (Untersuchungsbericht der Universitätsklinik H., Verwaltungsakte S. 70). In der chirurgischen Klinik der Universitätsklinik H. hielt man eine (weitere) Operation nur dann für sinnvoll, wenn sie Tumorfreiheit herbeiführen könne; die präoperative Abklärung solle mit einer PET-Untersuchung erfolgen (Bericht vom 20.2.2006, SG-Akte S. 8). Die Untersuchung, deren Kosten die Beklagte nicht übernehmen wollte (Schreiben vom 28.4.2006, SG-Akte S. 13), wurde allerdings nicht mehr durchgeführt. Auch eine weitere Operation fand nicht statt. Ab März 2006 ließ sich der Versicherte einmal wöchentlich durch den Arzt S. zur Auffrischung der Therapie behandeln. Nachdem er am 31.3.2006 einen Herzinfarkt erlitten hatte, verstarb der Versicherte am 20.6.2006 bei oberer Gastrointestinalblutung mit Bluterbrechen/Hämatemesis bei Marcumartherapie (SG-Akte S. 47, 63). Rechtsnachfolgerin des Versicherten ist die Klägerin (Erbvertrag Verwaltungsakte S. 106). Für die Behandlung durch den Arzt S. zahlte der Versicherte insgesamt 33.959.52 EUR (Rechnungen Verwaltungsakte S. 1 ff.).
Bereits mit Schreiben vom 26.4.2006 (Verwaltungsakte S. 73) hatte der Versicherte unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6.11.2005 (- 1 BvR 347/98 -) die Erstattung der an den Arzt S. gezahlten Behandlungskosten beantragt; unter dessen Therapie habe er sich schon nach einem Monat kräftemäßig sehr viel besser gefühlt.
Die Beklagte holte die Stellungnahme der Dr. P. (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung in Bayern, MDK) vom 23.5.2006 ein (Verwaltungsakte S. 77). Darin heißt es, beim Versicherten liege eine regelmäßig tödliche Erkrankung vor. Als vertragliche Behandlungsmethode stünden die Fortsetzung der palliativen Onkologie und eventuell der Versuch einer Resektion zur Verfügung. Die vertraglichen Behandlungsmöglichkeiten seien nicht ausgeschöpft. Diese seien auch im Hinblick auf zu erwartende Nebenwirkungen weder unzumutbar noch ungeeignet. Gegenindikationen und Unverträglichkeiten bestünden nicht. Durch die beantragte Behandlung bei dem Arzt S. bestehe keinesfalls eine auf Indizien gestützte, nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Mit Bescheid vom 24.5.2006 lehnte die Beklagte die Übernahme der Behandlungskosten des Arztes S. ab (Verwaltungsakte S. 80). Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs berief sich der Versicherte erneut auf den Beschluss des BVerfG v. 6.12.2005 (- 1 BvR 347/98 -).
Die Beklagte erhob das Gutachten des Dr. B. (MDK Baden-Württemberg) vom 5.7.2006 (Verwaltungsakte S. 93). Darin ist (u.a.) ausgeführt, beim Versicherten sei nach Gastrektomie wegen Magenkrebs im April 2005 ein Lymphknotenrezidiv interaortocaval aufgetreten. Es seien eine Lymphadenoektomie und eine intraoperative Strahlentherapie durchgeführt worden mit anschließender Anwendung von 5-FU Folinsäure im Rahmen einer Radio-Chemotherapie. In der Zeit von 30.5. bis 17.6.2005 sei eine Rehabilitationsbehandlung mit nachfolgender weiterer Radio-Chemotherapie geplant gewesen. Die Chirurgische Klink H. habe Tumorfreiheit durch eine weitere Operation für möglich erachtet. Zu diesem Zeitpunkt sei nach Monate anhaltenden Schluckbeschwerden ein Rezidiv im Bereich der Anastomose vorgelegen. Der Versicherte habe sich nicht mehr operieren lassen und nach alternativen Krebstherapien gesucht. Es habe sehr wohl eindeutige Therapieoptionen gegeben, die bis hin zur kurativen erneuten Resektion gereicht hätten. Vertragliche, etablierte Behandlungen hätten ohne weiteres zur Verfügung gestanden. Wäre eine kurative Resektion nicht möglich gewesen, wäre sehr wohl eine geänderte Chemotherapie als vertragliche Leistung in Frage gekommen.
Der Arzt S. gebe (auf seiner Internetseite, Verwaltungsakte S. 84) keine fachärztliche Qualifikation, erst Recht keine onkologische Qualifikation an. Aus seinem vielfältigen Behandlungsangebot seien als Krebstherapie die Anwendung von Hyperthermie, Ukrain, die Therapie nach Dr. F., B., Dr. Dr. Se. und Bu. zu identifizieren.
Die Therapie nach Dr. F: beruhe auf der wissenschaftlich nicht belegten These, bösartige Tumore entstünden durch Adrenalinmangel wegen anhaltendem Stress; die Adrenalinproduktion solle in Ordnung gebracht und die (Krebs-)Zellen sollten ausgehungert werden. Bei der Krebskur nach B. (einer Ernährungstherapie) würden 42 verschiedene Säfte und Tees angewendet. Die Bu.-Therapie setze auf eine Diät mit Leinsamenöl und Hüttenkäse und sei ebenso wenig wissenschaftlich anerkannt wie die Therapie nach Dr. Dr. Se.. Die ambulante Hyperthermieanwendung sei vom Gemeinsamen Bundesausschuss aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen worden. Bei der Methode des Arztes S. handele es sich um ein Konglomerat verschiedenster Behandlungen mit Homöopathika, zum Teil auch mit problematischen Mitteln wie Ukrain. Dieses verfüge über eine (mit den hiesigen Anforderungen nicht vergleichbare) belorussische Zulassung; es sei in Deutschland nicht zugelassen und nicht verkehrsfähig.
10 
Bereits im Jahr 2001 habe die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft und der Deutschen Krebsgesellschaft eine negative Stellungnahme zu Ukrain abgegeben. Bislang lägen nur die Ergebnisse vorklinischer Untersuchungen in der Literatur vor; eine nicht systematische Studie sei im Jahr 2002 veröffentlich worden. An der einzigen Phase-II-Studie von Gansauge et al sei erhebliche Kritik geäußert worden, nicht zuletzt im Hinblick auf Interessenkonflikten der daran Beteiligten, die zugleich Herausgeber der die Studie publizierenden chirurgischen Zeitschrift seien. Die Ergebnisse dieser Studie (zur palliativen Behandlung des fortgeschrittenen Pankreaskarzinoms durch Ukrain bzw. Ukrain und Gemcitabine) seien auf Grund schwerwiegender Mängel in Planung und Durchführung sowie der statistischen Auswertung nicht aussagekräftig. Deswegen sei schwer verständlich, dass die Ethikkommission einer renommierten deutschen Universität dieser Studie ein positives Votum erteilt und Chirurgen der Universität diese qualitativ mangelhafte Studie publiziert hätten.
11 
Zusammengefasst handele es sich bei Ukrain um ein nicht hinreichend belegtes Importarzneimittel aus einem Land mit nicht vergleichbaren Zulassungsverfahren. Tationil sei reduziertes Glutathion, früher bereits als Recacostat bekannt. Ansonsten habe der Arzt S. überwiegend nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel angewendet. Sein Gesamtkonzept sei nicht belegt. Die vom BVerfG verlangte Sicherheit liege nicht vor. Die Methode sei nicht geeignet, das Fortschreiten der Erkrankung des Versicherten, die seinerzeit zwar lebensbedrohlich, jedoch nicht akut lebensbedrohlich gewesen sei, zu verhindern. Es hätten geeignete, vertragliche Behandlungsmethoden hinreichend zur Verfügung gestanden, wie die ggf. sogar kurative Resektion und insbesondere eine palliative Chemotherapie. Diese Therapien seien nicht ausgeschöpft worden. Die Behandlung des Arztes S. weise keine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf auf. Vielmehr handele es sich um ein Konglomerat verschiedenster, nicht belegter Krebstherapien. Außerdem fehle es bei dem Arzt S. an dem vom BVerfG verlangten Facharztstandard.
12 
Mit an die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des mittlerweile verstorbenen Versicherten gerichtetem Widerspruchsbescheid vom 5.9.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie berief sich auf das Gutachten des Dr. B. und führte ergänzend aus, bei der Methode des nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Arztes S. handele es sich um ein Konzept aus einem Konglomerat nicht anerkannter bzw. aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossener Behandlungen. Eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses liege nicht vor. Das (u.a.) angewandte Mittel Ukrain sei in Deutschland nicht zugelassen und nicht verkehrsfähig. Das Gesamtkonzept des Arztes S. sei nicht belegt. Demgegenüber hätten vertragliche Behandlungsmethoden zur Verfügung gestanden. Die vom BVerfG in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (- 1 BvR 347/98 -) aufgestellten Voraussetzungen seien nicht erfüllt.
13 
Am 4.10.2006 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Mannheim. Zur Begründung trug sie ergänzend vor, der Arzt S. habe die Erfolgsaussichten seiner Behandlung günstig eingeschätzt; sie habe insgesamt eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf des Versicherten gehabt. Dieser habe ab März 2006 sogar seine Erwerbstätigkeit wieder aufnehmen können, bis es ebenfalls im März 2006 zu dem sodann mit blutverdünnenden Medikamenten behandelten Herzinfarkt gekommen sei. Die Schulmedizin habe die Krebserkrankung nicht bessern können. Operation und Radiochemotherapie hätten die weitere Ausbreitung der Krankheit nicht verhindert. Demgegenüber habe sich die Methode des Arztes S. spürbar positiv ausgewirkt. Die Beklagte müsse daher die an diesen Arzt gezahlten Behandlungskosten erstatten.
14 
Das Sozialgericht holte Berichte behandelnder Ärzte, u.a. den Bericht des Prof. Dr. D. (Universitätsklinik H., SG-Akte S. 42), des Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bü. (Universitätsklinik H.) vom 6.12.2006 (SG-Akte S. 46), des Dr. Bi. (B.-Klinik, Bad B.) vom 20.12.2006 (SG-Akte S. 112) und des Allgemeinarztes E. (Hausarzt des Versicherten) vom 18.12.2006 (SG-Akte S. 65) ein.
15 
Prof. Dr. D. gab, nach der Verfügbarkeit allgemein anerkannter, medizinischem Standard entsprechender Behandlungen gefragt, an, beim Versicherten, der die kombinierte Radio-Chemotherapie im Allgemeinen mäßig toleriert habe (Arztbrief vom 15.3.2006 (SG-Akte S. 43,44), sei die Strahlentherapie ausgeschöpft und die Fortführung der Chemotherapie geplant gewesen. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bü. führte aus, für die Behandlung des Versicherten hätten umfangreiche, wissenschaftlich begründete und multidisziplinär abgestimmte intensivere Behandlungen zur Verfügung gestanden. Dr. Bi. teilte mit, man habe nach zweimaliger stationärer Behandlung des Versicherten einen dritten Zyklus der eingeleiteten Chemotherapie geplant, der Versicherte habe sich aber hierzu nicht mehr vorgestellt. Diese Behandlung hätte dem allgemein anerkannten und medizinischem Standard entsprechenden Vorgehen bei Zustand nach Magenkarzinom entsprochen. Der Allgemeinarzt E. berichtete über zunehmende körperliche Leistungsminderung des Klägers unter Chemotherapie, Bestrahlung und Operation.
16 
Mit Gerichtsbescheid vom 18.4.2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Beklagte müsse die Kosten der vom Versicherten selbst beschafften Therapie bei dem Arzt S. nicht erstatten, da diese nach Maßgabe der einschlägigen Vorschriften nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre. Aus dem Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 (-1 BvR 347/98 -) folge nichts anderes. Zwar habe der Versicherte an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten. Zu deren Behandlung hätten bei Beginn der Therapie des Arztes S. aber allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlungen zur Verfügung gestanden. Das folge aus den Angaben des Prof. Dr. D., des Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bü. und des Dr. Bi.. Befunde, die gegen deren Anwendung gesprochen hätten, seien nicht bekannt. Daran ändere es nichts, dass die bereits durchgeführten Chemotherapien wenig bzw. keinen Erfolg erbracht hätten.
17 
Auf den ihr am 23.4.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22.5.2007 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Beklagte müsse nach Maßgabe der vom BVerfG in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (- 1 BvR 347/98 -) aufgestellten Grundsätze die an den Arzt S. gezahlten Behandlungskosten erstatten. Der Versicherte habe unstreitig an einer lebensbedrohlichen Krankheit gelitten. Die Therapie des Arztes S. habe auch die nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder Linderung geboten, zumal sich der Allgemeinzustand des Versicherten wesentlich gebessert habe und sich seine Beschwerden gelindert hätten. Allgemein anerkannte medizinische Behandlungsmethoden hätten nicht mehr zur Verfügung gestanden. Prof. Dr. D. habe mitgeteilt, die Strahlentherapie sei ausgeschöpft gewesen und der Versicherte habe die kombinierte Radio-Chemotherapie nur mäßig toleriert. Eine klare Aussage zur Möglichkeit einer Fortführung anerkannter Behandlungsmethoden sei nicht getroffen worden. Die Chemotherapie habe schon vorher nicht zum Erfolg geführt, nach dem Bericht des Hausarztes E. vielmehr die körperliche Leistungsfähigkeit des Versicherten gemindert. Außerdem sei gleichwohl ein Rezidiv aufgetreten. Das zeige die Erfolglosigkeit der allgemein anerkannten medizinischen Therapiemethoden. Gleichwohl habe Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bü. eine weitere multidisziplinär abgestimmte universitäre Behandlung befürwortet, ohne auf eine detaillierte Behandlungsmethode gegen die Krebserkrankung einzugehen. Auch Dr. Bi. habe hierzu keine klare Aussage treffen können. Eine PET-Untersuchung zur Klärung der Erfolgsaussichten einer weiteren Operation habe mangels Kostenübernahme der Beklagten bzw. wegen des Ärztestreiks nicht mehr stattgefunden; der Versicherte sei kurz vor Vereinbarung eines Termins verstorben.
18 
Die Klägerin beantragt,
19 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18.4.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.9.2006 zu verurteilen, die Kosten für die Behandlung ihres verstorbenen Ehemannes durch den Arzt S. in Höhe von 33.959,52 EUR zu erstatten.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen

Entscheidungsgründe

 
24 
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei einem Beschwerdewert von 33.959,52 EUR ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten für die Krebsbehandlung des Versicherten durch den Arzt S. zu erstatten. Die Klägerin hat darauf keinen Anspruch.
25 
Rechtsgrundlage des von der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten (§ 58 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I) geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V); eine unaufschiebbare Leistung i. S. d. § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V steht (unstreitig) nicht in Rede. Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V sind die für eine selbst beschaffte Leistung entstandenen Kosten von der Krankenkasse zu erstatten, wenn sie die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte. Das war hier nicht der Fall. Die vom Versicherten in Anspruch genommene Behandlung durch den Arzt S. gehört nicht zu den Leistungen, die die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten zu erbringen haben. Die Beklagte musste sie dem Versicherten daher nicht als Sachleistung zur Verfügung stellen und infolge dessen auch die an den Arzt S. gezahlten Behandlungskosten nicht erstatten.
26 
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Danach haben sie Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um (u. a.) eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V).
27 
Soweit es um die Versorgung mit Arzneimitteln, hier etwa mit dem Medikament Ukrain geht, ist in rechtlicher Hinsicht zwischen zulassungspflichtigen Fertigarzneimitteln und zulassungsfreien Rezepturarzneimitteln zu unterscheiden. Arzneimittel, die - als Fertigarzneimittel - im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an Endverbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht werden, bedürfen nach § 4 Abs. 1 AMG der Zulassung durch die dafür zuständige Behörde, während Arzneimittel, die - als Rezepturarzneimittel - für den jeweiligen Behandlungsfall nach ärztlicher Verordnung zusammengestellt werden, zulassungsfrei sind. Verfügt ein Fertigarzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung, fehlt es (schon deshalb) an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V; es gehört daher von vornherein nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BSG, Urt. v. 6.1.2005, - B 1 KR 51/03 B – m.w.N. sowie näher auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, - L 4 KR 3828/01 -). Daran ändert eine etwaige Zulassung oder Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels im Ausland nichts. Unbeschadet der Möglichkeit, ausländische Zulassungsentscheidungen zu übernehmen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AMG), und unbeschadet spezieller europarechtlicher Gemeinschaftsverfahren im Arzneimittelbereich führt dies nur dazu, dass das Arzneimittel importiert und ärztlich verordnet werden darf (§ 73 Abs. 3 AMG); die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen wird dadurch nicht begründet (näher LSG Baden-Württemberg, Urt. v,. 25.4.2003, a. a. O. sowie BSGE 93,1 und BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).
28 
Schließlich ist allgemein das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (BSG, Urt. v. 7.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -) zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, wozu auch neue Arzneimitteltherapien oder neue Krebstherapien gehören, in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (BSGE 81,73, ständige Rechtsprechung – zuletzt BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -), wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des Bundesausschusses sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R - m.w.N.). Ohne befürwortende Entscheidung des Bundesausschusses kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch Senatsurteil vom 30.8.2006, - L 5 KR 281/06 -).
29 
Von diesen rechtlichen Vorgaben ausgehend kann das Erstattungsbegehren der Klägerin keinen Erfolg haben. Es richtet sich ersichtlich nicht allein auf die für das Medikament Ukrain aufgewandten Kosten, deren Erstattung schon mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung dieses (nur über eine belorussische Zulassung verfügenden) Medikaments ausgeschlossen wäre, sondern auf die Kosten der Krebsbehandlung durch den Arzt S. in ihrer Gesamtheit. Diese Behandlung bestand nach den Erkenntnissen des MDK (und den hierüber ausgestellten Rechnungen des Arztes) neben der Anwendung von Ukrain aus einem Konglomerat verschiedenster Behandlungen, u.a. Blutautotransfusionen, Infusionen von Natriumhydrogenkarbonat, Kaliumchlorid, Magnesium, Procain, Ukrain und anderen Mitteln. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, dem Versicherten diese Therapie als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Der Arzt S. verfügt zum einen nicht über eine Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und gehört damit nicht zum Kreis der Leistungserbringer, die die gesetzlich Krankenversicherten auf Kosten der Krankenkassen in Anspruch nehmen dürfen. Außerdem fehlt es seiner Krebsbehandlung an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des Bundesausschusses, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Der Ausnahmefälle des sog. Systemversagens“ oder besonders seltener Erkrankungen liegen offensichtlich nicht vor. Auch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden bei krankheitsbedingter Lebensgefahr (BVerfG, Beschl. v. 6.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, NZS 2006, 84) kann der Klägerin nicht weiterhelfen.
30 
Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend einschlägig. Die Krebsbehandlung des Arztes S. unter Anwendung (u.a.) von Ukrain (in Kombination mit anderen Therapien, wie Blutautotransfusionen, Infusionen von Natriumhydrogenkarbonat, Kaliumchlorid oder Magnesium und ambulanter Hyperthermie, zu letzterem i. e. noch unten) ist eine Behandlungsmethode i. S. d. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt bzw. zu Grunde liegen soll, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Um eine „besondere Therapierichtung“, deren Arzneimittel gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht ausgeschlossen sind, geht es ersichtlich nicht, weshalb dahinstehen mag, ob die Klägerin aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V für sich günstige Rechtsfolgen herleiten könnte. Besondere Therapierichtungen bedürfen nämlich (u.a.) eines sich von der naturwissenschaftlichen Schulmedizin abgrenzenden weltanschaulichen Denkansatzes (wie etwa die Homöopathie oder die anthroposophische Medizin). Das ist hier ersichtlich nicht der Fall. Die Therapie des Arztes S. nimmt nicht für sich in Anspruch, im Gegensatz zu den wesentlichen Grundaussagen der Schulmedizin zu stehen (dazu näher BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R – m.N.) und bedient sich, wie aus dem Gutachten des Dr. B. (MDK) vom 5.7.2006 hervorgeht, lediglich eines Konglomerats verschiedenster Behandlungen mit Homöopathika und anderen Arzneimitteln, wie bspw. Ukrain.
31 
Das Fehlen der nach § 135 Abs. 1 SGB V notwendigen Empfehlung des Bundesausschusses ist nicht wegen sog. „Systemversagens“ entbehrlich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde und damit ein sog. „Systemversagen“ vorliegt. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (näher BSGE 81, 54 sowie BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -). Für eine solche Fallgestaltung ist hier aber nichts ersichtlich oder substantiiert geltend gemacht. Der Sonderfall einer wegen ihrer Seltenheit praktisch nicht systematisch erforschbaren Krankheit, deren Behandlung aus dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung deswegen nicht schon mangels entsprechender Empfehlung des Bundesausschusses ausscheidet (vgl. dazu BSGE 93,236), liegt offensichtlich ebenfalls nicht vor.
32 
Die Klägerin kann sich schließlich nicht auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung berufen.
33 
In seinem Beschluss vom 6.12.2005 (a. a. O.) hat es das Bundesverfassungsgericht für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall durch die Duchennesche Muskeldystrophie) verfassungswidrig.
34 
Das Bundessozialgericht hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner neueren Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat schließt sich dem an. Danach – so etwa BSG, Urt. v. 7.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 4.4.2006 (B 1 KR 7/05 R) - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe (BSGE 94, 221), gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
35 
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor.
        
2. Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung.
        
3. Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine „auf Indizien gestützte“ nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
36 
Ergänzend hat das BSG im Urteil vom 7.11.2006 (- B 1 KR 24/06 R - Folgendes ausgeführt:
37 
Art. 2 GG verlangt eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf eine bestimmte Versorgung der Versicherten entgegenstehen. Dagegen bleibt die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der GKV-Leistungen unberührt (vgl. dazu Senatsurteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 12/04 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 7: D-Ribose, RdNr 28 ff mwN ). Die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten sollen einerseits verhindern, dass die den Versicherten durch Gesetz eingeräumten Leistungsansprüche in einer dem Zweck des Art. 2 GG zuwiderlaufenden Weise eingeschränkt werden; so lag der Fall nach Ansicht des BVerfG in der Entscheidung vom 6. Dezember 2005. - Andererseits setzen die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten dem Leistungsbegehren der Versicherten selbst im Falle regelmäßig tödlich verlaufender Krankheiten Grenzen. Sie sollen die Versicherten in solchen Fällen auch davor bewahren, auf Kosten der GKV mit zweifelhaften Therapien behandelt zu werden, wenn auf diese Weise eine nahe liegende, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht wahrgenommen wird. Erst wenn feststeht, dass derartige nach allgemeinem Standard anerkannte Behandlungsmethoden (generell) überhaupt nicht zur Verfügung stehen oder im konkreten Einzelfall ausscheiden, weil der Versicherte diese nachgewiesenermaßen nicht verträgt, ist der vom BVerfG geforderte Bereich einer weiten, verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften des SGB V eröffnet, in welchem auf den exakten wissenschaftlichen Nachweis des Nutzens und der Wirtschaftlichkeit einer bestimmten Behandlungsmethode verzichtet werden darf und man sich mit einem der notstandsähnlichen Situation angemessenen geringeren Wahrscheinlichkeitsmaßstab begnügen darf. Die anzuwendende Methode muss allerdings im Allgemeinen wie auch im konkret zu beurteilenden Fall überwiegend positive Wirkungen haben und es muss feststehen, dass sie "mehr nützt als schadet".
38 
Zur Würdigung der verfassungsrechtlichen Schutzpflichten, denen gerade auch der Arztvorbehalt (§ 15 Abs 1 SGB V) Rechnung trägt, bezieht das BVerfG in einem umfassenden Sinne die Regeln der ärztlichen Kunst in die Vorgaben für eine verfassungskonforme Auslegung des SGB V mit ein (vgl. BSG Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-2500 § 31 Nr. 4: Tomudex, RdNr 24 ), sodass es folgerichtig ist, alle drei vom BVerfG konzipierten Voraussetzungen entsprechend § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu beurteilen: das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Krankheit, das Fehlen einer anwendbaren Standardtherapie und das Bestehen von mehr als bloß ganz entfernt liegenden Aussichten auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch die streitige Therapie. Gesetzes- und Verfassungsrecht fordern und akzeptieren, dass GKV-Leistungen allein nach Maßgabe der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zu beanspruchen und zu erbringen sind (vgl. § 2 Abs 1 Satz 3; § 15 Abs 1; § 70 Abs 1; § 72 Abs 2; §§ 135 ff SGB V; BVerfG, SozR 4-2500 § 27 Nr. 5 RdNr 28; BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - RdNr 35). Andere als medizinische Verfahren - wie etwa lediglich auf rituelle Heilung ausgerichtete Maßnahmen, zB bloßes Handauflegen eines "Geistheilers" oder "Wunderheilers" (vgl. dazu BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 2. März 2004 - 1 BvR 784/03 - NJW-RR 2004, 705 f = MedR 2005, 35 ff; BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 BvR 1802/02 - NJW 2004, 2890 f = BVerfGK 3, 234 f) - sind daher von vornherein ausgeschlossen, selbst wenn sich ein Arzt hierzu bereit finden sollte.
39 
Zudem müssen die Erkenntnisse wissenschaftlicher Art, also objektivierbar sein. Dementsprechend hat das BVerfG das im Recht der GKV mit dem Arztvorbehalt verfolgte gesetzgeberische Ziel als einen wichtigen Gemeinschaftsbelang anerkannt. Der Arztvorbehalt soll dafür sorgen, dass eine auf öffentliche Kosten durchgeführte Behandlung durch die Art der angewandten Methoden und die Qualifikation der behandelnden Personen objektiv Erfolg verspricht ( BVerfGE 78, 155, 162 = SozR 2200 § 368 Nr. 11, auf BSGE 48, 47, 52 f = SozR 2200 § 368 Nr. 4 verweisend). In der Konsequenz dieser Rechtsprechung liegt es auch, dass das BVerfG es als verfassungskonform angesehen hat, wenn der Gesetzgeber zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorsieht, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methode zu Lasten der Krankenkassen auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen ( BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005, aaO, SozR RdNr 28) . Besteht ein solches, vom Gesetzgeber vorgesehenes Verfahren mit dem Ziel, den Versicherten und die Versichertengemeinschaft vor riskanten und/oder ineffektiven medizinischen Maßnahmen zu schützen, entspricht es den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten auch, den Ergebnissen dieses Verfahrens bei der Konkretisierung von Leistungsansprüchen Rechnung zu tragen. Ein solches Verfahren sieht das SGB V in § 135 zum Schutze der Versicherten und der Versichertengemeinschaft vor, in dem generalisierend zu den vorgenannten Kriterien Stellung zu nehmen ist (vgl. z.B. Senat, BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 1, jeweils RdNr 22). Für den Zeitraum, bis zu dem in einem solchen Verfahren noch Ergebnisse fehlen, ist für zumindest hilfsweise eingreifende Sicherungen zu sorgen und für die Zeitdauer bis zu einer Entscheidung des Bundesausschusses aus verfassungsrechtlichen Gründen unter den Voraussetzungen des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 ausnahmsweise ein Anspruch auf Anwendung einer neuen, noch nicht zugelassenen Behandlungsmethode denkbar; allerdings muss an die Stelle der noch nicht abgeschlossenen Prüfung durch den Bundesausschuss die generalisierende Prüfung von Risiken und Nutzen anlässlich des - wie hier - konkret zur Entscheidung stehenden Einzelfalles treten. Andererseits ist für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr, wenn der Bundesausschuss - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu einer negativen Bewertung gelangt ist: Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem GKV-Leistungskatalog nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind.
40 
Aus der Pflicht, die Regeln der ärztlichen Kunst zu beachten, folgt schließlich die Notwendigkeit, nicht nur abstrakt, sondern auch konkret bezogen auf den Einzelfall Risiken und Nutzen zu ermitteln. Bei beiden Prüfungen ist es geboten, jeweils das erreichbare Behandlungsziel i S. von § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V zu berücksichtigen. Der bei beiden Analysen von Nutzen und Risiken zu beachtende Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der den Zurechnungszusammenhang zwischen Therapie, Erfolg und Risiken betrifft, unterliegt - ähnlich wie bei der Anwendung von Pharmakotherapien mit Fertigarzneimitteln zu Lasten der GKV - auf Grund von Verfassungsrecht (vgl. näher 1. Senat, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R, aaO: Tomudex, RdNr 39 f) Abstufungen je nach Schwere und Stadium der Erkrankung und Ausmaß sowie Eintrittswahrscheinlichkeit von unerwünschten Nebenwirkungen.
41 
Erforderlich ist, dass unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes sowohl die abstrakte als auch die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung ergeben, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt (BSG, aaO, Tomudex, RdNr 38 - 48) . Soweit danach eine solche Behandlungsmethode in Betracht kommt, ist zu prüfen, ob bei Anlegen des gleichen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes auch andere (anerkannte) Methoden diesen Anforderungen genügen. Ist dem so, sind diese Methoden untereinander hinsichtlich Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit zu vergleichen (vgl. Urteil des Senats vom 26. September 2006 - B 1 KR 1/06 R: Ilomedin, zur Veröffentlichung vorgesehen).
42 
Da die Regeln der ärztlichen Kunst maßgeblich sind, muss ggf. auch die nicht dem sonst in der GKV vorausgesetzten medizinischem Standard entsprechende Behandlungsmethode in erster Linie fachärztlich durchgeführt werden; die Behandlung muss abgesehen davon, dass ihre Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit durch den Bundesausschuss nicht anerkannt ist, jedenfalls im Übrigen den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend durchgeführt und ausreichend dokumentiert werden (zum Arztvorbehalt vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005, SozR 4-2500 § 27 Nr. 5 RdNr 26; Urteil des erkennenden Senats vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 4: Tomudex, RdNr 50 zu den Regeln der ärztlichen Kunst und Dokumentationspflichten ). Den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht es auch, jedenfalls soweit es in der jeweiligen Berufsordnung (vgl. dazu auch die nicht als solche rechtsverbindliche Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte - MBO-Ä 1997, DÄBl 1997 <94>, A-2354; inzwischen § 15 Abs 4 MBO-Ä, DÄBl 2004<101>, A-1578, A-1580 ) entsprechend der "Deklaration von Helsinki" vorgesehen ist, bei beabsichtigten Heilversuchen zuvor die zuständige Ethikkommission einzuschalten und ihre (ggf. positive) Beurteilung abzuwarten ( zur "Deklaration von Helsinki", die grundsätzliche Aussagen zur medizinischen Forschung am Menschen enthält und bzgl. deren Planung und Durchführung die Beratung durch eine Ethikkommission empfiehlt, vgl. zB Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2005, § 74 III, RdNr 8 ff; Taupitz, MedR 2001, 277, 280 f; Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Aufl 2002, § 4 RdNr 18 f, jeweils mwN ).
43 
Im Hinblick auf diese Rechtsgrundsätze war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Versicherten die Krebstherapie des Arztes S. zu gewähren, weshalb sie auch die dafür gezahlten Kosten nicht erstatten muss. Zwar litt der Versicherte unstreitig an einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Es fehlt aber an den übrigen Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG für eine Anspruchsbegründung bei grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts der Gesetzlichen Krankenversicherung erfüllt sein müssen. Das geht insbesondere aus den vorliegenden Gutachten und Arztunterlagen schlüssig und überzeugend hervor.
44 
So standen zur weiteren Behandlung des Versicherten Therapieoptionen zur Verfügung, die dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechen und als Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung auch gewährt werden. Dr. P. (MDK Bayern) hat hierzu bereits in der Stellungnahme vom 23.5.2006 ausgeführt, die vertraglichen Behandlungsmethoden seien noch nicht ausgeschöpft; angewendet werden könne die Fortsetzung der palliativen Onkologie, evtl. komme auch der Versuch einer (weiteren) Resektion in Betracht. Gegenindikationen oder Unverträglichkeiten schloss der Arzt aus. Zur im Wesentlichen gleichen Einschätzung gelangte Dr. B. (MDK Baden-Württemberg) im Gutachten vom 5.7.2006. Danach war die weitere palliative Krebstherapie durch Chemotherapie möglich, ggf. auch eine Operation mit kurativer Zielsetzung. Wäre die ausgeschlossen gewesen, wäre eine geänderte Chemotherapie in Frage gekommen. Eine weitere kurative Operation hatte man auch in der Chirurgischen Universitätsklinik H. als mögliche Option in Betracht gezogen. Die Berichte der vom Sozialgericht befragten behandelnden Ärzte ergeben kein anderes Bild. Nach Ansicht des Prof. Dr. D. war die Strahlentherapie zwar ausgeschöpft, allerdings war die Fortsetzung der Chemotherapie geplant. Auch Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bü. vertrat die Auffassung, für die Behandlung des Versicherten hätten noch umfangreiche, wissenschaftliche begründete und multidisziplinär abgestimmte Behandlungen zur Verfügung gestanden. Dr. Bi., den der Versicherte in der B.-Klinik, B., konsultiert hatte, hatte einen dritten - vom Versicherten allerdings nicht mehr wahrgenommenen - Chemotherapiezyklus geplant, der dem allgemein anerkannten medizinischen Standard hinsichtlich des Vorgehens bei einem Zustand nach Magenkarzinom entsprochen hätte.
45 
Die Klägerin hat dem nichts Stichhaltiges entgegengesetzt. Mit dem Hinweis darauf, die Strahlentherapie sei (unstreitig) ausgeschöpft gewesen und der Versicherte habe die kombinierte Radio-Chemotherapie nur mäßig toleriert, sind die von den Gutachtern und behandelnden Ärzten benannten Therapieoptionen nicht beiseite zu schieben. Dass die in der Medizin anerkannten Behandlungsmethoden Krebserkrankungen in vielen Fällen, auch im Fall des Versicherten, letztendlich nicht heilen können, kann deren Wirksamkeit weder im Allgemeinen noch im Fall des Versicherten entgegengehalten werden. Im Übrigen ist aus den vorliegenden Arztunterlagen und Gutachten nicht ersichtlich und auch nicht substantiiert dargetan, dass beim Versicherten jedwede anerkannte Krebsbehandlung wegen Gegenindikationen oder Unverträglichkeiten ausgeschlossen gewesen wäre.
46 
Standen damit auf der einen Seite medizinisch anerkannte Behandlungsmethoden zur Verfügung fehlt es der Behandlung des Arztes S. auf der anderen Seite außerdem an einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fern liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Auch das geht aus dem Gutachten der Dr. B. überzeugend hervor. Danach besteht die Behandlung des Arztes S. aus einem Konglomerat unterschiedlichster Behandlungen, deren Wirksamkeit nicht belegt ist. Was die als Bestandteil der Behandlung ebenfalls angewandte lokale ambulante Hyperthermie im Besonderen angeht, ist diese durch Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 15.5.2005 (BAnz 2005, S. 7485) mit Wirkung vom 14.5.2005 als nicht anerkannte Behandlungsmethode aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen worden (§ 1 Abs. 2 i. V. Anlage II Nr. 42 der am 1.4.2006 in Kraft getretenen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung - MethodRL - v. 17.1.2006; bis dahin BUB-RL). Für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung ist (wie dargelegt) nach der Rechtsprechung des BSG (BSG, Urt. v. 7.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -) aber regelmäßig kein Raum mehr, wenn der Bundesausschuss nach (wie hier) nicht zu beanstandender Prüfung zu einer negativen Bewertung gelangt ist: Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind. Damit scheidet dieses Behandlungselement aus der Leistungsgewährung bzw. der Kostenerstattung auch aus diesem Grund von Vornherein aus. Was schließlich die Gabe von Ukrain (als weiterem Element der Behandlung des Arztes S.) angeht, hat Dr. B. überzeugend dargelegt, dass dessen Wirksamkeit nicht hinreichend belegt ist, nachdem die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft und der Deutschen Krebsgesellschaft im Jahr 2001 hierzu eine negative Stellungnahme abgegeben haben und abgesehen von einer offensichtlich umstrittenen Phase-II-Studie nur vorklinische Untersuchungen in der Fachliteratur vorliegen.
47 
Schließlich fehlt es dem Arzt S. am notwendigen Facharztstandard. Wegen der Maßgeblichkeit der Regeln ärztlicher Kunst muss ggf. auch die nicht dem sonst in der Gesetzlichen Krankenversicherung vorausgesetztem medizinischem Standard entsprechende Behandlungsmethode in erster Linie fachärztlich durchgeführt und ausreichend dokumentiert werden (BSG, Urt. v. 7.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -). Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -) ist daher regelmäßig - so auch hier - die Behandlung durch einen Facharzt bzw. einen in gleicher Weise einschlägig qualifizierten Arzt notwendig. Bei der Anwendung von Arzneimitteln, die toxische Nebenwirkungen erwarten lassen (etwa bei Zytostatika), kann zudem erforderlich sein, dass der behandelnde Arzt im Umgang mit entsprechenden Arzneimitteln erfahren ist. Der behandelnde Arzt muss die Behandlung verantworten (vgl. § 15 Abs 1 SGB V ) und die Regeln der ärztlichen Kunst bei der Durchführung der Behandlung einhalten (vgl. § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V ). Das setzt auch eine hinreichende Dokumentation der Behandlung und die Vornahme von Kontrollen und gebotenen Sicherheitsvorkehrungen voraus (z.B. durch Überwachung geeigneter medizinischer Parameter oder Verordnung von stationärer Behandlung bei Realisierung von Gefahren), um das Risiko für den Patienten gering zu halten und bei Bedarf schnell reagieren zu können (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).
48 
Die Behandlung der bei dem Versicherten vorliegenden Krebserkrankung (Magenkarzinom) war daher Sache des hierzu berufenen Facharztes, also des nach Maßgabe des einschlägigen Berufsrechts entsprechend qualifizierten Internisten (Gastroenterologen) oder Onkologen. Das gilt auch (und gerade) für die hier streitigen Krebsbehandlungen, die dem sonst in der Gesetzlichen Krankenversicherung vorausgesetzten medizinischen Standard nicht entsprechen, gleichwohl aber nach Maßgabe grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts (als Sachleistung) gewährt werden sollen. Der Arzt S. ist (berufsrechtlich) weder Internist noch Onkologe, sondern Arzt für Naturheilverfahren und Chirotherapie und verfügt daher über den für die Durchführung von Krebsbehandlungen auf Kosten der Gesetzlichen Krankenversicherung notwendigen Facharztstandard nicht.
49 
Das Sozialgericht hat die Klage damit zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
50 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Gründe

 
24 
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei einem Beschwerdewert von 33.959,52 EUR ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten für die Krebsbehandlung des Versicherten durch den Arzt S. zu erstatten. Die Klägerin hat darauf keinen Anspruch.
25 
Rechtsgrundlage des von der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten (§ 58 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I) geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V); eine unaufschiebbare Leistung i. S. d. § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V steht (unstreitig) nicht in Rede. Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V sind die für eine selbst beschaffte Leistung entstandenen Kosten von der Krankenkasse zu erstatten, wenn sie die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte. Das war hier nicht der Fall. Die vom Versicherten in Anspruch genommene Behandlung durch den Arzt S. gehört nicht zu den Leistungen, die die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten zu erbringen haben. Die Beklagte musste sie dem Versicherten daher nicht als Sachleistung zur Verfügung stellen und infolge dessen auch die an den Arzt S. gezahlten Behandlungskosten nicht erstatten.
26 
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Danach haben sie Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um (u. a.) eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V).
27 
Soweit es um die Versorgung mit Arzneimitteln, hier etwa mit dem Medikament Ukrain geht, ist in rechtlicher Hinsicht zwischen zulassungspflichtigen Fertigarzneimitteln und zulassungsfreien Rezepturarzneimitteln zu unterscheiden. Arzneimittel, die - als Fertigarzneimittel - im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an Endverbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht werden, bedürfen nach § 4 Abs. 1 AMG der Zulassung durch die dafür zuständige Behörde, während Arzneimittel, die - als Rezepturarzneimittel - für den jeweiligen Behandlungsfall nach ärztlicher Verordnung zusammengestellt werden, zulassungsfrei sind. Verfügt ein Fertigarzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung, fehlt es (schon deshalb) an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V; es gehört daher von vornherein nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BSG, Urt. v. 6.1.2005, - B 1 KR 51/03 B – m.w.N. sowie näher auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, - L 4 KR 3828/01 -). Daran ändert eine etwaige Zulassung oder Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels im Ausland nichts. Unbeschadet der Möglichkeit, ausländische Zulassungsentscheidungen zu übernehmen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AMG), und unbeschadet spezieller europarechtlicher Gemeinschaftsverfahren im Arzneimittelbereich führt dies nur dazu, dass das Arzneimittel importiert und ärztlich verordnet werden darf (§ 73 Abs. 3 AMG); die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen wird dadurch nicht begründet (näher LSG Baden-Württemberg, Urt. v,. 25.4.2003, a. a. O. sowie BSGE 93,1 und BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).
28 
Schließlich ist allgemein das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (BSG, Urt. v. 7.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -) zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, wozu auch neue Arzneimitteltherapien oder neue Krebstherapien gehören, in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (BSGE 81,73, ständige Rechtsprechung – zuletzt BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -), wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des Bundesausschusses sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R - m.w.N.). Ohne befürwortende Entscheidung des Bundesausschusses kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch Senatsurteil vom 30.8.2006, - L 5 KR 281/06 -).
29 
Von diesen rechtlichen Vorgaben ausgehend kann das Erstattungsbegehren der Klägerin keinen Erfolg haben. Es richtet sich ersichtlich nicht allein auf die für das Medikament Ukrain aufgewandten Kosten, deren Erstattung schon mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung dieses (nur über eine belorussische Zulassung verfügenden) Medikaments ausgeschlossen wäre, sondern auf die Kosten der Krebsbehandlung durch den Arzt S. in ihrer Gesamtheit. Diese Behandlung bestand nach den Erkenntnissen des MDK (und den hierüber ausgestellten Rechnungen des Arztes) neben der Anwendung von Ukrain aus einem Konglomerat verschiedenster Behandlungen, u.a. Blutautotransfusionen, Infusionen von Natriumhydrogenkarbonat, Kaliumchlorid, Magnesium, Procain, Ukrain und anderen Mitteln. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, dem Versicherten diese Therapie als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Der Arzt S. verfügt zum einen nicht über eine Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und gehört damit nicht zum Kreis der Leistungserbringer, die die gesetzlich Krankenversicherten auf Kosten der Krankenkassen in Anspruch nehmen dürfen. Außerdem fehlt es seiner Krebsbehandlung an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des Bundesausschusses, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Der Ausnahmefälle des sog. Systemversagens“ oder besonders seltener Erkrankungen liegen offensichtlich nicht vor. Auch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden bei krankheitsbedingter Lebensgefahr (BVerfG, Beschl. v. 6.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, NZS 2006, 84) kann der Klägerin nicht weiterhelfen.
30 
Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend einschlägig. Die Krebsbehandlung des Arztes S. unter Anwendung (u.a.) von Ukrain (in Kombination mit anderen Therapien, wie Blutautotransfusionen, Infusionen von Natriumhydrogenkarbonat, Kaliumchlorid oder Magnesium und ambulanter Hyperthermie, zu letzterem i. e. noch unten) ist eine Behandlungsmethode i. S. d. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt bzw. zu Grunde liegen soll, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Um eine „besondere Therapierichtung“, deren Arzneimittel gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht ausgeschlossen sind, geht es ersichtlich nicht, weshalb dahinstehen mag, ob die Klägerin aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V für sich günstige Rechtsfolgen herleiten könnte. Besondere Therapierichtungen bedürfen nämlich (u.a.) eines sich von der naturwissenschaftlichen Schulmedizin abgrenzenden weltanschaulichen Denkansatzes (wie etwa die Homöopathie oder die anthroposophische Medizin). Das ist hier ersichtlich nicht der Fall. Die Therapie des Arztes S. nimmt nicht für sich in Anspruch, im Gegensatz zu den wesentlichen Grundaussagen der Schulmedizin zu stehen (dazu näher BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R – m.N.) und bedient sich, wie aus dem Gutachten des Dr. B. (MDK) vom 5.7.2006 hervorgeht, lediglich eines Konglomerats verschiedenster Behandlungen mit Homöopathika und anderen Arzneimitteln, wie bspw. Ukrain.
31 
Das Fehlen der nach § 135 Abs. 1 SGB V notwendigen Empfehlung des Bundesausschusses ist nicht wegen sog. „Systemversagens“ entbehrlich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde und damit ein sog. „Systemversagen“ vorliegt. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (näher BSGE 81, 54 sowie BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -). Für eine solche Fallgestaltung ist hier aber nichts ersichtlich oder substantiiert geltend gemacht. Der Sonderfall einer wegen ihrer Seltenheit praktisch nicht systematisch erforschbaren Krankheit, deren Behandlung aus dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung deswegen nicht schon mangels entsprechender Empfehlung des Bundesausschusses ausscheidet (vgl. dazu BSGE 93,236), liegt offensichtlich ebenfalls nicht vor.
32 
Die Klägerin kann sich schließlich nicht auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung berufen.
33 
In seinem Beschluss vom 6.12.2005 (a. a. O.) hat es das Bundesverfassungsgericht für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall durch die Duchennesche Muskeldystrophie) verfassungswidrig.
34 
Das Bundessozialgericht hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner neueren Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat schließt sich dem an. Danach – so etwa BSG, Urt. v. 7.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 4.4.2006 (B 1 KR 7/05 R) - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe (BSGE 94, 221), gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
35 
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor.
        
2. Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung.
        
3. Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine „auf Indizien gestützte“ nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
36 
Ergänzend hat das BSG im Urteil vom 7.11.2006 (- B 1 KR 24/06 R - Folgendes ausgeführt:
37 
Art. 2 GG verlangt eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf eine bestimmte Versorgung der Versicherten entgegenstehen. Dagegen bleibt die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der GKV-Leistungen unberührt (vgl. dazu Senatsurteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 12/04 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 7: D-Ribose, RdNr 28 ff mwN ). Die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten sollen einerseits verhindern, dass die den Versicherten durch Gesetz eingeräumten Leistungsansprüche in einer dem Zweck des Art. 2 GG zuwiderlaufenden Weise eingeschränkt werden; so lag der Fall nach Ansicht des BVerfG in der Entscheidung vom 6. Dezember 2005. - Andererseits setzen die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten dem Leistungsbegehren der Versicherten selbst im Falle regelmäßig tödlich verlaufender Krankheiten Grenzen. Sie sollen die Versicherten in solchen Fällen auch davor bewahren, auf Kosten der GKV mit zweifelhaften Therapien behandelt zu werden, wenn auf diese Weise eine nahe liegende, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht wahrgenommen wird. Erst wenn feststeht, dass derartige nach allgemeinem Standard anerkannte Behandlungsmethoden (generell) überhaupt nicht zur Verfügung stehen oder im konkreten Einzelfall ausscheiden, weil der Versicherte diese nachgewiesenermaßen nicht verträgt, ist der vom BVerfG geforderte Bereich einer weiten, verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften des SGB V eröffnet, in welchem auf den exakten wissenschaftlichen Nachweis des Nutzens und der Wirtschaftlichkeit einer bestimmten Behandlungsmethode verzichtet werden darf und man sich mit einem der notstandsähnlichen Situation angemessenen geringeren Wahrscheinlichkeitsmaßstab begnügen darf. Die anzuwendende Methode muss allerdings im Allgemeinen wie auch im konkret zu beurteilenden Fall überwiegend positive Wirkungen haben und es muss feststehen, dass sie "mehr nützt als schadet".
38 
Zur Würdigung der verfassungsrechtlichen Schutzpflichten, denen gerade auch der Arztvorbehalt (§ 15 Abs 1 SGB V) Rechnung trägt, bezieht das BVerfG in einem umfassenden Sinne die Regeln der ärztlichen Kunst in die Vorgaben für eine verfassungskonforme Auslegung des SGB V mit ein (vgl. BSG Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-2500 § 31 Nr. 4: Tomudex, RdNr 24 ), sodass es folgerichtig ist, alle drei vom BVerfG konzipierten Voraussetzungen entsprechend § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu beurteilen: das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Krankheit, das Fehlen einer anwendbaren Standardtherapie und das Bestehen von mehr als bloß ganz entfernt liegenden Aussichten auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch die streitige Therapie. Gesetzes- und Verfassungsrecht fordern und akzeptieren, dass GKV-Leistungen allein nach Maßgabe der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zu beanspruchen und zu erbringen sind (vgl. § 2 Abs 1 Satz 3; § 15 Abs 1; § 70 Abs 1; § 72 Abs 2; §§ 135 ff SGB V; BVerfG, SozR 4-2500 § 27 Nr. 5 RdNr 28; BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - RdNr 35). Andere als medizinische Verfahren - wie etwa lediglich auf rituelle Heilung ausgerichtete Maßnahmen, zB bloßes Handauflegen eines "Geistheilers" oder "Wunderheilers" (vgl. dazu BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 2. März 2004 - 1 BvR 784/03 - NJW-RR 2004, 705 f = MedR 2005, 35 ff; BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 BvR 1802/02 - NJW 2004, 2890 f = BVerfGK 3, 234 f) - sind daher von vornherein ausgeschlossen, selbst wenn sich ein Arzt hierzu bereit finden sollte.
39 
Zudem müssen die Erkenntnisse wissenschaftlicher Art, also objektivierbar sein. Dementsprechend hat das BVerfG das im Recht der GKV mit dem Arztvorbehalt verfolgte gesetzgeberische Ziel als einen wichtigen Gemeinschaftsbelang anerkannt. Der Arztvorbehalt soll dafür sorgen, dass eine auf öffentliche Kosten durchgeführte Behandlung durch die Art der angewandten Methoden und die Qualifikation der behandelnden Personen objektiv Erfolg verspricht ( BVerfGE 78, 155, 162 = SozR 2200 § 368 Nr. 11, auf BSGE 48, 47, 52 f = SozR 2200 § 368 Nr. 4 verweisend). In der Konsequenz dieser Rechtsprechung liegt es auch, dass das BVerfG es als verfassungskonform angesehen hat, wenn der Gesetzgeber zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorsieht, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methode zu Lasten der Krankenkassen auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen ( BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005, aaO, SozR RdNr 28) . Besteht ein solches, vom Gesetzgeber vorgesehenes Verfahren mit dem Ziel, den Versicherten und die Versichertengemeinschaft vor riskanten und/oder ineffektiven medizinischen Maßnahmen zu schützen, entspricht es den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten auch, den Ergebnissen dieses Verfahrens bei der Konkretisierung von Leistungsansprüchen Rechnung zu tragen. Ein solches Verfahren sieht das SGB V in § 135 zum Schutze der Versicherten und der Versichertengemeinschaft vor, in dem generalisierend zu den vorgenannten Kriterien Stellung zu nehmen ist (vgl. z.B. Senat, BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 1, jeweils RdNr 22). Für den Zeitraum, bis zu dem in einem solchen Verfahren noch Ergebnisse fehlen, ist für zumindest hilfsweise eingreifende Sicherungen zu sorgen und für die Zeitdauer bis zu einer Entscheidung des Bundesausschusses aus verfassungsrechtlichen Gründen unter den Voraussetzungen des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 ausnahmsweise ein Anspruch auf Anwendung einer neuen, noch nicht zugelassenen Behandlungsmethode denkbar; allerdings muss an die Stelle der noch nicht abgeschlossenen Prüfung durch den Bundesausschuss die generalisierende Prüfung von Risiken und Nutzen anlässlich des - wie hier - konkret zur Entscheidung stehenden Einzelfalles treten. Andererseits ist für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr, wenn der Bundesausschuss - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu einer negativen Bewertung gelangt ist: Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem GKV-Leistungskatalog nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind.
40 
Aus der Pflicht, die Regeln der ärztlichen Kunst zu beachten, folgt schließlich die Notwendigkeit, nicht nur abstrakt, sondern auch konkret bezogen auf den Einzelfall Risiken und Nutzen zu ermitteln. Bei beiden Prüfungen ist es geboten, jeweils das erreichbare Behandlungsziel i S. von § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V zu berücksichtigen. Der bei beiden Analysen von Nutzen und Risiken zu beachtende Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der den Zurechnungszusammenhang zwischen Therapie, Erfolg und Risiken betrifft, unterliegt - ähnlich wie bei der Anwendung von Pharmakotherapien mit Fertigarzneimitteln zu Lasten der GKV - auf Grund von Verfassungsrecht (vgl. näher 1. Senat, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R, aaO: Tomudex, RdNr 39 f) Abstufungen je nach Schwere und Stadium der Erkrankung und Ausmaß sowie Eintrittswahrscheinlichkeit von unerwünschten Nebenwirkungen.
41 
Erforderlich ist, dass unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes sowohl die abstrakte als auch die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung ergeben, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt (BSG, aaO, Tomudex, RdNr 38 - 48) . Soweit danach eine solche Behandlungsmethode in Betracht kommt, ist zu prüfen, ob bei Anlegen des gleichen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes auch andere (anerkannte) Methoden diesen Anforderungen genügen. Ist dem so, sind diese Methoden untereinander hinsichtlich Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit zu vergleichen (vgl. Urteil des Senats vom 26. September 2006 - B 1 KR 1/06 R: Ilomedin, zur Veröffentlichung vorgesehen).
42 
Da die Regeln der ärztlichen Kunst maßgeblich sind, muss ggf. auch die nicht dem sonst in der GKV vorausgesetzten medizinischem Standard entsprechende Behandlungsmethode in erster Linie fachärztlich durchgeführt werden; die Behandlung muss abgesehen davon, dass ihre Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit durch den Bundesausschuss nicht anerkannt ist, jedenfalls im Übrigen den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend durchgeführt und ausreichend dokumentiert werden (zum Arztvorbehalt vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005, SozR 4-2500 § 27 Nr. 5 RdNr 26; Urteil des erkennenden Senats vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 4: Tomudex, RdNr 50 zu den Regeln der ärztlichen Kunst und Dokumentationspflichten ). Den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht es auch, jedenfalls soweit es in der jeweiligen Berufsordnung (vgl. dazu auch die nicht als solche rechtsverbindliche Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte - MBO-Ä 1997, DÄBl 1997 <94>, A-2354; inzwischen § 15 Abs 4 MBO-Ä, DÄBl 2004<101>, A-1578, A-1580 ) entsprechend der "Deklaration von Helsinki" vorgesehen ist, bei beabsichtigten Heilversuchen zuvor die zuständige Ethikkommission einzuschalten und ihre (ggf. positive) Beurteilung abzuwarten ( zur "Deklaration von Helsinki", die grundsätzliche Aussagen zur medizinischen Forschung am Menschen enthält und bzgl. deren Planung und Durchführung die Beratung durch eine Ethikkommission empfiehlt, vgl. zB Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2005, § 74 III, RdNr 8 ff; Taupitz, MedR 2001, 277, 280 f; Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Aufl 2002, § 4 RdNr 18 f, jeweils mwN ).
43 
Im Hinblick auf diese Rechtsgrundsätze war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Versicherten die Krebstherapie des Arztes S. zu gewähren, weshalb sie auch die dafür gezahlten Kosten nicht erstatten muss. Zwar litt der Versicherte unstreitig an einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Es fehlt aber an den übrigen Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG für eine Anspruchsbegründung bei grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts der Gesetzlichen Krankenversicherung erfüllt sein müssen. Das geht insbesondere aus den vorliegenden Gutachten und Arztunterlagen schlüssig und überzeugend hervor.
44 
So standen zur weiteren Behandlung des Versicherten Therapieoptionen zur Verfügung, die dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechen und als Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung auch gewährt werden. Dr. P. (MDK Bayern) hat hierzu bereits in der Stellungnahme vom 23.5.2006 ausgeführt, die vertraglichen Behandlungsmethoden seien noch nicht ausgeschöpft; angewendet werden könne die Fortsetzung der palliativen Onkologie, evtl. komme auch der Versuch einer (weiteren) Resektion in Betracht. Gegenindikationen oder Unverträglichkeiten schloss der Arzt aus. Zur im Wesentlichen gleichen Einschätzung gelangte Dr. B. (MDK Baden-Württemberg) im Gutachten vom 5.7.2006. Danach war die weitere palliative Krebstherapie durch Chemotherapie möglich, ggf. auch eine Operation mit kurativer Zielsetzung. Wäre die ausgeschlossen gewesen, wäre eine geänderte Chemotherapie in Frage gekommen. Eine weitere kurative Operation hatte man auch in der Chirurgischen Universitätsklinik H. als mögliche Option in Betracht gezogen. Die Berichte der vom Sozialgericht befragten behandelnden Ärzte ergeben kein anderes Bild. Nach Ansicht des Prof. Dr. D. war die Strahlentherapie zwar ausgeschöpft, allerdings war die Fortsetzung der Chemotherapie geplant. Auch Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bü. vertrat die Auffassung, für die Behandlung des Versicherten hätten noch umfangreiche, wissenschaftliche begründete und multidisziplinär abgestimmte Behandlungen zur Verfügung gestanden. Dr. Bi., den der Versicherte in der B.-Klinik, B., konsultiert hatte, hatte einen dritten - vom Versicherten allerdings nicht mehr wahrgenommenen - Chemotherapiezyklus geplant, der dem allgemein anerkannten medizinischen Standard hinsichtlich des Vorgehens bei einem Zustand nach Magenkarzinom entsprochen hätte.
45 
Die Klägerin hat dem nichts Stichhaltiges entgegengesetzt. Mit dem Hinweis darauf, die Strahlentherapie sei (unstreitig) ausgeschöpft gewesen und der Versicherte habe die kombinierte Radio-Chemotherapie nur mäßig toleriert, sind die von den Gutachtern und behandelnden Ärzten benannten Therapieoptionen nicht beiseite zu schieben. Dass die in der Medizin anerkannten Behandlungsmethoden Krebserkrankungen in vielen Fällen, auch im Fall des Versicherten, letztendlich nicht heilen können, kann deren Wirksamkeit weder im Allgemeinen noch im Fall des Versicherten entgegengehalten werden. Im Übrigen ist aus den vorliegenden Arztunterlagen und Gutachten nicht ersichtlich und auch nicht substantiiert dargetan, dass beim Versicherten jedwede anerkannte Krebsbehandlung wegen Gegenindikationen oder Unverträglichkeiten ausgeschlossen gewesen wäre.
46 
Standen damit auf der einen Seite medizinisch anerkannte Behandlungsmethoden zur Verfügung fehlt es der Behandlung des Arztes S. auf der anderen Seite außerdem an einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fern liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Auch das geht aus dem Gutachten der Dr. B. überzeugend hervor. Danach besteht die Behandlung des Arztes S. aus einem Konglomerat unterschiedlichster Behandlungen, deren Wirksamkeit nicht belegt ist. Was die als Bestandteil der Behandlung ebenfalls angewandte lokale ambulante Hyperthermie im Besonderen angeht, ist diese durch Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 15.5.2005 (BAnz 2005, S. 7485) mit Wirkung vom 14.5.2005 als nicht anerkannte Behandlungsmethode aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen worden (§ 1 Abs. 2 i. V. Anlage II Nr. 42 der am 1.4.2006 in Kraft getretenen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung - MethodRL - v. 17.1.2006; bis dahin BUB-RL). Für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung ist (wie dargelegt) nach der Rechtsprechung des BSG (BSG, Urt. v. 7.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -) aber regelmäßig kein Raum mehr, wenn der Bundesausschuss nach (wie hier) nicht zu beanstandender Prüfung zu einer negativen Bewertung gelangt ist: Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind. Damit scheidet dieses Behandlungselement aus der Leistungsgewährung bzw. der Kostenerstattung auch aus diesem Grund von Vornherein aus. Was schließlich die Gabe von Ukrain (als weiterem Element der Behandlung des Arztes S.) angeht, hat Dr. B. überzeugend dargelegt, dass dessen Wirksamkeit nicht hinreichend belegt ist, nachdem die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft und der Deutschen Krebsgesellschaft im Jahr 2001 hierzu eine negative Stellungnahme abgegeben haben und abgesehen von einer offensichtlich umstrittenen Phase-II-Studie nur vorklinische Untersuchungen in der Fachliteratur vorliegen.
47 
Schließlich fehlt es dem Arzt S. am notwendigen Facharztstandard. Wegen der Maßgeblichkeit der Regeln ärztlicher Kunst muss ggf. auch die nicht dem sonst in der Gesetzlichen Krankenversicherung vorausgesetztem medizinischem Standard entsprechende Behandlungsmethode in erster Linie fachärztlich durchgeführt und ausreichend dokumentiert werden (BSG, Urt. v. 7.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -). Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -) ist daher regelmäßig - so auch hier - die Behandlung durch einen Facharzt bzw. einen in gleicher Weise einschlägig qualifizierten Arzt notwendig. Bei der Anwendung von Arzneimitteln, die toxische Nebenwirkungen erwarten lassen (etwa bei Zytostatika), kann zudem erforderlich sein, dass der behandelnde Arzt im Umgang mit entsprechenden Arzneimitteln erfahren ist. Der behandelnde Arzt muss die Behandlung verantworten (vgl. § 15 Abs 1 SGB V ) und die Regeln der ärztlichen Kunst bei der Durchführung der Behandlung einhalten (vgl. § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V ). Das setzt auch eine hinreichende Dokumentation der Behandlung und die Vornahme von Kontrollen und gebotenen Sicherheitsvorkehrungen voraus (z.B. durch Überwachung geeigneter medizinischer Parameter oder Verordnung von stationärer Behandlung bei Realisierung von Gefahren), um das Risiko für den Patienten gering zu halten und bei Bedarf schnell reagieren zu können (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).
48 
Die Behandlung der bei dem Versicherten vorliegenden Krebserkrankung (Magenkarzinom) war daher Sache des hierzu berufenen Facharztes, also des nach Maßgabe des einschlägigen Berufsrechts entsprechend qualifizierten Internisten (Gastroenterologen) oder Onkologen. Das gilt auch (und gerade) für die hier streitigen Krebsbehandlungen, die dem sonst in der Gesetzlichen Krankenversicherung vorausgesetzten medizinischen Standard nicht entsprechen, gleichwohl aber nach Maßgabe grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts (als Sachleistung) gewährt werden sollen. Der Arzt S. ist (berufsrechtlich) weder Internist noch Onkologe, sondern Arzt für Naturheilverfahren und Chirotherapie und verfügt daher über den für die Durchführung von Krebsbehandlungen auf Kosten der Gesetzlichen Krankenversicherung notwendigen Facharztstandard nicht.
49 
Das Sozialgericht hat die Klage damit zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
50 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

Tenor

Die Revision der Klägerinnen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerinnen tragen auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 8.

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 2 500 000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die klagenden pharmazeutischen Unternehmen wenden sich gegen die Festsetzung eines Festbetrages für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Atorvastatin.

2

Atorvastatin gehört zur Wirkstoffgruppe der Statine, die insbesondere dazu dienen, den Cholesterin-Spiegel im Menschen zu senken. Dazu vermindern sie die körpereigene Erzeugung des an Lipoprotein geringer Dichte (LDL) gebundenen Cholesterins, das im Blutkreislauf zur Leber transportiert wird, indem sie die Wirkung des Schlüsselenzyms für die Cholesterinproduktion in Körperzellen (ß-Hydroxy-ß-Methylglutaryl-Coenzym A-Reduktase ) hemmen. Die Zellen reagieren auf den hierdurch hervorgerufenen Cholesterinmangel, indem sie vermehrt Rezeptoren bilden, die das LDL aus dem Blut aufnehmen. Der Wirkstoff Atorvastatin ist enthalten in dem von den Klägerinnen seit 1997 in Deutschland hergestellten und vertriebenen Fertigarzneimittel Sortis. Atorvastatin wird synthetisch hergestellt und genießt bis 2011 Patentschutz. Sortis wurde am 17.12.1996 mit den Wirkstärken 10, 20, 40 mg, später auch mit der Wirkstärke 80 mg arzneimittelrechtlich zugelassen. Nach der Fachinformation erstreckt sich die Zulassung von Sortis ua auf das Anwendungsgebiet der primären und kombinierten Hypercholesterinämie. Für diese Anwendungsgebiete sind auch die übrigen Arzneimittel zugelassen, die die Statine Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin und Simvastatin enthalten. Der Beigeladene zu 1. fasste auf der Grundlage einer Anhörung und einer gutachterlichen Stellungnahme Arzneimittel mit Statinen als Wirkstoff in der Festbetragsgruppe "HMG-CoA-Reduktasehemmer" in der Anlage 2 der Arzneimittel-Richtlinien zusammen (Wirkstoffe und Vergleichsgrößen Atorvastatin: 16,7; Fluvastatin: 42,2; Lovastatin: 23,2; Pravastatin: 21,3 sowie Simvastatin: 20,7; Beschluss vom 20.7.2004, BAnz Nr 182 vom 25.9.2004, S 21086). Die Beigeladenen zu 3. bis 8. setzten mit Wirkung vom 1.1.2005 einen Festbetrag von 62,55 Euro für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer fest (Standardpackung 100, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,97; Beschluss vom 29.10.2004, BAnz Nr 210 vom 5.11.2004, S 22602). Die Wirkstoffe Fluvastatin, Lovastatin und Simvastatin waren bei Beschlussfassung zu diesem Festbetrag erhältlich. Der Apothekenabgabepreis von Sortis liegt seit Inkrafttreten dieser Festbetragsfestsetzung deutlich über dem Festbetrag.

3

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 22.11.2005). Während des Berufungsverfahrens haben die Beigeladenen zu 3. bis 8. am 10.2.2006 beschlossen, den Festbetrag für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer mit Wirkung vom 1.4.2006 um fünf Prozent auf 59,42 Euro abzusenken (Standardpackung 100, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,97; BAnz Nr 48 vom 9.3.2006, S 1524, 1534). Das LSG hat den Streit über die Anfechtung der Festbetragsfestsetzungen abgetrennt, die ab 1.7.2006 Arzneimittel mit dem Wirkstoff Atorvastatin betreffen (Aktenzeichen L 9 KR 351/09; vgl näher Senatsurteil vom selben Tage - B 1 KR 13/10 R), die Berufung gegen das SG-Urteil zurückgewiesen sowie die Klage gegen die Festbetragsfestsetzung vom 10.2.2006 abgewiesen: Die an § 35 SGB V zu messenden Allgemeinverfügungen der Beigeladenen zu 3. bis 8. wie auch der zugrunde liegende Beschluss des Beigeladenen zu 1. vom 20.7.2004 zur Festbetragsgruppen- und Vergleichsgrößenbildung seien nicht zu beanstanden (Urteil vom 16.12.2009).

4

Mit ihrer Revision rügen die Klägerinnen die Verletzung von § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2, Satz 3, Satz 5, Abs 1a, Abs 2, Abs 5 Satz 1 und 2 SGB V sowie von Verfahrensrecht. Der Beigeladene zu 1. habe Arzneimittel mit dem Wirkstoff Atorvastatin nicht in die Festbetragsgruppe der Statine einbeziehen dürfen, insbesondere da sie nachweislich pleiotrope Eigenschaften, eine therapierelevant besonders starke Wirkpotenz und einen schnellen Wirkeintritt sowie ein überlegenes Sicherheitsprofil hätten. Die festgesetzten Vergleichsgrößen spiegelten die Wirkunterschiede der betroffenen Arzneimittel nicht angemessen wider. Die festgesetzten Festbetragshöhen seien rechtswidrig, weil sie nicht das gesamte Spektrum der zu behandelnden Patienten berücksichtigten. Das LSG habe gegen §§ 103 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG verstoßen, da es entgegen seiner Aufklärungspflicht abgelehnt habe, antragsgemäß Prof. Dr. W. zu hören.

5

Die Klägerinnen beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Dezember 2009 und des Sozialgerichts Berlin vom 22. November 2005 aufzuheben sowie die Festbetragsfestsetzungen vom 29. Oktober 2004 und 10. Februar 2006 insoweit abzuändern, als darin ein Festbetrag für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Atorvastatin festgesetzt wird.

6

Der Beklagte und der Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

7

Beide halten das Urteil des LSG für zutreffend.

8

Die übrigen Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerinnen ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Die Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, insbesondere sind die Klägerinnen klagebefugt (dazu 1.). Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Festbetragsfestsetzung für den Geltungszeitraum vom 1.1.2005 bis 31.3.2006 (dazu 2.) sowie vom 1.4. bis 30.6.2006 (dazu 3.) die Klägerinnen nicht rechtswidrig beschwert, obwohl sie Arzneimittel mit dem Wirkstoff Atorvastatin einbezieht.

10

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt.

11

a) Die auf die Aufhebung von Festbetragsfestsetzungen gerichtete Klage ist eine ohne Vorverfahren statthafte Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 SGG iVm § 35 Abs 7 Satz 3 SGB V). Festbetragsfestsetzungen sind grundsätzlich Verwaltungsakte in Form der Allgemeinverfügung (§ 31 Satz 2 SGB X; vgl BVerfGE 106, 275 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2; BSGE 94, 1 = SozR 4-2500 § 35 Nr 3, RdNr 8). Zulässiger Streitgegenstand der Klage ist der Anspruch auf Aufhebung der Festbetragsfestsetzung vom 29.10.2004 und der später kraft Gesetzes (§ 153 Abs 1, § 96 Abs 1 SGG) einbezogenen Festbetragsanpassung vom 10.2.2006 für die Zeit bis zum Ablauf des 30.6.2006. Die Klägerinnen verfolgen zulässig ihren Anspruch auf Aufhebung der Festbetragsfestsetzungen vom 29.10.2004, 10.2.2006, 11.5.2006 und 7.4.2008 für die Zeit ab 1.7.2006 in einem gesonderten Verfahren (vgl zur Teilbarkeit des Anfechtungsbegehrens Senatsurteile vom selben Tage - B 1 KR 10/10 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, und - B 1 KR 13/10 R).

12

b) Die Klägerinnen haben ihre Klage im Berufungsverfahren zulässig gegen den Beklagten umgestellt, um nach Änderung der Zuständigkeit für Festbetragsfestsetzungen in § 35 Abs 3 Satz 1 SGB V iVm § 217f Abs 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl l 378) dem mit dieser Funktionsnachfolge verbundenen gesetzlichen Beteiligtenwechsel von den Beigeladenen zu 3. bis 8. zum Beklagten Rechnung zu tragen (vgl hierzu BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 13; BSGE 102, 248 = SozR 4-5050 § 15 Nr 6).

13

c) Die Klägerinnen sind als Herstellerinnen eines von der Festbetragsfestsetzung betroffenen Arzneimittels klagebefugt iS von § 54 Abs 1 Satz 2 SGG, obwohl sie nicht Adressaten der Regelung sind. Festbetragsfestsetzungen sind Verwaltungsakte in Form der Allgemeinverfügung, die sich nach der Gesetzeskonzeption an Versicherte und Vertragsärzte, nicht jedoch an Arzneimittelhersteller richten (§ 31 Satz 2 SGB X; vgl zur Regelung gegenüber Versicherten und Vertragsärzten näher Senatsurteil vom selben Tage - B 1 KR 10/10 R - unter II. 1.a, mwN, zur Veröffentlichung vorgesehen). Festgesetzte Festbeträge legen insbesondere als solche nicht Arzneimittelpreise fest. Betroffene Arzneimittelhersteller können die Aufhebung einer Festbetragsfestsetzung verlangen, soweit sie in ihren Anhörungsrechten verletzt oder wegen einer willkürlichen Handhabung des § 35 SGB V benachteiligt sind.

14

§ 35 SGB V verbürgt für Arzneimittelhersteller lediglich das - vorliegend unstreitig beachtete - Recht, vor Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) Stellung zu nehmen(vgl § 35 Abs 2 SGB V). Im Übrigen regelt § 35 SGB V im Interesse des Wirtschaftlichkeitsgebots der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV -(vgl § 12 Abs 1 SGB V)Voraussetzungen, Verfahren und Rechtsschutz bei Festbetragsfestsetzungen. Wortlaut, Entstehungsgeschichte und aufgezeigter Regelungszweck sowie die Gesetzesentwicklung nach der Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit des § 35 SGB V vom 17.12.2002 (BVerfGE 106, 275 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2) geben keinen Hinweis auf einen drittschützenden Gehalt der Regelung zugunsten von Arzneimittelherstellern. Daran hat sich auch dadurch nichts geändert, dass der GBA neuerdings die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen darf, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 SGB V oder durch die Vereinbarung eines Erstattungsbetrags nach § 130b SGB V hergestellt werden kann(s § 92 Abs 2 Satz 11 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst b Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung - Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2262; vgl hierzu Hauck, GesR 2011, 69, 70 ff). Diese Regelung begründet subjektive Rechte zugunsten von Arzneimittelherstellern bloß im Zusammenhang mit Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüssen durch den GBA. Arzneimittelhersteller können sich indes darauf berufen, dass eine fehlerhafte Festbetragsfestsetzung ihre Grundrechte verletzt, soweit sie eine grundrechtlich maßgebliche Wettbewerbsverfälschung beinhaltet (vgl BSGE 94, 1 = SozR 4-2500 § 35 Nr 3, RdNr 15).

15

Nach der Rechtsprechung des BVerfG verletzen Festbetragsfestsetzungen - ähnlich wie Ausschreibungen von Rabattverträgen - die Berufsfreiheit (Art 12 Abs 1 GG) pharmazeutischer Unternehmer nicht (BVerfGE 106, 275 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2; BVerfG A&R 2011, 38). Das Grundrecht der Berufsfreiheit umfasst zwar ua die Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen selbst festzusetzen oder mit den Interessenten auszuhandeln (vgl BVerfGE 101, 331, 347; 106, 275, 298; 117, 163, 181). Erfolgt die unternehmerische Berufstätigkeit am Markt nach den Grundsätzen des Wettbewerbs, wird die Reichweite des Freiheitsschutzes auch durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen. Art 12 Abs 1 GG sichert in diesem Rahmen die Teilhabe am Wettbewerb nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen (vgl BVerfGE 105, 252, 265). Dagegen umfasst das Grundrecht keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb und Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten (vgl BVerfGE 106, 275, 299 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 S 18; BVerfGE 116, 135, 152). Die Vergabe eines öffentlichen Auftrags an einen Mitbewerber und die der Vergabeentscheidung zugrunde gelegten Kriterien berühren ebenso wie mögliche Vorstufen einer Vergabeentscheidung, hier die Festbetragsfestsetzung, grundsätzlich nicht den Schutzbereich der Berufsfreiheit des erfolglosen Bewerbers. Bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags beeinflusst die handelnde staatliche Stelle den Wettbewerb nicht von außen, sondern wird selbst auf der Nachfrageseite wettbewerblich tätig und eröffnet so einen Vergabewettbewerb zwischen den potentiellen Anbietern. Dabei ist es grundsätzlich Sache des Nachfragers, nach welchen Kriterien und in welchem Verfahren er das günstigste Angebot auswählt. Dementsprechend trägt ein Wettbewerber auf der Angebotsseite stets das Risiko, dass seinem Angebot ein anderes, für den Nachfrager günstigeres vorgezogen wird (vgl BVerfGE 116, 135, 151 f). Festbetragsfestsetzungen betreffen lediglich die Rahmenbedingungen der wirtschaftlichen Betätigung pharmazeutischer Unternehmer, nämlich in einem weiteren Sinne Auswahlkriterien für die Einbeziehung von Arzneimitteln in den GKV-Leistungskatalog. Pharmazeutische Unternehmer haben keinen verfassungsrechtlich geschützten Anspruch darauf, dass ihre Angebote in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen werden und nicht von Festbetragsfestsetzungen betroffen sind.

16

Anders läge es nur, wenn die angewandten Bewertungskriterien nach ihrer Zielsetzung und ihren Wirkungen einen Ersatz für eine staatliche Maßnahme darstellen würden, die als Grundrechtseingriff in die Berufsfreiheit zu qualifizieren wäre (vgl BVerfGE 105, 252, 273; 116, 135, 153; 118, 1, 20). An einer eingriffsgleichen Wirkung einer staatlichen Maßnahme fehlt es jedoch, wenn mittelbare Folgen lediglich ein bloßer Reflex einer nicht entsprechend ausgerichteten Regelung sind (vgl BVerfGE 106, 275, 299 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 S 18; BVerfGE 116, 202, 222). Zwar verringern sich die Chancen eines Unternehmens erheblich, dessen Arzneimittel zu einem Preis oberhalb des Festbetrags verkauft werden. Die Marktbedeutung der Festbetragsfestsetzung mag dazu führen, dass sich pharmazeutische Unternehmen deshalb regelmäßig - anders als die Klägerinnen - veranlasst sehen, eine Festbetragsüberschreitung zu vermeiden. Die Rechtsgrundlagen der Festbetragsfestsetzung dienen aber erkennbar nicht dem Zweck, einer solchen Überschreitung generell entgegenzuwirken, sondern zielen darauf ab, im Interesse der Finanzierbarkeit der GKV für die Wirtschaftlichkeit der Angebote zu sorgen. Etwaige Auswirkungen auf die allgemeine Preisgestaltung der Arzneimittel für den GKV-Leistungskatalog anbietenden pharmazeutischen Unternehmen stellen sich lediglich als Reflex dieser Zielsetzung dar.

17

Zu messen ist die angegriffene Entscheidung allerdings am allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Einer staatlichen Stelle, die einen öffentlichen Auftrag vergibt, ist es aufgrund des Gleichheitssatzes verwehrt, das Verfahren oder die Kriterien der Vergabe willkürlich zu bestimmen (vgl BVerfGE 116, 135, 153), gleiches gilt für die Vorstufe von Vergaben, wie hier die Festbetragsfestsetzungen. Nach diesem Maßstab können staatliche Maßnahmen, die den Wettbewerb der Unternehmen untereinander willkürlich verfälschen, im Einzelfall eine Grundrechtsverletzung bedeuten. Wird eine Versorgungsalternative infolge willkürlicher medizinisch-pharmakologischer Bewertung zu Unrecht als mit anderen Arzneimitteln gleichwertig eingestuft, so beinhaltet dies jedenfalls dann eine Benachteiligung des betroffenen Arzneimittelherstellers im Wettbewerb, wenn die besondere therapeutische Qualität seines Arzneimittels durch Gleichbewertung mit andersartigen Konkurrenzprodukten ohne jeden sachlichen Grund verneint wird und dieses Arzneimittel als durch andere gleichwertig ersetzbar erscheint. Dagegen schützt der allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art 3 Abs 1 GG. Er verbietet nicht nur die unterschiedliche Behandlung von Gleichem, sondern auch die Gleichbehandlung von sachlich Ungleichem anhand offensichtlich sachwidriger Kriterien (vgl BVerfG A&R 2011, 38 RdNr 14).

18

Im Bereich der Festbeträge liegt eine solche verfassungswidrige Gleichbehandlung vor, wenn die Arzneimittel eines Arzneimittelherstellers offensichtlich aus pharmakologisch-therapeutischer Sicht so unterschiedlich sind, dass sie durch die Arzneimittel eines anderen Herstellers praktisch nicht ersetzt werden können, sie dennoch aber ohne Rechtfertigung in einer Festbetragsgruppe zusammengefasst sind. Dabei ergeben sich aus dem Gleichheitssatz umso engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (vgl für das Verhältnis zum Gesetzgeber BVerfGE 89, 15, 22 f; 90, 46, 56; 97, 271, 290 f; 99, 341, 355 f; 103, 242, 258; 105, 73, 110f; 116, 135, 161).

19

2. In der Sache bleibt die Revision ohne Erfolg. Die klagenden pharmazeutischen Unternehmen können anhand des dargelegten Prüfmaßstabs der willkürlichen Wettbewerbsverfälschung (vgl oben II.1.c) nicht beanspruchen, dass der Beschluss über die Festbetragsfestsetzung vom 29.10.2004 aufgehoben wird, da er rechtmäßig und keineswegs offensichtlich sachwidrig ist. Ein strengerer Maßstab als das Willkürverbot ist unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten (vgl BVerfGE 116, 135, 161) angesichts der rein sachbezogenen Ausgestaltung der Festbetragsregelung im SGB V weder bei der Bildung der Festbetragsgruppe und der Vergleichsgrößen noch bei der Festsetzung der Festbetragshöhe geboten. Nach der anzuwendenden gesetzlichen Regelung (dazu a) handelte der hierzu berufene Beigeladene zu 1. formell rechtmäßig (dazu b). Er bildete die Festbetragsgruppe (dazu c, d) und die Vergleichsgrößen (dazu e) materiell rechtmäßig. Die Beigeladenen zu 3. bis 8. setzten die Festbeträge rechtmäßig fest (dazu f).

20

a) Zu messen ist die Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 29.10.2004 an der Festbetragsregelung des § 35 SGB V idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung(GKV-Modernisierungsgesetz ) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) mit Wirkung vom 20.11.2003. Diese Norm gibt für die Festsetzung von Festbeträgen ein zweistufiges Verfahren vor: Zunächst bestimmt der Beigeladene zu 1. in den Arzneimittel-Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können und welche Vergleichsgrößen dabei zugrunde zu legen sind(§ 35 Abs 1 und 2 SGB V). Auf der Grundlage dieses Beschlusses erfolgt sodann die Festsetzung der jeweiligen Festbeträge im Wege einer Allgemeinverfügung (vgl § 35 Abs 3 bis 6 und Abs 7 Satz 1 SGB V). Die Entscheidung des Beigeladenen zu 1. ist nicht isoliert anfechtbar (§ 35 Abs 7 Satz 4 SGB V), ihre Überprüfung indessen Bestandteil der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der auf ihrer Grundlage ergangenen Allgemeinverfügung (BSGE 94, 1 = SozR 4-2500 § 35 Nr 3, RdNr 11, unter Hinweis auf BT-Drucks 11/3480 S 54).

21

b) Der hierzu berufene Beigeladene zu 1. hat die Festbetragsgruppe (§ 35 Abs 1 Satz 1 bis 3 SGB V) und die Vergleichsgrößen (§ 35 Abs 1 Satz 5 SGB V) als Grundlage der Festbetragsfestsetzung formell rechtsfehlerfrei bestimmt. Er hat erstmals eine Festbetragsgruppe der Statine bestehend aus Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Simvastatin gebildet, Vergleichsgrößen festgesetzt (Beschluss vom 20.7.2004) und dies in Arzneimittel-Richtlinien geregelt (§ 35 Abs 1 Satz 1 und 5 SGB V idF des GMG; § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000). Die Richtlinien des GBA sind in der Rechtsprechung seit Langem als untergesetzliche Rechtsnormen anerkannt (stRspr; vgl nur BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 26). Ihre Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten steht außer Frage (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des GMG; jetzt § 91 Abs 6 SGB V idF des GKV-WSG; BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 33; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 22; vgl auch BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 57 ff).

22

Das BSG zieht die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtsetzung nicht mehr grundlegend in Zweifel (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 mwN - LITT; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 18 mwN). Kritischen Stimmen ist in jüngerer Zeit Literatur entgegengetreten (vgl Neumann, NZS 2010, 593; Hauck, NZS 2010, 600 mwN). Für die Bildung von Festbetragsgruppen gilt die Bejahung der Verfassungsmäßigkeit im Besonderen, weil der Gesetzgeber einen konkreten Katalog von gesetzlichen Voraussetzungen formuliert, bei deren Vorliegen er den Beigeladenen zu 1. im Bereich der Arzneimittelversorgung mit der Gruppenbildung betraut (vgl Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1.7.2010, Band 2, § 35 SGB V RdNr 30). Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 17.12.2002 (BVerfGE 106, 275 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2) zwar ausdrücklich nur das System der Festsetzung von Festbeträgen (§§ 35 ff SGB V) im Ganzen als verfassungskonform bewertet, folgerichtig die Verfassungsmäßigkeit der Kompetenzen des Beigeladenen zu 1. damit aber unausgesprochen vorausgesetzt (vgl auch BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 61 - Therapiehinweise).

23

Die im Interesse der verfassungsrechtlichen Anforderungen der Betroffenenpartizipation umfassend durch Gesetz und - inzwischen - Verfahrensordnung des Beigeladenen zu 1. ausgestalteten und abgesicherten Beteiligungsrechte wurden gewahrt. Sie stellen sicher, dass alle sachnahen Betroffenen selbst oder durch Repräsentanten auch über eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten hinaus Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wenn ihnen nicht nur marginale Bedeutung zukommt (vgl dazu Hauck, NZS 2010, 600, 604).

24

Auf die von den Klägerinnen unter Beweis gestellte Behauptung, dass der Beigeladene zu 1. anlässlich der Gruppenbildung für Statine im Jahre 2004 Prof. Dr. W. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt hat, kommt es demgegenüber nicht an. Auswahl und Entpflichtung von Sachverständigen liegen im Ermessen des Beigeladenen zu 1. (vgl auch Kraftberger/Adelt: in Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 35 RdNr 38; Hess in: Kasseler Komm, Stand 1.10.2010, § 35 SGB V RdNr 19). Seine Entscheidung war ohne Zweifel sachgerecht, eine auf Neutralität angelegte Institution wie die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) mit einem Gutachten zu betrauen und einem Einzelsachverständigen vorzuziehen. Die AkdÄ hat als wissenschaftlicher Fachausschuss der Bundesärztekammer ua die Aufgabe, entsprechend den Regelungen in den ärztlichen Berufsordnungen - wie in § 62 Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln(Arzneimittelgesetz ) vorausgesetzt - unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die ihr aus der deutschen Ärzteschaft mitgeteilt werden müssen, zu erfassen, zu dokumentieren und zu bewerten. Der Gesetzgeber bindet vor diesem Hintergrund die AkdÄ inzwischen selbst in Verfahren des GBA zur Anforderung ergänzender versorgungsrelevanter Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit von Arzneimitteln ein (vgl § 92 Abs 2a Satz 1 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst c AMNOG - vom 22.12.2010, BGBl I 2262, mit Wirkung vom 1.1.2011).

25

c) Die gebildete Gruppeneinteilung entspricht nach der gebotenen gerichtlichen Prüfung (dazu aa) materiellem Recht. Der Beigeladene zu 1. hat mit seinem Beschluss vom 20.7.2004 ausgehend von rechtmäßigen Kriterien (dazu bb) - hier: dem Inhalt der Arzneimittelzulassungen (dazu cc) - in der Gruppe "HMG-CoA-Reduktasehemmer" Arzneimittel mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, zusammengefasst (dazu dd), ohne unterschiedliche Bioverfügbarkeiten der Arzneimittel berücksichtigen zu müssen (§ 35 Abs 1 Satz 2 SGB V; dazu ee). Die gebildete Gruppe gewährleistet, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen (§ 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 1 SGB V; dazu ff). Der Einbeziehung von Sortis steht nicht die Ausnahme von der Gruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen entgegen, deren Wirkungsweise neuartig ist und die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten (§ 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V; dazu d).

26

aa) Die im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden Richtlinien des Beigeladenen zu 1. sind gerichtlich in der Weise zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 - LITT; Schlegel, MedR 2008, 30, 32; Hauck, NZS 2010, 600, 611 f). § 35 SGB V gibt dem Beigeladenen zu 1. ein engmaschiges, rechtlich voll überprüfbares Programm vor: Die Verwendung ihrer Art nach rechtmäßiger Prüfkriterien, die Ermittlung des Inhalts der Arzneimittelzulassungen, die Qualifizierung von Arzneimitteln als solche mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, die Gewährleistung sowohl fehlender Einschränkungen von Therapiemöglichkeiten als auch der Verfügbarkeit medizinisch notwendiger Verordnungsalternativen sowie die zutreffende rechtliche Erfassung der Ausnahme von der Gruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen ist vom Gericht uneingeschränkt zu überprüfen. Der Gesetzgeber belässt dem Beigeladenen zu 1. bei der Umsetzung dieser Regelungselemente des § 35 SGB V keinen Gestaltungsspielraum. Das gilt auch für die Vollständigkeit der vom Beigeladenen zu 1. zu berücksichtigenden Studienlage.

27

Anders liegt es dagegen bei der Entscheidung über Zeitpunkt, Zuschnitt und Auswahl der Gruppe sowie bei der Bewertung des zutreffend ermittelten Standes der Studienlage im Hinblick auf ihre Eignung, für die Gruppenbildung relevante Therapiehinweise, Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse zu erlassen. Hier entscheidet der Beigeladene zu 1. als Normgeber. Insoweit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom Beigeladenen zu 1. getroffenen Wertungen setzen (vgl ähnlich BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 67 - Therapiehinweise). Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen.

28

bb) Grundlage und Ausgangspunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Festbetragsgruppenbildung ist grundsätzlich der Inhalt der arzneimittelrechtlichen Zulassung nach dem AMG. Der Inhalt ergibt sich zusammengefasst insbesondere aus der Fachinformation gemäß § 11a AMG. Eine Berücksichtigung darüber hinausgehender Unterlagen ist für die Prüfung des Vorliegens vergleichbarer Wirkstoffe nach Maßgabe des § 35 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 und Satz 3 Halbs 1 SGB V grundsätzlich nicht vorgesehen. Hiervon abweichend ist dagegen nicht allein die arzneimittelrechtliche Zulassung, sondern eine neuere Studienlage maßgeblich, wenn eine solche für die Gruppenbildung bedeutsame Therapiehinweise, Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse durch den GBA rechtfertigt, weil sie Indikationsbereiche eines Arzneimittels oder von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen als unwirtschaftlich erscheinen lässt und nicht lediglich insgesamt das Therapiegebiet der Gesamtgruppe einschränkt. Dies folgt aus Regelungssystem (dazu <1.>), Normsystematik und Wortlaut (dazu <2.>), Entstehungsgeschichte (dazu <3.>) sowie Sinn und Zweck des § 35 SGB V(dazu <4.>).

29

(1.) § 35 SGB V knüpft an das allgemeine Regelungssystem der Arzneimittelversorgung in der GKV an und ändert es nur in spezifischen, genau umrissenen Teilbereichen. Nach diesem System ist Grundvoraussetzung des Anspruchs Versicherter auf ein zur Krankenbehandlung notwendiges Arzneimittel in der Regel seine Anwendung im Rahmen der durch die arzneimittelrechtliche Zulassung vorgegebenen Indikation. Notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV ist ihre Qualität als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts. Dieses bezweckt, im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von Mensch und Tier für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere für die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel zu sorgen (§ 1 AMG). Insoweit stellen das SGB V und das AMG auf denselben Zweck ab (stRspr, vgl BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 15 mwN - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 15 - Lorenzos Öl; vgl auch BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 55 f - Therapiehinweise und SozR 4-2500 § 106 Nr 21<6. BSG-Senat>). Daher verzichtet das Krankenversicherungsrecht bei der Arzneimittelversorgung weitgehend auf eigene Vorschriften zur Qualitätssicherung. Es knüpft insoweit vielmehr im Ausgangspunkt an das Arzneimittelrecht nach dem AMG an, das für Fertigarzneimittel eine staatliche Zulassung vorschreibt und deren Erteilung vom Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Medikaments (vgl § 25 Abs 2 AMG) abhängig macht (vgl BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 29 - Lorenzos Öl; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21). Wurde diese Prüfung erfolgreich durchlaufen und ist für das Arzneimittel die Zulassung einschließlich der darin enthaltenen Ausweisung der Anwendungsgebiete erteilt worden, so ist es in diesem Umfang grundsätzlich auch verordnungsfähig im Sinne des SGB V (vgl BSGE 95, 132 RdNr 18 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 25 mit Bezugnahme auf BSGE 93, 1 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1, RdNr 7). Eine eigene Sachprüfungsbefugnis der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit kommt hinsichtlich der erteilten arzneimittelrechtlichen Zulassung nicht in Betracht (BSGE 95, 132 RdNr 15 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 22). Eine erforderliche, aber nicht vorhandene Zulassung schließt grundsätzlich die Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels aus. Insoweit ist die arzneimittelrechtliche Zulassung für die Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels in der GKV "negativ vorgreiflich" (vgl BSGE 95, 132 RdNr 16 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 23 mwN).

30

Auch soweit Versicherte ausnahmsweise außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung Versorgung mit arzneimittelrechtlich zugelassenen Arzneimitteln nach den Grundsätzen des sogenannten Off-Label-Use beanspruchen können, setzt dies ua eine Studienlage voraus, die eine Zulassung des Arzneimittels nach den Anforderungen des AMG zur betroffenen Indikation rechtfertigen würde. Nach der Rechtsprechung des Senats (BSGE 89, 184, 191 f = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 36 - Sandoglobulin; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 31 mwN - Ritalin) kommt die Verordnung eines Medikaments in einem von der Zulassung nicht umfassten Anwendungsgebiet nämlich grundsätzlich nur in Betracht, wenn es 1.) um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2.) keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3.) aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann. Die Qualität der wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Behandlungserfolg, die für eine zulassungsüberschreitende Pharmakotherapie auf Kosten der GKV nachgewiesen sein muss, entspricht derjenigen für die Zulassungsreife des Arzneimittels im betroffenen Indikationsbereich. Sie ist während und außerhalb eines arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens regelmäßig gleich. Der Schutzbedarf der Patienten, der dem gesamten Arzneimittelrecht zugrunde liegt und - wie dargelegt - in das Leistungsrecht der GKV einstrahlt, unterscheidet sich in beiden Situationen nicht (vgl BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 24 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 34 mwN - Ritalin).

31

Änderungen des Maßstabs der danach an der arzneimittelrechtlichen Zulassung ausgerichteten Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV können sich indes mit Blick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V) ergeben. Dies erwächst daraus, dass eine Diskrepanz bestehen kann zwischen der Aussagekraft der für die Zulassung durchgeführten klinischen Studien und den in der Praxis auftretenden Anforderungen an ein Arzneimittel, insbesondere beim Fehlen klinischer Studien zu patientenrelevanten Endpunkten. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt ua den sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V) ergebenden Einschränkungen (vgl BSGE 95, 132 RdNr 20 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 27). Das Wirtschaftlichkeitsgebot kann weitergehende Einschränkungen der generellen Verordnungsfähigkeit zugelassener Arzneimittel im Rahmen der GKV fordern, etwa weil eine neuere Studienlage Therapiehinweise rechtfertigt, da Indikationsbereiche eines Arzneimittels oder von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen als unwirtschaftlich erscheinen (vgl zum bisher geltenden Recht zB BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 39 ff - Therapiehinweise). Der Beigeladene zu 1. kann nach heutiger Rechtslage die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist (§ 92 Abs 1 Satz 1 Halbs 4 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst a AMNOG, vom 22.12.2010, BGBl I 2262, mit Wirkung vom 1.1.2011). Er kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der AkdÄ, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Werden die Studien nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der GBA das Arzneimittel schon allein deshalb von der Verordnungsfähigkeit ausschließen (§ 92 Abs 2a Satz 1 und 4 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst c AMNOG). Die in besonderen Fällen mögliche Ausrichtung an auf patientenrelevante Endpunkte bezogene Studien wird schließlich auch daran deutlich, dass der GBA neuerdings die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen darf, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 SGB V oder durch die Vereinbarung eines Erstattungsbetrags nach § 130b SGB V hergestellt werden kann(s § 92 Abs 2 Satz 11 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst b AMNOG; vgl zum Ganzen Hauck, GesR 2011, 69, 70 ff).

32

(2.) Auch Wortlaut und Normsystematik des § 35 Abs 1 SGB V verdeutlichen, dass grundsätzlich für die Festbetragsgruppen auf die arzneimittelrechtliche Zulassung abzustellen ist. Das Prüfprogramm für die Bildung von Festbetragsgruppen weist breite sachliche Überschneidungen mit dem Arzneimittelrecht auf. So enthält § 35 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 SGB V die grundlegende Aufzählung denkbarer Festbetragsgruppen anhand von Kriterien, die sich entsprechend auch in der arzneimittelrechtlichen Überprüfung der Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels wiederfinden und keinen Hinweis auf Abweichungen vom dargelegten allgemeinen Regelungssystem enthalten. Der Begriff des Wirkstoffs in Nr 1 greift den Wirkstoffbegriff nach § 4 Abs 19 AMG auf, der infolgedessen sinngemäß anwendbar ist(vgl Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1.7.2010, Band 2, § 35 SGB V RdNr 37; zur arzneimittelrechtlichen Anbindung des Begriffs "Bioverfügbarkeit" in diesem Zusammenhang vgl Orlowski in: Orlowski/Wasem/Rau/Zipperer, GKV-Kommentar SGB V, Stand Januar 2011, § 35 RdNr 9 f). Mit Blick darauf ist auch die Eingrenzung auf pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe in Nr 2 folgerichtig in Anlehnung an das AMG vorzunehmen. Denn pharmakologisch-therapeutische Wirkungsweisen eines Wirkstoffs sind Bestandteil der arzneimittelrechtlichen Zulassungsprüfung (§ 25 Abs 2 Nr 1 bis 5a AMG) und dementsprechend Inhalt der Fachinformation (§ 11a AMG).

33

Dagegen hat der Gesetzgeber in § 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V idF des GMG eine Ausnahmeregelung für patentgeschützte Arzneimittel statuiert, für die er einen über die arzneimittelrechtliche Zulassung hinausgehenden Überprüfungsmaßstab angewendet wissen will: Von der Bildung eigentlich zulässiger Festbetragsgruppen sind patentgeschützte Arzneimittel ausgenommen, deren Wirkungsweise neuartig ist und (ab 1.5.2006 "oder", dazu d und 3.b) die eine therapeutische Verbesserung bedeuten. Diese Regelung bezweckt, den Arzneimittelherstellern Anreize zur Entwicklung von innovativen Arzneimitteln zu bieten (vgl hierzu Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 11/3480, S 53; zur Klarstellung späterer Gesetzesfassungen BT-Drucks 15/1525 S 87; s zur nachträglichen Einfügung der Regelung auch Schulin, Patentschutz und Festbeträge für Arzneimittel, 1993, 92 ff). Nach Auffassung des Gesetzgebers sind echte Innovationen mit therapeutischem Zusatznutzen erwünscht und unterliegen nicht der Festbetragsregelung (Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung <AVWG> der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BT-Drucks 16/194 S 7 zu Art 1 Nr 2 Buchst c). Um bloße Scheininnovationen nicht zu begünstigen, erfolgt der Nachweis einer therapeutischen Verbesserung nicht allein aufgrund der Fachinformationen, sondern auch durch Bewertung von klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, soweit diese Studien allgemein verfügbar sind oder gemacht werden und ihre Methodik internationalen Standards entspricht. Vorrangig sind klinische Studien, insbesondere direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen (§ 35 Abs 1b Satz 4 und 5 SGB V; vgl näher unten II 3. b bb).

34

(3.) Auch die Entstehungsgeschichte des § 35 SGB V belegt die Bedeutung der arzneimittelrechtlichen Zulassung als Ausgangspunkt der Gruppenbildung. Die erste Fassung einer Festbetragsregelung nach dem Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen vom 20.12.1988 (BGBl I S 2477) sah in Abs 4 die Festsetzung eines Festbetrags für Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen (§ 35 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V) erst drei Jahre nach der ersten Zulassung eines wirkstoffgleichen Arzneimittels vor. Damit stellte die Regelung den Zusammenhang zwischen SGB V und AMG für den Wirkstoffbegriff ausdrücklich her. Dass diese Regelung durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) beseitigt worden ist, beruht auf der Verlängerung des Patentschutzes für Arzneimittel um bis zu fünf Jahre durch die Verordnung des Rates der Europäischen Gemeinschaften über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikates für Arzneimittel (vgl BT-Drucks 12/3608 S 81). Eine Loslösung des Wirkstoffbegriffs im SGB V von demjenigen des AMG war nicht beabsichtigt.

35

(4.) Schließlich entspricht die grundsätzliche Anknüpfung der Festbetragsgruppenbildung an die arzneimittelrechtliche Zulassung dem Regelungszweck des § 35 SGB V. Die Festbetragsregelung des § 35 SGB V zielt - wie dargelegt - unter Ausgestaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots darauf ab, den Bereich zu Lasten der GKV verordnungsfähiger Arzneimittel de iure zu erweitern, die Leistungspflicht der Krankenkassen hierbei auf den einschlägigen festgesetzten Festbetrag zu begrenzen und hierdurch zugleich den Wettbewerb unter den Arzneimittelanbietern zu verstärken und das Interesse der Anbieter zu wecken, Preise unterhalb des Festbetrags festzusetzen. All dies kann nur im Rahmen des allgemeinen Systems der in den GKV-Leistungskatalog einbezogenen Arzneimittel gelingen.

36

cc) Hinsichtlich der Arzneimittelgruppe der Statine ist für den hier betroffenen Zeitraum ab 1.1.2005 an die Inhalte der arzneimittelrechtlichen Zulassung anzuknüpfen. Dass für einzelne Statine der Festbetragsgruppe eine Studienlage besteht, die weitergehende Einschränkungen der generellen Verordnungsfähigkeit zugelassener Arzneimittel mit diesem Wirkstoff im Rahmen der GKV rechtfertigt, hat das LSG nicht festgestellt. Der Beigeladene zu 1. hat dies ebenfalls nicht angenommen und deshalb keine der ihm rechtlich für einen solchen Fall eröffneten Maßnahmen ergriffen. Weder er noch die AkdÄ und später das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) gehen nach eingehender Recherche hiervon aus. Bei einem solchen Sachstand verbleibt es beim durch das Arzneimittelzulassungsrecht vorgegebenen Prüfmaßstab für die Festbetragsgruppenbildung, ohne dass weitere Ermittlungen des erkennenden Senats zu diesen generellen Tatsachen geboten wären.

37

dd) Auf der Grundlage des Inhalts der arzneimittelrechtlichen Zulassung stellen die fünf fraglichen Statine pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe, insbesondere chemisch verwandte Stoffe iS von § 35 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 Nr 2 SGB V dar. Zutreffend ist der Beigeladene zu 1. davon ausgegangen, dass die Überprüfung der pharmakologisch-therapeutischen Vergleichbarkeit zwei verschiedene Aspekte, namentlich einen pharmakologischen wie einen therapeutischen umfasst (vgl Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1.7.2010, Band 2, § 35 SGB V RdNr 38). Für das Verständnis des Begriffs der Vergleichbarkeit ist mit den Vorinstanzen davon auszugehen, dass Vergleichbarkeit nicht Austauschbarkeit oder Identität bedeutet. Anders als nach Nr 1 geht es bei der Gruppenbildung nach Nr 2 vielmehr darum, einen übergreifenden gemeinsamen Bezugspunkt mehrerer Wirkstoffe herzustellen (ebenso Sodan, PharmR 2007, 485, 487). Dementsprechend steht mit der Überprüfung der pharmakologisch-therapeutischen, insbesondere chemischen Vergleichbarkeit eine Beurteilung von Art und Aufbau der einzelnen Wirkstoffe, ihrer Wirkmechanismen und ihrer Anwendungsgebiete an.

38

Der Beigeladene zu 1. hat die dargelegten Vergleichsmaßstäbe entsprechend seinen Ausführungen zu chemischer Zusammensetzung, Wirkprofil und therapeutischem Einsatzgebiet der fünf Statine rechtsfehlerfrei angewendet. Nicht zu beanstanden ist, dass er hierbei als Einstieg die in der Fachinformation enthaltene Anatomisch-Therapeutisch-Chemische (ATC) Klassifikation der WHO nach Maßgabe des § 73 Abs 8 Satz 5 SGB V gewählt hat, wie es inzwischen seiner Verfahrensordnung (VerfO) entspricht(vgl § 16 Abs 2 VerfO). Die ATC-Klassifikation teilt die Wirkstoffe nach dem Organ oder Organsystem, auf das sie einwirken, und nach ihren chemischen, pharmakologischen und therapeutischen Eigenschaften in verschiedene Gruppen ein (abrufbar unter www.dimdi.de). Sie geht von einem identischen Code für die Wirkstoffgruppe der fünf Statine Simvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Fluvastatin und Atorvastatin aus.

39

Zu Recht bejaht der Beigeladene zu 1. die chemische Verwandtschaft der betroffenen Wirkstoffe. Er beurteilt sie im Einklang mit dem Wortlaut des § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V maßgeblich vom Endprodukt und nicht von der Herstellungsform her: Die fünf Statine haben nicht nur eine gemeinsame b-, d- Dihydroxy-n-Carbonsäure-Struktur, sondern darüber hinaus auch eine gemeinsame molekulare räumliche Struktur, die erst die spezifische Interaktion Wirkstoff - Enzym ermöglicht.

40

Der Beigeladene zu 1. stellt rechtmäßig auch für die pharmakologische Vergleichbarkeit maßgeblich auf den Wirkmechanismus der erfassten Arzneimittel ab. Er geht nämlich von einem vergleichbaren Wirkprofil aller HMG-CoA-Reduktase (=CSE)-Hemmer aus, weil durch alle Hemmer der HMG-CoA-Reduktase Vorstufen von Cholesterin verringert synthetisiert werden. Die daraus resultierende Verarmung an interzellulärem Cholesterin führt zu einer Zunahme von LDL-Rezeptoren an der Zelloberfläche, die Aufnahme von LDL-Cholesterin in die Zelle wird hierdurch erhöht.

41

Auch die therapeutische Vergleichbarkeit hat der Beigeladene zu 1. anhand der Anwendungsgebiete der Statine, wie sie sich aus der arzneimittelrechtlichen Zulassung ergeben, frei von Rechtsfehlern beurteilt. Für alle fünf Wirkstoffe bestand im hier maßgeblichen Zeitraum eine Zulassung für das Anwendungsgebiet der Hypercholesterinämie; schon daraus lässt sich die therapeutische Vergleichbarkeit ableiten. Atorvastatin besitzt zudem seit Mai 2006 eine Zulassung auch für das Anwendungsgebiet der Vorbeugung kardiovaskulärer Erkrankungen; über eine Zulassung für dieses Anwendungsgebiet verfügen aber auch die Konkurrenzwirkstoffe Fluvastatin, Pravastatin und Simvastatin, so dass auch insoweit für Atorvastatin keine Sonderstellung beansprucht werden kann.

42

ee) Der Beigeladene zu 1. musste keine für die Therapie bedeutsamen unterschiedlichen Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicher Arzneimittel berücksichtigen (§ 35 Abs 1 Satz 2 SGB V). Denn mit den Statinen ist eine Festbetragsgruppe nach § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V betroffen, der lediglich pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe angehören.

43

ff) Dass alle fünf Statine einschließlich Atorvastatin in eine Festbetragsgruppe einbezogen wurden, schränkt iS von § 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 1 SGB V keine Therapiemöglichkeiten ein und schneidet keine medizinisch notwendigen Verordnungsalternativen ab. Der Wirkstoff Atorvastatin war im hier zu prüfenden Zeitraum ab 1.1.2005 für kein Behandlungsgebiet zugelassen, für das nicht wenigstens ein anderes Statin zugelassen war. Gleichzeitig erlaubt die arzneimittelrechtliche Zulassung von Atorvastatin keinen Rückschluss darauf, dass ausschließlich mit diesem Wirkstoff besondere Patientenkollektive zu erschließen seien. Ebenso wenig kommt es unter dem Aspekt der Nebenwirkungen zu einer Einengung der Therapiemöglichkeiten, denn der Fachinformation für Atorvastatin ist im Vergleich zu denjenigen der anderen vier Statine kein Vorteil im Hinblick auf das Nebenwirkungsspektrum zu entnehmen; dies wird im Übrigen auch von den Klägerinnen nicht behauptet.

44

d) Der Einbeziehung von Sortis steht nicht die Ausnahme von der Gruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen entgegen, deren Wirkungsweise neuartig ist und die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten (§ 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V idF des GMG). Die Wirkungsweise von dem noch bis 2011 patentgeschützten Wirkstoff Atorvastatin ist im Rechtssinne nicht neuartig. Als neuartig gilt ein Wirkstoff nämlich nur, solange derjenige Wirkstoff, der als erster dieser Gruppe in Verkehr gebracht worden ist, unter Patentschutz steht (§ 35 Abs 1 Satz 4 SGB V). Nach den unangegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG)Feststellungen des LSG wurde der Wirkstoff Lovastatin als erster der Gruppe der Statine in Verkehr gebracht und war schon vor 2003 patentfrei.

45

Ob eine therapeutische Verbesserung vorlag, ist mangels neuartiger Wirkungsweise von Atorvastatin nicht entscheidend. Zu Recht hat das LSG erkannt, dass § 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V in der hier maßgeblichen, bis zum 30.4.2006 geltenden Fassung des GMG die Erfüllung der beiden Merkmale der "Neuartigkeit" der Wirkungsweise und der "therapeutischen Verbesserung" kumulativ fordert, um die Aufnahme eines Arzneimittels in eine Festbetragsgruppe nach § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 und 3 SGB V auszuschließen. Das entspricht dem klaren Wortlaut in Bezug auf die Konjunktion "und" sowie der Entstehungsgeschichte. Nach der Gesetzesbegründung greift die Ausnahme von der Festbetragsregelung nur für Arzneimittel mit solchen patentgeschützten Wirkstoffen, deren Wirkungsweise neuartig ist und die deshalb mit anderen Wirkstoffen nicht vergleichbar sind. Eine therapeutische Verbesserung - so die Begründung - kann auch in der Minderung von Nebenwirkungen liegen (vgl BT-Drucks 11/3480 S 53). Aus dem Regelungssystem und -zweck folgt nichts anderes. Der Gesetzgeber hat erst mit dem AVWG vom 26.4.2006 (BGBl I 984) mit Wirkung vom 1.5.2006 das Erfordernis des kumulativen Vorliegens beider Tatbestandsvoraussetzungen aufgegeben, indem er das "und" durch ein "oder" ersetzt hat. Dies entspricht der im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Intention, Anreize zur Forschung nach echten Arzneimittelinnovationen zu setzen (vgl BT-Drucks 16/194, S 6, 7; 16/691, S 14). Dass der Gesetzgeber selbst diese Änderung nur als Klarstellung bezeichnet hat (BT-Drucks 16/194, S 7), ist unerheblich. Denn auch die Grenzen der authentischen Interpretation sind durch den Wortlaut vorgegeben (vgl BSG SozR 4-2500 § 62 Nr 8; BSG SozR 4-4300 § 147a Nr 9).

46

Die Regelung des § 35 Abs 1a SGB V ist hier von vornherein nicht anwendbar. Sie ermöglicht die Bildung von Festbetragsgruppen für Arzneimittel, die allesamt noch unter Patentschutz stehen. Für den Fall, dass dies nicht mehr auf alle Arzneimittel einer Festbetragsgruppe zutrifft, ist § 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V die maßgebliche Regelung für die Möglichkeit der Einbeziehung patentgeschützter Arzneimittel(vgl BT-Drucks 16/691, S 15; Kraftberger/Adelt in: Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 35 RdNr 25; aA im Ergebnis für Arzneimittel der Festbetragsgruppe 2, Reese/Gaßner, PharmR 2004, 428).

47

e) Auch die Entscheidung über die Bildung der Vergleichsgrößen ist rechtmäßig. Gemäß § 35 Abs 1 Satz 5 SGB V ermittelt der Beigeladene zu 1. die nach § 35 Abs 3 SGB V "notwendigen rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen". Die von ihm festgeschriebenen Werte sind in diesem Sinne geeignete Vergleichsgrößen.

48

Die gerichtliche Kontrolle der Ermittlung von Vergleichsgrößen ist beschränkt. Dem Beigeladenen zu 1. steht nämlich bei der Entscheidung über die Vergleichsgrößenbildung ein Gestaltungsspielraum zu. Er kann selbst darüber entscheiden, anhand welcher Kriterien er die Vergleichsgrößen bestimmt. Das Gesetz gibt keine Wahl dahin vor, ob der Tagesdosis, der Einzeldosis oder aber einer gänzlich anderen geeigneten Vergleichsgröße der Vorrang gebührt (Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, aaO, § 35 SGB V RdNr 45). Die Gerichte haben lediglich zu kontrollieren, ob der GBA hierbei auf der Grundlage eines vollständig ermittelten Sachverhalts den Zweck der Vergleichsgrößenbildung nachvollziehbar beachtet hat, die Arzneimittel mit verschiedenen Wirkstoffen innerhalb einer Gruppe vergleichbar zu machen (zum Grundsatz oben, II. 2. c aa; s auch Kraftberger/Adelt in: Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 35 RdNr 20a). Diesen Anforderungen genügt der Beschluss vom 20.7.2004. Der Beigeladene zu 1. hat sämtliche Daten anhand der zum Zeitpunkt des Gruppenbeschlusses zuletzt verfügbaren Jahresdaten des GKV-Arzneimittelindexes ermittelt und diese rechnerisch korrekt für alle fünf Statine umgesetzt. Das ziehen die Beteiligten nicht in Zweifel.

49

Der Beigeladene zu 1. hat den Gesetzeszweck der Vergleichsgrößen beachtet, sicherzustellen, dass die aufzuwendenden Arzneimittelkosten unabhängig vom jeweiligen Wirkstoff für die von jedem Versicherten individuell benötigte Arzneimitteldosis annähernd gleich sind (vgl dazu Kraftberger/Adelt in: Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 35 RdNr 20a). Er hat jedem Wirkstoff einen bestimmten Zahlenwert zugewiesen, der ihn innerhalb der Gruppe vergleichbar macht. Seine hierbei gewählte Methode der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstärke ist geeignet, eine sachgerechte mengenbezogene Vergleichbarkeit zwischen den verschiedenen Wirkstoffen herzustellen. Sie errechnet für jeden der fünf Wirkstoffe einen Einzelwert als Vergleichsgröße, der sich am Verordnungsverhalten der Ärzte orientiert, also daran, welcher Wirkstoff wie häufig in welcher Wirkstärke verordnet wurde.

50

Die dagegen vorgetragenen Einwendungen der Klägerinnen greifen nicht durch. Die vom Beigeladenen zu 1. angewendete Methode geht systemgerecht davon aus, dass nur therapeutisch sinnvolle Wirkstärken gemäß § 25 Abs 1 Satz 1 AMG zugelassen werden, und die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte diese Wirkstärken zutreffend verordnen(vgl Hess in: Kasseler Komm, Stand 1.10.2010, § 35 SGB V RdNr 9). Die von den Klägerinnen bevorzugte Methode, die Vergleichsgröße anhand einer tatsächlichen Wirkstärke zu bestimmen, leidet dagegen daran, dass sich ihre Prämisse, bei jedem Patienten wirke etwa Atorvastatin "doppelt so gut" wie Pravastatin oder "viermal so gut" wie Simvastatin, schwerlich objektivieren lässt. Bei Anwendung eines Wirkstoffs bringt die doppelte Wirkmenge nicht automatisch auch den doppelten Behandlungserfolg mit sich. Ua vor diesem Hintergrund ist eine arzneimittelrechtliche Zulassung stets wirkstärkenbezogen (vgl § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AMG). Dem trägt die hier gewählte Methode sachgerecht Rechnung, sich nicht an einer fiktiven "tatsächlichen Wirkstärke", sondern an der tatsächlichen Situation der Verordnungen in der Praxis im Hinblick auf die Wirkstärke zu orientieren (ähnlich für den Vergleich der Wirksamkeit mehrerer Wirkstoffe BSGE 93, 296 RdNr 14 = SozR 4-2500 § 35 Nr 2 RdNr 16).

51

f) Die (hier noch zuständigen) Beigeladenen zu 3. bis 8. haben die Festbeträge durch Beschluss vom 29.10.2004 rechtmäßig festgesetzt. Sie haben die notwendige Form gewahrt, da die Festsetzung im Bundesanzeiger öffentlich bekannt gemacht wurde (§ 35 Abs 7 Satz 1 SGB V), und die Festbeträge auch materiell rechtmäßig festgesetzt. Sie haben die in § 35 Abs 5 SGB V formulierten Vorgaben befolgt, Festbeträge so festzusetzen, dass sie im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten(Satz 1), Wirtschaftlichkeitsreserven ausschöpfen, einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen, sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten ausrichten und soweit wie möglich eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherstellen (Satz 2).

52

Die gerichtliche Kontrolle der festgesetzten Festbetragshöhe erfolgt grundsätzlich in vollem Umfang. Sie beschränkt sich jedoch dort auf die zutreffende Konkretisierung der bestehenden Zielvorgaben nebst wissenschaftlich haltbarer Schätzungen, wo in Unkenntnis der Reaktion jedes einzelnen Arzneimittelanbieters prognostische Elemente und Schätzungen mit in die Festbetragsfestsetzung einfließen müssen. Es besteht allerdings kein Beurteilungsspielraum der Beigeladenen zu 3. bis 8. mit Blick darauf, dass im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche, in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleistet ist (vgl Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1.7.2010, Band 2, § 35 SGB V RdNr 46; aA - einen Beurteilungsspielraum bejahend - Hess in: Kasseler Komm, Stand 1.10.2010, § 35 SGB V RdNr 31; Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr 93). Anderes wäre auch verfassungsrechtlich bedenklich. Das BVerfG hat die Regelungen über die Festsetzung von Festbeträgen in § 35 Abs 5 SGB V gerade mit Blick darauf nicht beanstandet, dass sie klar überprüfbare Festsetzungsmaßstäbe enthalten. Eine wesentliche Änderung des Inhalts des Wirtschaftlichkeitsgebots oder wirtschaftslenkende Handlungsspielräume sind dem Beklagten und waren den beigeladenen Krankenkassenverbänden nicht eröffnet (vgl näher BVerfGE 106, 275, 302 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 S 20).

53

Die konkrete Festbetragsfestsetzung von 62,55 Euro für eine Standardpackung zu 100 Stück (Wirkstärkenvergleichsgröße 0,97) setzt die Zielvorgaben des § 35 Abs 5 SGB V idF des GMG zutreffend um. Rechenfehler sind durch die Klägerinnen nicht geltend gemacht und auch sonst nicht ersichtlich. Der Beklagte nähert sich iterativ unter Anwendung einer Maßzahl der optimalen Festbetragshöhe an (sogenannte Maßzahl M). Sie ist als Summe des prozentualen Anteils zuzahlungspflichtiger Verordnungen und des prozentualen Anteils zuzahlungspflichtiger Packungen definiert. Der Gesetzgeber selbst hat das Grundprinzip dieser mathematischen Methodik mithilfe der Maßzahl M mittlerweile ausdrücklich anerkannt, indem er diesem Berechnungsverfahren nunmehr in § 35 Abs 5 Satz 5 SGB V idF des AVWG Gesetzesrang verschafft hat(vgl BT-Drucks 16/194 S 8 f). Als Grenzwert für die Maßzahl M haben die Beigeladenen zu 3. bis 8. für die Festbetragsgruppen nach § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V den Wert 100 festgelegt. Dies bedeutet, dass im Idealfall mindestens die Hälfte der Verordnungen und die Hälfte der Packungen für die Versicherten ohne festbetragsbedingte Zuzahlung zur Verfügung stehen. In der Festbetragsgruppe der Statine lag die Maßzahl M im hier maßgeblichen Zeitraum bei 98,8. Es standen hierdurch rund 75 Prozent der Packungen und 26,3 Prozent der Verordnungen den Versicherten zum Festbetrag zur Verfügung. Dabei waren drei der fünf Wirkstoffe der Gruppe der Statine zum Festbetrag ohne Mehrzahlung erhältlich (Fluvastatin, Lovastatin und Simvastatin).

54

Mit diesem Ergebnis wird in der Festbetragsgruppe der Statine der gesetzgeberische Zweck erfüllt, unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots eine in der Qualität gesicherte Versorgung sowie eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl zu gewährleisten. Danach greift das Vorbringen der Klägerinnen nicht durch, die festgesetzte Festbetragshöhe stelle keine hinreichende Arzneimittelauswahl sicher. Die Sicherstellung einer für die Therapie hinreichenden Arzneimittelauswahl hat nur "soweit wie möglich" zu erfolgen, kann also auch dazu führen, dass lediglich ein einziges therapiegerechtes Arzneimittel zum Festbetrag zur Verfügung steht. Darüber ging das Angebot zum Festbetrag erhältlicher therapiegerechter Statine deutlich hinaus.

55

3. Die Revision ist schließlich unbegründet, soweit die klagenden pharmazeutischen Unternehmen die Aufhebung des Festbetragsbeschlusses vom 10.2.2006 für die Zeit vom 1.4. bis zum Ablauf des 30.6.2006 begehren (zu den Folgezeiträumen vgl Senatsurteile vom selben Tage - B 1 KR 10/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen und - B 1 KR 13/10 R). Auch diese Allgemeinverfügung, die die Festsetzung vom 29.10.2004 mit Wirkung vom 1.4.2006 ersetzte, beschwert die Klägerinnen nach dem dargelegten reduzierten Prüfmaßstab der grundrechtsrelevanten Wettbewerbsverfälschung (vgl oben II.1.c und 2) sowohl für die Zeit bis zum 30.4.2006 (dazu a) als auch für die Zeit ab 1.5.2006 (dazu b) nicht rechtswidrig. Sie ist, soweit sie Rechte der Klägerinnen betrifft, rechtmäßig und nicht etwa offensichtlich sachwidrig. Die infolge der Gesetzesänderung durch das AVWG zum 1.5.2006 erheblich gewordene Frage, ob Atorvastatin eine therapeutische Verbesserung gegenüber den anderen vier Statinen bedeutet, hat der Beigeladene zu 1. rechtmäßig verneint.

56

a) Die Rechtmäßigkeit des Festbetragsbeschlusses vom 10.2.2006 ist zunächst für den Geltungszeitraum vom 1.4. bis zum 30.4.2006 an § 35 SGB V idF des GMG zu messen. Hinsichtlich der gebildeten Gruppe und der ermittelten Vergleichsgröße ergeben sich keine Abweichungen gegenüber der Vorgängerverfügung. Auch der Höhe nach ist die Festsetzung der Festbeträge durch den Beschluss vom 10.2.2006 rechtlich nicht zu beanstanden, soweit dies für die Klägerinnen von rechtlichem Interesse ist. Rechtsgrundlage der Festbetragsanpassung ist § 35 Abs 5 Satz 3 SGB V, wonach die Festbeträge einmal im Jahr zu überprüfen sind und eine Anpassung an die geänderte Marktlage vorzunehmen ist. Neben § 35 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB V ist die durch das AVWG(rückwirkend zum 17.2.2006) eingeführte Regelung in § 35 Abs 5 Satz 4 und 5 SGB V zu berücksichtigen. Hiernach soll erstmals zum 1.4.2006 der Festbetrag auch einer Festbetragsgruppe nach § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V den höchsten Abgabepreis des unteren Drittels des Intervalls zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Preis einer Standardpackung nicht übersteigen. Dabei müssen mindestens ein Fünftel aller Verordnungen und mindestens ein Fünftel aller Packungen zum Festbetrag verfügbar sein; zugleich darf die Summe der jeweiligen Vomhundertsätze der Verordnungen und Packungen, die nicht zum Festbetrag erhältlich sind, den Wert von 160 nicht überschreiten.

57

Der festgesetzte Festbetrag von 59,42 Euro genügt diesen gesetzlichen Anforderungen, soweit die Klägerinnen betroffen sein können. Die Beigeladenen zu 3. bis 8. ermittelten den Festbetrag wiederum unter Anwendung des iterativen Verfahrens. Die Maßzahl M lag am Berechnungsstichtag bei 60,8. Damit standen rund 87,5 Prozent der 766 Packungen und 51,7 Prozent der Verordnungen den Versicherten zum angepassten Festbetrag zur Verfügung. Nach wie vor waren zudem drei der fünf Wirkstoffe der Festbetragsgruppe zum Festbetrag erhältlich. Es bedarf nicht der - vom LSG nicht getroffenen - Feststellung, dass der Festbetrag sich noch innerhalb des unteren Drittels aller Abgabepreise für Statine befand. Selbst ein Überschreiten dieser Soll-Grenze könnte Rechte der Klägerinnen nicht verletzen. Rechenfehler sind im Übrigen weder gerügt noch ersichtlich.

58

b) Der Festbetragsbeschluss vom 10.2.2006 beschwert die Klägerinnen auch im verbleibenden zu prüfenden Zeitraum vom 1.5. bis 30.6.2006 nicht rechtswidrig. Der Beschluss zur Festbetragsgruppenbildung vom 20.7.2004 blieb weiterhin rechtmäßig (dazu aa bis gg). Auch die gebildete Vergleichsgröße und die festgesetzte Festbetragshöhe beschwerten die Klägerinnen nicht (dazu hh).

59

Die zunächst 2004 rechtmäßige Gruppenbildung wurde durch das AVWG nicht unwirksam (dazu aa). Der Einbeziehung von Sortis stand nicht die Ausnahme von der Gruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen entgegen, deren Wirkungsweise neuartig ist oder die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten (§ 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V idF des AVWG). Der Senat vermag nicht festzustellen, dass der Beigeladene zu 1. die ab dem 1.5.2006 hier zusätzlich zur (fehlenden) Neuartigkeit zu prüfende therapeutische Verbesserung durch Sortis zu Unrecht verneint hat. Der Beigeladene zu 1. hat die Anforderungen an eine therapeutische Verbesserung (dazu bb) und deren Nachweis (dazu cc) gerichtlich voll überprüfbar (dazu dd) gesetzeskonform zugrunde gelegt. Ihm sind bei seiner Bewertung der Studienlage hinsichtlich einer therapeutischen Verbesserung keine Beurteilungsfehler unterlaufen (dazu ee). Die Gruppenbildung ist auch nicht wegen Verletzung der Beobachtungspflicht bezüglich einer therapeutischen Verbesserung rechtswidrig geworden (dazu ff). Es bedarf keiner weiteren gerichtlichen Ermittlungen (dazu gg).

60

aa) Die Gruppenbildung erfolgte 2004 insgesamt rechtmäßig, ohne dass ihre Wirksamkeit durch das AVWG entfiel. Unerheblich ist, dass der Beigeladene zu 1. in seinem Beschluss vom 20.7.2004 die Erfüllung beider Voraussetzungen eines Festbetragsausschlusses - Neuartigkeit und Bestehen einer therapeutischen Verbesserung - geprüft und verneint hat, obwohl § 35 SGB V idF des GMG eine Ausnahme von der Gruppenbildung schon bei Nichterfüllung einer der beiden Voraussetzungen ausschloss(vgl dazu oben II. 2.d). Die zusätzliche Prüfung wirkte sich im Ergebnis nicht aus, auch wenn erst aufgrund der Änderung des § 35 SGB V durch das AVWG ab 1.5.2006 die Kriterien der Neuartigkeit und therapeutischen Verbesserung kumulativ zu prüfen sind.

61

Die Gesetzesänderung durch das AVWG ließ die bisher beschlossene Richtlinie nicht unwirksam werden. Die Änderung oder der Wegfall der Ermächtigungsgrundlage einer untergesetzlichen Norm berührt nämlich nicht per se deren Rechtswirksamkeit (vgl entsprechend zu Rechtsverordnungen zB BVerwG Buchholz 451.20 § 139i GewO Nr 1 = GewArch 1997, 245; vgl auch BVerfGE 14, 245, 249; BVerfGE 78, 179, 198). Ab Inkrafttreten des AVWG war die Rechtmäßigkeit des fortwirkenden Beschlusses des Beigeladenen zu 1. indes an der neuen Gesetzesfassung zu messen, da § 35 SGB V idF des AVWG wegen seines unmittelbaren Geltungsanspruchs ohne Übergangsregelung ein solcher Normanwendungsbefehl zu entnehmen ist. Der Gruppenbildungsbeschluss genügt aber auch diesen gesetzlichen Anforderungen.

62

bb) Schon im Jahre 2004 waren für die Anforderungen an eine therapeutische Verbesserung die sachlichen Kriterien zugrunde zu legen, die der Gesetzgeber durch Art 1 Nr 2 Buchst c AVWG ausdrücklich erst 2006 in § 35 Abs 1b SGB V normiert hat. Bereits auf der Grundlage des GMG stand ein solches Vorgehen mit der Gesetzeslage in Einklang. Demgemäß geht die Begründung des Gesetzentwurfs eines AVWG davon aus, dass sich eine Änderung des geltenden Verfahrens für die Bildung von Festbetragsgruppen durch Einführung des § 35 Abs 1b SGB V zum 1.5.2006 nicht ergebe, da der GBA bereits jetzt entsprechend verfahre (vgl BT-Drucks 16/194 S 7). Auch in der Folgezeit hat sich das danach maßgebliche gesetzliche Prüfprogramm für das Bestehen einer therapeutischen Verbesserung nicht geändert.

63

Danach besteht eine therapeutische Verbesserung, wenn ein patentgeschützter Wirkstoff für die betroffenen Patienten einen therapierelevanten höheren Nutzen als andere Arzneimittel dieser Wirkstoffgruppe hat und deshalb als zweckmäßige Therapie regelmäßig oder auch für relevante Patientengruppen oder Indikationsbereiche den anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe vorzuziehen ist (§ 35 Abs 1b Satz 1 SGB V). Der geforderte "höhere Nutzen" entspricht dem "Zusatznutzen" gegenüber anderen Wirkstoffen, wie er vom Gesetzgeber auch in § 35b Abs 1 Satz 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 20 Buchst b GKV-WSG mit Wirkung ab 1.4.2007; vgl ab 1.1.2011 § 35b Abs 1 Satz 3 idF durch Art 1 Nr 6 Buchst b DBuchst bb AMNOG)zur zentralen Vorgabe einer Nutzenbewertung durch das IQWiG gemacht worden ist. Gleiches gilt für den "medizinischen Zusatznutzen" bei dem durch das AMNOG eingeführten Verfahren der frühen Nutzenbewertung (§ 35a Abs 1 Satz 4 SGB V, vgl BT-Drucks 17/2413, S 21).

64

Inhaltlich gibt der Gesetzgeber als Maßstab einer therapeutischen Verbesserung eine Verbesserung hinsichtlich der Lebensqualität, zB durch Verringerung von Nebenwirkungen bezüglich Häufigkeit und Schweregrad, sowie Morbidität und Mortalität vor (§ 35 Abs 1 Satz 3 und 5 SGB V, sog patientenrelevante Endpunkte). Nur im Zusammenhang mit einer an der positiven Beeinflussung patientenrelevanter Endpunkte ausgerichteten Therapie kann sich ein höherer Nutzen auch daraus ergeben, dass das Arzneimittel eine überlegene Wirksamkeit gegenüber anderen Arzneimitteln der Wirkstoffgruppe zeigt oder über besondere therapierelevante Leistungsmerkmale verfügt, zB Wechsel des Applikationsortes oder -weges, oder eine andere für die Therapie relevante Galenik aufweist (vgl BT-Drucks 16/194 S 8). Anders als bei der Gruppenbildung anhand von Wirkstoffen nach § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V kommen im Rahmen dieses Tatbestandsmerkmals daher auch die ganz spezifischen Besonderheiten eines Wirkstoffs in Betracht, soweit diese therapeutisch relevant sind.

65

cc) Methodisch erfolgt der Nachweis einer therapeutischen Verbesserung aufgrund der Fachinformationen und durch Bewertung von klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, soweit diese Studien allgemein verfügbar sind oder gemacht werden und ihre Methodik internationalen Standards entspricht. Vorrangig sind klinische Studien, insbesondere direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen (§ 35b Abs 1b Satz 4 und 5 SGB V). Maßgeblich ist hierbei der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V, vgl BT-Drucks 16/194 S 8). Erforderlich ist dabei der Nachweis der erfolgreichen therapeutischen Verbesserung in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen auf der Grundlage wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken über die Zahl der behandelten Fälle und die Therapierelevanz (stRspr; BSGE 93, 1 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1, RdNr 7 mwN - Immucothel; BSGE 95, 132 RdNr 18 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 25 mwN - Wobe-Mugos E). Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Wirkstoffen. Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr 64). Sie müssen in jedem Fall das Kriterium erfüllen, mit dem Primärziel des Erreichens patientenrelevanter Endpunkte durchgeführt worden zu sein. Studien, die als Primärziel bloße Surrogatparameter formuliert haben, kommen dagegen zum Nachweis einer therapeutischen Verbesserung nicht in Betracht (vgl Schickert, PharmR 2010, 452, 456).

66

dd) Der Beigeladene zu 1. ist nicht ermächtigt, von diesem gesetzlichen Prüfprogramm abzuweichen. Soweit der Regelungsgehalt reicht, verbleibt ihm kein eigener Gestaltungsspielraum. Wie bereits ausgeführt (vgl II.2.c aa), erfolgt insoweit eine volle gerichtliche Überprüfung. Den dargelegten gesetzlichen Anforderungen ist der Beigeladene zu 1. durch seinen Beschluss vom 20.7.2004 gerecht geworden. Er hat nach diesen Maßstäben geprüft, dass für Atorvastatin eine therapeutische Verbesserung im aufgezeigten Sinne nicht nachgewiesen ist. Die Standards, die der Beigeladene zu 1. ausweislich seiner Beschlussbegründung vom 15.9.2004 zur Prüfung des Vorliegens einer therapeutischen Verbesserung verlangt, korrespondieren inhaltlich (sogar zT fast wortgleich formuliert) mit dem gesetzlich festgeschriebenen Prüfmaßstab. Bei dem Nachweis einer therapeutischen Verbesserung hat der Beigeladene zu 1. rechtsfehlerfrei auf den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse im Sinne der Rechtsprechung des BSG abgestellt und als Unterlagen in erster Linie direkte Vergleichsstudien, für den Fall ihres Fehlens placebokontrollierte Studien in Form von randomisierten, doppelblinden und kontrollierten Studien mit dem Ziel der Beeinflussung klinisch bedeutsamer Endpunkte gefordert.

67

ee) Der Beigeladene zu 1. hat das ermächtigungskonforme Prüfprogramm über den Nachweis einer therapeutischen Verbesserung ausweislich der Beschlussbegründung auch rechtmäßig angewendet. Der Beschluss des Beigeladenen zu 1. vom 20.7.2004 beruht auf einer umfassenden Sichtung der aktuellen relevanten Studienlage zur Wirkstoffgruppe der Statine. Auf die Einbeziehung irgendwelcher Meinungsäußerungen von Fachleuten kommt es jenseits der bereits geprüften Anhörungsrechte (vgl § 35 Abs 2 SGB V)insoweit entgegen der Ansicht der Klägerinnen nicht an.

68

Der Beigeladene zu 1. ist insgesamt nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass für Atorvastatin gegenüber den anderen Statinen keine Alleinstellungsmerkmale bewiesen sind, die eine therapeutische Verbesserung bedeuten. Er hat anhand des gesetzlich gebotenen Maßstabs die Aussage- und Beweiskraft der einzelnen Studien nachvollziehbar bewertet, nachdem er ihr Design, ihre Ziele und ihre Vergleichbarkeit überprüft und qualifiziert hat. Seine Folgerungen sind schlüssig und lassen keine Widersprüche erkennen. Zu allen von den Klägerinnen als Alleinstellungsmerkmal hervorgehobenen Aspekten, namentlich den besonderen pleiotropen (außerhalb der Hauptwirkung heilend wirkenden) Eigenschaften (dazu <1.>), der größten Wirkstärke (dazu <2.>), dem schnelleren Wirkeintritt (dazu <3.>) und einem überlegenen Sicherheitsprofil von Atorvastatin gegenüber den anderen Statinen (dazu <4.>), begründet der Beschluss nachvollziehbar, dass eine therapeutische Verbesserung nach den gesetzlichen Kriterien nicht festzustellen ist.

69

(1.) So fehlen hinsichtlich der besonderen pleiotropen Eigenschaften von Atorvastatin danach genauere Kenntnisse darüber, in welchem Ausmaß pleiotrope Effekte zur Risikoverbesserung beitragen und ob Unterschiede zwischen den einzelnen Wirkstoffen bestehen. Studien zum Nachweis von Art und Umfang angeblich pleiotroper Effekte liegen nicht vor.

70

(2.) Gegen die von den Klägerinnen ins Feld geführte höhere Wirkstärke Atorvastatins wendet der Beigeladene 1. schlüssig ein, dass sich daraus nicht per se eine klinische Überlegenheit ableiten lässt. Es mangelt nämlich hierzu an den erforderlichen qualitativ hochwertigen Vergleichsstudien mit klinisch relevanten Endpunkten, die hinreichende Schlüsse auf nennenswerte Patientenkollektive erlauben: Die vorliegenden indirekten Vergleichsstudien eignen sich nach der nachvollziehbaren Beurteilung des Beigeladenen zu 1. nicht zum Nachweis relevanter Unterschiede zwischen den einzelnen Wirkstoffen. Die Ausgangsrisiken der untersuchten Populationen weichen so erheblich voneinander ab, dass sie kaum miteinander vergleichbar sind. Ebenso variiert - wohl vor dem Hintergrund des unterschiedlichen Zuschnitts der Vergleichsgruppen - das Ausmaß der LDL-Senkung in den einzelnen Studien in einem Ausmaß, das Vergleichsschlüsse problematisch macht.

71

(3.) Auch hinsichtlich der Frage, ob ein schnellerer Wirkeintritt von Atorvastatin gegenüber anderen Statinen mit Blick auf patientenrelevante Endpunkte nachweisbare Vorteile bietet, gibt es bisher keine direkten Vergleichsstudien. Die vorliegenden indirekten Vergleichsstudien können therapierelevante Vorteile nach der nachvollziehbaren Beurteilung des Beigeladenen zu 1. nicht hinreichend belegen, da sie sich wesentlich in der jeweiligen Größe des Ausgangsrisikos der untersuchten Populationen und Stärke der Interventionen unterscheiden. Diese Parameter sind indes die stärksten Determinanten für die Geschwindigkeit des Eintretens einer statistisch signifikanten Wirkung einer Statintherapie.

72

(4.) Das geltend gemachte besondere Sicherheitsprofil von Atorvastatin ist entsprechend der Beschlussbegründung schließlich ebenfalls nicht evidenzbasiert nachgewiesen. Direkte Vergleichsstudien zwischen den Statinen zu unerwünschten Nebenwirkungen liegen nicht vor. Eine signifikante Unterscheidung der nach der Häufigkeit schwerer unerwünschter Ereignisse wird bei den placebokontrollierten Studien als "overall health impact" in den seltensten Fällen angegeben. Diese Argumentation deckt sich wiederum nachvollziehbar mit der bestehenden Studienlage.

73

ff) Der Beigeladene zu 1. hat für die Zeit bis zum 30.6.2006 auch die ihm als Normgeber obliegende Beobachtungspflicht nicht verletzt. Von einer Verletzung der Beobachtungspflicht wäre nur auszugehen, wenn der Beigeladene zu 1. eine neue Studienlage übergangen hätte, die nach den aufgezeigten gesetzlichen Maßstäben Anlass zur erneuten Überprüfung eines einmal gefassten Gruppenbildungsbeschlusses gegeben hätte. Daran fehlt es.

74

Der Beigeladene zu 1. muss auch nach Erlass einer Richtlinie über die Bildung einer Festbetragsgruppe prüfen, ob neuere wissenschaftliche Erkenntnisse eine Änderung seiner Entscheidung gebieten. Dies folgt auch ohne besondere, ausdrückliche Regelung in § 35 SGB V aus der generellen, dem GBA als Normgeber obliegenden Beobachtungspflicht. Wesentlicher innerer Grund des gesetzlichen Regelungskonzepts des GBA als Normgeber ist es gerade, ihn die sich ständig ändernde Entwicklung des allgemein anerkannten Standes der Medizin und der Pharmakologie beobachten zu lassen, damit er wesentliche Änderungen umgehend in den Richtlinien berücksichtigt (vgl dazu Hauck, NZS 2010, 600, 611 mwN). Im Falle der hier in Frage stehenden Richtlinien ist der GBA zur Beobachtung dessen verpflichtet, ob die bisher festgelegte Zusammenfassung mehrerer Arzneimittel in einer Festbetragsgruppe dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht mehr entspricht (vgl ähnlich BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2).

75

Eine solche Beobachtungspflicht setzt der Beigeladene zu 1. auch selbst in Kapitel 3, Abschnitt D der Beschlussbegründung (nunmehr in § 7 Abs 4 seiner VerfO) voraus. Danach muss er Hinweisen dazu nachgehen, dass getroffene Entscheidungen nicht mehr mit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse übereinstimmen. Hinweise darauf, dass für den Wirkstoff Atorvastatin zwischenzeitlich Studien erstellt worden sind, die unter Berücksichtigung der aufgezeigten gesetzlichen Wertungen für eine abweichende Bewertung der therapeutischen Verbesserung sprechen, liegen indes nicht vor. Das belegen für die hier relevante Zeit bis zum 30.6.2006 (zu Folgezeiträumen vgl Senatsurteile vom selben Tage - B 1 KR 10/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen und - B 1 KR 13/10 R) die Untersuchungen des IQWiG vom 15.8.2005 und des Beigeladenen zu 1. vom Februar 2010 unter Einbeziehung aller neueren Studien für die Folgejahre. Keiner der Beteiligten hat denn auch dargelegt, dass abweichend von der Beurteilung des IQWiG und der Recherche des Beigeladenen zu 1. neue endpunktrelevante Studien mit bisher nicht berücksichtigten Ergebnissen zu den Statinen veröffentlicht worden sind.

76

gg) Der erkennende Senat kann sich auf die vorliegenden Ermittlungsergebnisse stützen, ohne dass es weiterer Beweiserhebung bedarf. Zwar geht es beim Nachweis einer therapeutischen Verbesserung durch Arzneimittel um die Feststellung genereller Tatsachen, die auch der Ermittlung des Senats im Revisionsverfahren unterliegen. Weitere Beweiserhebung drängt sich aber nicht auf. Auch hier (vgl bereits oben II.2.b und c cc) ist von Bedeutung, dass sich der Beigeladene zu 1. nicht beliebiger Einzelgutachter bedient, sondern die vom Gesetzgeber hervorgehobene AkdÄ mit der Überprüfung der Voraussetzungen betraut hat. Hinzu kommt, dass er in der Folgezeit im Rahmen eines Generalauftrags das IQWiG mit einer Überprüfung beauftragt hat und schließlich unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung bei dem LSG nochmals selbst recherchiert hat. Nur die Darlegung, eine therapeutische Verbesserung sei anhand aussagekräftiger Studien in der gesetzlich gebotenen Qualität nachgewiesen, würde vorliegend zu weiteren Ermittlungen zwingen. Daran fehlt es indes.

77

Das IQWiG hat nämlich die Einschätzung des Beigeladenen zu 1. bestätigt, ohne Anhaltspunkte für neuere abweichende Studienergebnisse in hinreichend qualifizierten Studien zu finden. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Absicherung von Neutralität und Qualität der in Auftrag gegebenen Untersuchung des IQWiG streitet bei Beachtung aller gesetzlicher Vorgaben eine Rechtsvermutung für die Richtigkeit seiner Beurteilung, die in derartigen Fällen wie dem vorliegenden eine weitere Beweiserhebung erübrigt. Das folgt aus Ausstattung (dazu <1.>), Aufgabe (dazu <2.>) und Gesetzeszweck der Einrichtung des IQWiG (dazu <3.>). Mit Blick darauf kommt gesetzeskonformen Bewertungen des IQWiG eine Richtigkeitsgewähr zu.

78

(1.) Das IQWiG stellt ein Expertengremium dar, das in seiner persönlichen und fachlichen Integrität und Qualität durch Transparenz und Unabhängigkeit gesetzlich und institutionell besonders abgesichert ist (vgl Hauck, NZS 2010, 600, 609; Rixen, MedR 2008, 24, 26). Der Beigeladene zu 1. hat gesetzeskonform das IQWiG als fachlich unabhängiges, rechtsfähiges, wissenschaftliches Institut errichtet (§ 139a Abs 1 Satz 1 SGB V idF durch Art 1 Nr 112 GMG). Der Gesetzgeber hat bereits die zulässige Rechtsform des IQWiG eingegrenzt, um dessen Kompetenz und Unabhängigkeit sicherzustellen. Zur Sicherung der fachlichen Unabhängigkeit des IQWiG haben die Beschäftigten vor ihrer Einstellung alle Beziehungen zu Interessenverbänden, Auftragsinstituten, insbesondere der pharmazeutischen Industrie und der Medizinprodukteindustrie, einschließlich Art und Höhe von Zuwendungen offen zu legen (vgl § 139a Abs 6 SGB V). Entsprechendes gilt, soweit das IQWiG wissenschaftliche Forschungsaufträge an externe Sachverständige vergibt (s § 139b Abs 3 SGB V). Die Vergabe von Forschungsaufträgen gewährleistet, dass die Arbeiten des IQWiG höchsten wissenschaftlichen Anforderungen gerecht werden. Hierzu hat es ausgewiesene Experten mit wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungen in ihren jeweiligen Arbeitsbereichen einzubeziehen (vgl BT-Drucks 15/1525 S 128 Zu § 139a Abs 4).

79

Das IQWiG arbeitet in einer transparenten Form unter Unterrichtung Betroffener und Interessierter über alle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse (vgl § 139a Abs 4 SGB V und hierzu BT-Drucks 15/1525 S 128 Zu § 139a Abs 4), insbesondere auch über die Grundlagen für die Entscheidungsfindung. Indem das IQWiG zu gewährleisten hat, dass die Bewertung des medizinischen Nutzens nach den international anerkannten Standards der evidenzbasierten Medizin erfolgt (§ 139a Abs 4 Satz 1 Halbs 1 SGB V idF durch Art 1 Nr 117 Buchst b GKV-WSG),hat der Gesetzgeber klargestellt, dass es seine Arbeitsmethode nach den international üblichen und akzeptierten Standards der evidenzbasierten Medizin auszurichten hat. Das IQWiG geht nach der Gesetzeskonzeption bei seinen Bewertungen in vergleichbarer hoch qualitativer Weise vor wie andere mit entsprechenden Aufgaben betraute Stellen im internationalen Bereich, zB das National Institute for Health and Clinical Excellence (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 151 Zu Nummer 117 <§ 139a> Zu Buchst b; Engelmann in: jurisPK-SGB V, § 139a RdNr 30). Zusätzlich bestehen Rechte Sachverständiger, Interessierter und Betroffener, Stellung zu nehmen (vgl § 139a Abs 5 SGB V).

80

(2.) Das IQWiG wird zu Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für die Qualität und Wirtschaftlichkeit der im Rahmen der GKV erbrachten Leistungen in gesetzlich vorgegebenem Umfang tätig (vgl § 139a Abs 3 SGB V). Die Arbeit des IQWiG hat zum Ziel, die grundsätzlichen Anforderungen des SGB V bei der Leistungserbringung zu sichern. Hierzu soll es Erkenntnisse über den Wert der Leistungen auch im Verhältnis zu den aufzuwendenden Kosten sowie zu den Auswirkungen auf die Verbesserung der medizinischen Behandlung erarbeiten. Dies soll gewährleisten, dass diagnostische und therapeutische Maßnahmen dem besten verfügbaren wissenschaftlichen Stand entsprechen und auch weiterhin finanzierbar bleiben (vgl BT-Drucks 15/1525 S 127 Zu Nummer 112 Zu § 139a Zu Abs 3).

81

Zu den gesetzlich vorgegebenen Aufgaben gehört auch die Bewertung des Nutzens und der Kosten von Arzneimitteln (vgl § 139a Abs 3 Nr 5 SGB V). Der Beigeladene zu 1. beauftragt das IQWiG mit den gesetzlich umrissenen Arbeiten (vgl § 139b Abs 1 Satz 1 SGB V). Hierzu hat er dem IQWiG ua am 21.12.2004 den Generalauftrag erteilt, durch die Erfassung und Auswertung des relevanten Schrifttums eine kontinuierliche Beobachtung und Bewertung medizinischer Entwicklungen von grundlegender Bedeutung und ihrer Auswirkungen auf die Qualität und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung in Deutschland vorzunehmen und den GBA hierüber regelmäßig zu informieren. Das IQWiG soll aus der eigenverantwortlichen wissenschaftlichen Arbeit heraus dem GBA für dessen gesetzliche Aufgaben notwendige Informationen zur Verfügung stellen und konkrete Vorschläge für Einzelaufträge erarbeiten.

82

(3.) Ziel des Gesetzgebers ist es, durch Einbindung des IQWiG in die Zuarbeit für den GBA den dynamischen Prozess der Fortentwicklung der medizinischen und pflegerischen Leistungen zu sichern und die kontinuierliche Einbeziehung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in eine qualitativ gesicherte Leistungserbringung zu gewährleisten (BT-Drucks 15/1525, S 127). Das IQWiG leitet deshalb seine Arbeitsergebnisse dem GBA als Empfehlungen zu (vgl § 139b Abs 4 Satz 1 SGB V). Dieser hat die Empfehlungen im Rahmen seiner Aufgabenstellung "zu berücksichtigen", wird also nur mit besonderer Begründung davon abweichen (vgl Hauck, NZS 2007, 461, 464). Insbesondere hat er zu prüfen, ob das IQWiG seine Bewertungen ausgehend von einem zutreffenden Rechtsverständnis der zugrunde gelegten Begriffe auf der Basis einer umfassenden Einbeziehung der relevanten Studien nachvollziehbar und widerspruchsfrei getroffen hat. Für die Umsetzung von Handlungsempfehlungen des IQWiG verbleibt ihm indes sein gesetzgeberisches Ermessen.

83

Dass von AkdÄ und IQWiG nicht berücksichtigte Studien hinreichender Qualität im gesetzlich gebotenen Sinne vorliegen, ist schließlich weder von den Klägerinnen noch von sonstigen Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits oder der beim erkennenden Senat anhängigen Parallelverfahren in Kenntnis der Beurteilungen von AkdÄ und IQWiG behauptet worden. Es ist auch ansonsten nicht ersichtlich.

84

hh) Auch die gebildete Vergleichsgröße und die festgesetzte Festbetragshöhe beschwerten die Klägerinnen nicht. Es gilt hierfür dasselbe wie im vorangegangenen Zeitraum (vgl dazu II. 3. a).

85

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 und 3 und § 162 Abs 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 4 sowie § 47 Abs 1 GKG.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen stehen beim Tod des Berechtigten nacheinander

1.
dem Ehegatten,
1a.
dem Lebenspartner,
2.
den Kindern,
3.
den Eltern,
4.
dem Haushaltsführer
zu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Mehreren Personen einer Gruppe stehen die Ansprüche zu gleichen Teilen zu.

(2) Als Kinder im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 gelten auch

1.
Stiefkinder und Enkel, die in den Haushalt des Berechtigten aufgenommen sind,
2.
Pflegekinder (Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind),
3.
Geschwister des Berechtigten, die in seinen Haushalt aufgenommen worden sind.

(3) Als Eltern im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 gelten auch

1.
sonstige Verwandte der geraden aufsteigenden Linie,
2.
Stiefeltern,
3.
Pflegeeltern (Personen, die den Berechtigten als Pflegekind aufgenommen haben).

(4) Haushaltsführer im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 ist derjenige Verwandte oder Verschwägerte, der an Stelle des verstorbenen oder geschiedenen oder an der Führung des Haushalts aus gesundheitlichen Gründen dauernd gehinderten Ehegatten oder Lebenspartners den Haushalt des Berechtigten mindestens ein Jahr lang vor dessen Tod geführt hat und von diesem überwiegend unterhalten worden ist.

(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem seit dem Tag der letzten Veröffentlichung zwei Wochen verstrichen sind.

(2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids.

(1) Wird der Widerspruch für begründet erachtet, so ist ihm abzuhelfen.

(2) Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, so erläßt den Widerspruchsbescheid

1.
die nächsthöhere Behörde oder, wenn diese eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
2.
in Angelegenheiten der Sozialversicherung die von der Vertreterversammlung bestimmte Stelle,
3.
in Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit mit Ausnahme der Angelegenheiten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch die von dem Vorstand bestimmte Stelle,
4.
in Angelegenheiten der kommunalen Selbstverwaltung die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 1 Nr. 1 ist in Angelegenheiten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und, soweit Landesrecht nichts Abweichendes vorsieht, in Angelegenheiten nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch der zuständige Träger, der den dem Widerspruch zugrunde liegenden Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig; § 44b Abs. 1 Satz 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt. Vorschriften, nach denen im Vorverfahren Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Satz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist schriftlich zu erlassen, zu begründen und den Beteiligten bekanntzugeben. Nimmt die Behörde eine Zustellung vor, gelten die §§ 2 bis 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes. § 5 Abs. 4 des Verwaltungszustellungsgesetzes und § 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 als Bevollmächtigte zugelassenen Personen entsprechend anzuwenden. Die Beteiligten sind hierbei über die Zulässigkeit der Klage, die einzuhaltende Frist und den Sitz des zuständigen Gerichts zu belehren.

(4) Über ruhend gestellte Widersprüche kann durch eine öffentlich bekannt gegebene Allgemeinverfügung entschieden werden, wenn die den angefochtenen Verwaltungsakten zugrunde liegende Gesetzeslage durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bestätigt wurde, Widerspruchsbescheide gegenüber einer Vielzahl von Widerspruchsführern zur gleichen Zeit ergehen müssen und durch sie die Rechtsstellung der Betroffenen ausschließlich nach einem für alle identischen Maßstab verändert wird. Die öffentliche Bekanntgabe erfolgt durch Veröffentlichung der Entscheidung über den Internetauftritt der Behörde, im Bundesanzeiger und in mindestens drei überregional erscheinenden Tageszeitungen. Auf die öffentliche Bekanntgabe, den Ort ihrer Bekanntgabe sowie die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 3 ist bereits in der Ruhensmitteilung hinzuweisen.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten können elektronische Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze bereitgestellt werden. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsaktes an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Behörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt abgerufen hat. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben. Die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(2b) In Angelegenheiten nach dem Abschnitt 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt abweichend von Absatz 2a für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten § 9 des Onlinezugangsgesetzes.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. In der Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tag nach der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Eine nach Tagen bestimmte Frist endet mit dem Ablauf ihres letzten Tages, eine nach Wochen oder Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fehlt dem letzten Monat der entsprechende Tag, so endet die Frist mit dem Monat.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.

(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem seit dem Tag der letzten Veröffentlichung zwei Wochen verstrichen sind.

(2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids.

(1) Den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge vereinbaren die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen in Bundesmantelverträgen. Der Inhalt der Bundesmantelverträge ist Bestandteil der Gesamtverträge.

(2) Die Vergütungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen werden von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen durch Gesamtverträge geregelt. Die Verhandlungen können auch von allen Kassenarten gemeinsam geführt werden.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen können mit nicht bundesunmittelbaren Ersatzkassen, der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und der landwirtschaftlichen Krankenkasse von § 83 Satz 1 abweichende Verfahren zur Vereinbarung der Gesamtverträge, von § 85 Abs. 1 und § 87a Abs. 3 abweichende Verfahren zur Entrichtung der in den Gesamtverträgen vereinbarten Vergütungen sowie von § 291a Absatz 2 Nummer 1 abweichende Kennzeichen vereinbaren.

(4) In den Verträgen ist ebenfalls das Nähere zur erneuten Verordnung eines mangelfreien Arzneimittels für versicherte Personen im Fall des § 31 Absatz 3 Satz 7 zu vereinbaren, insbesondere zur Kennzeichnung entsprechender Ersatzverordnungen.

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Die Versicherten können unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder nach § 116b an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Einrichtungen, den Zahnkliniken der Krankenkassen, den Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 2 Satz 2, den nach § 72a Abs. 3 vertraglich zur ärztlichen Behandlung verpflichteten Ärzten und Zahnärzten, den zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäusern sowie den Einrichtungen nach § 75 Abs. 9 frei wählen. Andere Ärzte dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Die Inanspruchnahme der Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 1 und 2 Satz 1 richtet sich nach den hierüber abgeschlossenen Verträgen. Die Zahl der Eigeneinrichtungen darf auf Grund vertraglicher Vereinbarung vermehrt werden, wenn die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 Satz 1 erfüllt sind.

(1a) In den Fällen des § 75 Absatz 1a Satz 7 können Versicherte auch zugelassene Krankenhäuser in Anspruch nehmen, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen; dies gilt auch, wenn die Terminservicestelle Versicherte in den Fällen des § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 in eine Notfallambulanz vermittelt. Die Inanspruchnahme umfasst auch weitere auf den Termin folgende notwendige Behandlungen, die dazu dienen, den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen.

(2) Wird ohne zwingenden Grund ein anderer als einer der nächsterreichbaren an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen oder medizinische Versorgungszentren in Anspruch genommen, hat der Versicherte die Mehrkosten zu tragen.

(3) Die Versicherten sollen den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt innerhalb eines Kalendervierteljahres nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Der Versicherte wählt einen Hausarzt. Der Arzt hat den Versicherten vorab über Inhalt und Umfang der hausärztlichen Versorgung (§ 73) zu unterrichten; eine Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung hat er auf seinem Praxisschild anzugeben.

(3a) Die Partner der Verträge nach § 82 Abs. 1 haben geeignete Maßnahmen zu vereinbaren, die einer unkoordinierten Mehrfachinanspruchnahme von Vertragsärzten entgegenwirken und den Informationsaustausch zwischen vor- und nachbehandelnden Ärzten gewährleisten.

(4) Die Übernahme der Behandlung verpflichtet die in Absatz 1 genannten Personen oder Einrichtungen dem Versicherten gegenüber zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts.

(5) Die Versicherten der knappschaftlichen Krankenversicherung können unter den Knappschaftsärzten und den in Absatz 1 genannten Personen und Einrichtungen frei wählen. Die Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 1.12.2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Versorgung mit Arzneimitteln auf Cannabisgrundlage (Cannabinoiden) zur Behandlung seiner chronischen Schmerzen.
Der 1953 geborene Kläger ist nach einem Motorradunfall im Jahr 1987 querschnittsgelähmt und leidet infolgedessen außerdem an einem chronischen Schmerzsyndrom. In einem Attest vom 19.8.2004 (Verwaltungsakte - VA S. 17 -) führte der Facharzt für Anästhesie und spezielle Schmerztherapie Dr. L. aus, die bisherige Schmerztherapie mit Lioresal und Opiaten habe keine ausreichende Reduktion der neuropathischen Schmerzen bewirken können. Deshalb sei nunmehr ein Therapieversuch mit Cannabinol indiziert.
Mit Bescheid vom 30.9.2004 (VA S. 23) lehnte die Beklagte einen Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für eine Therapie mit Cannabinol ab. Sie könne weder die Kosten für das in den USA zugelassene Fertigarzneimittel Marinol noch die Kosten für Dronabinol als Rezeptursubstanz, wie sie von der Firma THC-Pharma in Deutschland angeboten werde, erstatten. In rechtlicher Hinsicht sei zu unterscheiden zwischen nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) zulassungspflichtigen Fertigarzneimitteln und zulassungsfreien, für den jeweiligen Behandlungsfall nach ärztlicher Verordnung zusammengestellten Rezepturarzneimitteln. Ein Fertigarzneimittel auf der Basis von Cannabis sei in Deutschland nicht zugelassen. Die Zulassung von Marinol in den USA könne der Zulassung nach dem AMG nicht gleichgesetzt werden und führe lediglich dazu, dass dieses Mittel im Einzelfall verordnet und importiert werden dürfe, bewirke aber keine Verordnungsfähigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Außerdem sei Marinol in den USA nicht zur Schmerztherapie, sondern zur Behandlung von Anorexie bei Aids-Patienten und zytostatikbedingtem Erbrechen zugelassen. Eine Kostenübernahme für Marinol scheide daher aus. Gleiches gelte für das Rezepturarzneimittel Dronabinol. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nämlich nur dann erbracht werden, wenn diese vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (Bundesausschuss) geprüft und empfohlen worden seien, woran es hier fehle; insoweit werde auch auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25.4.2003 (L 4 KR 3828/01) hingewiesen.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, mittlerweile sei durch umfangreiche Versuchsreihen nachgewiesen, dass Cannabinol bei spastischen Lähmungserscheinungen, unter denen er (ebenfalls) leide, zu einer Verbesserung des Krankheits- und des Schmerzzustandes führe und damit Morphiumpräparate, die bedeutend ungünstigere Nebenwirkungen aufwiesen und außerdem teurer seien, ersetzen könne. Er habe die Morphiumpräparate wieder absetzen müssen, weil sie seine Schmerzen nicht gebessert hätten. Er bitte um Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), wofür er noch umfangreiche Publikationen einreichen werde. Sein Begehren sei nicht auf die Versorgung mit einem Fertigarzneimittel, sondern auf ein Rezepturarzneimittel gerichtet. Die letzte Auskunft des Bundesausschusses stamme aus dem Jahr 2001, weshalb das von der Beklagten zitierte Urteil des LSG Baden-Württemberg wohl überholt sein dürfte.
Die Beklagte erhob das Gutachten des MDK (Dr. Le.) vom 20.1.2005. Darin ist ausgeführt, in Zusammenhang mit einer Reihe von Krankheiten und Symptomen werde seit geraumer Zeit der Einsatz von Cannabis und Marihuana als Therapieoption diskutiert. Die sozialmedizinische Expertengruppe SEG-6 der MDK-Gemeinschaft habe eine Grundsatzstellungnahme zur Methodenbewertung (Stand 12. August 2004) angefertigt. Darin sei der Einsatz von Cannabinoiden für die Indikationen Anorexie und Kachexie, Asthma, Epilepsie, Gilles-de-la-Tourette-Syndrom, Glaukom, Migräne, muskuläre Krämpfe und Spastik, beispielsweise bei MS, reaktiver Depression, Schmerzzuständen, Übelkeit und Erbrechen, Unruhe und Schlafstörungen im Rahmen von Demenz bewertet worden. Zusammenfassend habe man festgestellt, dass für Cannabis/Cannabinoide zwar eine Evidenz für die (mäßige) Wirksamkeit einzelner Indikationen bestehe, jedoch wegen der Verfügbarkeit anderer gesicherter wirksamer kostengünstiger Standards insgesamt ein sozialmedizinischer Bedarf kaum erkennbar sei. Auf der Basis der derzeitigen Evidenz könne die medizinische Anwendung von Cannabinoiden nur im Rahmen von kontrollierten klinischen Prüfungen und nur für ausgewählte Indikationen/Bedingungen empfohlen werden, bei denen eine effektive Behandlungsoption nicht zur Verfügung stehe.
Die spezielle Recherche zur Evidenz von Cannabinoiden in der Schmerztherapie habe ergeben, dass Cannabis bei mäßigen Schmerzen der Wirksamkeit von Plazebo überlegen, derjenigen von Codein gleichwertig sei. Die erheblichen Nebenwirkungen relativierten jedoch die Nutzen-Risiko-Relation und ließen keine Notwendigkeit erkennen, Cannabinoide in die international etablierten Schemata zur Schmerzbehandlung aufzunehmen. Bei starken Schmerzen sei eine Überlegenheit des Therapiestandards Morphin anzunehmen, eine kontrollierte klinische Prüfung von Cannabinoiden erscheine hier ethisch kaum vertretbar. Auch die aktuelle Datenlage nach Fertigstellung der erwähnten Methodenbewertung ergebe kein anderes Bild. Damit könne die Beschaffung von Cannabispräparaten als Import zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht befürwortet werden. Die fehlende Evidenz der Wirksamkeit des Kosten-Risiko-Verhältnisses im Vergleich zur etablierten Therapie sei auch für die Verordnung von Cannabis als Rezeptur zutreffend, welche zwar grundsätzlich möglich sei, aber nicht auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung in Betracht komme.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8.3.2005 wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf das MDK-Gutachten vom 20.1.2005 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 11.3.2005 zugestellt.
Am 11.4.2005 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen. Er legte Arztberichte vor und bekräftigte sein bisheriges Vorbringen. Seit dem Motorradunfall im September 1987 leide er (u. a.) unter einem schweren Deafferentierungsschmerz, wodurch er zwischenzeitlich zermürbt sei. Die Schmerzen seien gegen MST-Gabe therapieresistent und könnten nur durch Heroin und Kokain gemindert werden, was er wegen der bekannten Nebenwirkungen jedoch ablehne. Morphium-Präparate habe er mangels Besserung der Schmerzen wieder absetzen müssen. Die Beklagte bezog sich auf das MDK-Gutachten vom 20.1.2005 und führt ergänzend aus, ein zugelassenes Arzneimittel mit den begehrten Inhalten gebe es in Deutschland nicht.
In einem zur weiteren Klagebegründung vorgelegten Bericht des Prof. Dr. B. (Oberarzt an der Neurologischen Klinik der Universitätsklinik T.) vom 6.2.1992 (SG-Akte S. 14) ist ausgeführt, der Kläger leide seit einem Motorradunfall mit Querschnittsläsion in Höhe des 5./6. BWK unter einem schweren Deafferentierungsschmerz, der bislang selbst auf MST-Gabe therapieresistent gewesen sei. Unabhängig davon sei es aktuell zu einer notorischen Aphasie und einer Parese des rechten Armes gekommen. Der deutlich depressiv wirkende Kläger habe angegeben, durch die Dauerschmerzen in den Beinen zermürbt zu sein. Auch die Therapie in der Universitätsklinik T. habe keine Linderung verschafft. Die einzige Schmerzbesserung habe er bislang durch Heroin oder Kokain erreicht, streite die derzeitige Einnahme von Suchtstoffen aber ab.
10 
In einem weiteren Arztbericht des PD Dr. K. (ebenfalls Oberarzt an der Neurologischen Klinik der Universitätsklinik T.) vom 26.4.1990 heißt es, der Kläger habe in demonstrativer Weise am 19.4.1990 beim „Schwäbischen Tagblatt“ angerufen, um seinen Suizid anzukündigen. Er wolle wegen seiner quälenden Deafferentierungsschmerzen nach kompletter Querschnittslähmung nicht mehr weiterleben. Der zuständige Amtsarzt habe ihn allerdings nicht als akut suizidal eingestuft und ihn daher nicht in die Nervenklinik, sondern in die hiesige Klinik, wo er bekannt sei, eingewiesen. Der Kläger habe gegenüber der letzten stationären Aufnahme am 11.10.1989 sehr gefasst und beherrscht gewirkt. Etwa zwei bis drei Wochen nach der Entlassung am 20.10.1989 habe er erneut schlimmste, quälende Schmerzen verspürt trotz der eingesetzten neurothymoleptischen Schmerzmedikation. Er habe daraufhin alle Medikamente abgesetzt und sich mit Anafranil, Taxilan, Lioressal sowie dem gelegentlichen Rauchen von Haschisch beholfen. Die Schmerzen seien dadurch zwar nicht gelindert worden, aber er habe weniger Müdigkeit empfunden. Beruflich plane er eine Wiedereingliederungsmaßnahme mit Besuch einer Fortbildungsschule für Körperbehinderte. Der Kläger sei plötzlich unmotiviert zornig geworden und habe die Klinik gegen ärztlichen Rat zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn verlassen. Man habe ihm deutlich gemacht, dass jederzeit eine stationäre Wiederaufnahme zur medikamentösen Neueinstellung der Schmerzen möglich sei und dies, falls gewünscht, auch ambulant geschehen könne.
11 
Das Sozialgericht holte die Auskunft des Bundesausschusses (Unterausschuss „Arzneimittel“) vom 28.7.2005 (SG-Akte S. 49) ein. Darin ist ausgeführt, bei Dronabinol, einem Cannabinoid, handele es sich um ein verkehrs- und verschreibungsfähiges Betäubungsmittel nach § 1 Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG), das als Ausgangssubstanz für die Herstellung von Rezepturarzneimitteln eingesetzt werde. Für neuartige zulassungsfreie Rezepturarzneimittel, wie Dronabinol, fehle es an der erforderlichen Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit, wenn der Bundesausschuss keine entsprechende Empfehlung abgegeben habe (§ 135 Abs. 1 SGB V). Beim Bundesausschuss sei ein Antrag auf Prüfung der Anwendung von Dronabinol nicht gestellt worden und er habe ein Prüfungsverfahren auch nicht von Amts wegen eingeleitet. Dazu sei er erst dann verpflichtet, wenn wissenschaftlich begründete Aussagen zur Wirksamkeit einschließlich eventueller Risiken getroffen werden könnten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müsse die Therapie in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein. Der Erfolg müsse sich aus wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen (BSG, Urteil vom 19.3.2002, - B 1 KR 16/00 R -).
12 
Einem Bericht im Deutschen Ärzteblatt aus dem Jahr 2001 zufolge habe die wissenschaftliche Datenlage zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ausgereicht, um den Nutzen von Cannabinoiden in der Schmerztherapie beurteilen zu können. Zum gleichen Ergebnis sei die Multiple-Sklerose-Therapie-Konsensgruppe der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft in ihren Leitlinien für die symptomatische Multiple-Sklerose-Therapie (Stand August 2004) gekommen. Dabei habe sie die Ergebnisse der CAMS-Studie berücksichtigt. In den genannten Leitlinien heiße es, Cannabis-Präparate seien bislang nur unzureichend hinsichtlich ihrer antispastischen Wirkung untersucht worden. In einer jüngst publizierten Studie habe mittels der Ashworth-Scala kein positiver Effekt auf die Spastik nach oraler Einnahme von Tetrahydrocannabinol oder Cannabis-Pflanzenextrakt objektiviert werden können. Gefunden worden sei wohl aber eine Besserung des Gehvermögens sowie eine subjektive Schmerzreduktion. Aufgrund der Resultate könne der Einsatz von Cannabis-Präparaten derzeit nur im Rahmen von Studien oder in Einzelfällen durch Multiple-Sklerose-Therapeuten mit großer Erfahrung empfohlen werden.
13 
Ausgehend von diesen Befunden seien der Geschäftsstelle des Bundesausschusses in der Zwischenzeit keine Studien bekannt geworden, aus denen sich wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zu Nutzen und Risiko des Einsatzes von Cannabinoiden in diesen Indikationen ableiten ließen. Das zeige, dass Therapien mit Cannabinoiden die Phase der Erprobung noch nicht verlassen hätten, weshalb allein schon aus diesem Grund eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen nicht bestehe. Nach Sinn und Zweck des § 2 SGB V seien noch im Prüfstadium befindliche Behandlungsmethoden nämlich nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung, da es - so die Gesetzesbegründung - nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sei, die medizinische Forschung zu finanzieren.
14 
Der Kläger trug hierzu vor, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 8.2.2000, - B 1 KR 18/99 B -) komme die Kostenerstattung für eine Behandlung, die mangels Empfehlung in den Richtlinien des Bundesausschusses zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erbracht werden dürfe, dann in Betracht, wenn die Richtlinien bereits im Zeitpunkt der Behandlung fehlerhaft gewesen seien. Erweise sich eine zunächst abgelehnte Methode aufgrund späterer Erkenntnisse oder Erfahrungen doch als sinnvoll, müsse dem für künftige Behandlungsfälle durch eine entsprechende Empfehlung Rechnung getragen werden. Die Behandlung mit Cannabinol sei nach der Stellungnahme des Dr. L. vom 19.8.2002 indiziert. Wie sich aus den vorgelegten Auszügen zu Versuchsreihen ergebe, sei auch nachgewiesen, dass der Einsatz von Cannabinol bei spastischen Lähmungserscheinungen zu einer Verbesserung des Krankheitszustandes und der Schmerzen führe. Daher seien die Richtlinien des Bundesausschusses fehlerhaft, wenn darin eine Behandlung mit Cannabinol nach wie vor nicht empfohlen werde. Nach dem Beschluss des BSG vom 6.1.2005 (- B 1 KR 51/03 R -) fehle es zwar an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Arzneimitteltherapie, wenn die Arznei nach dem deutschen Arzneimittelrecht der Zulassung bedürfe, diese Zulassung aber nicht erteilt worden sei. Er sei jedoch der Auffassung, dass dieser Frage im vorliegenden Verfahren grundsätzliche Bedeutung zukomme. Auf jeden Fall seien wegen der Empfehlung des Dr. L. Beweiserhebungen geboten, um festzustellen, ob eine der beim Bundesausschuss antragsberechtigten Institutionen gehalten wäre, ein Verfahren zur Abgabe einer Empfehlung von Cannabinoiden als neuer Behandlungsmethode einzuleiten. Letzteres sei bislang nicht geschehen; ob das pflichtwidrig sei, könne derzeit ohne weitere Recherchen nicht beurteilt werden. Bei der Behandlung mit Cannabinol handele es sich außerdem um ein neuartiges Behandlungskonzept. Die begehrte Therapie sei für ihn der einzige Weg, die Dauerschmerzen erträglich zu machen.
15 
Mit Beschluss vom 12.10.2005 lehnte das Sozialgericht einen Antrag des Klägers, Dr. L. zu der Frage anzuhören, ob die Behandlung mit Cannabinol seine Dauerschmerzen lindern könne, ab; hierauf komme es aus Rechtsgründen nicht an, da eine Leistungspflicht der Beklagten für im Erprobungs- bzw. Erforschungsstadium stehende Therapien von vornherein nicht bestehe.
16 
Mit Urteil vom 1.12.2005 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Behandlung mit Cannabisprodukten gehöre, wie das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 25.4.2003 (a. a. O.) - bestätigt durch das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 6.1.2005 (a. a. O.) - entschieden habe, nicht zu den von der Beklagten geschuldeten Leistungen. Das Präparat Cannabinol sei in Deutschland nicht zugelassen; auch eine EU-Zulassung liege nicht vor. Daher könne das Präparat nicht als Fertigarzneimittel zur Verfügung gestellt werden. Soweit es sich bei Cannabinol um ein Rezepturarzneimittel handeln sollte, sei die Leistungsgewährung ebenfalls nicht möglich. Nach der aktuellen Auskunft des Bundesausschusses befinde sich die Therapie mit Cannabisprodukten nämlich noch im Stadium der Erforschung und Erprobung, was die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausschließe. Ein etwaiger Anspruch auf Tätigwerden einer der beim Bundesausschuss antragsberechtigten Institutionen sei nicht Streitgegenstand und im vorliegenden Verfahren daher nicht zu prüfen.
17 
Auf das ihm am 27.12.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.1.2006 Berufung eingelegt. Er trägt ergänzend vor, das Sozialgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Behandlung mit Cannabinol ausreichend, zweckmäßig und auch wirtschaftlicher sei als die Therapie mit Opiaten, die bedeutend mehr koste. Er sei auch bereit, sich der Behandlung mit Cannabinol im Rahmen einer klinischen Studie zu unterziehen. Außerdem berufe er sich nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6.12.2005 (- 1 BvR 347/98 -) auf sein Grundrecht auf Gesundheit aus Art. 2 Abs. 2 GG. Beim Einsatz von Cannabinol bestehe jedenfalls die nicht ganz entfernte Aussicht auf eine spürbar positive Entwicklung seiner Schmerzkrankheit; das verdeutlichten die entsprechenden Empfehlungen seines Schmerztherapeuten Dr. L.. Zwar gehe es bei ihm, anders als im Fall, der der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde gelegen habe, nicht um eine lebensbedrohliche Krankheit. Gleichwohl sei er schwer krank. Das Bundessozialgericht sei der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mittlerweile auch gefolgt (Urteile in den Verfahren B 1 KR 7/05 R - und B 1 KR 12/05 R - sowie B 1 KR 12/04 R -).
18 
Der Kläger beantragt sinngemäß,
19 
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 1.12.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30.9.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.3.2005 zu verurteilen, ihm zur Behandlung seiner Schmerzerkrankung Arzneimittel auf Cannabinoidgrundlage (wie Dronabinol oder Cannabinol) als Sachleistung zu gewähren bzw. die Kosten für deren Selbstbeschaffung zu erstatten.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie trägt ergänzend vor,
23 
Cannabinol gehöre zu der Gruppe der Opiate, weshalb auch hier, wie bei Morphiumpräparaten, ein Suchtpotential vorhanden sei. Das Mittel stehe noch in der Erprobungsphase und sei in Deutschland nicht zugelassen, so dass es keinen Sinn mache, über die Kostenfrage zu diskutieren. Eine Therapieversuchsreihe an der Universitätsklinik T. sei nicht bekannt, so dass es nicht weiter führe, wenn sich der Kläger hierfür zur Verfügung stellen wolle. Die genannte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei vorliegend nicht einschlägig, weil im Fall des Klägers eine dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung stehe. Das gehe aus dem Gutachten des MDK vom 20.1.2005 hervor.
24 
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
25 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
26 
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
27 
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Arzneimittel auf Cannabinoidgrundlage (wie Dronabinol oder Cannabinol) als Sachleistung zu gewähren bzw. die Kosten für die Beschaffung solcher Arzneimittel zu erstatten. Er hat darauf keinen Anspruch.
I.
28 
Das Begehren des Klägers ist auf die Versorgung mit Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gerichtet, sei es als Sachleistung, sei es im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V. In diesem Sinne ist sein Antrag zu verstehen, die Beklagte möge die Kosten für einen entsprechenden Therapieversuch übernehmen. Die genannten Arzneimittel gehören auch nach Ansicht des Senats jedoch nicht zu den Leistungen, die die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten zu erbringen haben. Die Beklagte muss sie dem Kläger daher nicht als Sachleistung zur Verfügung stellen und infolge dessen auch die Kosten für vom Kläger selbst beschaffte Medikamente nicht erstatten. Letzteres setzte gem. § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V nämlich voraus, dass die Leistung zu Unrecht abgelehnt worden wäre, was hier nicht der Fall ist (vgl. dazu auch BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R – m.w.N., wonach der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter reicht als der entsprechende Sachleistungsanspruch).
II.
29 
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Danach haben sie Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um (u. a.) eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V).
30 
Soweit es, wie hier, um die Versorgung mit Arzneimitteln geht, ist in rechtlicher Hinsicht außerdem zwischen zulassungspflichtigen Fertigarzneimitteln und zulassungsfreien Rezepturarzneimitteln zu unterscheiden. Arzneimittel, die - als Fertigarzneimittel - im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an Endverbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht werden, bedürfen nach § 4 Abs. 1 AMG der Zulassung durch die dafür zuständige Behörde, während Arzneimittel, die - als Rezepturarzneimittel - für den jeweiligen Behandlungsfall nach ärztlicher Verordnung zusammengestellt werden, zulassungsfrei sind. Verfügt ein Fertigarzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung, fehlt es (schon deshalb) an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V; es gehört daher von vornherein nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BSG, Urt. v. 6.1.2005, - B 1 KR 51/03 B – m.w.N. sowie näher auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, - L 4 KR 3828/01 -). Daran ändert eine etwaige Zulassung oder Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels im Ausland nichts. Unbeschadet der Möglichkeit, ausländische Zulassungsentscheidungen zu übernehmen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AMG), und unbeschadet spezieller europarechtlicher Gemeinschaftsverfahren im Arzneimittelbereich führt dies nur dazu, dass das Arzneimittel importiert und ärztlich verordnet werden darf (§ 73 Abs. 3 AMG); die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen wird dadurch nicht begründet (näher LSG Baden-Württemberg, Urt. v,. 25.4.2003, a. a. O. sowie BSGE 93,1 und BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).
31 
Für zulassungsfreie Rezepturarzneimittel ist das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -) zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, wozu auch neue Arzneimitteltherapien gehören, in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (BSGE 81,73, ständige Rechtsprechung – zuletzt BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -), wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des Bundesausschusses sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R - m.w.N.). Ohne befürwortende Entscheidung des Bundesausschusses kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht.
III.
32 
Von diesen rechtlichen Vorgaben ausgehend kann das Begehren des Klägers keinen Erfolg haben.
33 
1. Die Versorgung mit einem auf Cannabinoidgrundlage hergestellten Fertigarzneimittel, etwa mit dem in den USA zugelassenen Medikament Marinol (dazu i.e. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.3003, a. a. O.), verlangt der Kläger nach seinem Vorbringen im Widerspruchs- und Klageverfahren offenbar nicht. Das wäre auch schon deshalb nicht möglich, da das genannte Arzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung verfügt und deshalb nach dem Gesagten auch nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehört. Mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung scheidet ein sog. „ off-label-use “, also die zulassungsüberschreitende Anwendung, von vornherein aus (dazu näher BSG, Urt. v. 19.3.2002, - B 1 KR 37/00 R – sowie Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).
34 
2. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, dem Kläger ein entsprechendes Rezepturarzneimittel (wie Dronabinol oder Cannabinol) zu gewähren. Denn insoweit fehlt es an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des Bundesausschusses, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Das gilt auch dann, wenn die Behandlung im Einzelfall, wie hier durch Dr. L., ärztlich empfohlen wird. Der Ausnahmefälle des sog. Systemversagens“ oder besonders seltener Erkrankungen liegen nicht vor. Zudem befindet sich die Schmerzbehandlung mit Medikamenten auf Cannaboidgrundlage derzeit noch im Erprobungsstadium, was die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ebenfalls ausschließt. Schließlich kann dem Kläger auch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden bei krankheitsbedingter Lebensgefahr (BVerfG, Beschl. v. 6.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, NZS 2006, 84) nicht weiterhelfen.
35 
a. Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend einschlägig. Die Anwendung von Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage ist eine Behandlungsmethode i. S. d. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Um eine „besondere Therapierichtung“, deren Arzneimittel gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht ausgeschlossen sind, geht es ersichtlich nicht, weshalb dahinstehen mag, ob der Kläger aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V für sich günstige Rechtsfolgen herleiten könnte. Besondere Therapierichtungen bedürfen nämlich (u.a.) eines sich von der naturwissenschaftlichen Schulmedizin abgrenzenden weltanschaulichen Denkansatzes (wie etwa die Homöopathie oder die anthroposophische Medizin). Das ist hier ersichtlich nicht der Fall. Die Schmerztherapie mit Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage mag sich von der (derzeitigen) klassischen Schmerztherapie unterscheiden, nimmt aber nicht für sich in Anspruch, im Gegensatz zu den wesentlichen Grundaussagen der Schulmedizin zu stehen (dazu näher BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R – m.N.); sie will deren Behandlungskonzepte vielmehr ergänzen und erweitern und sich so in die Schulmedizin einfügen. Soweit der Kläger vorbringt, er erstrebe ein neuartiges Konzept zur Schmerzbehandlung, kann ihn dies von den Einschränkungen des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V daher von vornherein nicht frei stellen. Die Anwendung von Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage ist auch neu i. S. d. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V; hierüber herrscht zu Recht kein Streit (dazu näher BSGE 81, 54; 94, 221 sowie Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -).
36 
b. Das Fehlen der nach § 135 Abs. 1 SGB V notwendigen Empfehlung des Bundesausschusses ist nicht wegen sog. „Systemversagens“ entbehrlich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde und damit ein sog. „Systemversagen“ vorliegt. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (näher BSGE 81, 54 sowie BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -). Für eine solche Fallgestaltung ist hier aber nichts ersichtlich oder substantiiert geltend gemacht (vgl. zur Versorgung mit Dronabinol bei multipler Sklerose insoweit auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, a. a. O.).
37 
Ein Prüfantrag nach § 135 Abs. 1 SGB V ist beim Bundesausschuss von den dazu berechtigten Stellen (der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder einem Spitzenverband der Krankenkassen) nicht gestellt worden und der Bundesausschuss hat ein Prüfverfahren auch von Amts wegen nicht eingeleitet. Das geht aus der vom Sozialgericht eingeholten Auskunft des Bundesausschusses (Unterausschuss „Arzneimittel“) vom 28.7.2005 hervor. Ein rechtswidriges Versäumnis liegt darin nicht. Beantragung oder Einleitung eines Prüfverfahrens sind vielmehr erst dann veranlasst, wenn wissenschaftlich begründete Aussagen zur Wirksamkeit einer Therapie und deren Risiken überhaupt getroffen werden können (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, a. a. O.). Das ist hier, wie die genannte Auskunft des Bundesausschusses vom 28.7.2005 und das von der Beklagten erhobene MDK-Gutachten vom 20.1.2005 belegen, aber nicht der Fall.
38 
Nach der Auskunft des Bundesausschusses vom 28.7.2005 hatte, einem Bericht im Deutschen Ärzteblatt aus dem Jahr 2001 zufolge, die wissenschaftliche Datenlage zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ausgereicht, um den Nutzen von Cannabinoiden in der Schmerztherapie beurteilen zu können. Zum gleichen Ergebnis kam die Multiple-Sklerose-Therapie-Konsensgruppe der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft in ihren Leitlinien für die symptomatische Multiple-Sklerose-Therapie (Stand August 2004). Nach deren Auffassung sind Cannabis-Präparate bislang nur unzureichend hinsichtlich ihrer (hier nicht im Vordergrund stehenden) antispastischen Wirkung untersucht worden; in einer neueren Studie konnte ein positiver Effekt auf die Spastik nach oraler Einnahme von Tetrahydrocannabinol oder Cannabis-Pflanzenextrakt auch nicht objektiviert werden, wogegen eine Besserung des Gehvermögens sowie eine subjektive Schmerzreduktion festgestellt wurde. Der Geschäftsstelle des Bundesausschusses sind in der Zwischenzeit auch keine Studien bekannt geworden, aus denen sich wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zu Nutzen und Risiko des Einsatzes von Cannabinoiden in diesen Indikationen ableiten ließen. Die vom Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten Publikationen stammen aus der Zeit bis 2004 und können die aktuelle Auskunft des Bundesausschusses (aus dem Jahr 2005) daher nicht stichhaltig in Zweifel ziehen. Auch aus dem MDK-Gutachten vom 20.1.2005 geht im Übrigen hervor, dass der Einsatz (u.a.) von Cannabis als Therapieoption bei einer Reihe von Krankheiten (noch) diskutiert wird. Hinsichtlich der Anwendung von Cannabinoiden in der Schmerztherapie ergab sich zudem eine Überlegenheit des Therapiestandards Morphin bei (hier in Rede stehenden) starken Schmerzen, weshalb bereits die kontrollierte klinische Prüfung von Cannabinoiden als ethisch kaum vertretbar angesehen wurde. Die aktuelle Datenlage, die der MDK-Gutachter überprüft hatte, ergab kein anderes Bild. Bei dieser Sachlage kann nicht angenommen werden, ein Prüfverfahren nach § 135 Abs. 1 SGB V hätte beantragt oder vom Bundesausschuss von Amts wegen eingeleitet werden müssen und dies sei willkürlich und aus sachfremden Erwägungen unterblieben (vgl. BSG, Urt. v. 19.2.2002, - B 1 KR 16/00 R -).
39 
c. Der Sonderfall einer wegen ihrer Seltenheit praktisch nicht systematisch erforschbaren Krankheit, deren Behandlung aus dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung deswegen nicht schon mangels entsprechender Empfehlung des Bundesausschusses ausscheidet (vgl. dazu BSGE 93,236), liegt offensichtlich ebenfalls nicht vor. Hierfür ist den ärztlichen Unterlagen nichts zu entnehmen und auch nichts vorgetragen. Vielmehr leidet der Kläger unter nach seinem Vorbringen therapieresistenten Schmerzzuständen auf Grund einer Querschnittslähmung, was die Annahme eines sich systematischer Erforschung entziehenden außerordentlich seltenen Krankheitsgeschehens nicht trägt, sondern offenkundig in einer Vielzahl von Fällen der ärztlichen Praxis vorkommt. Das gilt sowohl für Querschnittslähmungen als solche wie für therapieresistente Schmerzerkrankungen.
40 
d. Aus den dem Senat vom Bundesausschuss und vom MDK vermittelten Erkenntnissen geht im Übrigen zugleich hervor, dass die Schmerzbehandlung mit Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage noch in der Erprobungsphase steckt. Auch aus diesem Grund kann sie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erbracht werden, da Qualität und Wirksamkeit der Leistungen gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen müssen und es – so die Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift (BT-Drs. 11/2237, S. 157) – nicht Aufgabe der Krankenkassen ist, die medizinische Forschung zu finanzieren.
41 
e. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger schließlich auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung. Sie ist vorliegend nicht einschlägig.
42 
In seinem Beschluss vom 6.12.2005 (a. a. O.) hat es das Bundesverfassungsgericht für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall durch die Duchennesche Muskeldystrophie) verfassungswidrig.
43 
Das Bundessozialgericht hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner neueren Rechtsprechung (Urteile vom 4.4.2006, a. a. O.) zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat schließt sich dem an. Danach – so BSG, Urt. v. 4.4.2006 (B 1 KR 7/05 R) - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe (BSGE 94, 221), gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
44 
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor.
45 
2. Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung.
46 
3. Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine „auf Indizien gestützte“ nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
47 
Diese Voraussetzungen hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 4.4.2006 (B 1 KR 7/05 R -) weiter konkretisiert und außerdem auf den Bereich der Versorgung mit Arzneimittel übertragen. Allerdings ist insoweit eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V geboten, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf Arzneimittelversorgung entgegenstehen, während die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der Krankenversicherungsleistungen unberührt bleibt.
48 
Im Fall des Klägers fehlt es schon an der erstgenannten Voraussetzung des Vorliegens einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung, so dass dahin stehen mag, welche allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlungsmethoden hier ggf. zur Verfügung stehen und wie insoweit die vom Kläger geltend gemachte Therapieresistenz seiner Erkrankung einzuschätzen ist bzw. ob der Fall des kompletten Therapieversagens dem gänzlichen Fehlen bzw. der Nichtanwendbarkeit (dazu BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -) vorhandener Behandlungsmöglichkeiten gleich zu erachten wäre. Auch auf die zusätzlichen Anforderungen an den verfassungsrechtlich begründeten Anspruch gesetzlich Krankenversicherter auf Arzneimittelversorgung (kein Verstoß gegen das Arzneimittelrecht, Überwiegen des Nutzens bei unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs durchgeführter Abwägung von Chancen und Risiken, fachärztliche lege artis durchgeführte und dokumentierte Behandlung - dazu näher BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -) kommt es nicht an. Der Kläger leidet unter Schmerzzuständen auf Grund einer Querschnittslähmung, die ihn ohne Frage erheblich und nachhaltig beeinträchtigen, aber weder als lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Krankheit eingestuft werden können. Der Kläger macht das auch nicht geltend. Er meint vielmehr der Sache nach, die angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse über die Fälle der Extremsituation krankheitsbedingter Lebensgefahr hinaus verallgemeinert und generell auf schwere Krankheiten, wie seine schwere Schmerzerkrankung, angewendet werden. Das ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht möglich.
49 
Das Bundesverfassungsgericht geht (nach wie vor) davon aus, dass aus dem Grundgesetz unmittelbar kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte Leistungen der Krankenbehandlung (entsprechend: der Arzneimittelversorgung) abzuleiten ist, dafür vielmehr die Bestimmungen des Krankenversicherungsrechts in dessen Gesetzen oder untergesetzlichen Regelwerken maßgeblich sind. Sie legen fest, welche Leistungen die Krankenkassen unter welchen Voraussetzungen zu erbringen haben und wo die Grenzen ihrer Leistungspflicht verlaufen. Es hat gegen die hier einschlägigen leistungsrechtlichen Regelungen in den §§ 2, 12 Abs. 1 und 135 Abs. 1 SGB V verfassungsrechtliche Bedenken auch nicht erhoben. Nur für den Extremfall krankheitsbedingter Lebensgefahr bei gleichzeitigem Fehlen einer allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlungsmöglichkeit hat das Bundesverfassungsgericht im Wege verfassungskonformer Gesetzesauslegung letztendlich einen (verfassungsunmittelbaren) Leistungsanspruch statuiert, der den ansonsten geltenden gesetzlichen Grenzen der Leistungspflicht nicht unterworfen ist. Diese können ihm nicht entgegengehalten werden; entsprechende Gesetzesauslegungen sind nicht statthaft. Ansonsten bleibt es aber bei der Maßgeblichkeit des Gesetzes, namentlich des Erlaubnisvorbehalts in § 135 Abs. 1 SGB V. Andernfalls, insbesondere bei der vom Kläger geforderten Ausdehnung der durch verfassungskonforme Gesetzesauslegung begründeten Leistungsansprüche auf schwere Erkrankungen im allgemeinen, wie seine Schmerzkrankheit, würde das verfassungsrechtliche Mandat des Gesetzgebers zur Festlegung von Voraussetzungen und Inhalt der den Versicherten zustehenden Leistungsansprüche unterlaufen und auf Verwaltung und Gerichte übertragen, die im Einzelfall ohne hinreichend bestimmte gesetzliche Vorgaben (verfassungsunmittelbare) Leistungsrechte begründen könnten. Deshalb kann grundsätzlich nur in dem vom Bundesverfassungsgericht beschriebenen (extremen) Sonderfall, der durch die Zuspitzung auf das Vorliegen krankheitsbedingter Lebensgefahr bei gleichzeitigem Fehlen anerkannter Behandlungsmöglichkeiten hinreichend klar umschrieben ist, auf die gesetzliche Konkretisierung der Leistungsvoraussetzungen unter Bezugnahme auf einen verfassungsrechtlichen Kernbereich der Leistungspflicht sowie die grundrechtliche Pflicht des Staates zum Lebens- und Gesundheitsschutz verzichtet werden.
50 
Dem entspricht die genannte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Es hat namentlich im Urteil vom 4.4.2006 (- B 1 KR 7/05 R -) dezidiert klargestellt, dass die Krankenkassen (von vornherein) nur bei Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung Leistungen unter Außerachtlassung des in § 135 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt zu erbringen haben. In Bekräftigung und Präzisierung dessen hat es in einer weiteren Entscheidung vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/05 R -) demzufolge auch entschieden, dass einem an einem Prostatakarzinom erkrankten Versicherten die ambulant durchgeführte interstitielle Brachytherapie mit Permanent Seeds (dauerhafte Einbringung radioaktiver Substanz zur Zerstörung von Tumorzellen) als vom Bundesausschuss nicht empfohlene neue Behandlungsmethode i. S. d. § 135 Abs. 1 SGB V auf Kosten der Krankenkassen nicht gewährt werden muss, weil im Zeitpunkt der durchgeführten Behandlung die Konstellation einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung bei Fehlen einer allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlung (noch) nicht vorgelegen hatte. Das Bundessozialgericht hat hierfür ersichtlich nicht nur darauf abgestellt, dass für die Behandlung von Prostatakarzinomen mit der Prostatektomie eine (allerdings nicht gewünschte) medizinische Standardtherapie zur Verfügung stand, sondern ausdrücklich das Stadium der Krebserkrankung herangezogen und darauf verwiesen, dass sich das Prostatakarzinom noch im Anfangsstadium ohne Hinweis auf metastatische Absiedlungen befand. Der dem Versorgungsbegehren des Versicherten stattgebenden Entscheidung vom 4.4.2006 (- B 1 KR 7/05 R -) lag demgegenüber eine Krebserkrankung des Dickdarms zugrunde, die das Anfangsstadium bereits verlassen hatte, weshalb die Überlebenswahrscheinlichkeit wegen möglicher Fernmetastasen erheblich herabgesetzt war. Gerade darauf hat das Bundessozialgericht maßgeblich abgestellt und zur Abgrenzung darauf verwiesen, dass sich dieser Fall insoweit - hinsichtlich des Stadiums der Krebserkrankung - vom der Fallgestaltung des Urteils vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/05 -) unterscheidet.
51 
In einem dritten Urteil vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/04 R -) hat das Bundessozialgericht sich zwar im Ansatz mit der Frage befasst, ob andere Krankheitsbilder (im entschiedenen Fall ein zur Berufsunfähigkeit einer Tierärztin führendes Muskelleiden, sog. „MAD-Mangel“) mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden könnten, freilich angenommen, bei dem geschilderten Muskelleiden liege trotz der Nachhaltigkeit und Schwere der Erkrankung eine notstandsähnliche Extremsituation nicht vor. Das Bundessozialgericht hat in dem zuletzt genannten Urteil auch nur angedeutet, dass dies etwa für den Fall drohender Erblindung „zu erwägen wäre“, und hierfür auf seine Rechtsprechung zu extrem seltenen und deshalb systematisch nicht erforschbaren Krankheiten Bezug genommen (BSGE 93, 236). Nach dieser Rechtsprechung können - wie bei dem sog. „ off-label-use “ zugelassener Arzneimittel (BSGE 89, 184) - in notstandsähnlichen Situationen bei der Behandlung schwerwiegender, lebensbedrohlicher oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigender Erkrankungen (so BSGE 93, 236) - Leistungen auch abweichend vom Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V gewährt werden. Zu diesem Ergebnis führte letztendlich aber die Überlegung, wegen der Singularität der Erkrankung erfülle deren Behandlung den „Methodenbegriff“ in § 135 Abs. 1 SGB V nicht und der Bundesausschuss könne eine wissenschaftlich fundierte Aussage mangels systematischer Erforschbarkeit der Krankheit ohnehin nicht treffen. Die Ausnahme von der Erlaubnispflicht beruhte damit im Kern auf der Auslegung des § 135 Abs. 1 SGB V nach Wortlaut und Zweck und nicht auf verfassungsrechtlichen Erwägungen zum Kerngehalt der Leistungspflicht oder zur grundrechtlichen Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 GG. Das Bundessozialgericht hat es schließlich auch abgelehnt, den Rechtsgedanken des Bundesverfassungsgerichtsbeschlusses vom 6.12.2005 (a. a. O.) jedenfalls auf weitläufige Bereiche auszudehnen, in denen der Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gedanken in Abkehr von früherem Recht den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung bewusst eingeschränkt hat (so Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/04 R -). Für die Ausdehnung verfassungsunmittelbarer Leistungsrechte auf andere weitläufige Bereiche, wie das Schmerzleiden des Klägers, kann nach Ansicht des Senats nichts anderes gelten, zumal eine hinreichend klare Abgrenzung der Fallgestaltungen nicht zuletzt wegen der Vielgestaltigkeit von Schmerzerkrankungen und der Subjektivität des Schmerzerlebens und der darauf beruhenden Beeinträchtigungen anders als im vom Bundessozialgericht angesprochenen Fall drohender Erblindung nicht möglich ist.
III.
52 
Das Sozialgericht hat die Klage danach zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
53 
Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Grundsätzlicher Klärung bedarf die Frage, ob und in welchen Fallgestaltungen und unter welchen Voraussetzungen der Rechtsgedanke des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6.12.2005 (a. a. O.) außerhalb des Vorliegens lebensbedrohlicher oder regelmäßig tödlich verlaufender Erkrankungen anzuwenden ist und die Krankenkassen deshalb aus verfassungsrechtlichen Gründen Leistungen jenseits der gesetzlichen Grenzen ihrer Leistungspflicht erbringen müssen. Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht abschließend geklärt, wie dessen Urteil vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/04 R -) zeigt.

Gründe

 
26 
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
27 
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Arzneimittel auf Cannabinoidgrundlage (wie Dronabinol oder Cannabinol) als Sachleistung zu gewähren bzw. die Kosten für die Beschaffung solcher Arzneimittel zu erstatten. Er hat darauf keinen Anspruch.
I.
28 
Das Begehren des Klägers ist auf die Versorgung mit Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gerichtet, sei es als Sachleistung, sei es im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V. In diesem Sinne ist sein Antrag zu verstehen, die Beklagte möge die Kosten für einen entsprechenden Therapieversuch übernehmen. Die genannten Arzneimittel gehören auch nach Ansicht des Senats jedoch nicht zu den Leistungen, die die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten zu erbringen haben. Die Beklagte muss sie dem Kläger daher nicht als Sachleistung zur Verfügung stellen und infolge dessen auch die Kosten für vom Kläger selbst beschaffte Medikamente nicht erstatten. Letzteres setzte gem. § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V nämlich voraus, dass die Leistung zu Unrecht abgelehnt worden wäre, was hier nicht der Fall ist (vgl. dazu auch BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R – m.w.N., wonach der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter reicht als der entsprechende Sachleistungsanspruch).
II.
29 
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Danach haben sie Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um (u. a.) eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V).
30 
Soweit es, wie hier, um die Versorgung mit Arzneimitteln geht, ist in rechtlicher Hinsicht außerdem zwischen zulassungspflichtigen Fertigarzneimitteln und zulassungsfreien Rezepturarzneimitteln zu unterscheiden. Arzneimittel, die - als Fertigarzneimittel - im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an Endverbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht werden, bedürfen nach § 4 Abs. 1 AMG der Zulassung durch die dafür zuständige Behörde, während Arzneimittel, die - als Rezepturarzneimittel - für den jeweiligen Behandlungsfall nach ärztlicher Verordnung zusammengestellt werden, zulassungsfrei sind. Verfügt ein Fertigarzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung, fehlt es (schon deshalb) an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V; es gehört daher von vornherein nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BSG, Urt. v. 6.1.2005, - B 1 KR 51/03 B – m.w.N. sowie näher auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, - L 4 KR 3828/01 -). Daran ändert eine etwaige Zulassung oder Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels im Ausland nichts. Unbeschadet der Möglichkeit, ausländische Zulassungsentscheidungen zu übernehmen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AMG), und unbeschadet spezieller europarechtlicher Gemeinschaftsverfahren im Arzneimittelbereich führt dies nur dazu, dass das Arzneimittel importiert und ärztlich verordnet werden darf (§ 73 Abs. 3 AMG); die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen wird dadurch nicht begründet (näher LSG Baden-Württemberg, Urt. v,. 25.4.2003, a. a. O. sowie BSGE 93,1 und BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).
31 
Für zulassungsfreie Rezepturarzneimittel ist das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -) zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, wozu auch neue Arzneimitteltherapien gehören, in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (BSGE 81,73, ständige Rechtsprechung – zuletzt BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -), wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des Bundesausschusses sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R - m.w.N.). Ohne befürwortende Entscheidung des Bundesausschusses kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht.
III.
32 
Von diesen rechtlichen Vorgaben ausgehend kann das Begehren des Klägers keinen Erfolg haben.
33 
1. Die Versorgung mit einem auf Cannabinoidgrundlage hergestellten Fertigarzneimittel, etwa mit dem in den USA zugelassenen Medikament Marinol (dazu i.e. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.3003, a. a. O.), verlangt der Kläger nach seinem Vorbringen im Widerspruchs- und Klageverfahren offenbar nicht. Das wäre auch schon deshalb nicht möglich, da das genannte Arzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung verfügt und deshalb nach dem Gesagten auch nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehört. Mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung scheidet ein sog. „ off-label-use “, also die zulassungsüberschreitende Anwendung, von vornherein aus (dazu näher BSG, Urt. v. 19.3.2002, - B 1 KR 37/00 R – sowie Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).
34 
2. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, dem Kläger ein entsprechendes Rezepturarzneimittel (wie Dronabinol oder Cannabinol) zu gewähren. Denn insoweit fehlt es an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des Bundesausschusses, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Das gilt auch dann, wenn die Behandlung im Einzelfall, wie hier durch Dr. L., ärztlich empfohlen wird. Der Ausnahmefälle des sog. Systemversagens“ oder besonders seltener Erkrankungen liegen nicht vor. Zudem befindet sich die Schmerzbehandlung mit Medikamenten auf Cannaboidgrundlage derzeit noch im Erprobungsstadium, was die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ebenfalls ausschließt. Schließlich kann dem Kläger auch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden bei krankheitsbedingter Lebensgefahr (BVerfG, Beschl. v. 6.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, NZS 2006, 84) nicht weiterhelfen.
35 
a. Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend einschlägig. Die Anwendung von Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage ist eine Behandlungsmethode i. S. d. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Um eine „besondere Therapierichtung“, deren Arzneimittel gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht ausgeschlossen sind, geht es ersichtlich nicht, weshalb dahinstehen mag, ob der Kläger aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V für sich günstige Rechtsfolgen herleiten könnte. Besondere Therapierichtungen bedürfen nämlich (u.a.) eines sich von der naturwissenschaftlichen Schulmedizin abgrenzenden weltanschaulichen Denkansatzes (wie etwa die Homöopathie oder die anthroposophische Medizin). Das ist hier ersichtlich nicht der Fall. Die Schmerztherapie mit Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage mag sich von der (derzeitigen) klassischen Schmerztherapie unterscheiden, nimmt aber nicht für sich in Anspruch, im Gegensatz zu den wesentlichen Grundaussagen der Schulmedizin zu stehen (dazu näher BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R – m.N.); sie will deren Behandlungskonzepte vielmehr ergänzen und erweitern und sich so in die Schulmedizin einfügen. Soweit der Kläger vorbringt, er erstrebe ein neuartiges Konzept zur Schmerzbehandlung, kann ihn dies von den Einschränkungen des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V daher von vornherein nicht frei stellen. Die Anwendung von Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage ist auch neu i. S. d. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V; hierüber herrscht zu Recht kein Streit (dazu näher BSGE 81, 54; 94, 221 sowie Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -).
36 
b. Das Fehlen der nach § 135 Abs. 1 SGB V notwendigen Empfehlung des Bundesausschusses ist nicht wegen sog. „Systemversagens“ entbehrlich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde und damit ein sog. „Systemversagen“ vorliegt. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (näher BSGE 81, 54 sowie BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -). Für eine solche Fallgestaltung ist hier aber nichts ersichtlich oder substantiiert geltend gemacht (vgl. zur Versorgung mit Dronabinol bei multipler Sklerose insoweit auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, a. a. O.).
37 
Ein Prüfantrag nach § 135 Abs. 1 SGB V ist beim Bundesausschuss von den dazu berechtigten Stellen (der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder einem Spitzenverband der Krankenkassen) nicht gestellt worden und der Bundesausschuss hat ein Prüfverfahren auch von Amts wegen nicht eingeleitet. Das geht aus der vom Sozialgericht eingeholten Auskunft des Bundesausschusses (Unterausschuss „Arzneimittel“) vom 28.7.2005 hervor. Ein rechtswidriges Versäumnis liegt darin nicht. Beantragung oder Einleitung eines Prüfverfahrens sind vielmehr erst dann veranlasst, wenn wissenschaftlich begründete Aussagen zur Wirksamkeit einer Therapie und deren Risiken überhaupt getroffen werden können (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, a. a. O.). Das ist hier, wie die genannte Auskunft des Bundesausschusses vom 28.7.2005 und das von der Beklagten erhobene MDK-Gutachten vom 20.1.2005 belegen, aber nicht der Fall.
38 
Nach der Auskunft des Bundesausschusses vom 28.7.2005 hatte, einem Bericht im Deutschen Ärzteblatt aus dem Jahr 2001 zufolge, die wissenschaftliche Datenlage zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ausgereicht, um den Nutzen von Cannabinoiden in der Schmerztherapie beurteilen zu können. Zum gleichen Ergebnis kam die Multiple-Sklerose-Therapie-Konsensgruppe der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft in ihren Leitlinien für die symptomatische Multiple-Sklerose-Therapie (Stand August 2004). Nach deren Auffassung sind Cannabis-Präparate bislang nur unzureichend hinsichtlich ihrer (hier nicht im Vordergrund stehenden) antispastischen Wirkung untersucht worden; in einer neueren Studie konnte ein positiver Effekt auf die Spastik nach oraler Einnahme von Tetrahydrocannabinol oder Cannabis-Pflanzenextrakt auch nicht objektiviert werden, wogegen eine Besserung des Gehvermögens sowie eine subjektive Schmerzreduktion festgestellt wurde. Der Geschäftsstelle des Bundesausschusses sind in der Zwischenzeit auch keine Studien bekannt geworden, aus denen sich wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zu Nutzen und Risiko des Einsatzes von Cannabinoiden in diesen Indikationen ableiten ließen. Die vom Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten Publikationen stammen aus der Zeit bis 2004 und können die aktuelle Auskunft des Bundesausschusses (aus dem Jahr 2005) daher nicht stichhaltig in Zweifel ziehen. Auch aus dem MDK-Gutachten vom 20.1.2005 geht im Übrigen hervor, dass der Einsatz (u.a.) von Cannabis als Therapieoption bei einer Reihe von Krankheiten (noch) diskutiert wird. Hinsichtlich der Anwendung von Cannabinoiden in der Schmerztherapie ergab sich zudem eine Überlegenheit des Therapiestandards Morphin bei (hier in Rede stehenden) starken Schmerzen, weshalb bereits die kontrollierte klinische Prüfung von Cannabinoiden als ethisch kaum vertretbar angesehen wurde. Die aktuelle Datenlage, die der MDK-Gutachter überprüft hatte, ergab kein anderes Bild. Bei dieser Sachlage kann nicht angenommen werden, ein Prüfverfahren nach § 135 Abs. 1 SGB V hätte beantragt oder vom Bundesausschuss von Amts wegen eingeleitet werden müssen und dies sei willkürlich und aus sachfremden Erwägungen unterblieben (vgl. BSG, Urt. v. 19.2.2002, - B 1 KR 16/00 R -).
39 
c. Der Sonderfall einer wegen ihrer Seltenheit praktisch nicht systematisch erforschbaren Krankheit, deren Behandlung aus dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung deswegen nicht schon mangels entsprechender Empfehlung des Bundesausschusses ausscheidet (vgl. dazu BSGE 93,236), liegt offensichtlich ebenfalls nicht vor. Hierfür ist den ärztlichen Unterlagen nichts zu entnehmen und auch nichts vorgetragen. Vielmehr leidet der Kläger unter nach seinem Vorbringen therapieresistenten Schmerzzuständen auf Grund einer Querschnittslähmung, was die Annahme eines sich systematischer Erforschung entziehenden außerordentlich seltenen Krankheitsgeschehens nicht trägt, sondern offenkundig in einer Vielzahl von Fällen der ärztlichen Praxis vorkommt. Das gilt sowohl für Querschnittslähmungen als solche wie für therapieresistente Schmerzerkrankungen.
40 
d. Aus den dem Senat vom Bundesausschuss und vom MDK vermittelten Erkenntnissen geht im Übrigen zugleich hervor, dass die Schmerzbehandlung mit Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage noch in der Erprobungsphase steckt. Auch aus diesem Grund kann sie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erbracht werden, da Qualität und Wirksamkeit der Leistungen gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen müssen und es – so die Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift (BT-Drs. 11/2237, S. 157) – nicht Aufgabe der Krankenkassen ist, die medizinische Forschung zu finanzieren.
41 
e. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger schließlich auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung. Sie ist vorliegend nicht einschlägig.
42 
In seinem Beschluss vom 6.12.2005 (a. a. O.) hat es das Bundesverfassungsgericht für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall durch die Duchennesche Muskeldystrophie) verfassungswidrig.
43 
Das Bundessozialgericht hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner neueren Rechtsprechung (Urteile vom 4.4.2006, a. a. O.) zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat schließt sich dem an. Danach – so BSG, Urt. v. 4.4.2006 (B 1 KR 7/05 R) - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe (BSGE 94, 221), gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
44 
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor.
45 
2. Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung.
46 
3. Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine „auf Indizien gestützte“ nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
47 
Diese Voraussetzungen hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 4.4.2006 (B 1 KR 7/05 R -) weiter konkretisiert und außerdem auf den Bereich der Versorgung mit Arzneimittel übertragen. Allerdings ist insoweit eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V geboten, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf Arzneimittelversorgung entgegenstehen, während die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der Krankenversicherungsleistungen unberührt bleibt.
48 
Im Fall des Klägers fehlt es schon an der erstgenannten Voraussetzung des Vorliegens einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung, so dass dahin stehen mag, welche allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlungsmethoden hier ggf. zur Verfügung stehen und wie insoweit die vom Kläger geltend gemachte Therapieresistenz seiner Erkrankung einzuschätzen ist bzw. ob der Fall des kompletten Therapieversagens dem gänzlichen Fehlen bzw. der Nichtanwendbarkeit (dazu BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -) vorhandener Behandlungsmöglichkeiten gleich zu erachten wäre. Auch auf die zusätzlichen Anforderungen an den verfassungsrechtlich begründeten Anspruch gesetzlich Krankenversicherter auf Arzneimittelversorgung (kein Verstoß gegen das Arzneimittelrecht, Überwiegen des Nutzens bei unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs durchgeführter Abwägung von Chancen und Risiken, fachärztliche lege artis durchgeführte und dokumentierte Behandlung - dazu näher BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -) kommt es nicht an. Der Kläger leidet unter Schmerzzuständen auf Grund einer Querschnittslähmung, die ihn ohne Frage erheblich und nachhaltig beeinträchtigen, aber weder als lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Krankheit eingestuft werden können. Der Kläger macht das auch nicht geltend. Er meint vielmehr der Sache nach, die angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse über die Fälle der Extremsituation krankheitsbedingter Lebensgefahr hinaus verallgemeinert und generell auf schwere Krankheiten, wie seine schwere Schmerzerkrankung, angewendet werden. Das ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht möglich.
49 
Das Bundesverfassungsgericht geht (nach wie vor) davon aus, dass aus dem Grundgesetz unmittelbar kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte Leistungen der Krankenbehandlung (entsprechend: der Arzneimittelversorgung) abzuleiten ist, dafür vielmehr die Bestimmungen des Krankenversicherungsrechts in dessen Gesetzen oder untergesetzlichen Regelwerken maßgeblich sind. Sie legen fest, welche Leistungen die Krankenkassen unter welchen Voraussetzungen zu erbringen haben und wo die Grenzen ihrer Leistungspflicht verlaufen. Es hat gegen die hier einschlägigen leistungsrechtlichen Regelungen in den §§ 2, 12 Abs. 1 und 135 Abs. 1 SGB V verfassungsrechtliche Bedenken auch nicht erhoben. Nur für den Extremfall krankheitsbedingter Lebensgefahr bei gleichzeitigem Fehlen einer allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlungsmöglichkeit hat das Bundesverfassungsgericht im Wege verfassungskonformer Gesetzesauslegung letztendlich einen (verfassungsunmittelbaren) Leistungsanspruch statuiert, der den ansonsten geltenden gesetzlichen Grenzen der Leistungspflicht nicht unterworfen ist. Diese können ihm nicht entgegengehalten werden; entsprechende Gesetzesauslegungen sind nicht statthaft. Ansonsten bleibt es aber bei der Maßgeblichkeit des Gesetzes, namentlich des Erlaubnisvorbehalts in § 135 Abs. 1 SGB V. Andernfalls, insbesondere bei der vom Kläger geforderten Ausdehnung der durch verfassungskonforme Gesetzesauslegung begründeten Leistungsansprüche auf schwere Erkrankungen im allgemeinen, wie seine Schmerzkrankheit, würde das verfassungsrechtliche Mandat des Gesetzgebers zur Festlegung von Voraussetzungen und Inhalt der den Versicherten zustehenden Leistungsansprüche unterlaufen und auf Verwaltung und Gerichte übertragen, die im Einzelfall ohne hinreichend bestimmte gesetzliche Vorgaben (verfassungsunmittelbare) Leistungsrechte begründen könnten. Deshalb kann grundsätzlich nur in dem vom Bundesverfassungsgericht beschriebenen (extremen) Sonderfall, der durch die Zuspitzung auf das Vorliegen krankheitsbedingter Lebensgefahr bei gleichzeitigem Fehlen anerkannter Behandlungsmöglichkeiten hinreichend klar umschrieben ist, auf die gesetzliche Konkretisierung der Leistungsvoraussetzungen unter Bezugnahme auf einen verfassungsrechtlichen Kernbereich der Leistungspflicht sowie die grundrechtliche Pflicht des Staates zum Lebens- und Gesundheitsschutz verzichtet werden.
50 
Dem entspricht die genannte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Es hat namentlich im Urteil vom 4.4.2006 (- B 1 KR 7/05 R -) dezidiert klargestellt, dass die Krankenkassen (von vornherein) nur bei Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung Leistungen unter Außerachtlassung des in § 135 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt zu erbringen haben. In Bekräftigung und Präzisierung dessen hat es in einer weiteren Entscheidung vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/05 R -) demzufolge auch entschieden, dass einem an einem Prostatakarzinom erkrankten Versicherten die ambulant durchgeführte interstitielle Brachytherapie mit Permanent Seeds (dauerhafte Einbringung radioaktiver Substanz zur Zerstörung von Tumorzellen) als vom Bundesausschuss nicht empfohlene neue Behandlungsmethode i. S. d. § 135 Abs. 1 SGB V auf Kosten der Krankenkassen nicht gewährt werden muss, weil im Zeitpunkt der durchgeführten Behandlung die Konstellation einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung bei Fehlen einer allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlung (noch) nicht vorgelegen hatte. Das Bundessozialgericht hat hierfür ersichtlich nicht nur darauf abgestellt, dass für die Behandlung von Prostatakarzinomen mit der Prostatektomie eine (allerdings nicht gewünschte) medizinische Standardtherapie zur Verfügung stand, sondern ausdrücklich das Stadium der Krebserkrankung herangezogen und darauf verwiesen, dass sich das Prostatakarzinom noch im Anfangsstadium ohne Hinweis auf metastatische Absiedlungen befand. Der dem Versorgungsbegehren des Versicherten stattgebenden Entscheidung vom 4.4.2006 (- B 1 KR 7/05 R -) lag demgegenüber eine Krebserkrankung des Dickdarms zugrunde, die das Anfangsstadium bereits verlassen hatte, weshalb die Überlebenswahrscheinlichkeit wegen möglicher Fernmetastasen erheblich herabgesetzt war. Gerade darauf hat das Bundessozialgericht maßgeblich abgestellt und zur Abgrenzung darauf verwiesen, dass sich dieser Fall insoweit - hinsichtlich des Stadiums der Krebserkrankung - vom der Fallgestaltung des Urteils vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/05 -) unterscheidet.
51 
In einem dritten Urteil vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/04 R -) hat das Bundessozialgericht sich zwar im Ansatz mit der Frage befasst, ob andere Krankheitsbilder (im entschiedenen Fall ein zur Berufsunfähigkeit einer Tierärztin führendes Muskelleiden, sog. „MAD-Mangel“) mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden könnten, freilich angenommen, bei dem geschilderten Muskelleiden liege trotz der Nachhaltigkeit und Schwere der Erkrankung eine notstandsähnliche Extremsituation nicht vor. Das Bundessozialgericht hat in dem zuletzt genannten Urteil auch nur angedeutet, dass dies etwa für den Fall drohender Erblindung „zu erwägen wäre“, und hierfür auf seine Rechtsprechung zu extrem seltenen und deshalb systematisch nicht erforschbaren Krankheiten Bezug genommen (BSGE 93, 236). Nach dieser Rechtsprechung können - wie bei dem sog. „ off-label-use “ zugelassener Arzneimittel (BSGE 89, 184) - in notstandsähnlichen Situationen bei der Behandlung schwerwiegender, lebensbedrohlicher oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigender Erkrankungen (so BSGE 93, 236) - Leistungen auch abweichend vom Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V gewährt werden. Zu diesem Ergebnis führte letztendlich aber die Überlegung, wegen der Singularität der Erkrankung erfülle deren Behandlung den „Methodenbegriff“ in § 135 Abs. 1 SGB V nicht und der Bundesausschuss könne eine wissenschaftlich fundierte Aussage mangels systematischer Erforschbarkeit der Krankheit ohnehin nicht treffen. Die Ausnahme von der Erlaubnispflicht beruhte damit im Kern auf der Auslegung des § 135 Abs. 1 SGB V nach Wortlaut und Zweck und nicht auf verfassungsrechtlichen Erwägungen zum Kerngehalt der Leistungspflicht oder zur grundrechtlichen Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 GG. Das Bundessozialgericht hat es schließlich auch abgelehnt, den Rechtsgedanken des Bundesverfassungsgerichtsbeschlusses vom 6.12.2005 (a. a. O.) jedenfalls auf weitläufige Bereiche auszudehnen, in denen der Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gedanken in Abkehr von früherem Recht den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung bewusst eingeschränkt hat (so Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/04 R -). Für die Ausdehnung verfassungsunmittelbarer Leistungsrechte auf andere weitläufige Bereiche, wie das Schmerzleiden des Klägers, kann nach Ansicht des Senats nichts anderes gelten, zumal eine hinreichend klare Abgrenzung der Fallgestaltungen nicht zuletzt wegen der Vielgestaltigkeit von Schmerzerkrankungen und der Subjektivität des Schmerzerlebens und der darauf beruhenden Beeinträchtigungen anders als im vom Bundessozialgericht angesprochenen Fall drohender Erblindung nicht möglich ist.
III.
52 
Das Sozialgericht hat die Klage danach zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
53 
Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Grundsätzlicher Klärung bedarf die Frage, ob und in welchen Fallgestaltungen und unter welchen Voraussetzungen der Rechtsgedanke des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6.12.2005 (a. a. O.) außerhalb des Vorliegens lebensbedrohlicher oder regelmäßig tödlich verlaufender Erkrankungen anzuwenden ist und die Krankenkassen deshalb aus verfassungsrechtlichen Gründen Leistungen jenseits der gesetzlichen Grenzen ihrer Leistungspflicht erbringen müssen. Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht abschließend geklärt, wie dessen Urteil vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/04 R -) zeigt.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18. April 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten für die Behandlung ihres an Magenkrebs verstorbenen Ehemannes mit alternativen Krebstherapien (u.a. dem Mittel Ukrain).
Der 1945 geborene Ehemann der Klägerin (im Folgenden: Versicherter) war Mitglied der Beklagten. Nachdem bei ihm ein Magenkarzinom diagnostiziert worden war, wurde der Magen am 20.12.2004 vollständig entfernt (SG-Akte S. 47). Bei den ersten Kontrolluntersuchungen nach 3 Monaten entdeckten die Ärzte einen größeren bösartigen Lymphknoten, der im Mai 2005 ebenfalls operativ entfernt wurde. Bis August 2005 fand sodann eine mehrmonatige Radiochemotherapie in der Universitätsklinik H. statt (Verwaltungsakte S. 72, vgl. auch Bericht der Universitätsklinik H. vom 15.3.2006, SG-Akte S. 43). Nachdem bei einer erneuten Gastroskopie im August 2005 eine Gewebsvermehrung im Bereich der Anastomose (Nahtverbindung nach Magenentfernung) gefunden worden war, wurde in der Universitätsklinik H. eine erneute Bestrahlung und Chemotherapie empfohlen. Der Versicherte folgte der Empfehlung nicht und begab sich zur weiteren Behandlung in die B.-Klinik für Onkologie, Immunologie und Hyperthermie in Bad B., wo er während stationärer Aufenthalte vom 12. bis 28.9.2005 und vom 31.10. bis 12.11.2005 neben zusätzlichen Therapieansätzen, wie Mistel- und Thymusinjektionen, palliativ mit Chemotherapie behandelt wurde (SG-Akte S. 112). Am 18.11.2005 wurde erneut ein Rezidiv festgestellt, das ungeachtet der durchgeführten Chemotherapie sehr schnell gewachsen war (Untersuchungsbericht der Universitätsklinik H., Verwaltungsakte S. 71).
Der Versicherte suchte daraufhin nach alternativen Heilmethoden und wandte sich auf Empfehlung der Vereinigung Menschen gegen Krebs e.V. an den – nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen (Verwaltungsakte S. 91) - Arzt für Naturheilverfahren und Chirotherapie S.. Dessen Behandlung, die aus einer Kombination unterschiedlicher Therapien, wie Blutautotransfusionen, Infusionen von Natriumhydrogenkarbonat, Kaliumchlorid, Magnesium, Procain, Ukrain und anderen Mitteln bestand (SG-Akte S. 3), begann am 1.12.2005. Bei einer Untersuchung am 16.2.2006 wurde im Vergleich zum Vorbefund vom 18.11.2005 eine geringe Größenprogredienz des Rezidivs festgestellt (Untersuchungsbericht der Universitätsklinik H., Verwaltungsakte S. 70). In der chirurgischen Klinik der Universitätsklinik H. hielt man eine (weitere) Operation nur dann für sinnvoll, wenn sie Tumorfreiheit herbeiführen könne; die präoperative Abklärung solle mit einer PET-Untersuchung erfolgen (Bericht vom 20.2.2006, SG-Akte S. 8). Die Untersuchung, deren Kosten die Beklagte nicht übernehmen wollte (Schreiben vom 28.4.2006, SG-Akte S. 13), wurde allerdings nicht mehr durchgeführt. Auch eine weitere Operation fand nicht statt. Ab März 2006 ließ sich der Versicherte einmal wöchentlich durch den Arzt S. zur Auffrischung der Therapie behandeln. Nachdem er am 31.3.2006 einen Herzinfarkt erlitten hatte, verstarb der Versicherte am 20.6.2006 bei oberer Gastrointestinalblutung mit Bluterbrechen/Hämatemesis bei Marcumartherapie (SG-Akte S. 47, 63). Rechtsnachfolgerin des Versicherten ist die Klägerin (Erbvertrag Verwaltungsakte S. 106). Für die Behandlung durch den Arzt S. zahlte der Versicherte insgesamt 33.959.52 EUR (Rechnungen Verwaltungsakte S. 1 ff.).
Bereits mit Schreiben vom 26.4.2006 (Verwaltungsakte S. 73) hatte der Versicherte unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6.11.2005 (- 1 BvR 347/98 -) die Erstattung der an den Arzt S. gezahlten Behandlungskosten beantragt; unter dessen Therapie habe er sich schon nach einem Monat kräftemäßig sehr viel besser gefühlt.
Die Beklagte holte die Stellungnahme der Dr. P. (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung in Bayern, MDK) vom 23.5.2006 ein (Verwaltungsakte S. 77). Darin heißt es, beim Versicherten liege eine regelmäßig tödliche Erkrankung vor. Als vertragliche Behandlungsmethode stünden die Fortsetzung der palliativen Onkologie und eventuell der Versuch einer Resektion zur Verfügung. Die vertraglichen Behandlungsmöglichkeiten seien nicht ausgeschöpft. Diese seien auch im Hinblick auf zu erwartende Nebenwirkungen weder unzumutbar noch ungeeignet. Gegenindikationen und Unverträglichkeiten bestünden nicht. Durch die beantragte Behandlung bei dem Arzt S. bestehe keinesfalls eine auf Indizien gestützte, nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Mit Bescheid vom 24.5.2006 lehnte die Beklagte die Übernahme der Behandlungskosten des Arztes S. ab (Verwaltungsakte S. 80). Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs berief sich der Versicherte erneut auf den Beschluss des BVerfG v. 6.12.2005 (- 1 BvR 347/98 -).
Die Beklagte erhob das Gutachten des Dr. B. (MDK Baden-Württemberg) vom 5.7.2006 (Verwaltungsakte S. 93). Darin ist (u.a.) ausgeführt, beim Versicherten sei nach Gastrektomie wegen Magenkrebs im April 2005 ein Lymphknotenrezidiv interaortocaval aufgetreten. Es seien eine Lymphadenoektomie und eine intraoperative Strahlentherapie durchgeführt worden mit anschließender Anwendung von 5-FU Folinsäure im Rahmen einer Radio-Chemotherapie. In der Zeit von 30.5. bis 17.6.2005 sei eine Rehabilitationsbehandlung mit nachfolgender weiterer Radio-Chemotherapie geplant gewesen. Die Chirurgische Klink H. habe Tumorfreiheit durch eine weitere Operation für möglich erachtet. Zu diesem Zeitpunkt sei nach Monate anhaltenden Schluckbeschwerden ein Rezidiv im Bereich der Anastomose vorgelegen. Der Versicherte habe sich nicht mehr operieren lassen und nach alternativen Krebstherapien gesucht. Es habe sehr wohl eindeutige Therapieoptionen gegeben, die bis hin zur kurativen erneuten Resektion gereicht hätten. Vertragliche, etablierte Behandlungen hätten ohne weiteres zur Verfügung gestanden. Wäre eine kurative Resektion nicht möglich gewesen, wäre sehr wohl eine geänderte Chemotherapie als vertragliche Leistung in Frage gekommen.
Der Arzt S. gebe (auf seiner Internetseite, Verwaltungsakte S. 84) keine fachärztliche Qualifikation, erst Recht keine onkologische Qualifikation an. Aus seinem vielfältigen Behandlungsangebot seien als Krebstherapie die Anwendung von Hyperthermie, Ukrain, die Therapie nach Dr. F., B., Dr. Dr. Se. und Bu. zu identifizieren.
Die Therapie nach Dr. F: beruhe auf der wissenschaftlich nicht belegten These, bösartige Tumore entstünden durch Adrenalinmangel wegen anhaltendem Stress; die Adrenalinproduktion solle in Ordnung gebracht und die (Krebs-)Zellen sollten ausgehungert werden. Bei der Krebskur nach B. (einer Ernährungstherapie) würden 42 verschiedene Säfte und Tees angewendet. Die Bu.-Therapie setze auf eine Diät mit Leinsamenöl und Hüttenkäse und sei ebenso wenig wissenschaftlich anerkannt wie die Therapie nach Dr. Dr. Se.. Die ambulante Hyperthermieanwendung sei vom Gemeinsamen Bundesausschuss aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen worden. Bei der Methode des Arztes S. handele es sich um ein Konglomerat verschiedenster Behandlungen mit Homöopathika, zum Teil auch mit problematischen Mitteln wie Ukrain. Dieses verfüge über eine (mit den hiesigen Anforderungen nicht vergleichbare) belorussische Zulassung; es sei in Deutschland nicht zugelassen und nicht verkehrsfähig.
10 
Bereits im Jahr 2001 habe die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft und der Deutschen Krebsgesellschaft eine negative Stellungnahme zu Ukrain abgegeben. Bislang lägen nur die Ergebnisse vorklinischer Untersuchungen in der Literatur vor; eine nicht systematische Studie sei im Jahr 2002 veröffentlich worden. An der einzigen Phase-II-Studie von Gansauge et al sei erhebliche Kritik geäußert worden, nicht zuletzt im Hinblick auf Interessenkonflikten der daran Beteiligten, die zugleich Herausgeber der die Studie publizierenden chirurgischen Zeitschrift seien. Die Ergebnisse dieser Studie (zur palliativen Behandlung des fortgeschrittenen Pankreaskarzinoms durch Ukrain bzw. Ukrain und Gemcitabine) seien auf Grund schwerwiegender Mängel in Planung und Durchführung sowie der statistischen Auswertung nicht aussagekräftig. Deswegen sei schwer verständlich, dass die Ethikkommission einer renommierten deutschen Universität dieser Studie ein positives Votum erteilt und Chirurgen der Universität diese qualitativ mangelhafte Studie publiziert hätten.
11 
Zusammengefasst handele es sich bei Ukrain um ein nicht hinreichend belegtes Importarzneimittel aus einem Land mit nicht vergleichbaren Zulassungsverfahren. Tationil sei reduziertes Glutathion, früher bereits als Recacostat bekannt. Ansonsten habe der Arzt S. überwiegend nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel angewendet. Sein Gesamtkonzept sei nicht belegt. Die vom BVerfG verlangte Sicherheit liege nicht vor. Die Methode sei nicht geeignet, das Fortschreiten der Erkrankung des Versicherten, die seinerzeit zwar lebensbedrohlich, jedoch nicht akut lebensbedrohlich gewesen sei, zu verhindern. Es hätten geeignete, vertragliche Behandlungsmethoden hinreichend zur Verfügung gestanden, wie die ggf. sogar kurative Resektion und insbesondere eine palliative Chemotherapie. Diese Therapien seien nicht ausgeschöpft worden. Die Behandlung des Arztes S. weise keine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf auf. Vielmehr handele es sich um ein Konglomerat verschiedenster, nicht belegter Krebstherapien. Außerdem fehle es bei dem Arzt S. an dem vom BVerfG verlangten Facharztstandard.
12 
Mit an die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des mittlerweile verstorbenen Versicherten gerichtetem Widerspruchsbescheid vom 5.9.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie berief sich auf das Gutachten des Dr. B. und führte ergänzend aus, bei der Methode des nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Arztes S. handele es sich um ein Konzept aus einem Konglomerat nicht anerkannter bzw. aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossener Behandlungen. Eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses liege nicht vor. Das (u.a.) angewandte Mittel Ukrain sei in Deutschland nicht zugelassen und nicht verkehrsfähig. Das Gesamtkonzept des Arztes S. sei nicht belegt. Demgegenüber hätten vertragliche Behandlungsmethoden zur Verfügung gestanden. Die vom BVerfG in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (- 1 BvR 347/98 -) aufgestellten Voraussetzungen seien nicht erfüllt.
13 
Am 4.10.2006 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Mannheim. Zur Begründung trug sie ergänzend vor, der Arzt S. habe die Erfolgsaussichten seiner Behandlung günstig eingeschätzt; sie habe insgesamt eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf des Versicherten gehabt. Dieser habe ab März 2006 sogar seine Erwerbstätigkeit wieder aufnehmen können, bis es ebenfalls im März 2006 zu dem sodann mit blutverdünnenden Medikamenten behandelten Herzinfarkt gekommen sei. Die Schulmedizin habe die Krebserkrankung nicht bessern können. Operation und Radiochemotherapie hätten die weitere Ausbreitung der Krankheit nicht verhindert. Demgegenüber habe sich die Methode des Arztes S. spürbar positiv ausgewirkt. Die Beklagte müsse daher die an diesen Arzt gezahlten Behandlungskosten erstatten.
14 
Das Sozialgericht holte Berichte behandelnder Ärzte, u.a. den Bericht des Prof. Dr. D. (Universitätsklinik H., SG-Akte S. 42), des Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bü. (Universitätsklinik H.) vom 6.12.2006 (SG-Akte S. 46), des Dr. Bi. (B.-Klinik, Bad B.) vom 20.12.2006 (SG-Akte S. 112) und des Allgemeinarztes E. (Hausarzt des Versicherten) vom 18.12.2006 (SG-Akte S. 65) ein.
15 
Prof. Dr. D. gab, nach der Verfügbarkeit allgemein anerkannter, medizinischem Standard entsprechender Behandlungen gefragt, an, beim Versicherten, der die kombinierte Radio-Chemotherapie im Allgemeinen mäßig toleriert habe (Arztbrief vom 15.3.2006 (SG-Akte S. 43,44), sei die Strahlentherapie ausgeschöpft und die Fortführung der Chemotherapie geplant gewesen. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bü. führte aus, für die Behandlung des Versicherten hätten umfangreiche, wissenschaftlich begründete und multidisziplinär abgestimmte intensivere Behandlungen zur Verfügung gestanden. Dr. Bi. teilte mit, man habe nach zweimaliger stationärer Behandlung des Versicherten einen dritten Zyklus der eingeleiteten Chemotherapie geplant, der Versicherte habe sich aber hierzu nicht mehr vorgestellt. Diese Behandlung hätte dem allgemein anerkannten und medizinischem Standard entsprechenden Vorgehen bei Zustand nach Magenkarzinom entsprochen. Der Allgemeinarzt E. berichtete über zunehmende körperliche Leistungsminderung des Klägers unter Chemotherapie, Bestrahlung und Operation.
16 
Mit Gerichtsbescheid vom 18.4.2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Beklagte müsse die Kosten der vom Versicherten selbst beschafften Therapie bei dem Arzt S. nicht erstatten, da diese nach Maßgabe der einschlägigen Vorschriften nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre. Aus dem Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 (-1 BvR 347/98 -) folge nichts anderes. Zwar habe der Versicherte an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten. Zu deren Behandlung hätten bei Beginn der Therapie des Arztes S. aber allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlungen zur Verfügung gestanden. Das folge aus den Angaben des Prof. Dr. D., des Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bü. und des Dr. Bi.. Befunde, die gegen deren Anwendung gesprochen hätten, seien nicht bekannt. Daran ändere es nichts, dass die bereits durchgeführten Chemotherapien wenig bzw. keinen Erfolg erbracht hätten.
17 
Auf den ihr am 23.4.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22.5.2007 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Beklagte müsse nach Maßgabe der vom BVerfG in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (- 1 BvR 347/98 -) aufgestellten Grundsätze die an den Arzt S. gezahlten Behandlungskosten erstatten. Der Versicherte habe unstreitig an einer lebensbedrohlichen Krankheit gelitten. Die Therapie des Arztes S. habe auch die nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder Linderung geboten, zumal sich der Allgemeinzustand des Versicherten wesentlich gebessert habe und sich seine Beschwerden gelindert hätten. Allgemein anerkannte medizinische Behandlungsmethoden hätten nicht mehr zur Verfügung gestanden. Prof. Dr. D. habe mitgeteilt, die Strahlentherapie sei ausgeschöpft gewesen und der Versicherte habe die kombinierte Radio-Chemotherapie nur mäßig toleriert. Eine klare Aussage zur Möglichkeit einer Fortführung anerkannter Behandlungsmethoden sei nicht getroffen worden. Die Chemotherapie habe schon vorher nicht zum Erfolg geführt, nach dem Bericht des Hausarztes E. vielmehr die körperliche Leistungsfähigkeit des Versicherten gemindert. Außerdem sei gleichwohl ein Rezidiv aufgetreten. Das zeige die Erfolglosigkeit der allgemein anerkannten medizinischen Therapiemethoden. Gleichwohl habe Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bü. eine weitere multidisziplinär abgestimmte universitäre Behandlung befürwortet, ohne auf eine detaillierte Behandlungsmethode gegen die Krebserkrankung einzugehen. Auch Dr. Bi. habe hierzu keine klare Aussage treffen können. Eine PET-Untersuchung zur Klärung der Erfolgsaussichten einer weiteren Operation habe mangels Kostenübernahme der Beklagten bzw. wegen des Ärztestreiks nicht mehr stattgefunden; der Versicherte sei kurz vor Vereinbarung eines Termins verstorben.
18 
Die Klägerin beantragt,
19 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18.4.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.9.2006 zu verurteilen, die Kosten für die Behandlung ihres verstorbenen Ehemannes durch den Arzt S. in Höhe von 33.959,52 EUR zu erstatten.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen

Entscheidungsgründe

 
24 
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei einem Beschwerdewert von 33.959,52 EUR ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten für die Krebsbehandlung des Versicherten durch den Arzt S. zu erstatten. Die Klägerin hat darauf keinen Anspruch.
25 
Rechtsgrundlage des von der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten (§ 58 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I) geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V); eine unaufschiebbare Leistung i. S. d. § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V steht (unstreitig) nicht in Rede. Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V sind die für eine selbst beschaffte Leistung entstandenen Kosten von der Krankenkasse zu erstatten, wenn sie die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte. Das war hier nicht der Fall. Die vom Versicherten in Anspruch genommene Behandlung durch den Arzt S. gehört nicht zu den Leistungen, die die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten zu erbringen haben. Die Beklagte musste sie dem Versicherten daher nicht als Sachleistung zur Verfügung stellen und infolge dessen auch die an den Arzt S. gezahlten Behandlungskosten nicht erstatten.
26 
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Danach haben sie Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um (u. a.) eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V).
27 
Soweit es um die Versorgung mit Arzneimitteln, hier etwa mit dem Medikament Ukrain geht, ist in rechtlicher Hinsicht zwischen zulassungspflichtigen Fertigarzneimitteln und zulassungsfreien Rezepturarzneimitteln zu unterscheiden. Arzneimittel, die - als Fertigarzneimittel - im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an Endverbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht werden, bedürfen nach § 4 Abs. 1 AMG der Zulassung durch die dafür zuständige Behörde, während Arzneimittel, die - als Rezepturarzneimittel - für den jeweiligen Behandlungsfall nach ärztlicher Verordnung zusammengestellt werden, zulassungsfrei sind. Verfügt ein Fertigarzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung, fehlt es (schon deshalb) an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V; es gehört daher von vornherein nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BSG, Urt. v. 6.1.2005, - B 1 KR 51/03 B – m.w.N. sowie näher auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, - L 4 KR 3828/01 -). Daran ändert eine etwaige Zulassung oder Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels im Ausland nichts. Unbeschadet der Möglichkeit, ausländische Zulassungsentscheidungen zu übernehmen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AMG), und unbeschadet spezieller europarechtlicher Gemeinschaftsverfahren im Arzneimittelbereich führt dies nur dazu, dass das Arzneimittel importiert und ärztlich verordnet werden darf (§ 73 Abs. 3 AMG); die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen wird dadurch nicht begründet (näher LSG Baden-Württemberg, Urt. v,. 25.4.2003, a. a. O. sowie BSGE 93,1 und BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).
28 
Schließlich ist allgemein das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (BSG, Urt. v. 7.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -) zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, wozu auch neue Arzneimitteltherapien oder neue Krebstherapien gehören, in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (BSGE 81,73, ständige Rechtsprechung – zuletzt BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -), wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des Bundesausschusses sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R - m.w.N.). Ohne befürwortende Entscheidung des Bundesausschusses kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch Senatsurteil vom 30.8.2006, - L 5 KR 281/06 -).
29 
Von diesen rechtlichen Vorgaben ausgehend kann das Erstattungsbegehren der Klägerin keinen Erfolg haben. Es richtet sich ersichtlich nicht allein auf die für das Medikament Ukrain aufgewandten Kosten, deren Erstattung schon mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung dieses (nur über eine belorussische Zulassung verfügenden) Medikaments ausgeschlossen wäre, sondern auf die Kosten der Krebsbehandlung durch den Arzt S. in ihrer Gesamtheit. Diese Behandlung bestand nach den Erkenntnissen des MDK (und den hierüber ausgestellten Rechnungen des Arztes) neben der Anwendung von Ukrain aus einem Konglomerat verschiedenster Behandlungen, u.a. Blutautotransfusionen, Infusionen von Natriumhydrogenkarbonat, Kaliumchlorid, Magnesium, Procain, Ukrain und anderen Mitteln. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, dem Versicherten diese Therapie als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Der Arzt S. verfügt zum einen nicht über eine Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und gehört damit nicht zum Kreis der Leistungserbringer, die die gesetzlich Krankenversicherten auf Kosten der Krankenkassen in Anspruch nehmen dürfen. Außerdem fehlt es seiner Krebsbehandlung an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des Bundesausschusses, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Der Ausnahmefälle des sog. Systemversagens“ oder besonders seltener Erkrankungen liegen offensichtlich nicht vor. Auch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden bei krankheitsbedingter Lebensgefahr (BVerfG, Beschl. v. 6.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, NZS 2006, 84) kann der Klägerin nicht weiterhelfen.
30 
Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend einschlägig. Die Krebsbehandlung des Arztes S. unter Anwendung (u.a.) von Ukrain (in Kombination mit anderen Therapien, wie Blutautotransfusionen, Infusionen von Natriumhydrogenkarbonat, Kaliumchlorid oder Magnesium und ambulanter Hyperthermie, zu letzterem i. e. noch unten) ist eine Behandlungsmethode i. S. d. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt bzw. zu Grunde liegen soll, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Um eine „besondere Therapierichtung“, deren Arzneimittel gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht ausgeschlossen sind, geht es ersichtlich nicht, weshalb dahinstehen mag, ob die Klägerin aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V für sich günstige Rechtsfolgen herleiten könnte. Besondere Therapierichtungen bedürfen nämlich (u.a.) eines sich von der naturwissenschaftlichen Schulmedizin abgrenzenden weltanschaulichen Denkansatzes (wie etwa die Homöopathie oder die anthroposophische Medizin). Das ist hier ersichtlich nicht der Fall. Die Therapie des Arztes S. nimmt nicht für sich in Anspruch, im Gegensatz zu den wesentlichen Grundaussagen der Schulmedizin zu stehen (dazu näher BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R – m.N.) und bedient sich, wie aus dem Gutachten des Dr. B. (MDK) vom 5.7.2006 hervorgeht, lediglich eines Konglomerats verschiedenster Behandlungen mit Homöopathika und anderen Arzneimitteln, wie bspw. Ukrain.
31 
Das Fehlen der nach § 135 Abs. 1 SGB V notwendigen Empfehlung des Bundesausschusses ist nicht wegen sog. „Systemversagens“ entbehrlich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde und damit ein sog. „Systemversagen“ vorliegt. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (näher BSGE 81, 54 sowie BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -). Für eine solche Fallgestaltung ist hier aber nichts ersichtlich oder substantiiert geltend gemacht. Der Sonderfall einer wegen ihrer Seltenheit praktisch nicht systematisch erforschbaren Krankheit, deren Behandlung aus dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung deswegen nicht schon mangels entsprechender Empfehlung des Bundesausschusses ausscheidet (vgl. dazu BSGE 93,236), liegt offensichtlich ebenfalls nicht vor.
32 
Die Klägerin kann sich schließlich nicht auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung berufen.
33 
In seinem Beschluss vom 6.12.2005 (a. a. O.) hat es das Bundesverfassungsgericht für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall durch die Duchennesche Muskeldystrophie) verfassungswidrig.
34 
Das Bundessozialgericht hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner neueren Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat schließt sich dem an. Danach – so etwa BSG, Urt. v. 7.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 4.4.2006 (B 1 KR 7/05 R) - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe (BSGE 94, 221), gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
35 
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor.
        
2. Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung.
        
3. Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine „auf Indizien gestützte“ nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
36 
Ergänzend hat das BSG im Urteil vom 7.11.2006 (- B 1 KR 24/06 R - Folgendes ausgeführt:
37 
Art. 2 GG verlangt eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf eine bestimmte Versorgung der Versicherten entgegenstehen. Dagegen bleibt die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der GKV-Leistungen unberührt (vgl. dazu Senatsurteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 12/04 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 7: D-Ribose, RdNr 28 ff mwN ). Die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten sollen einerseits verhindern, dass die den Versicherten durch Gesetz eingeräumten Leistungsansprüche in einer dem Zweck des Art. 2 GG zuwiderlaufenden Weise eingeschränkt werden; so lag der Fall nach Ansicht des BVerfG in der Entscheidung vom 6. Dezember 2005. - Andererseits setzen die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten dem Leistungsbegehren der Versicherten selbst im Falle regelmäßig tödlich verlaufender Krankheiten Grenzen. Sie sollen die Versicherten in solchen Fällen auch davor bewahren, auf Kosten der GKV mit zweifelhaften Therapien behandelt zu werden, wenn auf diese Weise eine nahe liegende, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht wahrgenommen wird. Erst wenn feststeht, dass derartige nach allgemeinem Standard anerkannte Behandlungsmethoden (generell) überhaupt nicht zur Verfügung stehen oder im konkreten Einzelfall ausscheiden, weil der Versicherte diese nachgewiesenermaßen nicht verträgt, ist der vom BVerfG geforderte Bereich einer weiten, verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften des SGB V eröffnet, in welchem auf den exakten wissenschaftlichen Nachweis des Nutzens und der Wirtschaftlichkeit einer bestimmten Behandlungsmethode verzichtet werden darf und man sich mit einem der notstandsähnlichen Situation angemessenen geringeren Wahrscheinlichkeitsmaßstab begnügen darf. Die anzuwendende Methode muss allerdings im Allgemeinen wie auch im konkret zu beurteilenden Fall überwiegend positive Wirkungen haben und es muss feststehen, dass sie "mehr nützt als schadet".
38 
Zur Würdigung der verfassungsrechtlichen Schutzpflichten, denen gerade auch der Arztvorbehalt (§ 15 Abs 1 SGB V) Rechnung trägt, bezieht das BVerfG in einem umfassenden Sinne die Regeln der ärztlichen Kunst in die Vorgaben für eine verfassungskonforme Auslegung des SGB V mit ein (vgl. BSG Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-2500 § 31 Nr. 4: Tomudex, RdNr 24 ), sodass es folgerichtig ist, alle drei vom BVerfG konzipierten Voraussetzungen entsprechend § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu beurteilen: das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Krankheit, das Fehlen einer anwendbaren Standardtherapie und das Bestehen von mehr als bloß ganz entfernt liegenden Aussichten auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch die streitige Therapie. Gesetzes- und Verfassungsrecht fordern und akzeptieren, dass GKV-Leistungen allein nach Maßgabe der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zu beanspruchen und zu erbringen sind (vgl. § 2 Abs 1 Satz 3; § 15 Abs 1; § 70 Abs 1; § 72 Abs 2; §§ 135 ff SGB V; BVerfG, SozR 4-2500 § 27 Nr. 5 RdNr 28; BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - RdNr 35). Andere als medizinische Verfahren - wie etwa lediglich auf rituelle Heilung ausgerichtete Maßnahmen, zB bloßes Handauflegen eines "Geistheilers" oder "Wunderheilers" (vgl. dazu BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 2. März 2004 - 1 BvR 784/03 - NJW-RR 2004, 705 f = MedR 2005, 35 ff; BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 BvR 1802/02 - NJW 2004, 2890 f = BVerfGK 3, 234 f) - sind daher von vornherein ausgeschlossen, selbst wenn sich ein Arzt hierzu bereit finden sollte.
39 
Zudem müssen die Erkenntnisse wissenschaftlicher Art, also objektivierbar sein. Dementsprechend hat das BVerfG das im Recht der GKV mit dem Arztvorbehalt verfolgte gesetzgeberische Ziel als einen wichtigen Gemeinschaftsbelang anerkannt. Der Arztvorbehalt soll dafür sorgen, dass eine auf öffentliche Kosten durchgeführte Behandlung durch die Art der angewandten Methoden und die Qualifikation der behandelnden Personen objektiv Erfolg verspricht ( BVerfGE 78, 155, 162 = SozR 2200 § 368 Nr. 11, auf BSGE 48, 47, 52 f = SozR 2200 § 368 Nr. 4 verweisend). In der Konsequenz dieser Rechtsprechung liegt es auch, dass das BVerfG es als verfassungskonform angesehen hat, wenn der Gesetzgeber zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorsieht, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methode zu Lasten der Krankenkassen auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen ( BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005, aaO, SozR RdNr 28) . Besteht ein solches, vom Gesetzgeber vorgesehenes Verfahren mit dem Ziel, den Versicherten und die Versichertengemeinschaft vor riskanten und/oder ineffektiven medizinischen Maßnahmen zu schützen, entspricht es den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten auch, den Ergebnissen dieses Verfahrens bei der Konkretisierung von Leistungsansprüchen Rechnung zu tragen. Ein solches Verfahren sieht das SGB V in § 135 zum Schutze der Versicherten und der Versichertengemeinschaft vor, in dem generalisierend zu den vorgenannten Kriterien Stellung zu nehmen ist (vgl. z.B. Senat, BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 1, jeweils RdNr 22). Für den Zeitraum, bis zu dem in einem solchen Verfahren noch Ergebnisse fehlen, ist für zumindest hilfsweise eingreifende Sicherungen zu sorgen und für die Zeitdauer bis zu einer Entscheidung des Bundesausschusses aus verfassungsrechtlichen Gründen unter den Voraussetzungen des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 ausnahmsweise ein Anspruch auf Anwendung einer neuen, noch nicht zugelassenen Behandlungsmethode denkbar; allerdings muss an die Stelle der noch nicht abgeschlossenen Prüfung durch den Bundesausschuss die generalisierende Prüfung von Risiken und Nutzen anlässlich des - wie hier - konkret zur Entscheidung stehenden Einzelfalles treten. Andererseits ist für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr, wenn der Bundesausschuss - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu einer negativen Bewertung gelangt ist: Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem GKV-Leistungskatalog nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind.
40 
Aus der Pflicht, die Regeln der ärztlichen Kunst zu beachten, folgt schließlich die Notwendigkeit, nicht nur abstrakt, sondern auch konkret bezogen auf den Einzelfall Risiken und Nutzen zu ermitteln. Bei beiden Prüfungen ist es geboten, jeweils das erreichbare Behandlungsziel i S. von § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V zu berücksichtigen. Der bei beiden Analysen von Nutzen und Risiken zu beachtende Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der den Zurechnungszusammenhang zwischen Therapie, Erfolg und Risiken betrifft, unterliegt - ähnlich wie bei der Anwendung von Pharmakotherapien mit Fertigarzneimitteln zu Lasten der GKV - auf Grund von Verfassungsrecht (vgl. näher 1. Senat, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R, aaO: Tomudex, RdNr 39 f) Abstufungen je nach Schwere und Stadium der Erkrankung und Ausmaß sowie Eintrittswahrscheinlichkeit von unerwünschten Nebenwirkungen.
41 
Erforderlich ist, dass unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes sowohl die abstrakte als auch die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung ergeben, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt (BSG, aaO, Tomudex, RdNr 38 - 48) . Soweit danach eine solche Behandlungsmethode in Betracht kommt, ist zu prüfen, ob bei Anlegen des gleichen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes auch andere (anerkannte) Methoden diesen Anforderungen genügen. Ist dem so, sind diese Methoden untereinander hinsichtlich Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit zu vergleichen (vgl. Urteil des Senats vom 26. September 2006 - B 1 KR 1/06 R: Ilomedin, zur Veröffentlichung vorgesehen).
42 
Da die Regeln der ärztlichen Kunst maßgeblich sind, muss ggf. auch die nicht dem sonst in der GKV vorausgesetzten medizinischem Standard entsprechende Behandlungsmethode in erster Linie fachärztlich durchgeführt werden; die Behandlung muss abgesehen davon, dass ihre Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit durch den Bundesausschuss nicht anerkannt ist, jedenfalls im Übrigen den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend durchgeführt und ausreichend dokumentiert werden (zum Arztvorbehalt vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005, SozR 4-2500 § 27 Nr. 5 RdNr 26; Urteil des erkennenden Senats vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 4: Tomudex, RdNr 50 zu den Regeln der ärztlichen Kunst und Dokumentationspflichten ). Den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht es auch, jedenfalls soweit es in der jeweiligen Berufsordnung (vgl. dazu auch die nicht als solche rechtsverbindliche Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte - MBO-Ä 1997, DÄBl 1997 <94>, A-2354; inzwischen § 15 Abs 4 MBO-Ä, DÄBl 2004<101>, A-1578, A-1580 ) entsprechend der "Deklaration von Helsinki" vorgesehen ist, bei beabsichtigten Heilversuchen zuvor die zuständige Ethikkommission einzuschalten und ihre (ggf. positive) Beurteilung abzuwarten ( zur "Deklaration von Helsinki", die grundsätzliche Aussagen zur medizinischen Forschung am Menschen enthält und bzgl. deren Planung und Durchführung die Beratung durch eine Ethikkommission empfiehlt, vgl. zB Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2005, § 74 III, RdNr 8 ff; Taupitz, MedR 2001, 277, 280 f; Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Aufl 2002, § 4 RdNr 18 f, jeweils mwN ).
43 
Im Hinblick auf diese Rechtsgrundsätze war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Versicherten die Krebstherapie des Arztes S. zu gewähren, weshalb sie auch die dafür gezahlten Kosten nicht erstatten muss. Zwar litt der Versicherte unstreitig an einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Es fehlt aber an den übrigen Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG für eine Anspruchsbegründung bei grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts der Gesetzlichen Krankenversicherung erfüllt sein müssen. Das geht insbesondere aus den vorliegenden Gutachten und Arztunterlagen schlüssig und überzeugend hervor.
44 
So standen zur weiteren Behandlung des Versicherten Therapieoptionen zur Verfügung, die dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechen und als Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung auch gewährt werden. Dr. P. (MDK Bayern) hat hierzu bereits in der Stellungnahme vom 23.5.2006 ausgeführt, die vertraglichen Behandlungsmethoden seien noch nicht ausgeschöpft; angewendet werden könne die Fortsetzung der palliativen Onkologie, evtl. komme auch der Versuch einer (weiteren) Resektion in Betracht. Gegenindikationen oder Unverträglichkeiten schloss der Arzt aus. Zur im Wesentlichen gleichen Einschätzung gelangte Dr. B. (MDK Baden-Württemberg) im Gutachten vom 5.7.2006. Danach war die weitere palliative Krebstherapie durch Chemotherapie möglich, ggf. auch eine Operation mit kurativer Zielsetzung. Wäre die ausgeschlossen gewesen, wäre eine geänderte Chemotherapie in Frage gekommen. Eine weitere kurative Operation hatte man auch in der Chirurgischen Universitätsklinik H. als mögliche Option in Betracht gezogen. Die Berichte der vom Sozialgericht befragten behandelnden Ärzte ergeben kein anderes Bild. Nach Ansicht des Prof. Dr. D. war die Strahlentherapie zwar ausgeschöpft, allerdings war die Fortsetzung der Chemotherapie geplant. Auch Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bü. vertrat die Auffassung, für die Behandlung des Versicherten hätten noch umfangreiche, wissenschaftliche begründete und multidisziplinär abgestimmte Behandlungen zur Verfügung gestanden. Dr. Bi., den der Versicherte in der B.-Klinik, B., konsultiert hatte, hatte einen dritten - vom Versicherten allerdings nicht mehr wahrgenommenen - Chemotherapiezyklus geplant, der dem allgemein anerkannten medizinischen Standard hinsichtlich des Vorgehens bei einem Zustand nach Magenkarzinom entsprochen hätte.
45 
Die Klägerin hat dem nichts Stichhaltiges entgegengesetzt. Mit dem Hinweis darauf, die Strahlentherapie sei (unstreitig) ausgeschöpft gewesen und der Versicherte habe die kombinierte Radio-Chemotherapie nur mäßig toleriert, sind die von den Gutachtern und behandelnden Ärzten benannten Therapieoptionen nicht beiseite zu schieben. Dass die in der Medizin anerkannten Behandlungsmethoden Krebserkrankungen in vielen Fällen, auch im Fall des Versicherten, letztendlich nicht heilen können, kann deren Wirksamkeit weder im Allgemeinen noch im Fall des Versicherten entgegengehalten werden. Im Übrigen ist aus den vorliegenden Arztunterlagen und Gutachten nicht ersichtlich und auch nicht substantiiert dargetan, dass beim Versicherten jedwede anerkannte Krebsbehandlung wegen Gegenindikationen oder Unverträglichkeiten ausgeschlossen gewesen wäre.
46 
Standen damit auf der einen Seite medizinisch anerkannte Behandlungsmethoden zur Verfügung fehlt es der Behandlung des Arztes S. auf der anderen Seite außerdem an einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fern liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Auch das geht aus dem Gutachten der Dr. B. überzeugend hervor. Danach besteht die Behandlung des Arztes S. aus einem Konglomerat unterschiedlichster Behandlungen, deren Wirksamkeit nicht belegt ist. Was die als Bestandteil der Behandlung ebenfalls angewandte lokale ambulante Hyperthermie im Besonderen angeht, ist diese durch Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 15.5.2005 (BAnz 2005, S. 7485) mit Wirkung vom 14.5.2005 als nicht anerkannte Behandlungsmethode aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen worden (§ 1 Abs. 2 i. V. Anlage II Nr. 42 der am 1.4.2006 in Kraft getretenen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung - MethodRL - v. 17.1.2006; bis dahin BUB-RL). Für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung ist (wie dargelegt) nach der Rechtsprechung des BSG (BSG, Urt. v. 7.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -) aber regelmäßig kein Raum mehr, wenn der Bundesausschuss nach (wie hier) nicht zu beanstandender Prüfung zu einer negativen Bewertung gelangt ist: Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind. Damit scheidet dieses Behandlungselement aus der Leistungsgewährung bzw. der Kostenerstattung auch aus diesem Grund von Vornherein aus. Was schließlich die Gabe von Ukrain (als weiterem Element der Behandlung des Arztes S.) angeht, hat Dr. B. überzeugend dargelegt, dass dessen Wirksamkeit nicht hinreichend belegt ist, nachdem die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft und der Deutschen Krebsgesellschaft im Jahr 2001 hierzu eine negative Stellungnahme abgegeben haben und abgesehen von einer offensichtlich umstrittenen Phase-II-Studie nur vorklinische Untersuchungen in der Fachliteratur vorliegen.
47 
Schließlich fehlt es dem Arzt S. am notwendigen Facharztstandard. Wegen der Maßgeblichkeit der Regeln ärztlicher Kunst muss ggf. auch die nicht dem sonst in der Gesetzlichen Krankenversicherung vorausgesetztem medizinischem Standard entsprechende Behandlungsmethode in erster Linie fachärztlich durchgeführt und ausreichend dokumentiert werden (BSG, Urt. v. 7.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -). Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -) ist daher regelmäßig - so auch hier - die Behandlung durch einen Facharzt bzw. einen in gleicher Weise einschlägig qualifizierten Arzt notwendig. Bei der Anwendung von Arzneimitteln, die toxische Nebenwirkungen erwarten lassen (etwa bei Zytostatika), kann zudem erforderlich sein, dass der behandelnde Arzt im Umgang mit entsprechenden Arzneimitteln erfahren ist. Der behandelnde Arzt muss die Behandlung verantworten (vgl. § 15 Abs 1 SGB V ) und die Regeln der ärztlichen Kunst bei der Durchführung der Behandlung einhalten (vgl. § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V ). Das setzt auch eine hinreichende Dokumentation der Behandlung und die Vornahme von Kontrollen und gebotenen Sicherheitsvorkehrungen voraus (z.B. durch Überwachung geeigneter medizinischer Parameter oder Verordnung von stationärer Behandlung bei Realisierung von Gefahren), um das Risiko für den Patienten gering zu halten und bei Bedarf schnell reagieren zu können (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).
48 
Die Behandlung der bei dem Versicherten vorliegenden Krebserkrankung (Magenkarzinom) war daher Sache des hierzu berufenen Facharztes, also des nach Maßgabe des einschlägigen Berufsrechts entsprechend qualifizierten Internisten (Gastroenterologen) oder Onkologen. Das gilt auch (und gerade) für die hier streitigen Krebsbehandlungen, die dem sonst in der Gesetzlichen Krankenversicherung vorausgesetzten medizinischen Standard nicht entsprechen, gleichwohl aber nach Maßgabe grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts (als Sachleistung) gewährt werden sollen. Der Arzt S. ist (berufsrechtlich) weder Internist noch Onkologe, sondern Arzt für Naturheilverfahren und Chirotherapie und verfügt daher über den für die Durchführung von Krebsbehandlungen auf Kosten der Gesetzlichen Krankenversicherung notwendigen Facharztstandard nicht.
49 
Das Sozialgericht hat die Klage damit zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
50 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Gründe

 
24 
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei einem Beschwerdewert von 33.959,52 EUR ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten für die Krebsbehandlung des Versicherten durch den Arzt S. zu erstatten. Die Klägerin hat darauf keinen Anspruch.
25 
Rechtsgrundlage des von der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten (§ 58 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I) geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V); eine unaufschiebbare Leistung i. S. d. § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V steht (unstreitig) nicht in Rede. Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V sind die für eine selbst beschaffte Leistung entstandenen Kosten von der Krankenkasse zu erstatten, wenn sie die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte. Das war hier nicht der Fall. Die vom Versicherten in Anspruch genommene Behandlung durch den Arzt S. gehört nicht zu den Leistungen, die die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten zu erbringen haben. Die Beklagte musste sie dem Versicherten daher nicht als Sachleistung zur Verfügung stellen und infolge dessen auch die an den Arzt S. gezahlten Behandlungskosten nicht erstatten.
26 
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Danach haben sie Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um (u. a.) eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V).
27 
Soweit es um die Versorgung mit Arzneimitteln, hier etwa mit dem Medikament Ukrain geht, ist in rechtlicher Hinsicht zwischen zulassungspflichtigen Fertigarzneimitteln und zulassungsfreien Rezepturarzneimitteln zu unterscheiden. Arzneimittel, die - als Fertigarzneimittel - im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an Endverbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht werden, bedürfen nach § 4 Abs. 1 AMG der Zulassung durch die dafür zuständige Behörde, während Arzneimittel, die - als Rezepturarzneimittel - für den jeweiligen Behandlungsfall nach ärztlicher Verordnung zusammengestellt werden, zulassungsfrei sind. Verfügt ein Fertigarzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung, fehlt es (schon deshalb) an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V; es gehört daher von vornherein nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BSG, Urt. v. 6.1.2005, - B 1 KR 51/03 B – m.w.N. sowie näher auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, - L 4 KR 3828/01 -). Daran ändert eine etwaige Zulassung oder Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels im Ausland nichts. Unbeschadet der Möglichkeit, ausländische Zulassungsentscheidungen zu übernehmen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AMG), und unbeschadet spezieller europarechtlicher Gemeinschaftsverfahren im Arzneimittelbereich führt dies nur dazu, dass das Arzneimittel importiert und ärztlich verordnet werden darf (§ 73 Abs. 3 AMG); die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen wird dadurch nicht begründet (näher LSG Baden-Württemberg, Urt. v,. 25.4.2003, a. a. O. sowie BSGE 93,1 und BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).
28 
Schließlich ist allgemein das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (BSG, Urt. v. 7.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -) zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, wozu auch neue Arzneimitteltherapien oder neue Krebstherapien gehören, in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (BSGE 81,73, ständige Rechtsprechung – zuletzt BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -), wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des Bundesausschusses sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R - m.w.N.). Ohne befürwortende Entscheidung des Bundesausschusses kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch Senatsurteil vom 30.8.2006, - L 5 KR 281/06 -).
29 
Von diesen rechtlichen Vorgaben ausgehend kann das Erstattungsbegehren der Klägerin keinen Erfolg haben. Es richtet sich ersichtlich nicht allein auf die für das Medikament Ukrain aufgewandten Kosten, deren Erstattung schon mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung dieses (nur über eine belorussische Zulassung verfügenden) Medikaments ausgeschlossen wäre, sondern auf die Kosten der Krebsbehandlung durch den Arzt S. in ihrer Gesamtheit. Diese Behandlung bestand nach den Erkenntnissen des MDK (und den hierüber ausgestellten Rechnungen des Arztes) neben der Anwendung von Ukrain aus einem Konglomerat verschiedenster Behandlungen, u.a. Blutautotransfusionen, Infusionen von Natriumhydrogenkarbonat, Kaliumchlorid, Magnesium, Procain, Ukrain und anderen Mitteln. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, dem Versicherten diese Therapie als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Der Arzt S. verfügt zum einen nicht über eine Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und gehört damit nicht zum Kreis der Leistungserbringer, die die gesetzlich Krankenversicherten auf Kosten der Krankenkassen in Anspruch nehmen dürfen. Außerdem fehlt es seiner Krebsbehandlung an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des Bundesausschusses, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Der Ausnahmefälle des sog. Systemversagens“ oder besonders seltener Erkrankungen liegen offensichtlich nicht vor. Auch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden bei krankheitsbedingter Lebensgefahr (BVerfG, Beschl. v. 6.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, NZS 2006, 84) kann der Klägerin nicht weiterhelfen.
30 
Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend einschlägig. Die Krebsbehandlung des Arztes S. unter Anwendung (u.a.) von Ukrain (in Kombination mit anderen Therapien, wie Blutautotransfusionen, Infusionen von Natriumhydrogenkarbonat, Kaliumchlorid oder Magnesium und ambulanter Hyperthermie, zu letzterem i. e. noch unten) ist eine Behandlungsmethode i. S. d. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt bzw. zu Grunde liegen soll, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Um eine „besondere Therapierichtung“, deren Arzneimittel gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht ausgeschlossen sind, geht es ersichtlich nicht, weshalb dahinstehen mag, ob die Klägerin aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V für sich günstige Rechtsfolgen herleiten könnte. Besondere Therapierichtungen bedürfen nämlich (u.a.) eines sich von der naturwissenschaftlichen Schulmedizin abgrenzenden weltanschaulichen Denkansatzes (wie etwa die Homöopathie oder die anthroposophische Medizin). Das ist hier ersichtlich nicht der Fall. Die Therapie des Arztes S. nimmt nicht für sich in Anspruch, im Gegensatz zu den wesentlichen Grundaussagen der Schulmedizin zu stehen (dazu näher BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R – m.N.) und bedient sich, wie aus dem Gutachten des Dr. B. (MDK) vom 5.7.2006 hervorgeht, lediglich eines Konglomerats verschiedenster Behandlungen mit Homöopathika und anderen Arzneimitteln, wie bspw. Ukrain.
31 
Das Fehlen der nach § 135 Abs. 1 SGB V notwendigen Empfehlung des Bundesausschusses ist nicht wegen sog. „Systemversagens“ entbehrlich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde und damit ein sog. „Systemversagen“ vorliegt. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (näher BSGE 81, 54 sowie BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -). Für eine solche Fallgestaltung ist hier aber nichts ersichtlich oder substantiiert geltend gemacht. Der Sonderfall einer wegen ihrer Seltenheit praktisch nicht systematisch erforschbaren Krankheit, deren Behandlung aus dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung deswegen nicht schon mangels entsprechender Empfehlung des Bundesausschusses ausscheidet (vgl. dazu BSGE 93,236), liegt offensichtlich ebenfalls nicht vor.
32 
Die Klägerin kann sich schließlich nicht auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung berufen.
33 
In seinem Beschluss vom 6.12.2005 (a. a. O.) hat es das Bundesverfassungsgericht für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall durch die Duchennesche Muskeldystrophie) verfassungswidrig.
34 
Das Bundessozialgericht hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner neueren Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat schließt sich dem an. Danach – so etwa BSG, Urt. v. 7.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 4.4.2006 (B 1 KR 7/05 R) - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe (BSGE 94, 221), gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
35 
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor.
        
2. Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung.
        
3. Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine „auf Indizien gestützte“ nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
36 
Ergänzend hat das BSG im Urteil vom 7.11.2006 (- B 1 KR 24/06 R - Folgendes ausgeführt:
37 
Art. 2 GG verlangt eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf eine bestimmte Versorgung der Versicherten entgegenstehen. Dagegen bleibt die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der GKV-Leistungen unberührt (vgl. dazu Senatsurteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 12/04 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 7: D-Ribose, RdNr 28 ff mwN ). Die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten sollen einerseits verhindern, dass die den Versicherten durch Gesetz eingeräumten Leistungsansprüche in einer dem Zweck des Art. 2 GG zuwiderlaufenden Weise eingeschränkt werden; so lag der Fall nach Ansicht des BVerfG in der Entscheidung vom 6. Dezember 2005. - Andererseits setzen die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten dem Leistungsbegehren der Versicherten selbst im Falle regelmäßig tödlich verlaufender Krankheiten Grenzen. Sie sollen die Versicherten in solchen Fällen auch davor bewahren, auf Kosten der GKV mit zweifelhaften Therapien behandelt zu werden, wenn auf diese Weise eine nahe liegende, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht wahrgenommen wird. Erst wenn feststeht, dass derartige nach allgemeinem Standard anerkannte Behandlungsmethoden (generell) überhaupt nicht zur Verfügung stehen oder im konkreten Einzelfall ausscheiden, weil der Versicherte diese nachgewiesenermaßen nicht verträgt, ist der vom BVerfG geforderte Bereich einer weiten, verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften des SGB V eröffnet, in welchem auf den exakten wissenschaftlichen Nachweis des Nutzens und der Wirtschaftlichkeit einer bestimmten Behandlungsmethode verzichtet werden darf und man sich mit einem der notstandsähnlichen Situation angemessenen geringeren Wahrscheinlichkeitsmaßstab begnügen darf. Die anzuwendende Methode muss allerdings im Allgemeinen wie auch im konkret zu beurteilenden Fall überwiegend positive Wirkungen haben und es muss feststehen, dass sie "mehr nützt als schadet".
38 
Zur Würdigung der verfassungsrechtlichen Schutzpflichten, denen gerade auch der Arztvorbehalt (§ 15 Abs 1 SGB V) Rechnung trägt, bezieht das BVerfG in einem umfassenden Sinne die Regeln der ärztlichen Kunst in die Vorgaben für eine verfassungskonforme Auslegung des SGB V mit ein (vgl. BSG Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-2500 § 31 Nr. 4: Tomudex, RdNr 24 ), sodass es folgerichtig ist, alle drei vom BVerfG konzipierten Voraussetzungen entsprechend § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu beurteilen: das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Krankheit, das Fehlen einer anwendbaren Standardtherapie und das Bestehen von mehr als bloß ganz entfernt liegenden Aussichten auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch die streitige Therapie. Gesetzes- und Verfassungsrecht fordern und akzeptieren, dass GKV-Leistungen allein nach Maßgabe der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zu beanspruchen und zu erbringen sind (vgl. § 2 Abs 1 Satz 3; § 15 Abs 1; § 70 Abs 1; § 72 Abs 2; §§ 135 ff SGB V; BVerfG, SozR 4-2500 § 27 Nr. 5 RdNr 28; BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - RdNr 35). Andere als medizinische Verfahren - wie etwa lediglich auf rituelle Heilung ausgerichtete Maßnahmen, zB bloßes Handauflegen eines "Geistheilers" oder "Wunderheilers" (vgl. dazu BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 2. März 2004 - 1 BvR 784/03 - NJW-RR 2004, 705 f = MedR 2005, 35 ff; BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 BvR 1802/02 - NJW 2004, 2890 f = BVerfGK 3, 234 f) - sind daher von vornherein ausgeschlossen, selbst wenn sich ein Arzt hierzu bereit finden sollte.
39 
Zudem müssen die Erkenntnisse wissenschaftlicher Art, also objektivierbar sein. Dementsprechend hat das BVerfG das im Recht der GKV mit dem Arztvorbehalt verfolgte gesetzgeberische Ziel als einen wichtigen Gemeinschaftsbelang anerkannt. Der Arztvorbehalt soll dafür sorgen, dass eine auf öffentliche Kosten durchgeführte Behandlung durch die Art der angewandten Methoden und die Qualifikation der behandelnden Personen objektiv Erfolg verspricht ( BVerfGE 78, 155, 162 = SozR 2200 § 368 Nr. 11, auf BSGE 48, 47, 52 f = SozR 2200 § 368 Nr. 4 verweisend). In der Konsequenz dieser Rechtsprechung liegt es auch, dass das BVerfG es als verfassungskonform angesehen hat, wenn der Gesetzgeber zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorsieht, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methode zu Lasten der Krankenkassen auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen ( BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005, aaO, SozR RdNr 28) . Besteht ein solches, vom Gesetzgeber vorgesehenes Verfahren mit dem Ziel, den Versicherten und die Versichertengemeinschaft vor riskanten und/oder ineffektiven medizinischen Maßnahmen zu schützen, entspricht es den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten auch, den Ergebnissen dieses Verfahrens bei der Konkretisierung von Leistungsansprüchen Rechnung zu tragen. Ein solches Verfahren sieht das SGB V in § 135 zum Schutze der Versicherten und der Versichertengemeinschaft vor, in dem generalisierend zu den vorgenannten Kriterien Stellung zu nehmen ist (vgl. z.B. Senat, BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 1, jeweils RdNr 22). Für den Zeitraum, bis zu dem in einem solchen Verfahren noch Ergebnisse fehlen, ist für zumindest hilfsweise eingreifende Sicherungen zu sorgen und für die Zeitdauer bis zu einer Entscheidung des Bundesausschusses aus verfassungsrechtlichen Gründen unter den Voraussetzungen des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 ausnahmsweise ein Anspruch auf Anwendung einer neuen, noch nicht zugelassenen Behandlungsmethode denkbar; allerdings muss an die Stelle der noch nicht abgeschlossenen Prüfung durch den Bundesausschuss die generalisierende Prüfung von Risiken und Nutzen anlässlich des - wie hier - konkret zur Entscheidung stehenden Einzelfalles treten. Andererseits ist für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr, wenn der Bundesausschuss - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu einer negativen Bewertung gelangt ist: Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem GKV-Leistungskatalog nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind.
40 
Aus der Pflicht, die Regeln der ärztlichen Kunst zu beachten, folgt schließlich die Notwendigkeit, nicht nur abstrakt, sondern auch konkret bezogen auf den Einzelfall Risiken und Nutzen zu ermitteln. Bei beiden Prüfungen ist es geboten, jeweils das erreichbare Behandlungsziel i S. von § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V zu berücksichtigen. Der bei beiden Analysen von Nutzen und Risiken zu beachtende Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der den Zurechnungszusammenhang zwischen Therapie, Erfolg und Risiken betrifft, unterliegt - ähnlich wie bei der Anwendung von Pharmakotherapien mit Fertigarzneimitteln zu Lasten der GKV - auf Grund von Verfassungsrecht (vgl. näher 1. Senat, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R, aaO: Tomudex, RdNr 39 f) Abstufungen je nach Schwere und Stadium der Erkrankung und Ausmaß sowie Eintrittswahrscheinlichkeit von unerwünschten Nebenwirkungen.
41 
Erforderlich ist, dass unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes sowohl die abstrakte als auch die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung ergeben, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt (BSG, aaO, Tomudex, RdNr 38 - 48) . Soweit danach eine solche Behandlungsmethode in Betracht kommt, ist zu prüfen, ob bei Anlegen des gleichen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes auch andere (anerkannte) Methoden diesen Anforderungen genügen. Ist dem so, sind diese Methoden untereinander hinsichtlich Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit zu vergleichen (vgl. Urteil des Senats vom 26. September 2006 - B 1 KR 1/06 R: Ilomedin, zur Veröffentlichung vorgesehen).
42 
Da die Regeln der ärztlichen Kunst maßgeblich sind, muss ggf. auch die nicht dem sonst in der GKV vorausgesetzten medizinischem Standard entsprechende Behandlungsmethode in erster Linie fachärztlich durchgeführt werden; die Behandlung muss abgesehen davon, dass ihre Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit durch den Bundesausschuss nicht anerkannt ist, jedenfalls im Übrigen den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend durchgeführt und ausreichend dokumentiert werden (zum Arztvorbehalt vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005, SozR 4-2500 § 27 Nr. 5 RdNr 26; Urteil des erkennenden Senats vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 4: Tomudex, RdNr 50 zu den Regeln der ärztlichen Kunst und Dokumentationspflichten ). Den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht es auch, jedenfalls soweit es in der jeweiligen Berufsordnung (vgl. dazu auch die nicht als solche rechtsverbindliche Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte - MBO-Ä 1997, DÄBl 1997 <94>, A-2354; inzwischen § 15 Abs 4 MBO-Ä, DÄBl 2004<101>, A-1578, A-1580 ) entsprechend der "Deklaration von Helsinki" vorgesehen ist, bei beabsichtigten Heilversuchen zuvor die zuständige Ethikkommission einzuschalten und ihre (ggf. positive) Beurteilung abzuwarten ( zur "Deklaration von Helsinki", die grundsätzliche Aussagen zur medizinischen Forschung am Menschen enthält und bzgl. deren Planung und Durchführung die Beratung durch eine Ethikkommission empfiehlt, vgl. zB Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2005, § 74 III, RdNr 8 ff; Taupitz, MedR 2001, 277, 280 f; Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Aufl 2002, § 4 RdNr 18 f, jeweils mwN ).
43 
Im Hinblick auf diese Rechtsgrundsätze war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Versicherten die Krebstherapie des Arztes S. zu gewähren, weshalb sie auch die dafür gezahlten Kosten nicht erstatten muss. Zwar litt der Versicherte unstreitig an einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Es fehlt aber an den übrigen Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG für eine Anspruchsbegründung bei grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts der Gesetzlichen Krankenversicherung erfüllt sein müssen. Das geht insbesondere aus den vorliegenden Gutachten und Arztunterlagen schlüssig und überzeugend hervor.
44 
So standen zur weiteren Behandlung des Versicherten Therapieoptionen zur Verfügung, die dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechen und als Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung auch gewährt werden. Dr. P. (MDK Bayern) hat hierzu bereits in der Stellungnahme vom 23.5.2006 ausgeführt, die vertraglichen Behandlungsmethoden seien noch nicht ausgeschöpft; angewendet werden könne die Fortsetzung der palliativen Onkologie, evtl. komme auch der Versuch einer (weiteren) Resektion in Betracht. Gegenindikationen oder Unverträglichkeiten schloss der Arzt aus. Zur im Wesentlichen gleichen Einschätzung gelangte Dr. B. (MDK Baden-Württemberg) im Gutachten vom 5.7.2006. Danach war die weitere palliative Krebstherapie durch Chemotherapie möglich, ggf. auch eine Operation mit kurativer Zielsetzung. Wäre die ausgeschlossen gewesen, wäre eine geänderte Chemotherapie in Frage gekommen. Eine weitere kurative Operation hatte man auch in der Chirurgischen Universitätsklinik H. als mögliche Option in Betracht gezogen. Die Berichte der vom Sozialgericht befragten behandelnden Ärzte ergeben kein anderes Bild. Nach Ansicht des Prof. Dr. D. war die Strahlentherapie zwar ausgeschöpft, allerdings war die Fortsetzung der Chemotherapie geplant. Auch Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bü. vertrat die Auffassung, für die Behandlung des Versicherten hätten noch umfangreiche, wissenschaftliche begründete und multidisziplinär abgestimmte Behandlungen zur Verfügung gestanden. Dr. Bi., den der Versicherte in der B.-Klinik, B., konsultiert hatte, hatte einen dritten - vom Versicherten allerdings nicht mehr wahrgenommenen - Chemotherapiezyklus geplant, der dem allgemein anerkannten medizinischen Standard hinsichtlich des Vorgehens bei einem Zustand nach Magenkarzinom entsprochen hätte.
45 
Die Klägerin hat dem nichts Stichhaltiges entgegengesetzt. Mit dem Hinweis darauf, die Strahlentherapie sei (unstreitig) ausgeschöpft gewesen und der Versicherte habe die kombinierte Radio-Chemotherapie nur mäßig toleriert, sind die von den Gutachtern und behandelnden Ärzten benannten Therapieoptionen nicht beiseite zu schieben. Dass die in der Medizin anerkannten Behandlungsmethoden Krebserkrankungen in vielen Fällen, auch im Fall des Versicherten, letztendlich nicht heilen können, kann deren Wirksamkeit weder im Allgemeinen noch im Fall des Versicherten entgegengehalten werden. Im Übrigen ist aus den vorliegenden Arztunterlagen und Gutachten nicht ersichtlich und auch nicht substantiiert dargetan, dass beim Versicherten jedwede anerkannte Krebsbehandlung wegen Gegenindikationen oder Unverträglichkeiten ausgeschlossen gewesen wäre.
46 
Standen damit auf der einen Seite medizinisch anerkannte Behandlungsmethoden zur Verfügung fehlt es der Behandlung des Arztes S. auf der anderen Seite außerdem an einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fern liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Auch das geht aus dem Gutachten der Dr. B. überzeugend hervor. Danach besteht die Behandlung des Arztes S. aus einem Konglomerat unterschiedlichster Behandlungen, deren Wirksamkeit nicht belegt ist. Was die als Bestandteil der Behandlung ebenfalls angewandte lokale ambulante Hyperthermie im Besonderen angeht, ist diese durch Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 15.5.2005 (BAnz 2005, S. 7485) mit Wirkung vom 14.5.2005 als nicht anerkannte Behandlungsmethode aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen worden (§ 1 Abs. 2 i. V. Anlage II Nr. 42 der am 1.4.2006 in Kraft getretenen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung - MethodRL - v. 17.1.2006; bis dahin BUB-RL). Für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung ist (wie dargelegt) nach der Rechtsprechung des BSG (BSG, Urt. v. 7.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -) aber regelmäßig kein Raum mehr, wenn der Bundesausschuss nach (wie hier) nicht zu beanstandender Prüfung zu einer negativen Bewertung gelangt ist: Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind. Damit scheidet dieses Behandlungselement aus der Leistungsgewährung bzw. der Kostenerstattung auch aus diesem Grund von Vornherein aus. Was schließlich die Gabe von Ukrain (als weiterem Element der Behandlung des Arztes S.) angeht, hat Dr. B. überzeugend dargelegt, dass dessen Wirksamkeit nicht hinreichend belegt ist, nachdem die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft und der Deutschen Krebsgesellschaft im Jahr 2001 hierzu eine negative Stellungnahme abgegeben haben und abgesehen von einer offensichtlich umstrittenen Phase-II-Studie nur vorklinische Untersuchungen in der Fachliteratur vorliegen.
47 
Schließlich fehlt es dem Arzt S. am notwendigen Facharztstandard. Wegen der Maßgeblichkeit der Regeln ärztlicher Kunst muss ggf. auch die nicht dem sonst in der Gesetzlichen Krankenversicherung vorausgesetztem medizinischem Standard entsprechende Behandlungsmethode in erster Linie fachärztlich durchgeführt und ausreichend dokumentiert werden (BSG, Urt. v. 7.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -). Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -) ist daher regelmäßig - so auch hier - die Behandlung durch einen Facharzt bzw. einen in gleicher Weise einschlägig qualifizierten Arzt notwendig. Bei der Anwendung von Arzneimitteln, die toxische Nebenwirkungen erwarten lassen (etwa bei Zytostatika), kann zudem erforderlich sein, dass der behandelnde Arzt im Umgang mit entsprechenden Arzneimitteln erfahren ist. Der behandelnde Arzt muss die Behandlung verantworten (vgl. § 15 Abs 1 SGB V ) und die Regeln der ärztlichen Kunst bei der Durchführung der Behandlung einhalten (vgl. § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V ). Das setzt auch eine hinreichende Dokumentation der Behandlung und die Vornahme von Kontrollen und gebotenen Sicherheitsvorkehrungen voraus (z.B. durch Überwachung geeigneter medizinischer Parameter oder Verordnung von stationärer Behandlung bei Realisierung von Gefahren), um das Risiko für den Patienten gering zu halten und bei Bedarf schnell reagieren zu können (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).
48 
Die Behandlung der bei dem Versicherten vorliegenden Krebserkrankung (Magenkarzinom) war daher Sache des hierzu berufenen Facharztes, also des nach Maßgabe des einschlägigen Berufsrechts entsprechend qualifizierten Internisten (Gastroenterologen) oder Onkologen. Das gilt auch (und gerade) für die hier streitigen Krebsbehandlungen, die dem sonst in der Gesetzlichen Krankenversicherung vorausgesetzten medizinischen Standard nicht entsprechen, gleichwohl aber nach Maßgabe grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts (als Sachleistung) gewährt werden sollen. Der Arzt S. ist (berufsrechtlich) weder Internist noch Onkologe, sondern Arzt für Naturheilverfahren und Chirotherapie und verfügt daher über den für die Durchführung von Krebsbehandlungen auf Kosten der Gesetzlichen Krankenversicherung notwendigen Facharztstandard nicht.
49 
Das Sozialgericht hat die Klage damit zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
50 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

Tenor

Die Revision der Klägerinnen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerinnen tragen auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 8.

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 2 500 000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die klagenden pharmazeutischen Unternehmen wenden sich gegen die Festsetzung eines Festbetrages für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Atorvastatin.

2

Atorvastatin gehört zur Wirkstoffgruppe der Statine, die insbesondere dazu dienen, den Cholesterin-Spiegel im Menschen zu senken. Dazu vermindern sie die körpereigene Erzeugung des an Lipoprotein geringer Dichte (LDL) gebundenen Cholesterins, das im Blutkreislauf zur Leber transportiert wird, indem sie die Wirkung des Schlüsselenzyms für die Cholesterinproduktion in Körperzellen (ß-Hydroxy-ß-Methylglutaryl-Coenzym A-Reduktase ) hemmen. Die Zellen reagieren auf den hierdurch hervorgerufenen Cholesterinmangel, indem sie vermehrt Rezeptoren bilden, die das LDL aus dem Blut aufnehmen. Der Wirkstoff Atorvastatin ist enthalten in dem von den Klägerinnen seit 1997 in Deutschland hergestellten und vertriebenen Fertigarzneimittel Sortis. Atorvastatin wird synthetisch hergestellt und genießt bis 2011 Patentschutz. Sortis wurde am 17.12.1996 mit den Wirkstärken 10, 20, 40 mg, später auch mit der Wirkstärke 80 mg arzneimittelrechtlich zugelassen. Nach der Fachinformation erstreckt sich die Zulassung von Sortis ua auf das Anwendungsgebiet der primären und kombinierten Hypercholesterinämie. Für diese Anwendungsgebiete sind auch die übrigen Arzneimittel zugelassen, die die Statine Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin und Simvastatin enthalten. Der Beigeladene zu 1. fasste auf der Grundlage einer Anhörung und einer gutachterlichen Stellungnahme Arzneimittel mit Statinen als Wirkstoff in der Festbetragsgruppe "HMG-CoA-Reduktasehemmer" in der Anlage 2 der Arzneimittel-Richtlinien zusammen (Wirkstoffe und Vergleichsgrößen Atorvastatin: 16,7; Fluvastatin: 42,2; Lovastatin: 23,2; Pravastatin: 21,3 sowie Simvastatin: 20,7; Beschluss vom 20.7.2004, BAnz Nr 182 vom 25.9.2004, S 21086). Die Beigeladenen zu 3. bis 8. setzten mit Wirkung vom 1.1.2005 einen Festbetrag von 62,55 Euro für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer fest (Standardpackung 100, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,97; Beschluss vom 29.10.2004, BAnz Nr 210 vom 5.11.2004, S 22602). Die Wirkstoffe Fluvastatin, Lovastatin und Simvastatin waren bei Beschlussfassung zu diesem Festbetrag erhältlich. Der Apothekenabgabepreis von Sortis liegt seit Inkrafttreten dieser Festbetragsfestsetzung deutlich über dem Festbetrag.

3

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 22.11.2005). Während des Berufungsverfahrens haben die Beigeladenen zu 3. bis 8. am 10.2.2006 beschlossen, den Festbetrag für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer mit Wirkung vom 1.4.2006 um fünf Prozent auf 59,42 Euro abzusenken (Standardpackung 100, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,97; BAnz Nr 48 vom 9.3.2006, S 1524, 1534). Das LSG hat den Streit über die Anfechtung der Festbetragsfestsetzungen abgetrennt, die ab 1.7.2006 Arzneimittel mit dem Wirkstoff Atorvastatin betreffen (Aktenzeichen L 9 KR 351/09; vgl näher Senatsurteil vom selben Tage - B 1 KR 13/10 R), die Berufung gegen das SG-Urteil zurückgewiesen sowie die Klage gegen die Festbetragsfestsetzung vom 10.2.2006 abgewiesen: Die an § 35 SGB V zu messenden Allgemeinverfügungen der Beigeladenen zu 3. bis 8. wie auch der zugrunde liegende Beschluss des Beigeladenen zu 1. vom 20.7.2004 zur Festbetragsgruppen- und Vergleichsgrößenbildung seien nicht zu beanstanden (Urteil vom 16.12.2009).

4

Mit ihrer Revision rügen die Klägerinnen die Verletzung von § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2, Satz 3, Satz 5, Abs 1a, Abs 2, Abs 5 Satz 1 und 2 SGB V sowie von Verfahrensrecht. Der Beigeladene zu 1. habe Arzneimittel mit dem Wirkstoff Atorvastatin nicht in die Festbetragsgruppe der Statine einbeziehen dürfen, insbesondere da sie nachweislich pleiotrope Eigenschaften, eine therapierelevant besonders starke Wirkpotenz und einen schnellen Wirkeintritt sowie ein überlegenes Sicherheitsprofil hätten. Die festgesetzten Vergleichsgrößen spiegelten die Wirkunterschiede der betroffenen Arzneimittel nicht angemessen wider. Die festgesetzten Festbetragshöhen seien rechtswidrig, weil sie nicht das gesamte Spektrum der zu behandelnden Patienten berücksichtigten. Das LSG habe gegen §§ 103 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG verstoßen, da es entgegen seiner Aufklärungspflicht abgelehnt habe, antragsgemäß Prof. Dr. W. zu hören.

5

Die Klägerinnen beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Dezember 2009 und des Sozialgerichts Berlin vom 22. November 2005 aufzuheben sowie die Festbetragsfestsetzungen vom 29. Oktober 2004 und 10. Februar 2006 insoweit abzuändern, als darin ein Festbetrag für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Atorvastatin festgesetzt wird.

6

Der Beklagte und der Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

7

Beide halten das Urteil des LSG für zutreffend.

8

Die übrigen Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerinnen ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Die Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, insbesondere sind die Klägerinnen klagebefugt (dazu 1.). Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Festbetragsfestsetzung für den Geltungszeitraum vom 1.1.2005 bis 31.3.2006 (dazu 2.) sowie vom 1.4. bis 30.6.2006 (dazu 3.) die Klägerinnen nicht rechtswidrig beschwert, obwohl sie Arzneimittel mit dem Wirkstoff Atorvastatin einbezieht.

10

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt.

11

a) Die auf die Aufhebung von Festbetragsfestsetzungen gerichtete Klage ist eine ohne Vorverfahren statthafte Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 SGG iVm § 35 Abs 7 Satz 3 SGB V). Festbetragsfestsetzungen sind grundsätzlich Verwaltungsakte in Form der Allgemeinverfügung (§ 31 Satz 2 SGB X; vgl BVerfGE 106, 275 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2; BSGE 94, 1 = SozR 4-2500 § 35 Nr 3, RdNr 8). Zulässiger Streitgegenstand der Klage ist der Anspruch auf Aufhebung der Festbetragsfestsetzung vom 29.10.2004 und der später kraft Gesetzes (§ 153 Abs 1, § 96 Abs 1 SGG) einbezogenen Festbetragsanpassung vom 10.2.2006 für die Zeit bis zum Ablauf des 30.6.2006. Die Klägerinnen verfolgen zulässig ihren Anspruch auf Aufhebung der Festbetragsfestsetzungen vom 29.10.2004, 10.2.2006, 11.5.2006 und 7.4.2008 für die Zeit ab 1.7.2006 in einem gesonderten Verfahren (vgl zur Teilbarkeit des Anfechtungsbegehrens Senatsurteile vom selben Tage - B 1 KR 10/10 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, und - B 1 KR 13/10 R).

12

b) Die Klägerinnen haben ihre Klage im Berufungsverfahren zulässig gegen den Beklagten umgestellt, um nach Änderung der Zuständigkeit für Festbetragsfestsetzungen in § 35 Abs 3 Satz 1 SGB V iVm § 217f Abs 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl l 378) dem mit dieser Funktionsnachfolge verbundenen gesetzlichen Beteiligtenwechsel von den Beigeladenen zu 3. bis 8. zum Beklagten Rechnung zu tragen (vgl hierzu BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 13; BSGE 102, 248 = SozR 4-5050 § 15 Nr 6).

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c) Die Klägerinnen sind als Herstellerinnen eines von der Festbetragsfestsetzung betroffenen Arzneimittels klagebefugt iS von § 54 Abs 1 Satz 2 SGG, obwohl sie nicht Adressaten der Regelung sind. Festbetragsfestsetzungen sind Verwaltungsakte in Form der Allgemeinverfügung, die sich nach der Gesetzeskonzeption an Versicherte und Vertragsärzte, nicht jedoch an Arzneimittelhersteller richten (§ 31 Satz 2 SGB X; vgl zur Regelung gegenüber Versicherten und Vertragsärzten näher Senatsurteil vom selben Tage - B 1 KR 10/10 R - unter II. 1.a, mwN, zur Veröffentlichung vorgesehen). Festgesetzte Festbeträge legen insbesondere als solche nicht Arzneimittelpreise fest. Betroffene Arzneimittelhersteller können die Aufhebung einer Festbetragsfestsetzung verlangen, soweit sie in ihren Anhörungsrechten verletzt oder wegen einer willkürlichen Handhabung des § 35 SGB V benachteiligt sind.

14

§ 35 SGB V verbürgt für Arzneimittelhersteller lediglich das - vorliegend unstreitig beachtete - Recht, vor Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) Stellung zu nehmen(vgl § 35 Abs 2 SGB V). Im Übrigen regelt § 35 SGB V im Interesse des Wirtschaftlichkeitsgebots der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV -(vgl § 12 Abs 1 SGB V)Voraussetzungen, Verfahren und Rechtsschutz bei Festbetragsfestsetzungen. Wortlaut, Entstehungsgeschichte und aufgezeigter Regelungszweck sowie die Gesetzesentwicklung nach der Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit des § 35 SGB V vom 17.12.2002 (BVerfGE 106, 275 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2) geben keinen Hinweis auf einen drittschützenden Gehalt der Regelung zugunsten von Arzneimittelherstellern. Daran hat sich auch dadurch nichts geändert, dass der GBA neuerdings die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen darf, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 SGB V oder durch die Vereinbarung eines Erstattungsbetrags nach § 130b SGB V hergestellt werden kann(s § 92 Abs 2 Satz 11 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst b Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung - Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2262; vgl hierzu Hauck, GesR 2011, 69, 70 ff). Diese Regelung begründet subjektive Rechte zugunsten von Arzneimittelherstellern bloß im Zusammenhang mit Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüssen durch den GBA. Arzneimittelhersteller können sich indes darauf berufen, dass eine fehlerhafte Festbetragsfestsetzung ihre Grundrechte verletzt, soweit sie eine grundrechtlich maßgebliche Wettbewerbsverfälschung beinhaltet (vgl BSGE 94, 1 = SozR 4-2500 § 35 Nr 3, RdNr 15).

15

Nach der Rechtsprechung des BVerfG verletzen Festbetragsfestsetzungen - ähnlich wie Ausschreibungen von Rabattverträgen - die Berufsfreiheit (Art 12 Abs 1 GG) pharmazeutischer Unternehmer nicht (BVerfGE 106, 275 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2; BVerfG A&R 2011, 38). Das Grundrecht der Berufsfreiheit umfasst zwar ua die Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen selbst festzusetzen oder mit den Interessenten auszuhandeln (vgl BVerfGE 101, 331, 347; 106, 275, 298; 117, 163, 181). Erfolgt die unternehmerische Berufstätigkeit am Markt nach den Grundsätzen des Wettbewerbs, wird die Reichweite des Freiheitsschutzes auch durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen. Art 12 Abs 1 GG sichert in diesem Rahmen die Teilhabe am Wettbewerb nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen (vgl BVerfGE 105, 252, 265). Dagegen umfasst das Grundrecht keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb und Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten (vgl BVerfGE 106, 275, 299 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 S 18; BVerfGE 116, 135, 152). Die Vergabe eines öffentlichen Auftrags an einen Mitbewerber und die der Vergabeentscheidung zugrunde gelegten Kriterien berühren ebenso wie mögliche Vorstufen einer Vergabeentscheidung, hier die Festbetragsfestsetzung, grundsätzlich nicht den Schutzbereich der Berufsfreiheit des erfolglosen Bewerbers. Bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags beeinflusst die handelnde staatliche Stelle den Wettbewerb nicht von außen, sondern wird selbst auf der Nachfrageseite wettbewerblich tätig und eröffnet so einen Vergabewettbewerb zwischen den potentiellen Anbietern. Dabei ist es grundsätzlich Sache des Nachfragers, nach welchen Kriterien und in welchem Verfahren er das günstigste Angebot auswählt. Dementsprechend trägt ein Wettbewerber auf der Angebotsseite stets das Risiko, dass seinem Angebot ein anderes, für den Nachfrager günstigeres vorgezogen wird (vgl BVerfGE 116, 135, 151 f). Festbetragsfestsetzungen betreffen lediglich die Rahmenbedingungen der wirtschaftlichen Betätigung pharmazeutischer Unternehmer, nämlich in einem weiteren Sinne Auswahlkriterien für die Einbeziehung von Arzneimitteln in den GKV-Leistungskatalog. Pharmazeutische Unternehmer haben keinen verfassungsrechtlich geschützten Anspruch darauf, dass ihre Angebote in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen werden und nicht von Festbetragsfestsetzungen betroffen sind.

16

Anders läge es nur, wenn die angewandten Bewertungskriterien nach ihrer Zielsetzung und ihren Wirkungen einen Ersatz für eine staatliche Maßnahme darstellen würden, die als Grundrechtseingriff in die Berufsfreiheit zu qualifizieren wäre (vgl BVerfGE 105, 252, 273; 116, 135, 153; 118, 1, 20). An einer eingriffsgleichen Wirkung einer staatlichen Maßnahme fehlt es jedoch, wenn mittelbare Folgen lediglich ein bloßer Reflex einer nicht entsprechend ausgerichteten Regelung sind (vgl BVerfGE 106, 275, 299 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 S 18; BVerfGE 116, 202, 222). Zwar verringern sich die Chancen eines Unternehmens erheblich, dessen Arzneimittel zu einem Preis oberhalb des Festbetrags verkauft werden. Die Marktbedeutung der Festbetragsfestsetzung mag dazu führen, dass sich pharmazeutische Unternehmen deshalb regelmäßig - anders als die Klägerinnen - veranlasst sehen, eine Festbetragsüberschreitung zu vermeiden. Die Rechtsgrundlagen der Festbetragsfestsetzung dienen aber erkennbar nicht dem Zweck, einer solchen Überschreitung generell entgegenzuwirken, sondern zielen darauf ab, im Interesse der Finanzierbarkeit der GKV für die Wirtschaftlichkeit der Angebote zu sorgen. Etwaige Auswirkungen auf die allgemeine Preisgestaltung der Arzneimittel für den GKV-Leistungskatalog anbietenden pharmazeutischen Unternehmen stellen sich lediglich als Reflex dieser Zielsetzung dar.

17

Zu messen ist die angegriffene Entscheidung allerdings am allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Einer staatlichen Stelle, die einen öffentlichen Auftrag vergibt, ist es aufgrund des Gleichheitssatzes verwehrt, das Verfahren oder die Kriterien der Vergabe willkürlich zu bestimmen (vgl BVerfGE 116, 135, 153), gleiches gilt für die Vorstufe von Vergaben, wie hier die Festbetragsfestsetzungen. Nach diesem Maßstab können staatliche Maßnahmen, die den Wettbewerb der Unternehmen untereinander willkürlich verfälschen, im Einzelfall eine Grundrechtsverletzung bedeuten. Wird eine Versorgungsalternative infolge willkürlicher medizinisch-pharmakologischer Bewertung zu Unrecht als mit anderen Arzneimitteln gleichwertig eingestuft, so beinhaltet dies jedenfalls dann eine Benachteiligung des betroffenen Arzneimittelherstellers im Wettbewerb, wenn die besondere therapeutische Qualität seines Arzneimittels durch Gleichbewertung mit andersartigen Konkurrenzprodukten ohne jeden sachlichen Grund verneint wird und dieses Arzneimittel als durch andere gleichwertig ersetzbar erscheint. Dagegen schützt der allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art 3 Abs 1 GG. Er verbietet nicht nur die unterschiedliche Behandlung von Gleichem, sondern auch die Gleichbehandlung von sachlich Ungleichem anhand offensichtlich sachwidriger Kriterien (vgl BVerfG A&R 2011, 38 RdNr 14).

18

Im Bereich der Festbeträge liegt eine solche verfassungswidrige Gleichbehandlung vor, wenn die Arzneimittel eines Arzneimittelherstellers offensichtlich aus pharmakologisch-therapeutischer Sicht so unterschiedlich sind, dass sie durch die Arzneimittel eines anderen Herstellers praktisch nicht ersetzt werden können, sie dennoch aber ohne Rechtfertigung in einer Festbetragsgruppe zusammengefasst sind. Dabei ergeben sich aus dem Gleichheitssatz umso engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (vgl für das Verhältnis zum Gesetzgeber BVerfGE 89, 15, 22 f; 90, 46, 56; 97, 271, 290 f; 99, 341, 355 f; 103, 242, 258; 105, 73, 110f; 116, 135, 161).

19

2. In der Sache bleibt die Revision ohne Erfolg. Die klagenden pharmazeutischen Unternehmen können anhand des dargelegten Prüfmaßstabs der willkürlichen Wettbewerbsverfälschung (vgl oben II.1.c) nicht beanspruchen, dass der Beschluss über die Festbetragsfestsetzung vom 29.10.2004 aufgehoben wird, da er rechtmäßig und keineswegs offensichtlich sachwidrig ist. Ein strengerer Maßstab als das Willkürverbot ist unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten (vgl BVerfGE 116, 135, 161) angesichts der rein sachbezogenen Ausgestaltung der Festbetragsregelung im SGB V weder bei der Bildung der Festbetragsgruppe und der Vergleichsgrößen noch bei der Festsetzung der Festbetragshöhe geboten. Nach der anzuwendenden gesetzlichen Regelung (dazu a) handelte der hierzu berufene Beigeladene zu 1. formell rechtmäßig (dazu b). Er bildete die Festbetragsgruppe (dazu c, d) und die Vergleichsgrößen (dazu e) materiell rechtmäßig. Die Beigeladenen zu 3. bis 8. setzten die Festbeträge rechtmäßig fest (dazu f).

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a) Zu messen ist die Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 29.10.2004 an der Festbetragsregelung des § 35 SGB V idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung(GKV-Modernisierungsgesetz ) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) mit Wirkung vom 20.11.2003. Diese Norm gibt für die Festsetzung von Festbeträgen ein zweistufiges Verfahren vor: Zunächst bestimmt der Beigeladene zu 1. in den Arzneimittel-Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können und welche Vergleichsgrößen dabei zugrunde zu legen sind(§ 35 Abs 1 und 2 SGB V). Auf der Grundlage dieses Beschlusses erfolgt sodann die Festsetzung der jeweiligen Festbeträge im Wege einer Allgemeinverfügung (vgl § 35 Abs 3 bis 6 und Abs 7 Satz 1 SGB V). Die Entscheidung des Beigeladenen zu 1. ist nicht isoliert anfechtbar (§ 35 Abs 7 Satz 4 SGB V), ihre Überprüfung indessen Bestandteil der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der auf ihrer Grundlage ergangenen Allgemeinverfügung (BSGE 94, 1 = SozR 4-2500 § 35 Nr 3, RdNr 11, unter Hinweis auf BT-Drucks 11/3480 S 54).

21

b) Der hierzu berufene Beigeladene zu 1. hat die Festbetragsgruppe (§ 35 Abs 1 Satz 1 bis 3 SGB V) und die Vergleichsgrößen (§ 35 Abs 1 Satz 5 SGB V) als Grundlage der Festbetragsfestsetzung formell rechtsfehlerfrei bestimmt. Er hat erstmals eine Festbetragsgruppe der Statine bestehend aus Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Simvastatin gebildet, Vergleichsgrößen festgesetzt (Beschluss vom 20.7.2004) und dies in Arzneimittel-Richtlinien geregelt (§ 35 Abs 1 Satz 1 und 5 SGB V idF des GMG; § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000). Die Richtlinien des GBA sind in der Rechtsprechung seit Langem als untergesetzliche Rechtsnormen anerkannt (stRspr; vgl nur BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 26). Ihre Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten steht außer Frage (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des GMG; jetzt § 91 Abs 6 SGB V idF des GKV-WSG; BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 33; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 22; vgl auch BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 57 ff).

22

Das BSG zieht die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtsetzung nicht mehr grundlegend in Zweifel (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 mwN - LITT; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 18 mwN). Kritischen Stimmen ist in jüngerer Zeit Literatur entgegengetreten (vgl Neumann, NZS 2010, 593; Hauck, NZS 2010, 600 mwN). Für die Bildung von Festbetragsgruppen gilt die Bejahung der Verfassungsmäßigkeit im Besonderen, weil der Gesetzgeber einen konkreten Katalog von gesetzlichen Voraussetzungen formuliert, bei deren Vorliegen er den Beigeladenen zu 1. im Bereich der Arzneimittelversorgung mit der Gruppenbildung betraut (vgl Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1.7.2010, Band 2, § 35 SGB V RdNr 30). Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 17.12.2002 (BVerfGE 106, 275 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2) zwar ausdrücklich nur das System der Festsetzung von Festbeträgen (§§ 35 ff SGB V) im Ganzen als verfassungskonform bewertet, folgerichtig die Verfassungsmäßigkeit der Kompetenzen des Beigeladenen zu 1. damit aber unausgesprochen vorausgesetzt (vgl auch BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 61 - Therapiehinweise).

23

Die im Interesse der verfassungsrechtlichen Anforderungen der Betroffenenpartizipation umfassend durch Gesetz und - inzwischen - Verfahrensordnung des Beigeladenen zu 1. ausgestalteten und abgesicherten Beteiligungsrechte wurden gewahrt. Sie stellen sicher, dass alle sachnahen Betroffenen selbst oder durch Repräsentanten auch über eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten hinaus Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wenn ihnen nicht nur marginale Bedeutung zukommt (vgl dazu Hauck, NZS 2010, 600, 604).

24

Auf die von den Klägerinnen unter Beweis gestellte Behauptung, dass der Beigeladene zu 1. anlässlich der Gruppenbildung für Statine im Jahre 2004 Prof. Dr. W. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt hat, kommt es demgegenüber nicht an. Auswahl und Entpflichtung von Sachverständigen liegen im Ermessen des Beigeladenen zu 1. (vgl auch Kraftberger/Adelt: in Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 35 RdNr 38; Hess in: Kasseler Komm, Stand 1.10.2010, § 35 SGB V RdNr 19). Seine Entscheidung war ohne Zweifel sachgerecht, eine auf Neutralität angelegte Institution wie die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) mit einem Gutachten zu betrauen und einem Einzelsachverständigen vorzuziehen. Die AkdÄ hat als wissenschaftlicher Fachausschuss der Bundesärztekammer ua die Aufgabe, entsprechend den Regelungen in den ärztlichen Berufsordnungen - wie in § 62 Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln(Arzneimittelgesetz ) vorausgesetzt - unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die ihr aus der deutschen Ärzteschaft mitgeteilt werden müssen, zu erfassen, zu dokumentieren und zu bewerten. Der Gesetzgeber bindet vor diesem Hintergrund die AkdÄ inzwischen selbst in Verfahren des GBA zur Anforderung ergänzender versorgungsrelevanter Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit von Arzneimitteln ein (vgl § 92 Abs 2a Satz 1 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst c AMNOG - vom 22.12.2010, BGBl I 2262, mit Wirkung vom 1.1.2011).

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c) Die gebildete Gruppeneinteilung entspricht nach der gebotenen gerichtlichen Prüfung (dazu aa) materiellem Recht. Der Beigeladene zu 1. hat mit seinem Beschluss vom 20.7.2004 ausgehend von rechtmäßigen Kriterien (dazu bb) - hier: dem Inhalt der Arzneimittelzulassungen (dazu cc) - in der Gruppe "HMG-CoA-Reduktasehemmer" Arzneimittel mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, zusammengefasst (dazu dd), ohne unterschiedliche Bioverfügbarkeiten der Arzneimittel berücksichtigen zu müssen (§ 35 Abs 1 Satz 2 SGB V; dazu ee). Die gebildete Gruppe gewährleistet, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen (§ 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 1 SGB V; dazu ff). Der Einbeziehung von Sortis steht nicht die Ausnahme von der Gruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen entgegen, deren Wirkungsweise neuartig ist und die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten (§ 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V; dazu d).

26

aa) Die im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden Richtlinien des Beigeladenen zu 1. sind gerichtlich in der Weise zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 - LITT; Schlegel, MedR 2008, 30, 32; Hauck, NZS 2010, 600, 611 f). § 35 SGB V gibt dem Beigeladenen zu 1. ein engmaschiges, rechtlich voll überprüfbares Programm vor: Die Verwendung ihrer Art nach rechtmäßiger Prüfkriterien, die Ermittlung des Inhalts der Arzneimittelzulassungen, die Qualifizierung von Arzneimitteln als solche mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, die Gewährleistung sowohl fehlender Einschränkungen von Therapiemöglichkeiten als auch der Verfügbarkeit medizinisch notwendiger Verordnungsalternativen sowie die zutreffende rechtliche Erfassung der Ausnahme von der Gruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen ist vom Gericht uneingeschränkt zu überprüfen. Der Gesetzgeber belässt dem Beigeladenen zu 1. bei der Umsetzung dieser Regelungselemente des § 35 SGB V keinen Gestaltungsspielraum. Das gilt auch für die Vollständigkeit der vom Beigeladenen zu 1. zu berücksichtigenden Studienlage.

27

Anders liegt es dagegen bei der Entscheidung über Zeitpunkt, Zuschnitt und Auswahl der Gruppe sowie bei der Bewertung des zutreffend ermittelten Standes der Studienlage im Hinblick auf ihre Eignung, für die Gruppenbildung relevante Therapiehinweise, Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse zu erlassen. Hier entscheidet der Beigeladene zu 1. als Normgeber. Insoweit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom Beigeladenen zu 1. getroffenen Wertungen setzen (vgl ähnlich BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 67 - Therapiehinweise). Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen.

28

bb) Grundlage und Ausgangspunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Festbetragsgruppenbildung ist grundsätzlich der Inhalt der arzneimittelrechtlichen Zulassung nach dem AMG. Der Inhalt ergibt sich zusammengefasst insbesondere aus der Fachinformation gemäß § 11a AMG. Eine Berücksichtigung darüber hinausgehender Unterlagen ist für die Prüfung des Vorliegens vergleichbarer Wirkstoffe nach Maßgabe des § 35 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 und Satz 3 Halbs 1 SGB V grundsätzlich nicht vorgesehen. Hiervon abweichend ist dagegen nicht allein die arzneimittelrechtliche Zulassung, sondern eine neuere Studienlage maßgeblich, wenn eine solche für die Gruppenbildung bedeutsame Therapiehinweise, Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse durch den GBA rechtfertigt, weil sie Indikationsbereiche eines Arzneimittels oder von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen als unwirtschaftlich erscheinen lässt und nicht lediglich insgesamt das Therapiegebiet der Gesamtgruppe einschränkt. Dies folgt aus Regelungssystem (dazu <1.>), Normsystematik und Wortlaut (dazu <2.>), Entstehungsgeschichte (dazu <3.>) sowie Sinn und Zweck des § 35 SGB V(dazu <4.>).

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(1.) § 35 SGB V knüpft an das allgemeine Regelungssystem der Arzneimittelversorgung in der GKV an und ändert es nur in spezifischen, genau umrissenen Teilbereichen. Nach diesem System ist Grundvoraussetzung des Anspruchs Versicherter auf ein zur Krankenbehandlung notwendiges Arzneimittel in der Regel seine Anwendung im Rahmen der durch die arzneimittelrechtliche Zulassung vorgegebenen Indikation. Notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV ist ihre Qualität als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts. Dieses bezweckt, im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von Mensch und Tier für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere für die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel zu sorgen (§ 1 AMG). Insoweit stellen das SGB V und das AMG auf denselben Zweck ab (stRspr, vgl BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 15 mwN - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 15 - Lorenzos Öl; vgl auch BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 55 f - Therapiehinweise und SozR 4-2500 § 106 Nr 21<6. BSG-Senat>). Daher verzichtet das Krankenversicherungsrecht bei der Arzneimittelversorgung weitgehend auf eigene Vorschriften zur Qualitätssicherung. Es knüpft insoweit vielmehr im Ausgangspunkt an das Arzneimittelrecht nach dem AMG an, das für Fertigarzneimittel eine staatliche Zulassung vorschreibt und deren Erteilung vom Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Medikaments (vgl § 25 Abs 2 AMG) abhängig macht (vgl BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 29 - Lorenzos Öl; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21). Wurde diese Prüfung erfolgreich durchlaufen und ist für das Arzneimittel die Zulassung einschließlich der darin enthaltenen Ausweisung der Anwendungsgebiete erteilt worden, so ist es in diesem Umfang grundsätzlich auch verordnungsfähig im Sinne des SGB V (vgl BSGE 95, 132 RdNr 18 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 25 mit Bezugnahme auf BSGE 93, 1 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1, RdNr 7). Eine eigene Sachprüfungsbefugnis der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit kommt hinsichtlich der erteilten arzneimittelrechtlichen Zulassung nicht in Betracht (BSGE 95, 132 RdNr 15 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 22). Eine erforderliche, aber nicht vorhandene Zulassung schließt grundsätzlich die Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels aus. Insoweit ist die arzneimittelrechtliche Zulassung für die Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels in der GKV "negativ vorgreiflich" (vgl BSGE 95, 132 RdNr 16 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 23 mwN).

30

Auch soweit Versicherte ausnahmsweise außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung Versorgung mit arzneimittelrechtlich zugelassenen Arzneimitteln nach den Grundsätzen des sogenannten Off-Label-Use beanspruchen können, setzt dies ua eine Studienlage voraus, die eine Zulassung des Arzneimittels nach den Anforderungen des AMG zur betroffenen Indikation rechtfertigen würde. Nach der Rechtsprechung des Senats (BSGE 89, 184, 191 f = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 36 - Sandoglobulin; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 31 mwN - Ritalin) kommt die Verordnung eines Medikaments in einem von der Zulassung nicht umfassten Anwendungsgebiet nämlich grundsätzlich nur in Betracht, wenn es 1.) um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2.) keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3.) aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann. Die Qualität der wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Behandlungserfolg, die für eine zulassungsüberschreitende Pharmakotherapie auf Kosten der GKV nachgewiesen sein muss, entspricht derjenigen für die Zulassungsreife des Arzneimittels im betroffenen Indikationsbereich. Sie ist während und außerhalb eines arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens regelmäßig gleich. Der Schutzbedarf der Patienten, der dem gesamten Arzneimittelrecht zugrunde liegt und - wie dargelegt - in das Leistungsrecht der GKV einstrahlt, unterscheidet sich in beiden Situationen nicht (vgl BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 24 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 34 mwN - Ritalin).

31

Änderungen des Maßstabs der danach an der arzneimittelrechtlichen Zulassung ausgerichteten Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV können sich indes mit Blick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V) ergeben. Dies erwächst daraus, dass eine Diskrepanz bestehen kann zwischen der Aussagekraft der für die Zulassung durchgeführten klinischen Studien und den in der Praxis auftretenden Anforderungen an ein Arzneimittel, insbesondere beim Fehlen klinischer Studien zu patientenrelevanten Endpunkten. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt ua den sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V) ergebenden Einschränkungen (vgl BSGE 95, 132 RdNr 20 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 27). Das Wirtschaftlichkeitsgebot kann weitergehende Einschränkungen der generellen Verordnungsfähigkeit zugelassener Arzneimittel im Rahmen der GKV fordern, etwa weil eine neuere Studienlage Therapiehinweise rechtfertigt, da Indikationsbereiche eines Arzneimittels oder von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen als unwirtschaftlich erscheinen (vgl zum bisher geltenden Recht zB BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 39 ff - Therapiehinweise). Der Beigeladene zu 1. kann nach heutiger Rechtslage die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist (§ 92 Abs 1 Satz 1 Halbs 4 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst a AMNOG, vom 22.12.2010, BGBl I 2262, mit Wirkung vom 1.1.2011). Er kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der AkdÄ, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Werden die Studien nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der GBA das Arzneimittel schon allein deshalb von der Verordnungsfähigkeit ausschließen (§ 92 Abs 2a Satz 1 und 4 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst c AMNOG). Die in besonderen Fällen mögliche Ausrichtung an auf patientenrelevante Endpunkte bezogene Studien wird schließlich auch daran deutlich, dass der GBA neuerdings die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen darf, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 SGB V oder durch die Vereinbarung eines Erstattungsbetrags nach § 130b SGB V hergestellt werden kann(s § 92 Abs 2 Satz 11 SGB V idF durch Art 1 Nr 13 Buchst b AMNOG; vgl zum Ganzen Hauck, GesR 2011, 69, 70 ff).

32

(2.) Auch Wortlaut und Normsystematik des § 35 Abs 1 SGB V verdeutlichen, dass grundsätzlich für die Festbetragsgruppen auf die arzneimittelrechtliche Zulassung abzustellen ist. Das Prüfprogramm für die Bildung von Festbetragsgruppen weist breite sachliche Überschneidungen mit dem Arzneimittelrecht auf. So enthält § 35 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 SGB V die grundlegende Aufzählung denkbarer Festbetragsgruppen anhand von Kriterien, die sich entsprechend auch in der arzneimittelrechtlichen Überprüfung der Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels wiederfinden und keinen Hinweis auf Abweichungen vom dargelegten allgemeinen Regelungssystem enthalten. Der Begriff des Wirkstoffs in Nr 1 greift den Wirkstoffbegriff nach § 4 Abs 19 AMG auf, der infolgedessen sinngemäß anwendbar ist(vgl Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1.7.2010, Band 2, § 35 SGB V RdNr 37; zur arzneimittelrechtlichen Anbindung des Begriffs "Bioverfügbarkeit" in diesem Zusammenhang vgl Orlowski in: Orlowski/Wasem/Rau/Zipperer, GKV-Kommentar SGB V, Stand Januar 2011, § 35 RdNr 9 f). Mit Blick darauf ist auch die Eingrenzung auf pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe in Nr 2 folgerichtig in Anlehnung an das AMG vorzunehmen. Denn pharmakologisch-therapeutische Wirkungsweisen eines Wirkstoffs sind Bestandteil der arzneimittelrechtlichen Zulassungsprüfung (§ 25 Abs 2 Nr 1 bis 5a AMG) und dementsprechend Inhalt der Fachinformation (§ 11a AMG).

33

Dagegen hat der Gesetzgeber in § 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V idF des GMG eine Ausnahmeregelung für patentgeschützte Arzneimittel statuiert, für die er einen über die arzneimittelrechtliche Zulassung hinausgehenden Überprüfungsmaßstab angewendet wissen will: Von der Bildung eigentlich zulässiger Festbetragsgruppen sind patentgeschützte Arzneimittel ausgenommen, deren Wirkungsweise neuartig ist und (ab 1.5.2006 "oder", dazu d und 3.b) die eine therapeutische Verbesserung bedeuten. Diese Regelung bezweckt, den Arzneimittelherstellern Anreize zur Entwicklung von innovativen Arzneimitteln zu bieten (vgl hierzu Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 11/3480, S 53; zur Klarstellung späterer Gesetzesfassungen BT-Drucks 15/1525 S 87; s zur nachträglichen Einfügung der Regelung auch Schulin, Patentschutz und Festbeträge für Arzneimittel, 1993, 92 ff). Nach Auffassung des Gesetzgebers sind echte Innovationen mit therapeutischem Zusatznutzen erwünscht und unterliegen nicht der Festbetragsregelung (Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung <AVWG> der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BT-Drucks 16/194 S 7 zu Art 1 Nr 2 Buchst c). Um bloße Scheininnovationen nicht zu begünstigen, erfolgt der Nachweis einer therapeutischen Verbesserung nicht allein aufgrund der Fachinformationen, sondern auch durch Bewertung von klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, soweit diese Studien allgemein verfügbar sind oder gemacht werden und ihre Methodik internationalen Standards entspricht. Vorrangig sind klinische Studien, insbesondere direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen (§ 35 Abs 1b Satz 4 und 5 SGB V; vgl näher unten II 3. b bb).

34

(3.) Auch die Entstehungsgeschichte des § 35 SGB V belegt die Bedeutung der arzneimittelrechtlichen Zulassung als Ausgangspunkt der Gruppenbildung. Die erste Fassung einer Festbetragsregelung nach dem Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen vom 20.12.1988 (BGBl I S 2477) sah in Abs 4 die Festsetzung eines Festbetrags für Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen (§ 35 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V) erst drei Jahre nach der ersten Zulassung eines wirkstoffgleichen Arzneimittels vor. Damit stellte die Regelung den Zusammenhang zwischen SGB V und AMG für den Wirkstoffbegriff ausdrücklich her. Dass diese Regelung durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) beseitigt worden ist, beruht auf der Verlängerung des Patentschutzes für Arzneimittel um bis zu fünf Jahre durch die Verordnung des Rates der Europäischen Gemeinschaften über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikates für Arzneimittel (vgl BT-Drucks 12/3608 S 81). Eine Loslösung des Wirkstoffbegriffs im SGB V von demjenigen des AMG war nicht beabsichtigt.

35

(4.) Schließlich entspricht die grundsätzliche Anknüpfung der Festbetragsgruppenbildung an die arzneimittelrechtliche Zulassung dem Regelungszweck des § 35 SGB V. Die Festbetragsregelung des § 35 SGB V zielt - wie dargelegt - unter Ausgestaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots darauf ab, den Bereich zu Lasten der GKV verordnungsfähiger Arzneimittel de iure zu erweitern, die Leistungspflicht der Krankenkassen hierbei auf den einschlägigen festgesetzten Festbetrag zu begrenzen und hierdurch zugleich den Wettbewerb unter den Arzneimittelanbietern zu verstärken und das Interesse der Anbieter zu wecken, Preise unterhalb des Festbetrags festzusetzen. All dies kann nur im Rahmen des allgemeinen Systems der in den GKV-Leistungskatalog einbezogenen Arzneimittel gelingen.

36

cc) Hinsichtlich der Arzneimittelgruppe der Statine ist für den hier betroffenen Zeitraum ab 1.1.2005 an die Inhalte der arzneimittelrechtlichen Zulassung anzuknüpfen. Dass für einzelne Statine der Festbetragsgruppe eine Studienlage besteht, die weitergehende Einschränkungen der generellen Verordnungsfähigkeit zugelassener Arzneimittel mit diesem Wirkstoff im Rahmen der GKV rechtfertigt, hat das LSG nicht festgestellt. Der Beigeladene zu 1. hat dies ebenfalls nicht angenommen und deshalb keine der ihm rechtlich für einen solchen Fall eröffneten Maßnahmen ergriffen. Weder er noch die AkdÄ und später das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) gehen nach eingehender Recherche hiervon aus. Bei einem solchen Sachstand verbleibt es beim durch das Arzneimittelzulassungsrecht vorgegebenen Prüfmaßstab für die Festbetragsgruppenbildung, ohne dass weitere Ermittlungen des erkennenden Senats zu diesen generellen Tatsachen geboten wären.

37

dd) Auf der Grundlage des Inhalts der arzneimittelrechtlichen Zulassung stellen die fünf fraglichen Statine pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe, insbesondere chemisch verwandte Stoffe iS von § 35 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 Nr 2 SGB V dar. Zutreffend ist der Beigeladene zu 1. davon ausgegangen, dass die Überprüfung der pharmakologisch-therapeutischen Vergleichbarkeit zwei verschiedene Aspekte, namentlich einen pharmakologischen wie einen therapeutischen umfasst (vgl Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1.7.2010, Band 2, § 35 SGB V RdNr 38). Für das Verständnis des Begriffs der Vergleichbarkeit ist mit den Vorinstanzen davon auszugehen, dass Vergleichbarkeit nicht Austauschbarkeit oder Identität bedeutet. Anders als nach Nr 1 geht es bei der Gruppenbildung nach Nr 2 vielmehr darum, einen übergreifenden gemeinsamen Bezugspunkt mehrerer Wirkstoffe herzustellen (ebenso Sodan, PharmR 2007, 485, 487). Dementsprechend steht mit der Überprüfung der pharmakologisch-therapeutischen, insbesondere chemischen Vergleichbarkeit eine Beurteilung von Art und Aufbau der einzelnen Wirkstoffe, ihrer Wirkmechanismen und ihrer Anwendungsgebiete an.

38

Der Beigeladene zu 1. hat die dargelegten Vergleichsmaßstäbe entsprechend seinen Ausführungen zu chemischer Zusammensetzung, Wirkprofil und therapeutischem Einsatzgebiet der fünf Statine rechtsfehlerfrei angewendet. Nicht zu beanstanden ist, dass er hierbei als Einstieg die in der Fachinformation enthaltene Anatomisch-Therapeutisch-Chemische (ATC) Klassifikation der WHO nach Maßgabe des § 73 Abs 8 Satz 5 SGB V gewählt hat, wie es inzwischen seiner Verfahrensordnung (VerfO) entspricht(vgl § 16 Abs 2 VerfO). Die ATC-Klassifikation teilt die Wirkstoffe nach dem Organ oder Organsystem, auf das sie einwirken, und nach ihren chemischen, pharmakologischen und therapeutischen Eigenschaften in verschiedene Gruppen ein (abrufbar unter www.dimdi.de). Sie geht von einem identischen Code für die Wirkstoffgruppe der fünf Statine Simvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Fluvastatin und Atorvastatin aus.

39

Zu Recht bejaht der Beigeladene zu 1. die chemische Verwandtschaft der betroffenen Wirkstoffe. Er beurteilt sie im Einklang mit dem Wortlaut des § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V maßgeblich vom Endprodukt und nicht von der Herstellungsform her: Die fünf Statine haben nicht nur eine gemeinsame b-, d- Dihydroxy-n-Carbonsäure-Struktur, sondern darüber hinaus auch eine gemeinsame molekulare räumliche Struktur, die erst die spezifische Interaktion Wirkstoff - Enzym ermöglicht.

40

Der Beigeladene zu 1. stellt rechtmäßig auch für die pharmakologische Vergleichbarkeit maßgeblich auf den Wirkmechanismus der erfassten Arzneimittel ab. Er geht nämlich von einem vergleichbaren Wirkprofil aller HMG-CoA-Reduktase (=CSE)-Hemmer aus, weil durch alle Hemmer der HMG-CoA-Reduktase Vorstufen von Cholesterin verringert synthetisiert werden. Die daraus resultierende Verarmung an interzellulärem Cholesterin führt zu einer Zunahme von LDL-Rezeptoren an der Zelloberfläche, die Aufnahme von LDL-Cholesterin in die Zelle wird hierdurch erhöht.

41

Auch die therapeutische Vergleichbarkeit hat der Beigeladene zu 1. anhand der Anwendungsgebiete der Statine, wie sie sich aus der arzneimittelrechtlichen Zulassung ergeben, frei von Rechtsfehlern beurteilt. Für alle fünf Wirkstoffe bestand im hier maßgeblichen Zeitraum eine Zulassung für das Anwendungsgebiet der Hypercholesterinämie; schon daraus lässt sich die therapeutische Vergleichbarkeit ableiten. Atorvastatin besitzt zudem seit Mai 2006 eine Zulassung auch für das Anwendungsgebiet der Vorbeugung kardiovaskulärer Erkrankungen; über eine Zulassung für dieses Anwendungsgebiet verfügen aber auch die Konkurrenzwirkstoffe Fluvastatin, Pravastatin und Simvastatin, so dass auch insoweit für Atorvastatin keine Sonderstellung beansprucht werden kann.

42

ee) Der Beigeladene zu 1. musste keine für die Therapie bedeutsamen unterschiedlichen Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicher Arzneimittel berücksichtigen (§ 35 Abs 1 Satz 2 SGB V). Denn mit den Statinen ist eine Festbetragsgruppe nach § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V betroffen, der lediglich pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe angehören.

43

ff) Dass alle fünf Statine einschließlich Atorvastatin in eine Festbetragsgruppe einbezogen wurden, schränkt iS von § 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 1 SGB V keine Therapiemöglichkeiten ein und schneidet keine medizinisch notwendigen Verordnungsalternativen ab. Der Wirkstoff Atorvastatin war im hier zu prüfenden Zeitraum ab 1.1.2005 für kein Behandlungsgebiet zugelassen, für das nicht wenigstens ein anderes Statin zugelassen war. Gleichzeitig erlaubt die arzneimittelrechtliche Zulassung von Atorvastatin keinen Rückschluss darauf, dass ausschließlich mit diesem Wirkstoff besondere Patientenkollektive zu erschließen seien. Ebenso wenig kommt es unter dem Aspekt der Nebenwirkungen zu einer Einengung der Therapiemöglichkeiten, denn der Fachinformation für Atorvastatin ist im Vergleich zu denjenigen der anderen vier Statine kein Vorteil im Hinblick auf das Nebenwirkungsspektrum zu entnehmen; dies wird im Übrigen auch von den Klägerinnen nicht behauptet.

44

d) Der Einbeziehung von Sortis steht nicht die Ausnahme von der Gruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen entgegen, deren Wirkungsweise neuartig ist und die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten (§ 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V idF des GMG). Die Wirkungsweise von dem noch bis 2011 patentgeschützten Wirkstoff Atorvastatin ist im Rechtssinne nicht neuartig. Als neuartig gilt ein Wirkstoff nämlich nur, solange derjenige Wirkstoff, der als erster dieser Gruppe in Verkehr gebracht worden ist, unter Patentschutz steht (§ 35 Abs 1 Satz 4 SGB V). Nach den unangegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG)Feststellungen des LSG wurde der Wirkstoff Lovastatin als erster der Gruppe der Statine in Verkehr gebracht und war schon vor 2003 patentfrei.

45

Ob eine therapeutische Verbesserung vorlag, ist mangels neuartiger Wirkungsweise von Atorvastatin nicht entscheidend. Zu Recht hat das LSG erkannt, dass § 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V in der hier maßgeblichen, bis zum 30.4.2006 geltenden Fassung des GMG die Erfüllung der beiden Merkmale der "Neuartigkeit" der Wirkungsweise und der "therapeutischen Verbesserung" kumulativ fordert, um die Aufnahme eines Arzneimittels in eine Festbetragsgruppe nach § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 und 3 SGB V auszuschließen. Das entspricht dem klaren Wortlaut in Bezug auf die Konjunktion "und" sowie der Entstehungsgeschichte. Nach der Gesetzesbegründung greift die Ausnahme von der Festbetragsregelung nur für Arzneimittel mit solchen patentgeschützten Wirkstoffen, deren Wirkungsweise neuartig ist und die deshalb mit anderen Wirkstoffen nicht vergleichbar sind. Eine therapeutische Verbesserung - so die Begründung - kann auch in der Minderung von Nebenwirkungen liegen (vgl BT-Drucks 11/3480 S 53). Aus dem Regelungssystem und -zweck folgt nichts anderes. Der Gesetzgeber hat erst mit dem AVWG vom 26.4.2006 (BGBl I 984) mit Wirkung vom 1.5.2006 das Erfordernis des kumulativen Vorliegens beider Tatbestandsvoraussetzungen aufgegeben, indem er das "und" durch ein "oder" ersetzt hat. Dies entspricht der im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Intention, Anreize zur Forschung nach echten Arzneimittelinnovationen zu setzen (vgl BT-Drucks 16/194, S 6, 7; 16/691, S 14). Dass der Gesetzgeber selbst diese Änderung nur als Klarstellung bezeichnet hat (BT-Drucks 16/194, S 7), ist unerheblich. Denn auch die Grenzen der authentischen Interpretation sind durch den Wortlaut vorgegeben (vgl BSG SozR 4-2500 § 62 Nr 8; BSG SozR 4-4300 § 147a Nr 9).

46

Die Regelung des § 35 Abs 1a SGB V ist hier von vornherein nicht anwendbar. Sie ermöglicht die Bildung von Festbetragsgruppen für Arzneimittel, die allesamt noch unter Patentschutz stehen. Für den Fall, dass dies nicht mehr auf alle Arzneimittel einer Festbetragsgruppe zutrifft, ist § 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V die maßgebliche Regelung für die Möglichkeit der Einbeziehung patentgeschützter Arzneimittel(vgl BT-Drucks 16/691, S 15; Kraftberger/Adelt in: Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 35 RdNr 25; aA im Ergebnis für Arzneimittel der Festbetragsgruppe 2, Reese/Gaßner, PharmR 2004, 428).

47

e) Auch die Entscheidung über die Bildung der Vergleichsgrößen ist rechtmäßig. Gemäß § 35 Abs 1 Satz 5 SGB V ermittelt der Beigeladene zu 1. die nach § 35 Abs 3 SGB V "notwendigen rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen". Die von ihm festgeschriebenen Werte sind in diesem Sinne geeignete Vergleichsgrößen.

48

Die gerichtliche Kontrolle der Ermittlung von Vergleichsgrößen ist beschränkt. Dem Beigeladenen zu 1. steht nämlich bei der Entscheidung über die Vergleichsgrößenbildung ein Gestaltungsspielraum zu. Er kann selbst darüber entscheiden, anhand welcher Kriterien er die Vergleichsgrößen bestimmt. Das Gesetz gibt keine Wahl dahin vor, ob der Tagesdosis, der Einzeldosis oder aber einer gänzlich anderen geeigneten Vergleichsgröße der Vorrang gebührt (Hauck in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, aaO, § 35 SGB V RdNr 45). Die Gerichte haben lediglich zu kontrollieren, ob der GBA hierbei auf der Grundlage eines vollständig ermittelten Sachverhalts den Zweck der Vergleichsgrößenbildung nachvollziehbar beachtet hat, die Arzneimittel mit verschiedenen Wirkstoffen innerhalb einer Gruppe vergleichbar zu machen (zum Grundsatz oben, II. 2. c aa; s auch Kraftberger/Adelt in: Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 35 RdNr 20a). Diesen Anforderungen genügt der Beschluss vom 20.7.2004. Der Beigeladene zu 1. hat sämtliche Daten anhand der zum Zeitpunkt des Gruppenbeschlusses zuletzt verfügbaren Jahresdaten des GKV-Arzneimittelindexes ermittelt und diese rechnerisch korrekt für alle fünf Statine umgesetzt. Das ziehen die Beteiligten nicht in Zweifel.

49

Der Beigeladene zu 1. hat den Gesetzeszweck der Vergleichsgrößen beachtet, sicherzustellen, dass die aufzuwendenden Arzneimittelkosten unabhängig vom jeweiligen Wirkstoff für die von jedem Versicherten individuell benötigte Arzneimitteldosis annähernd gleich sind (vgl dazu Kraftberger/Adelt in: Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 35 RdNr 20a). Er hat jedem Wirkstoff einen bestimmten Zahlenwert zugewiesen, der ihn innerhalb der Gruppe vergleichbar macht. Seine hierbei gewählte Methode der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstärke ist geeignet, eine sachgerechte mengenbezogene Vergleichbarkeit zwischen den verschiedenen Wirkstoffen herzustellen. Sie errechnet für jeden der fünf Wirkstoffe einen Einzelwert als Vergleichsgröße, der sich am Verordnungsverhalten der Ärzte orientiert, also daran, welcher Wirkstoff wie häufig in welcher Wirkstärke verordnet wurde.

50

Die dagegen vorgetragenen Einwendungen der Klägerinnen greifen nicht durch. Die vom Beigeladenen zu 1. angewendete Methode geht systemgerecht davon aus, dass nur therapeutisch sinnvolle Wirkstärken gemäß § 25 Abs 1 Satz 1 AMG zugelassen werden, und die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte diese Wirkstärken zutreffend verordnen(vgl Hess in: Kasseler Komm, Stand 1.10.2010, § 35 SGB V RdNr 9). Die von den Klägerinnen bevorzugte Methode, die Vergleichsgröße anhand einer tatsächlichen Wirkstärke zu bestimmen, leidet dagegen daran, dass sich ihre Prämisse, bei jedem Patienten wirke etwa Atorvastatin "doppelt so gut" wie Pravastatin oder "viermal so gut" wie Simvastatin, schwerlich objektivieren lässt. Bei Anwendung eines Wirkstoffs bringt die doppelte Wirkmenge nicht automatisch auch den doppelten Behandlungserfolg mit sich. Ua vor diesem Hintergrund ist eine arzneimittelrechtliche Zulassung stets wirkstärkenbezogen (vgl § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AMG). Dem trägt die hier gewählte Methode sachgerecht Rechnung, sich nicht an einer fiktiven "tatsächlichen Wirkstärke", sondern an der tatsächlichen Situation der Verordnungen in der Praxis im Hinblick auf die Wirkstärke zu orientieren (ähnlich für den Vergleich der Wirksamkeit mehrerer Wirkstoffe BSGE 93, 296 RdNr 14 = SozR 4-2500 § 35 Nr 2 RdNr 16).

51

f) Die (hier noch zuständigen) Beigeladenen zu 3. bis 8. haben die Festbeträge durch Beschluss vom 29.10.2004 rechtmäßig festgesetzt. Sie haben die notwendige Form gewahrt, da die Festsetzung im Bundesanzeiger öffentlich bekannt gemacht wurde (§ 35 Abs 7 Satz 1 SGB V), und die Festbeträge auch materiell rechtmäßig festgesetzt. Sie haben die in § 35 Abs 5 SGB V formulierten Vorgaben befolgt, Festbeträge so festzusetzen, dass sie im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten(Satz 1), Wirtschaftlichkeitsreserven ausschöpfen, einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen, sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten ausrichten und soweit wie möglich eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherstellen (Satz 2).

52

Die gerichtliche Kontrolle der festgesetzten Festbetragshöhe erfolgt grundsätzlich in vollem Umfang. Sie beschränkt sich jedoch dort auf die zutreffende Konkretisierung der bestehenden Zielvorgaben nebst wissenschaftlich haltbarer Schätzungen, wo in Unkenntnis der Reaktion jedes einzelnen Arzneimittelanbieters prognostische Elemente und Schätzungen mit in die Festbetragsfestsetzung einfließen müssen. Es besteht allerdings kein Beurteilungsspielraum der Beigeladenen zu 3. bis 8. mit Blick darauf, dass im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche, in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleistet ist (vgl Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand 1.7.2010, Band 2, § 35 SGB V RdNr 46; aA - einen Beurteilungsspielraum bejahend - Hess in: Kasseler Komm, Stand 1.10.2010, § 35 SGB V RdNr 31; Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr 93). Anderes wäre auch verfassungsrechtlich bedenklich. Das BVerfG hat die Regelungen über die Festsetzung von Festbeträgen in § 35 Abs 5 SGB V gerade mit Blick darauf nicht beanstandet, dass sie klar überprüfbare Festsetzungsmaßstäbe enthalten. Eine wesentliche Änderung des Inhalts des Wirtschaftlichkeitsgebots oder wirtschaftslenkende Handlungsspielräume sind dem Beklagten und waren den beigeladenen Krankenkassenverbänden nicht eröffnet (vgl näher BVerfGE 106, 275, 302 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 S 20).

53

Die konkrete Festbetragsfestsetzung von 62,55 Euro für eine Standardpackung zu 100 Stück (Wirkstärkenvergleichsgröße 0,97) setzt die Zielvorgaben des § 35 Abs 5 SGB V idF des GMG zutreffend um. Rechenfehler sind durch die Klägerinnen nicht geltend gemacht und auch sonst nicht ersichtlich. Der Beklagte nähert sich iterativ unter Anwendung einer Maßzahl der optimalen Festbetragshöhe an (sogenannte Maßzahl M). Sie ist als Summe des prozentualen Anteils zuzahlungspflichtiger Verordnungen und des prozentualen Anteils zuzahlungspflichtiger Packungen definiert. Der Gesetzgeber selbst hat das Grundprinzip dieser mathematischen Methodik mithilfe der Maßzahl M mittlerweile ausdrücklich anerkannt, indem er diesem Berechnungsverfahren nunmehr in § 35 Abs 5 Satz 5 SGB V idF des AVWG Gesetzesrang verschafft hat(vgl BT-Drucks 16/194 S 8 f). Als Grenzwert für die Maßzahl M haben die Beigeladenen zu 3. bis 8. für die Festbetragsgruppen nach § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V den Wert 100 festgelegt. Dies bedeutet, dass im Idealfall mindestens die Hälfte der Verordnungen und die Hälfte der Packungen für die Versicherten ohne festbetragsbedingte Zuzahlung zur Verfügung stehen. In der Festbetragsgruppe der Statine lag die Maßzahl M im hier maßgeblichen Zeitraum bei 98,8. Es standen hierdurch rund 75 Prozent der Packungen und 26,3 Prozent der Verordnungen den Versicherten zum Festbetrag zur Verfügung. Dabei waren drei der fünf Wirkstoffe der Gruppe der Statine zum Festbetrag ohne Mehrzahlung erhältlich (Fluvastatin, Lovastatin und Simvastatin).

54

Mit diesem Ergebnis wird in der Festbetragsgruppe der Statine der gesetzgeberische Zweck erfüllt, unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots eine in der Qualität gesicherte Versorgung sowie eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl zu gewährleisten. Danach greift das Vorbringen der Klägerinnen nicht durch, die festgesetzte Festbetragshöhe stelle keine hinreichende Arzneimittelauswahl sicher. Die Sicherstellung einer für die Therapie hinreichenden Arzneimittelauswahl hat nur "soweit wie möglich" zu erfolgen, kann also auch dazu führen, dass lediglich ein einziges therapiegerechtes Arzneimittel zum Festbetrag zur Verfügung steht. Darüber ging das Angebot zum Festbetrag erhältlicher therapiegerechter Statine deutlich hinaus.

55

3. Die Revision ist schließlich unbegründet, soweit die klagenden pharmazeutischen Unternehmen die Aufhebung des Festbetragsbeschlusses vom 10.2.2006 für die Zeit vom 1.4. bis zum Ablauf des 30.6.2006 begehren (zu den Folgezeiträumen vgl Senatsurteile vom selben Tage - B 1 KR 10/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen und - B 1 KR 13/10 R). Auch diese Allgemeinverfügung, die die Festsetzung vom 29.10.2004 mit Wirkung vom 1.4.2006 ersetzte, beschwert die Klägerinnen nach dem dargelegten reduzierten Prüfmaßstab der grundrechtsrelevanten Wettbewerbsverfälschung (vgl oben II.1.c und 2) sowohl für die Zeit bis zum 30.4.2006 (dazu a) als auch für die Zeit ab 1.5.2006 (dazu b) nicht rechtswidrig. Sie ist, soweit sie Rechte der Klägerinnen betrifft, rechtmäßig und nicht etwa offensichtlich sachwidrig. Die infolge der Gesetzesänderung durch das AVWG zum 1.5.2006 erheblich gewordene Frage, ob Atorvastatin eine therapeutische Verbesserung gegenüber den anderen vier Statinen bedeutet, hat der Beigeladene zu 1. rechtmäßig verneint.

56

a) Die Rechtmäßigkeit des Festbetragsbeschlusses vom 10.2.2006 ist zunächst für den Geltungszeitraum vom 1.4. bis zum 30.4.2006 an § 35 SGB V idF des GMG zu messen. Hinsichtlich der gebildeten Gruppe und der ermittelten Vergleichsgröße ergeben sich keine Abweichungen gegenüber der Vorgängerverfügung. Auch der Höhe nach ist die Festsetzung der Festbeträge durch den Beschluss vom 10.2.2006 rechtlich nicht zu beanstanden, soweit dies für die Klägerinnen von rechtlichem Interesse ist. Rechtsgrundlage der Festbetragsanpassung ist § 35 Abs 5 Satz 3 SGB V, wonach die Festbeträge einmal im Jahr zu überprüfen sind und eine Anpassung an die geänderte Marktlage vorzunehmen ist. Neben § 35 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB V ist die durch das AVWG(rückwirkend zum 17.2.2006) eingeführte Regelung in § 35 Abs 5 Satz 4 und 5 SGB V zu berücksichtigen. Hiernach soll erstmals zum 1.4.2006 der Festbetrag auch einer Festbetragsgruppe nach § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V den höchsten Abgabepreis des unteren Drittels des Intervalls zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Preis einer Standardpackung nicht übersteigen. Dabei müssen mindestens ein Fünftel aller Verordnungen und mindestens ein Fünftel aller Packungen zum Festbetrag verfügbar sein; zugleich darf die Summe der jeweiligen Vomhundertsätze der Verordnungen und Packungen, die nicht zum Festbetrag erhältlich sind, den Wert von 160 nicht überschreiten.

57

Der festgesetzte Festbetrag von 59,42 Euro genügt diesen gesetzlichen Anforderungen, soweit die Klägerinnen betroffen sein können. Die Beigeladenen zu 3. bis 8. ermittelten den Festbetrag wiederum unter Anwendung des iterativen Verfahrens. Die Maßzahl M lag am Berechnungsstichtag bei 60,8. Damit standen rund 87,5 Prozent der 766 Packungen und 51,7 Prozent der Verordnungen den Versicherten zum angepassten Festbetrag zur Verfügung. Nach wie vor waren zudem drei der fünf Wirkstoffe der Festbetragsgruppe zum Festbetrag erhältlich. Es bedarf nicht der - vom LSG nicht getroffenen - Feststellung, dass der Festbetrag sich noch innerhalb des unteren Drittels aller Abgabepreise für Statine befand. Selbst ein Überschreiten dieser Soll-Grenze könnte Rechte der Klägerinnen nicht verletzen. Rechenfehler sind im Übrigen weder gerügt noch ersichtlich.

58

b) Der Festbetragsbeschluss vom 10.2.2006 beschwert die Klägerinnen auch im verbleibenden zu prüfenden Zeitraum vom 1.5. bis 30.6.2006 nicht rechtswidrig. Der Beschluss zur Festbetragsgruppenbildung vom 20.7.2004 blieb weiterhin rechtmäßig (dazu aa bis gg). Auch die gebildete Vergleichsgröße und die festgesetzte Festbetragshöhe beschwerten die Klägerinnen nicht (dazu hh).

59

Die zunächst 2004 rechtmäßige Gruppenbildung wurde durch das AVWG nicht unwirksam (dazu aa). Der Einbeziehung von Sortis stand nicht die Ausnahme von der Gruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen entgegen, deren Wirkungsweise neuartig ist oder die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten (§ 35 Abs 1 Satz 3 Halbs 2 SGB V idF des AVWG). Der Senat vermag nicht festzustellen, dass der Beigeladene zu 1. die ab dem 1.5.2006 hier zusätzlich zur (fehlenden) Neuartigkeit zu prüfende therapeutische Verbesserung durch Sortis zu Unrecht verneint hat. Der Beigeladene zu 1. hat die Anforderungen an eine therapeutische Verbesserung (dazu bb) und deren Nachweis (dazu cc) gerichtlich voll überprüfbar (dazu dd) gesetzeskonform zugrunde gelegt. Ihm sind bei seiner Bewertung der Studienlage hinsichtlich einer therapeutischen Verbesserung keine Beurteilungsfehler unterlaufen (dazu ee). Die Gruppenbildung ist auch nicht wegen Verletzung der Beobachtungspflicht bezüglich einer therapeutischen Verbesserung rechtswidrig geworden (dazu ff). Es bedarf keiner weiteren gerichtlichen Ermittlungen (dazu gg).

60

aa) Die Gruppenbildung erfolgte 2004 insgesamt rechtmäßig, ohne dass ihre Wirksamkeit durch das AVWG entfiel. Unerheblich ist, dass der Beigeladene zu 1. in seinem Beschluss vom 20.7.2004 die Erfüllung beider Voraussetzungen eines Festbetragsausschlusses - Neuartigkeit und Bestehen einer therapeutischen Verbesserung - geprüft und verneint hat, obwohl § 35 SGB V idF des GMG eine Ausnahme von der Gruppenbildung schon bei Nichterfüllung einer der beiden Voraussetzungen ausschloss(vgl dazu oben II. 2.d). Die zusätzliche Prüfung wirkte sich im Ergebnis nicht aus, auch wenn erst aufgrund der Änderung des § 35 SGB V durch das AVWG ab 1.5.2006 die Kriterien der Neuartigkeit und therapeutischen Verbesserung kumulativ zu prüfen sind.

61

Die Gesetzesänderung durch das AVWG ließ die bisher beschlossene Richtlinie nicht unwirksam werden. Die Änderung oder der Wegfall der Ermächtigungsgrundlage einer untergesetzlichen Norm berührt nämlich nicht per se deren Rechtswirksamkeit (vgl entsprechend zu Rechtsverordnungen zB BVerwG Buchholz 451.20 § 139i GewO Nr 1 = GewArch 1997, 245; vgl auch BVerfGE 14, 245, 249; BVerfGE 78, 179, 198). Ab Inkrafttreten des AVWG war die Rechtmäßigkeit des fortwirkenden Beschlusses des Beigeladenen zu 1. indes an der neuen Gesetzesfassung zu messen, da § 35 SGB V idF des AVWG wegen seines unmittelbaren Geltungsanspruchs ohne Übergangsregelung ein solcher Normanwendungsbefehl zu entnehmen ist. Der Gruppenbildungsbeschluss genügt aber auch diesen gesetzlichen Anforderungen.

62

bb) Schon im Jahre 2004 waren für die Anforderungen an eine therapeutische Verbesserung die sachlichen Kriterien zugrunde zu legen, die der Gesetzgeber durch Art 1 Nr 2 Buchst c AVWG ausdrücklich erst 2006 in § 35 Abs 1b SGB V normiert hat. Bereits auf der Grundlage des GMG stand ein solches Vorgehen mit der Gesetzeslage in Einklang. Demgemäß geht die Begründung des Gesetzentwurfs eines AVWG davon aus, dass sich eine Änderung des geltenden Verfahrens für die Bildung von Festbetragsgruppen durch Einführung des § 35 Abs 1b SGB V zum 1.5.2006 nicht ergebe, da der GBA bereits jetzt entsprechend verfahre (vgl BT-Drucks 16/194 S 7). Auch in der Folgezeit hat sich das danach maßgebliche gesetzliche Prüfprogramm für das Bestehen einer therapeutischen Verbesserung nicht geändert.

63

Danach besteht eine therapeutische Verbesserung, wenn ein patentgeschützter Wirkstoff für die betroffenen Patienten einen therapierelevanten höheren Nutzen als andere Arzneimittel dieser Wirkstoffgruppe hat und deshalb als zweckmäßige Therapie regelmäßig oder auch für relevante Patientengruppen oder Indikationsbereiche den anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe vorzuziehen ist (§ 35 Abs 1b Satz 1 SGB V). Der geforderte "höhere Nutzen" entspricht dem "Zusatznutzen" gegenüber anderen Wirkstoffen, wie er vom Gesetzgeber auch in § 35b Abs 1 Satz 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 20 Buchst b GKV-WSG mit Wirkung ab 1.4.2007; vgl ab 1.1.2011 § 35b Abs 1 Satz 3 idF durch Art 1 Nr 6 Buchst b DBuchst bb AMNOG)zur zentralen Vorgabe einer Nutzenbewertung durch das IQWiG gemacht worden ist. Gleiches gilt für den "medizinischen Zusatznutzen" bei dem durch das AMNOG eingeführten Verfahren der frühen Nutzenbewertung (§ 35a Abs 1 Satz 4 SGB V, vgl BT-Drucks 17/2413, S 21).

64

Inhaltlich gibt der Gesetzgeber als Maßstab einer therapeutischen Verbesserung eine Verbesserung hinsichtlich der Lebensqualität, zB durch Verringerung von Nebenwirkungen bezüglich Häufigkeit und Schweregrad, sowie Morbidität und Mortalität vor (§ 35 Abs 1 Satz 3 und 5 SGB V, sog patientenrelevante Endpunkte). Nur im Zusammenhang mit einer an der positiven Beeinflussung patientenrelevanter Endpunkte ausgerichteten Therapie kann sich ein höherer Nutzen auch daraus ergeben, dass das Arzneimittel eine überlegene Wirksamkeit gegenüber anderen Arzneimitteln der Wirkstoffgruppe zeigt oder über besondere therapierelevante Leistungsmerkmale verfügt, zB Wechsel des Applikationsortes oder -weges, oder eine andere für die Therapie relevante Galenik aufweist (vgl BT-Drucks 16/194 S 8). Anders als bei der Gruppenbildung anhand von Wirkstoffen nach § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V kommen im Rahmen dieses Tatbestandsmerkmals daher auch die ganz spezifischen Besonderheiten eines Wirkstoffs in Betracht, soweit diese therapeutisch relevant sind.

65

cc) Methodisch erfolgt der Nachweis einer therapeutischen Verbesserung aufgrund der Fachinformationen und durch Bewertung von klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, soweit diese Studien allgemein verfügbar sind oder gemacht werden und ihre Methodik internationalen Standards entspricht. Vorrangig sind klinische Studien, insbesondere direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen (§ 35b Abs 1b Satz 4 und 5 SGB V). Maßgeblich ist hierbei der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V, vgl BT-Drucks 16/194 S 8). Erforderlich ist dabei der Nachweis der erfolgreichen therapeutischen Verbesserung in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen auf der Grundlage wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken über die Zahl der behandelten Fälle und die Therapierelevanz (stRspr; BSGE 93, 1 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1, RdNr 7 mwN - Immucothel; BSGE 95, 132 RdNr 18 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 25 mwN - Wobe-Mugos E). Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Wirkstoffen. Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr 64). Sie müssen in jedem Fall das Kriterium erfüllen, mit dem Primärziel des Erreichens patientenrelevanter Endpunkte durchgeführt worden zu sein. Studien, die als Primärziel bloße Surrogatparameter formuliert haben, kommen dagegen zum Nachweis einer therapeutischen Verbesserung nicht in Betracht (vgl Schickert, PharmR 2010, 452, 456).

66

dd) Der Beigeladene zu 1. ist nicht ermächtigt, von diesem gesetzlichen Prüfprogramm abzuweichen. Soweit der Regelungsgehalt reicht, verbleibt ihm kein eigener Gestaltungsspielraum. Wie bereits ausgeführt (vgl II.2.c aa), erfolgt insoweit eine volle gerichtliche Überprüfung. Den dargelegten gesetzlichen Anforderungen ist der Beigeladene zu 1. durch seinen Beschluss vom 20.7.2004 gerecht geworden. Er hat nach diesen Maßstäben geprüft, dass für Atorvastatin eine therapeutische Verbesserung im aufgezeigten Sinne nicht nachgewiesen ist. Die Standards, die der Beigeladene zu 1. ausweislich seiner Beschlussbegründung vom 15.9.2004 zur Prüfung des Vorliegens einer therapeutischen Verbesserung verlangt, korrespondieren inhaltlich (sogar zT fast wortgleich formuliert) mit dem gesetzlich festgeschriebenen Prüfmaßstab. Bei dem Nachweis einer therapeutischen Verbesserung hat der Beigeladene zu 1. rechtsfehlerfrei auf den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse im Sinne der Rechtsprechung des BSG abgestellt und als Unterlagen in erster Linie direkte Vergleichsstudien, für den Fall ihres Fehlens placebokontrollierte Studien in Form von randomisierten, doppelblinden und kontrollierten Studien mit dem Ziel der Beeinflussung klinisch bedeutsamer Endpunkte gefordert.

67

ee) Der Beigeladene zu 1. hat das ermächtigungskonforme Prüfprogramm über den Nachweis einer therapeutischen Verbesserung ausweislich der Beschlussbegründung auch rechtmäßig angewendet. Der Beschluss des Beigeladenen zu 1. vom 20.7.2004 beruht auf einer umfassenden Sichtung der aktuellen relevanten Studienlage zur Wirkstoffgruppe der Statine. Auf die Einbeziehung irgendwelcher Meinungsäußerungen von Fachleuten kommt es jenseits der bereits geprüften Anhörungsrechte (vgl § 35 Abs 2 SGB V)insoweit entgegen der Ansicht der Klägerinnen nicht an.

68

Der Beigeladene zu 1. ist insgesamt nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass für Atorvastatin gegenüber den anderen Statinen keine Alleinstellungsmerkmale bewiesen sind, die eine therapeutische Verbesserung bedeuten. Er hat anhand des gesetzlich gebotenen Maßstabs die Aussage- und Beweiskraft der einzelnen Studien nachvollziehbar bewertet, nachdem er ihr Design, ihre Ziele und ihre Vergleichbarkeit überprüft und qualifiziert hat. Seine Folgerungen sind schlüssig und lassen keine Widersprüche erkennen. Zu allen von den Klägerinnen als Alleinstellungsmerkmal hervorgehobenen Aspekten, namentlich den besonderen pleiotropen (außerhalb der Hauptwirkung heilend wirkenden) Eigenschaften (dazu <1.>), der größten Wirkstärke (dazu <2.>), dem schnelleren Wirkeintritt (dazu <3.>) und einem überlegenen Sicherheitsprofil von Atorvastatin gegenüber den anderen Statinen (dazu <4.>), begründet der Beschluss nachvollziehbar, dass eine therapeutische Verbesserung nach den gesetzlichen Kriterien nicht festzustellen ist.

69

(1.) So fehlen hinsichtlich der besonderen pleiotropen Eigenschaften von Atorvastatin danach genauere Kenntnisse darüber, in welchem Ausmaß pleiotrope Effekte zur Risikoverbesserung beitragen und ob Unterschiede zwischen den einzelnen Wirkstoffen bestehen. Studien zum Nachweis von Art und Umfang angeblich pleiotroper Effekte liegen nicht vor.

70

(2.) Gegen die von den Klägerinnen ins Feld geführte höhere Wirkstärke Atorvastatins wendet der Beigeladene 1. schlüssig ein, dass sich daraus nicht per se eine klinische Überlegenheit ableiten lässt. Es mangelt nämlich hierzu an den erforderlichen qualitativ hochwertigen Vergleichsstudien mit klinisch relevanten Endpunkten, die hinreichende Schlüsse auf nennenswerte Patientenkollektive erlauben: Die vorliegenden indirekten Vergleichsstudien eignen sich nach der nachvollziehbaren Beurteilung des Beigeladenen zu 1. nicht zum Nachweis relevanter Unterschiede zwischen den einzelnen Wirkstoffen. Die Ausgangsrisiken der untersuchten Populationen weichen so erheblich voneinander ab, dass sie kaum miteinander vergleichbar sind. Ebenso variiert - wohl vor dem Hintergrund des unterschiedlichen Zuschnitts der Vergleichsgruppen - das Ausmaß der LDL-Senkung in den einzelnen Studien in einem Ausmaß, das Vergleichsschlüsse problematisch macht.

71

(3.) Auch hinsichtlich der Frage, ob ein schnellerer Wirkeintritt von Atorvastatin gegenüber anderen Statinen mit Blick auf patientenrelevante Endpunkte nachweisbare Vorteile bietet, gibt es bisher keine direkten Vergleichsstudien. Die vorliegenden indirekten Vergleichsstudien können therapierelevante Vorteile nach der nachvollziehbaren Beurteilung des Beigeladenen zu 1. nicht hinreichend belegen, da sie sich wesentlich in der jeweiligen Größe des Ausgangsrisikos der untersuchten Populationen und Stärke der Interventionen unterscheiden. Diese Parameter sind indes die stärksten Determinanten für die Geschwindigkeit des Eintretens einer statistisch signifikanten Wirkung einer Statintherapie.

72

(4.) Das geltend gemachte besondere Sicherheitsprofil von Atorvastatin ist entsprechend der Beschlussbegründung schließlich ebenfalls nicht evidenzbasiert nachgewiesen. Direkte Vergleichsstudien zwischen den Statinen zu unerwünschten Nebenwirkungen liegen nicht vor. Eine signifikante Unterscheidung der nach der Häufigkeit schwerer unerwünschter Ereignisse wird bei den placebokontrollierten Studien als "overall health impact" in den seltensten Fällen angegeben. Diese Argumentation deckt sich wiederum nachvollziehbar mit der bestehenden Studienlage.

73

ff) Der Beigeladene zu 1. hat für die Zeit bis zum 30.6.2006 auch die ihm als Normgeber obliegende Beobachtungspflicht nicht verletzt. Von einer Verletzung der Beobachtungspflicht wäre nur auszugehen, wenn der Beigeladene zu 1. eine neue Studienlage übergangen hätte, die nach den aufgezeigten gesetzlichen Maßstäben Anlass zur erneuten Überprüfung eines einmal gefassten Gruppenbildungsbeschlusses gegeben hätte. Daran fehlt es.

74

Der Beigeladene zu 1. muss auch nach Erlass einer Richtlinie über die Bildung einer Festbetragsgruppe prüfen, ob neuere wissenschaftliche Erkenntnisse eine Änderung seiner Entscheidung gebieten. Dies folgt auch ohne besondere, ausdrückliche Regelung in § 35 SGB V aus der generellen, dem GBA als Normgeber obliegenden Beobachtungspflicht. Wesentlicher innerer Grund des gesetzlichen Regelungskonzepts des GBA als Normgeber ist es gerade, ihn die sich ständig ändernde Entwicklung des allgemein anerkannten Standes der Medizin und der Pharmakologie beobachten zu lassen, damit er wesentliche Änderungen umgehend in den Richtlinien berücksichtigt (vgl dazu Hauck, NZS 2010, 600, 611 mwN). Im Falle der hier in Frage stehenden Richtlinien ist der GBA zur Beobachtung dessen verpflichtet, ob die bisher festgelegte Zusammenfassung mehrerer Arzneimittel in einer Festbetragsgruppe dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht mehr entspricht (vgl ähnlich BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2).

75

Eine solche Beobachtungspflicht setzt der Beigeladene zu 1. auch selbst in Kapitel 3, Abschnitt D der Beschlussbegründung (nunmehr in § 7 Abs 4 seiner VerfO) voraus. Danach muss er Hinweisen dazu nachgehen, dass getroffene Entscheidungen nicht mehr mit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse übereinstimmen. Hinweise darauf, dass für den Wirkstoff Atorvastatin zwischenzeitlich Studien erstellt worden sind, die unter Berücksichtigung der aufgezeigten gesetzlichen Wertungen für eine abweichende Bewertung der therapeutischen Verbesserung sprechen, liegen indes nicht vor. Das belegen für die hier relevante Zeit bis zum 30.6.2006 (zu Folgezeiträumen vgl Senatsurteile vom selben Tage - B 1 KR 10/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen und - B 1 KR 13/10 R) die Untersuchungen des IQWiG vom 15.8.2005 und des Beigeladenen zu 1. vom Februar 2010 unter Einbeziehung aller neueren Studien für die Folgejahre. Keiner der Beteiligten hat denn auch dargelegt, dass abweichend von der Beurteilung des IQWiG und der Recherche des Beigeladenen zu 1. neue endpunktrelevante Studien mit bisher nicht berücksichtigten Ergebnissen zu den Statinen veröffentlicht worden sind.

76

gg) Der erkennende Senat kann sich auf die vorliegenden Ermittlungsergebnisse stützen, ohne dass es weiterer Beweiserhebung bedarf. Zwar geht es beim Nachweis einer therapeutischen Verbesserung durch Arzneimittel um die Feststellung genereller Tatsachen, die auch der Ermittlung des Senats im Revisionsverfahren unterliegen. Weitere Beweiserhebung drängt sich aber nicht auf. Auch hier (vgl bereits oben II.2.b und c cc) ist von Bedeutung, dass sich der Beigeladene zu 1. nicht beliebiger Einzelgutachter bedient, sondern die vom Gesetzgeber hervorgehobene AkdÄ mit der Überprüfung der Voraussetzungen betraut hat. Hinzu kommt, dass er in der Folgezeit im Rahmen eines Generalauftrags das IQWiG mit einer Überprüfung beauftragt hat und schließlich unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung bei dem LSG nochmals selbst recherchiert hat. Nur die Darlegung, eine therapeutische Verbesserung sei anhand aussagekräftiger Studien in der gesetzlich gebotenen Qualität nachgewiesen, würde vorliegend zu weiteren Ermittlungen zwingen. Daran fehlt es indes.

77

Das IQWiG hat nämlich die Einschätzung des Beigeladenen zu 1. bestätigt, ohne Anhaltspunkte für neuere abweichende Studienergebnisse in hinreichend qualifizierten Studien zu finden. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Absicherung von Neutralität und Qualität der in Auftrag gegebenen Untersuchung des IQWiG streitet bei Beachtung aller gesetzlicher Vorgaben eine Rechtsvermutung für die Richtigkeit seiner Beurteilung, die in derartigen Fällen wie dem vorliegenden eine weitere Beweiserhebung erübrigt. Das folgt aus Ausstattung (dazu <1.>), Aufgabe (dazu <2.>) und Gesetzeszweck der Einrichtung des IQWiG (dazu <3.>). Mit Blick darauf kommt gesetzeskonformen Bewertungen des IQWiG eine Richtigkeitsgewähr zu.

78

(1.) Das IQWiG stellt ein Expertengremium dar, das in seiner persönlichen und fachlichen Integrität und Qualität durch Transparenz und Unabhängigkeit gesetzlich und institutionell besonders abgesichert ist (vgl Hauck, NZS 2010, 600, 609; Rixen, MedR 2008, 24, 26). Der Beigeladene zu 1. hat gesetzeskonform das IQWiG als fachlich unabhängiges, rechtsfähiges, wissenschaftliches Institut errichtet (§ 139a Abs 1 Satz 1 SGB V idF durch Art 1 Nr 112 GMG). Der Gesetzgeber hat bereits die zulässige Rechtsform des IQWiG eingegrenzt, um dessen Kompetenz und Unabhängigkeit sicherzustellen. Zur Sicherung der fachlichen Unabhängigkeit des IQWiG haben die Beschäftigten vor ihrer Einstellung alle Beziehungen zu Interessenverbänden, Auftragsinstituten, insbesondere der pharmazeutischen Industrie und der Medizinprodukteindustrie, einschließlich Art und Höhe von Zuwendungen offen zu legen (vgl § 139a Abs 6 SGB V). Entsprechendes gilt, soweit das IQWiG wissenschaftliche Forschungsaufträge an externe Sachverständige vergibt (s § 139b Abs 3 SGB V). Die Vergabe von Forschungsaufträgen gewährleistet, dass die Arbeiten des IQWiG höchsten wissenschaftlichen Anforderungen gerecht werden. Hierzu hat es ausgewiesene Experten mit wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungen in ihren jeweiligen Arbeitsbereichen einzubeziehen (vgl BT-Drucks 15/1525 S 128 Zu § 139a Abs 4).

79

Das IQWiG arbeitet in einer transparenten Form unter Unterrichtung Betroffener und Interessierter über alle Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse (vgl § 139a Abs 4 SGB V und hierzu BT-Drucks 15/1525 S 128 Zu § 139a Abs 4), insbesondere auch über die Grundlagen für die Entscheidungsfindung. Indem das IQWiG zu gewährleisten hat, dass die Bewertung des medizinischen Nutzens nach den international anerkannten Standards der evidenzbasierten Medizin erfolgt (§ 139a Abs 4 Satz 1 Halbs 1 SGB V idF durch Art 1 Nr 117 Buchst b GKV-WSG),hat der Gesetzgeber klargestellt, dass es seine Arbeitsmethode nach den international üblichen und akzeptierten Standards der evidenzbasierten Medizin auszurichten hat. Das IQWiG geht nach der Gesetzeskonzeption bei seinen Bewertungen in vergleichbarer hoch qualitativer Weise vor wie andere mit entsprechenden Aufgaben betraute Stellen im internationalen Bereich, zB das National Institute for Health and Clinical Excellence (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 151 Zu Nummer 117 <§ 139a> Zu Buchst b; Engelmann in: jurisPK-SGB V, § 139a RdNr 30). Zusätzlich bestehen Rechte Sachverständiger, Interessierter und Betroffener, Stellung zu nehmen (vgl § 139a Abs 5 SGB V).

80

(2.) Das IQWiG wird zu Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für die Qualität und Wirtschaftlichkeit der im Rahmen der GKV erbrachten Leistungen in gesetzlich vorgegebenem Umfang tätig (vgl § 139a Abs 3 SGB V). Die Arbeit des IQWiG hat zum Ziel, die grundsätzlichen Anforderungen des SGB V bei der Leistungserbringung zu sichern. Hierzu soll es Erkenntnisse über den Wert der Leistungen auch im Verhältnis zu den aufzuwendenden Kosten sowie zu den Auswirkungen auf die Verbesserung der medizinischen Behandlung erarbeiten. Dies soll gewährleisten, dass diagnostische und therapeutische Maßnahmen dem besten verfügbaren wissenschaftlichen Stand entsprechen und auch weiterhin finanzierbar bleiben (vgl BT-Drucks 15/1525 S 127 Zu Nummer 112 Zu § 139a Zu Abs 3).

81

Zu den gesetzlich vorgegebenen Aufgaben gehört auch die Bewertung des Nutzens und der Kosten von Arzneimitteln (vgl § 139a Abs 3 Nr 5 SGB V). Der Beigeladene zu 1. beauftragt das IQWiG mit den gesetzlich umrissenen Arbeiten (vgl § 139b Abs 1 Satz 1 SGB V). Hierzu hat er dem IQWiG ua am 21.12.2004 den Generalauftrag erteilt, durch die Erfassung und Auswertung des relevanten Schrifttums eine kontinuierliche Beobachtung und Bewertung medizinischer Entwicklungen von grundlegender Bedeutung und ihrer Auswirkungen auf die Qualität und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung in Deutschland vorzunehmen und den GBA hierüber regelmäßig zu informieren. Das IQWiG soll aus der eigenverantwortlichen wissenschaftlichen Arbeit heraus dem GBA für dessen gesetzliche Aufgaben notwendige Informationen zur Verfügung stellen und konkrete Vorschläge für Einzelaufträge erarbeiten.

82

(3.) Ziel des Gesetzgebers ist es, durch Einbindung des IQWiG in die Zuarbeit für den GBA den dynamischen Prozess der Fortentwicklung der medizinischen und pflegerischen Leistungen zu sichern und die kontinuierliche Einbeziehung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in eine qualitativ gesicherte Leistungserbringung zu gewährleisten (BT-Drucks 15/1525, S 127). Das IQWiG leitet deshalb seine Arbeitsergebnisse dem GBA als Empfehlungen zu (vgl § 139b Abs 4 Satz 1 SGB V). Dieser hat die Empfehlungen im Rahmen seiner Aufgabenstellung "zu berücksichtigen", wird also nur mit besonderer Begründung davon abweichen (vgl Hauck, NZS 2007, 461, 464). Insbesondere hat er zu prüfen, ob das IQWiG seine Bewertungen ausgehend von einem zutreffenden Rechtsverständnis der zugrunde gelegten Begriffe auf der Basis einer umfassenden Einbeziehung der relevanten Studien nachvollziehbar und widerspruchsfrei getroffen hat. Für die Umsetzung von Handlungsempfehlungen des IQWiG verbleibt ihm indes sein gesetzgeberisches Ermessen.

83

Dass von AkdÄ und IQWiG nicht berücksichtigte Studien hinreichender Qualität im gesetzlich gebotenen Sinne vorliegen, ist schließlich weder von den Klägerinnen noch von sonstigen Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits oder der beim erkennenden Senat anhängigen Parallelverfahren in Kenntnis der Beurteilungen von AkdÄ und IQWiG behauptet worden. Es ist auch ansonsten nicht ersichtlich.

84

hh) Auch die gebildete Vergleichsgröße und die festgesetzte Festbetragshöhe beschwerten die Klägerinnen nicht. Es gilt hierfür dasselbe wie im vorangegangenen Zeitraum (vgl dazu II. 3. a).

85

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 und 3 und § 162 Abs 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 4 sowie § 47 Abs 1 GKG.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).