Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 30. Nov. 2015 - L 11 KR 2953/15

bei uns veröffentlicht am30.11.2015

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23.06.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Beendigung seines Krankengeld-Wahltarifs bei der Beklagten.
Der 1966 geborene Kläger ist bei der Beklagten als hauptberuflich Selbständiger freiwillig krankenversichert. Zum 01.01.2010 wählte er den Tarif KGPlus mit ergänzendem Krankengeld ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit iHv zunächst 10 EUR kalendertäglich und zuletzt 50 EUR kalendertäglich.
§ 17m der Satzung der Beklagten sah für den Wahltarif KGPlus folgende Regelungen vor:
(7) folgende Krankengeldtarife können gewählt werden:
1. ...
2. Mitglieder nach Abs 1 Satz 1 Nr 1 (Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres, sofern diese ein Krankengeld nach § 44 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V gewählt haben), deren beitragspflichtiges Einkommen die kalendertägliche Beitragsbemessungsgrenze übersteigt, können einen ergänzenden Krankengeldtarif zur Absicherung eines höheren Krankengeldes ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit wählen (Tarif KGPlus).
In Abs 8 war im Tarif KGPlus eine gestaffelte Prämie für kalendertägliches Krankengeld zwischen 10 und maximal 150 EUR vorgesehen, gestaffelt in 10-EUR-Schritten. Für das vom Kläger zuletzt gewählte tägliche Krankengeld von 50 EUR war eine monatliche Prämie von 27 EUR zu zahlen.
§ 17m Abs 3 der Satzung sah eine Mindestbindung an den gewählten Krankengeldtarif von 3 Jahren vor, § 17m Abs 4 der Satzung enthielt Kündigungsmöglichkeiten des Mitglieds. Die Beklagten konnte den Krankengeldtarif beenden, wenn das Mitglied seiner Verpflichtung zur Prämienzahlung trotz Mahnung nicht nachkam (§ 17m Abs 6 der Satzung). Im Tarif KGPlus durfte das Wahltarif-Krankengeld zusammen mit dem Höchstkrankengeld nach § 47 SGB V 70 vH des Arbeitseinkommens nicht übersteigen (§ 17m Abs 11 Satz 1 Nr 3 der Satzung).
Der Verwaltungsrat der Beklagten entschied mit Beschluss vom 01.04.2014, § 17m der Satzung zu ändern und die Tarifoption Krankengeld-Wahltarif KGPlus zum 30.06.2014 zu beenden. Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Senioren Baden-Württemberg genehmigt die Satzungsänderung mit Bescheid vom 07.04.2014 (veröffentlicht im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg Nr 14/14 vom 11.04.2014). § 17m Abs 14 der Satzung in der neuen Fassung (nF) enthielt folgende Regelung:
Für Mitglieder, die am 30.06.2014 Krankengeld aus der Tarifausprägung KGPlus (§ 17m Abs 7 Nr 2 in der bis 30.06.2014 geltenden Fassung) beziehen, besteht der Anspruch auf dieses Krankengeld unter den bisherigen Voraussetzungen weiter, der Anspruch besteht maximal bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit, die den Leistungsanspruch ausgelöst hat bzw bis zu der nach § 48 SGB V festgestellten Höchstanspruchsdauer.
10 
Mit Bescheid vom 30.05.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie den Tarif KGPlus wegen der damit verbundenen Kostenentwicklung zum 30.06.2014 einstelle. Mit dem Stichtag 30.06.2014 ende auch die Pflicht zur Prämienzahlung.
11 
Am 06.06.2014 erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er sich gegen die kurzfristige Schließung des Krankengeld-Wahltarifs KGPlus wandte. Er sei bei Abschluss dieses Wahltarifs nicht über die Möglichkeit der Auflösung/Kündigung durch die Krankenkasse informiert worden. Er sei daher von einer dauerhaften Absicherung für die Zukunft ausgegangen. Der Wahltarif KG22 sichere ihn als Selbständigen nicht in der Form ab wie der Tarif KGPlus.
12 
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Tarifausprägung KGPlus habe es hauptberuflich Selbständigen ermöglicht, Einkünfte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung abzusichern. Die Leistungsausgaben hätten die Prämieneinnahmen für die 266 Tarifwähler erheblich überschritten, weshalb sich eine ökonomische Aufstellung der Tarifausprägung KGPlus nicht darstellen lasse. Um die Wirtschaftlichkeit des gesamten Krankengeld-Wahltarifs nicht zu gefährden, sei deshalb die Schließung der Tarifausprägung KGPlus erforderlich geworden. Hierdurch werde der Kläger nicht schlechter gestellt als andere Mitglieder mit Anspruch auf Krankengeld ab der 7. Woche, da er weiterhin das gesetzlich maximal mögliche Krankengeld aus der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze erhalte. Mit der Satzungsänderung für die freiwilligen Mitglieder werde auch nicht in verfassungswidriger Weise in die Rechtsposition des Versicherten eingegriffen. In sozialversicherungsrechtlichen Positionen sei von vornherein in gewissen Grenzen die Möglichkeit von Änderungen angelegt. Die Satzungsänderung verstoße auch nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip, sie wirke allein für die Zukunft. Ein schützenswertes Vertrauen in die dauerhafte Aufrechterhaltung der Satzungsregelung habe nicht entstehen können.
13 
Dagegen richtet sich die am 07.10.2014 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Klage. Der Beklagten sei es verwehrt, einen rechtskräftig abgeschlossenen Vertrag aus lediglich wirtschaftlichen Interessen zu beenden oder zu kündigen. Der Kläger habe auf den Fortbestand des Wahltarifs KGPlus vertraut und erfahre durch dessen Einstellung eine Benachteiligung.
14 
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat das Ergebnis des Tarifcontrollings mit Stichtag 01.01.2014 über die angebotenen Krankengeld-Wahltarife vorgelegt. Im Zeitraum 01.01. bis 31.12.2013 beliefen sich im Tarif KGPlus die Prämieneinnahmen auf 105.483,42 EUR, denen im gleichen Zeitraum Ausgaben für Krankengeld iHv 202.971,18 EUR gegenüber standen bei 266 Tarifteilnehmern zum Stichtag.
15 
Mit Urteil vom 23.06.2015 hat das SG die auf Weiterführung des Tarifs über den 30.06.2014 hinaus gerichtete Klage abgewiesen. Unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid hat das SG ergänzend ausgeführt, § 44 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) schließe den Anspruch auf Krankengeld für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige grundsätzlich aus, ihnen müsse aber über § 53 Abs 6 SGB V ein Wahltarif angeboten werden, aufgrund dessen sie einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 SGB V oder zu einem späteren Zeitpunkt erlangen könnten. Die Verpflichtung zum Angebot eines Wahltarifs gelte neben der Option, durch Wahlerklärung einen Anspruch auf Krankengeld ab der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit zu erlangen (§§ 44 Abs 2 Nr 2, 46 Satz 2 SGB V). Der Beitritt zu einem Wahltarif erfolge durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, ein Vertrag komme zwischen dem Versicherten und der Krankenkasse nicht zustande. Der Wahltarif könne nur so lange beansprucht werden, wie hierfür eine entsprechende Grundlage in der Satzung der Krankenkasse geschaffen worden sei. Durch die mit Wirkung vom 01.07.2014 beschlossene Satzungsänderung sei die tatsächliche Grundlage für das Angebot des Wahltarifs KGPlus entfallen. Für die Einführung eines Wahltarifs, der hauptberuflich Selbständigen bei Krankheit ermögliche, Einkünfte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung abzusichern, habe keine gesetzliche Verpflichtung bestanden, es habe sich um eine freiwillig angebotene Tarifoption gehandelt. Nach § 53 Abs 9 Satz 1 SGB V müssten die Aufwendungen für jeden Wahltarif jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Ziel der Regelung sei, Quersubventionierungen auszuschließen, sowohl der Wahltarife untereinander als auch der Wahltarife durch sonstige Einnahmen der Krankenkassen (unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung BT-Drs 16/3100 S 109). Vor dem Hintergrund, dass die Leistungsausgaben die Prämieneinnahmen weit überstiegen hätten, sei zur Vermeidung von weiteren Quersubventionierungen zu Lasten der übrigen Versichertengemeinschaft die Einstellung der Tarifoption KGPlus geboten gewesen. Aufgrund der anzustellenden Prognose und des der Beklagten eingeräumten Satzungsermessens sei die Einstellung des optional angebotenen Wahltarifs mit Wirkung zum 01.07.2014 nicht zu beanstanden. Durch eine Bestandsschutzregelung sei ausreichend sichergestellt, dass die zu diesem Zeitpunkt laufenden Leistungsfälle ausgeleistet würden.
16 
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 02.07.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 15.07.2015 eingelegte Berufung. Hinsichtlich der Frage Vertrauensschutz und Willkürverbot sei von Bedeutung, dass die Beklagte ständig mit dem genannten Wahltarif geworben habe, auch mit einem Flyer. Es habe keinerlei Einschränkungen gegeben. Dann sei es aber willkürlich, wenn wegen angeblicher Nichtrentabilität der vorbehaltlos angepriesene Wahltarif quasi von einer Stunde auf die andere zurückgenommen werde. Die Beklagte hätte dann darauf hinweisen müssen, dass ihr jederzeit bei Nichtrentabilität das Recht zustehe, den Wahltarif aufzukündigen. Das Mitglied sei bei Einschreibung in den Krankengeld-Wahltarif 3 Jahre an die Mitgliedschaft bei der Beklagten gebunden. Es widerspreche also zumindest Treu und Glauben, wenn man sich so verhalte wie die Beklagte.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23.06.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 30.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Krankengeldabsicherung des Kläger im Krankengeld-Wahltarif KGPlus über den 30.06.2014 weiterzuführen.
19 
Die Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Der Grundsatz des Vertrauensschutzes sei bei Wegfall der Satzungsregelung beachtet worden, da kein entwertender Eingriff in die Rechte des Klägers erfolgt sei. Auch weiterhin könne der Kläger das gesetzlich maximal mögliche Krankengeld aus der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze erhalten. Zudem sei der Wahltarif nicht von einer Stunde auf die andere geschlossen worden. Es habe einen Stichtag gegeben, an dem sich die Unrentabilität des Wahltarifs herausgestellt habe. Der Kläger habe zudem von dem Wahltarif 4 Jahre lang profitiert. Eine Beendigung des Tarifs kurz nach Tarifabschluss sei daher gerade nicht erfolgt.
22 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
24 
Der Senat entscheidet über die Berufung nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind im Erörterungstermin am 13.10.2015 auf die beabsichtigte Vorgehensweise hingewiesen worden.
25 
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 30.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Wahltarif KGPlus zum 30.06.2014 geendet hat. Ein Anspruch des Klägers auf Fortführung dieses Tarifs besteht nicht.
26 
Der vom Kläger ab 01.01.2010 gewählte Wahltarif ist wirksam zum 30.06.2014 beendet worden. Durch Entfall der Satzungsregelung mit Wirkung zum 30.06.2014 endete der Wahltarif KGPlus ersatzlos. Die Satzungsänderung ist von der Aufsichtsbehörde genehmigt und ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Eine vertragliche Bindung, die dem entgegenstehen könnte, liegt nicht vor. Der Beitritt zu einem Wahltarif erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (Krauskopf in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung SGB V, § 53 RdNr 4; Dreher in juris-PK SGB V, 2. Aufl 2012, § 53 RdNr 25; Nolte in Kasseler Kommentar, SGB V, § 53 RdNr 4c). Ein Vertrag kommt zwischen dem Versicherten und der Krankenkasse nicht zustande, der Versicherte kann vielmehr durch Ausübung eines Gestaltungsrechts die Teilnahme am Wahltarif unmittelbar herbeiführen. Versicherten kann nur dann ein Wahltarif nach § 53 SGB V angeboten werden, wenn eine entsprechende Grundlage in der Satzung der Krankenkasse geschaffen wurde (Krauskopf aaO, § 53 RdNr 5). Da die Grundlage des Wahltarifs KGPlus in der Satzung zum 01.07.2014 nicht mehr gegeben war, durfte die Beklagte die Beendigung des Tarifs gegenüber dem Kläger feststellen. Für die vom Kläger beanspruchte Weiterführung des Tarifs KGPlus gibt es für die Zeit ab 01.07.2014 aufgrund der Änderung der Satzung keinerlei rechtliche Grundlage mehr.
27 
Die Krankenkassen sind als Versicherungsträger nach § 34 Abs 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) verpflichtet, sich eine Satzung zu geben. Die Satzung hat als autonomes Recht Bindungswirkung für die Versicherten. Die Rechtsgültigkeit der Satzungsänderung in § 17m mit Wirkung zum 01.07.2014 ist im vorliegenden Verfahren inzident zu prüfen. Insoweit hat der erkennende Senat keine Zweifel, dass die Beklagte berechtigt war, den Wahltarif KGPlus zum 01.07.2014 zu beenden.
28 
Dem Wegfall des Wahltarifs KGPlus steht zunächst nicht entgegen, dass eine Kündigung durch die Beklagte (außer für den Fall von Beitragsrückständen des Versicherten) weder im Gesetz noch in der Satzung vorgesehen war. Einer solchen Regelung bedarf es nicht, denn die Möglichkeit der einseitigen Beendigung freiwilliger Krankengeld-Wahltarife ergibt sich bereits aus dem Gesetz, insbesondere aus §§ 59 Abs 9, Abs 6 Satz 2, 194 ff SGB V. Bei dem Wahltarif KGPlus handelte es sich nicht um einen verpflichtend vorgesehenen Krankengeldtarif nach § 53 Abs 6 SGB VI, der dem gesetzlichen Anspruch auf Krankengeld entspricht, sondern es wurde hierdurch ein über den gesetzlichen Krankengeldanspruch hinausgehender monatlicher Zahlungsanspruch abgesichert. Handelte es sich bei dem Wahltarif KGPlus um ein freiwilliges Angebot der Beklagten und war sie nicht verpflichtet, diesen Wahltarif anzubieten, kann sie einen solchen Wahltarif auch wieder beenden.
29 
Grenzen ergeben sich insoweit lediglich aus dem verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot, das aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art 20 Abs 3 Grundgesetz (GG) hergeleitet wird. Das Verbot rückwirkender Gesetze ist auch im Bereich des autonom gesetzten Rechts, namentlich Satzungen, anwendbar (BSG 19.02.2014, B 6 KA 10/13 R - SozR 4-2500 § 35 Nr 79 RdNr 44). Eine Regelung mit echter Rückwirkung, die in der Vergangenheit liegende, abgeschlossene Zeiträume betrifft, ist grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar (ständige Rechtsprechung, vgl BVerfG 23.11.1999, 1 BVF 1/94, BVerfGE 101, 239; zu Ausnahmen vgl BVerfG 02.05.2012, 2 BVL 5/10, BVerfGE 131, 20). Eine derartige echte Rückwirkung liegt nicht vor, denn die Satzungsänderung gilt mit Wirkung für die Zukunft und greift nicht in abgeschlossene Sachverhalte ein. Für eine unechte Rückwirkung, dh ein in der Vergangenheit begonnener, aber noch nicht abgeschlossener Sachverhalt (tatbestandliche Rückanknüpfung), gelten weniger strenge Beschränkungen (vgl BVerfG 05.20.2004, 2 BVR 2029/01, BVerfGE 109, 133). Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht allerdings nicht soweit, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartung in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu schützen. Die schlichte Erwartung, das geltende Recht werde auch in der Zukunft unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt (BVerfG 07.12.2010, 1 BvR 2628/07, BVerfGE 128, 90 = SozR 4-1100 Art 14 Nr 23).
30 
Im konkreten Fall liegt noch nicht einmal eine unechte Rückwirkung vor. Krankengeld wird jeweils abschnittsweise bewilligt, bei jeder Neubewilligung sind die Anspruchsvoraussetzungen erneut zu prüfen (ständige Rechtsprechung vgl BSG 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 12). Eine einmal erfolgte Bewilligung vermag weder in ihrem Verfügungssatz noch in den ihr zugrundeliegenden Feststellungen eine über den im Bescheid geregelten Zeitraum hinausgehende Rechtsposition zu begründen. Ein Recht, das durch den Vertrauensschutzgrundsatz gegen seine nachträgliche Entwertung hätte geschützt werden können, entstand daher frühestens mit der jeweiligen Neu- oder Weiterbewilligung von Krankengeld. Dieses Vertrauen ist jedoch durch die Übergangsregelung in § 17m Abs 18 der Satzung geschützt. Denn denjenigen Versicherten, die bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits Krankengeld nach dem Tarif KGPlus bezogen haben, wird das erhöhte Krankengeld bis zum Ende der laufenden Arbeitsunfähigkeit (höchstens 78 Wochen) weitergezahlt. Eine unabhängig vom Bewilligungsakt bestehende Erwartung des Bürgers, er werde - den Fortbestand der jeweiligen Rechtslage vorausgesetzt - in einer bestimmten zukünftigen Sachlage leistungsberechtigt sein, ist mangels hinreichender Konkretisierung kein geschütztes Recht, denn die Verfassung gewährt keinen Schutz vor einer nachteiligen Veränderung der geltenden Rechtslage (BVerfG 07.12.2010, aaO zur Abschaffung der Arbeitslosenhilfe).
31 
Im Übrigen hat der Gesetzgeber selbst mit § 319 SGB V (eingefügt mit Gesetz vom 17.07.2009, BGBl I 1990, in Kraft getreten mit Wirkung vom 01.08.2009) kurzfristig sämtliche Wahltarife auf der Grundlage von § 53 Abs 6 SGB V aF zum 31.07.2009 enden lassen mit einer Übergangsregelung in Abs 2 nur für Versicherte, die bereits am 31.07.2009 Leistungen aus dem Wahltarif bezogen haben.
32 
Soweit der Kläger einwendet, er habe immer die Zusatzbeiträge entsprechend dem Wahltarif KGPlus gezahlt, erhalte hierfür nunmehr jedoch keine Leistung, ist dies zutreffend. Es entspricht jedoch dem Wesen einer Versicherung, dass die Beiträge verloren sind, wenn der versicherte Leistungsfall nicht eintritt. Der Beendigung des streitigen Wahltarifs - mit der Folge des Wegfalls der Zusatzbeiträge - steht dieser Gesichtspunkt nicht entgegen.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
34 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
23 
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
24 
Der Senat entscheidet über die Berufung nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind im Erörterungstermin am 13.10.2015 auf die beabsichtigte Vorgehensweise hingewiesen worden.
25 
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 30.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.09.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Wahltarif KGPlus zum 30.06.2014 geendet hat. Ein Anspruch des Klägers auf Fortführung dieses Tarifs besteht nicht.
26 
Der vom Kläger ab 01.01.2010 gewählte Wahltarif ist wirksam zum 30.06.2014 beendet worden. Durch Entfall der Satzungsregelung mit Wirkung zum 30.06.2014 endete der Wahltarif KGPlus ersatzlos. Die Satzungsänderung ist von der Aufsichtsbehörde genehmigt und ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Eine vertragliche Bindung, die dem entgegenstehen könnte, liegt nicht vor. Der Beitritt zu einem Wahltarif erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (Krauskopf in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung SGB V, § 53 RdNr 4; Dreher in juris-PK SGB V, 2. Aufl 2012, § 53 RdNr 25; Nolte in Kasseler Kommentar, SGB V, § 53 RdNr 4c). Ein Vertrag kommt zwischen dem Versicherten und der Krankenkasse nicht zustande, der Versicherte kann vielmehr durch Ausübung eines Gestaltungsrechts die Teilnahme am Wahltarif unmittelbar herbeiführen. Versicherten kann nur dann ein Wahltarif nach § 53 SGB V angeboten werden, wenn eine entsprechende Grundlage in der Satzung der Krankenkasse geschaffen wurde (Krauskopf aaO, § 53 RdNr 5). Da die Grundlage des Wahltarifs KGPlus in der Satzung zum 01.07.2014 nicht mehr gegeben war, durfte die Beklagte die Beendigung des Tarifs gegenüber dem Kläger feststellen. Für die vom Kläger beanspruchte Weiterführung des Tarifs KGPlus gibt es für die Zeit ab 01.07.2014 aufgrund der Änderung der Satzung keinerlei rechtliche Grundlage mehr.
27 
Die Krankenkassen sind als Versicherungsträger nach § 34 Abs 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) verpflichtet, sich eine Satzung zu geben. Die Satzung hat als autonomes Recht Bindungswirkung für die Versicherten. Die Rechtsgültigkeit der Satzungsänderung in § 17m mit Wirkung zum 01.07.2014 ist im vorliegenden Verfahren inzident zu prüfen. Insoweit hat der erkennende Senat keine Zweifel, dass die Beklagte berechtigt war, den Wahltarif KGPlus zum 01.07.2014 zu beenden.
28 
Dem Wegfall des Wahltarifs KGPlus steht zunächst nicht entgegen, dass eine Kündigung durch die Beklagte (außer für den Fall von Beitragsrückständen des Versicherten) weder im Gesetz noch in der Satzung vorgesehen war. Einer solchen Regelung bedarf es nicht, denn die Möglichkeit der einseitigen Beendigung freiwilliger Krankengeld-Wahltarife ergibt sich bereits aus dem Gesetz, insbesondere aus §§ 59 Abs 9, Abs 6 Satz 2, 194 ff SGB V. Bei dem Wahltarif KGPlus handelte es sich nicht um einen verpflichtend vorgesehenen Krankengeldtarif nach § 53 Abs 6 SGB VI, der dem gesetzlichen Anspruch auf Krankengeld entspricht, sondern es wurde hierdurch ein über den gesetzlichen Krankengeldanspruch hinausgehender monatlicher Zahlungsanspruch abgesichert. Handelte es sich bei dem Wahltarif KGPlus um ein freiwilliges Angebot der Beklagten und war sie nicht verpflichtet, diesen Wahltarif anzubieten, kann sie einen solchen Wahltarif auch wieder beenden.
29 
Grenzen ergeben sich insoweit lediglich aus dem verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot, das aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art 20 Abs 3 Grundgesetz (GG) hergeleitet wird. Das Verbot rückwirkender Gesetze ist auch im Bereich des autonom gesetzten Rechts, namentlich Satzungen, anwendbar (BSG 19.02.2014, B 6 KA 10/13 R - SozR 4-2500 § 35 Nr 79 RdNr 44). Eine Regelung mit echter Rückwirkung, die in der Vergangenheit liegende, abgeschlossene Zeiträume betrifft, ist grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar (ständige Rechtsprechung, vgl BVerfG 23.11.1999, 1 BVF 1/94, BVerfGE 101, 239; zu Ausnahmen vgl BVerfG 02.05.2012, 2 BVL 5/10, BVerfGE 131, 20). Eine derartige echte Rückwirkung liegt nicht vor, denn die Satzungsänderung gilt mit Wirkung für die Zukunft und greift nicht in abgeschlossene Sachverhalte ein. Für eine unechte Rückwirkung, dh ein in der Vergangenheit begonnener, aber noch nicht abgeschlossener Sachverhalt (tatbestandliche Rückanknüpfung), gelten weniger strenge Beschränkungen (vgl BVerfG 05.20.2004, 2 BVR 2029/01, BVerfGE 109, 133). Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht allerdings nicht soweit, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartung in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu schützen. Die schlichte Erwartung, das geltende Recht werde auch in der Zukunft unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt (BVerfG 07.12.2010, 1 BvR 2628/07, BVerfGE 128, 90 = SozR 4-1100 Art 14 Nr 23).
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Im konkreten Fall liegt noch nicht einmal eine unechte Rückwirkung vor. Krankengeld wird jeweils abschnittsweise bewilligt, bei jeder Neubewilligung sind die Anspruchsvoraussetzungen erneut zu prüfen (ständige Rechtsprechung vgl BSG 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 12). Eine einmal erfolgte Bewilligung vermag weder in ihrem Verfügungssatz noch in den ihr zugrundeliegenden Feststellungen eine über den im Bescheid geregelten Zeitraum hinausgehende Rechtsposition zu begründen. Ein Recht, das durch den Vertrauensschutzgrundsatz gegen seine nachträgliche Entwertung hätte geschützt werden können, entstand daher frühestens mit der jeweiligen Neu- oder Weiterbewilligung von Krankengeld. Dieses Vertrauen ist jedoch durch die Übergangsregelung in § 17m Abs 18 der Satzung geschützt. Denn denjenigen Versicherten, die bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits Krankengeld nach dem Tarif KGPlus bezogen haben, wird das erhöhte Krankengeld bis zum Ende der laufenden Arbeitsunfähigkeit (höchstens 78 Wochen) weitergezahlt. Eine unabhängig vom Bewilligungsakt bestehende Erwartung des Bürgers, er werde - den Fortbestand der jeweiligen Rechtslage vorausgesetzt - in einer bestimmten zukünftigen Sachlage leistungsberechtigt sein, ist mangels hinreichender Konkretisierung kein geschütztes Recht, denn die Verfassung gewährt keinen Schutz vor einer nachteiligen Veränderung der geltenden Rechtslage (BVerfG 07.12.2010, aaO zur Abschaffung der Arbeitslosenhilfe).
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Im Übrigen hat der Gesetzgeber selbst mit § 319 SGB V (eingefügt mit Gesetz vom 17.07.2009, BGBl I 1990, in Kraft getreten mit Wirkung vom 01.08.2009) kurzfristig sämtliche Wahltarife auf der Grundlage von § 53 Abs 6 SGB V aF zum 31.07.2009 enden lassen mit einer Übergangsregelung in Abs 2 nur für Versicherte, die bereits am 31.07.2009 Leistungen aus dem Wahltarif bezogen haben.
32 
Soweit der Kläger einwendet, er habe immer die Zusatzbeiträge entsprechend dem Wahltarif KGPlus gezahlt, erhalte hierfür nunmehr jedoch keine Leistung, ist dies zutreffend. Es entspricht jedoch dem Wesen einer Versicherung, dass die Beiträge verloren sind, wenn der versicherte Leistungsfall nicht eintritt. Der Beendigung des streitigen Wahltarifs - mit der Folge des Wegfalls der Zusatzbeiträge - steht dieser Gesichtspunkt nicht entgegen.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

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Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 44 Krankengeld


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41)

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Der Anspruch auf Krankengeld entsteht 1. bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) von ihrem Beginn an,2. im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung d

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 48 Dauer des Krankengeldes


(1) Versicherte erhalten Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens achtundsiebzig Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigke

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 53 Vorzeitige Wartezeiterfüllung


(1) Die allgemeine Wartezeit ist vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte 1. wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit,2. wegen einer Wehrdienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz als Wehrdienstleistende oder Soldaten auf Zeit,3. w

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 319 Schlichtungsstelle der Gesellschaft für Telematik


(1) Bei der Gesellschaft für Telematik ist eine Schlichtungsstelle einzurichten. Die Schlichtungsstelle wird tätig, soweit dies gesetzlich bestimmt ist. (2) Die Gesellschaft für Telematik ist verpflichtet, der Schlichtungsstelle nach deren Vorgab

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 30. Nov. 2015 - L 11 KR 2953/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 30. Nov. 2015 - L 11 KR 2953/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 19. Feb. 2014 - B 6 KA 10/13 R

bei uns veröffentlicht am 19.02.2014

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 27. Juni 2012 geändert, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger für die Quartale III/2006

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 07. Dez. 2010 - 1 BvR 2628/07

bei uns veröffentlicht am 07.12.2010

Tenor 1. Verwirft ein oberstes Bundesgericht die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, weil es alle wesentlichen Aspekte einer Verfassungsfrage bereits als in seiner Rechtsprechun

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(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) behandelt werden.

(2) Keinen Anspruch auf Krankengeld haben

1.
die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a, 5, 6, 9, 10 oder 13 sowie die nach § 10 Versicherten; dies gilt nicht für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 Versicherten, wenn sie Anspruch auf Übergangsgeld haben, und für Versicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 13, sofern sie abhängig beschäftigt und nicht nach den §§ 8 und 8a des Vierten Buches geringfügig beschäftigt sind oder sofern sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und eine Wahlerklärung nach Nummer 2 abgegeben haben,
2.
hauptberuflich selbständig Erwerbstätige, es sei denn, das Mitglied erklärt gegenüber der Krankenkasse, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll (Wahlerklärung),
3.
Versicherte nach § 5 Absatz 1 Nummer 1, die bei Arbeitsunfähigkeit nicht mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts auf Grund des Entgeltfortzahlungsgesetzes, eines Tarifvertrags, einer Betriebsvereinbarung oder anderer vertraglicher Zusagen oder auf Zahlung einer die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben, es sei denn, das Mitglied gibt eine Wahlerklärung ab, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll. Dies gilt nicht für Versicherte, die nach § 10 des Entgeltfortzahlungsgesetzes Anspruch auf Zahlung eines Zuschlages zum Arbeitsentgelt haben,
4.
Versicherte, die eine Rente aus einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe oder von anderen vergleichbaren Stellen beziehen, die ihrer Art nach den in § 50 Abs. 1 genannten Leistungen entspricht. Für Versicherte nach Satz 1 Nr. 4 gilt § 50 Abs. 2 entsprechend, soweit sie eine Leistung beziehen, die ihrer Art nach den in dieser Vorschrift aufgeführten Leistungen entspricht.
Für die Wahlerklärung nach Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt § 53 Absatz 8 Satz 1 entsprechend. Für die nach Nummer 2 und 3 aufgeführten Versicherten bleibt § 53 Abs. 6 unberührt. Geht der Krankenkasse die Wahlerklärung nach Satz 1 Nummer 2 und 3 zum Zeitpunkt einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit zu, wirkt die Wahlerklärung erst zu dem Tag, der auf das Ende dieser Arbeitsunfähigkeit folgt.

(3) Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit richtet sich nach arbeitsrechtlichen Vorschriften.

(4) Versicherte haben Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch die Krankenkasse, welche Leistungen und unterstützende Angebote zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlich sind. Maßnahmen nach Satz 1 und die dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit schriftlicher oder elektronischer Einwilligung und nach vorheriger schriftlicher oder elektronischer Information des Versicherten erfolgen. Die Einwilligung kann jederzeit schriftlich oder elektronisch widerrufen werden. Die Krankenkassen dürfen ihre Aufgaben nach Satz 1 an die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen übertragen.

(1) Das Krankengeld beträgt 70 vom Hundert des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Das aus dem Arbeitsentgelt berechnete Krankengeld darf 90 vom Hundert des bei entsprechender Anwendung des Absatzes 2 berechneten Nettoarbeitsentgelts nicht übersteigen. Für die Berechnung des Nettoarbeitsentgelts nach Satz 2 ist der sich aus dem kalendertäglichen Hinzurechnungsbetrag nach Absatz 2 Satz 6 ergebende Anteil am Nettoarbeitsentgelt mit dem Vomhundertsatz anzusetzen, der sich aus dem Verhältnis des kalendertäglichen Regelentgeltbetrages nach Absatz 2 Satz 1 bis 5 zu dem sich aus diesem Regelentgeltbetrag ergebenden Nettoarbeitsentgelt ergibt. Das nach Satz 1 bis 3 berechnete kalendertägliche Krankengeld darf das sich aus dem Arbeitsentgelt nach Absatz 2 Satz 1 bis 5 ergebende kalendertägliche Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen. Das Regelentgelt wird nach den Absätzen 2, 4 und 6 berechnet. Das Krankengeld wird für Kalendertage gezahlt. Ist es für einen ganzen Kalendermonat zu zahlen, ist dieser mit dreißig Tagen anzusetzen. Bei der Berechnung des Regelentgelts nach Satz 1 und des Nettoarbeitsentgelts nach den Sätzen 2 und 4 sind die für die jeweilige Beitragsbemessung und Beitragstragung geltenden Besonderheiten des Übergangsbereichs nach § 20 Abs. 2 des Vierten Buches nicht zu berücksichtigen.

(2) Für die Berechnung des Regelentgelts ist das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden zu teilen, für die es gezahlt wurde. Das Ergebnis ist mit der Zahl der sich aus dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses ergebenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden zu vervielfachen und durch sieben zu teilen. Ist das Arbeitsentgelt nach Monaten bemessen oder ist eine Berechnung des Regelentgelts nach den Sätzen 1 und 2 nicht möglich, gilt der dreißigste Teil des im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Kalendermonat erzielten und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderten Arbeitsentgelts als Regelentgelt. Wenn mit einer Arbeitsleistung Arbeitsentgelt erzielt wird, das für Zeiten einer Freistellung vor oder nach dieser Arbeitsleistung fällig wird (Wertguthaben nach § 7b des Vierten Buches), ist für die Berechnung des Regelentgelts das im Bemessungszeitraum der Beitragsberechnung zugrundeliegende und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt maßgebend; Wertguthaben, die nicht gemäß einer Vereinbarung über flexible Arbeitszeitregelungen verwendet werden (§ 23b Abs. 2 des Vierten Buches), bleiben außer Betracht. Bei der Anwendung des Satzes 1 gilt als regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit die Arbeitszeit, die dem gezahlten Arbeitsentgelt entspricht. Für die Berechnung des Regelentgelts ist der dreihundertsechzigste Teil des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts, das in den letzten zwölf Kalendermonaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit nach § 23a des Vierten Buches der Beitragsberechnung zugrunde gelegen hat, dem nach Satz 1 bis 5 berechneten Arbeitsentgelt hinzuzurechnen.

(3) Die Satzung kann bei nicht kontinuierlicher Arbeitsverrichtung und -vergütung abweichende Bestimmungen zur Zahlung und Berechnung des Krankengeldes vorsehen, die sicherstellen, daß das Krankengeld seine Entgeltersatzfunktion erfüllt.

(4) Für Seeleute gelten als Regelentgelt die beitragspflichtigen Einnahmen nach § 233 Abs. 1. Für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind, gilt als Regelentgelt der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen maßgebend war. Für nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherte ist das Regelentgelt aus dem Arbeitseinkommen zu berechnen, das der Beitragsbemessung für die letzten zwölf Kalendermonate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit zugrunde gelegen hat; dabei ist für den Kalendertag der dreihundertsechzigste Teil dieses Betrages anzusetzen. Die Zahl dreihundertsechzig ist um die Zahl der Kalendertage zu vermindern, in denen eine Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz nicht bestand oder für die nach § 234 Absatz 1 Satz 2 Arbeitseinkommen nicht zugrunde zu legen ist. Die Beträge nach § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 bleiben außer Betracht.

(5) (weggefallen)

(6) Das Regelentgelt wird bis zur Höhe des Betrages der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt.

(1) Versicherte erhalten Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens achtundsiebzig Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert.

(2) Für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für achtundsiebzig Wochen Krankengeld bezogen haben, besteht nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate

1.
nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und
2.
erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen.

(3) Bei der Feststellung der Leistungsdauer des Krankengeldes werden Zeiten, in denen der Anspruch auf Krankengeld ruht oder für die das Krankengeld versagt wird, wie Zeiten des Bezugs von Krankengeld berücksichtigt. Zeiten, für die kein Anspruch auf Krankengeld besteht, bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht für Zeiten des Bezuges von Verletztengeld nach dem Siebten Buch.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

Der Anspruch auf Krankengeld entsteht

1.
bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) von ihrem Beginn an,
2.
im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an.
Der Anspruch auf Krankengeld bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage. Für Versicherte, deren Mitgliedschaft nach § 192 Absatz 1 Nummer 2 vom Bestand des Anspruchs auf Krankengeld abhängig ist, bleibt der Anspruch auf Krankengeld auch dann bestehen, wenn die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit nicht am nächsten Werktag im Sinne von Satz 2, aber spätestens innerhalb eines Monats nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten sowie für Versicherte, die eine Wahlerklärung nach § 44 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 abgegeben haben, entsteht der Anspruch von der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit an. Der Anspruch auf Krankengeld für die in Satz 3 genannten Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz entsteht bereits vor der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit zu dem von der Satzung bestimmten Zeitpunkt, spätestens jedoch mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit, wenn der Versicherte bei seiner Krankenkasse einen Tarif nach § 53 Abs. 6 gewählt hat.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) behandelt werden.

(2) Keinen Anspruch auf Krankengeld haben

1.
die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a, 5, 6, 9, 10 oder 13 sowie die nach § 10 Versicherten; dies gilt nicht für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 Versicherten, wenn sie Anspruch auf Übergangsgeld haben, und für Versicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 13, sofern sie abhängig beschäftigt und nicht nach den §§ 8 und 8a des Vierten Buches geringfügig beschäftigt sind oder sofern sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und eine Wahlerklärung nach Nummer 2 abgegeben haben,
2.
hauptberuflich selbständig Erwerbstätige, es sei denn, das Mitglied erklärt gegenüber der Krankenkasse, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll (Wahlerklärung),
3.
Versicherte nach § 5 Absatz 1 Nummer 1, die bei Arbeitsunfähigkeit nicht mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts auf Grund des Entgeltfortzahlungsgesetzes, eines Tarifvertrags, einer Betriebsvereinbarung oder anderer vertraglicher Zusagen oder auf Zahlung einer die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben, es sei denn, das Mitglied gibt eine Wahlerklärung ab, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll. Dies gilt nicht für Versicherte, die nach § 10 des Entgeltfortzahlungsgesetzes Anspruch auf Zahlung eines Zuschlages zum Arbeitsentgelt haben,
4.
Versicherte, die eine Rente aus einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe oder von anderen vergleichbaren Stellen beziehen, die ihrer Art nach den in § 50 Abs. 1 genannten Leistungen entspricht. Für Versicherte nach Satz 1 Nr. 4 gilt § 50 Abs. 2 entsprechend, soweit sie eine Leistung beziehen, die ihrer Art nach den in dieser Vorschrift aufgeführten Leistungen entspricht.
Für die Wahlerklärung nach Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt § 53 Absatz 8 Satz 1 entsprechend. Für die nach Nummer 2 und 3 aufgeführten Versicherten bleibt § 53 Abs. 6 unberührt. Geht der Krankenkasse die Wahlerklärung nach Satz 1 Nummer 2 und 3 zum Zeitpunkt einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit zu, wirkt die Wahlerklärung erst zu dem Tag, der auf das Ende dieser Arbeitsunfähigkeit folgt.

(3) Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit richtet sich nach arbeitsrechtlichen Vorschriften.

(4) Versicherte haben Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch die Krankenkasse, welche Leistungen und unterstützende Angebote zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlich sind. Maßnahmen nach Satz 1 und die dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit schriftlicher oder elektronischer Einwilligung und nach vorheriger schriftlicher oder elektronischer Information des Versicherten erfolgen. Die Einwilligung kann jederzeit schriftlich oder elektronisch widerrufen werden. Die Krankenkassen dürfen ihre Aufgaben nach Satz 1 an die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen übertragen.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die allgemeine Wartezeit ist vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte

1.
wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit,
2.
wegen einer Wehrdienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz als Wehrdienstleistende oder Soldaten auf Zeit,
3.
wegen einer Zivildienstbeschädigung nach dem Zivildienstgesetz als Zivildienstleistende oder
4.
wegen eines Gewahrsams (§ 1 Häftlingshilfegesetz)
vermindert erwerbsfähig geworden oder gestorben sind. Satz 1 Nr. 1 findet nur Anwendung für Versicherte, die bei Eintritt des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit versicherungspflichtig waren oder in den letzten zwei Jahren davor mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Die Sätze 1 und 2 finden für die Rente für Bergleute nur Anwendung, wenn der Versicherte vor Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit zuletzt in der knappschaftlichen Rentenversicherung versichert war.

(2) Die allgemeine Wartezeit ist auch vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Der Zeitraum von zwei Jahren vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung oder des Todes verlängert sich um Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren.

(3) Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit im Sinne der Absätze 1 und 2 liegen auch vor, wenn

1.
freiwillige Beiträge gezahlt worden sind, die als Pflichtbeiträge gelten, oder
2.
Pflichtbeiträge aus den in § 3 oder § 4 genannten Gründen gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten oder
3.
für Anrechnungszeiten Beiträge gezahlt worden sind, die ein Leistungsträger mitgetragen hat.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 27. Juni 2012 geändert, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger für die Quartale III/2006 und IV/2006 Leistungen aus der EHV ohne Quotierung aufgrund des Nachhaltigkeitsfaktors gemäß § 8 Abs 1 GEHV zu erbringen. Unter Zurückweisung der Revision im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, erneut über den Anspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

Die Revision des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen je zur Hälfte.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt höheres Honorar aus der Erweiterten Honorarverteilung (EHV) für die Quartale III/2006 und IV/2006.

2

Der 1934 geborene Kläger war von 1970 bis zum 30.11.1999 als Vertragsarzt zugelassen. Danach bezog er auf der Grundlage eines Bescheides der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) vom 17.8.2000 Leistungen aus der EHV mit einem Prozentsatz von 18 % (Anspruchshöchstsatz). Als einzige KÄV in der Bundesrepublik stellt die Beklagte im Wege der EHV in begrenztem Umfang auch die Versorgung ehemaliger Vertragsärzte und ihrer Hinterbliebenen sicher. Die Bezüge des Klägers betrugen seit dem Quartal I/2000 bis zum Quartal II/2006 zwischen (gerundet) 7000 und 8100 Euro.

3

Die ab dem 1.7.2006 hierfür geltenden maßgeblichen Vorschriften der "Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der KÄV Hessen" (GEHV) zur Höhe des Anspruchs lauteten wie folgt:

"§ 3 Höhe des Anspruches
Die Feststellung des Anspruches auf Teilnahme an der EHV … erfolgt nach folgenden Vorgaben:

a) Für jedes Quartal wird nach Berücksichtigung der besonderen Kosten nach § 5 das Prozentverhältnis der anerkannten Honorarforderung aus der Abrechnung der Primär- und Ersatzkassen des einzelnen Vertragsarztes zur Durchschnittshonorarforderung aller Vertragsärzte im Bereich der KV Hessen im gleichen Quartal festgestellt. Dabei sind auch von Versicherten direkt an den Vertragsarzt geleistete Zahlungen (honoraräquivalente Zahlungen, z.B. Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4 SGB V) mit einzubeziehen.
Jedem Vertragsarzt wird vierteljährlich dieser Prozentsatz in gleicher Höhe als Punktzahl auf einem Sonderkonto gutgeschrieben.
b) 400 Punkte stellen den Wert eines jährlichen Durchschnittshonorars eines Vertragsarztes aus der Behandlung von Versicherten der Primärkassen und Ersatzkassen dar, 100 Punkte den Wert des Durchschnittshonorars im Quartal.
Die als Anlage zu § 3 Abs. 1 b) beigefügte 'Normalstaffel' bestimmt den Prozentsatz, mit dem ein inaktiver Vertragsarzt an der EHV weiter teilnimmt, dessen Punktzahl jährlich um 400 Punkte angewachsen ist. … Maßgeblich ist die Zahl der Jahre und Quartale der ausgeübten vertragsärztlichen Tätigkeit im Vergleich zur jeweiligen Normalstaffel. ...

4

§ 5 Berücksichtigung von Praxiskosten
(1) Bei der Ermittlung der Honorarforderung des Vertragsarztes oder einer Gemeinschaftspraxis von Vertragsärzten, die Grundlage für die Punktzahlgutschrift nach § 3 Absätze 1 a) und 1 b) wird, sind zunächst die für ausgewählte Leistungsbereiche festgelegten besonderen Kosten gemäß Anlage zu § 5 Abs. 1 unmittelbar von der Honorarforderung abzuziehen. Von der dann verbleibenden Honoraranforderung werden leistungsbezogen die unter Berücksichtigung des 'TL'-Anteils im EBM 2000plus definierten bzw. auf den Festlegungen nach Anlage zu § 5 Abs. 2 beruhenden Honoraranteile (jeweils bei Unterstellung eines Punktwertes von 5,11 Cent) im Rahmen der verbleibenden Honorarforderungen festgestellt und mit einem Anteil von x % von der verbleibenden Honorarforderung (nach Satz 1) abgezogen.
Der Anteil von x % bestimmt sich dabei ab Einführung des EBM 2000plus für die folgenden vier Quartale so, dass sich im Ergebnis das im jeweiligen Vorjahresquartal festgestellte Verhältnis zwischen dem Durchschnittshonorar, berechnet auf Basis aller in die EHV einbezogenen Honorarforderungen, und dem Durchschnittshonorar nach Berücksichtigung der seinerzeit anerkennungsfähigen besonderen Kosten, auch im aktuellen Abrechnungsquartal ergibt. Alle über den Anteil von x % hinausgehenden (verbleibenden) Honorarforderungen nach Satz 1 gehen in die weiteren EHV-Berechnungen nicht mehr ein (und werden dann im Rahmen der allgemeinen Honorarverteilung mit dem Bruttopunktwert bei punktzahlbewerteten Leistungen bzw. der Bruttoquote bei €-bewerteten Leistungen bzw. Pauschalen bewertet).
(2) Der Vorstand kann über den in der Anlage zu § 5 aufgeführten Rahmen hinaus für kostenintensive Leistungen unter Beachtung vorstehender Grundsätze des Abs. 1 weitere besondere Kostensätze festlegen und außerdem bestehende besondere Kostensätze korrigieren. Änderungen sind vor Beginn des Quartals, ab dem sie Gültigkeit haben sollen, durch Rundschreiben oder Veröffentlichung im Hessischen Ärzteblatt allen Vertragsärzten bekannt zu machen.
(3) Bei der Ermittlung des (der) Durchschnittshonorar(forderung) aller Vertragsärzte sind die nach den Absätzen 1 und 2 errechneten berücksichtigungsfähigen besonderen Kosten ebenfalls entsprechend abzuziehen.
(4) Der Vorstand wird ermächtigt, Durchführungsbestimmungen zu erlassen.

5

§ 8 Finanzierung der EHV-Ansprüche
(1) Die für die Finanzierung der nach §§ 3 ff. festgestellten EHV-Ansprüche notwendigen Mittel werden durch Quotierung der im Rahmen der Honorarverteilung festgestellten Punktwerte bereit gestellt. Die Quote darf dabei einen Wert von 5 % nicht überschreiten. Die festgestellten Ansprüche beziehen sich dabei auf das jeweils anerkannte durchschnittliche Honorar aus der Behandlung von Versicherten der Primär- und Ersatzkassen gemäß § 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 3. Sollten die erforderlichen Mittel (nach Abs. 1 Satz 2) für die Finanzierung der EHV-Ansprüche nicht ausreichen, sind alle Ansprüche über einen Nachhaltigkeitsfaktor so zu quotieren, dass die quotenmäßigen Belastungen der Punktwerte der Honorarverteilung einen Wert von 5 % nicht überschreitet.
(2) Der in der Zeit vom 01.01.2001 bis 30.06.2006 gebildete Ausgleichsfonds dient der Abdeckung des Finanzbedarfs der EHV-Ansprüche, der nicht durch die Umlage nach Abs. 1 gedeckt werden kann, soweit eine Anpassung des Nachhaltigkeitsfaktors im laufenden Quartal noch nicht erfolgen konnte. Der Ausgleich endet, wenn keine Mittel mehr im Ausgleichsfonds vorhanden sind."

6

Die Vorschrift des § 8 Abs 2 GEHV änderte die Beklagte im Jahr 2007 nochmals und beschloss die Auflösung des Ausgleichsfonds und die Auszahlung der verbliebenen Mittel an die Vertragsärzte, die ihn gebildet hatten, bis auf eine Schwankungsreserve von 6 Mio Euro.

7

Mit Bescheid vom 10.7.2007 setzte die Beklagte das EHV-Honorar des Klägers für das Quartal III/2006 auf 6565,23 Euro abzüglich des aktuellen Verwaltungskostensatzes fest. Dabei ging sie von einer Durchschnittshonoraranforderung der aktiven Vertragsärzte in Höhe von 41 194,39 Euro aus. Bei einem EHV-Anspruchssatz von 18 % ergebe sich ein Bruttohonorar von 7414,99 Euro. Unter Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsfaktors nach § 8 GEHV von 88,54 % ergebe sich der Auszahlungsbetrag.

8

Mit weiterem Bescheid vom 12.7.2007 erfolgte die Festsetzung des EHV-Honorars des Klägers für das Quartal IV/2006. Hierbei ging die Beklagte von einer Durchschnittshonoraranforderung von 44 587,28 Euro aus und errechnete hieraus ein EHV-Bruttohonorar von 8025,71 Euro, das nach Quotierung auf der Grundlage des Nachhaltigkeitsfaktors von 89,0956 % den Auszahlungsbetrag in Höhe von 7150,55 Euro ergab.

9

Die Widersprüche des Klägers gegen die Honorarbescheide wies die Beklagte zurück.

10

Mit Urteil vom 24.2.2010 hat das SG die Beklagte unter Änderung der angegriffenen Bescheide verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden; die weitergehende Klage auf Gewährung höherer Leistungen aus der EHV hat das SG abgewiesen. Nach der Rechtsprechung des BSG sei die bereits 2001 eingeführte Regelung zulässig, bei der Ermittlung der Durchschnittshonoraranforderung aller Vertragsärzte besondere Kosten vorweg abzuziehen, auch soweit dieser Abzug zu einer Verringerung des Durchschnittshonorars und damit im Ergebnis auch zu einer Verringerung der EHV-Ansprüche führe. § 5 Abs 1 Satz 2 GEHV in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung (GEHV 2006) sehe Abzüge von der Honorarforderung "unter Berücksichtigung des TL-Anteils im EBM 2000plus" vor, und zwar mit einem Anteil von x %. Diese Unbekannte x werde jedoch in der Satzung der Beklagten an keiner Stelle mit Satzungsqualität bestimmt, sodass offenbleibe, mit welchem Anteil die "Technischen Leistungen" (TL) von der Honorarforderung abgezogen würden. Die Beklagte habe dazu erläutert, sie erhalte von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) eine Liste, die für die Leistungen nach dem EBM 2000plus eine Aufstellung der jeweiligen technischen und ärztlichen Leistungsanteile enthalte. Auf der Grundlage dieser Vorgaben werde der durchschnittliche Anteil der technischen Leistungen fachgruppenbezogen ermittelt. Technische Leistungsanteile bis zu diesem Fachgruppendurchschnitt würden nicht gesondert berücksichtigt; in diesem Fall gehe die gesamte Honorarforderung in die EHV ein. Erst wenn die einzelne Praxis technische Leistungsanteile über dem Fachgruppendurchschnitt aufweise, werde der über dem Fachgruppendurchschnitt liegende Leistungsanteil aus der EHV-Quotierung herausgenommen. Der Sache nach sei diese Vorgehensweise nicht zu beanstanden, ihr fehle zur Zeit aber die satzungsrechtliche Grundlage. Soweit die Beklagte die von der KÄBV verfasste Aufstellung über die Festlegung von "TL"-Anteilen heranziehen wolle, müsse die Vertreterversammlung dies in ihren Gestaltungswillen aufnehmen. Die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors sei nur insoweit zu beanstanden, als er für bereits im EHV-Bezug stehende Anspruchsberechtigte keine Absicherung nach unten vorsehe, was aber für die streitbefangenen Quartale noch nicht zu einer Rechtsverletzung führe.

11

Die Beklagte hat nach der Zustellung des sozialgerichtlichen Urteils die Vorschrift des § 5 GEHV mit (Rück-)Wirkung ab dem 1.4.2005 wie folgt neu gefasst:
"(1) Bei der Ermittlung der Honorarforderung des Vertragsarztes oder einer Gemeinschaftspraxis von Vertragsärzten, die Grundlage für die Punktzahlgutschrift nach § 3 Absätze 1 a) und 1 b) ist, werden leistungsbezogen die unter Berücksichtigung des 'TL'-Anteils im EBM 2000plus definierten Honoraranteile (mit einem rechnerischen Punktwert von 5,11 Cent) im Rahmen der Honorarforderungen festgestellt. Die Liste TL-Anteile wird von der Vertreterversammlung aufgestellt und beschlossen. Der Vorstand ist berechtigt, Korrekturen, Ergänzungen oder Aktualisierungen der Liste vorzunehmen, insbesondere wenn Änderungen der Gebührenordnung dies erfordern. Die Berücksichtigung dieser Kostenanteile erfolgt nur, soweit sie einen Anteil von x % der jeweiligen Fachgruppe übersteigen.
Der Anteil von x % bestimmt sich dabei ab Einführung des EBM 2000plus so, dass sich im Ergebnis das im jeweiligen Vorjahresquartal festgestellte Verhältnis zwischen dem Durchschnittshonorar, berechnet auf Basis aller in die EHV einbezogenen Honorarforderungen, und dem Durchschnittshonorar nach Berücksichtigung der seinerzeit anerkennungsfähigen besonderen Kosten, auch im aktuellen Abrechnungsquartal ergibt. Die Festlegung erfolgt durch den Vorstand. Alle über den Anteil von x % hinausgehenden Honorarforderungen nach Satz 1 gehen in die weiteren EHV-Berechnungen nicht mehr ein. Sie werden im Rahmen der allgemeinen Honorarverteilung mit dem Bruttopunktwert bei punktzahlbewerteten Leistungen bzw. der Bruttoquote bei €-bewerteten Leistungen bzw. Pauschalen bewertet."

12

Als zu berücksichtigender Kostenanteil nach § 5 Abs 1 GEHV wurde mit Beschluss der Vertreterversammlung vom 29.5.2010 mit Wirkung ab dem Quartal II/2005 die Liste "GO-Stamm-Auszug II/2005 EHV" festgestellt, mit Wirkung ab dem Quartal I/2008 die Liste "EHV-Kostenanteile 2008".

13

Mit Urteil vom 27.6.2012 hat das LSG auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG und die Bescheide der Beklagten geändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Quartale III/2006 und IV/2006 Leistungen aus der EHV ohne Quotierung aufgrund des Nachhaltigkeitsfaktors gemäß § 8 Abs 1 GEHV zu gewähren. Auf die Berufung der Beklagten hat es das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen, soweit die Beklagte zur Neubescheidung des EHV-Anspruchs des Klägers hinsichtlich der Kürzungen wegen technischer Leistungen gemäß § 5 GEHV verurteilt worden war. Mit der zum 1.4.2005 in Kraft getretenen Regelung des § 5 GEHV 2010 habe die Beklagte auch für die streitbefangenen Quartale eine ausreichende Rechtsgrundlage für den Abzug besonderer Kosten geschaffen. Die Rückwirkung der Regelung sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Ein Vertrauen der inaktiven Vertragsärzte, dass ein solcher Abzug nicht vorgenommen werde, habe zu keinem Zeitpunkt bestanden.

14

Soweit es durch den Nachhaltigkeitsfaktor zu einer Kürzung der EHV-Ansprüche für die streitbefangenen Quartale komme, verletze dies den Kläger in seinem Eigentumsrecht aus Art 14 Abs 1 GG. Der aktive Vertragsarzt erwerbe durch Minderung seines Honoraranspruchs zugunsten der EHV, der eine Funktion wie dem Beitrag zur Rentenversicherung zukomme, Teilhabeansprüche an dem zukünftig erwirtschafteten Honorar der Vertragsärzte. Der EHV-Bezieher habe die rechtlich geschützte Erwartung, dass bei relativ gleichbleibenden Finanzmitteln die Leistung aus der EHV in einer aufgrund des erworbenen Anspruchssatzes bestimmbaren Höhe auf Dauer garantiert sei. Die Minderung des EHV-Anspruchs durch den Nachhaltigkeitsfaktor sei zwar von einem gewichtigen Gemeinwohlinteresse getragen. Wie alle Alterssicherungssysteme stehe die EHV vor dem Problem, dass eine immer kleinere Zahl von aktiven Vertragsärzten eine immer größere Zahl inaktiver Vertragsärzte versorgen müsse. Bei unveränderter Fortführung der EHV wäre die Belastungsquote der aktiven Ärzte im Jahr 2009 auf 6,05 % gestiegen, im Jahr 2010 auf 6,4 %. Allein eine steigende Beitragslast berechtige aber noch nicht zu Kürzungen bei den erworbenen Rentenansprüchen. Die Anwendung des Nachhaltigkeitsfaktors habe ausschließlich die inaktiven Vertragsärzte belastet. Der Kläger habe in den streitbefangenen Quartalen eine Minderung der Leistungen um mehr als 6 % hinnehmen müssen.

15

Zur Begründung ihrer Revision trägt die Beklagte vor, das LSG beschränke die Gestaltungsfreiheit des Normgebers unangemessen. Die Reform im Jahr 2006 sei im Rahmen ihrer Beobachtungs- und Reaktionspflicht erfolgt. Es habe sich gezeigt, dass der Ausgleichsfonds nur eine mittelfristige Stabilisierung hätte bewirken können. Ohne weitere Auffangregelungen zur Kompensation demographischer Verwerfungen hätte es einen kontinuierlich steigenden EHV-Umlagesatz gegeben. Die Festschreibung der Belastungsquote auf 5 % habe sich an dem Honoraranteil orientiert, der in der Vergangenheit von den Vertragsärzten im Durchschnitt habe aufgewandt werden müssen. Ohne die Begrenzung durch den Nachhaltigkeitsfaktor wäre im Quartal I/2009 die Belastungsgrenze von 6 % überschritten gewesen. Im Interesse der Sicherstellung der Versorgung und der Bestandssicherung der EHV habe man dem entgegenwirken müssen. Der Nachhaltigkeitsfaktor belaste auch nicht unverhältnismäßig die inaktiven Vertragsärzte, zumal er seit Ende 2011 auf maximal 80 % beschränkt gewesen sei. Das LSG habe nicht hinreichend die weiteren Maßnahmen berücksichtigt, die mit der Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors getroffen worden seien. So seien die Anspruchshöchstsätze von 15 % auf 18 % zurückgeführt worden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der EHV nur um eine Teilsicherung der Vertragsärzte handele, die daneben Leistungen aus dem Versorgungswerk der hessischen Ärzte erhielten. Grundlage für die Berechnung sei ab dem Quartal III/2006 das Durchschnittshonorar der aktiven Vertragsärzte vor - und nicht wie bis dahin nach - Abzug des EHV-Anteils und nach Berücksichtigung der Praxiskosten gewesen. Dieses geänderte Vorgehen habe zu einer Abmilderung der Auswirkungen des Nachhaltigkeitsfaktors geführt (Reduzierung von 6,1822 % statt 11,1822 %). Das gelte auch für die seit 2011 vorgesehene Einbeziehung der Einnahmen aus Sonderverträgen. Die Entwicklung der Bezüge aus der EHV vom Quartal I/2000 bis zum Quartal II/2009 mache deutlich, dass das Absinken der Auszahlungsquote nicht zwingend zu niedrigeren Auszahlungsbeträgen führe. Es werde immer noch ein angemessenes Leistungsniveau gewährleistet. Schließlich sei ein vertretbarer und kalkulierbarer EHV-Umlagesatz Voraussetzung für eine dauerhafte Sicherstellung der Versorgung.

16

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 27.6.2012 aufzuheben, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger für die Quartale III/2006 und IV/2006 Leistungen aus der EHV ohne Quotierung aufgrund des Nachhaltigkeitsfaktors zu erbringen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen,
die Klage in vollem Umfang abzuweisen und die Anschlussrevision zurückzuweisen.

17

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen und im Wege der Anschlussrevision,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 27.6.2012 zu ändern, soweit dieses das Urteil des SG Marburg vom 24.2.2010 geändert und die Klage abgewiesen hat, soweit die Beklagte zur Neubescheidung des EHV-Anspruchs des Klägers hinsichtlich der Kürzungen wegen technischer Leistungen gemäß § 5 GEHV verurteilt worden ist
und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

18

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend, soweit die Beklagte zur Leistung ohne Quotierung verurteilt worden ist. Soweit die Beklagte das Absinken des wirtschaftlichen Wertes des Höchstanspruchs für eine Belastung der aktiven Vertragsärzte anführe, könnten die Aktiven auf die Prognose reagieren, die Inaktiven aber nicht mehr. Es sei eine besonders strenge Kontrolle der Verhältnismäßigkeit geboten, weil die inaktiven Vertragsärzte in der Vertreterversammlung nicht vertreten seien. Dass Ärzte durch die EHV nicht von der Niederlassung in Hessen abgehalten würden, zeige der Anstieg der Zahl der Ärzte von 2006 bis 2011 um 600. Im Wege der Anschlussrevision wendet sich der Kläger gegen den Abzug der TL-Anteile nach § 5 GEHV. Die Vorschrift sei so unklar formuliert, dass kein Arzt nachvollziehen könne, welche Honoraranteile für "technische Leistungen" von welchen Beträgen abgesetzt würden. Die Neuregelung aus dem Jahr 2010 zum 1.4.2005 verstoße gegen das Rückwirkungsverbot.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision der Beklagten ist nur teilweise begründet. Ohne Erfolg wendet sie sich gegen die Beurteilung des LSG, dass die Anwendung des Nachhaltigkeitsfaktors auf den Zahlungsanspruch des Klägers rechtswidrig ist. Zu Recht rügt sie aber, dass das LSG sich auf eine Verpflichtung zur Neubescheidung hätte beschränkten müssen und sie nicht hätte verurteilen dürfen, Leistungen ohne Quotierung zu erbringen. Die Anschlussrevision des Klägers ist nicht begründet.

20

1. Die Anschlussrevision des Klägers ist zulässig. Die Revisionsfrist des § 164 Abs 1 SGG gilt nicht für die Anschlussrevision, die nach der Rechtsprechung des BSG auch in der Sozialgerichtsbarkeit statthaft ist(vgl BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 29; BSG SozR 4-1500 § 144 Nr 4 RdNr 16 mwN). Nach § 202 SGG iVm § 554 ZPO kann sich der Kläger auch noch nach Ablauf der Revisionsfrist der Revision der Beklagten anschließen, wenn er dies binnen eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung erklärt. Diese Frist hat der Kläger hier eingehalten. Die Revisionsbegründung ist ihm am 24.5.2013 zugestellt worden, die Anschlussrevision hat er am 17.6.2013 eingelegt. Die Anschlussrevision des Klägers bezieht sich zwar auf einen anderen rechtlichen Gesichtspunkt, aber auf denselben Streitgegenstand wie die Hauptrevision der Beklagten, nämlich die Höhe des Anspruchs des Klägers aus der EHV.

21

2. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Teilnahme an der EHV in den streitbefangenen Quartalen sind die GEHV in der von der Vertreterversammlung der KÄV am 1.4.2006 und 31.5.2006 beschlossenen und von dem aufsichtsführenden Sozialministerium des Landes Hessen am 2.8.2006 genehmigten Fassung (veröffentlicht im HessÄBl, September 2006), ergänzt durch die Beschlüsse vom 20.2.2010, 29.5.2010 und 28.8.2010 (Feststellung der Liste der TL-Anteile, Einbeziehung der Einnahmen aus Sonderverträgen), vom Hessischen Sozialministerium genehmigt mit Schreiben vom 10.6.2011 (veröffentlicht durch Rundschreiben "EHVAktuell" vom 6.7.2011). Sie sind, soweit die Berücksichtigung der Vergütung "technischer Leistungen" nach § 5 GEHV iVm den dazu beschlossenen Anlagen betroffen ist, rechtmäßig, hinsichtlich der Einführung des "Nachhaltigkeitsfaktors" nach § 8 GEHV rechtswidrig.

22

a) In Hessen wird die Altersversorgung der Vertragsärzte - anders als in allen anderen KÄV-Bezirken - sowohl über das Versorgungswerk der Ärztekammer Hessen als auch über die KÄV sichergestellt. Nach § 8 des Gesetzes über die KÄV und die KZÄV Hessen (KVHG) sorgt die KÄV Hessen "im Rahmen ihrer Satzung für eine wirtschaftliche Sicherung der invaliden und alten Kassenärzte und Hinterbliebenen von Kassenärzten(seit 2009: '… Vertragsärztinnen oder Vertragsärzte und der Hinterbliebenen von Vertragsärztinnen oder Vertragsärzten'). Diese Sicherung kann auch durch besondere Honorarverteilungsgrundsätze geregelt werden." Bundesgesetzliche Grundlage für die landesrechtliche Vorschrift des § 8 KVHG ist die nach wie vor geltende Regelung des Art 4 § 1 Abs 2 Satz 2 des Gesetzes über Kassenarztrecht (GKAR) vom 17.8.1955 (BGBl I 513). Danach bleiben landesrechtliche Regelungen über die Altersversorgung der Kassenärzte unberührt. Diese Vorschrift schützt die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits bestehenden Versorgungseinrichtungen von Kassen-(heute: Vertrags-)Ärzten (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 25; BSGE 25, 123, 128 = SozR Nr 1 zu Art 4 § 1 GKAR).

23

Die beklagte KÄV führt seit dem 1.1.1954 die Alterssicherung im Wege einer (limitierten) Teilnahme der ehemaligen Vertragsärzte an der Honorarverteilung für jedes Quartal durch. Der Satzungsgeber des Versorgungswerks der Ärztekammer Hessen hat dem dadurch Rechnung getragen, dass die Mitglieder der Ärztekammer Hessen, die vertragsärztlich zugelassen sind, wegen ihrer über die KÄV Hessen organisierten Altersversorgung nur die Hälfte des Beitrags zum Versorgungswerk der Ärztekammer zu entrichten haben, der sich ergäbe, wenn sie mit ihrem gesamten Einkommen aus ärztlicher Tätigkeit - bei Beachtung der bestehenden Beitragsbemessungsgrenzen - beitragspflichtig zum Versorgungswerk der Kammer wären.

24

aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass § 8 KVHG iVm Art 4 § 1 Abs 2 GKAR verfassungsgemäß ist, insbesondere eine hinreichend präzise Ermächtigungsgrundlage für den Satzungsgeber enthält, im Rahmen der betroffenen grundrechtlichen Gewährleistungen von Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG einerseits und Art 14 Abs 1 GG andererseits Regelungen zu treffen(BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 34 ff). Die Vorschriften bilden nicht nur mit hinreichender Bestimmtheit eine Grundlage für ein umlagefinanziertes Versorgungssystem, sondern auch für die Anpassung der EHV an sich ändernde Verhältnisse im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung. Nach Auffassung des Senats hat sich gezeigt, dass die Beklagte auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigungen auf (auch) grundlegende Änderungen in der Versorgungsstruktur in Bezug auf die EHV sachgerecht zu reagieren imstande ist (vgl dazu auch Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 6 KA 8/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Das betreffe sowohl die 1991 erfolgte Erweiterung der EHV auf Honorare, die für die Behandlung von Versicherten der Ersatzkassen über die KÄV verteilt worden sind als auch die Entscheidung, die Psychologischen Psychotherapeuten nicht in die EHV einzubeziehen.

25

Künftigen Regelungsbedarf hat der Senat im Hinblick auf die Einnahmen der Vertragsärzte gesehen, die nicht mehr über die KÄV bezogen werden. Als Reaktion hierauf fasste der Landesgesetzgeber § 8 KHVG zum 23.12.2009 neu (vgl Drucksache des Hessischen Landtags 18/767 S 3). Nach der Neufassung sind zur Sicherung der EHV der KÄV neben der Gesamtvergütung sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der KÄV ausgezahlt werden, der EHV unterworfen. Dies gilt unabhängig von der Rechtsgrundlage der Vergütung auch für die Vergütung aus Direktverträgen zwischen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen oder aus Verträgen zur Integrierten Versorgung (Abs 2). Die KÄV ist berechtigt, durch Satzung die Einbeziehung der Umsätze für Leistungen nach Abs 2 zu regeln (Abs 4).

26

bb) Die maßgeblichen Regelungen für die EHV in den GEHV wurden im Laufe der Zeit häufig geändert. Grundlegende Umgestaltungen erfolgten in jüngerer Zeit zum 1.10.2001 und erneut zum 1.7.2006 sowie zuletzt zum 1.7.2012.

27

(1) Die Reform zum Quartal IV/2001 senkte den Höchstanspruchssatz von 18 % auf 15 %. Die "Normalstaffel" wurde auf eine 30-jährige statt auf eine 35-jährige vertragsärztliche Tätigkeit ausgerichtet. Besondere Kosten der Praxistätigkeit wurden von den festgestellten Honorarforderungen der aktiven Vertragsärzte abgezogen. Einem Ausgleichsfonds wurden bis zum Quartal II/2006 Finanzmittel zu Lasten der Honorarverteilung zugeführt.

28

(2) Mit der Reform zum 1.7.2006 kehrte die Beklagte wieder zu einem Anspruchshöchstsatz von 18 % zurück. Die EHV-Belastungsgrenze für die aktiven Vertragsärzte wurde in § 8 Abs 1 GEHV auf maximal 5 % festgesetzt. Beim Überschreiten dieses Wertes wurden alle Ansprüche über einen Nachhaltigkeitsfaktor so quotiert, dass die quotenmäßigen Belastungen der Punktwerte der Honorarverteilung einen Wert von 5 % nicht überschritten. Zum 13.12.2011 wurde der Nachhaltigkeitsfaktor auf 80 % begrenzt. Die Belastungsgrenze der aktiven Vertragsärzte konnte von 5 % auf 6 % steigen für den Fall, dass die Ansprüche der EHV-Empfänger bis zu einer Höhe von 80 % mit einer Quote von 5 % nicht zu bedienen sind. Soweit auch dies nicht ausreicht, sollte eine weitere Absenkung des Nachhaltigkeitsfaktors erfolgen.

29

Hinsichtlich der Bewertung der Praxiskosten fand eine Anpassung an die betriebswirtschaftliche Kalkulation der ärztlichen Leistungen bezogen auf einen ärztlichen Leistungsanteil und einen technischen Leistungsanteil (TL) statt. Der TL-Anteil der Kosten einer Praxis wurde unmittelbar von der Honorarforderung der aktiven Vertragsärzte abgezogen, soweit sie über dem Anteil der jeweiligen Fachgruppe lagen. Grundlage der Bewertung der TL-Anteile waren Listen der KÄBV, die eine Aufstellung der technischen Leistungsanteile der Leistungsziffern des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) enthielten. Zum Quartal II/2006 änderte die Beklagte auch ihre Verwaltungspraxis hinsichtlich der Berechnung des maßgeblichen Durchschnittshonorars. Zugrunde gelegt wurde nicht mehr das Durchschnittshonorar der aktiven Vertragsärzte aus der Abrechnung der Primär- und Ersatzkassen nach EHV-Quotierung gemäß § 8 Abs 1 GEHV, sondern vor dieser Quotierung und nach Berücksichtigung der Praxiskosten nach § 5 GEHV.

30

Zum 7.7.2011 beschloss die Vertreterversammlung eine Neufassung des § 5 Abs 1 GEHV rückwirkend ab dem 1.4.2005. Mit ihr wurde den vom SG geäußerten Bedenken Rechnung getragen und die Liste der TL-Anteile gemäß § 5 Abs 1 GEHV ausdrücklich durch die Vertreterversammlung festgestellt. Außerdem wurde auf der Grundlage des neu gefassten § 8 KVHG eine Bestimmung eingefügt, wonach Vergütungen für Leistungen der GKV, die außerhalb der Gesamtvergütung vergütet wurden, einbezogen wurden.

31

Mit Wirkung zum 12.5.2010 (Beschlüsse vom 31.10.2009 und 12.12.2009) wurde die GEHV dahin geändert, dass Ärzte, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, an der EHV teilnehmen und trotzdem ihre vertragsärztliche Tätigkeit fortsetzen können.

32

(3) Zum 1.7.2012 reformierte die Beklagte die EHV grundlegend: Es gibt nunmehr neun Beitragsklassen, in die alle Vertragsärzte eingruppiert werden. Aus der Beitragsklasse folgt ein fester Eurobetrag als Beitrag. Die Höhe des Anspruchs aus der EHV ergibt sich aus den durch die Beiträge gesammelten Punkten. Die Höchstpunktzahl wurde von 12 000 auf 14 000 Punkte angehoben. Die Höhe der monatlichen EHV-Leistung errechnet sich aus der Multiplikation der über die Beitragszeit erworbenen Punkte mit einem festen Punktwert in Euro. Ausgangswert des zum 1.7.2012 festgelegten Punktwertes war der Jahresbetrag des Durchschnittshonorars 2010 nach den bis zum 30.6.2012 gültigen Grundsätzen der EHV. Die Ansprüche der EHV-Empfänger, die bereits vor dem 1.7.2012 Leistungen bezogen, wurden versicherungsmathematisch umgerechnet. Das Eintrittsalter wird schrittweise auf 67 Jahre angehoben.

33

b) Die Verteilungsprinzipien der EHV waren bereits Gegenstand der Senatsurteile vom 9.12.2004 (ua B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 97 ff) und 16.7.2008 (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43). Im Urteil vom 9.12.2004 hat der Senat zu den Regelungen über die Beitragsbemessung zur EHV ausgeführt, es gälten die allgemein für die Erhebung von Beiträgen maßgeblichen Grundsätze, insbesondere das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitssatz. Aus dem Äquivalenzprinzip folge, dass Beitragsleistung und Versorgungsleistung einander entsprechen müssten. Zu beanstanden sei danach weder der Verzicht auf eine Beitragsbemessungsgrenze noch die Anknüpfung des Beitrags an die Honorarhöhe (aaO RdNr 110 ff).

34

Im Urteil vom 16.7.2008 hat der Senat die Anforderungen an normative Regelungen zur Alters- und Invaliditätssicherung von Vertragsärzten in der aktiven wie in der Ruhestandsphase präzisiert. Die Maßstäbe ergäben sich einerseits aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG) und andererseits - insbesondere in der inaktiven Phase - aus Art 14 Abs 1 GG. Die Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen der EHV nach Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit seien strukturell und im Hinblick auf ihre besondere Schutzbedürftigkeit Ansprüchen aus betrieblichen Versorgungsanwartschaften und aus den beitragsfinanzierten Sozialversicherungssystemen vergleichbar (aaO RdNr 39). Sie seien dem Inhaber nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts als privatnützig zugeordnet, dienten seiner Existenzsicherung und beruhten auf Eigenleistungen ihres Inhabers (vgl BVerfGE 69, 272, 300 ff = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 125 ff; BVerfGE 100, 1, 32 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 47 ff zum Schutz von Renten und Rentenanwartschaften). Der Vorwegabzug des Anteils der aktuellen Gesamtvergütung, der für die Zwecke der als reines Umlagesystem organisierten EHV benötigt werde, übernehme die Funktion, die in der Rentenversicherung und der berufsständischen Altersversorgung dem "Beitrag" zukomme.

35

Zum Umfang des Anspruchs hat der Senat dargelegt, den jetzt im Ruhestand lebenden Vertragsärzten sei zugesichert worden, dass sie an der Verteilung der Gesamtvergütung nach allgemein verbindlichen, vor dem jeweiligen Quartal erlassenen Regelungen teilnehmen, und dass sich - nicht anders als in einem umlagefinanzierten System wie der gesetzlichen Rentenversicherung und auch nicht anders als in der steuerfinanzierten Versorgung von Beamten - der wirtschaftliche Erfolg in der aktiven Zeit in der Höhe der Einnahmen in der inaktiven Phase - nicht punktgenau, sondern nur prinzipiell - widerspiegelt (aaO RdNr 53). Die Beklagte sei im Rahmen ihrer Satzungsautonomie stets gehalten, auf einen sachgerechten Ausgleich hinzuwirken zwischen den Belangen der aktiven Ärzte, denen hinreichende Anreize für Aufnahme und Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit gegeben werden müssten, und den Interessen der früheren Vertragsärzte, die durch eigene Aktivitäten die Höhe ihrer Ansprüche aus der EHV nicht mehr beeinflussen und ihre Altersversorgung nicht mehr ausbauen könnten und deshalb besonders schutzbedürftig seien (aaO RdNr 55). Das entspreche auch der Rechtsprechung des BAG zur Verschlechterung von Versorgungsanwartschaften und Versorgungsansprüchen früherer Arbeitnehmer durch tarifvertragliche Regelungen (aaO RdNr 57 unter Hinweis auf BAG Urteil vom 21.8.2007, NZA 2008, 182, 187 = BAGE 124, 1 = AP Nr 69 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen).

36

c) Gemessen an diesen Maßstäben hat das LSG zu Recht die Berücksichtigung der technischen Anteile nicht beanstandet, wohl aber die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors in seiner konkreten Ausgestaltung.

37

aa) Die hier angegriffenen Satzungsbestimmungen sind formell rechtmäßig. Dass die Beschlussfassung über die GEHV durch die Vertreterversammlung kein Indiz für eine einseitige Bevorzugung der Belange der aktiven Vertragsärzte sei, hat der Senat bereits in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2008 dargelegt und darauf hingewiesen, dass Vertragsärzte in den letzten Jahren ihrer aktiven Tätigkeit sehr genau beobachten werden, wie die Verteilungsgrundsätze durch die Vertreterversammlung ausgestaltet werden, und darauf achten werden, dass nicht im Hinblick auf kurzfristige Vorteile, die ihnen in den wenigen Jahren der vertragsärztlichen Tätigkeit noch zugute kommen mögen, ihre mutmaßlich für eine sehr viel längere Zeit zu gewährenden Bezüge aus der EHV geschmälert werden (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 61). Der Senat hat es als Sache der Aufsichtsbehörde bzw der Gerichte angesehen, von der Vertreterversammlung getroffene einseitige Regelungen zu Lasten der inaktiven Vertragsärzte zu beanstanden (aaO RdNr 64). Die Bildung einer "Interessengemeinschaft EHV", deren Vorsitzender der Kläger ist, belegt im Übrigen, dass die inaktiven Vertragsärzte durchaus in der Lage sind, ihre Interessen zu organisieren und wirkungsvoll zu vertreten. Nach Angaben des Klägers hat die Interessengemeinschaft entscheidend die grundlegende Neuorientierung der seit 2012 geltenden EHV-Regelungen beeinflusst.

38

bb) Die Vorschrift des § 5 GEHV zu den Technischen Leistungen in der Gestalt, die sie durch die Beschlüsse der Vertreterversammlung der Beklagten aus 2010 erhalten hat, ist rechtmäßig. Sie entspricht strukturell den bereits zuvor geltenden Regelungen, die der Senat nicht beanstandet hat.

39

(1) Der Senat hat im Urteil aus 2008 dargelegt, dass schon seit dem 1.7.1991 bei der Ermittlung der für die EHV einzubehaltenden Gesamtvergütungsanteile, die auf die einzelne Praxis entfallen, besondere Kosten berücksichtigt wurden. Damit habe die Beklagte in zulässiger Weise auf die signifikanten Unterschiede bei den Kostensätzen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung reagiert. Die Berücksichtigung von besonderen Kosten bei bestimmten Leistungen habe der Senat bereits in seinen Urteilen vom 9.12.2004 (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 112) nicht nur gebilligt, sondern tendenziell im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG für geboten gehalten. Soweit vertragsärztliche Umsätze verschiedener Arztgruppen nicht mehr tendenziell Überschüsse in ähnlicher Größenordnung erwarten lassen, müsse dies bei Belastungen, die allein an Umsätzen ausgerichtet seien, berücksichtigt werden (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 67).

40

§ 5 GEHV in der ab dem 1.10.2001 geltenden Fassung hat der Senat nicht beanstandet. Danach wurden bei der Ermittlung der Honorarforderung des Vertragsarztes für bestimmte Leistungsbereiche besondere Kosten, zB Dialysekosten, unmittelbar von der Honorarforderung abgezogen. Von der verbleibenden Honorarforderung wurden unter der Annahme eines allgemeinen Praxiskostensatzes von 50 % die darüber hinaus nach der Anlage zu § 5 Abs 1 GEHV für einzelne Leistungsbereiche definierten besonderen Kosten unter Berücksichtigung der abgerechneten Honorarforderung für die dort aufgeführten Leistungen zusätzlich anteilig in Abzug gebracht. Für kostenintensive Leistungen konnte der Vorstand weitere besondere Kostensätze anerkennen. Bei der Ermittlung der Durchschnittshonorare wurden nach § 5 Abs 3 GEHV (2001) die nach den Abs 1 und 2 der Vorschrift berücksichtigungsfähigen besonderen Kosten abgezogen. Der Senat hat in seiner Entscheidung aus 2008 ausgeführt, dass diese Regelungen rechtstechnisch an die vom Senat bereits zuvor gebilligte Berücksichtigung besonderer Kosten anknüpften. Neu sei, dass die auf diese Kosten entfallenden Anteile der Gesamtvergütung bei der Berechnung der Durchschnittshonoraranforderung aller Vertragsärzte (§ 3 Abs 1 GEHV) außer Betracht blieben (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 69).

41

Im Hinblick auf Art 14 Abs 1 Satz 2 GG hat der Senat die Vorschrift nicht beanstandet (aaO RdNr 71 f). Die Beklagte habe im Rahmen der ihr als normsetzender Körperschaft zukommenden Gestaltungsfreiheit zum 1.10.2001 verschiedene Neuregelungen getroffen, die sich auf aktive wie auf ehemalige Ärzte belastend ausgewirkt haben. Die Neuregelung der Berücksichtigung der besonderen Kosten belaste die ehemaligen Vertragsärzte, aber auch die aktiven Vertragsärzte, die eben mit den auf diese Kosten entfallenden Anteilen ihrer Honorarforderung keine Ansprüche für ihre spätere Teilnahme an der EHV erwerben könnten. Auch in der Generationenperspektive biete der Ansatz bei (steigenden) Praxiskosten für bestimmte Leistungen Vorteile. Der EHV sei der Anspruch der früheren Vertragsärzte immanent, an steigenden Gesamtvergütungen zu partizipieren. Wenn und soweit aber steigende Gesamtvergütungen eher steigende Kosten der vertragsärztlichen Tätigkeit abbilden als steigende Gewinne, sei es prinzipiell gerechtfertigt, die inaktiven Vertragsärzte von der Teilnahme an solchen rein kostenbedingten Erhöhungen auszuschließen, weil bei ihnen solche Kosten nicht mehr anfallen. Deshalb sei es der Beklagten nicht verwehrt, steigende Kosten für besonders aufwendige Leistungen zum Anlass einer gewissen Umverteilung zwischen den einzelnen Arztgruppen unter Einschluss auch der ehemaligen Vertragsärzte zu nehmen. Ob die Belastung dieser Ärzte exakt den Auswirkungen der steigenden Kosten entspreche, bedürfe keiner näheren Prüfung. Die gerichtliche Kontrolle von Geeignetheit und Erforderlichkeit anspruchsbegrenzender Normen müsse auf den Ausschluss struktureller Fehlfestlegungen und ersichtlich unangemessener Lastenverteilungen ausgerichtet sein, wenn sie die Gestaltungsfreiheit des Normgebers nicht unangemessen beschränken solle.

42

(2) Die hier streitbefangene Neufassung des § 5 GEHV zum 1.7.2006 unterschied sich strukturell nicht von der bereits vom Senat gebilligten Fassung der Norm zum 1.10.2001. Im Abs 1 Satz 1 der Neufassung 2006 fand sich wie zuvor die Verweisung auf die Anlage zu § 5, die allerdings nun keine Regelungen mehr enthielt. Dementsprechend entfiel mit der Satzungsänderung im Jahr 2010 der Verweis auf die Anlage. Inhaltlich übereinstimmend sahen die Fassungen des § 5 GEHV aus 2006 und 2010 vor, dass leistungsbezogen die unter Berücksichtigung des "TL"-Anteils im EBM 2000plus definierten Honoraranteile festgestellt und mit einem Anteil von x % von der verbleibenden Honorarforderung abgezogen wurden. Der Anteil von x % bestimmte sich nach § 5 Abs 1 Satz 3 GEHV 2006 ab Einführung des EBM 2000plus für die folgenden vier Quartale so, dass sich im Ergebnis das im jeweiligen Vorjahresquartal festgestellte Verhältnis zwischen dem Durchschnittshonorar, berechnet auf der Basis aller in der EHV einbezogenen Honorarforderungen, und dem Durchschnittshonorar nach Berücksichtigung der seinerzeit anerkennungsfähigen besonderen Kosten, auch im aktuellen Abrechnungsquartal ergab. Diese Formulierung wurde 2010 lediglich dahin geändert, dass die Worte "für die folgenden vier Quartale" wegfielen (dort Satz 5). Maßgeblich war mithin das Verhältnis zwischen dem Durchschnittshonorar vor und dem Durchschnittshonorar nach Berücksichtigung der besonderen Kosten, jeweils bezogen auf das Vorjahresquartal. Die über den Anteil x hinausgehenden Honorarforderungen gingen in die weitere EHV-Berechnung nicht ein. Tatsächlich wurden nur die Kosten vom Honorar abgezogen, die über dem Faktor x lagen. In der im Jahr 2010 rückwirkend zum 1.4.2005 beschlossenen Änderung des § 5 Abs 1 Satz 4 GEHV wurde dies unmissverständlich deutlich: "Die Berücksichtigung dieser Kostenanteile erfolgt nur, soweit sie einen Anteil von x % der jeweiligen Fachgruppe übersteigen."

43

Die Bezugnahme in § 5 GEHV auf die TL-Anteile des EBM 2000plus war hinreichend bestimmt. Die für die Trennung zwischen ärztlichen und technischen Leistungen von der KÄBV ausgewerteten Daten des Statistischen Bundesamtes und des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung durften von der Beklagten als repräsentativ zugrunde gelegt werden. Bereits im Jahr 2004 hat der Senat nicht beanstandet, dass die Kostensätze für die besonders kostenintensiven Leistungen ua anhand der Durchschnittskosten der Strukturanalysen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung und des Statistischen Bundesamtes ermittelt worden waren (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 112). Auch wenn die Ermittlungen nicht im Zusammenhang mit der EHV erfolgten, bilden sie eine verlässliche Basis für eine Bestimmung der Kostenanteile. Das SG hat indes zu Recht bemängelt, dass zum einen der ursprüngliche Wortlaut des § 5 Abs 1 Satz 3 GEHV - "ab Einführung des EBM 2000plus für die folgenden vier Quartale" - die Auslegung zuließ, dass es sich lediglich um eine Übergangsvorschrift bis zum 1.3.2006 handelte und zum anderen auf einen Faktor verwiesen wurde, der nicht Bestandteil des EBM-Ä oder der GEHV war. Wenn die Vertreterversammlung im Jahr 2010 rückwirkend die Liste der TL-Anteile aufgestellt und beschlossen hat, hat damit aber eine zulässige Klarstellung durch den Satzungsgeber stattgefunden.

44

Insofern bestehen keine Bedenken gegen die Rückwirkung des § 5 Abs 1 GEHV (2010). Zwar entfaltete die Regelung eine echte Rückwirkung, weil sie in der Vergangenheit liegende, abgeschlossene Zeiträume betraf. Gesetze mit echter Rückwirkung sind grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar (stRspr, vgl BVerfGE 101, 239, 263; 131, 20, 39; 132, 302, 318, jeweils mwN). Von diesem grundsätzlichen Verbot echt rückwirkender Gesetze bestehen jedoch Ausnahmen (stRspr, vgl BVerfGE 122, 374, 394 f; 126, 369, 393 f = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 75; BVerfGE 131, 20, 39). Das Rückwirkungsverbot findet nach der Rechtsprechung des BVerfG im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (vgl BVerfGE 88, 384, 404; 122, 374, 394; 126, 369, 393 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 75). Es gilt nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte (vgl BVerfGE 95, 64, 86 f; 122, 374, 394) oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war (vgl BVerfGE 50, 177, 193 = SozR 5750 Art 2 § 99 Nr 8 S 24 f mwN). Eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit echter Rückwirkungen ist gegeben, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten (vgl BVerfGE 95, 64, 86 f; 122, 374, 394). Das kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste (vgl BVerfGE 88, 384, 404; 126, 369, 393 f = SozR 4-5050 § 22b Nr 9). Danach steht das Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG einer Rückwirkung hier nicht entgegen.

45

Die Teilnehmer an der EHV mussten bereits seit 2001 akzeptieren, dass besondere Kostenanteile vom Durchschnittshonorar abgezogen wurden. Das galt in gleichem Maße für die aktiven Vertragsärzte, deren Punktzahlen für die Anwartschaft hierdurch geschmälert wurden, wie für die inaktiven Vertragsärzte, für die sich dadurch die Berechnungsgrundlage verringerte. Das LSG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Senat die Berücksichtigung besonderer Kosten sogar unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten für geboten gehalten hat (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 111 f; BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 67). Bereits zum 1.1.2005 war die Vorschrift des § 5a GEHV eingefügt worden, die wortgleich dem ab dem 1.7.2006 geltenden § 5 GEHV entsprach. Nach ihren eigenen Angaben verfuhr die Beklagte bereits ab dem Quartal III/2005 entsprechend. Auch in Anbetracht der missverständlichen Formulierung zum zeitlichen Geltungsbereich war ab dem 1.7.2006 erkennbar, dass eine Orientierung an der zum EBM-Ä erstellten TL-Liste erfolgen sollte. Mit den Beschlüssen der Vertreterversammlung aus dem Jahr 2010 wurde lediglich sichergestellt, dass die jeweils aktuelle Liste der TL-Anteile, auf die bisher nur allgemein Bezug genommen worden war, ausdrücklich durch die Vertreterversammlung in die GEHV inkorporiert wurde. Klargestellt wurde neben der Geltungsdauer, dass es auf den Kostenanteil der jeweiligen ärztlichen Fachgruppe ankam und dass nur der diesen Durchschnittsanteil überschreitende Kostenanteil berücksichtigt wurde. Eine materielle Änderung ergab sich daraus nicht. Dementsprechend änderte sich auch die Praxis der Beklagten nicht. Das LSG hat zutreffend ausgeführt, dass mit der Neuregelung lediglich das tatsächliche und grundsätzlich rechtmäßige Vorgehen der Beklagten auf eine klarere Rechtsgrundlage gestellt worden ist. Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass es bei der in Teilen missverständlichen Regelung bzw der nur unbestimmten Bezugnahme bleiben würde, konnte nicht entstehen.

46

Soweit die Feststellung des Anteils von x % dem Vorstand übertragen war, hat das LSG zu Recht ausgeführt, dass damit keine Blankett-Ermächtigung erteilt, sondern nur die Aufgabe übertragen wurde, den rechnerisch nach den vorgegebenen Kriterien ermittelten Faktor x formell festzustellen.

47

cc) Dem LSG ist auch zuzustimmen, dass die konkrete Ausgestaltung des Nachhaltigkeitsfaktors gegen Art 14 Abs 1 GG verstößt. Dass der Anspruch aus der EHV dem Schutz des Art 14 Abs 1 GG unterfällt, hat der Senat bereits entschieden und insofern eine Parallele zu den Betriebsrenten gezogen (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 37 ff). Hierzu hat das BVerfG entschieden, dass das Grundrecht auf Eigentum auch unverfallbare Anwartschaften schützt, wenngleich nicht in einer konkreten Höhe (vgl BVerfGE 131, 66, 80; BVerfG Beschluss vom 17.12.2012 - 1 BvR 488/10, 1 BvR 11 BvR 1047/10 - Juris RdNr 22 mwN). In seiner Entscheidung zur Aussetzung der Anpassung des aktuellen Rentenwertes zum 1.7.2004 hat das BVerfG ausgeführt, bei der eigentumsrechtlichen Prüfung gesetzlicher Regelungen, die die Höhe von Rentenleistungen beeinflussen, müsse dem Gesetzgeber eine ausreichende Flexibilität erhalten bleiben, um das Rentenversicherungssystem und insbesondere dessen Finanzierung zu gewährleisten. Daher verfestige die Eigentumsgarantie das Rentenversicherungssystem nicht so, dass es starr werde und den Anforderungen unter veränderten Umständen nicht mehr genügen könne (BVerfG SozR 4-2600 § 68 Nr 2 RdNr 51 mwN). Gesetzliche Maßnahmen, die der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung dienen, müssten allerdings von einem gewichtigen öffentlichen Interesse getragen und verhältnismäßig sein.

48

Diesen Anforderungen, die in entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des BVerfG zu Parlamentsgesetzen auch an die untergesetzlichen Regelungen zu stellen sind, hat die Beklagte mit der Ausgestaltung des Nachhaltigkeitsfaktors 2006 nicht hinreichend entsprochen. Es ist schon zweifelhaft, ob für die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors gewichtige Gründe angeführt werden können. Zwar hat die Beklagte dargelegt, dass es ohne eine Reform der EHV langfristig zu einer kontinuierlich steigenden Belastung der aktiven Vertragsärzte kommen würde. Das LSG hat im Hinblick auf die Belastungsquote in den streitbefangenen Quartalen aber zu Recht auf die Beitragsentwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung verwiesen, wo deutlich höhere Beitragssätze als 5 % bis 6 % zu entrichten sind. Wie in allen umlagefinanzierten Alterssicherungssystemen ist vor dem Hintergrund steigender Lebenserwartung und dem Heranrücken der geburtenstarken Jahrgänge an die Altersgrenze grundsätzlich ein zumindest langfristiges Finanzierungsproblem einleuchtend. Ob angesichts des vom Kläger unwidersprochen vorgetragenen Zuwachses an Vertragsärzten und einem gleichzeitigen Anstieg der Gesamtvergütungen, der sich auch in gleichbleibenden Durchschnittshonoraren bei gestiegener Zahl der Leistungserbringer niederschlägt, eine akute Handlungsnotwendigkeit infolge der demographischen Entwicklung bestand, kann letztlich offenbleiben. Der Anstieg des EHV-Anteils der aktiven Vertragsärzte bereits ab dem Quartal IV/2001 ist jedenfalls belegt, ebenso der relative Anstieg der Zahl der EHV-Bezieher gegenüber den aktiven Vertragsärzten. Dass die Beklagte möglichst frühzeitig einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit der EHV entgegentreten wollte, ist sachgerecht und im Grundsatz nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat aber den ihr als normsetzender Körperschaft zukommenden Gestaltungsspielraum (vgl BSGE 101, 100 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 71) überschritten. Anders als die Reform zum 1.10.2001 hat sich die Reform zum 1.7.2006 nicht gleichmäßig belastend auf aktive wie auf ehemalige Ärzte ausgewirkt, sondern die EHV-Bezieher unverhältnismäßig belastet.

49

Die in § 8 GEHV 2006 vorgesehene Begrenzung des EHV-Finanzierungsanteils der aktiven Vertragsärzte auf 5 % und die entsprechende Quotierung der EHV-Ansprüche waren im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geeignet und erforderlich, um die beabsichtigte langfristige Stabilisierung des Systems zu gewährleisten. Der Erforderlichkeit steht nicht entgegen, dass die Beklagte auch Handlungsalternativen hatte. Der Kläger kann daher nicht darauf verweisen, dass durch eine Weiterführung des Ausgleichsfonds die Stabilität von "Beitrag" und Leistung für weitere zehn Jahre gesichert gewesen wäre. Als "milderes Mittel" kann eine Maßnahme nicht angesehen werden, die lediglich die Kostenlast verschiebt (vgl BVerfGE 109, 64, 86). Wenn die Beklagte mit dem Ausgleichsfonds ein Element der Kapitaldeckung zugunsten eines reinen Umlageverfahrens wieder aufgibt, weil sie es langfristig nicht für ein geeignetes Finanzierungsinstrument hält, liegt dies innerhalb ihrer Normsetzungsfreiheit. Ob die Lastenverteilung gerechtfertigt ist, ist keine Frage der Erforderlichkeit, sondern der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

50

Einschränkungen des Eigentumsrechts dürfen gemessen am sozialen Bezug und an der sozialen Bedeutung des Rechts und mit Blick auf den konkreten Regelungszweck nicht zu einer übermäßigen Belastung führen und den Eigentümer unzumutbar treffen (vgl BVerfGE 110, 1, 28 mwN). Das ist hier jedoch der Fall. Der Nachhaltigkeitsfaktor in Verbindung mit der Begrenzung des Abzugs für die aktiven Vertragsärzte auf 5 % belastete einseitig und unverhältnismäßig die inaktiven Vertragsärzte. Ihre Ansprüche wurden im Ergebnis quotiert, um die Grenze einer Belastung der aktiven Vertragsärzte mit einem EHV-Anteil von 5 % einzuhalten. Das führte dazu, dass bereits im Jahr 2006 der dem Kläger bewilligte Anspruchshöchstsatz von nominal 18 % des Durchschnittshonorars tatsächlich nur noch 17,5 % betrug. In den Folgejahren sank der reale Anspruchssatz auf 16,9 % (2007), 16,3 % (2008), 15,7 % (2009) und 15,2 % im Jahr 2010 ab. Nach den von der Beklagten im Verfahren vorgelegten Berechnungen ergibt sich prospektiv unter Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsfaktors für das Jahr 2030 auf der Basis eines nominellen 18 %igen EHV-Anspruchs nur noch ein "rechnerischer" Höchstprozentsatz von 8,4 %. Der mit dem Anspruchssatz ausgedrückte prozentuale Teilhabeanspruch des Klägers sank damit im Jahr 2006 real um (gerundet) 2,8 % (17,5 % im Verhältnis zu 18 %), im Folgejahr bereits um 6,1 %, dann um 9,5 % im Jahr 2008, um 12,8 % im Jahr 2009 und schließlich um 15,6 % im Jahr 2010. Während der Kläger also eine kontinuierliche erhebliche Kürzung seines Teilhabeanspruchs hinnehmen musste, blieb die anteilige Belastung der aktiven Vertragsärzte gleich. Ohne den Nachhaltigkeitsfaktor hätte die EHV-Quote zu Lasten der aktiven Vertragsärzte im Quartal III/2006 5,62 % und im Quartal IV/2006 5,65 % betragen. Noch im Quartal II/2008 hätte die Belastung der aktiven Ärzte unter 6 %, nämlich bei 5,9732 % gelegen. Erst im Quartal I/2009 wäre mit einem Anteil von 6,0517 % die 6 %-Grenze überschritten worden. Eine Belastung in dieser Größenordnung wird auch von der Beklagten nicht als problematisch angesehen, wie die ab dem Jahr 2011 geltende Neuregelung des § 8 Abs 1 GEHV zeigt, wonach ein Wert von 6 % galt, wenn durch den Nachhaltigkeitsfaktor ein Wert von 80 % der EHV-Ansprüche nicht erreicht wurde. Das LSG weist zu Recht darauf hin, dass die Belastung der "Beitragszahler" auch in der Zeit der Bildung des Ausgleichsfonds über 5 % lag, denn die Einzahlungen in den Fonds erfolgten neben dem Abzug der EHV-Umlage.

51

Der Vortrag der Beklagten, eine Minderung des Nachhaltigkeitsfaktors habe nicht notwendig niedrigere Eurobeträge nach sich gezogen, geht in zweifacher Hinsicht fehl. Zum einen hat der Kläger durch seine eigenen "Beiträge" aus der vertragsärztlichen Tätigkeit zwar keinen Anspruch auf einen bestimmten Auszahlungsbetrag, aber einen Anspruch auf Teilhabe in einem bestimmten Umfang erworben (vgl BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 53). Unabhängig vom konkreten Auszahlungsbetrag wurde nach der Konzeption des Nachhaltigkeitsfaktors die anteilige Teilhabe der inaktiven Vertragsärzte an der Honorarverteilung in erheblichem Umfang geschmälert. Dass der Kläger zum anderen aber auch bei den Auszahlungsbeträgen deutliche Einbußen hinzunehmen hatte, zeigt nicht nur die jeweilige Differenz in den streitbefangenen Quartalen (849,76 Euro im Quartal III/2006 und 875,16 Euro im Quartal IV/2006), sondern auch die Aufstellung seiner Quartalsbezüge seit Beginn seines EHV-Leistungsbezugs. Während er seit dem Quartal I/2000 nur in zwei Quartalen EHV-Leistungen von weniger als 7000 Euro erhielt, erzielte er in den Quartalen III/2006 bis I/2009 nur in zwei Quartalen ein Honorar von mehr als 7000 Euro. Das niedrigste Honorar erhielt er im Quartal III/2008 mit 6332,35 Euro. Die Aufstellung der Durchschnittshonorare der aktiven Vertragsärzte zeigt hingegen in etwa gleichbleibende Werte mit leicht steigender Tendenz. Ein Vergleich etwa der Werte des Quartals II/2006 (Durchschnittshonorar von 40 293,79 Euro, Bruttohonorar EHV 7252,88 Euro) mit denjenigen des Quartals II/2007 (Durchschnittshonorar 44 041,97 Euro, Bruttohonorar EHV 6742,46 Euro) zeigt, dass bei einer etwa 10 %igen Steigerung des Durchschnittshonorars durch die Anwendung des Nachhaltigkeitsfaktors von den EHV-Beziehern nur 92,96 % des Honorars des entsprechenden Vorjahresquartals erzielt wurden. Ohne den Nachhaltigkeitsfaktor hätte sich bei einem Anspruchshöchstsatz von 18 % ein Bruttohonorar von 7927,55 Euro ergeben. Das ergibt eine Differenz von 1185,09 Euro und eine effektive Kürzung von 14,95 %. Der Aufstellung der Beklagten ist zu entnehmen, dass der Kläger infolge des Nachhaltigkeitsfaktors bis zu rund 1500 Euro (I/2009) weniger pro Quartal an Bruttohonorar erhalten hat. Die gesamten Aufwendungen der Beklagten für die EHV sanken in den Quartalen III/2006 bis II/2007 auf 75,45 Millionen Euro gegenüber 76,4 Millionen Euro im Jahr 2004. Es wird damit deutlich, dass nicht die Abwehr weitergehender Belastungen, sondern ganz vorrangig die Begrenzung der Belastung der Aktiven durch eine Festschreibung ihres Beitrags Ziel der Reform gewesen ist. Nach den Angaben der Beklagten betrug der Vorwegabzug im Jahr 2004 75,51 Millionen Euro, im Zeitraum III/2006 bis II/2007 75,67 Millionen Euro. Das entspricht der von der Beklagten vorgelegten Empfehlung des EHV-Ausschusses vom 2.2.2006, die EHV-relevante Gesamtvergütung auf die Werte des Jahres 2004 zu begrenzen. Dass die aktiv tätigen Vertragsärzte nur "begrenzt", die EHV-Empfänger stärker belastet würden, hat der Ausschuss auch gesehen, "angesichts der stagnierenden bis rückläufigen Honorarentwicklung bei gleichzeitig zum Teil nachhaltigem Kostenanstieg" aber für vertretbar gehalten.

52

Die aktiven Vertragsärzte wurden durch die Festschreibung des EHV-Anteils erheblich begünstigt. Für die Vergangenheit erfolgte zudem eine nachträgliche Entlastung durch die Auflösung des Ausgleichsfonds und die teilweise Rückzahlung der gezahlten Beiträge. Begünstigt wurden die Aktiven auch durch die Rückführung des maximalen Leistungsniveaus von 15 % auf 18 %. Hiervon profitierten zwar auch einige wenige Inaktive, die nach der Absenkung des Höchstanspruchssatzes im Jahr 2001 EHV-anspruchsberechtigt geworden waren. Ihre Ansprüche wurden nach dem Vortrag der Beklagten aus dem Ausgleichsfonds bedient. Im Wesentlichen begünstigte diese Regelung aber die Aktiven, die eine höhere Anwartschaft erreichen konnten. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass die Begrenzung des Umlagesatzes auf 5 % auch eine Absenkung der künftigen EHV-Bezüge der aktiven Vertragsärzte zur Folge habe, trifft dies zwar zu. Die Minderung der EHV-Bezüge trifft die inaktiven Ärzte aber ungleich schwerer, weil sie anders als die aktiven Vertragsärzte hierauf nicht mehr durch den Aufbau einer anderweitigen Absicherung reagieren können. Eine die Einnahmenseite betreffende Maßnahme wurde erstmals zum Quartal III/2011 durch die Einbeziehung der Sonderverträge getroffen. Damit wurde indes lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass ein Teil der Vergütung nicht mehr von der KÄV gezahlt wird, das von der KÄV abgerechnete vertragsärztliche Honorar mithin nicht mehr die Vergütung für Leistungen zu Lasten der GKV widerspiegelt (vgl dazu BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 49 ff).

53

Die Belastung der aktiven Vertragsärzte bei einem Durchschnittshonorar in Höhe von 41 194,39 Euro wie im Quartal III/2006 betrug beim Ansatz von 5 % etwa 2060 Euro im Quartal und lag damit unter dem nach § 13 Abs 1 der Versorgungsordnung zu zahlenden Beitrag für das ärztliche Versorgungswerk, der dem jeweiligen Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. Eine Steigerung des EHV-"Beitrags" auf 6 % hätte eine durchschnittliche Mehrbelastung von ca 400 Euro im Quartal ausgemacht, was Verlusten im Bereich des EHV-Höchstanspruchssatzes zwischen ca 850 und 1500 Euro pro Quartal gegenüberstand. Da die Quotierung nur die zur Finanzierung der EHV-Ansprüche zur Verfügung stehenden Mittel begrenzte, waren - anders als bei dem Vorwegabzug von Kosten - die Anwartschaften der aktiven Vertragsärzte nicht betroffen. Soweit die Beklagte meint, die aktiven Vertragsärzte seien dadurch belastet worden, dass sie ihre Verwaltungspraxis dahin umgestellt habe, dass für die Berechnung des Durchschnittshonorars das Honorar vor Abzug des EHV-Anteils zugrunde gelegt worden sei, trifft dies nicht zu. Wie die Beklagte selbst betont, ergab sich dieses Vorgehen bereits zuvor aus § 3 GEHV, der allein auf die anerkannte Honorarforderung aus der Abrechnung der Primär- und Ersatzkassen nach Berücksichtigung der besonderen Kosten nach § 5 GEHV abstellte, sodass es einer Änderung der Berechnungsvorschriften nicht bedurfte. Wenn die Beklagte somit lediglich ihre Verwaltungspraxis den normativen Vorgaben anpasste, kann hierin keine eigenständige Belastung der aktiven Vertragsärzte gesehen werden.

54

Hat sich damit die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors auch in der Gesamtschau mit den weiteren Änderungen der GEHV konzeptionell einseitig zu Lasten der inaktiven Vertragsärzte ausgewirkt, ist weiterhin zu berücksichtigen, dass hier ein kumulativer Effekt eingetreten ist, weil bereits mit der Neuregelung zum Quartal IV/2001 die Zahlungen aus der EHV in einer Größenordnung von 5 % bis 6 % gemindert wurden. Eine weitere Minderung des Anspruchs durch den Nachhaltigkeitsfaktor, den die Beklagte selbst für die hier streitbefangenen Quartale mit rechnerisch 11,1822 % bzw infolge der geänderten Betrachtung der Honorarbasis mit 6,1822 % angibt, addiert sich zu einer erheblichen wirtschaftlichen Entwertung des EHV-Anspruchs. Das SG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Anwendung des Nachhaltigkeitsfaktors dazu führte, dass die EHV-Bezieher immer stärker von der tatsächlichen Entwicklung der Arzteinkommen abgekoppelt wurden. Übergangsregelungen, wie sie der beratende EHV-Ausschuss der Vertreterversammlung noch empfohlen hatte, wurden nicht getroffen. Erst im Jahr 2011 wurde eine Untergrenze von 80 % für die EHV-Ansprüche eingezogen, die aber ihrerseits an einen "Höchstbeitrag" von 6 % gekoppelt war. Die Anwartschaft aus der EHV schützt aber gerade den Anspruch auf Teilhabe an der Honorarentwicklung und nicht lediglich ein Existenzminimum. Der Vortrag der Beklagten, die EHV gewähre immer noch eine bedürftigkeitsunabhängige Sicherung, liegt neben der Sache. Ebenso wie die sozialversicherungsrechtlichen Rentenansprüche knüpft die EHV an während der Erwerbstätigkeit erbrachte eigene Leistungen an und dient neben der Existenzsicherung tendenziell auch der Absicherung des erlangten Lebensstandards (vgl zur berufsständischen Versorgung BVerwG, NJW 2006, 711). Der EHV-Anspruch ist auch nicht lediglich ein "Zubrot", sondern bildet immerhin die Hälfte der Altersversorgung der hessischen Vertragsärzte.

55

dd) Es besteht andererseits kein Zweifel, dass auch die inaktiven Vertragsärzte einen Beitrag zur Stabilität der EHV leisten müssen. Anders als die aktiven Vertragsärzte haben die EHV-Bezieher aber nur noch sehr begrenzte Möglichkeiten, auf Kürzungen ihres Leistungsanspruchs durch anderweitige Dispositionen zu reagieren. Sie sind daher in besonderem Maße schutzbedürftig (vgl BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 55). Das LSG weist insofern zu Recht darauf hin, dass in einem Umlagesystem bei steigenden Kosten auch eine Erhöhung der Beitragslast in bestimmten Grenzen zumutbar ist. Dass eine solche Grenze bei einem "Beitrag" von 10 %, der zu einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von 1500 Euro monatlich und mehr führen kann, überschritten ist, hat das LSG nachvollziehbar dargelegt. Welche Belastung als zumutbar angesehen werden kann, hängt nicht zuletzt von der Honorarentwicklung und den strukturellen Rahmenbedingungen der EHV ab. Eine Beeinträchtigung des Sicherstellungsauftrags der Beklagten durch eine maßvolle Erhöhung der Beiträge zur EHV ist derzeit nicht ersichtlich. Die tendenziell steigenden Arztzahlen belegen, dass die EHV kein Niederlassungshindernis ist. Sofern die Stabilität des Systems gewährleistet ist, kann von ihm sogar eine Anreizwirkung ausgehen. Das belegt nicht zuletzt das erfolglose Bestreben der Psychologischen Psychotherapeuten, nach ihrer Inkorporation in die vertragsärztliche Versorgung auch an der EHV teilzunehmen (vgl dazu BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 54; Hessisches LSG vom 28.6.2006 - L 4 KA 35/05 - Juris).

56

Ist somit ein sachgerechter und ausgewogener Ausgleich zwischen den Interessen der "Beitragszahler" und den Interessen der Leistungsbezieher der EHV zu suchen, obliegt dies dem Satzungsgeber. Die Verurteilung der Beklagten zur Leistungsgewährung an den Kläger ohne Quotierung aufgrund des Nachhaltigkeitsfaktors kann daher keinen Bestand haben. In welcher Weise die Beklagte den widerstreitenden Interessen gerecht wird, ist ihrer Satzungsautonomie überlassen. Die Leistungsgewährung ohne jede Quotierung ist nicht die einzige rechtmäßige Vorgehensweise in den streitbefangenen Quartalen. Denkbar ist vielmehr auch, dass die Beklagte verschiedene Maßnahmen trifft, die in ihrem Zusammenspiel einerseits so weit wie möglich Bestandsschutz gewährleisten, andererseits aber auch unzumutbare Belastungen der "Einzahler" vermeiden. Ob es dabei zu einem "paritätischen Defizitausgleich" kommt, wie er nunmehr in § 5 GEHV in der ab 2012 geltenden Fassung vorgesehen ist, bleibt dem Gestaltungsermessen der Beklagten überlassen.

57

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 155 Abs 1 Satz 1 VwGO.

Tenor

1. Verwirft ein oberstes Bundesgericht die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, weil es alle wesentlichen Aspekte einer Verfassungsfrage bereits als in seiner Rechtsprechung geklärt ansieht, steht dies der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nicht entgegen, wenn der Beschwerdeführer vernünftige und gewichtige Gründe für eine Überprüfung dieser Rechtsfrage anführen kann und es sich um eine ungeklärte verfassungsrechtliche Frage handelt.

2. Der gesetzliche Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nach den §§ 190 bis 206 Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung unterlag nicht dem grundrechtlichen Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG.

3. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe mit Wirkung zum 1. Januar 2005 ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe zum 1. Januar 2005.

I.

2

1. Die gesetzliche Trennung zwischen einer beitragsfinanzierten "regulären" Entgeltersatzleistung wegen Arbeitslosigkeit und einer steuerfinanzierten Leistung für bestimmte Ausnahmefälle steht in einer jahrzehntelangen Tradition.

3

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde im Jahr 1918 in Deutschland erstmals eine Erwerbslosenfürsorge eingeführt und zwar für arbeitsfähige und arbeitswillige Personen über 14 Jahre, die sich infolge des Krieges durch Erwerbslosigkeit in bedürftiger Lage befanden (§ 6 Satz 1 der Verordnung über Erwerbslosenfürsorge vom 13. November 1918, RGBl S. 1305). Die Mittel zu ihrer Finanzierung wurden zunächst zu fünf Sechsteln vom Reich und dem zuständigen Bundesstaat und im Übrigen von der jeweiligen Gemeinde aufgebracht, wobei für leistungsschwache Gemeinden oder einzelne Bezirke eine Erhöhung der Reichsbeihilfe bewilligt werden konnte (§ 4 Sätze 1 und 2 der Verordnung). Mit § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 3 der Verordnung über die Aufbringung der Mittel für die Erwerbslosenfürsorge vom 13. Oktober 1923 (RGBl I S. 946) wurde die Finanzierung geändert. Ein erheblicher Teil des "notwendigen Aufwandes" für die Erwerbslosenfürsorge wurde nun durch Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgebracht und gemeinsam mit den Krankenkassenbeiträgen erhoben. Diese Regelung wurde später in die §§ 33 ff. der Verordnung über Erwerbslosenfürsorge in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Februar 1924 (RGBl I S. 127) aufgenommen.

4

Durch Gesetz vom 19. November 1926 (RGBl I S. 489) wurde dann eine Krisenfürsorge für Erwerbslose eingeführt. Sie ist als Vorläufer der Arbeitslosenhilfe anzusehen (vgl. BVerfGE 9, 20 <22>) und diente vor allem zur Absicherung von Arbeitslosen, die ihren Anspruch auf Erwerbslosenfürsorge erschöpft hatten (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes). Wegen der Leistungsvoraussetzungen verwies das Gesetz in § 2 auf die Vorschriften zur Erwerbslosenfürsorge; jedoch waren die finanziellen Mittel zu drei Vierteln vom Reich und zu einem Viertel von den Gemeinden aufzubringen (§ 7 Abs. 1 des Gesetzes).

5

Mit dem Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) vom 16. Juli 1927 (RGBl I S. 187) wurde schließlich die Arbeitslosenversicherung errichtet. Sie umfasste einerseits die Arbeitslosenunterstützung und andererseits eine Krisenunterstützung, die "in Zeiten andauernd besonders ungünstiger Arbeitsmarktlage" vom Reichsarbeitsminister für bedürftige Arbeitslose, die keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung hatten, zugelassen werden konnte (§ 101 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 AVAVG). Während sich die Höhe der Arbeitslosenunterstützung nach dem zuletzt erzielten Arbeitsentgelt (§§ 104, 105 AVAVG) zuzüglich Familienzuschlägen (§ 103 AVAVG) richtete, konnten die Höhe und die Dauer der Krisenunterstützung vom Reichsarbeitsminister beschränkt werden (§ 101 Abs. 1 Satz 3 AVAVG). Die von der Reichsanstalt für Arbeit zur Durchführung ihrer Aufgaben benötigten Mittel wurden durch Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgebracht (§ 142 AVAVG); "von dem notwendigen Aufwand" für die Krisenunterstützung trugen hingegen das Reich 80 % und die Gemeinden 20 % (§ 167 Abs. 1 AVAVG). Ihre endgültige Gestalt erhielt die Arbeitslosenhilfe durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 23. Dezember 1956 (BGBl I S. 1018; §§ 141 bis 141m AVAVG, später §§ 144 bis 156 AVAVG in der Fassung vom 3. April 1957, BGBl I S. 322). Das Gesetz sah nunmehr eine Unterstützung Arbeitsloser in den Formen des Arbeitslosengeldes und der Arbeitslosenhilfe vor. Im Gegensatz zum Arbeitslosengeld setzte der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe Bedürftigkeit voraus (§ 145 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVAVG). Die Aufwendungen für die Arbeitslosenhilfe trug nach § 1 Satz 2 AVAVG der Bund.

6

Das am 1. Juli 1969 in Kraft getretene Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom 25. Juni 1969 (BGBl I S. 582) änderte hieran wenig. Arbeitslosenhilfe wurde weiterhin nur an bedürftige Arbeitslose erbracht (§ 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG). Die Höhe der Leistung richtete sich nach dem früheren Arbeitsentgelt, jedoch in niedrigerem Anteil als beim Arbeitslosengeld; die Kosten trug der Bund (§ 188 Satz 1 AFG).

7

Der Übergang vom Arbeitsförderungsgesetz zu dem ab dem 1. Januar 1998 geltenden Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) brachte in dieser Hinsicht ebenfalls keine wesentlichen Änderungen. Allerdings wurde durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S. 2624) die originäre Arbeitslosenhilfe, die in Sonderfällen ohne vorherigen Bezug von Arbeitslosengeld geleistet wurde, mit Wirkung zum 1. Januar 2000 gestrichen (vgl. BVerfGK 6, 126).

8

2. Die Arbeitslosenhilfe war in ihrer letzten, bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Form in den §§ 190 bis 206 SGB III a.F. geregelt. Es handelte sich um eine aus Steuermitteln finanzierte Entgeltersatzleistung bei Arbeitslosigkeit (§ 363 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F.), die von der Bundesagentur für Arbeit im Auftrag des Bundes erbracht wurde (§ 205 Satz 1 SGB III a.F.). Sie war auf der Tatbestandsseite bedürftigkeitsabhängig (§ 190 Abs. 1 Nr. 5, §§ 193, 194 SGB III a.F.), orientierte sich auf der Rechtsfolgenseite jedoch nicht am Bedarf des Empfängers, sondern an dessen letztem Arbeitsentgelt. Die Arbeitslosenhilfe belief sich auf einen bestimmten Prozentsatz eines pauschalierten Nettoarbeitsentgelts. Der auf diese Weise errechnete Betrag verminderte sich um das im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung anzurechnende Einkommen und Vermögen des Hilfeempfängers (§ 195 Satz 2 SGB III a.F.).

9

Der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe setzte neben der Bedürftigkeit voraus, dass der Arbeitnehmer arbeitslos war (§ 190 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a.F.), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hatte (§ 190 Abs. 1 Nr. 2 SGB III a.F.), er keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld besaß, weil er die Anwartschaftszeit nicht erfüllt hatte (§ 190 Abs. 1 Nr. 3 SGB III a.F.), und er in einer Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen hatte, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 21 Wochen erloschen war (§ 190 Abs. 1 Nr. 4 SGB III a.F.). Der Arbeitslose musste ferner eine versicherungspflichtige, mindestens fünfzehn Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung suchen (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III a.F.) und den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsverwaltung zur Verfügung stehen, um einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe zu haben (vgl. Straub, in: Schönefelder/Kranz/Wanka, SGB III, 3. Aufl., § 190 Rn. 18 ).

10

Die Arbeitslosenhilfe wurde in Zeitabschnitten bewilligt, wobei § 190 Abs. 3 Satz 2 SGB III a.F. ausdrücklich anordnete, dass vor einer erneuten Bewilligung die Voraussetzungen des Anspruchs zu prüfen waren. Der Prüfungsumfang umfasste sämtliche Leistungsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach ohne Bindung an frühere Bescheide; lediglich ein früher bereits gestellter Arbeitslosenhilfeantrag wirkte fort (vgl. Krauß, in: PK-SGB III, 2. Aufl. 2004, § 190 Rn. 41 f.). Nach § 190 Abs. 3 Satz 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung sollte Arbeitslosenhilfe jeweils für längstens ein Jahr bewilligt werden.

11

3. Durch Art. 3 Nr. 14 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I S. 2954) wurde § 190 Abs. 3 Satz 1 SGB III dahingehend geändert, dass Arbeitslosenhilfe längstens bis zum 31. Dezember 2004 bewilligt werden durfte. Diese Änderung trat gemäß Art. 61 Abs. 2 des Gesetzes am 1. Januar 2004 in Kraft. Durch Art. 3 Nr. 15 des Gesetzes wurden die §§ 190 bis 206 SGB III aufgehoben. Die Änderung trat nach Art. 61 Abs. 1 des Gesetzes zum 1. Januar 2005 in Kraft. Hierdurch ist die Arbeitslosenhilfe ab dem 1. Januar 2005 vollständig aus dem Leistungskatalog der Arbeitsförderung gestrichen worden. An ihre Stelle ist das Arbeitslosengeld II nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - getreten. Im Unterschied zur Arbeitslosenhilfe knüpft die Berechnung des Arbeitslosengeldes II nicht mehr an das frühere Einkommen des Hilfebedürftigen an, sondern orientiert sich - wie die Sozialhilfe - grundsätzlich an dessen Bedarf.

12

4. Nach § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und die Regelvoraussetzungen des Anspruchs allein deshalb nicht erfüllen, weil sie nicht arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen oder nutzen wollen, um ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Die Vorschrift war nach § 198 Satz 2 Nr. 3 SGB III a.F. ebenfalls auf die Arbeitslosenhilfe anwendbar. Der in § 428 Abs. 1 SGB III geregelte Rechtszustand tritt in der Praxis ein, wenn der Arbeitslose gegenüber der Bundesagentur für Arbeit eine entsprechende Erklärung abgibt (vgl. Brandts, in: Niesel/Brand , SGB III, 5. Aufl. 2010, § 428 Rn. 5).

13

Die Möglichkeit, Arbeitslosenhilfe unter diesen erleichterten Voraussetzungen in Anspruch zu nehmen, war von Anfang an nur befristet angelegt: § 428 geht zurück auf § 105c AFG, der mit Wirkung zum 1. Januar 1986 als Reaktion auf die Arbeitslosigkeit der 1980er Jahre eingeführt worden war (Art. 1 Nr. 20 des Siebten Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 20. Dezember 1985, BGBl I S. 2484). Zunächst galt die Vorschrift nur für Fälle, in denen der Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung vor dem 1. Januar 1990 entstanden war und der Arbeitslose vor diesem Tag das 58. Lebensjahr vollendet hatte. Diese Befristung wurde wiederholt verlängert und schließlich in das am 1. Januar 1998 in Kraft getretene Sozialgesetzbuch Drittes Buch übergeleitet. Dort wurde sie im Jahr 2000 (Art. 2 des Zweiten Gesetzes zur Fortentwicklung der Altersteilzeit vom 27. Juni 2000, BGBl I S. 910) bis zum 1. Januar 2006 und schließlich im Jahr 2005 (Art. 1 Nr. 21 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22. Dezember 2005, BGBl I S. 3676) bis zum 1. Januar 2008 verlängert. § 428 Abs. 1 SGB III gilt insofern nur noch in Fällen, in denen der Arbeitslosengeldanspruch vor dem 1. Januar 2008 entstanden ist und der Arbeitslose vor diesem Tag das 58. Lebensjahr vollendet hat.

II.

14

1. Der 1946 geborene Beschwerdeführer zu 1) bezog bis Ende 2002 Arbeitslosengeld und anschließend Arbeitslosenhilfe. Im Juni 2004 gab er eine Erklärung im Sinne von § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III ab und bezog sodann weiter Arbeitslosenhilfe bis zum Jahresende. Seit dem 1. Juni 2006 bezieht er nach eigenen Angaben Altersrente. Seinen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld II ab Januar 2005 lehnte der Leistungsträger mit der Begründung ab, das anzurechnende monatliche Einkommen übersteige den ermittelten Gesamtbedarf des Beschwerdeführers zu 1) und seiner Ehefrau, der Beschwerdeführerin zu 2). Ein Arbeitslosenhilfeanspruch der Beschwerdeführerin zu 2) war nicht Gegenstand des fachgerichtlichen Verfahrens.

15

Im anschließenden Klage- und Berufungsverfahren begehrte der Beschwerdeführer zu 1) erfolglos die Weiterzahlung der Arbeitslosenhilfe, hilfsweise begehrten beide Beschwerdeführer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch.

16

Die gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht gerichtete Beschwerde verwarf das Bundessozialgericht als unzulässig. Die Beschwerdeführer hätten die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in der nach § 160a Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebotenen Weise dargelegt, denn die Beschwerdebegründung zeige keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen auf, sondern greife allein die Rechtsauffassung des Landessozialgerichts an. Weiterhin liege bereits höchstrichterliche sozialgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vor, ob die Arbeitslosenhilfe auch für Leistungsbezieher nach § 428 SGB III habe abgeschafft werden dürfen. Dieser Rechtsprechung seien die Beschwerdeführer nicht in der gebotenen Weise entgegengetreten, sondern hätten lediglich solche Argumente wiederholt, mit denen sich das Gericht bereits in früheren Entscheidungen auseinandergesetzt habe.

17

2. Mit der Verfassungsbeschwerde verfolgen die Beschwerdeführer nur den Antrag auf Weiterzahlung der Arbeitslosenhilfe weiter. Sie rügen Verstöße gegen Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 jeweils in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

18

Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG sei verletzt, da der Arbeitslosenhilfeanspruch des Beschwerdeführers zu 1) auf einer beinahe vierzigjährigen Beitragsleistung zur Arbeitslosenversicherung beruht habe. Da ein Arbeitslosenhilfeanspruch nach dem zuletzt geltenden Recht nur nach dem Erwerb einer Arbeitslosengeldanwartschaft bestanden habe, könne es nicht darauf ankommen, aus welchem Etat die Arbeitslosenhilfe finanziert worden sei.

19

Weiterhin verstoße die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe jedenfalls für die unter § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III fallenden Bezieher wegen unechter Rückwirkung gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Der Beschwerdeführer zu 1) habe im Vertrauen darauf, er werde bis zum Eintritt in die Altersrente Leistungen in einer an seinem letzten Einkommen orientierten Höhe erhalten, durch die Erklärung im Sinne von § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III seine "Vermittlungsrechte gegenüber der Arbeitsverwaltung" aufgegeben. Dieses Vertrauen sei nicht nur aus der Erklärung selbst, sondern auch aus ihren Folgen - dem Verlust des Kontakts zum Arbeitsmarkt sowie fehlenden Angeboten und Qualifizierungsmaßnahmen - erwachsen, denn an den hierdurch entstandenen Schwierigkeiten trage der Staat eine erhebliche Mitverantwortung.

III.

20

Zu den Verfassungsbeschwerden haben sich als sachkundige Dritte (§ 27a BVerfGG) der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. geäußert.

21

1. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hält die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe jedenfalls für Leistungsbezieher nach § 428 Abs. 1 SGB III für verfassungswidrig. Der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe habe Eigentumsschutz genossen. Die Finanzierung aus Steuermitteln stehe dem nicht entgegen, da der Bezug von Anschlussarbeitslosenhilfe das Bestehen einer Arbeitslosengeldanwartschaft vorausgesetzt habe. Gerade ältere Arbeitslose hätten in der Regel jahrzehntelang Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in erheblichem Umfang geleistet, denen schon angesichts der Zwangsmitgliedschaft in dieser Versicherung ein ausreichendes Leistungsäquivalent gegenüber stehen müsse. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe begründe einen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG. Sie verstoße jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden gegen das Vertrauensschutzprinzip.

22

2. Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. sieht in der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe - auch für die Bezieher nach § 428 Abs. 1 SGB III - keinen Verfassungsverstoß. Der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe sei zwar Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG. Allerdings sei der Eingriff gerechtfertigt. Die Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des sozialen Sicherungssystems der "(materiellen) Sozialhilfe", zu der auch die Arbeitslosenhilfe gezählt habe, stelle einen legitimierenden Eingriffsgrund dar. Dieser Eingriff sei verhältnismäßig. Es liege kein Verstoß gegen das Vertrauensschutzprinzip vor.

B.

23

Die Verfassungsbeschwerden sind teilweise unzulässig.

I.

24

1. Soweit sich der Beschwerdeführer zu 1) gegen die Entscheidung des Bundessozialgerichts wendet, mit dem seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision als unzulässig verworfen wurde, ist die Verfassungsbeschwerde bereits unzulässig, weil sie nicht hinreichend begründet wurde (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Werden mehrere gerichtliche Entscheidungen, die auf verschiedenen Gründen beruhen, mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen, bedarf es der Auseinandersetzung mit jeder einzelnen Entscheidung (vgl. BVerfGE 82, 43 <49>; 86, 122 <127>; Magen, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 92 Rn. 45). Da das Bundessozialgericht keine Entscheidung in der Sache getroffen hat, gehen die materiellen Ausführungen des Beschwerdeführers zu 1) ins Leere (vgl. BVerfGE 103, 172 <181 f.>). Mit den prozessualen Ausführungen des Bundessozialgerichts setzt er sich nicht auseinander; er behauptet insbesondere keine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG durch die Entscheidung des Bundessozialgerichts.

25

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1) gegen die Entscheidungen des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts sowie die vorangegangenen Behördenentscheidungen richtet, ist sie zulässig.

26

Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass das Bundessozialgericht die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen hat. Zwar ist eine Verfassungsbeschwerde mangels ordnungsgemäßer Rechtswegerschöpfung in der Regel unzulässig, wenn ein an sich gegebenes Rechtsmittel mangels Nutzung der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten erfolglos bleibt (vgl. BVerfGE 74, 102 <114>; BVerfGK 1, 222 <223>; stRspr). Es ist verfassungsrechtlich dabei insbesondere unbedenklich, die Beschreitung des Rechtswegs von der Erfüllung bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig zu machen (vgl. BVerfGE 10, 264 <267 f.>). Da jedoch ein Beschwerdeführer wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde auch dann verpflichtet ist, von einem Rechtsbehelf Gebrauch zu machen, wenn dessen Zulässigkeit im konkreten Fall unterschiedlich beurteilt werden kann (vgl. BVerfGE 47, 168 <175>), können ihm keine Nachteile daraus erwachsen, wenn sich ein solcher Rechtsbehelf später als unzulässig erweist. Anders liegen die Dinge nur bei einem offensichtlich unzulässigen oder nicht ordnungsgemäß genutzten Rechtsbehelf.

27

Im vorliegenden Fall kann dem Beschwerdeführer zu 1) aber nicht angelastet werden, den Rechtsweg nicht in gehöriger Weise erschöpft zu haben. Seiner Nichtzulassungsbeschwerde lässt sich entnehmen, dass er die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe für diejenigen Bezieher von Arbeitslosenhilfe, die von der Regelung des § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III Gebrauch gemacht haben, als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen wollte. Dass das Bundessozialgericht wegen seiner eigenen Rechtsprechung dazu die Klärungsbedürftigkeit in einem Revisionsverfahren verneint und deshalb die Beschwerde als unzulässig verworfen hat, kann ihm im Rahmen der Zulässigkeitsvoraussetzungen der Verfassungsbeschwerde nicht entgegengehalten werden. Selbst wenn in der Rechtsprechung eines obersten Fachgerichts nach dessen Auffassung bereits alle wesentlichen Aspekte einer Verfassungsfrage gewürdigt wurden, ist es einem Beschwerdeführer möglich und verfassungsrechtlich auch bei Berücksichtigung des Grundsatzes der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde zulässig, eine verfassungsgerichtliche Überprüfung dieser Würdigung zu begehren, wenn er dafür vernünftige und gewichtige Gründe anführen kann und es sich um eine verfassungsrechtliche Frage handelt, die umstritten geblieben ist und über die das Bundesverfassungsgericht noch nicht entschieden hat (vgl. BVerfGE 91, 93 <106>).

II.

28

Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 2) ist unzulässig. Ihr fehlt es bereits an einer nach § 90 Abs. 1 BVerfGG erforderlichen Behauptung, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Inhaber eines Arbeitslosenhilfeanspruchs war allein der Beschwerdeführer zu 1). Dass auch die Beschwerdeführerin zu 2) einen derartigen Anspruch gehabt haben soll, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

C.

29

Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1) ist unbegründet. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe verstößt weder gegen Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Auch die hierauf beruhenden Entscheidungen des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts sowie die vorangegangenen Behördenentscheidungen sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

I.

30

Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe verletzt den Beschwerdeführer zu 1) nicht in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG, da der gesetzliche Anspruch auf Arbeitslosenhilfe kein Eigentum im Sinne dieses Grundrechts ist. Dies gilt auch für die nach Maßgabe von § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III bezogene Arbeitslosenhilfe.

31

1. a) Sozialrechtliche Ansprüche genießen nur dann grundrechtlichen Eigentumsschutz, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die dem Rechtsträger nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen beruhen und seiner Existenzsicherung dienen (vgl. BVerfGE 69, 272 <300>; 92, 365 <405>; 97, 217 <284>; 100, 1 <32 f.>).

32

Für die Anerkennung einer sozialversicherungsrechtlichen Rechtsposition als Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG ist eine an den Versicherungsträger erbrachte Eigenleistung notwendig (vgl. BVerfGE 116, 96 <121>). Nur als Äquivalent einer nicht unerheblichen eigenen Leistung, die der besondere Grund für die Anerkennung als Eigentumsposition ist, erfahren sozialversicherungsrechtliche Anwartschaften den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 53, 257 <291 f.>, 100, 1 <33>). Nicht von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt sind demgegenüber Rechtsstellungen und gesetzliche Ansprüche, soweit sie vorwiegend auf staatlicher Gewährung beruhen (vgl. BVerfGE 22, 241 <253>; 24, 220 <226>; 53, 257 <291 f.>; 100, 1 <33>; 116, 96 <121 f.>).

33

b) Auf dieser Grundlage unterfällt der gesetzliche Anspruch auf Arbeitslosenhilfe dem Grundrechtsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG nicht, weil es an dem Beruhen auf nicht unerheblichen Eigenleistungen fehlt.

34

aa) Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung auf der Einnahmenseite und den Aufwendungen für die Arbeitslosenhilfe auf der Ausgabenseite bestand nicht. Die Arbeitslosenhilfe wurde nicht aus Beitragseinnahmen des Leistungsträgers finanziert; diese dienten allein der Finanzierung des Arbeitslosengeldes. Die Arbeitslosenhilfe wurde hingegen im Auftrag des Bundes erbracht (§ 205 Satz 1 SGB III a.F.). Die Ausgaben für sie trug der Bund aus Steuermitteln (§ 363 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F.).

35

Diese gesetzliche Unterscheidung zwischen einer beitragsfinanzierten "regulären" Entgeltersatzleistung wegen Arbeitslosigkeit und einer steuerfinanzierten Leistung im Anschluss daran wegen Bedürftigkeit steht in einer jahrzehntelangen Tradition. Sie reicht bis zur Einführung der Krisenfürsorge als Ergänzung der seit 1923 beitragsfinanzierten Erwerbslosenfürsorge im Jahr 1926 zurück und fand im Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) von 1927 ihre feste Verankerung. Bereits hier wurde zwischen der beitragsfinanzierten und nicht bedürftigkeitsabhängigen Arbeitslosenunterstützung (§§ 87 ff., § 142 AVAVG a.F.) und der bedürftigkeitsabhängigen und nicht beitragsfinanzierten Krisenunterstützung (§§ 101, 167 AVAVG a.F.) differenziert. Später blieb es bei der Differenzierung der beiden Leistungen und ihrer unterschiedlichen Finanzierung. Der Gesetzgeber hat deshalb mit der Streichung der Arbeitslosenhilfe keine aufgrund ihrer Finanzierung aus Beiträgen eigentumsgeschützte Rechtsposition beseitigt.

36

bb) Die Arbeitslosenhilfe war finanzrechtlich auch nicht als eine aus Beiträgen und Steuermitteln mischfinanzierte Einheit konzipiert (vgl. BVerfGK 6, 266 <270 f.>). Zwischen dem Arbeitslosengeld und der Arbeitslosenhilfe bestanden grundlegende Unterschiede. Die Arbeitslosenhilfe stellte - anders als das Arbeitslosengeld - keine Leistung dar, die dem versicherungstypischen Gegenseitigkeitsverhältnis von Beiträgen und Leistungen im System der Arbeitslosenversicherung entsprang. Das Arbeitslosengeld ist eine Versicherungsleistung, die Arbeitslosenhilfe war es nicht. Ein weiterer Unterschied lag darin, dass das Arbeitslosengeld - wie auch weiterhin - zeitlich begrenzt ist, während die Arbeitslosenhilfe grundsätzlich zeitlich unbegrenzt geleistet wurde. Zudem wurde die Arbeitslosenhilfe - anders als das Arbeitslosengeld - nur bei Bedürftigkeit gewährt. Auf das Arbeitslosengeld ist allein das "mühevolle Nebeneinkommen" (Arbeitsentgelt aus einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung) nach Maßgabe von § 141 SGB III anzurechnen, während bei der Arbeitslosenhilfe zusätzlich das "mühelose Einkommen" aus anderen Quellen als der Verwertung der Arbeitskraft (etwa aus Vermietung oder Kapitalvermögen) zu berücksichtigen war. Ferner wird bei ihr das Vermögen berücksichtigt, während es beim Arbeitslosengeld ohne Bedeutung ist. Die Arbeitslosenhilfe bildete demnach eine nachrangige Leistung, die von der Bedürftigkeit im Einzelfall abhing. An diese konzeptionellen und systematischen Unterschiede zwischen Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe hat die verfassungsrechtliche Beurteilung anzuknüpfen. Sie schließen es aus, beide Leistungen finanzrechtlich als einheitlichen Gesamtanspruch zu betrachten und davon auszugehen, dass sie beide gleichermaßen durch Beiträge und Zuschüsse mischfinanziert wurden und damit auch die Arbeitslosenhilfe zum Teil auf Beitragsleistung beruhte (vgl. BVerfGK 6, 266 <270 f.>). Daran ändert nichts, dass der Gesetzgeber bei der Bemessung der Arbeitslosenhilfe grundsätzlich an das zuletzt erzielte Arbeitsentgelt des Leistungsempfängers anknüpfte (vgl. BVerfGK 6, 266 <271>).

37

cc) Es lässt sich kein hinreichender personaler Bezug zwischen der Beitragsleistung des gegen Arbeitslosigkeit Versicherten und der nach Auslaufen des Arbeitslosengeldbezugs an den Arbeitslosen erbrachten Arbeitslosenhilfe erkennen. Wie die Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG nicht unterfällt (vgl. BVerfGE 97, 271 <284>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 1. März 2010 - 1 BvR 2584/06 -, NVwZ-RR 2010, S. 505 <507>), war die Arbeitslosenhilfe eine sozialpolitisch motivierte Leistung. Mit ihr sollte eine erbrachte Arbeits- und Beitragsleistung über das versicherte Ausmaß hinaus gewürdigt werden. Sie wurde ohne eine eigens hierauf bezogene oder deswegen erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt. Dementsprechend folgte auch die Kompetenz des Bundes für die Regelung der Arbeitslosenhilfe als Sozialleistung aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (öffentliche Fürsorge), während die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Regelungen über das Arbeitslosengeld auf der Zuständigkeitsbestimmung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG für das Gebiet der Sozialversicherung beruht (vgl. BVerfGE 81, 156 <184 ff.>; 87, 234 <256>; BVerfGK 6, 266 <270>).

38

dd) Der Arbeitslosenhilfeanspruch war nicht als lediglich modifizierte Fortsetzung des Arbeitslosengeldanspruchs in Fortwirkung einer früheren Arbeits- oder Beitragsleistung konzipiert (vgl. BVerfGK 6, 266 <270 f.>). Zwar war die Arbeitslosenhilfe arbeitsförderungsrechtlich eng mit dem Arbeitslosengeld verknüpft (vgl. § 190 Abs. 1 Nr. 4, § 198 SGB III a.F.). So galten nach § 198 Satz 1 SGB III a.F. die Ansprüche auf Arbeitslosengeld und auf Arbeitslosenhilfe vorrangig abweichender gesetzlicher Bestimmungen als einheitlicher Anspruch auf Entgeltersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit. Hieraus folgte aber nicht, dass die Beitragsleistungen auch auf den Arbeitslosenhilfeanspruch bezogen wurden. § 198 Satz 1 SGB III a.F. berührte nicht den Entstehungsgrund der jeweiligen Leistungen, sondern ordnete lediglich auf der Vollzugsebene an, dass sich Tatbestände, die für den Arbeitslosengeldanspruch rechtserheblich waren, auch auf die anschließende Arbeitslosenhilfe auswirkten. Damit reagierte der Gesetzgeber (vgl. BTDrucks 9/846, S. 47) auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSGE 48, 109), das eine während des Arbeitslosengeldbezugs eingetretene Sperrzeit für den Arbeitslosenhilfeanspruch außer Betracht ließ, und bezog sie gesetzlich wieder in die Voraussetzungen der Arbeitslosenhilfe ein (vgl. auch Krauß, in: PK-SGB III, 2. Aufl. 2004, § 198 Rn. 5).

39

ee) Der Hinweis des Beschwerdeführers zu 1) auf die lange Zeit seiner Versicherungspflicht und Beitragsleistung ändert daran nichts, denn die Arbeitslosenhilfe war nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung kein Äquivalent für die Beitragszahlung. Die Arbeitslosenversicherung ist als Risikoversicherung ausgestaltet, die nach Erwerb einer Anwartschaft zeitlich begrenzte Leistungen bei Arbeitslosigkeit gewährt. Der langjährigen Beitragsleistung des Beschwerdeführers zu 1) stand ab erstmaliger Erfüllung einer gesetzlich vorgesehenen Anwartschaftszeit der Vorteil gegenüber, dass er für einen entsprechend größeren Zeitraum gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit abgesichert war.

40

Im Übrigen trägt das Arbeitsförderungsrecht der Zeitspanne des Versicherungsverhältnisses und der der Arbeitslosigkeit vorangegangenen und entrichteten Beiträge in den Regelungen zur Dauer des Arbeitslosengeldanspruchs Rechnung (§ 127 SGB III). Eine derartige Berücksichtigung kannte das Recht der Arbeitslosenhilfe nicht; es behandelte die Arbeitslosen ungeachtet der Dauer vorangehender Versicherungszeiten oder Beitragsleistungen gleich.

41

2. Die Regelung des § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III führt nicht dazu, dass der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterlag. Ihr Inhalt vermag das Erfordernis einer nicht unerheblichen Eigenleistung des Hilfebeziehers nicht zu ersetzen. § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III modifiziert vielmehr allein eine Anspruchsvoraussetzung, lässt aber die anderen Anspruchsvoraussetzungen nicht entfallen. Gerade dadurch, dass damit der Zugang zur Arbeitslosenhilfe erleichtert wurde, tritt deren Charakter als sozialpolitisch motivierte Leistung noch deutlicher hervor. Ob ein Versicherter die einseitige Erklärung nach § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III abgab, lag in seiner freien Entscheidung. Sie war weder verbunden mit einer staatlichen Zusage einer dauerhaften Gewährung von Arbeitslosenhilfe noch stellte sie den Anspruch unter grundrechtlichen Schutz.

II.

42

Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe verstößt nicht gegen das Vertrauensschutzprinzip (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).

43

1. Rechtsstaatsprinzip und Grundrechte begrenzen die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpfen. Die Verlässlichkeit der Rechtsordnung ist eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen (vgl. BVerfGE 109, 133 <180>). Jedoch geht der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartung in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu schützen (vgl. BVerfGE 30, 367 <389>; 68, 287 <307>; 109, 133 <180>). Die schlichte Erwartung, das geltende Recht werde auch in der Zukunft unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfGE 68, 193 <222>; 105, 17 <40>; 109, 133 <180 f.>).

44

2. Es liegt weder eine Rückwirkung vor noch war der Beschwerdeführer zu 1) aus anderen Gründen vor einer Änderung der Rechtslage geschützt.

45

a) Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift oder wenn der Beginn seiner zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, das heißt gültig geworden ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juli 2010 - 1 BvL 11/06 u. a. -, juris, Rn. 71 m.w.N.).

46

Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe hat keine echte Rückwirkung entfaltet. Art. 3 Nr. 14 und Nr. 15 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, das am 29. Dezember 2003 verkündet worden ist (BGBl I S. 2954), hat den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe in früheren, bereits vollständig abgeschlossenen Bewilligungsabschnitten unberührt gelassen. Beide Regelungen wirkten sich lediglich auf zukünftige Bewilligungsabschnitte aus, indem sie zunächst eine Neu- oder Weiterbewilligung nur für die Zeit bis zum 31. Dezember 2004 zuließen (Art. 3 Nr. 14) und sodann eine Bewilligung für die Zeit ab dem 1. Januar 2005 ausschlossen (Art. 3 Nr. 15).

47

b) Eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (vgl. BVerfGE 69, 272 <309>; 72, 141 <154>; 101, 239 <263>; 123, 186 <257>) oder wenn die Rechtsfolgen einer Norm zwar erst nach ihrer Verkündung eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. BVerfGE 72, 200 <242>; 97, 67 <79>; 105, 17 <37 f.>; 109, 133 <181>).

48

Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe bewirkt keine solche unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung. Der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hatte durch die Rechtsordnung keine Ausgestaltung erfahren, die über das Ende des jeweiligen Bewilligungsabschnitts hinaus eine verfestigte Anspruchsposition begründete. Die Arbeitslosenhilfe wurde vielmehr abschnittsweise und nur nach einer Neuprüfung der Anspruchsvoraussetzungen bewilligt (§ 190 Abs. 3 SGB III a.F.). Die einmal erfolgte Bewilligung vermochte weder in ihrem Verfügungssatz noch in den ihr zugrunde liegenden Feststellungen eine über den im Bescheid geregelten Zeitraum hinausgehende Rechtsposition zu begründen. Ein Recht, das durch den Vertrauensschutzgrundsatz gegen seine nachträgliche Entwertung hätte geschützt werden können, entstand daher frühestens mit der jeweiligen Neu- oder Weiterbewilligung der Arbeitslosenhilfe und bezog sich nur auf die Zeit bis zum Ablauf des jeweiligen Bewilligungsabschnitts.

49

Eine unabhängig vom Bewilligungsakt bestehende Erwartung des Bürgers, er werde - den Fortbestand der jeweiligen Rechtslage vorausgesetzt - in einer bestimmten zukünftigen Sachlage leistungsberechtigt sein, ist mangels hinreichender Konkretisierung kein solches geschütztes Recht. Denn die Verfassung gewährt keinen Schutz vor einer nachteiligen Veränderung der geltenden Rechtslage (vgl. BVerfGE 38, 61 <83>; 105, 17 <40>). Eine schützenswerte Rechtsposition liegt daher nicht schon in der voraussichtlichen Einschlägigkeit bestimmter Vorschriften in der Zukunft.

50

c) Besonderheiten für Arbeitslosenhilfebezieher nach § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III ergeben sich insoweit nicht. Der Umstand, dass ein Arbeitsloser die Arbeitslosenhilfe unter den besonderen Voraussetzungen von § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III in Anspruch nahm, modifizierte seine Rechtsbeziehungen zur Bundesagentur für Arbeit nicht in einer Weise, dass im Unterschied zum regulären Arbeitslosenhilfebezug ein hinreichend verfestigter Anspruch auf Arbeitslosenhilfe jenseits des aktuellen Bewilligungsabschnitts entstanden wäre. Es wurde lediglich von zwei Tatbestandsvoraussetzungen des Anspruchs abgesehen, ohne dass Inhalt und Umfang des Anspruchs sich verändert hätten. Die Abgabe der Erklärung im Sinne von § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III erweist sich nicht als Disposition des Arbeitslosen, die schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand des Anspruchs begründen konnte. § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres oder bis zur Inanspruchnahme einer abschlagsfreien Altersrente eingeräumt.

51

d) Zudem kann sich der Beschwerdeführer zu 1) nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil er die Erklärung im Sinne von § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III erst im Juni 2004 abgegeben hat. Bereits im Dezember 2003 war aber durch Art. 3 Nr. 14 und Nr. 15 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I S. 2954) festgelegt worden, dass Arbeitslosenhilfe längstens bis zum 31. Dezember 2004 bewilligt werden durfte und anschließend als Leistungsart vollständig wegfiel. Damit bestand für den Beschwerdeführer zu 1) von vornherein keine Grundlage für die Bildung schutzwürdigen Vertrauens mit dem Inhalt, dass Arbeitslosenhilfe über den 31. Dezember 2004 hinaus gewährt würde.

(1) Bei der Gesellschaft für Telematik ist eine Schlichtungsstelle einzurichten. Die Schlichtungsstelle wird tätig, soweit dies gesetzlich bestimmt ist.

(2) Die Gesellschaft für Telematik ist verpflichtet, der Schlichtungsstelle nach deren Vorgaben unverzüglich zuzuarbeiten.

(3) Die Schlichtungsstelle gibt sich eine Geschäftsordnung.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die allgemeine Wartezeit ist vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte

1.
wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit,
2.
wegen einer Wehrdienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz als Wehrdienstleistende oder Soldaten auf Zeit,
3.
wegen einer Zivildienstbeschädigung nach dem Zivildienstgesetz als Zivildienstleistende oder
4.
wegen eines Gewahrsams (§ 1 Häftlingshilfegesetz)
vermindert erwerbsfähig geworden oder gestorben sind. Satz 1 Nr. 1 findet nur Anwendung für Versicherte, die bei Eintritt des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit versicherungspflichtig waren oder in den letzten zwei Jahren davor mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Die Sätze 1 und 2 finden für die Rente für Bergleute nur Anwendung, wenn der Versicherte vor Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit zuletzt in der knappschaftlichen Rentenversicherung versichert war.

(2) Die allgemeine Wartezeit ist auch vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Der Zeitraum von zwei Jahren vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung oder des Todes verlängert sich um Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren.

(3) Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit im Sinne der Absätze 1 und 2 liegen auch vor, wenn

1.
freiwillige Beiträge gezahlt worden sind, die als Pflichtbeiträge gelten, oder
2.
Pflichtbeiträge aus den in § 3 oder § 4 genannten Gründen gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten oder
3.
für Anrechnungszeiten Beiträge gezahlt worden sind, die ein Leistungsträger mitgetragen hat.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 27. Juni 2012 geändert, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger für die Quartale III/2006 und IV/2006 Leistungen aus der EHV ohne Quotierung aufgrund des Nachhaltigkeitsfaktors gemäß § 8 Abs 1 GEHV zu erbringen. Unter Zurückweisung der Revision im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, erneut über den Anspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

Die Revision des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen je zur Hälfte.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt höheres Honorar aus der Erweiterten Honorarverteilung (EHV) für die Quartale III/2006 und IV/2006.

2

Der 1934 geborene Kläger war von 1970 bis zum 30.11.1999 als Vertragsarzt zugelassen. Danach bezog er auf der Grundlage eines Bescheides der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) vom 17.8.2000 Leistungen aus der EHV mit einem Prozentsatz von 18 % (Anspruchshöchstsatz). Als einzige KÄV in der Bundesrepublik stellt die Beklagte im Wege der EHV in begrenztem Umfang auch die Versorgung ehemaliger Vertragsärzte und ihrer Hinterbliebenen sicher. Die Bezüge des Klägers betrugen seit dem Quartal I/2000 bis zum Quartal II/2006 zwischen (gerundet) 7000 und 8100 Euro.

3

Die ab dem 1.7.2006 hierfür geltenden maßgeblichen Vorschriften der "Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der KÄV Hessen" (GEHV) zur Höhe des Anspruchs lauteten wie folgt:

"§ 3 Höhe des Anspruches
Die Feststellung des Anspruches auf Teilnahme an der EHV … erfolgt nach folgenden Vorgaben:

a) Für jedes Quartal wird nach Berücksichtigung der besonderen Kosten nach § 5 das Prozentverhältnis der anerkannten Honorarforderung aus der Abrechnung der Primär- und Ersatzkassen des einzelnen Vertragsarztes zur Durchschnittshonorarforderung aller Vertragsärzte im Bereich der KV Hessen im gleichen Quartal festgestellt. Dabei sind auch von Versicherten direkt an den Vertragsarzt geleistete Zahlungen (honoraräquivalente Zahlungen, z.B. Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4 SGB V) mit einzubeziehen.
Jedem Vertragsarzt wird vierteljährlich dieser Prozentsatz in gleicher Höhe als Punktzahl auf einem Sonderkonto gutgeschrieben.
b) 400 Punkte stellen den Wert eines jährlichen Durchschnittshonorars eines Vertragsarztes aus der Behandlung von Versicherten der Primärkassen und Ersatzkassen dar, 100 Punkte den Wert des Durchschnittshonorars im Quartal.
Die als Anlage zu § 3 Abs. 1 b) beigefügte 'Normalstaffel' bestimmt den Prozentsatz, mit dem ein inaktiver Vertragsarzt an der EHV weiter teilnimmt, dessen Punktzahl jährlich um 400 Punkte angewachsen ist. … Maßgeblich ist die Zahl der Jahre und Quartale der ausgeübten vertragsärztlichen Tätigkeit im Vergleich zur jeweiligen Normalstaffel. ...

4

§ 5 Berücksichtigung von Praxiskosten
(1) Bei der Ermittlung der Honorarforderung des Vertragsarztes oder einer Gemeinschaftspraxis von Vertragsärzten, die Grundlage für die Punktzahlgutschrift nach § 3 Absätze 1 a) und 1 b) wird, sind zunächst die für ausgewählte Leistungsbereiche festgelegten besonderen Kosten gemäß Anlage zu § 5 Abs. 1 unmittelbar von der Honorarforderung abzuziehen. Von der dann verbleibenden Honoraranforderung werden leistungsbezogen die unter Berücksichtigung des 'TL'-Anteils im EBM 2000plus definierten bzw. auf den Festlegungen nach Anlage zu § 5 Abs. 2 beruhenden Honoraranteile (jeweils bei Unterstellung eines Punktwertes von 5,11 Cent) im Rahmen der verbleibenden Honorarforderungen festgestellt und mit einem Anteil von x % von der verbleibenden Honorarforderung (nach Satz 1) abgezogen.
Der Anteil von x % bestimmt sich dabei ab Einführung des EBM 2000plus für die folgenden vier Quartale so, dass sich im Ergebnis das im jeweiligen Vorjahresquartal festgestellte Verhältnis zwischen dem Durchschnittshonorar, berechnet auf Basis aller in die EHV einbezogenen Honorarforderungen, und dem Durchschnittshonorar nach Berücksichtigung der seinerzeit anerkennungsfähigen besonderen Kosten, auch im aktuellen Abrechnungsquartal ergibt. Alle über den Anteil von x % hinausgehenden (verbleibenden) Honorarforderungen nach Satz 1 gehen in die weiteren EHV-Berechnungen nicht mehr ein (und werden dann im Rahmen der allgemeinen Honorarverteilung mit dem Bruttopunktwert bei punktzahlbewerteten Leistungen bzw. der Bruttoquote bei €-bewerteten Leistungen bzw. Pauschalen bewertet).
(2) Der Vorstand kann über den in der Anlage zu § 5 aufgeführten Rahmen hinaus für kostenintensive Leistungen unter Beachtung vorstehender Grundsätze des Abs. 1 weitere besondere Kostensätze festlegen und außerdem bestehende besondere Kostensätze korrigieren. Änderungen sind vor Beginn des Quartals, ab dem sie Gültigkeit haben sollen, durch Rundschreiben oder Veröffentlichung im Hessischen Ärzteblatt allen Vertragsärzten bekannt zu machen.
(3) Bei der Ermittlung des (der) Durchschnittshonorar(forderung) aller Vertragsärzte sind die nach den Absätzen 1 und 2 errechneten berücksichtigungsfähigen besonderen Kosten ebenfalls entsprechend abzuziehen.
(4) Der Vorstand wird ermächtigt, Durchführungsbestimmungen zu erlassen.

5

§ 8 Finanzierung der EHV-Ansprüche
(1) Die für die Finanzierung der nach §§ 3 ff. festgestellten EHV-Ansprüche notwendigen Mittel werden durch Quotierung der im Rahmen der Honorarverteilung festgestellten Punktwerte bereit gestellt. Die Quote darf dabei einen Wert von 5 % nicht überschreiten. Die festgestellten Ansprüche beziehen sich dabei auf das jeweils anerkannte durchschnittliche Honorar aus der Behandlung von Versicherten der Primär- und Ersatzkassen gemäß § 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 3. Sollten die erforderlichen Mittel (nach Abs. 1 Satz 2) für die Finanzierung der EHV-Ansprüche nicht ausreichen, sind alle Ansprüche über einen Nachhaltigkeitsfaktor so zu quotieren, dass die quotenmäßigen Belastungen der Punktwerte der Honorarverteilung einen Wert von 5 % nicht überschreitet.
(2) Der in der Zeit vom 01.01.2001 bis 30.06.2006 gebildete Ausgleichsfonds dient der Abdeckung des Finanzbedarfs der EHV-Ansprüche, der nicht durch die Umlage nach Abs. 1 gedeckt werden kann, soweit eine Anpassung des Nachhaltigkeitsfaktors im laufenden Quartal noch nicht erfolgen konnte. Der Ausgleich endet, wenn keine Mittel mehr im Ausgleichsfonds vorhanden sind."

6

Die Vorschrift des § 8 Abs 2 GEHV änderte die Beklagte im Jahr 2007 nochmals und beschloss die Auflösung des Ausgleichsfonds und die Auszahlung der verbliebenen Mittel an die Vertragsärzte, die ihn gebildet hatten, bis auf eine Schwankungsreserve von 6 Mio Euro.

7

Mit Bescheid vom 10.7.2007 setzte die Beklagte das EHV-Honorar des Klägers für das Quartal III/2006 auf 6565,23 Euro abzüglich des aktuellen Verwaltungskostensatzes fest. Dabei ging sie von einer Durchschnittshonoraranforderung der aktiven Vertragsärzte in Höhe von 41 194,39 Euro aus. Bei einem EHV-Anspruchssatz von 18 % ergebe sich ein Bruttohonorar von 7414,99 Euro. Unter Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsfaktors nach § 8 GEHV von 88,54 % ergebe sich der Auszahlungsbetrag.

8

Mit weiterem Bescheid vom 12.7.2007 erfolgte die Festsetzung des EHV-Honorars des Klägers für das Quartal IV/2006. Hierbei ging die Beklagte von einer Durchschnittshonoraranforderung von 44 587,28 Euro aus und errechnete hieraus ein EHV-Bruttohonorar von 8025,71 Euro, das nach Quotierung auf der Grundlage des Nachhaltigkeitsfaktors von 89,0956 % den Auszahlungsbetrag in Höhe von 7150,55 Euro ergab.

9

Die Widersprüche des Klägers gegen die Honorarbescheide wies die Beklagte zurück.

10

Mit Urteil vom 24.2.2010 hat das SG die Beklagte unter Änderung der angegriffenen Bescheide verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden; die weitergehende Klage auf Gewährung höherer Leistungen aus der EHV hat das SG abgewiesen. Nach der Rechtsprechung des BSG sei die bereits 2001 eingeführte Regelung zulässig, bei der Ermittlung der Durchschnittshonoraranforderung aller Vertragsärzte besondere Kosten vorweg abzuziehen, auch soweit dieser Abzug zu einer Verringerung des Durchschnittshonorars und damit im Ergebnis auch zu einer Verringerung der EHV-Ansprüche führe. § 5 Abs 1 Satz 2 GEHV in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung (GEHV 2006) sehe Abzüge von der Honorarforderung "unter Berücksichtigung des TL-Anteils im EBM 2000plus" vor, und zwar mit einem Anteil von x %. Diese Unbekannte x werde jedoch in der Satzung der Beklagten an keiner Stelle mit Satzungsqualität bestimmt, sodass offenbleibe, mit welchem Anteil die "Technischen Leistungen" (TL) von der Honorarforderung abgezogen würden. Die Beklagte habe dazu erläutert, sie erhalte von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) eine Liste, die für die Leistungen nach dem EBM 2000plus eine Aufstellung der jeweiligen technischen und ärztlichen Leistungsanteile enthalte. Auf der Grundlage dieser Vorgaben werde der durchschnittliche Anteil der technischen Leistungen fachgruppenbezogen ermittelt. Technische Leistungsanteile bis zu diesem Fachgruppendurchschnitt würden nicht gesondert berücksichtigt; in diesem Fall gehe die gesamte Honorarforderung in die EHV ein. Erst wenn die einzelne Praxis technische Leistungsanteile über dem Fachgruppendurchschnitt aufweise, werde der über dem Fachgruppendurchschnitt liegende Leistungsanteil aus der EHV-Quotierung herausgenommen. Der Sache nach sei diese Vorgehensweise nicht zu beanstanden, ihr fehle zur Zeit aber die satzungsrechtliche Grundlage. Soweit die Beklagte die von der KÄBV verfasste Aufstellung über die Festlegung von "TL"-Anteilen heranziehen wolle, müsse die Vertreterversammlung dies in ihren Gestaltungswillen aufnehmen. Die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors sei nur insoweit zu beanstanden, als er für bereits im EHV-Bezug stehende Anspruchsberechtigte keine Absicherung nach unten vorsehe, was aber für die streitbefangenen Quartale noch nicht zu einer Rechtsverletzung führe.

11

Die Beklagte hat nach der Zustellung des sozialgerichtlichen Urteils die Vorschrift des § 5 GEHV mit (Rück-)Wirkung ab dem 1.4.2005 wie folgt neu gefasst:
"(1) Bei der Ermittlung der Honorarforderung des Vertragsarztes oder einer Gemeinschaftspraxis von Vertragsärzten, die Grundlage für die Punktzahlgutschrift nach § 3 Absätze 1 a) und 1 b) ist, werden leistungsbezogen die unter Berücksichtigung des 'TL'-Anteils im EBM 2000plus definierten Honoraranteile (mit einem rechnerischen Punktwert von 5,11 Cent) im Rahmen der Honorarforderungen festgestellt. Die Liste TL-Anteile wird von der Vertreterversammlung aufgestellt und beschlossen. Der Vorstand ist berechtigt, Korrekturen, Ergänzungen oder Aktualisierungen der Liste vorzunehmen, insbesondere wenn Änderungen der Gebührenordnung dies erfordern. Die Berücksichtigung dieser Kostenanteile erfolgt nur, soweit sie einen Anteil von x % der jeweiligen Fachgruppe übersteigen.
Der Anteil von x % bestimmt sich dabei ab Einführung des EBM 2000plus so, dass sich im Ergebnis das im jeweiligen Vorjahresquartal festgestellte Verhältnis zwischen dem Durchschnittshonorar, berechnet auf Basis aller in die EHV einbezogenen Honorarforderungen, und dem Durchschnittshonorar nach Berücksichtigung der seinerzeit anerkennungsfähigen besonderen Kosten, auch im aktuellen Abrechnungsquartal ergibt. Die Festlegung erfolgt durch den Vorstand. Alle über den Anteil von x % hinausgehenden Honorarforderungen nach Satz 1 gehen in die weiteren EHV-Berechnungen nicht mehr ein. Sie werden im Rahmen der allgemeinen Honorarverteilung mit dem Bruttopunktwert bei punktzahlbewerteten Leistungen bzw. der Bruttoquote bei €-bewerteten Leistungen bzw. Pauschalen bewertet."

12

Als zu berücksichtigender Kostenanteil nach § 5 Abs 1 GEHV wurde mit Beschluss der Vertreterversammlung vom 29.5.2010 mit Wirkung ab dem Quartal II/2005 die Liste "GO-Stamm-Auszug II/2005 EHV" festgestellt, mit Wirkung ab dem Quartal I/2008 die Liste "EHV-Kostenanteile 2008".

13

Mit Urteil vom 27.6.2012 hat das LSG auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG und die Bescheide der Beklagten geändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Quartale III/2006 und IV/2006 Leistungen aus der EHV ohne Quotierung aufgrund des Nachhaltigkeitsfaktors gemäß § 8 Abs 1 GEHV zu gewähren. Auf die Berufung der Beklagten hat es das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen, soweit die Beklagte zur Neubescheidung des EHV-Anspruchs des Klägers hinsichtlich der Kürzungen wegen technischer Leistungen gemäß § 5 GEHV verurteilt worden war. Mit der zum 1.4.2005 in Kraft getretenen Regelung des § 5 GEHV 2010 habe die Beklagte auch für die streitbefangenen Quartale eine ausreichende Rechtsgrundlage für den Abzug besonderer Kosten geschaffen. Die Rückwirkung der Regelung sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Ein Vertrauen der inaktiven Vertragsärzte, dass ein solcher Abzug nicht vorgenommen werde, habe zu keinem Zeitpunkt bestanden.

14

Soweit es durch den Nachhaltigkeitsfaktor zu einer Kürzung der EHV-Ansprüche für die streitbefangenen Quartale komme, verletze dies den Kläger in seinem Eigentumsrecht aus Art 14 Abs 1 GG. Der aktive Vertragsarzt erwerbe durch Minderung seines Honoraranspruchs zugunsten der EHV, der eine Funktion wie dem Beitrag zur Rentenversicherung zukomme, Teilhabeansprüche an dem zukünftig erwirtschafteten Honorar der Vertragsärzte. Der EHV-Bezieher habe die rechtlich geschützte Erwartung, dass bei relativ gleichbleibenden Finanzmitteln die Leistung aus der EHV in einer aufgrund des erworbenen Anspruchssatzes bestimmbaren Höhe auf Dauer garantiert sei. Die Minderung des EHV-Anspruchs durch den Nachhaltigkeitsfaktor sei zwar von einem gewichtigen Gemeinwohlinteresse getragen. Wie alle Alterssicherungssysteme stehe die EHV vor dem Problem, dass eine immer kleinere Zahl von aktiven Vertragsärzten eine immer größere Zahl inaktiver Vertragsärzte versorgen müsse. Bei unveränderter Fortführung der EHV wäre die Belastungsquote der aktiven Ärzte im Jahr 2009 auf 6,05 % gestiegen, im Jahr 2010 auf 6,4 %. Allein eine steigende Beitragslast berechtige aber noch nicht zu Kürzungen bei den erworbenen Rentenansprüchen. Die Anwendung des Nachhaltigkeitsfaktors habe ausschließlich die inaktiven Vertragsärzte belastet. Der Kläger habe in den streitbefangenen Quartalen eine Minderung der Leistungen um mehr als 6 % hinnehmen müssen.

15

Zur Begründung ihrer Revision trägt die Beklagte vor, das LSG beschränke die Gestaltungsfreiheit des Normgebers unangemessen. Die Reform im Jahr 2006 sei im Rahmen ihrer Beobachtungs- und Reaktionspflicht erfolgt. Es habe sich gezeigt, dass der Ausgleichsfonds nur eine mittelfristige Stabilisierung hätte bewirken können. Ohne weitere Auffangregelungen zur Kompensation demographischer Verwerfungen hätte es einen kontinuierlich steigenden EHV-Umlagesatz gegeben. Die Festschreibung der Belastungsquote auf 5 % habe sich an dem Honoraranteil orientiert, der in der Vergangenheit von den Vertragsärzten im Durchschnitt habe aufgewandt werden müssen. Ohne die Begrenzung durch den Nachhaltigkeitsfaktor wäre im Quartal I/2009 die Belastungsgrenze von 6 % überschritten gewesen. Im Interesse der Sicherstellung der Versorgung und der Bestandssicherung der EHV habe man dem entgegenwirken müssen. Der Nachhaltigkeitsfaktor belaste auch nicht unverhältnismäßig die inaktiven Vertragsärzte, zumal er seit Ende 2011 auf maximal 80 % beschränkt gewesen sei. Das LSG habe nicht hinreichend die weiteren Maßnahmen berücksichtigt, die mit der Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors getroffen worden seien. So seien die Anspruchshöchstsätze von 15 % auf 18 % zurückgeführt worden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der EHV nur um eine Teilsicherung der Vertragsärzte handele, die daneben Leistungen aus dem Versorgungswerk der hessischen Ärzte erhielten. Grundlage für die Berechnung sei ab dem Quartal III/2006 das Durchschnittshonorar der aktiven Vertragsärzte vor - und nicht wie bis dahin nach - Abzug des EHV-Anteils und nach Berücksichtigung der Praxiskosten gewesen. Dieses geänderte Vorgehen habe zu einer Abmilderung der Auswirkungen des Nachhaltigkeitsfaktors geführt (Reduzierung von 6,1822 % statt 11,1822 %). Das gelte auch für die seit 2011 vorgesehene Einbeziehung der Einnahmen aus Sonderverträgen. Die Entwicklung der Bezüge aus der EHV vom Quartal I/2000 bis zum Quartal II/2009 mache deutlich, dass das Absinken der Auszahlungsquote nicht zwingend zu niedrigeren Auszahlungsbeträgen führe. Es werde immer noch ein angemessenes Leistungsniveau gewährleistet. Schließlich sei ein vertretbarer und kalkulierbarer EHV-Umlagesatz Voraussetzung für eine dauerhafte Sicherstellung der Versorgung.

16

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 27.6.2012 aufzuheben, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger für die Quartale III/2006 und IV/2006 Leistungen aus der EHV ohne Quotierung aufgrund des Nachhaltigkeitsfaktors zu erbringen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen,
die Klage in vollem Umfang abzuweisen und die Anschlussrevision zurückzuweisen.

17

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen und im Wege der Anschlussrevision,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 27.6.2012 zu ändern, soweit dieses das Urteil des SG Marburg vom 24.2.2010 geändert und die Klage abgewiesen hat, soweit die Beklagte zur Neubescheidung des EHV-Anspruchs des Klägers hinsichtlich der Kürzungen wegen technischer Leistungen gemäß § 5 GEHV verurteilt worden ist
und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

18

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend, soweit die Beklagte zur Leistung ohne Quotierung verurteilt worden ist. Soweit die Beklagte das Absinken des wirtschaftlichen Wertes des Höchstanspruchs für eine Belastung der aktiven Vertragsärzte anführe, könnten die Aktiven auf die Prognose reagieren, die Inaktiven aber nicht mehr. Es sei eine besonders strenge Kontrolle der Verhältnismäßigkeit geboten, weil die inaktiven Vertragsärzte in der Vertreterversammlung nicht vertreten seien. Dass Ärzte durch die EHV nicht von der Niederlassung in Hessen abgehalten würden, zeige der Anstieg der Zahl der Ärzte von 2006 bis 2011 um 600. Im Wege der Anschlussrevision wendet sich der Kläger gegen den Abzug der TL-Anteile nach § 5 GEHV. Die Vorschrift sei so unklar formuliert, dass kein Arzt nachvollziehen könne, welche Honoraranteile für "technische Leistungen" von welchen Beträgen abgesetzt würden. Die Neuregelung aus dem Jahr 2010 zum 1.4.2005 verstoße gegen das Rückwirkungsverbot.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision der Beklagten ist nur teilweise begründet. Ohne Erfolg wendet sie sich gegen die Beurteilung des LSG, dass die Anwendung des Nachhaltigkeitsfaktors auf den Zahlungsanspruch des Klägers rechtswidrig ist. Zu Recht rügt sie aber, dass das LSG sich auf eine Verpflichtung zur Neubescheidung hätte beschränkten müssen und sie nicht hätte verurteilen dürfen, Leistungen ohne Quotierung zu erbringen. Die Anschlussrevision des Klägers ist nicht begründet.

20

1. Die Anschlussrevision des Klägers ist zulässig. Die Revisionsfrist des § 164 Abs 1 SGG gilt nicht für die Anschlussrevision, die nach der Rechtsprechung des BSG auch in der Sozialgerichtsbarkeit statthaft ist(vgl BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 29; BSG SozR 4-1500 § 144 Nr 4 RdNr 16 mwN). Nach § 202 SGG iVm § 554 ZPO kann sich der Kläger auch noch nach Ablauf der Revisionsfrist der Revision der Beklagten anschließen, wenn er dies binnen eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung erklärt. Diese Frist hat der Kläger hier eingehalten. Die Revisionsbegründung ist ihm am 24.5.2013 zugestellt worden, die Anschlussrevision hat er am 17.6.2013 eingelegt. Die Anschlussrevision des Klägers bezieht sich zwar auf einen anderen rechtlichen Gesichtspunkt, aber auf denselben Streitgegenstand wie die Hauptrevision der Beklagten, nämlich die Höhe des Anspruchs des Klägers aus der EHV.

21

2. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Teilnahme an der EHV in den streitbefangenen Quartalen sind die GEHV in der von der Vertreterversammlung der KÄV am 1.4.2006 und 31.5.2006 beschlossenen und von dem aufsichtsführenden Sozialministerium des Landes Hessen am 2.8.2006 genehmigten Fassung (veröffentlicht im HessÄBl, September 2006), ergänzt durch die Beschlüsse vom 20.2.2010, 29.5.2010 und 28.8.2010 (Feststellung der Liste der TL-Anteile, Einbeziehung der Einnahmen aus Sonderverträgen), vom Hessischen Sozialministerium genehmigt mit Schreiben vom 10.6.2011 (veröffentlicht durch Rundschreiben "EHVAktuell" vom 6.7.2011). Sie sind, soweit die Berücksichtigung der Vergütung "technischer Leistungen" nach § 5 GEHV iVm den dazu beschlossenen Anlagen betroffen ist, rechtmäßig, hinsichtlich der Einführung des "Nachhaltigkeitsfaktors" nach § 8 GEHV rechtswidrig.

22

a) In Hessen wird die Altersversorgung der Vertragsärzte - anders als in allen anderen KÄV-Bezirken - sowohl über das Versorgungswerk der Ärztekammer Hessen als auch über die KÄV sichergestellt. Nach § 8 des Gesetzes über die KÄV und die KZÄV Hessen (KVHG) sorgt die KÄV Hessen "im Rahmen ihrer Satzung für eine wirtschaftliche Sicherung der invaliden und alten Kassenärzte und Hinterbliebenen von Kassenärzten(seit 2009: '… Vertragsärztinnen oder Vertragsärzte und der Hinterbliebenen von Vertragsärztinnen oder Vertragsärzten'). Diese Sicherung kann auch durch besondere Honorarverteilungsgrundsätze geregelt werden." Bundesgesetzliche Grundlage für die landesrechtliche Vorschrift des § 8 KVHG ist die nach wie vor geltende Regelung des Art 4 § 1 Abs 2 Satz 2 des Gesetzes über Kassenarztrecht (GKAR) vom 17.8.1955 (BGBl I 513). Danach bleiben landesrechtliche Regelungen über die Altersversorgung der Kassenärzte unberührt. Diese Vorschrift schützt die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits bestehenden Versorgungseinrichtungen von Kassen-(heute: Vertrags-)Ärzten (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 25; BSGE 25, 123, 128 = SozR Nr 1 zu Art 4 § 1 GKAR).

23

Die beklagte KÄV führt seit dem 1.1.1954 die Alterssicherung im Wege einer (limitierten) Teilnahme der ehemaligen Vertragsärzte an der Honorarverteilung für jedes Quartal durch. Der Satzungsgeber des Versorgungswerks der Ärztekammer Hessen hat dem dadurch Rechnung getragen, dass die Mitglieder der Ärztekammer Hessen, die vertragsärztlich zugelassen sind, wegen ihrer über die KÄV Hessen organisierten Altersversorgung nur die Hälfte des Beitrags zum Versorgungswerk der Ärztekammer zu entrichten haben, der sich ergäbe, wenn sie mit ihrem gesamten Einkommen aus ärztlicher Tätigkeit - bei Beachtung der bestehenden Beitragsbemessungsgrenzen - beitragspflichtig zum Versorgungswerk der Kammer wären.

24

aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass § 8 KVHG iVm Art 4 § 1 Abs 2 GKAR verfassungsgemäß ist, insbesondere eine hinreichend präzise Ermächtigungsgrundlage für den Satzungsgeber enthält, im Rahmen der betroffenen grundrechtlichen Gewährleistungen von Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG einerseits und Art 14 Abs 1 GG andererseits Regelungen zu treffen(BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 34 ff). Die Vorschriften bilden nicht nur mit hinreichender Bestimmtheit eine Grundlage für ein umlagefinanziertes Versorgungssystem, sondern auch für die Anpassung der EHV an sich ändernde Verhältnisse im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung. Nach Auffassung des Senats hat sich gezeigt, dass die Beklagte auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigungen auf (auch) grundlegende Änderungen in der Versorgungsstruktur in Bezug auf die EHV sachgerecht zu reagieren imstande ist (vgl dazu auch Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 6 KA 8/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Das betreffe sowohl die 1991 erfolgte Erweiterung der EHV auf Honorare, die für die Behandlung von Versicherten der Ersatzkassen über die KÄV verteilt worden sind als auch die Entscheidung, die Psychologischen Psychotherapeuten nicht in die EHV einzubeziehen.

25

Künftigen Regelungsbedarf hat der Senat im Hinblick auf die Einnahmen der Vertragsärzte gesehen, die nicht mehr über die KÄV bezogen werden. Als Reaktion hierauf fasste der Landesgesetzgeber § 8 KHVG zum 23.12.2009 neu (vgl Drucksache des Hessischen Landtags 18/767 S 3). Nach der Neufassung sind zur Sicherung der EHV der KÄV neben der Gesamtvergütung sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der KÄV ausgezahlt werden, der EHV unterworfen. Dies gilt unabhängig von der Rechtsgrundlage der Vergütung auch für die Vergütung aus Direktverträgen zwischen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen oder aus Verträgen zur Integrierten Versorgung (Abs 2). Die KÄV ist berechtigt, durch Satzung die Einbeziehung der Umsätze für Leistungen nach Abs 2 zu regeln (Abs 4).

26

bb) Die maßgeblichen Regelungen für die EHV in den GEHV wurden im Laufe der Zeit häufig geändert. Grundlegende Umgestaltungen erfolgten in jüngerer Zeit zum 1.10.2001 und erneut zum 1.7.2006 sowie zuletzt zum 1.7.2012.

27

(1) Die Reform zum Quartal IV/2001 senkte den Höchstanspruchssatz von 18 % auf 15 %. Die "Normalstaffel" wurde auf eine 30-jährige statt auf eine 35-jährige vertragsärztliche Tätigkeit ausgerichtet. Besondere Kosten der Praxistätigkeit wurden von den festgestellten Honorarforderungen der aktiven Vertragsärzte abgezogen. Einem Ausgleichsfonds wurden bis zum Quartal II/2006 Finanzmittel zu Lasten der Honorarverteilung zugeführt.

28

(2) Mit der Reform zum 1.7.2006 kehrte die Beklagte wieder zu einem Anspruchshöchstsatz von 18 % zurück. Die EHV-Belastungsgrenze für die aktiven Vertragsärzte wurde in § 8 Abs 1 GEHV auf maximal 5 % festgesetzt. Beim Überschreiten dieses Wertes wurden alle Ansprüche über einen Nachhaltigkeitsfaktor so quotiert, dass die quotenmäßigen Belastungen der Punktwerte der Honorarverteilung einen Wert von 5 % nicht überschritten. Zum 13.12.2011 wurde der Nachhaltigkeitsfaktor auf 80 % begrenzt. Die Belastungsgrenze der aktiven Vertragsärzte konnte von 5 % auf 6 % steigen für den Fall, dass die Ansprüche der EHV-Empfänger bis zu einer Höhe von 80 % mit einer Quote von 5 % nicht zu bedienen sind. Soweit auch dies nicht ausreicht, sollte eine weitere Absenkung des Nachhaltigkeitsfaktors erfolgen.

29

Hinsichtlich der Bewertung der Praxiskosten fand eine Anpassung an die betriebswirtschaftliche Kalkulation der ärztlichen Leistungen bezogen auf einen ärztlichen Leistungsanteil und einen technischen Leistungsanteil (TL) statt. Der TL-Anteil der Kosten einer Praxis wurde unmittelbar von der Honorarforderung der aktiven Vertragsärzte abgezogen, soweit sie über dem Anteil der jeweiligen Fachgruppe lagen. Grundlage der Bewertung der TL-Anteile waren Listen der KÄBV, die eine Aufstellung der technischen Leistungsanteile der Leistungsziffern des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) enthielten. Zum Quartal II/2006 änderte die Beklagte auch ihre Verwaltungspraxis hinsichtlich der Berechnung des maßgeblichen Durchschnittshonorars. Zugrunde gelegt wurde nicht mehr das Durchschnittshonorar der aktiven Vertragsärzte aus der Abrechnung der Primär- und Ersatzkassen nach EHV-Quotierung gemäß § 8 Abs 1 GEHV, sondern vor dieser Quotierung und nach Berücksichtigung der Praxiskosten nach § 5 GEHV.

30

Zum 7.7.2011 beschloss die Vertreterversammlung eine Neufassung des § 5 Abs 1 GEHV rückwirkend ab dem 1.4.2005. Mit ihr wurde den vom SG geäußerten Bedenken Rechnung getragen und die Liste der TL-Anteile gemäß § 5 Abs 1 GEHV ausdrücklich durch die Vertreterversammlung festgestellt. Außerdem wurde auf der Grundlage des neu gefassten § 8 KVHG eine Bestimmung eingefügt, wonach Vergütungen für Leistungen der GKV, die außerhalb der Gesamtvergütung vergütet wurden, einbezogen wurden.

31

Mit Wirkung zum 12.5.2010 (Beschlüsse vom 31.10.2009 und 12.12.2009) wurde die GEHV dahin geändert, dass Ärzte, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, an der EHV teilnehmen und trotzdem ihre vertragsärztliche Tätigkeit fortsetzen können.

32

(3) Zum 1.7.2012 reformierte die Beklagte die EHV grundlegend: Es gibt nunmehr neun Beitragsklassen, in die alle Vertragsärzte eingruppiert werden. Aus der Beitragsklasse folgt ein fester Eurobetrag als Beitrag. Die Höhe des Anspruchs aus der EHV ergibt sich aus den durch die Beiträge gesammelten Punkten. Die Höchstpunktzahl wurde von 12 000 auf 14 000 Punkte angehoben. Die Höhe der monatlichen EHV-Leistung errechnet sich aus der Multiplikation der über die Beitragszeit erworbenen Punkte mit einem festen Punktwert in Euro. Ausgangswert des zum 1.7.2012 festgelegten Punktwertes war der Jahresbetrag des Durchschnittshonorars 2010 nach den bis zum 30.6.2012 gültigen Grundsätzen der EHV. Die Ansprüche der EHV-Empfänger, die bereits vor dem 1.7.2012 Leistungen bezogen, wurden versicherungsmathematisch umgerechnet. Das Eintrittsalter wird schrittweise auf 67 Jahre angehoben.

33

b) Die Verteilungsprinzipien der EHV waren bereits Gegenstand der Senatsurteile vom 9.12.2004 (ua B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 97 ff) und 16.7.2008 (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43). Im Urteil vom 9.12.2004 hat der Senat zu den Regelungen über die Beitragsbemessung zur EHV ausgeführt, es gälten die allgemein für die Erhebung von Beiträgen maßgeblichen Grundsätze, insbesondere das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitssatz. Aus dem Äquivalenzprinzip folge, dass Beitragsleistung und Versorgungsleistung einander entsprechen müssten. Zu beanstanden sei danach weder der Verzicht auf eine Beitragsbemessungsgrenze noch die Anknüpfung des Beitrags an die Honorarhöhe (aaO RdNr 110 ff).

34

Im Urteil vom 16.7.2008 hat der Senat die Anforderungen an normative Regelungen zur Alters- und Invaliditätssicherung von Vertragsärzten in der aktiven wie in der Ruhestandsphase präzisiert. Die Maßstäbe ergäben sich einerseits aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG) und andererseits - insbesondere in der inaktiven Phase - aus Art 14 Abs 1 GG. Die Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen der EHV nach Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit seien strukturell und im Hinblick auf ihre besondere Schutzbedürftigkeit Ansprüchen aus betrieblichen Versorgungsanwartschaften und aus den beitragsfinanzierten Sozialversicherungssystemen vergleichbar (aaO RdNr 39). Sie seien dem Inhaber nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts als privatnützig zugeordnet, dienten seiner Existenzsicherung und beruhten auf Eigenleistungen ihres Inhabers (vgl BVerfGE 69, 272, 300 ff = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 125 ff; BVerfGE 100, 1, 32 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 47 ff zum Schutz von Renten und Rentenanwartschaften). Der Vorwegabzug des Anteils der aktuellen Gesamtvergütung, der für die Zwecke der als reines Umlagesystem organisierten EHV benötigt werde, übernehme die Funktion, die in der Rentenversicherung und der berufsständischen Altersversorgung dem "Beitrag" zukomme.

35

Zum Umfang des Anspruchs hat der Senat dargelegt, den jetzt im Ruhestand lebenden Vertragsärzten sei zugesichert worden, dass sie an der Verteilung der Gesamtvergütung nach allgemein verbindlichen, vor dem jeweiligen Quartal erlassenen Regelungen teilnehmen, und dass sich - nicht anders als in einem umlagefinanzierten System wie der gesetzlichen Rentenversicherung und auch nicht anders als in der steuerfinanzierten Versorgung von Beamten - der wirtschaftliche Erfolg in der aktiven Zeit in der Höhe der Einnahmen in der inaktiven Phase - nicht punktgenau, sondern nur prinzipiell - widerspiegelt (aaO RdNr 53). Die Beklagte sei im Rahmen ihrer Satzungsautonomie stets gehalten, auf einen sachgerechten Ausgleich hinzuwirken zwischen den Belangen der aktiven Ärzte, denen hinreichende Anreize für Aufnahme und Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit gegeben werden müssten, und den Interessen der früheren Vertragsärzte, die durch eigene Aktivitäten die Höhe ihrer Ansprüche aus der EHV nicht mehr beeinflussen und ihre Altersversorgung nicht mehr ausbauen könnten und deshalb besonders schutzbedürftig seien (aaO RdNr 55). Das entspreche auch der Rechtsprechung des BAG zur Verschlechterung von Versorgungsanwartschaften und Versorgungsansprüchen früherer Arbeitnehmer durch tarifvertragliche Regelungen (aaO RdNr 57 unter Hinweis auf BAG Urteil vom 21.8.2007, NZA 2008, 182, 187 = BAGE 124, 1 = AP Nr 69 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen).

36

c) Gemessen an diesen Maßstäben hat das LSG zu Recht die Berücksichtigung der technischen Anteile nicht beanstandet, wohl aber die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors in seiner konkreten Ausgestaltung.

37

aa) Die hier angegriffenen Satzungsbestimmungen sind formell rechtmäßig. Dass die Beschlussfassung über die GEHV durch die Vertreterversammlung kein Indiz für eine einseitige Bevorzugung der Belange der aktiven Vertragsärzte sei, hat der Senat bereits in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2008 dargelegt und darauf hingewiesen, dass Vertragsärzte in den letzten Jahren ihrer aktiven Tätigkeit sehr genau beobachten werden, wie die Verteilungsgrundsätze durch die Vertreterversammlung ausgestaltet werden, und darauf achten werden, dass nicht im Hinblick auf kurzfristige Vorteile, die ihnen in den wenigen Jahren der vertragsärztlichen Tätigkeit noch zugute kommen mögen, ihre mutmaßlich für eine sehr viel längere Zeit zu gewährenden Bezüge aus der EHV geschmälert werden (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 61). Der Senat hat es als Sache der Aufsichtsbehörde bzw der Gerichte angesehen, von der Vertreterversammlung getroffene einseitige Regelungen zu Lasten der inaktiven Vertragsärzte zu beanstanden (aaO RdNr 64). Die Bildung einer "Interessengemeinschaft EHV", deren Vorsitzender der Kläger ist, belegt im Übrigen, dass die inaktiven Vertragsärzte durchaus in der Lage sind, ihre Interessen zu organisieren und wirkungsvoll zu vertreten. Nach Angaben des Klägers hat die Interessengemeinschaft entscheidend die grundlegende Neuorientierung der seit 2012 geltenden EHV-Regelungen beeinflusst.

38

bb) Die Vorschrift des § 5 GEHV zu den Technischen Leistungen in der Gestalt, die sie durch die Beschlüsse der Vertreterversammlung der Beklagten aus 2010 erhalten hat, ist rechtmäßig. Sie entspricht strukturell den bereits zuvor geltenden Regelungen, die der Senat nicht beanstandet hat.

39

(1) Der Senat hat im Urteil aus 2008 dargelegt, dass schon seit dem 1.7.1991 bei der Ermittlung der für die EHV einzubehaltenden Gesamtvergütungsanteile, die auf die einzelne Praxis entfallen, besondere Kosten berücksichtigt wurden. Damit habe die Beklagte in zulässiger Weise auf die signifikanten Unterschiede bei den Kostensätzen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung reagiert. Die Berücksichtigung von besonderen Kosten bei bestimmten Leistungen habe der Senat bereits in seinen Urteilen vom 9.12.2004 (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 112) nicht nur gebilligt, sondern tendenziell im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG für geboten gehalten. Soweit vertragsärztliche Umsätze verschiedener Arztgruppen nicht mehr tendenziell Überschüsse in ähnlicher Größenordnung erwarten lassen, müsse dies bei Belastungen, die allein an Umsätzen ausgerichtet seien, berücksichtigt werden (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 67).

40

§ 5 GEHV in der ab dem 1.10.2001 geltenden Fassung hat der Senat nicht beanstandet. Danach wurden bei der Ermittlung der Honorarforderung des Vertragsarztes für bestimmte Leistungsbereiche besondere Kosten, zB Dialysekosten, unmittelbar von der Honorarforderung abgezogen. Von der verbleibenden Honorarforderung wurden unter der Annahme eines allgemeinen Praxiskostensatzes von 50 % die darüber hinaus nach der Anlage zu § 5 Abs 1 GEHV für einzelne Leistungsbereiche definierten besonderen Kosten unter Berücksichtigung der abgerechneten Honorarforderung für die dort aufgeführten Leistungen zusätzlich anteilig in Abzug gebracht. Für kostenintensive Leistungen konnte der Vorstand weitere besondere Kostensätze anerkennen. Bei der Ermittlung der Durchschnittshonorare wurden nach § 5 Abs 3 GEHV (2001) die nach den Abs 1 und 2 der Vorschrift berücksichtigungsfähigen besonderen Kosten abgezogen. Der Senat hat in seiner Entscheidung aus 2008 ausgeführt, dass diese Regelungen rechtstechnisch an die vom Senat bereits zuvor gebilligte Berücksichtigung besonderer Kosten anknüpften. Neu sei, dass die auf diese Kosten entfallenden Anteile der Gesamtvergütung bei der Berechnung der Durchschnittshonoraranforderung aller Vertragsärzte (§ 3 Abs 1 GEHV) außer Betracht blieben (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 69).

41

Im Hinblick auf Art 14 Abs 1 Satz 2 GG hat der Senat die Vorschrift nicht beanstandet (aaO RdNr 71 f). Die Beklagte habe im Rahmen der ihr als normsetzender Körperschaft zukommenden Gestaltungsfreiheit zum 1.10.2001 verschiedene Neuregelungen getroffen, die sich auf aktive wie auf ehemalige Ärzte belastend ausgewirkt haben. Die Neuregelung der Berücksichtigung der besonderen Kosten belaste die ehemaligen Vertragsärzte, aber auch die aktiven Vertragsärzte, die eben mit den auf diese Kosten entfallenden Anteilen ihrer Honorarforderung keine Ansprüche für ihre spätere Teilnahme an der EHV erwerben könnten. Auch in der Generationenperspektive biete der Ansatz bei (steigenden) Praxiskosten für bestimmte Leistungen Vorteile. Der EHV sei der Anspruch der früheren Vertragsärzte immanent, an steigenden Gesamtvergütungen zu partizipieren. Wenn und soweit aber steigende Gesamtvergütungen eher steigende Kosten der vertragsärztlichen Tätigkeit abbilden als steigende Gewinne, sei es prinzipiell gerechtfertigt, die inaktiven Vertragsärzte von der Teilnahme an solchen rein kostenbedingten Erhöhungen auszuschließen, weil bei ihnen solche Kosten nicht mehr anfallen. Deshalb sei es der Beklagten nicht verwehrt, steigende Kosten für besonders aufwendige Leistungen zum Anlass einer gewissen Umverteilung zwischen den einzelnen Arztgruppen unter Einschluss auch der ehemaligen Vertragsärzte zu nehmen. Ob die Belastung dieser Ärzte exakt den Auswirkungen der steigenden Kosten entspreche, bedürfe keiner näheren Prüfung. Die gerichtliche Kontrolle von Geeignetheit und Erforderlichkeit anspruchsbegrenzender Normen müsse auf den Ausschluss struktureller Fehlfestlegungen und ersichtlich unangemessener Lastenverteilungen ausgerichtet sein, wenn sie die Gestaltungsfreiheit des Normgebers nicht unangemessen beschränken solle.

42

(2) Die hier streitbefangene Neufassung des § 5 GEHV zum 1.7.2006 unterschied sich strukturell nicht von der bereits vom Senat gebilligten Fassung der Norm zum 1.10.2001. Im Abs 1 Satz 1 der Neufassung 2006 fand sich wie zuvor die Verweisung auf die Anlage zu § 5, die allerdings nun keine Regelungen mehr enthielt. Dementsprechend entfiel mit der Satzungsänderung im Jahr 2010 der Verweis auf die Anlage. Inhaltlich übereinstimmend sahen die Fassungen des § 5 GEHV aus 2006 und 2010 vor, dass leistungsbezogen die unter Berücksichtigung des "TL"-Anteils im EBM 2000plus definierten Honoraranteile festgestellt und mit einem Anteil von x % von der verbleibenden Honorarforderung abgezogen wurden. Der Anteil von x % bestimmte sich nach § 5 Abs 1 Satz 3 GEHV 2006 ab Einführung des EBM 2000plus für die folgenden vier Quartale so, dass sich im Ergebnis das im jeweiligen Vorjahresquartal festgestellte Verhältnis zwischen dem Durchschnittshonorar, berechnet auf der Basis aller in der EHV einbezogenen Honorarforderungen, und dem Durchschnittshonorar nach Berücksichtigung der seinerzeit anerkennungsfähigen besonderen Kosten, auch im aktuellen Abrechnungsquartal ergab. Diese Formulierung wurde 2010 lediglich dahin geändert, dass die Worte "für die folgenden vier Quartale" wegfielen (dort Satz 5). Maßgeblich war mithin das Verhältnis zwischen dem Durchschnittshonorar vor und dem Durchschnittshonorar nach Berücksichtigung der besonderen Kosten, jeweils bezogen auf das Vorjahresquartal. Die über den Anteil x hinausgehenden Honorarforderungen gingen in die weitere EHV-Berechnung nicht ein. Tatsächlich wurden nur die Kosten vom Honorar abgezogen, die über dem Faktor x lagen. In der im Jahr 2010 rückwirkend zum 1.4.2005 beschlossenen Änderung des § 5 Abs 1 Satz 4 GEHV wurde dies unmissverständlich deutlich: "Die Berücksichtigung dieser Kostenanteile erfolgt nur, soweit sie einen Anteil von x % der jeweiligen Fachgruppe übersteigen."

43

Die Bezugnahme in § 5 GEHV auf die TL-Anteile des EBM 2000plus war hinreichend bestimmt. Die für die Trennung zwischen ärztlichen und technischen Leistungen von der KÄBV ausgewerteten Daten des Statistischen Bundesamtes und des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung durften von der Beklagten als repräsentativ zugrunde gelegt werden. Bereits im Jahr 2004 hat der Senat nicht beanstandet, dass die Kostensätze für die besonders kostenintensiven Leistungen ua anhand der Durchschnittskosten der Strukturanalysen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung und des Statistischen Bundesamtes ermittelt worden waren (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 112). Auch wenn die Ermittlungen nicht im Zusammenhang mit der EHV erfolgten, bilden sie eine verlässliche Basis für eine Bestimmung der Kostenanteile. Das SG hat indes zu Recht bemängelt, dass zum einen der ursprüngliche Wortlaut des § 5 Abs 1 Satz 3 GEHV - "ab Einführung des EBM 2000plus für die folgenden vier Quartale" - die Auslegung zuließ, dass es sich lediglich um eine Übergangsvorschrift bis zum 1.3.2006 handelte und zum anderen auf einen Faktor verwiesen wurde, der nicht Bestandteil des EBM-Ä oder der GEHV war. Wenn die Vertreterversammlung im Jahr 2010 rückwirkend die Liste der TL-Anteile aufgestellt und beschlossen hat, hat damit aber eine zulässige Klarstellung durch den Satzungsgeber stattgefunden.

44

Insofern bestehen keine Bedenken gegen die Rückwirkung des § 5 Abs 1 GEHV (2010). Zwar entfaltete die Regelung eine echte Rückwirkung, weil sie in der Vergangenheit liegende, abgeschlossene Zeiträume betraf. Gesetze mit echter Rückwirkung sind grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar (stRspr, vgl BVerfGE 101, 239, 263; 131, 20, 39; 132, 302, 318, jeweils mwN). Von diesem grundsätzlichen Verbot echt rückwirkender Gesetze bestehen jedoch Ausnahmen (stRspr, vgl BVerfGE 122, 374, 394 f; 126, 369, 393 f = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 75; BVerfGE 131, 20, 39). Das Rückwirkungsverbot findet nach der Rechtsprechung des BVerfG im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (vgl BVerfGE 88, 384, 404; 122, 374, 394; 126, 369, 393 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 75). Es gilt nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte (vgl BVerfGE 95, 64, 86 f; 122, 374, 394) oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war (vgl BVerfGE 50, 177, 193 = SozR 5750 Art 2 § 99 Nr 8 S 24 f mwN). Eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit echter Rückwirkungen ist gegeben, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten (vgl BVerfGE 95, 64, 86 f; 122, 374, 394). Das kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste (vgl BVerfGE 88, 384, 404; 126, 369, 393 f = SozR 4-5050 § 22b Nr 9). Danach steht das Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG einer Rückwirkung hier nicht entgegen.

45

Die Teilnehmer an der EHV mussten bereits seit 2001 akzeptieren, dass besondere Kostenanteile vom Durchschnittshonorar abgezogen wurden. Das galt in gleichem Maße für die aktiven Vertragsärzte, deren Punktzahlen für die Anwartschaft hierdurch geschmälert wurden, wie für die inaktiven Vertragsärzte, für die sich dadurch die Berechnungsgrundlage verringerte. Das LSG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Senat die Berücksichtigung besonderer Kosten sogar unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten für geboten gehalten hat (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 111 f; BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 67). Bereits zum 1.1.2005 war die Vorschrift des § 5a GEHV eingefügt worden, die wortgleich dem ab dem 1.7.2006 geltenden § 5 GEHV entsprach. Nach ihren eigenen Angaben verfuhr die Beklagte bereits ab dem Quartal III/2005 entsprechend. Auch in Anbetracht der missverständlichen Formulierung zum zeitlichen Geltungsbereich war ab dem 1.7.2006 erkennbar, dass eine Orientierung an der zum EBM-Ä erstellten TL-Liste erfolgen sollte. Mit den Beschlüssen der Vertreterversammlung aus dem Jahr 2010 wurde lediglich sichergestellt, dass die jeweils aktuelle Liste der TL-Anteile, auf die bisher nur allgemein Bezug genommen worden war, ausdrücklich durch die Vertreterversammlung in die GEHV inkorporiert wurde. Klargestellt wurde neben der Geltungsdauer, dass es auf den Kostenanteil der jeweiligen ärztlichen Fachgruppe ankam und dass nur der diesen Durchschnittsanteil überschreitende Kostenanteil berücksichtigt wurde. Eine materielle Änderung ergab sich daraus nicht. Dementsprechend änderte sich auch die Praxis der Beklagten nicht. Das LSG hat zutreffend ausgeführt, dass mit der Neuregelung lediglich das tatsächliche und grundsätzlich rechtmäßige Vorgehen der Beklagten auf eine klarere Rechtsgrundlage gestellt worden ist. Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass es bei der in Teilen missverständlichen Regelung bzw der nur unbestimmten Bezugnahme bleiben würde, konnte nicht entstehen.

46

Soweit die Feststellung des Anteils von x % dem Vorstand übertragen war, hat das LSG zu Recht ausgeführt, dass damit keine Blankett-Ermächtigung erteilt, sondern nur die Aufgabe übertragen wurde, den rechnerisch nach den vorgegebenen Kriterien ermittelten Faktor x formell festzustellen.

47

cc) Dem LSG ist auch zuzustimmen, dass die konkrete Ausgestaltung des Nachhaltigkeitsfaktors gegen Art 14 Abs 1 GG verstößt. Dass der Anspruch aus der EHV dem Schutz des Art 14 Abs 1 GG unterfällt, hat der Senat bereits entschieden und insofern eine Parallele zu den Betriebsrenten gezogen (BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 37 ff). Hierzu hat das BVerfG entschieden, dass das Grundrecht auf Eigentum auch unverfallbare Anwartschaften schützt, wenngleich nicht in einer konkreten Höhe (vgl BVerfGE 131, 66, 80; BVerfG Beschluss vom 17.12.2012 - 1 BvR 488/10, 1 BvR 11 BvR 1047/10 - Juris RdNr 22 mwN). In seiner Entscheidung zur Aussetzung der Anpassung des aktuellen Rentenwertes zum 1.7.2004 hat das BVerfG ausgeführt, bei der eigentumsrechtlichen Prüfung gesetzlicher Regelungen, die die Höhe von Rentenleistungen beeinflussen, müsse dem Gesetzgeber eine ausreichende Flexibilität erhalten bleiben, um das Rentenversicherungssystem und insbesondere dessen Finanzierung zu gewährleisten. Daher verfestige die Eigentumsgarantie das Rentenversicherungssystem nicht so, dass es starr werde und den Anforderungen unter veränderten Umständen nicht mehr genügen könne (BVerfG SozR 4-2600 § 68 Nr 2 RdNr 51 mwN). Gesetzliche Maßnahmen, die der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung dienen, müssten allerdings von einem gewichtigen öffentlichen Interesse getragen und verhältnismäßig sein.

48

Diesen Anforderungen, die in entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des BVerfG zu Parlamentsgesetzen auch an die untergesetzlichen Regelungen zu stellen sind, hat die Beklagte mit der Ausgestaltung des Nachhaltigkeitsfaktors 2006 nicht hinreichend entsprochen. Es ist schon zweifelhaft, ob für die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors gewichtige Gründe angeführt werden können. Zwar hat die Beklagte dargelegt, dass es ohne eine Reform der EHV langfristig zu einer kontinuierlich steigenden Belastung der aktiven Vertragsärzte kommen würde. Das LSG hat im Hinblick auf die Belastungsquote in den streitbefangenen Quartalen aber zu Recht auf die Beitragsentwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung verwiesen, wo deutlich höhere Beitragssätze als 5 % bis 6 % zu entrichten sind. Wie in allen umlagefinanzierten Alterssicherungssystemen ist vor dem Hintergrund steigender Lebenserwartung und dem Heranrücken der geburtenstarken Jahrgänge an die Altersgrenze grundsätzlich ein zumindest langfristiges Finanzierungsproblem einleuchtend. Ob angesichts des vom Kläger unwidersprochen vorgetragenen Zuwachses an Vertragsärzten und einem gleichzeitigen Anstieg der Gesamtvergütungen, der sich auch in gleichbleibenden Durchschnittshonoraren bei gestiegener Zahl der Leistungserbringer niederschlägt, eine akute Handlungsnotwendigkeit infolge der demographischen Entwicklung bestand, kann letztlich offenbleiben. Der Anstieg des EHV-Anteils der aktiven Vertragsärzte bereits ab dem Quartal IV/2001 ist jedenfalls belegt, ebenso der relative Anstieg der Zahl der EHV-Bezieher gegenüber den aktiven Vertragsärzten. Dass die Beklagte möglichst frühzeitig einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit der EHV entgegentreten wollte, ist sachgerecht und im Grundsatz nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat aber den ihr als normsetzender Körperschaft zukommenden Gestaltungsspielraum (vgl BSGE 101, 100 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 71) überschritten. Anders als die Reform zum 1.10.2001 hat sich die Reform zum 1.7.2006 nicht gleichmäßig belastend auf aktive wie auf ehemalige Ärzte ausgewirkt, sondern die EHV-Bezieher unverhältnismäßig belastet.

49

Die in § 8 GEHV 2006 vorgesehene Begrenzung des EHV-Finanzierungsanteils der aktiven Vertragsärzte auf 5 % und die entsprechende Quotierung der EHV-Ansprüche waren im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geeignet und erforderlich, um die beabsichtigte langfristige Stabilisierung des Systems zu gewährleisten. Der Erforderlichkeit steht nicht entgegen, dass die Beklagte auch Handlungsalternativen hatte. Der Kläger kann daher nicht darauf verweisen, dass durch eine Weiterführung des Ausgleichsfonds die Stabilität von "Beitrag" und Leistung für weitere zehn Jahre gesichert gewesen wäre. Als "milderes Mittel" kann eine Maßnahme nicht angesehen werden, die lediglich die Kostenlast verschiebt (vgl BVerfGE 109, 64, 86). Wenn die Beklagte mit dem Ausgleichsfonds ein Element der Kapitaldeckung zugunsten eines reinen Umlageverfahrens wieder aufgibt, weil sie es langfristig nicht für ein geeignetes Finanzierungsinstrument hält, liegt dies innerhalb ihrer Normsetzungsfreiheit. Ob die Lastenverteilung gerechtfertigt ist, ist keine Frage der Erforderlichkeit, sondern der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

50

Einschränkungen des Eigentumsrechts dürfen gemessen am sozialen Bezug und an der sozialen Bedeutung des Rechts und mit Blick auf den konkreten Regelungszweck nicht zu einer übermäßigen Belastung führen und den Eigentümer unzumutbar treffen (vgl BVerfGE 110, 1, 28 mwN). Das ist hier jedoch der Fall. Der Nachhaltigkeitsfaktor in Verbindung mit der Begrenzung des Abzugs für die aktiven Vertragsärzte auf 5 % belastete einseitig und unverhältnismäßig die inaktiven Vertragsärzte. Ihre Ansprüche wurden im Ergebnis quotiert, um die Grenze einer Belastung der aktiven Vertragsärzte mit einem EHV-Anteil von 5 % einzuhalten. Das führte dazu, dass bereits im Jahr 2006 der dem Kläger bewilligte Anspruchshöchstsatz von nominal 18 % des Durchschnittshonorars tatsächlich nur noch 17,5 % betrug. In den Folgejahren sank der reale Anspruchssatz auf 16,9 % (2007), 16,3 % (2008), 15,7 % (2009) und 15,2 % im Jahr 2010 ab. Nach den von der Beklagten im Verfahren vorgelegten Berechnungen ergibt sich prospektiv unter Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsfaktors für das Jahr 2030 auf der Basis eines nominellen 18 %igen EHV-Anspruchs nur noch ein "rechnerischer" Höchstprozentsatz von 8,4 %. Der mit dem Anspruchssatz ausgedrückte prozentuale Teilhabeanspruch des Klägers sank damit im Jahr 2006 real um (gerundet) 2,8 % (17,5 % im Verhältnis zu 18 %), im Folgejahr bereits um 6,1 %, dann um 9,5 % im Jahr 2008, um 12,8 % im Jahr 2009 und schließlich um 15,6 % im Jahr 2010. Während der Kläger also eine kontinuierliche erhebliche Kürzung seines Teilhabeanspruchs hinnehmen musste, blieb die anteilige Belastung der aktiven Vertragsärzte gleich. Ohne den Nachhaltigkeitsfaktor hätte die EHV-Quote zu Lasten der aktiven Vertragsärzte im Quartal III/2006 5,62 % und im Quartal IV/2006 5,65 % betragen. Noch im Quartal II/2008 hätte die Belastung der aktiven Ärzte unter 6 %, nämlich bei 5,9732 % gelegen. Erst im Quartal I/2009 wäre mit einem Anteil von 6,0517 % die 6 %-Grenze überschritten worden. Eine Belastung in dieser Größenordnung wird auch von der Beklagten nicht als problematisch angesehen, wie die ab dem Jahr 2011 geltende Neuregelung des § 8 Abs 1 GEHV zeigt, wonach ein Wert von 6 % galt, wenn durch den Nachhaltigkeitsfaktor ein Wert von 80 % der EHV-Ansprüche nicht erreicht wurde. Das LSG weist zu Recht darauf hin, dass die Belastung der "Beitragszahler" auch in der Zeit der Bildung des Ausgleichsfonds über 5 % lag, denn die Einzahlungen in den Fonds erfolgten neben dem Abzug der EHV-Umlage.

51

Der Vortrag der Beklagten, eine Minderung des Nachhaltigkeitsfaktors habe nicht notwendig niedrigere Eurobeträge nach sich gezogen, geht in zweifacher Hinsicht fehl. Zum einen hat der Kläger durch seine eigenen "Beiträge" aus der vertragsärztlichen Tätigkeit zwar keinen Anspruch auf einen bestimmten Auszahlungsbetrag, aber einen Anspruch auf Teilhabe in einem bestimmten Umfang erworben (vgl BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 53). Unabhängig vom konkreten Auszahlungsbetrag wurde nach der Konzeption des Nachhaltigkeitsfaktors die anteilige Teilhabe der inaktiven Vertragsärzte an der Honorarverteilung in erheblichem Umfang geschmälert. Dass der Kläger zum anderen aber auch bei den Auszahlungsbeträgen deutliche Einbußen hinzunehmen hatte, zeigt nicht nur die jeweilige Differenz in den streitbefangenen Quartalen (849,76 Euro im Quartal III/2006 und 875,16 Euro im Quartal IV/2006), sondern auch die Aufstellung seiner Quartalsbezüge seit Beginn seines EHV-Leistungsbezugs. Während er seit dem Quartal I/2000 nur in zwei Quartalen EHV-Leistungen von weniger als 7000 Euro erhielt, erzielte er in den Quartalen III/2006 bis I/2009 nur in zwei Quartalen ein Honorar von mehr als 7000 Euro. Das niedrigste Honorar erhielt er im Quartal III/2008 mit 6332,35 Euro. Die Aufstellung der Durchschnittshonorare der aktiven Vertragsärzte zeigt hingegen in etwa gleichbleibende Werte mit leicht steigender Tendenz. Ein Vergleich etwa der Werte des Quartals II/2006 (Durchschnittshonorar von 40 293,79 Euro, Bruttohonorar EHV 7252,88 Euro) mit denjenigen des Quartals II/2007 (Durchschnittshonorar 44 041,97 Euro, Bruttohonorar EHV 6742,46 Euro) zeigt, dass bei einer etwa 10 %igen Steigerung des Durchschnittshonorars durch die Anwendung des Nachhaltigkeitsfaktors von den EHV-Beziehern nur 92,96 % des Honorars des entsprechenden Vorjahresquartals erzielt wurden. Ohne den Nachhaltigkeitsfaktor hätte sich bei einem Anspruchshöchstsatz von 18 % ein Bruttohonorar von 7927,55 Euro ergeben. Das ergibt eine Differenz von 1185,09 Euro und eine effektive Kürzung von 14,95 %. Der Aufstellung der Beklagten ist zu entnehmen, dass der Kläger infolge des Nachhaltigkeitsfaktors bis zu rund 1500 Euro (I/2009) weniger pro Quartal an Bruttohonorar erhalten hat. Die gesamten Aufwendungen der Beklagten für die EHV sanken in den Quartalen III/2006 bis II/2007 auf 75,45 Millionen Euro gegenüber 76,4 Millionen Euro im Jahr 2004. Es wird damit deutlich, dass nicht die Abwehr weitergehender Belastungen, sondern ganz vorrangig die Begrenzung der Belastung der Aktiven durch eine Festschreibung ihres Beitrags Ziel der Reform gewesen ist. Nach den Angaben der Beklagten betrug der Vorwegabzug im Jahr 2004 75,51 Millionen Euro, im Zeitraum III/2006 bis II/2007 75,67 Millionen Euro. Das entspricht der von der Beklagten vorgelegten Empfehlung des EHV-Ausschusses vom 2.2.2006, die EHV-relevante Gesamtvergütung auf die Werte des Jahres 2004 zu begrenzen. Dass die aktiv tätigen Vertragsärzte nur "begrenzt", die EHV-Empfänger stärker belastet würden, hat der Ausschuss auch gesehen, "angesichts der stagnierenden bis rückläufigen Honorarentwicklung bei gleichzeitig zum Teil nachhaltigem Kostenanstieg" aber für vertretbar gehalten.

52

Die aktiven Vertragsärzte wurden durch die Festschreibung des EHV-Anteils erheblich begünstigt. Für die Vergangenheit erfolgte zudem eine nachträgliche Entlastung durch die Auflösung des Ausgleichsfonds und die teilweise Rückzahlung der gezahlten Beiträge. Begünstigt wurden die Aktiven auch durch die Rückführung des maximalen Leistungsniveaus von 15 % auf 18 %. Hiervon profitierten zwar auch einige wenige Inaktive, die nach der Absenkung des Höchstanspruchssatzes im Jahr 2001 EHV-anspruchsberechtigt geworden waren. Ihre Ansprüche wurden nach dem Vortrag der Beklagten aus dem Ausgleichsfonds bedient. Im Wesentlichen begünstigte diese Regelung aber die Aktiven, die eine höhere Anwartschaft erreichen konnten. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass die Begrenzung des Umlagesatzes auf 5 % auch eine Absenkung der künftigen EHV-Bezüge der aktiven Vertragsärzte zur Folge habe, trifft dies zwar zu. Die Minderung der EHV-Bezüge trifft die inaktiven Ärzte aber ungleich schwerer, weil sie anders als die aktiven Vertragsärzte hierauf nicht mehr durch den Aufbau einer anderweitigen Absicherung reagieren können. Eine die Einnahmenseite betreffende Maßnahme wurde erstmals zum Quartal III/2011 durch die Einbeziehung der Sonderverträge getroffen. Damit wurde indes lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass ein Teil der Vergütung nicht mehr von der KÄV gezahlt wird, das von der KÄV abgerechnete vertragsärztliche Honorar mithin nicht mehr die Vergütung für Leistungen zu Lasten der GKV widerspiegelt (vgl dazu BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 49 ff).

53

Die Belastung der aktiven Vertragsärzte bei einem Durchschnittshonorar in Höhe von 41 194,39 Euro wie im Quartal III/2006 betrug beim Ansatz von 5 % etwa 2060 Euro im Quartal und lag damit unter dem nach § 13 Abs 1 der Versorgungsordnung zu zahlenden Beitrag für das ärztliche Versorgungswerk, der dem jeweiligen Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. Eine Steigerung des EHV-"Beitrags" auf 6 % hätte eine durchschnittliche Mehrbelastung von ca 400 Euro im Quartal ausgemacht, was Verlusten im Bereich des EHV-Höchstanspruchssatzes zwischen ca 850 und 1500 Euro pro Quartal gegenüberstand. Da die Quotierung nur die zur Finanzierung der EHV-Ansprüche zur Verfügung stehenden Mittel begrenzte, waren - anders als bei dem Vorwegabzug von Kosten - die Anwartschaften der aktiven Vertragsärzte nicht betroffen. Soweit die Beklagte meint, die aktiven Vertragsärzte seien dadurch belastet worden, dass sie ihre Verwaltungspraxis dahin umgestellt habe, dass für die Berechnung des Durchschnittshonorars das Honorar vor Abzug des EHV-Anteils zugrunde gelegt worden sei, trifft dies nicht zu. Wie die Beklagte selbst betont, ergab sich dieses Vorgehen bereits zuvor aus § 3 GEHV, der allein auf die anerkannte Honorarforderung aus der Abrechnung der Primär- und Ersatzkassen nach Berücksichtigung der besonderen Kosten nach § 5 GEHV abstellte, sodass es einer Änderung der Berechnungsvorschriften nicht bedurfte. Wenn die Beklagte somit lediglich ihre Verwaltungspraxis den normativen Vorgaben anpasste, kann hierin keine eigenständige Belastung der aktiven Vertragsärzte gesehen werden.

54

Hat sich damit die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors auch in der Gesamtschau mit den weiteren Änderungen der GEHV konzeptionell einseitig zu Lasten der inaktiven Vertragsärzte ausgewirkt, ist weiterhin zu berücksichtigen, dass hier ein kumulativer Effekt eingetreten ist, weil bereits mit der Neuregelung zum Quartal IV/2001 die Zahlungen aus der EHV in einer Größenordnung von 5 % bis 6 % gemindert wurden. Eine weitere Minderung des Anspruchs durch den Nachhaltigkeitsfaktor, den die Beklagte selbst für die hier streitbefangenen Quartale mit rechnerisch 11,1822 % bzw infolge der geänderten Betrachtung der Honorarbasis mit 6,1822 % angibt, addiert sich zu einer erheblichen wirtschaftlichen Entwertung des EHV-Anspruchs. Das SG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Anwendung des Nachhaltigkeitsfaktors dazu führte, dass die EHV-Bezieher immer stärker von der tatsächlichen Entwicklung der Arzteinkommen abgekoppelt wurden. Übergangsregelungen, wie sie der beratende EHV-Ausschuss der Vertreterversammlung noch empfohlen hatte, wurden nicht getroffen. Erst im Jahr 2011 wurde eine Untergrenze von 80 % für die EHV-Ansprüche eingezogen, die aber ihrerseits an einen "Höchstbeitrag" von 6 % gekoppelt war. Die Anwartschaft aus der EHV schützt aber gerade den Anspruch auf Teilhabe an der Honorarentwicklung und nicht lediglich ein Existenzminimum. Der Vortrag der Beklagten, die EHV gewähre immer noch eine bedürftigkeitsunabhängige Sicherung, liegt neben der Sache. Ebenso wie die sozialversicherungsrechtlichen Rentenansprüche knüpft die EHV an während der Erwerbstätigkeit erbrachte eigene Leistungen an und dient neben der Existenzsicherung tendenziell auch der Absicherung des erlangten Lebensstandards (vgl zur berufsständischen Versorgung BVerwG, NJW 2006, 711). Der EHV-Anspruch ist auch nicht lediglich ein "Zubrot", sondern bildet immerhin die Hälfte der Altersversorgung der hessischen Vertragsärzte.

55

dd) Es besteht andererseits kein Zweifel, dass auch die inaktiven Vertragsärzte einen Beitrag zur Stabilität der EHV leisten müssen. Anders als die aktiven Vertragsärzte haben die EHV-Bezieher aber nur noch sehr begrenzte Möglichkeiten, auf Kürzungen ihres Leistungsanspruchs durch anderweitige Dispositionen zu reagieren. Sie sind daher in besonderem Maße schutzbedürftig (vgl BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 55). Das LSG weist insofern zu Recht darauf hin, dass in einem Umlagesystem bei steigenden Kosten auch eine Erhöhung der Beitragslast in bestimmten Grenzen zumutbar ist. Dass eine solche Grenze bei einem "Beitrag" von 10 %, der zu einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von 1500 Euro monatlich und mehr führen kann, überschritten ist, hat das LSG nachvollziehbar dargelegt. Welche Belastung als zumutbar angesehen werden kann, hängt nicht zuletzt von der Honorarentwicklung und den strukturellen Rahmenbedingungen der EHV ab. Eine Beeinträchtigung des Sicherstellungsauftrags der Beklagten durch eine maßvolle Erhöhung der Beiträge zur EHV ist derzeit nicht ersichtlich. Die tendenziell steigenden Arztzahlen belegen, dass die EHV kein Niederlassungshindernis ist. Sofern die Stabilität des Systems gewährleistet ist, kann von ihm sogar eine Anreizwirkung ausgehen. Das belegt nicht zuletzt das erfolglose Bestreben der Psychologischen Psychotherapeuten, nach ihrer Inkorporation in die vertragsärztliche Versorgung auch an der EHV teilzunehmen (vgl dazu BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 54; Hessisches LSG vom 28.6.2006 - L 4 KA 35/05 - Juris).

56

Ist somit ein sachgerechter und ausgewogener Ausgleich zwischen den Interessen der "Beitragszahler" und den Interessen der Leistungsbezieher der EHV zu suchen, obliegt dies dem Satzungsgeber. Die Verurteilung der Beklagten zur Leistungsgewährung an den Kläger ohne Quotierung aufgrund des Nachhaltigkeitsfaktors kann daher keinen Bestand haben. In welcher Weise die Beklagte den widerstreitenden Interessen gerecht wird, ist ihrer Satzungsautonomie überlassen. Die Leistungsgewährung ohne jede Quotierung ist nicht die einzige rechtmäßige Vorgehensweise in den streitbefangenen Quartalen. Denkbar ist vielmehr auch, dass die Beklagte verschiedene Maßnahmen trifft, die in ihrem Zusammenspiel einerseits so weit wie möglich Bestandsschutz gewährleisten, andererseits aber auch unzumutbare Belastungen der "Einzahler" vermeiden. Ob es dabei zu einem "paritätischen Defizitausgleich" kommt, wie er nunmehr in § 5 GEHV in der ab 2012 geltenden Fassung vorgesehen ist, bleibt dem Gestaltungsermessen der Beklagten überlassen.

57

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 155 Abs 1 Satz 1 VwGO.

Tenor

1. Verwirft ein oberstes Bundesgericht die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, weil es alle wesentlichen Aspekte einer Verfassungsfrage bereits als in seiner Rechtsprechung geklärt ansieht, steht dies der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nicht entgegen, wenn der Beschwerdeführer vernünftige und gewichtige Gründe für eine Überprüfung dieser Rechtsfrage anführen kann und es sich um eine ungeklärte verfassungsrechtliche Frage handelt.

2. Der gesetzliche Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nach den §§ 190 bis 206 Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung unterlag nicht dem grundrechtlichen Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG.

3. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe mit Wirkung zum 1. Januar 2005 ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe zum 1. Januar 2005.

I.

2

1. Die gesetzliche Trennung zwischen einer beitragsfinanzierten "regulären" Entgeltersatzleistung wegen Arbeitslosigkeit und einer steuerfinanzierten Leistung für bestimmte Ausnahmefälle steht in einer jahrzehntelangen Tradition.

3

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde im Jahr 1918 in Deutschland erstmals eine Erwerbslosenfürsorge eingeführt und zwar für arbeitsfähige und arbeitswillige Personen über 14 Jahre, die sich infolge des Krieges durch Erwerbslosigkeit in bedürftiger Lage befanden (§ 6 Satz 1 der Verordnung über Erwerbslosenfürsorge vom 13. November 1918, RGBl S. 1305). Die Mittel zu ihrer Finanzierung wurden zunächst zu fünf Sechsteln vom Reich und dem zuständigen Bundesstaat und im Übrigen von der jeweiligen Gemeinde aufgebracht, wobei für leistungsschwache Gemeinden oder einzelne Bezirke eine Erhöhung der Reichsbeihilfe bewilligt werden konnte (§ 4 Sätze 1 und 2 der Verordnung). Mit § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 3 der Verordnung über die Aufbringung der Mittel für die Erwerbslosenfürsorge vom 13. Oktober 1923 (RGBl I S. 946) wurde die Finanzierung geändert. Ein erheblicher Teil des "notwendigen Aufwandes" für die Erwerbslosenfürsorge wurde nun durch Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgebracht und gemeinsam mit den Krankenkassenbeiträgen erhoben. Diese Regelung wurde später in die §§ 33 ff. der Verordnung über Erwerbslosenfürsorge in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Februar 1924 (RGBl I S. 127) aufgenommen.

4

Durch Gesetz vom 19. November 1926 (RGBl I S. 489) wurde dann eine Krisenfürsorge für Erwerbslose eingeführt. Sie ist als Vorläufer der Arbeitslosenhilfe anzusehen (vgl. BVerfGE 9, 20 <22>) und diente vor allem zur Absicherung von Arbeitslosen, die ihren Anspruch auf Erwerbslosenfürsorge erschöpft hatten (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes). Wegen der Leistungsvoraussetzungen verwies das Gesetz in § 2 auf die Vorschriften zur Erwerbslosenfürsorge; jedoch waren die finanziellen Mittel zu drei Vierteln vom Reich und zu einem Viertel von den Gemeinden aufzubringen (§ 7 Abs. 1 des Gesetzes).

5

Mit dem Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) vom 16. Juli 1927 (RGBl I S. 187) wurde schließlich die Arbeitslosenversicherung errichtet. Sie umfasste einerseits die Arbeitslosenunterstützung und andererseits eine Krisenunterstützung, die "in Zeiten andauernd besonders ungünstiger Arbeitsmarktlage" vom Reichsarbeitsminister für bedürftige Arbeitslose, die keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung hatten, zugelassen werden konnte (§ 101 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 AVAVG). Während sich die Höhe der Arbeitslosenunterstützung nach dem zuletzt erzielten Arbeitsentgelt (§§ 104, 105 AVAVG) zuzüglich Familienzuschlägen (§ 103 AVAVG) richtete, konnten die Höhe und die Dauer der Krisenunterstützung vom Reichsarbeitsminister beschränkt werden (§ 101 Abs. 1 Satz 3 AVAVG). Die von der Reichsanstalt für Arbeit zur Durchführung ihrer Aufgaben benötigten Mittel wurden durch Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgebracht (§ 142 AVAVG); "von dem notwendigen Aufwand" für die Krisenunterstützung trugen hingegen das Reich 80 % und die Gemeinden 20 % (§ 167 Abs. 1 AVAVG). Ihre endgültige Gestalt erhielt die Arbeitslosenhilfe durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 23. Dezember 1956 (BGBl I S. 1018; §§ 141 bis 141m AVAVG, später §§ 144 bis 156 AVAVG in der Fassung vom 3. April 1957, BGBl I S. 322). Das Gesetz sah nunmehr eine Unterstützung Arbeitsloser in den Formen des Arbeitslosengeldes und der Arbeitslosenhilfe vor. Im Gegensatz zum Arbeitslosengeld setzte der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe Bedürftigkeit voraus (§ 145 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVAVG). Die Aufwendungen für die Arbeitslosenhilfe trug nach § 1 Satz 2 AVAVG der Bund.

6

Das am 1. Juli 1969 in Kraft getretene Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom 25. Juni 1969 (BGBl I S. 582) änderte hieran wenig. Arbeitslosenhilfe wurde weiterhin nur an bedürftige Arbeitslose erbracht (§ 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG). Die Höhe der Leistung richtete sich nach dem früheren Arbeitsentgelt, jedoch in niedrigerem Anteil als beim Arbeitslosengeld; die Kosten trug der Bund (§ 188 Satz 1 AFG).

7

Der Übergang vom Arbeitsförderungsgesetz zu dem ab dem 1. Januar 1998 geltenden Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) brachte in dieser Hinsicht ebenfalls keine wesentlichen Änderungen. Allerdings wurde durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S. 2624) die originäre Arbeitslosenhilfe, die in Sonderfällen ohne vorherigen Bezug von Arbeitslosengeld geleistet wurde, mit Wirkung zum 1. Januar 2000 gestrichen (vgl. BVerfGK 6, 126).

8

2. Die Arbeitslosenhilfe war in ihrer letzten, bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Form in den §§ 190 bis 206 SGB III a.F. geregelt. Es handelte sich um eine aus Steuermitteln finanzierte Entgeltersatzleistung bei Arbeitslosigkeit (§ 363 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F.), die von der Bundesagentur für Arbeit im Auftrag des Bundes erbracht wurde (§ 205 Satz 1 SGB III a.F.). Sie war auf der Tatbestandsseite bedürftigkeitsabhängig (§ 190 Abs. 1 Nr. 5, §§ 193, 194 SGB III a.F.), orientierte sich auf der Rechtsfolgenseite jedoch nicht am Bedarf des Empfängers, sondern an dessen letztem Arbeitsentgelt. Die Arbeitslosenhilfe belief sich auf einen bestimmten Prozentsatz eines pauschalierten Nettoarbeitsentgelts. Der auf diese Weise errechnete Betrag verminderte sich um das im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung anzurechnende Einkommen und Vermögen des Hilfeempfängers (§ 195 Satz 2 SGB III a.F.).

9

Der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe setzte neben der Bedürftigkeit voraus, dass der Arbeitnehmer arbeitslos war (§ 190 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a.F.), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hatte (§ 190 Abs. 1 Nr. 2 SGB III a.F.), er keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld besaß, weil er die Anwartschaftszeit nicht erfüllt hatte (§ 190 Abs. 1 Nr. 3 SGB III a.F.), und er in einer Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen hatte, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 21 Wochen erloschen war (§ 190 Abs. 1 Nr. 4 SGB III a.F.). Der Arbeitslose musste ferner eine versicherungspflichtige, mindestens fünfzehn Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung suchen (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III a.F.) und den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsverwaltung zur Verfügung stehen, um einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe zu haben (vgl. Straub, in: Schönefelder/Kranz/Wanka, SGB III, 3. Aufl., § 190 Rn. 18 ).

10

Die Arbeitslosenhilfe wurde in Zeitabschnitten bewilligt, wobei § 190 Abs. 3 Satz 2 SGB III a.F. ausdrücklich anordnete, dass vor einer erneuten Bewilligung die Voraussetzungen des Anspruchs zu prüfen waren. Der Prüfungsumfang umfasste sämtliche Leistungsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach ohne Bindung an frühere Bescheide; lediglich ein früher bereits gestellter Arbeitslosenhilfeantrag wirkte fort (vgl. Krauß, in: PK-SGB III, 2. Aufl. 2004, § 190 Rn. 41 f.). Nach § 190 Abs. 3 Satz 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung sollte Arbeitslosenhilfe jeweils für längstens ein Jahr bewilligt werden.

11

3. Durch Art. 3 Nr. 14 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I S. 2954) wurde § 190 Abs. 3 Satz 1 SGB III dahingehend geändert, dass Arbeitslosenhilfe längstens bis zum 31. Dezember 2004 bewilligt werden durfte. Diese Änderung trat gemäß Art. 61 Abs. 2 des Gesetzes am 1. Januar 2004 in Kraft. Durch Art. 3 Nr. 15 des Gesetzes wurden die §§ 190 bis 206 SGB III aufgehoben. Die Änderung trat nach Art. 61 Abs. 1 des Gesetzes zum 1. Januar 2005 in Kraft. Hierdurch ist die Arbeitslosenhilfe ab dem 1. Januar 2005 vollständig aus dem Leistungskatalog der Arbeitsförderung gestrichen worden. An ihre Stelle ist das Arbeitslosengeld II nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - getreten. Im Unterschied zur Arbeitslosenhilfe knüpft die Berechnung des Arbeitslosengeldes II nicht mehr an das frühere Einkommen des Hilfebedürftigen an, sondern orientiert sich - wie die Sozialhilfe - grundsätzlich an dessen Bedarf.

12

4. Nach § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und die Regelvoraussetzungen des Anspruchs allein deshalb nicht erfüllen, weil sie nicht arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen oder nutzen wollen, um ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Die Vorschrift war nach § 198 Satz 2 Nr. 3 SGB III a.F. ebenfalls auf die Arbeitslosenhilfe anwendbar. Der in § 428 Abs. 1 SGB III geregelte Rechtszustand tritt in der Praxis ein, wenn der Arbeitslose gegenüber der Bundesagentur für Arbeit eine entsprechende Erklärung abgibt (vgl. Brandts, in: Niesel/Brand , SGB III, 5. Aufl. 2010, § 428 Rn. 5).

13

Die Möglichkeit, Arbeitslosenhilfe unter diesen erleichterten Voraussetzungen in Anspruch zu nehmen, war von Anfang an nur befristet angelegt: § 428 geht zurück auf § 105c AFG, der mit Wirkung zum 1. Januar 1986 als Reaktion auf die Arbeitslosigkeit der 1980er Jahre eingeführt worden war (Art. 1 Nr. 20 des Siebten Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 20. Dezember 1985, BGBl I S. 2484). Zunächst galt die Vorschrift nur für Fälle, in denen der Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung vor dem 1. Januar 1990 entstanden war und der Arbeitslose vor diesem Tag das 58. Lebensjahr vollendet hatte. Diese Befristung wurde wiederholt verlängert und schließlich in das am 1. Januar 1998 in Kraft getretene Sozialgesetzbuch Drittes Buch übergeleitet. Dort wurde sie im Jahr 2000 (Art. 2 des Zweiten Gesetzes zur Fortentwicklung der Altersteilzeit vom 27. Juni 2000, BGBl I S. 910) bis zum 1. Januar 2006 und schließlich im Jahr 2005 (Art. 1 Nr. 21 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22. Dezember 2005, BGBl I S. 3676) bis zum 1. Januar 2008 verlängert. § 428 Abs. 1 SGB III gilt insofern nur noch in Fällen, in denen der Arbeitslosengeldanspruch vor dem 1. Januar 2008 entstanden ist und der Arbeitslose vor diesem Tag das 58. Lebensjahr vollendet hat.

II.

14

1. Der 1946 geborene Beschwerdeführer zu 1) bezog bis Ende 2002 Arbeitslosengeld und anschließend Arbeitslosenhilfe. Im Juni 2004 gab er eine Erklärung im Sinne von § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III ab und bezog sodann weiter Arbeitslosenhilfe bis zum Jahresende. Seit dem 1. Juni 2006 bezieht er nach eigenen Angaben Altersrente. Seinen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld II ab Januar 2005 lehnte der Leistungsträger mit der Begründung ab, das anzurechnende monatliche Einkommen übersteige den ermittelten Gesamtbedarf des Beschwerdeführers zu 1) und seiner Ehefrau, der Beschwerdeführerin zu 2). Ein Arbeitslosenhilfeanspruch der Beschwerdeführerin zu 2) war nicht Gegenstand des fachgerichtlichen Verfahrens.

15

Im anschließenden Klage- und Berufungsverfahren begehrte der Beschwerdeführer zu 1) erfolglos die Weiterzahlung der Arbeitslosenhilfe, hilfsweise begehrten beide Beschwerdeführer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch.

16

Die gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht gerichtete Beschwerde verwarf das Bundessozialgericht als unzulässig. Die Beschwerdeführer hätten die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in der nach § 160a Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebotenen Weise dargelegt, denn die Beschwerdebegründung zeige keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen auf, sondern greife allein die Rechtsauffassung des Landessozialgerichts an. Weiterhin liege bereits höchstrichterliche sozialgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vor, ob die Arbeitslosenhilfe auch für Leistungsbezieher nach § 428 SGB III habe abgeschafft werden dürfen. Dieser Rechtsprechung seien die Beschwerdeführer nicht in der gebotenen Weise entgegengetreten, sondern hätten lediglich solche Argumente wiederholt, mit denen sich das Gericht bereits in früheren Entscheidungen auseinandergesetzt habe.

17

2. Mit der Verfassungsbeschwerde verfolgen die Beschwerdeführer nur den Antrag auf Weiterzahlung der Arbeitslosenhilfe weiter. Sie rügen Verstöße gegen Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 jeweils in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

18

Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG sei verletzt, da der Arbeitslosenhilfeanspruch des Beschwerdeführers zu 1) auf einer beinahe vierzigjährigen Beitragsleistung zur Arbeitslosenversicherung beruht habe. Da ein Arbeitslosenhilfeanspruch nach dem zuletzt geltenden Recht nur nach dem Erwerb einer Arbeitslosengeldanwartschaft bestanden habe, könne es nicht darauf ankommen, aus welchem Etat die Arbeitslosenhilfe finanziert worden sei.

19

Weiterhin verstoße die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe jedenfalls für die unter § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III fallenden Bezieher wegen unechter Rückwirkung gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Der Beschwerdeführer zu 1) habe im Vertrauen darauf, er werde bis zum Eintritt in die Altersrente Leistungen in einer an seinem letzten Einkommen orientierten Höhe erhalten, durch die Erklärung im Sinne von § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III seine "Vermittlungsrechte gegenüber der Arbeitsverwaltung" aufgegeben. Dieses Vertrauen sei nicht nur aus der Erklärung selbst, sondern auch aus ihren Folgen - dem Verlust des Kontakts zum Arbeitsmarkt sowie fehlenden Angeboten und Qualifizierungsmaßnahmen - erwachsen, denn an den hierdurch entstandenen Schwierigkeiten trage der Staat eine erhebliche Mitverantwortung.

III.

20

Zu den Verfassungsbeschwerden haben sich als sachkundige Dritte (§ 27a BVerfGG) der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. geäußert.

21

1. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hält die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe jedenfalls für Leistungsbezieher nach § 428 Abs. 1 SGB III für verfassungswidrig. Der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe habe Eigentumsschutz genossen. Die Finanzierung aus Steuermitteln stehe dem nicht entgegen, da der Bezug von Anschlussarbeitslosenhilfe das Bestehen einer Arbeitslosengeldanwartschaft vorausgesetzt habe. Gerade ältere Arbeitslose hätten in der Regel jahrzehntelang Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in erheblichem Umfang geleistet, denen schon angesichts der Zwangsmitgliedschaft in dieser Versicherung ein ausreichendes Leistungsäquivalent gegenüber stehen müsse. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe begründe einen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG. Sie verstoße jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden gegen das Vertrauensschutzprinzip.

22

2. Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. sieht in der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe - auch für die Bezieher nach § 428 Abs. 1 SGB III - keinen Verfassungsverstoß. Der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe sei zwar Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG. Allerdings sei der Eingriff gerechtfertigt. Die Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des sozialen Sicherungssystems der "(materiellen) Sozialhilfe", zu der auch die Arbeitslosenhilfe gezählt habe, stelle einen legitimierenden Eingriffsgrund dar. Dieser Eingriff sei verhältnismäßig. Es liege kein Verstoß gegen das Vertrauensschutzprinzip vor.

B.

23

Die Verfassungsbeschwerden sind teilweise unzulässig.

I.

24

1. Soweit sich der Beschwerdeführer zu 1) gegen die Entscheidung des Bundessozialgerichts wendet, mit dem seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision als unzulässig verworfen wurde, ist die Verfassungsbeschwerde bereits unzulässig, weil sie nicht hinreichend begründet wurde (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Werden mehrere gerichtliche Entscheidungen, die auf verschiedenen Gründen beruhen, mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen, bedarf es der Auseinandersetzung mit jeder einzelnen Entscheidung (vgl. BVerfGE 82, 43 <49>; 86, 122 <127>; Magen, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 92 Rn. 45). Da das Bundessozialgericht keine Entscheidung in der Sache getroffen hat, gehen die materiellen Ausführungen des Beschwerdeführers zu 1) ins Leere (vgl. BVerfGE 103, 172 <181 f.>). Mit den prozessualen Ausführungen des Bundessozialgerichts setzt er sich nicht auseinander; er behauptet insbesondere keine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG durch die Entscheidung des Bundessozialgerichts.

25

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1) gegen die Entscheidungen des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts sowie die vorangegangenen Behördenentscheidungen richtet, ist sie zulässig.

26

Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass das Bundessozialgericht die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen hat. Zwar ist eine Verfassungsbeschwerde mangels ordnungsgemäßer Rechtswegerschöpfung in der Regel unzulässig, wenn ein an sich gegebenes Rechtsmittel mangels Nutzung der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten erfolglos bleibt (vgl. BVerfGE 74, 102 <114>; BVerfGK 1, 222 <223>; stRspr). Es ist verfassungsrechtlich dabei insbesondere unbedenklich, die Beschreitung des Rechtswegs von der Erfüllung bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig zu machen (vgl. BVerfGE 10, 264 <267 f.>). Da jedoch ein Beschwerdeführer wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde auch dann verpflichtet ist, von einem Rechtsbehelf Gebrauch zu machen, wenn dessen Zulässigkeit im konkreten Fall unterschiedlich beurteilt werden kann (vgl. BVerfGE 47, 168 <175>), können ihm keine Nachteile daraus erwachsen, wenn sich ein solcher Rechtsbehelf später als unzulässig erweist. Anders liegen die Dinge nur bei einem offensichtlich unzulässigen oder nicht ordnungsgemäß genutzten Rechtsbehelf.

27

Im vorliegenden Fall kann dem Beschwerdeführer zu 1) aber nicht angelastet werden, den Rechtsweg nicht in gehöriger Weise erschöpft zu haben. Seiner Nichtzulassungsbeschwerde lässt sich entnehmen, dass er die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe für diejenigen Bezieher von Arbeitslosenhilfe, die von der Regelung des § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III Gebrauch gemacht haben, als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen wollte. Dass das Bundessozialgericht wegen seiner eigenen Rechtsprechung dazu die Klärungsbedürftigkeit in einem Revisionsverfahren verneint und deshalb die Beschwerde als unzulässig verworfen hat, kann ihm im Rahmen der Zulässigkeitsvoraussetzungen der Verfassungsbeschwerde nicht entgegengehalten werden. Selbst wenn in der Rechtsprechung eines obersten Fachgerichts nach dessen Auffassung bereits alle wesentlichen Aspekte einer Verfassungsfrage gewürdigt wurden, ist es einem Beschwerdeführer möglich und verfassungsrechtlich auch bei Berücksichtigung des Grundsatzes der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde zulässig, eine verfassungsgerichtliche Überprüfung dieser Würdigung zu begehren, wenn er dafür vernünftige und gewichtige Gründe anführen kann und es sich um eine verfassungsrechtliche Frage handelt, die umstritten geblieben ist und über die das Bundesverfassungsgericht noch nicht entschieden hat (vgl. BVerfGE 91, 93 <106>).

II.

28

Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 2) ist unzulässig. Ihr fehlt es bereits an einer nach § 90 Abs. 1 BVerfGG erforderlichen Behauptung, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Inhaber eines Arbeitslosenhilfeanspruchs war allein der Beschwerdeführer zu 1). Dass auch die Beschwerdeführerin zu 2) einen derartigen Anspruch gehabt haben soll, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

C.

29

Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1) ist unbegründet. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe verstößt weder gegen Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Auch die hierauf beruhenden Entscheidungen des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts sowie die vorangegangenen Behördenentscheidungen sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

I.

30

Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe verletzt den Beschwerdeführer zu 1) nicht in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG, da der gesetzliche Anspruch auf Arbeitslosenhilfe kein Eigentum im Sinne dieses Grundrechts ist. Dies gilt auch für die nach Maßgabe von § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III bezogene Arbeitslosenhilfe.

31

1. a) Sozialrechtliche Ansprüche genießen nur dann grundrechtlichen Eigentumsschutz, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die dem Rechtsträger nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen beruhen und seiner Existenzsicherung dienen (vgl. BVerfGE 69, 272 <300>; 92, 365 <405>; 97, 217 <284>; 100, 1 <32 f.>).

32

Für die Anerkennung einer sozialversicherungsrechtlichen Rechtsposition als Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG ist eine an den Versicherungsträger erbrachte Eigenleistung notwendig (vgl. BVerfGE 116, 96 <121>). Nur als Äquivalent einer nicht unerheblichen eigenen Leistung, die der besondere Grund für die Anerkennung als Eigentumsposition ist, erfahren sozialversicherungsrechtliche Anwartschaften den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 53, 257 <291 f.>, 100, 1 <33>). Nicht von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt sind demgegenüber Rechtsstellungen und gesetzliche Ansprüche, soweit sie vorwiegend auf staatlicher Gewährung beruhen (vgl. BVerfGE 22, 241 <253>; 24, 220 <226>; 53, 257 <291 f.>; 100, 1 <33>; 116, 96 <121 f.>).

33

b) Auf dieser Grundlage unterfällt der gesetzliche Anspruch auf Arbeitslosenhilfe dem Grundrechtsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG nicht, weil es an dem Beruhen auf nicht unerheblichen Eigenleistungen fehlt.

34

aa) Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung auf der Einnahmenseite und den Aufwendungen für die Arbeitslosenhilfe auf der Ausgabenseite bestand nicht. Die Arbeitslosenhilfe wurde nicht aus Beitragseinnahmen des Leistungsträgers finanziert; diese dienten allein der Finanzierung des Arbeitslosengeldes. Die Arbeitslosenhilfe wurde hingegen im Auftrag des Bundes erbracht (§ 205 Satz 1 SGB III a.F.). Die Ausgaben für sie trug der Bund aus Steuermitteln (§ 363 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F.).

35

Diese gesetzliche Unterscheidung zwischen einer beitragsfinanzierten "regulären" Entgeltersatzleistung wegen Arbeitslosigkeit und einer steuerfinanzierten Leistung im Anschluss daran wegen Bedürftigkeit steht in einer jahrzehntelangen Tradition. Sie reicht bis zur Einführung der Krisenfürsorge als Ergänzung der seit 1923 beitragsfinanzierten Erwerbslosenfürsorge im Jahr 1926 zurück und fand im Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) von 1927 ihre feste Verankerung. Bereits hier wurde zwischen der beitragsfinanzierten und nicht bedürftigkeitsabhängigen Arbeitslosenunterstützung (§§ 87 ff., § 142 AVAVG a.F.) und der bedürftigkeitsabhängigen und nicht beitragsfinanzierten Krisenunterstützung (§§ 101, 167 AVAVG a.F.) differenziert. Später blieb es bei der Differenzierung der beiden Leistungen und ihrer unterschiedlichen Finanzierung. Der Gesetzgeber hat deshalb mit der Streichung der Arbeitslosenhilfe keine aufgrund ihrer Finanzierung aus Beiträgen eigentumsgeschützte Rechtsposition beseitigt.

36

bb) Die Arbeitslosenhilfe war finanzrechtlich auch nicht als eine aus Beiträgen und Steuermitteln mischfinanzierte Einheit konzipiert (vgl. BVerfGK 6, 266 <270 f.>). Zwischen dem Arbeitslosengeld und der Arbeitslosenhilfe bestanden grundlegende Unterschiede. Die Arbeitslosenhilfe stellte - anders als das Arbeitslosengeld - keine Leistung dar, die dem versicherungstypischen Gegenseitigkeitsverhältnis von Beiträgen und Leistungen im System der Arbeitslosenversicherung entsprang. Das Arbeitslosengeld ist eine Versicherungsleistung, die Arbeitslosenhilfe war es nicht. Ein weiterer Unterschied lag darin, dass das Arbeitslosengeld - wie auch weiterhin - zeitlich begrenzt ist, während die Arbeitslosenhilfe grundsätzlich zeitlich unbegrenzt geleistet wurde. Zudem wurde die Arbeitslosenhilfe - anders als das Arbeitslosengeld - nur bei Bedürftigkeit gewährt. Auf das Arbeitslosengeld ist allein das "mühevolle Nebeneinkommen" (Arbeitsentgelt aus einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung) nach Maßgabe von § 141 SGB III anzurechnen, während bei der Arbeitslosenhilfe zusätzlich das "mühelose Einkommen" aus anderen Quellen als der Verwertung der Arbeitskraft (etwa aus Vermietung oder Kapitalvermögen) zu berücksichtigen war. Ferner wird bei ihr das Vermögen berücksichtigt, während es beim Arbeitslosengeld ohne Bedeutung ist. Die Arbeitslosenhilfe bildete demnach eine nachrangige Leistung, die von der Bedürftigkeit im Einzelfall abhing. An diese konzeptionellen und systematischen Unterschiede zwischen Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe hat die verfassungsrechtliche Beurteilung anzuknüpfen. Sie schließen es aus, beide Leistungen finanzrechtlich als einheitlichen Gesamtanspruch zu betrachten und davon auszugehen, dass sie beide gleichermaßen durch Beiträge und Zuschüsse mischfinanziert wurden und damit auch die Arbeitslosenhilfe zum Teil auf Beitragsleistung beruhte (vgl. BVerfGK 6, 266 <270 f.>). Daran ändert nichts, dass der Gesetzgeber bei der Bemessung der Arbeitslosenhilfe grundsätzlich an das zuletzt erzielte Arbeitsentgelt des Leistungsempfängers anknüpfte (vgl. BVerfGK 6, 266 <271>).

37

cc) Es lässt sich kein hinreichender personaler Bezug zwischen der Beitragsleistung des gegen Arbeitslosigkeit Versicherten und der nach Auslaufen des Arbeitslosengeldbezugs an den Arbeitslosen erbrachten Arbeitslosenhilfe erkennen. Wie die Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG nicht unterfällt (vgl. BVerfGE 97, 271 <284>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 1. März 2010 - 1 BvR 2584/06 -, NVwZ-RR 2010, S. 505 <507>), war die Arbeitslosenhilfe eine sozialpolitisch motivierte Leistung. Mit ihr sollte eine erbrachte Arbeits- und Beitragsleistung über das versicherte Ausmaß hinaus gewürdigt werden. Sie wurde ohne eine eigens hierauf bezogene oder deswegen erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt. Dementsprechend folgte auch die Kompetenz des Bundes für die Regelung der Arbeitslosenhilfe als Sozialleistung aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (öffentliche Fürsorge), während die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Regelungen über das Arbeitslosengeld auf der Zuständigkeitsbestimmung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG für das Gebiet der Sozialversicherung beruht (vgl. BVerfGE 81, 156 <184 ff.>; 87, 234 <256>; BVerfGK 6, 266 <270>).

38

dd) Der Arbeitslosenhilfeanspruch war nicht als lediglich modifizierte Fortsetzung des Arbeitslosengeldanspruchs in Fortwirkung einer früheren Arbeits- oder Beitragsleistung konzipiert (vgl. BVerfGK 6, 266 <270 f.>). Zwar war die Arbeitslosenhilfe arbeitsförderungsrechtlich eng mit dem Arbeitslosengeld verknüpft (vgl. § 190 Abs. 1 Nr. 4, § 198 SGB III a.F.). So galten nach § 198 Satz 1 SGB III a.F. die Ansprüche auf Arbeitslosengeld und auf Arbeitslosenhilfe vorrangig abweichender gesetzlicher Bestimmungen als einheitlicher Anspruch auf Entgeltersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit. Hieraus folgte aber nicht, dass die Beitragsleistungen auch auf den Arbeitslosenhilfeanspruch bezogen wurden. § 198 Satz 1 SGB III a.F. berührte nicht den Entstehungsgrund der jeweiligen Leistungen, sondern ordnete lediglich auf der Vollzugsebene an, dass sich Tatbestände, die für den Arbeitslosengeldanspruch rechtserheblich waren, auch auf die anschließende Arbeitslosenhilfe auswirkten. Damit reagierte der Gesetzgeber (vgl. BTDrucks 9/846, S. 47) auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSGE 48, 109), das eine während des Arbeitslosengeldbezugs eingetretene Sperrzeit für den Arbeitslosenhilfeanspruch außer Betracht ließ, und bezog sie gesetzlich wieder in die Voraussetzungen der Arbeitslosenhilfe ein (vgl. auch Krauß, in: PK-SGB III, 2. Aufl. 2004, § 198 Rn. 5).

39

ee) Der Hinweis des Beschwerdeführers zu 1) auf die lange Zeit seiner Versicherungspflicht und Beitragsleistung ändert daran nichts, denn die Arbeitslosenhilfe war nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung kein Äquivalent für die Beitragszahlung. Die Arbeitslosenversicherung ist als Risikoversicherung ausgestaltet, die nach Erwerb einer Anwartschaft zeitlich begrenzte Leistungen bei Arbeitslosigkeit gewährt. Der langjährigen Beitragsleistung des Beschwerdeführers zu 1) stand ab erstmaliger Erfüllung einer gesetzlich vorgesehenen Anwartschaftszeit der Vorteil gegenüber, dass er für einen entsprechend größeren Zeitraum gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit abgesichert war.

40

Im Übrigen trägt das Arbeitsförderungsrecht der Zeitspanne des Versicherungsverhältnisses und der der Arbeitslosigkeit vorangegangenen und entrichteten Beiträge in den Regelungen zur Dauer des Arbeitslosengeldanspruchs Rechnung (§ 127 SGB III). Eine derartige Berücksichtigung kannte das Recht der Arbeitslosenhilfe nicht; es behandelte die Arbeitslosen ungeachtet der Dauer vorangehender Versicherungszeiten oder Beitragsleistungen gleich.

41

2. Die Regelung des § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III führt nicht dazu, dass der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterlag. Ihr Inhalt vermag das Erfordernis einer nicht unerheblichen Eigenleistung des Hilfebeziehers nicht zu ersetzen. § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III modifiziert vielmehr allein eine Anspruchsvoraussetzung, lässt aber die anderen Anspruchsvoraussetzungen nicht entfallen. Gerade dadurch, dass damit der Zugang zur Arbeitslosenhilfe erleichtert wurde, tritt deren Charakter als sozialpolitisch motivierte Leistung noch deutlicher hervor. Ob ein Versicherter die einseitige Erklärung nach § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III abgab, lag in seiner freien Entscheidung. Sie war weder verbunden mit einer staatlichen Zusage einer dauerhaften Gewährung von Arbeitslosenhilfe noch stellte sie den Anspruch unter grundrechtlichen Schutz.

II.

42

Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe verstößt nicht gegen das Vertrauensschutzprinzip (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).

43

1. Rechtsstaatsprinzip und Grundrechte begrenzen die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpfen. Die Verlässlichkeit der Rechtsordnung ist eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen (vgl. BVerfGE 109, 133 <180>). Jedoch geht der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartung in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu schützen (vgl. BVerfGE 30, 367 <389>; 68, 287 <307>; 109, 133 <180>). Die schlichte Erwartung, das geltende Recht werde auch in der Zukunft unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfGE 68, 193 <222>; 105, 17 <40>; 109, 133 <180 f.>).

44

2. Es liegt weder eine Rückwirkung vor noch war der Beschwerdeführer zu 1) aus anderen Gründen vor einer Änderung der Rechtslage geschützt.

45

a) Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift oder wenn der Beginn seiner zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, das heißt gültig geworden ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juli 2010 - 1 BvL 11/06 u. a. -, juris, Rn. 71 m.w.N.).

46

Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe hat keine echte Rückwirkung entfaltet. Art. 3 Nr. 14 und Nr. 15 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, das am 29. Dezember 2003 verkündet worden ist (BGBl I S. 2954), hat den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe in früheren, bereits vollständig abgeschlossenen Bewilligungsabschnitten unberührt gelassen. Beide Regelungen wirkten sich lediglich auf zukünftige Bewilligungsabschnitte aus, indem sie zunächst eine Neu- oder Weiterbewilligung nur für die Zeit bis zum 31. Dezember 2004 zuließen (Art. 3 Nr. 14) und sodann eine Bewilligung für die Zeit ab dem 1. Januar 2005 ausschlossen (Art. 3 Nr. 15).

47

b) Eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (vgl. BVerfGE 69, 272 <309>; 72, 141 <154>; 101, 239 <263>; 123, 186 <257>) oder wenn die Rechtsfolgen einer Norm zwar erst nach ihrer Verkündung eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. BVerfGE 72, 200 <242>; 97, 67 <79>; 105, 17 <37 f.>; 109, 133 <181>).

48

Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe bewirkt keine solche unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung. Der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hatte durch die Rechtsordnung keine Ausgestaltung erfahren, die über das Ende des jeweiligen Bewilligungsabschnitts hinaus eine verfestigte Anspruchsposition begründete. Die Arbeitslosenhilfe wurde vielmehr abschnittsweise und nur nach einer Neuprüfung der Anspruchsvoraussetzungen bewilligt (§ 190 Abs. 3 SGB III a.F.). Die einmal erfolgte Bewilligung vermochte weder in ihrem Verfügungssatz noch in den ihr zugrunde liegenden Feststellungen eine über den im Bescheid geregelten Zeitraum hinausgehende Rechtsposition zu begründen. Ein Recht, das durch den Vertrauensschutzgrundsatz gegen seine nachträgliche Entwertung hätte geschützt werden können, entstand daher frühestens mit der jeweiligen Neu- oder Weiterbewilligung der Arbeitslosenhilfe und bezog sich nur auf die Zeit bis zum Ablauf des jeweiligen Bewilligungsabschnitts.

49

Eine unabhängig vom Bewilligungsakt bestehende Erwartung des Bürgers, er werde - den Fortbestand der jeweiligen Rechtslage vorausgesetzt - in einer bestimmten zukünftigen Sachlage leistungsberechtigt sein, ist mangels hinreichender Konkretisierung kein solches geschütztes Recht. Denn die Verfassung gewährt keinen Schutz vor einer nachteiligen Veränderung der geltenden Rechtslage (vgl. BVerfGE 38, 61 <83>; 105, 17 <40>). Eine schützenswerte Rechtsposition liegt daher nicht schon in der voraussichtlichen Einschlägigkeit bestimmter Vorschriften in der Zukunft.

50

c) Besonderheiten für Arbeitslosenhilfebezieher nach § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III ergeben sich insoweit nicht. Der Umstand, dass ein Arbeitsloser die Arbeitslosenhilfe unter den besonderen Voraussetzungen von § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III in Anspruch nahm, modifizierte seine Rechtsbeziehungen zur Bundesagentur für Arbeit nicht in einer Weise, dass im Unterschied zum regulären Arbeitslosenhilfebezug ein hinreichend verfestigter Anspruch auf Arbeitslosenhilfe jenseits des aktuellen Bewilligungsabschnitts entstanden wäre. Es wurde lediglich von zwei Tatbestandsvoraussetzungen des Anspruchs abgesehen, ohne dass Inhalt und Umfang des Anspruchs sich verändert hätten. Die Abgabe der Erklärung im Sinne von § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III erweist sich nicht als Disposition des Arbeitslosen, die schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand des Anspruchs begründen konnte. § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres oder bis zur Inanspruchnahme einer abschlagsfreien Altersrente eingeräumt.

51

d) Zudem kann sich der Beschwerdeführer zu 1) nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil er die Erklärung im Sinne von § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III erst im Juni 2004 abgegeben hat. Bereits im Dezember 2003 war aber durch Art. 3 Nr. 14 und Nr. 15 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I S. 2954) festgelegt worden, dass Arbeitslosenhilfe längstens bis zum 31. Dezember 2004 bewilligt werden durfte und anschließend als Leistungsart vollständig wegfiel. Damit bestand für den Beschwerdeführer zu 1) von vornherein keine Grundlage für die Bildung schutzwürdigen Vertrauens mit dem Inhalt, dass Arbeitslosenhilfe über den 31. Dezember 2004 hinaus gewährt würde.

(1) Bei der Gesellschaft für Telematik ist eine Schlichtungsstelle einzurichten. Die Schlichtungsstelle wird tätig, soweit dies gesetzlich bestimmt ist.

(2) Die Gesellschaft für Telematik ist verpflichtet, der Schlichtungsstelle nach deren Vorgaben unverzüglich zuzuarbeiten.

(3) Die Schlichtungsstelle gibt sich eine Geschäftsordnung.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.