Landgericht Paderborn Urteil, 22. Aug. 2016 - 01 KLs 3/16
Tenor
Der Angeklagte wird wegen Totschlags zu einer Jugendstrafe von 7 Jahren und 9 Monaten verurteilt.
Der Angeklagte trägt die notwendigen Auslagen der Nebenkläger im gesamten Verfahren. Im Übrigen wird von der Auferlegung von Kosten und Auslagen abgesehen.
Hinsichtlich des Adhäsionsantrags vom 22.08.2016 wird von einer Entscheidung abgesehen.
Angewendete Vorschriften: §§ 212 Abs. 1 StGB, 1, 17, 105 JGG.
1
Gründe
2I.
3Durch Urteil der 5. großen Strafkammer – große Jugendkammer – des Landgerichts Paderborn vom 15.01.2015, 5 KLs-10 Js 152/14 kap.-58/14 ist der Angeklagte wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen Totschlags zu einer einheitlichen Jugendstrafe von 8 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden. Darüber hinaus ist der Angeklagte verurteilt worden, an die Adhäsionskläger als Gesamtgläubiger einen Betrag von 13.903,17 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.11.2014 zu zahlen.
4Gegen das Urteil haben der Angeklagte und die Nebenkläger Revision eingelegt.
5Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 03.12.2015 (4 StR 223/15) wie folgt entschieden:
6„1. Auf die Revisionen der Nebenkläger wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 15. Januar 2015 – mit Ausnahme der Adhäsionsentscheidung – mit den Feststellungen aufgehoben.
7Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückgewiesen.
82. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
9Der Angeklagte hat die im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Neben- und Adhäsionskläger zu tragen; im Übrigen wird von der Auflegung von Kosten und Auslagen abgesehen.“
10Das Urteil ist im Wesentlichen wie folgt begründet:
11Die Revisionen der Nebenkläger seien begründet. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils weise einen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten auf. Denn auf der Grundlage der getroffenen tatsächlichen Feststellungen habe sich der Angeklagte eines vollendeten Heimtückemordes schuldig gemacht, weil er bereits durch die Schläge mit der Metallstange eine Ursache für den später unmittelbar durch die Messerschnitte herbeigeführten Tod des Opfers setzte und dieser Ursachenzusammenhang von seinem ursprünglichen Vorsatz umfasst sei.
12Die Revision des Angeklagten bleibe erfolglos. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung habe keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
13Die Kammer hat die Sache in der Hauptverhandlung vom 16.06.2016, 17.06.2016, 23.06.2016, 07.07.2016, 27.07.2016, 17.08.2016 und 22.08.2016 neu verhandelt.
14II.
15Der jetzt 20 Jahre alte Angeklagte ist im Haushalt seiner Eltern in ... aufgewachsen. Seine Mutter arbeitet als Verkäuferin in einem Drogerie-Markt, sein Vater ist selbstständig tätig. Er baut Häuser in Eigenleistung, die er anschließend vermietet. Der Angeklagte hat eine jüngere, 18 Jahre alte Schwester, die noch die Schule besucht.
16Der Angeklagte besuchte vom 3. bis zum 6. Lebensjahr den Kindergarten St. Marien in .... Nach einem Vorschuljahr besuchte er in den Jahren 2002 bis 2006 die Grundschule St. Marien in .... Anschließend ging er zunächst auf die Dietrich-Bonhoeffer-Realschule in ..., wechselte jedoch ab 2010 zur Hauptschule in ..., da er Schwierigkeiten in den Fächern Englisch und Mathematik hatte. Dort erreichte der Angeklagte im Jahr 2012 den Realschulabschluss nach Klasse 10 b (Fachoberschulreife). Im Augst 2012 begann der Angeklagte eine Berufsausbildung zum Landwirt. Sein 1. Lehrjahr absolvierte er in einem landwirtschaftlichen Betrieb mit einer Bio-Gas-Anlage und einer Sauenhaltung in .... Das 2. Lehrjahr absolvierte er bei einem Landwirt in ..., der eine Schweinemast betreibt. In seiner Freizeit beschäftigte er sich ebenfalls mit der Landwirtschaft. Er half auf Bauernhöfen, die teilweise zugleich Pferdepensionen betrieben, in der Gegend von ... aus. Daneben half er seit seinem 10. Lebensjahr zudem einem Schausteller auf Kirmesveranstaltungen beim Auf- und Abbau von Fahrgeschäften.
17Der Angeklagte erhielt zuletzt eine monatliche Ausbildungsvergütung in Höhe von 400,00 €. Durch den hierdurch und durch die Helferarbeiten bei anderen Landwirten und auf der Kirmes erzielten Verdienst konnte der Angeklagte sich einen eigenen Pkw Audi A4 s-line leisten.
18Der Bundeszentralregisterauszug des Angeklagten enthält eine Eintragung:
19Am 15.09.2011 sah die Staatsanwaltschaft Paderborn in einem Verfahren wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis von der Verfolgung nach § 45 Abs. 2 JGG ab.
20Im vorliegenden Verfahren wurde der Angeklagte am 25.06.2014 vorläufig festgenommen und befindet sich seit diesem Tag aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Paderborn vom selben Tag (77 Gs 345/14) in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Herford. In der Haftanstalt absolviert der Angeklagte seit dem 19.08.2014 eine auf 3 Jahre angelegte Lehre zum Elektriker. Begleitend besucht er die Berufsschule und ist auf seiner Haftabteilung als Essenträger eingeteilt.
21III.
221.)
23Der Angeklagte und der am 01.03.1997 geborene ... ..., der Sohn der Zeugen ... und ......, kannten sich seit ihrer gemeinsamen Kindergartenzeit. Seither waren sie beste Freunde, obwohl sie später verschiedene Schulen besuchten und auch verschiedene Ausbildungen absolvierten. Während der Angeklagte eine Ausbildung zum Landwirt begann, war ... ... als Auszubildender zum Straßenwärter bei der Stadt Lippstadt tätig, wo auch sein Vater arbeitet. Den Angeklagten und ... ... verband insbesondere das gemeinsame Interesse an der Landwirtschaft. Die Eltern von ... ... bewirtschafteten im Nebenbetrieb einen Hof in ... mit einer Pferdepension. Der Vater von ... ... erbte zudem im Juni 2014 einen weiteren Hof von seinem Bruder, ....... Der Angeklagte und ... ... halfen in ihrer Freizeit auf dem elterlichen Bauernhof von ... ... und auf anderen Bauernhöfen der Gegend. Zuletzt sprachen der Angeklagten und ... ... sogar davon, nach ihren jeweiligen Ausbildungen möglicherweise gemeinschaftlich in der Landwirtschaft beruflich tätig zu sein. Der Angeklagte beschäftigte sich für die Zeit nach seiner Ausbildung mit dem Plan, mit seinem Vater eine Bullenaufzucht aufzubauen und zu betreiben. ... ..., der ebenfalls Interesse an der Landwirtschaft hatte, konnte sich vorstellen, nach seiner Ausbildung auf dem von ihm zu übernehmenden Hof des verstorbenen ...etwas Landwirtschaftliches mit Maschinen zu machen.
24Der Angeklagte und ... ... gehörten auch in etwa dem gleichen Freundes- und Bekanntenkreis aus dem sogenannten ..., einer kleinen Bauernhofsiedlung bei ..., an. In diesem Freundes- und Bekanntenkreis war ... ... beliebter als der Angeklagte, weil er offen und feierfreudig erschien, während der Angeklagte eher verschlossen und zurückgezogen war. ... ... gelang es auch leichter, Kontakte zu Mädchen zu knüpfen. Dennoch hatte der Angeklagte seit Ende der Sommerferien 2013 vorübergehend eine Beziehung zu der Zeugin ...aus .... Auch wenn die Zeugin die Beziehung zu dem Angeklagten nach kurzer Zeit beendet hatte, zeigte sich der Angeklagte dessen ungeachtet weiter nachhaltig interessiert an ihr. Sie sahen sich mehrmals und hatten regelmäßigen Kontakt über WhatsApp, der bis zuletzt anhielt. Es gab auch sexuellen Kontakt, dessen Häufigkeit nicht genauer geklärt werden konnte. Allerdings schrieb sich der Angeklagte parallel auch vergleichbare Nachrichten mit der Zeugin ..., an der er sich ebenfalls interessiert zeigte. Aus diesem Grund gründeten die Zeuginnen ...und ... am 17.06.2014 eine WhatsApp-Gruppe, die sie „zwei Opfer und das Biest“ nannten und zu der sie den Angeklagten hinzufügten, da sie diesem damit deutlich machen wollten, dass sie Kenntnis davon hatten, dass er mit ihnen parallel Nachrichten austauschte. Der Angeklagte interessierte sich darüber hinaus unter anderem für die erst 15-jährige .... An der Zeugin ...zeigte auch ... ... zumindest vorübergehend Interesse. Am 07.02.2014 besuchte er die Zeugin in .... Bei dem Besuch kam es zu „Knutschereien“ zwischen ... ... und der Zeugin, wovon der Angeklagte einige Zeit später erfuhr. Die Zeugin ...beendete am 23.06.2014 den Kontakt zu dem Angeklagten, indem sie diesen als WhatsApp-Kontakt sperrte.
25Der Angeklagte und ... ... verstanden sich ungeachtet der Situation mit den Mädchen dem äußeren Anschein nach bis zuletzt sehr gut.
26Am Abend bzw. in der Nacht vom 23.06.2014 auf den 24.06.2014 half der Angeklagte in ... beim Aufbau eines Fahrgeschäftes. Er kam danach erst spät nach Hause. Am 24.06.2014 hatte der Angeklagte frei. Er fuhr, nachdem er früh aufgestanden war, morgens zum Optiker nach … und besuchte anschließend seine Mutter in ihrer Arbeitsstätte in einem Drogerie-Markt. Sodann fuhr er wieder nach Hause, aß etwas, legte sich kurz hin, döste und sah fern. Am Nachmittag half er zunächst auf dem Hof der Familie .... Später fuhr er zum Hof der Eheleute ... und lud dort mit den Zeugen ... und ......, ... ... und dessen Schwester der Zeugin ... Heu ab. Während dieser Arbeiten zeigten sich keine Auffälligkeiten, weder ein Streit noch z.B. eine bedrückte Stimmung zwischen dem Angeklagten und ... .... Nachdem die Arbeiten gegen 20:00 Uhr beendet waren, beschlossen der Angeklagte und ... ... noch etwas mit dem Auto des Angeklagten herumzufahren, was sie öfters taten.
27Der Angeklagte und ... ... gelangten so kurz darauf zum Autohof ... nahe der Autobahn A44, begaben sich um 20:28 Uhr in das dortige McDonalds Restaurant, aßen etwas und verließen das Restaurant um 20:47 Uhr wieder. Danach fuhren sie in der Gegend …, und um den Flughaften Paderborn-Lippstadt umher. Schließlich befuhren sie die L776 aus Richtung Paderborn kommend und bogen nachdem sie unter der A44 hindurch gefahren waren, nach rechts in einen Feldweg ab. Dort hielten sie zunächst bei einer ersten Scheune an, um nachzusehen, was sich in der Scheune befand. Anschließend fuhren der Angeklagte und ... ... über die Feldwege, wiederum unter der A44 hindurch, zu einer weiteren Scheune in , Flur 21, Flurstück 121. Während der Fahrt war ... ... viel mit seinem Handy beschäftigt.
282.)
29Der Angeklagte und ... ... hielten an der mit einer der Giebelseiten zu dem Feldweg hin stehenden Scheune an und stiegen aus. Sie gingen zur – vom Feldweg aus betrachteten – rechten Längsseite der Scheune, an der sich ein großes, massives und verschlossenes Scheunentor befand. Der Angeklagte und ... ... wollten nachschauen, ob etwas in der Scheune steht und prüfen, ob und wie sie in die Scheune hineinkommen können. Der Angeklagte ging vor. ... ... war zu diesem Zeitpunkt abgelenkt, da er sich mit seinem Handy beschäftigte. Der Angeklagte ging zur Scheune und konnte durch einen Spalt in diese hineinschauen. In der Scheune sah er einen Einachser, mehr konnte er nicht erkennen. Der Angeklagte sagte zu ... ..., dass er versuchen werde, ihnen Eintritt zu verschaffen. Er ging zu seinem Pkw und holte eine Eisenstange heraus, die er seit längerem in seinem Kofferraum hatte. Er beabsichtigte mithilfe der Stange ein Brett zur Seite zu schieben und ein Loch zu schlagen, was jedoch nicht funktionierte. ... ... stand zu diesem Zeitpunkt hinter dem Angeklagten, wirkte auf diesen abwesend und half zunächst auch nicht mit. Er hielt weiterhin fortwährend sein Handy in der Hand. Der Angeklagte forderte ihn auf, ihm zu helfen. ... ... nahm daraufhin sein Handy in die andere Hand und holte sein Messer heraus, um damit die Scheune oder zumindest einen Spalt in dieser zu öffnen. Nach kurzer Zeit sagte ... ... jedoch zu dem Angeklagten, dass er keine Lust mehr habe und ihm das Ganze egal sei. Er ließ von der Scheune ab, ging ein Stück zurück und beschäftigte sich wieder mit seinem Handy. Der Angeklagte war von dem Verhalten von ... ... „genervt“. Er rief diesem erneut zu, dass er sein Handy weglegen und helfen solle.
30Sodann kam es zwischen dem Angeklagten und ... ... zu seiner verbalen Auseinandersetzung über Mädchen. Der Angeklagte fragte ... ..., der sich an dem Abend viel mit der Zeugin geschrieben hatte, ob er etwas von dieser wolle. ... ... wiegelte ab und sagte, er würde sich nur mit ihr schreiben. Der Angeklagte warf ... ... vor, es mache ohnehin keinen Sinn, dass er den Mädchen etwas schrieb. Die Mädchen würden sowieso nichts von ihm wollen und ihn ständig „verarschen“. So sei es mit anderen Mädchen bspw. mit ...auch nicht zu einer Beziehung gekommen. ... ... reagierte daraufhin aufgebracht und warf dem Angeklagten vor, dass er es doch sei, der es mit den Mädchen nicht „hinbekomme“ und auch keine Freundin habe. Der Angeklagte fühlte sich durch diese Kritik stark gekränkt. Die Vorwürfe verletzten ihn besonders, weil ihm in seinem Inneren bewusst war, dass diese zutrafen. Denn er hatte außer der Zeugin ..., die für eine kurze Zeit seine Freundin war, nie eine feste Freundin gehabt. ...hatte zudem am Tag zuvor den Kontakt zu ihm abgebrochen und ihn über ihr Handy als WhatsApp-Kontakt gesperrt. Auch ... und ... hatten ihm kürzlich nicht mehr geschrieben. Der Angeklagte hatte daher den Eindruck, dass die Vorwürfe seines Freundes genau auf seine Situation passten, dass keines der Mädchen mit ihm etwas zu tun haben wollte.
31... ... beschäftigte sich weiterhin mit seinem Handy. Der Angeklagte, den dies störte, drückte mit der Hand das Handy des ... ... herunter. Dies machte den ... ... wütend. Es kam zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und ... ..., in deren Verlauf der Angeklagte ... ... beleidigte und beschimpfte, was ... ... erwiderte. Die verbale Auseinandersetzung eskalierte sodann und ging in eine tätliche Auseinandersetzung über, wobei deren Verlauf im Einzelnen nicht vollständig aufgeklärt werden konnte. Es spricht viel dafür, dass die Auseinandersetzung wie folgt verlief: Zunächst kam es zu gegenseitigen Schubsereien zwischen dem Angeklagten und ... ..., wobei nicht aufgeklärt werden kann, wer diese anfing. Aus den Schubsereien entwickelte sich sodann ein Gerangel. Im Laufe des Gerangels fiel die von dem Angeklagten zuvor in der Hand gehaltene Eisenstange zu Boden. Zudem schlug der Angeklagte den ... ... mit der Faust in den Bereich der Lippe, wodurch dieser eine Verletzung unterhalb der Unterlippe erlitt. Schließlich schubste der ... ... den Angeklagten kräftig, sodass der Angeklagte nach hinten stolperte. Der Angeklagte wurde daraufhin sehr wütend. Er griff die auf dem Boden befindliche Stange und holte unmittelbar mit großer Wucht aus. ... ... versuchte sich wegzudrehen und wegzulaufen. Der Schlag mit der Stange traf ... ... mit „voller Wucht“ hinten seitlich auf den Kopf. Der Angeklagte handelte bei der Ausführung des Schlages jedenfalls mit bedingtem Tötungsvorsatz. ... ... kippte durch den Schlag bewusstlos so nach links zur Seite, dass anschließend sein Körper mit dem Rücken und sein Kopf mit der rechten Gesichtshälfte auf dem Boden lag, wobei sein Klappmesser sich unter seinem Körper befand. Die von ... ... getragene Brille lag im Ergebnis in dem Zwischenraum zwischen seinem Oberkörper und dem Scheunentor. ... ... begann sofort stark im Kopfbereich und aus den Ohren zu bluten. Der Angeklagte, der immer noch voller Wut war, schlug mindestens zwei weitere Male mit der Metallstange wuchtig auf den Kopf des auf dem Boden liegenden, bewusstlosen ... ... ein.
32Durch die Schläge auf den Kopf erlitt ... ... ein hochgradiges Schädelhirntrauma und eine T-förmige Rissquetschwunde am linken Hinterkopf, eine lange Rissquetschwunde im linken Scheitel- Schläfenbereich sowie einen Einriss der linken Ohrmuschel mit Unterblutung der Ohrmuschel und der Haut hinter der Ohrmuschel. Er erlitt umfangreiche Schädelbrüche im linken Schläfen-, Scheitel- und Hinterhauptsbein mit Frakturausläufern in das rechtsseitige Schädeldach und in die mittlere und hintere linke Schädelgrube sowie in die hintere rechte Schädelgrube. Blut lief in die linke Paukenhöhle und in die Siebbeinzellen. Die harte Hirnhaut riss auf. Es ergaben sich hochgradige Hirnrindenprellungsblutungen in der Rinde und im Mark unterhalb davon im linken Scheitel-, Schläfen- und Hirnhautlappen. Es bestand ein hochgradiges Hirnödem. Jeder der von dem Angeklagten ausgeführten drei Schläge in den Kopfbereich des ... ..., war geeignet dessen Tod herbeizuführen, was der Angeklagte auch jedenfalls billigend in Kauf nahm. ... ..., der an den Folgen der Schläge durch den Angeklagten mit Sicherheit nach einiger Zeit verstorben wäre, überlebte diese zunächst noch.
33Die Fähigkeit des Angeklagten das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, war im Zeitpunkt der Ausführung der Schläge weder aufgehoben noch erheblich vermindert.
343.)
35Der Angeklagte begab sich nach dem letzten Schlag in der Annahme, ... ... sei durch die Schläge bereits getötet worden oder er werde in kurzer Zeit an den Schlägen versterben, zu seinem Pkw, legte die Metallstange in den Kofferraum, setzte sich in das Fahrzeug, wendete dieses auf dem Feldweg und fuhr über die Feldwege wieder zurück zur L776. Er fuhr zunächst ziellos umher. Sodann fuhr er wiederum zu McDonalds am Autohof ... an der A44, wo er um 21:52 Uhr eintraf. Dort bestellte er sich am Drive-In-Schalter ein Eis und verließ den Autohof um 21:54 Uhr wieder. Da der Angeklagte den Verdacht, ... ... erschlagen zu haben, von sich weisen wollte, fasste er spätestens jetzt den Entschluss, zurück zur Scheune zu fahren, die Polizei zu informieren und wahrheitswidrig anzugeben, er habe ... ... auf dessen Bitte aus einem nicht genannten Grund alleine an der Feldscheune absetzen sollen und habe ihn dann dort tot aufgefunden, als er ihn wieder habe abholen wollen. Dabei wollte er vorspiegeln, noch versucht zu haben, ... ... über dessen Handy zu erreichen. Entweder vor der Rückkehr zu der Feldscheune oder nach der Rückkehr zu der Feldscheune schickte er daher um 22:04 Uhr an das Handy von ... ... die WhatsApp-Nachricht: „Wie weit biste?“. Um 22:06 Uhr schickte er ... ... die WhatsApp-Nachricht: „?“. Schließlich wählte er um 22:08 Uhr die Rufnummer von ... ... an. Als der Angeklagte wieder zu dem unverändert am Boden liegenden ... ... kam, stellte er aber fest, dass dieser wider Erwarten noch nicht verstorben war. Der Angeklagte hatte Angst und geriet in Panik. Er beschloss ... ... endgültig zu töten. Als Tatwerkzeug holte der Angeklagte aus seinem Fahrzeug ein Messer. Mit diesem schnitt er dem rücklinks auf dem Boden liegenden ... ..., der wegen der durch die Schläge verursachten Schädelverletzung zu einer aktiven oder passiven Abwehrreaktion nicht mehr in der Lage war, mit einer erheblichen Kraftentfaltung den Hals über eine Länge von 11,5 cm bis in die Wirbelsäule durch und durchtrennte dabei den Kehlkopf, die Luft- und die Speiseröhre, wobei er das Messer mindestens zweimal ansetzen musste, was dazu führte, dass er die linke Halsvene zweimal anschnitt. Bei der Tatausführung fügte der Angeklagte ... ... auch eine kleine Stichverletzung im Hals oberhalb der Schnittwunde zu. ... ... verstarb daraufhin schließlich an einem zentralen Hirnversagen in Kombination mit Verbluten.
36Anschließend setzte sich der Angeklagte wieder in sein Fahrzeug, wendete es und fuhr über die Feldwege unter der Autobahn A44 hindurch und steckte das Messer an einem Feldwegrand in das Erdreich. Ob er danach die Metallstange am Rande eines Feldweges in den Straßengraben warf, oder ob er dies bereits vor seinem Besuch bei McDonalds getan hatte, ließ sich nicht sicher feststellen. Sodann fuhr er wieder zurück zur Scheune an der ... ... lag und setzte um 22:29 Uhr über die Notrufnummer 112 einen Notruf ab, wobei er angab, seinen Freund mit aufgeschnittener Kehle aufgefunden zu haben, und den Weg zu dem Fundort beschrieb. Davor hatte er um 22:23 Uhr noch die WhatsApp-Nachricht an ... ...: „Hallo?“ versandt. Zudem erfolgte um 22:24 Uhr nochmals ein Anwählversuch an die Rufnummer von ... ....
37Nachdem der Angeklagte den Notruf abgesetzt hatte, fuhr er über die Feldwege zurück zur L776, um den eintreffenden Rettungsdienst vereinbarungsgemäß zu der abgelegenen Scheune zu führen.
38Der Angeklagte wurde in den Räumen der Kreispolizeibehörde Paderborn am 25.06.2014 von 01:48 Uhr bis 05:05 Uhr zunächst durch die Zeugen KHK ... und KHK ... als Zeuge vernommen. Während einer Unterbrechung dieser Zeugenvernehmung wurden in der Zeit von 03:19 Uhr bis 04:35 Uhr durch den Regierungsbeschäftigten ... Maßnahmen zur Spurensicherung an dem Angeklagten vorgenommen. Danach wurde der Angeklagte noch weiter als Zeuge vernommen. Um 06:15 Uhr wurde der Angeklagte als Beschuldigter belehrt und anschließend als Beschuldigter vernommen.
39IV.
40Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, soweit ihr gefolgt werden konnte, und auf der durchgeführten Beweisaufnahme, deren Umfang und Förmlichkeiten sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergeben.
41Der Angeklagte hat sich zu dem Geschehen in der Hauptverhandlung zunächst über eine von ihm bestätigte Verteidigererklärung eingelassen, der keine Verständigung gemäß § 257 c StPO vorausging. Am 23.06.2016 hat er sich außerhalb der Hauptverhandlung zudem von dem Sachverständigen Prof. Dr. med. Dipl-Psych. ... explorieren lassen und gegenüber diesem zur Sache eingelassen. Der Sachverständige hat die Einlassung des Angeklagten ihm gegenüber protokolliert und in der Hauptverhandlung als Zeuge wiedergegeben. Die Einlassungen des Angeklagten über die Verteidigererklärung und gegenüber dem Sachverständigen sind dabei inhaltlich im Wesentlichen übereinstimmend. Bestehende Abweichungen werden nachstehend herausgestellt.
42Der Angeklagte hat seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie seinen schulischen und beruflichen Werdegang entsprechend den getroffenen Feststellungen glaubhaft geschildert.
43Der Angeklagte hat auch seine Freundschaft mit ... ... und das gemeinsame Interesse an der Landwirtschaft im Wesentlichen den obigen Feststellungen entsprechend dargestellt. Desweiteren hat er den unter Ziffer III.1.) getroffenen Feststellungen entsprechend geschildert, dass er vom Abend des 23.06.2014 an bis in die Nacht hinein einem Schausteller beim Aufbau eines Fahrgeschäfts geholfen hat und wie er den 24.06.2014 bis zum Eintreffen an der zweiten Scheune verbracht hat.
44Die Zeugen ... und ...... haben Angaben zu ihren persönlichen Verhältnissen und zum Werdegang ihres Sohnes ... ... gemacht. Sie haben insbesondere bestätigt, dass der Angeklagte und ihr Sohn aus ihrer Sicht seit den Kindertagen sehr enge Freunde gewesen seien, dass die beiden durch das Interesse an der Landwirtschaft verbunden gewesen seien und über die Möglichkeit einer späteren Zusammenarbeit im Bereich der Landwirtschaft gesprochen hätten. Darüber hinaus haben die Zeugen ..., ...und ... bekundet, dass zu keiner Zeit Streitigkeiten oder auch nur eine bedrückte Stimmung zwischen dem Angeklagten und ... ... erkennbar geworden seien. Der Zeuge ... ... hat weiter ausgesagt, dass sein Sohn und der Angeklagte am 24.06.2014 nach der Mithilfe auf dem Hof der Familie ... ohne Auffälligkeiten wie sonst auch mit dem Auto des Angeklagten weggefahren seien.
45Bedenken gegen die Richtigkeit der Aussagen der Zeugen ..., ...und ... ergeben sich nicht. Sie haben sämtlich ruhig und sachlich berichtet. Zu keinem Zeitpunkt entstand der Eindruck, dass sie sich dazu hinreißen lassen könnten, den Angeklagten zu Unrecht zu belasten.
46Die Zeugin Schulte hat sodann glaubhaft ausgesagt, dass sie den Angeklagten und ... ..., die sie beide aus ... kenne, am Abend des 24.06.2014 in dem McDonalds Restaurant bedient habe. Beide hätten dort gegessen, einen Streit habe sie nicht mitbekommen. Sie hätten ganz normal miteinander geredet. Ihr Verhalten sei unauffällig gewesen. Darüber hinaus hat der Zeuge ..., der zur Tatzeit Restaurantleiter des McDonalds Restaurants in ... war, Aufnahmen der Überwachungskamera des McDonalds Restaurants in Augenschein genommen und in der Hauptverhandlung referiert. Er hat ausgesagt, dass auf den Aufnahmen erkennbar war, dass sich der Angeklagte und ... ... am Abend des 24.06.2014 in dem Restaurant befanden, wobei als Zeit 20:25 Uhr bis 20:44 Uhr angezeigt wurde. Die Zeugen KHK ... und KHK ... haben, wie beide übereinstimmend glaubhaft ausgesagt haben und wie der Zeuge ... in der Hauptverhandlung bestätigt hat, am 30.06.2014 gemeinsam mit dem Zeugen ... die Uhrzeiten der Kameraanlage überprüft und anhand eines Vergleiches mit der Weltzeit festgestellt, dass die Zeiten der Überwachungskamera im Verhältnis zur Weltzeit 3 Minuten nachgingen. Nach der Aussage des Zeugen ... in der Hauptverhandlung ist die Kameraanlage zwischen dem 24.06.2014 und dem 30.06.2014 nicht verstellt worden. Daher ist die Kammer davon überzeugt, dass sich der Angeklagte und ... ... tatsächlich zwischen 20:28 Uhr und 20:47 Uhr in dem Restaurant aufgehalten haben.
47Die Kammer folgt auch hinsichtlich des Geschehens an der zweiten Scheune im Wesentlichen der Einlassung des Angeklagten.
48Der Angeklagte hat sich zum Geschehen an der zweiten Scheune durch die Verteidigererklärung wie folgt eingelassen: Er und ... ... hätten die Scheune entdeckt, seien an diese herangefahren und hätten angehalten, um zu der Scheune zu gehen. Sie hätten nachschauen wollen, ob etwas in der Scheune stehe und ob bzw. wie man in die Scheune hineinkommen könne. Er sei vorgegangen. ... ... sei zu diesem Zeitpunkt recht abwesend gewesen, da er ständig mit seinem Handy beschäftigt gewesen sei. Er sei dann direkt zur Scheune und habe durch einen Spalt durchschauen können. In der Scheune habe er einen Einachser stehen sehen, vielmehr habe man jedoch nicht sehen können. Er habe zu ... ... gesagt, dass er versuchen werde, ihnen Eintritt zu verschaffen. Er sei zu seinem Pkw zurückgegangen und habe eine Stange herausgeholt. Diese habe schon längere Zeit in seinem Kofferraum gelegen. Er sei mit der Stange zurück zu der Scheune gegangen und habe damit ein Brett zur Seite schieben und ein Loch schlagen wollen. Das habe jedoch nicht richtig geklappt. ... ... habe zu diesem Zeitpunkt immer noch hinter ihm gestanden, abwesend gewirkt und habe auch nicht mitgeholfen. Er habe ständig sein Handy in der Hand gehabt. Er, der Angeklagte, habe ihn aufgefordert endlich zu helfen. ... ... habe daraufhin sein Handy in die andere Hand genommen und sein Messer herausgeholt. Er habe damit die Scheune oder zumindest einen Spalt öffnen wollen. Nach kurzer Zeit habe ... ... jedoch gesagt, dass er keine Lust mehr habe und ihm alles egal sei. Er habe von der Scheune abgelassen und sei ein Stück zurückgegangen, um sich wieder mit seinem Handy zu beschäftigen.
49Gegenüber dem Sachverständigen hat der Angeklagte den vorstehenden Sachverhalt insoweit abweichend geschildert, als er zunächst geschildert hat, dass ... ... lustlos mit dem Messer an der Scheune „rumgeprokelt“ habe und er erst dann die Stange geholt habe, um das Loch weiter aufzuhebeln.
50Weiter wurde die Tat in der Verteidigererklärung wie folgt geschildert:
51Er, der Angeklagte, sei nur noch genervt gewesen, da er mit der Scheune nicht vorangekommen sei und ... ... keine Anstalten unternommen habe, ihm zu helfen. Er habe ... ... zugerufen, dass er endlich mal sein Handy weglegen und helfen solle. Es mache doch ohnehin keinen Sinn, dass er etwas schreibe. Die Mädchen wollten ihn doch sowieso nicht und „verarschten“ ihn ständig. Er solle das „dämliche“ Handy weglegen und endlich zu ihm kommen. ... ... habe ihn angeschaut und angeschrien, wie er das mit dem „Verarschen“ meinen würde. Er sei so „genervt“ von ... ... gewesen, dass er diesem vorgehalten habe, dass er lange „hinter ...her gerannt sei“ und es „einfach nicht mit ihr geregelt bekommen“ habe. Auch mit den anderen Mädchen würde er nichts „hinbekommen“. ... ... sei immer mehr auf ihn zugekommen und habe ihn angeschrien. Er habe geschrien, ob er „spinne“ und was ihm einfalle. Er, der Angeklagte, solle „seine Klappe nicht so weit aufreißen“, da er doch derjenige sei, der überhaupt gar nichts „geregelt bekomme“. Schließlich werde er ständig von den Mädchen „verarscht“. Für sein Alter sei er doch derjenige, der kein Mädchen „an den Start bekomme“. Allein die Sache mit ... und ... würde doch zeigen, dass er ein „Spinner“ und „einfach nur krank“ sei. Die beiden Mädchen hätten doch völlig recht.
52Gegenüber dem Sachverständigen hat der Angeklagte den Konflikt hinsichtlich der Mädchen und seine Empfindungen und Gefühle diesbezüglich nach Aussage des Sachverständigen in der Hauptverhandlung ergänzend wie folgt geschildert:
53Der Zeuge ... hätte den ... ... im Januar/Februar 2014 zur Zeugin ...gebracht. Der Zeuge ... habe gewusst, dass er, der Angeklagte, noch etwas von der ... gewollt und mit ihr geschrieben habe. Er habe ihm dann kurz vor dem 24.06. erzählt, dass er den ... ... zu ...gebracht habe und habe wohl gucken wollen, wie er, der Angeklagte, auf diese Information reagiere. Eigentlich habe er bereits davon gewusst, da ... ihm selbst 2 Tage nach dem Treffen mit ... hiervon geschrieben habe. Gegenüber dem Zeugen ... habe er, als dieser das erzählt habe, jedoch erst ahndungslos getan. Der Zeuge ... habe noch damit angegeben, dass er für die Fahrt von ... ... Spritgeld bekommen habe. Er habe es als Bösartigkeit empfunden, dass der Zeuge ... ihm das so auf die Nase gebunden habe. ... selbst habe ihm nie von der Sache erzählt. Er sei darüber enttäuscht gewesen, natürlich auch wütend, dass ... ... so etwas gemacht habe. Beim Autofahren an diesem Abend habe er mitbekommen, dass ... ... sich ständig mit geschrieben habe. ... ... sei nie richtig von ...weggekommen, bei der er es immer wieder versucht habe, die aber kein Interesse an ihm gehabt habe. ...sei dann nach dem Schützenfest 2013 mit ...zusammengekommen. An der Scheune habe er ... ... gefragt, ob er etwas von wolle. ... ... habe abgewiegelt, er würde sich mit ... nur schreiben. Da habe er ... ... gesagt, dass das nichts bringe, da mit anderen Mädchen auch nichts draus geworden sei. ... habe dann in energischen Ton erwidert, dass er, ..., es doch sowieso nicht „auf die Kette bringe“. Er sei es doch, der keine Freundin habe. Das wäre ja auch irgendwie der Fall gewesen, denn keiner, auch ... ... nicht, habe von seiner Beziehung zu ...gewusst. Es sei richtig, dass er eben nur ...als feste Freundin im letzten Sommer gehabt habe und sonst nie eine feste Freundin. Er habe innerlich „gekocht“, weil ... ... ja recht gehabt habe. ...habe am Tag zuvor den Kontakt zu ihm abgebrochen, am 23.06. habe sie ihn bei WhatsApp gesperrt. ... ... habe da genau passend „den Finger auf die Wunde gelegt“. ...habe ihn „geblockt“, ... habe ihm in den letzten zwei Tagen auch nicht mehr zurückgeschrieben, ... habe ihm am Vortag das letzte Mal geschrieben, insofern habe das, was ... ... gesagt habe, auf seine Situation genau gepasst, dass keines der Mädchen was mit ihm zu tun haben wolle.
54Zusammenfassend hat der Angeklagte seine emotionale Situation gegenüber dem Sachverständigen wie folgt erklärt: Mädchen seien in seinem Alter sehr wichtig. In den Wochen vor der Tat sei es bei ihm nicht „gelaufen“. Die Wut wäre dadurch gekommen, dass ..., sein bester Freund, ihn so provoziert habe, man könne sagen, ihn mit der Wahrheit so provoziert habe.
55Über die Verteidigererklärung schildert der Angeklagte dann, dass er und ... ... immer aufgebrachter geworden seien und jeweils einen Schritt aufeinander zugemacht hätten und angefangen hätten zu schubsen. Wer von beiden damit angefangen habe, könne er nicht mehr sagen. Er wisse nur noch, dass er ... ... beleidigt und beschimpft habe. ... ... habe das erwidert. Es sei zu einem Gerangel gekommen. Während des Gerangels sei die Stange aus seiner Hand zu Boden gefallen. ... ... habe sich von ihm gelöst und ihm einen heftigen Stoß gegeben. Dadurch sei er auf den Boden gefallen. ... ... habe immer mehr geschrien und ihm immer wieder gesagt, wie krank und welch armes „Würstchen“ er sei. Ihn habe das zutiefst verletzt, da man bis dahin noch nie einen richtigen Streit gehabt habe. ... ... sei sein bester Freund gewesen. Über die ganze Zeit habe man nie eine solche Auseinandersetzung gehabt. Man habe sich nicht mehr voneinander abbringen lassen. Er habe nur noch gesehen, wie ... ... wieder auf ihn zustürzte, mit seinen Händen ausholte und auf ihn einschlug. Er habe ihn zurückgestoßen und sei außer sich vor Wut gewesen. Dabei habe er nach der sich auf dem Boden befindenden Stange gegriffen und mit großer Wucht ausgeholt. ... habe versucht sich wegzudrehen und wegzulaufen. Die Stange habe ... hinten seitlich auf dem Kopf getroffen. Er habe ... ... mit voller Wucht getroffen. ... ... sei zusammengebrochen und auf den Boden gefallen. Er habe ihn angeschrien und weiter mit der Stange auf seinen Kopf geschlagen bis sich ... nicht mehr bewegt habe. Überall sei Blut gewesen. Er habe von ihm abgelassen und gesehen, was er getan habe. Er sei völlig aufgebracht und in Panik gewesen. Ihm sei nicht klar gewesen, was er nun machen und wie er das Geschehen erklären solle. In diesem Moment sei ihm aber bewusst geworden, dass er etwas sehr schlimmes gemacht habe. Er habe die Stange zu Boden geworfen und sei auf und ab gegangen.
56Gegenüber dem Sachverständigen hat der Angeklagte das Kerngeschehen nach dessen Aussage in der Hauptverhandlung wie folgt geschildert:
57... ... habe da gestanden und auf seinem Handy getippt. Er habe dann mit der Hand ...s Handy heruntergedrückt. Daraufhin habe ... ... ihn kräftig weggeschubst. ... ... sei aufgrund seines Verhaltens bzgl. des Handys wohl wütend gewesen. Beim Stolpern nach hinten sei ihm, dem Angeklagten, dann die Stange aus der Hand gefallen. Was dann passiert sei, sei alles eine Sache von paar Sekunden gewesen. Er sei nach hinten gestolpert, richtig auf den Boden sei er wohl nicht gefallen. Es sei eher ein Straucheln gewesen. Er habe die Stange genommen und habe sofort ausgeholt. ... habe noch versucht, sich wegzudrehen, er habe ... ... jedoch getroffen, wo, könne er nicht sagen. ... sei aus dem Schwung des Wegdrehens gleichsam drehend nach hinten gefallen, auf den Rücken. In seiner Wut habe er weiter geschlagen. Er habe ... ... keinesfalls ins Gesicht schlagen wollen, er habe versucht, ihn hinten zu treffen. Er meine, dass es noch 3 Schläge gewesen seien als der ... ... am Boden gelegen habe. Nach den Schlägen habe sich ... zwar noch bewegt, aber einen verkrampften Gesichtsausdruck gehabt, die Augen wären verdreht gewesen. Das eine Bein habe plötzlich ganz stark gezuckt.
58Das weitere Vorgehen schildert der Angeklagte über die Verteidigererklärung wie folgt:
59Er habe dann sein Messer herausgeholt, welches er ständig bei sich führe. Er habe das Messer genommen und sei zu ... gegangen, der sich nicht mehr bewegt habe. Er habe nur noch Angst gehabt, das Messer genommen, es an den Hals von ... ... angesetzt, einen tiefen Schnitt ausgeführt und den Hals durchgeschnitten.
60Gegenüber dem Sachverständigen schilderte er dies ausweislich dessen Aussage in der Hauptverhandlung etwas ausführlicher dahingehend, dass er in Panik gewesen sei, zum Auto gegangen sei und das Messer geholt habe. Er habe sich gefragt, ob er den ... ... in den Bauch oder in die Brust stechen solle. Dann habe er sich dafür entschieden, in den Hals zu stechen, aber es sei nichts passiert. Er habe dann das Messer einmal durch den Hals gezogen, er habe dem ... ... die Kehle durchgeschnitten. Er habe nur noch gewollt, dass es zu Ende sei. Für ihn sei es darum gegangen, dass die Situation endlich vorbei sei, auch, dass ... ... nicht weiter leiden müsse. Danach sei er nur noch nervös hin und her gelaufen. Als ... sich nicht mehr bewegt habe, sei er dann losgefahren.
61Das weitere Nachtatverhalten schildert der Angeklagte über die Verteidigererklärung wie folgt:
62Er sei wieder zurück zu seinem Wagen gegangen, habe die Stange in den Kofferraum geworfen und sei losgefahren. Irgendwann sei er auf die Idee gekommen wieder zu McDonalds zu fahren. Dort sei er nur kurz geblieben. Er habe ... ... mehrere Nachrichten geschrieben, wo er denn bleibe. Auch habe er das Handy von ... ... angerufen. Er sei verzweifelt gewesen. Seine Fahrt sei mehr oder weniger ziellos gewesen. Nach einer kurzen Fahrzeit habe er am Straßenrand angehalten und sei mit dem Messer ausgestiegen. In einer Art Straßengraben habe er das Messer ganz tief in den Erdboden gesteckt. Danach sei er weitergefahren. Nach ein paar Minuten habe er wieder angehalten, die Stange aus dem Kofferraum geholt und sie weggeworfen. Dann sei er zu der Scheune zurückgefahren, habe seinen Wagen abgestellt, sein Handy herausgeholt und den Notruf über 112 angerufen. Er habe sich sinngemäß mit den Worten gemeldet, dass er seinen Freund verletzt oder tot aufgefunden habe. In dem Telefonat habe er versucht, den Standort zu beschreiben. Nach Beendigung des Telefonats sei er nochmals zu seinem Wagen gegangen und wieder losgefahren, um den Rettungskräften entgegenzufahren. Als die Rettungskräfte und die Polizei vor Ort eingetroffen seien, habe er ihnen ... ... gezeigt.
63Gegenüber dem Sachverständigen hat der Angeklagte angegeben, er habe keine genaue Erinnerung daran, ob er zuerst das Messer und dann die Stange abgelegt habe oder andersrum. Erst während der Fahrt sei ihm der „Vertuschungsgedanke“ gekommen.
64Die Zeugen KHK ... und KHK ..., die den Angeklagten in der Nacht vom 24.06.2014 auf den 25.06.2014 vernommen haben, haben in der Hauptverhandlung übereinstimmend bekundet, der Angeklagte habe ihnen das Geschehen wie folgt berichtet:
65Im Rahmen seiner Zeugenvernehmung habe er zunächst angegeben, dass er mit ... ... herumgefahren sei. Dann habe ... ... ihn gebeten, ihn irgendwo hinzubringen. Wohin genau, habe ... ... nicht gesagt, das werde er, der Angeklagte, dann schon sehen. Nach dem Antreffen an der zweiten Scheune habe ... ... ihn, den Angeklagten, dann gefragt, ob er ihn in einer halben Stunde dort wieder abholen könne. Er habe ... ... dann allein an der Scheune zurückgelassen und sei zu McDonalds gefahren. Nachdem er erfolglos versucht habe, ... ... zu erreichen, sei er zurück zur Scheune gefahren und habe ... ... mit aufgeschnittenem Hals noch röchelnd an der Scheune liegend aufgefunden. Eine weitere Person sei ihm nicht aufgefallen. Daraufhin habe er den Notarzt angerufen.
66In seiner Vernehmung als Beschuldigter habe der Angeklagte nach erfolgter üblicher Belehrung über seine Rechte gemäß §§ 163a, 136 StPO sodann angegeben, dass... ... versucht habe, vor dem Scheunentor auf dem Boden kniend mit einem Messer das vorgefundene Loch in dem Scheunentor zu vergrößern. Er selbst habe gleichzeitig mit der Metallstange wuchtig gegen das Scheunentor schlagen wollen, um ein Guckloch zu schaffen. In diesem Moment sei ... ... unerwartet nach oben gekommen, weshalb der Schlag den Hinterkopf von ... ... getroffen habe. ... ... sei sofort nach links zur Seite gefallen. Er, der Angeklagte, habe sofort gemerkt, dass er den Schädel von ... ..., der auch sofort aus den Ohren geblutet habe, schwer verletzt habe und „dass das mit ihm (... ...) nichts mehr geben würde“. Er habe hierauf mit Tötungsabsicht weitere Schläge gegen den Kopf des bewusstlos am Boden liegenden ... geführt. Angeblich habe er ihn von seinem Leiden erlösen wollen. In der Annahme, ... ... sei an den Folgen der Schläge verstorben oder werde kurze Zeit später daran versterben, sei er mit dem Auto vom Tatort weggefahren, habe die Stange an einem den Zeugen ... und ... später gezeigten Ort in der Nähe von ... nach Abwischen mit einem Papiertuch in einen Straßengraben geworfen und sei über ... wieder nach McDonalds an der A44 gefahren. Dort habe er am Drive-in-Schalter ein Eis bestellt. Er habe an das Handy von ... ... auch noch WhatsApp-Nachrichten gesandt. Dann sei er zurück zur Scheune gefahren und habe ... ... dort noch röchelnd vorgefunden. Hierauf sei er zurück zu seinem Fahrzeug gegangen, habe ein Messer geholt, sei zu ... ... gegangen und habe diesem den Hals durchtrennt. Anschließend sei er wieder mit seinem Fahrzeug weggefahren und habe ca. 1 km entfernt an einer dem Zeugen ... und ... später ebenfalls gezeigten Stelle das Messer mit dem Fuß in einen Grünstreifen versenkt, bevor er wieder zu der Scheune zurückgefahren sei und die Feuerwehr angerufen habe.
67Die Zeugen ... und ... haben zudem übereinstimmend ausgesagt, dass der Angeklagte im Rahmen seiner Vernehmung als Beschuldigter keine Angaben dazu gemacht habe, dass es vor den Schlägen zu einem Streitgespräch, Beleidigungen oder Tätlichkeiten zwischen dem Angeklagten und ... ... gekommen sei.
68Die Kammer folgt im Wesentlichen der oben dargestellten Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, eingeführt durch die von dem Angeklagten bestätigte Verteidigererklärung, und die Vernehmung des Sachverständigen Prof. Dr. ... zu der ergänzenden Einlassung des Angeklagten ihm gegenüber.
69Das insoweit abgegebene Geständnis des Angeklagten ist aus Sicht der Kammer im Wesentlichen glaubhaft; zumindest kann es aber, soweit die Kammer ihren Feststellungen die Einlassung des Angeklagten zugrundelegt, nicht widerlegt werden, sodass unter Berücksichtigung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ abweichende Feststellungen – mit den nachstehend dargestellten Ausnahmen – nicht getroffen werden können.
70Glaubhaft ist dabei zunächst das Geständnis des Angeklagten insoweit, als dieser in seiner Einlassung eingeräumt hat, zunächst mehrfach mit der Metallstange auf den Kopf von ... ... eingeschlagen zu haben und zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Messer den Halsschnitt ausgeführt zu haben.
71Das Geständnis deckt sich mit den Feststellungen zu den Verletzungen des getöteten ... ... sowie zur Todesursache, die auf den Ausführungen des sachverständigen Rechtsmediziners Dr. ... beruhen, der den Ereignisort besichtigt und die Obduktion des getöteten ... ... durchgeführt hat. Er hat den Feststellungen entsprechende Angaben zu den bei ... ... vorgefundenen Verletzungen, die durch die stumpfe Gewaltausübungen mit der Metallstange gegen den Kopf und durch den Schnitt mit dem Messer in den Hals verursacht worden sind, sowie zur Todesursache gemacht. Der Sachverständige Dr. ... hat ausgeführt, dass sich an der Art der Kopfverletzungen zeige, dass die stumpfe Gewalt erheblich gewesen sei. Die Hirnrindenprellungsblutungen und die Verletzung des Hirnmarks sprächen von ihrer Größe und Verteilung her für eine große Wucht und für mindestens drei Schläge. Das Opfer sei nach den Schlägen notwendigerweise bewusstlos gewesen. Das bewusstlose Zusammensacken des Opfers nach dem ersten Schlag, sowie sich der Angeklagte eingelassen hat, sei sehr plausibel. Die durch die Schläge verursachten Verletzungen hätten mit Sicherheit schon für sich genommen letztlich zum Tod des Opfers geführt. Dabei sei jeder Schlag für sich genommen geeignet gewesen, den Tod des Opfers herbeizuführen. Von welcher Position aus die Schläge ausgeführt worden wären, ob von hinten, von der Seite oder von vorne, könne man dabei nicht zuverlässig sagen. Sämtliche Schläge hätten sowohl von hinten wie auch von der Seite oder von vorne ausgeführt werden können. Sichere Feststellungen seien insoweit nicht möglich.
72Der Sachverständige Dr. ... hat weiter festgestellt, dass der Halsschnitt am Opfer in einer statischen Situation ausgeführt worden sei, in der der Kopf des Opfers nicht mehr bewegt worden sei. Die Verteilung der Blutspritzspuren am Opfer spreche für einen Schnitt im Liegen. Daraus, dass die Halsvene zweimal angeschnitten worden sei, ergebe sich, dass der Angeklagte zweimal angesetzt habe um zu schneiden. Es gebe keine Hinweise auf eine aktive oder passive Abwehrreaktion des Opfers. Das verwendete Tatmesser sei, wie das Prüfen der Schneide mit dem Finger ergeben habe, als eher stumpf anzusehen. Daher müsse die Kraft, die der Angeklagte bei dem Halsschnitt aufgewandt habe, ganz erheblich gewesen sein, zumal eine angeschnittene Halswirbelsäule ein eher seltener Befund sei.
73Schließlich hat der Sachverständige Dr. ... ausgeführt, dass er festgestellt habe, dass das Opfer noch Blut eingeatmet habe, und dass er neutrophile Granulozyten beim Durchwandern der Blutgefäße im Wundenbereich am Kopf nachgewiesen habe. Daraus ergebe sich zwingend, dass das Opfer, das durch die Schläge verursachte Schädel-Hirn-Trauma zunächst noch überlebt habe.
74Die Kammer folgt dem Sachverständigen Dr. .... Die Ausführungen des Sachverständigen sind schlüssig und gut nachvollziehbar. Der Sachverständige hat die von ihm getroffenen Feststellungen nüchtern, detailreich und widerspruchsfrei geschildert. Die von ihm festgestellte Todesursache deckt sich mit der Darstellung des Angeklagten und wird durch die von der Kammer in Augenschein genommenen Fotos der Leiche des ... ... belegt. Umstände, die an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen Zweifel aufkommen lassen könnten, sind nicht ersichtlich.
75Auch soweit sich der Angeklagte dahingehend eingelassen hat, es sei vor der Scheune zunächst zu einer verbalen Auseinandersetzung in Bezug auf Mädchen und sodann zu einer tätlichen Auseinandersetzung im Sinne einer Schubserei und eines Gerangels zwischen ihm und ... ... gekommen, in dessen Verlauf er aus Wut den ersten Schlag mit der Metallstange von vorne ausgeführt habe, folgt die Kammer der Einlassung des Angeklagten. Die Einlassung ist aus Sicht der Kammer glaubhaft, kann aber jedenfalls nicht widerlegt werden, sodass sie zugunsten des Angeklagten den Feststellungen zugrundezulegen ist.
76Die Schilderung des Angeklagten zum Tathergang ist auch insoweit in sich schlüssig und nachvollziehbar. Die Darstellung in der Verteidigererklärung und gegenüber dem Sachverständigen sind im Wesentlichen inhaltsgleich. Kleinere, nicht substantielle, Unterschiede in der Schilderung erklären sich aus dem zusammenfassenden Charakter, der Geschwindigkeit der Tatsituation und der seit der Tat vergangenen Zeit von mittlerweile mehr als zwei Jahren. Die Schilderung des Angeklagten ist detailreich. Insbesondere die Schilderung seiner Gefühlswelt, der eigenen Schwächen und der aus seiner subjektiven Sicht erlebten Kränkungen gegenüber dem Sachverständigen ist ausführlich, nachvollziehbar, und nach dem Eindruck der Kammer persönlich und offen. Die Darstellung der inneren Gefühlswelt spricht für die Wiedergabe tatsächlich Erlebtens bzw. Empfundenens. Ursache und Dynamik des Tötungsgeschehens werden im Ansatz erklärlich aus der von dem Angeklagten durch die Konfrontation mit seinen eigenen Unzulänglichkeiten in Bezug auf Mädchen empfundenen Wut, die zu einer verbalen und auch tätlichen Auseinandersetzung führte. Die Wiedergabe scheinbar unwesentlicher Details wie z.B., dass der Angeklagte den ... ... nicht ins Gesicht habe treffen wollen, spricht ebenso für die Wiedergabe tatsächlichen Erlebens und damit die Glaubhaftigkeit seiner Aussage wie das Eingestehen von Erinnerungslücken, bspw. wenn der Angeklagte gegenüber dem Sachverständigen angibt, keine genaue Erinnerung daran zu haben, ob er zuerst das Messer und dann die Stange abgelegt habe oder andersrum.
77Die Kammer verkennt nicht, dass sich erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Angeklagten und der Glaubhaftigkeit seiner Angaben daraus ergeben können, dass er seine Einlassung seit Tatbegehung mehrfach gewechselt hat. Zu nennen ist insoweit 1. die Darstellung in der Zeugenvernehmung, 2. die Darstellung in der Beschuldigtenvernehmung und 3. die Darstellung zur Zeit der Hauptverhandlung. Auch verkennt die Kammer nicht, dass auch der letzten Einlassung des Angeklagten anlässlich der Hauptverhandlung nicht in vollem Umfang gefolgt werden kann, da die Darstellung zur zeitlichen Abfolge von Schlägen und Messerstichen mit den aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse getroffenen Feststellungen des Sachverständigen Dr. ... nicht in Einklang gebracht werden kann (siehe dazu unten).
78Die Einlassung des Angeklagten zur verbalen und körperlichen Auseinandersetzung wird jedoch gestützt durch die folgenden objektiven Feststellungen:
79Zunächst ist es bereits nach der allgemeinen Lebenserfahrung naheliegend, dass der Tötung ein eskalierender Streit vorausging. Waren der Angeklagte und ... ... beste Freunde und gab es bis zum Abend des Tattags nach der glaubhaften Aussage der Zeugen ... keine Missstimmung zwischen ihnen, so ist das Tötungsgeschehen ohne Annahme einer der Tat unmittelbar vorausgehenden Auseinandersetzung nicht im Ansatz nachvollziehbar.
80Vor allem aber sprechen für einen Streit wie auch eine tätliche Auseinandersetzung die Feststellungen der Kammer zu der durch einen Faustschlag des Angeklagten herbeigeführten Verletzung des ... ... unterhalb der Lippe. Die Kammer stützt ihre Feststellungen insoweit auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. .... Dieser hat im Rahmen der Obduktion bei ... ... eine frische Verletzung unterhalb der Unterlippe, nämlich eine schmalstreifige Hautunterblutung unterhalb der Unterlippe rechts mit korrespondierender schmalstreifiger Schleimhautunterblutung im unteren Mundvorhof rechts festgestellt. Ein Foto der Verletzung wurde in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist eine solche Verletzung typischerweise Folge einer stumpfen Gewaltanwendung durch einen Faustschlag. Eine Herbeiführung der Verletzung mit der Metallstange sei dagegen aufgrund der Form der Verletzung ausgeschlossen. Zwar seien theoretisch auch andere Entstehungsgründe für die Verletzung denkbar, etwa eine Sturzverletzung bei Nachvornefallen, ein Stoß im Zeitpunkt des Aufpralls auf den Boden bspw. durch einen dort liegenden Stein oder ein Anprall gegen das Scheunentor, diese Alternativen seien aus seiner Sicht jedoch sehr unwahrscheinlich. Vielmehr sei die Verletzung am ehesten und sehr wahrscheinlich auf einen Faustschlag zurückzuführen. Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, dass es sich bei der Verletzung im Lippenbereich um eine „frische“ Verletzung handele, die dem äußeren Anschein nach nicht älter als 1-2 Tage sein könne. Die Kammer folgt auch insoweit den schlüssigen auch für einen Laien gut nachvollziehbar begründeten Feststellungen des Sachverständigen.
81Legt man die Ausführungen des Sachverständigen zugrunde, so ist es am wahrscheinlichsten und kann damit jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass die bei ... ... festgestellte Verletzung unterhalb der Lippe auf einen Faustschlag zurückzuführen ist. Die vom Sachverständigen als unwahrscheinlich dargestellten Alternativszenarios können nicht festgestellt werden. So ergeben sich weder aus den Feststellungen des Sachverständigen Dr. ..., noch aus der Aussage des Zeugen KOK ..., der den Tatort aufgenommen hat, sowie der Auffindesituation der Leiche, die von dem Zeugen PK ... dargestellt wurde und zu der in der Hauptverhandlung Fotos in Augenschein genommen wurden, irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass ... ... zunächst nach vorne oder gegen das Scheunentor gefallen ist oder, dass sich unterhalb des Kopfes der Leiche ein Stein befunden hätte. Die Zeugen ... und ...... haben beide glaubhaft ausgesagt, dass ... ... bevor er am Tattag mit dem Angeklagten weggefahren ist, keine Verletzung im Lippenbereich hatte. Wenn man dies zugrundelegt, dann ist aber davon auszugehen, dass der Angeklagte dem ... ... die Verletzung durch einen Faustschlag im Zuge der den Schlägen mit der Metallstange vorangegangenen Auseinandersetzung beigebracht hat. Denn irgendwelche Anhaltspunkte, dass ein Dritter den ... ... verletzt hat oder dass der Angeklagte den ... ... zu einem anderen Zeitpunkt geschlagen hat, bestehen nicht. Dies stützt aber die Einlassung des Angeklagten, dass es vor der Ausführung mit der Metallstange zu einer tätlichen Auseinandersetzung im Sinne eines Gerangels zwischen ihm und ... ... gekommen ist.
82Auch, dass es bei dem Streit um Mädchen gegangen sein soll, ist nachvollziehbar und plausibel. Die diesbezügliche Einlassung des Angeklagten wird durch die weitere Beweisaufnahme gestützt. Die Zeugen ..., ... und ...haben insoweit übereinstimmend ausgesagt, dass es ... ... leichter gefallen sei, mit Mädchen Kontakte zu knüpfen und dessen Chancen bei Mädchen besser gewesen seien als die des Angeklagten. Der Angeklagte wird sich auch verletzt gefühlt haben, als er einige Zeit vor dem Tattag erfuhr, dass ... ... die Zeugin ... aufgesucht und mit ihr „geknutscht“ hatte, obwohl der Angeklagte immer noch Interesse an der Zeugin hatte. Hierfür spricht auch, dass die Zeugin ... ausgesagt hat, dass der Angeklagte sehr eifersüchtig reagiert habe, wenn er mitbekommen habe, dass sie Kontakt zu anderen Männern hatte. Die Zeugin ... hat ebenso bekundet, dass der Angeklagte schnell eifersüchtig wurde. Der Zeuge KOK Michael, der den Telefonverkehr des Angeklagten ausgewertet und in der Hauptverhandlung zusammenfassend wiedergegeben hat, hat aus dessen Nachrichten ebenfalls abgeleitet, dass der Angeklagte im Kontaktverhalten gegenüber den Mädchen sehr penetrant wurde und es ihn störte, wenn ... mit Mädchen Kontakt aufnahm, an denen er Interesse hatte. Schließlich ist nicht auszuschließen, dass dem Angeklagten seine Defizite bzgl. Mädchen durch die von den Zeuginnen ...und ... nach deren übereinstimmender Aussage gegründete WhatsApp-Gruppe „Zwei Opfer und das Biest“ in den Tagen vor der Tat und den von der Zeugin ...bestätigten Kontaktabbruch durch Blockierung über WhatsApp am Tag vor der Tat deutlich vor Augen geführt wurden. Es ist auch eine im Ansatz nachvollziehbare Reaktion, dass sich der Angeklagte, dem seine Probleme mit Mädchen zwar innerlich bewusst waren, der hiermit aber angesichts seines - nach den Aussagen der Zeugen aus seinem Umfeld - verschlossenen Charakters nicht offen umging, stark gekränkt gefühlt hat und wütend wurde, als sein bester Freund ... ... diesen „wunden“ Punkt aussprach.
83Dazu, ob es der Angeklagte ... ... neidete, dass dieser von seinen Eltern aus mit zwei Höfen und Land besser gestellt war und in der Lage war, landwirtschaftliche Projekte finanziell zu verwirklichen, und hierin eine Ursache für den Konflikt und ein Tötungsmotiv lagen, können keine sicheren Feststellungen getroffen werden. Dies ist zwar vorstellbar; die diesbezügliche Überzeugung insbesondere der Zeugen ... und ...... wie auch weiterer Zeugen beruht indes letztlich auf Vermutungen, die nicht durch Beweise gestützt werden, und kann dem Urteil so nicht zugrunde gelegt werden.
84Dass der Angeklagte in seiner ersten Vernehmung gegenüber den Zeugen ... und ... nichts von einer vorangegangenen verbalen und auch tätlichen Auseinandersetzung gesagt hat, spricht nicht gegen die Glaubhaftigkeit der diesbezüglichen späteren Einlassung des Angeklagten. Der Angeklagte hatte gegenüber den Zeugen die Situation so dargestellt, als sei der erste Schlag ein Versehen gewesen. Diese Darstellung, von der er später im Rahmen der Hauptverhandlung abgerückt ist, ist als nicht glaubhafte Schutzbehauptung zu werten. Allerdings passt es zur Darstellung eines Versehensgeschehens nicht, eine vorangegangene verbale oder gar tätliche Auseinandersetzung zu schildern. Vielmehr hätte dies auch aus laienhafter Sicht von vornherein dazu führen müssen, dass man dem Angeklagten seine Einlassung nicht glaubt. Denn es wäre für die Polizeibeamten unmittelbar deutlich geworden, dass der Angeklagte ein Motiv hatte, bereits den ersten Schlag mit der Metallstange mit Tötungsvorsatz zu führen. Wollte er seine Version des Versehensgeschehens glaubhaft darstellen, dann musste er die Darstellung zum Streit und zur körperlichen Auseinandersetzung weglassen.
85Die Einlassung des Angeklagten ist den Feststellungen auch insoweit zugrundezulegen als dieser angibt, ... ... beim Ausholen mit der Stange gegenüber gestanden zu haben. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass der Angeklagte den ... ..., wie er dies zunächst in seiner Beschuldigtenvernehmung angegeben hat, von hinten mit der Stange geschlagen hat. Der Sachverständige Dr. ... hat hierzu ausgeführt, dass nicht festgestellt werden kann, aus welcher Richtung die Schläge kamen. Die Ausführung sämtlicher Schläge sei aus allen Richtungen möglich. Die Schlagrichtung könne auch unter Berücksichtigung der Art der Verletzungen und der Größenverhältnisse des ... ... und des Angeklagten in Bezug auf keinen der Schläge eingrenzt werden. Auch, dass es nicht zu Abwehrverletzungen bei dem ... ... gekommen ist, müsse nicht für eine Schlagausführung von hinten sprechen, sondern könne zwanglos damit erklärt werden, dass der ... ... sich dem Schlag, wie in der Einlassung des Angeklagten angegeben, durch Wegdrehen und Weglaufen entziehen wollte. Wenn dies zuträfe, wären Abwehrverletzungen nicht zu erwarten. Die Kammer folgt auch insoweit den plausiblen auch für einen Laien gut nachvollziehbar begründeten Feststellungen des Sachverständigen.
86Auch, dass ... ... ausweislich der glaubhaften Aussage des Zeugen ... bei der polizeilichen Tatortaufnahme unmittelbar vor dem Scheunentor, leicht seitlich nach links versetzt vor einem kleinen Loch in diesem lag, sich sein Klappmesser unter ihm befand, und seine Brille zwischen seinem Oberkörper und dem Scheunentor lag, steht der Einlassung des Angeklagten nicht entgegen. Denn auch nach seiner Darstellung fand die Auseinandersetzung in unmittelbarer räumlicher Nähe zu der Scheune statt.
87Nicht gefolgt werden kann der Einlassung des Angeklagten lediglich insoweit als dieser sich abweichend zu den getroffenen Feststellungen dahingehend eingelassen hat, der Halsschnitt sei im unmittelbaren Anschluss an den letzten Schlag mit der Metallstange geführt worden und er sei erst danach zu McDonalds gefahren. Diese Einlassung des Angeklagten ist nicht glaubhaft. Denn sie kann nicht mit den objektiven Feststellungen des sachverständigen Rechtsmediziners Dr. ... in Einklang gebracht werden. Dieser hat ausgeführt, dass er bei dem getöteten ... ... dezente aber eindeutige und typisch ausgebildete Vermehrungen von neutrophilen Granulozyten im Bereich der Einblutungen der drei nachgewiesenen Rissquetschwunden am Kopf vorgefunden habe. Granulozyten seien eine Subpopulation von weißen Blutkörperchen. Bestehe, wie beim getöteten ... ..., am Rand von Wunden eine gruppenförmige Ansammlung von Granulozyten, werde ein aktives Einwandern in diese Lokalisation belegt. Dabei gehe er mit der allgemeinen Auffassung in der Rechtsmedizin davon aus, dass eine solche gruppenförmige Ansammlung neutrophiler Granulozyten im Bereich von Wunden, wie er sie vorgefunden habe, erst ca. 20 Minuten nach der Einblutung auftrete. Insofern belege der Befund bei ... ..., dass dieser den letzten Schlag mit der Metallstange bis zum endgültigen Herzkreislaufstillstand nach dem Halsschnitt überlebt habe. Wenn es auch Äußerungen gebe, wonach zwischen der Einblutung und dem Auftreten neutrophiler Granulozyten unter Umständen ein Zeitintervall von lediglich 5 Minuten möglich sei, komme ihm ein solches Zeitintervall in dem konkreten Fall sehr unwahrscheinlich vor, da die Befunde bei ... ... ein sehr einheitliches Bild ergäben und sich die Ansammlungen der neutrophilen Granulozyten gerade an den typischen Stellen befunden hätten, was für ein Zeitintervall von jedenfalls 20 Minuten zwischen Einblutung und der endenden Vitalität spreche.
88Die Kammer folgt auch insoweit den Ausführungen des Sachverständigen Dr. .... Mit den sachverständigen Schilderungen ist aber die Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, er habe den Halsschnitt kurzzeitig nach den Schlägen mit der Eisenstange ausgeführt, nicht in Einklang zu bringen. Darüber hinaus sprechen auch die Verwendung zweier Tatwerkzeuge sowie der unterschiedliche und voneinander entfernte Ort des Verstecks der beiden Tatwerkzeuge gegen die vorstehende Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung. Die Kammer hält die Einlassung des Angeklagten insoweit für eine Schutzbehauptung, die aufgestellt wurde, um, unter Berücksichtigung der Anklageschrift, zu einem einaktigen Geschehen zu gelangen und hierdurch eine Verteidigungslinie gegen den angeklagten Mord in Verdeckungsabsicht aufzubauen.
89In ihren Feststellungen folgt die Kammer insoweit stattdessen der Einlassung des Angeklagten in seiner Beschuldigtenvernehmung gegenüber den Zeugen ... und .... Die im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung vom Angeklagten insoweit abgegebene Schilderung zum Tathergang ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. Es bestand bei der Beschuldigtenvernehmung kein Anlass, wahrheitswidrig vorzugeben, dass der Halsschnitt erst nach der erneuten Fahrt des Angeklagten zu McDonalds erfolgte. Die spätere Durchführung des Halsschnitts ist in Einklang zu bringen mit den Ergebnissen des Sachverständigen ... (s.o.). Ergänzend spricht für das Zutreffen dieser Angaben, dass der Angeklagte zwei verschiedene Tatwerkzeuge, die Metallstange und das Messer, verwendet hat und, dass diese Tatwerkzeuge an zwei verschiedenen, nach der Aussage des Zeugen ... mehrere Kilometer voneinander entfernt liegenden Stellen versteckt wurden.
90Soweit die Kammer ihren Feststellungen die Aussagen der Zeugen KHK ... und KHK ... zugrunde gelegt hat, sind diese Beweise verwertbar. Über die allgemeine Belehrungen des Angeklagten über seine Rechte als Beschuldigter hinaus bedurfte es hier keiner sogenannten qualifizierten Belehrung des Angeklagten dahin, dass seine zuvor als Zeuge gemachten Angaben nicht bzw. möglicherweise nicht verwertbar seien. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass schon nicht erkennbar ist, dass sich vor der Unterbrechung der Zeugenvernehmung um 05:05 Uhr für die Vernehmungsbeamten, die Zeugen ... und ..., nach pflichtgemäßer Beurteilung bereits ergab, dass der Angeklagte ernstlich als Täter oder Beteiligter der untersuchten Straftat in Betracht kam bzw. das bereits ein so starker Tatverdacht gegen den Angeklagten bestand, dass die Grenzen des den Vernehmungsbeamten eingeräumten Beurteilungsspielraums mit seiner weiteren Vernehmung als Zeuge willkürlich überschritten erschienen. Zur Dauer der Zeugenvernehmung haben die Zeugen ... und ... übereinstimmend ausgesagt, dass mit dem Angeklagten bei der Zeugenvernehmung kein flüssiges Gespräch zustande gekommen sei, dass der Angeklagte wortkarg, zurückhaltend und emotionslos geantwortet habe. Darüber hinaus haben die Zeugen ... und ... übereinstimmend ausgesagt, dass sich im weiteren Verlauf der Zeugenvernehmung erst nach den Spurensicherungsmaßnahmen ein Verdacht gegen den Angeklagten verdichtet habe, als auch Informationen von dem Rechtsmediziner Dr. ... und aus dem Internet dazu eingeholt worden seien, wie lange ein Halsschnitt der bei ... ... festgestellten Art, überlebt werden könne. Aufgrund dieser Information seien sie davon ausgegangen, dass die Halsverletzung von ... ... nur für wenige Momente überlebt worden sein konnte. Dies habe nicht zu den Angaben des Angeklagten gepasst, er habe ... ... mit einem Halsschnitt noch lebend aufgefunden und es sei ihm keine weitere Person vor Ort aufgefallen. Daraufhin habe man die Zeugenvernehmung abgebrochen, sich kurz beraten und dann nach der Beschuldigtenbelehrung mit der Beschuldigtenvernehmung des Angeklagten begonnen. Dass die Zeugen ... und ... den Angeklagten zu spät als Beschuldigten belehrt haben, ergibt sich auch nicht daraus, dass Herr ..., der als Regierungsbeschäftigter die Spurensicherungsmaßnahmen an dem Angeklagten in der Zeit zwischen 03:19 Uhr und 04:35 Uhr vorgenommen hat, auch Maßnahmen nach §§ 81 b Alt. 1, 81 e, 81 g StPO vorgenommen hat, die nur gegen einen Beschuldigten zulässig sind. Die Vernehmungsbeamte ... und ... haben jeweils bekundet, sie seien davon ausgegangen, dass der Angeklagte als Zeuge, der sich am Tatort aufgehalten habe, als Spurenträger in Betracht komme. Sie hätten nicht gewusst, welche Maßnahmen genau bei dem Angeklagten durchgeführt worden seien. Der Zeuge KHK ... hat schließlich ausgesagt, er habe nach Beendigung der Spurensicherungsmaßnahme durch den Zeugen ... auf dessen Wunsch um 04:38 Uhr das Formular zur Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung geöffnet und dabei als Rechtsgrundlage § 81 b Alt. 1 StPO angeklickt, da in dem Formular eine Auswahl von 81 c StPO nicht möglich gewesen sei. Nähere Gedanken hätte er sich hierzu nicht gemacht. Bedenken gegen die Richtigkeit der Angaben der Zeugen ... und ... ergeben sich nicht. Aber selbst wenn die Zeugen ... und ... den Angeklagten nach den dargelegten Grundsätzen qualifiziert hätten belehren müssen, führt die Tatsache, dass die qualifizierte Belehrung nicht erfolgt ist, nicht zu einer Unverwertbarkeit der Aussagen der Zeugen ... und ... und nachfolgend zu einer Unverwertbarkeit der vom Angeklagten ihnen gegenüber gemachten Angaben, da die sodann vorzunehmende Abwägung im Einzelfall zu dem Ergebnis führt, dass der Verfahrensverstoß nicht so erheblich ist, als dass das Interesse an der Sachaufklärung durch die Verwertung der Zeugenaussagen dahinter zurückstehen müsste. Dabei ist zunächst wiederum darauf hinzuweisen, dass für die Kammer keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass der Angeklagte bis 06:15 Uhr bewusst nicht als Beschuldigter belehrt worden ist. Maßgeblich ist dabei aber insbesondere, dass sich aus den dem Angeklagten ersichtlichen Umständen für ihn nicht ergeben konnte, dass er von seinen vor der Beschuldigtenbelehrung gemachten Angaben als Zeuge hätte nicht mehr abrücken können. Wie dargestellt hat sich der Angeklagte bei dem Notruf spontan als Auffinder des mit einem Halsschnitt verletzten ... ... gemeldet. Im Rahmen der Zeugenaussage hat er diese Version ausgemalt, ohne dass seine insoweit gemachten Angaben für die späteren Angaben als Beschuldigter von Belang waren. Erst im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung hat der Angeklagte sich mit der Angabe der Tathandlung zum Nachteil von ... ... belastet. Klarzustellen bleibt, dass der Angeklagte nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen KHK ... und KHK ... bei den Vernehmungen keine Ermüdungserscheinungen gezeigt hat. Diese sind vom Angeklagten auch nicht geschildert worden.
91Im Übrigen kann der Widerspruch gegen die angebliche Verletzung der §§ 136, 163 a StPO aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens nach Zurückverweisung der Sache durch das Revisionsgericht in der neuen Hauptverhandlung aus Rechtsgründen nicht mehr geltend gemacht werden. Vielmehr ist insoweit nach der Rechtsprechung des BGH ein endgültiger Rechtsverlust eingetreten, da der Angeklagte sein Widerspruchsrecht im ersten Rechtszug nicht innerhalb der insoweit maßgeblichen Frist ausgeübt hat (vgl. BGH vom 09.11.2005, 1 StR 447/05, zitiert nach Juris), was sich aus den diesbezüglichen Ausführungen des BGH im Urteil vom 03.12.2015, 4 StR 223/15, S. 11 f. ergibt.
92Dass der Angeklagte in seiner Einlassung in der Hauptverhandlung in Bezug auf das Tatgeschehen nach den Schlägen mit der Metallstange die Unwahrheit gesagt hat, rechtfertigt insbesondere unter Berücksichtigung der die Einlassung des Angeklagten stützenden objektiven Befunde, keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Angaben im Übrigen. Jedenfalls aber kann man hieraus nicht zu Lasten des Angeklagten den Schluss ziehen, dass auch das übrige Tatgeschehen ganz oder in Teilen so war, wie es der Angeklagte in seiner Beschuldigtenvernehmung gegenüber den Zeugen ... und ... dargestellt hat. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung dessen, dass feststeht, dass der Angeklagte auch im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung gelogen hat, jedenfalls insoweit als er angegeben hat, dass die ganze Tat letztlich ein Versehen gewesen wäre. Von dieser auch aus Sicht der Kammer nicht glaubhaften Einlassung ist er in der Hauptverhandlung abgerückt und hat insoweit auch klargestellt, dass er gelogen hat. Ein solches Verhalten wäre jedoch nicht nahe gelegen, wenn die Version zutreffend gewesen wäre.
93In Bezug auf die Feststellungen zum weiteren Nachtatverhalten wurde der von dem Angeklagten abgesetzte Notruf in der Hauptverhandlung vorgespielt. Die von dem Angeklagten nach der Tat an ... ... versandten Nachrichten wurden in der Hauptverhandlung verlesen. Die Zeugen PK ... und PHK‘in ... haben in der Hauptverhandlung bekundet wie sie vom Angeklagten zum Tatort gebracht wurden und wie sie den Tatort aufgefunden haben. Der Ablauf der Zeugen- und Beschuldigtenvernehmung des Angeklagten wurde von den Zeugen ... und ..., die die Vernehmungen durchgeführt haben, dargestellt.
94In subjektiver Hinsicht geht die Kammer zu Gunsten des Angeklagten davon aus, dass es aufgrund eines spontanen Entschlusses, den der Angeklagte in Eskalation der verbalen und tätlichen Auseinandersetzung aus Wut fasste ohne vorherige Planung zu der Tathandlung gekommen ist. Dass der Angeklagte länger geplant hatte, ... ... zu töten, lässt sich nicht feststellen. Dabei hat die Kammer bedacht, dass der Angeklagte ... ... möglicherweise neidete, dass dieser von seinen Eltern aus mit zwei Höfen und Land besser gestellt war und in der Lage war, landwirtschaftliche Projekte finanziell zu verwirklichen – auch wenn hierzu sichere Feststellungen nicht getroffen werden können (siehe oben). Ebenso hat die Kammer bedacht, dass der Angeklagte es ... ... möglicherweise schon länger geneidet haben mag, dass dieser erfolgreicher bei Mädchen war (siehe dazu oben). Eine möglicherweise von Neid geprägte Gefühlslage des Angeklagten rechtfertigt aber noch nicht den Schluss darauf, dass er die Tötung des ... ... schon bei der Anfahrt zum späteren Tatort geplant hatte oder plante. Der Schluss auf eine länger geplante Tötung des Angeklagten lässt sich auch nicht aus den weiteren Umstände ziehen, dass der Angeklagte mit ... ... überhaupt zu einer Scheune in der Feldflur gefahren ist und das man von einer ersten Scheune weiter zu einer zweiten Scheune, abgelegenen Scheune gefahren ist. Ebenso wenig reicht aus, dass der Angeklagte die Metallstange und das Messer in seinem Pkw hatte. Schließlich spricht hierfür auch nicht hinreichend sicher, dass der Angeklagte sich, nachdem er mit der Metallstange auf ... ... eingeschlagen hatte, überlegt darum bemüht hat, von seiner Täterschaft abzulenken. Im Ergebnis ist nicht auszuschließen, dass es vor der Scheune zu der von dem Angeklagten beschriebenen verbalen und auch körperlichen Auseinandersetzung gekommen ist und dass diese bei dem Angeklagten den Tatentschluss ausgelöst hat. Das Geschehen ist so am ehesten nachvollziehbar, da der Angeklagte und ... ... – wie alle hierzu vernommenen Zeugen übereinstimmend ausgesagt haben – als beste Freunde erschienen und im weiteren Vorfeld der Tat niemanden Streitigkeiten oder Anfeindungen aufgefallen sind.
95Der Angeklagte handelte bereits bei den Schlägen mit der Eisenstange jedenfalls mit bedingtem Vorsatz ... ... zu töten. Bei der Ausführung der nachfolgenden Messerstiche handelte er mit Tötungsabsicht. Der Angeklagte hat in seiner Einlassung in der Hauptverhandlung und gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. ... sowie auch gegenüber den Zeugen ... und ..., wie diese bekundet haben, jeweils ausgeführt, dass der erste Schlag mit voller Wucht ausgeführt wurde. Schon diese geschilderte Heftigkeit des Schlags mit einer Metallstange auf den Kopf eines Menschen, der dazu geeignet ist, die festgestellten Verletzungen herbeizuführen, lässt im Gesamtbild keinen anderen Schluss als einen Tötungsvorsatz zu. Gleiches gilt für die weiteren Schläge auf den Kopf des am Boden liegenden ... ..., die nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. ... alle für sich jeweils geeignet waren zum Tod zu führen.
96Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten beruhen auf dem in der Hauptverhandlung erstatteten mündlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. .... Dieser hat den Angeklagten am 23.06.2016 exploriert. Zudem lagen dem Gutachten die Kenntnis vom Inhalt der Strafakte, die Angaben des Angeklagten im Verlauf der Hauptverhandlung sowie die Beobachtungen des Verhaltens des Angeklagten in der Hauptverhandlung und die durch die Beweisaufnahme gewonnenen Erkenntnisse zugrunde. Dabei ist der Sachverständige überzeugend und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass zu dem Tatzeitpunkt bei dem Angeklagten die psychiatrischen Voraussetzungen für die Eingangsmerkmale der §§ 20, 21 StGB nicht vorgelegen haben. Aufgrund des festgestellten Lebenslaufs des Angeklagten könne ein Schwachsinn im Sinne von § 20 StGB bei ihm ausgeschlossen werden. Es sei auch nichts dafür ersichtlich, dass er an einer krankhaften seelischen Störung gelitten habe. Es ergebe sich kein Hinweis darauf, dass bei dem Angeklagten zu irgendeinem Zeitpunkt eine Nerven-, Gemüts- oder Geisteserkrankung vorgelegen habe. Es habe zur Tatzeit bei dem Angeklagten auch keine Intoxikation bestanden. Ebenso wenig seien, wenn man das Tatgeschehen den obigen Feststellungen entsprechend zugrunde lege, Anzeichen für das Vorliegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung erkennbar. Typische Hinweise auf einen höhergradigen Erschöpfungszustand habe der Angeklagte in Bezug auf den Tatzeitraum nicht geschildert, obwohl er nach seinen Angaben in der Nacht vor der Tat nur kurz geschlafen hatte. Es ergäbe sich auch kein Hinweis darauf, dass bei dem Angeklagten zur Tatzeit ein affektiver Ausnahmezustand bestanden habe, der schwerwiegende quantitative oder qualitative Bewusstseinsstörungen mit sich gebracht habe. Dazu hat der Sachverständige darauf hingewiesen, aus dem zweizeitigen Geschehen mit großen Handlungspausen zwischen den Schlägen und dem Halsschnitt sei ersichtlich, dass die mit dem ersten Schlag begonnene intentionale Grundlinie selbst nach dem zweiten Besuch des McDonalds-Restaurants mit dem dann erfolgten Halsschnitt noch beibehalten worden sei. Das Nachtatverhalten des Angeklagten spreche ebenfalls, da sich keinerlei Anhaltspunkte für einen charakteristischen Affektabbau mit einer tiefgreifenden Erschütterung des Persönlichkeitsgefüges zeigten, gegen die Annahme eines sich allein in der Tatsituation entzündeten und dann unmittelbar in einen entsprechendes Verhaltensmuster umgesetzten Affektgeschehens. Faktisch sei für das postdeliktische Geschehen ein nur wenig auffälliges Notfallprotokoll festzuhalten und ein reflektiertes Verhalten, etwa den Rettungswagen an die Tatörtlichkeit zu führen, später dann auch den Einsatzwagen der Polizei entgegen zu kommen. Die Beobachtungen des Zeugen ..., der als Polizeibeamter erstmals einen Einsatz bei einem Tötungsdelikt hatte, seien psychiatrisch vieldeutig. Das kühldistanzierte Verhalten des Angeklagten könne Ausdruck des Bemühens um eine sehr kontrollierte Verhaltensfassade bei einem unterstellten „Schock“ seien oder in Korrespondenz zu einem kalten Affekteindruck stehen. Die Zeugin ... habe offen die Schwierigkeit thematisiert, von der Verhaltensfassade (vor sich hinstarren, leise und schleppend sprechen, Schockstarre) auf die innere Befindlichkeit zu schließen. Schließlich hat der Sachverständige noch ausgeführt, dass bei dem Angeklagten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer anderen schweren seelischen Abartigkeit zu finden seien. Die in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen aus dem sozialen Umfeld des Angeklagten hätten keine durchgehende Strukturstörung der Persönlichkeit des Angeklagten beschrieben, sondern allenfalls eine gewisse Persönlichkeitsakzentuierung mit vorrangig selbstunsicheren, gelegentlich auch impulsiven Zügen. Dazu hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass der Angeklagte sich gelegentlich anfällig für Eifersuchtsreaktionen und bei verspürter Distanzierung durch andere auch für das ostentative Verachten seines Gegenübers gezeigt haben solle, dass bei herabgesetzter Konfliktfähigkeit eine gewisse Verschlossenheit des Angeklagten beschrieben worden sei, die wohl einer begrenzten Verbalisierungsmöglichkeit zuzurechnen sei, und dass etwas Hölzernes und Steifes in seinem Sozialverhalten thematisiert worden sei. Soweit die Zeugen ..., … und ... ausgesagt haben, dass der Angeklagte in der Vergangenheit Küken und bei anderer Gelegenheit Vögel ohne Grund getötet habe, hat der Sachverständige ausgeführt, dass diese gezeigten Verhaltensweisen wohl nur einen sozialen Signalcharakter hätten haben sollen, um von seinen gleichgeschlechtigen Bekannten und Freunden als „cool“, vielleicht auch als heroisch oder maskulin angesehen zu werden. Die geschilderten Situationen seien nicht geeignet, den Angeklagten zu diabolisieren oder eine wie auch immer geartete psychische Monstrosität aufzubauen.
97Die Kammer folgt den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. .... Die Ausführungen des Sachverständigen sind schlüssig und auch für einen Laien gut nachvollziehbar begründet. Der Sachverständige hat die von ihm getroffenen Feststellungen nüchtern, detailreich und widerspruchsfrei geschildert. Umstände, die an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen Zweifel aufkommen lassen könnten, sind nicht ersichtlich.
98V.
99Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte des Totschlags schuldig gemacht, § 212 Abs. 1 StGB.
100Demgegenüber kommt eine Verurteilung wegen Mordes gemäß § 211 StGB nicht in Betracht. Die Erfüllung von Mordmerkmalen kann nicht festgestellt werden. Insbesondere ist eine heimtückische Begehungsweise nicht gegeben.
101Heimtückisch im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Arglos ist, wer sich keines Angriffs seitens des Täters versieht. Wesentlich ist, dass der Mörder sein Opfer, das keinen Angriff erwartet, also arglos ist, in einer in Folge der Arglosigkeit hilflosen Lage überrascht und dadurch daran hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren (vgl. z.B. BGH, Urt. V. 25.11.2015, 1 StR 349/15, zitiert nach juris m.w.N.). Die Überraschung des Opfers entfällt, wenn es einen schweren Angriff des Täters auf seinen Körper für möglich hält. Seine Arglosigkeit kann insbesondere dann beseitigt sein, wenn der Tat eine offene Auseinandersetzung mit von vornherein feindseligem Verhalten des Täters vorangegangen ist. Allerdings schließt ein bloßer der Tat vorausgehender Wortwechsel oder eine nur feindselige Atmosphäre Heimtücke nicht aus, wenn das Opfer hieraus noch nicht die Gefahr einer Tätlichkeit entnommen hat. Erforderlich für die Beseitigung der Arglosigkeit ist auch bei einem vorhergehenden Streit, dass das Opfer mit einem tätlichen Angriff rechnet (vgl. BGH, Urteil vom 30.05.1996, 4 StR 150/96, zitiert nach Juris m.w.N.).
102Nach diesen Grundsätzen war ... ... zum Zeitpunkt der Ausführung des Schlages mit der Eisenstange nicht arglos. Dies folgt daraus, dass dem Schlag eine offene, nicht nur verbale sondern auch tätliche Auseinandersetzung vorausging, in deren Zuge es zu einem gegenseitigen Schubsen und einem Gerangel kam und der Angeklagte dem ... ... einen Faustschlag in die Lippengegend zugefügt hat. Es ist auf Grundlage dieser Feststellungen davon auszugehen, dass sich ... ... wegen der tätlichen Auseinandersetzung und insbesondere wegen des Faustschlags des Angeklagten der Gefahr eines erheblichen Angriffs auf seine körperliche Unversehrtheit bewusst war. Der Angeklagte hat nach den von der Kammer getroffenen Feststellungen die Eisenstange auch offen gehalten, der Angeklagte und ... ... standen sich bei Ausführung des ersten Schlages gegenüber. ... ... konnte die Stange sehen. Auch dies spricht dafür, dass er sich der Gefahr bewusst war. Befürchtet aber das Opfer wie hier einen Angriff auf seine körperliche Unversehrtheit, so wird das Vorgehen des Täters nicht dadurch heimtückisch, dass dem Opfer die Intensität der Gefahr nicht bewusst wird und es sich nicht gerade eines Angriffs auf sein Leben versieht (vgl. BGH, Urt. v. 30.05.1996, a.a.O. m.w.N.).
103Arg- und Wehrlosigkeit können zwar auch dann gegeben sein, wenn der Täter das Opfer zunächst nur mit Körperverletzungsvorsatz angreift, dann aber unter bewusster Ausnutzung des Überraschungseffekts unmittelbar zur Tötung übergeht und es dem Opfer in Folge des überraschenden Angriffs nicht möglich ist, sich erfolgversprechend zur Wehr zu setzen (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2012, 3 StR 425/11 m.w.N.). Eine solche bewusste Ausnutzung des Überraschungsmoments ist hier aber nicht gegeben, da der Angeklagte dem ... ... offen mit der Eisenstange gegenübergetreten ist.
104Auch andere Mordmerkmale hat der Angeklagte nicht erfüllt. Eine Tötung zur Verdeckung einer anderen Straftat kommt schon deshalb von vornherein nicht in Betracht, da das Tatgeschehen nach den Grundsätzen des Urteils des BGH vom 03.12.2015, 4 StR 223/15, S. 8 ff. als eine einheitliche Tat zu werten ist. Auch konnte nicht festgestellt werden, dass der Angeklagte aus Habgier handelte. Eine grausame Tötung ist ebenfalls ausgeschlossen, da davon auszugehen ist, dass ... ... bereits nach dem ersten Schlag mit der Eisenstange bewusstlos geworden ist und der Angeklagte dem ... ... daher keine Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelischer Art zugefügt hat, die nach Stärke oder Dauer über das für die Tötung erforderliche Maß hinausgehen. Schließlich scheidet auch eine Tötung aus niedrigen Beweggründen aus, da angesichts der der Tötung vorausgehenden Auseinandersetzung und der jedenfalls subjektiv von dem Angeklagten empfundenen Kränkung durch ... ... nicht festgestellt werden kann, dass die Motive für die Tötung nach allgemeiner sittlicher Anschauung verachtenswert sind, auf tiefster Stufe stehen und in deutlich weiter reichendem Maße als bei einem Totschlag verachtenswert erscheinen.
105VI.
106Der Angeklagte war zur Tatzeit 19 Jahre alt und damit Heranwachsender im Sinne des § 1 Abs. 2 JGG.
107Die Kammer hat zur Ahndung seiner Tat Jugendstrafrecht angewendet, da die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Angeklagten bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergeben hat, dass der Angeklagte zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung möglicherweise noch einen Jugendlichen gleichstand. Die Kammer kann in Übereinstimmung mit der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. ... und der Einschätzung der Jugendgerichtshilfe nicht mit der gebotenen Sicherheit ausschließen, dass die Entwicklung des Angeklagten zur Tatzeit noch nicht abgeschlossen war und dass es sich bei dem Angeklagten um einen noch prägbaren Menschen handelt. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass der Angeklagte seine Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen hatte, dass er wirtschaftlich noch nicht verselbstständigt war und noch von seinen Eltern unterstützt wurde, dass er zur Tatzeit noch zu Hause wohnte, dass in seinem Verhalten und Wesen ein schwankendes Selbstkonzept deutlich wird mit beispielsweise auf der einen Seite hochfliegenden Plänen wie dem Aufmachen einer Bullenmast und zum anderen tiefverletzenden Selbstzweifeln und dass er noch keine längere Partnerbeziehung hatte. Auffällig ist auch, dass der Angeklagte mit ... ... keinen gleichaltrigen, sondern einen fast 2 Jahre jüngeren besten Freund hatte.
108Gegen den Angeklagten war gemäß § 17 Abs. 2 JGG wegen der Schwere der Schuld eine Jugendstrafe zu verhängen.
109Nach der Gesamtwürdigung aller Umstände offenbart die Tat des Angeklagten letztlich charakterliche Mängel des Angeklagten, die die Gefahr weiterer Straftaten begründen, der nur durch eine längere Gesamterziehung begegnet werden kann. Hierzu ist die Verhängung einer längeren Jugendstrafe unerlässlich. Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel reichen nicht aus. Die Kammer hat dabei berücksichtigt, dass der Angeklagte keine beachtliche strafrechtliche Vorbelastung aufweist. Es ist auch nicht verkannt worden, dass der Angeklagte das Tatgeschehen weitestgehend geständig eingeräumt hat. Schließlich ist bedacht worden, dass der Angeklagte sich über einen längeren Zeitraum im Verhältnis zu ... ... benachteiligt gesehen haben mag und dass er sich sodann, nachdem er sich im Rahmen einer Auseinandersetzung aus seiner Sicht durch ... ... verletzt gefühlt hat, spontan zu der Tat entschlossen hat. Auf der anderen Seite ist aber auch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte im Tat- und Nachtatgeschehen eine beachtliche Kaltblütigkeit gezeigt hat. Er hat nicht nur zunächst mehrfach wuchtig mit einer Eisenstange auf den Kopf von ... ... eingeschlagen, wobei jeder Schlag für sich genommen tödlich gewesen wäre, sondern erheblich später zusätzlich noch den Hals von ... ... bis in die Wirbelsäule hinunter durchgeschnitten, wobei die Kammer nicht verkennt, das ... ... schon nach dem ersten Schlag auf seinen Kopf bewusstlos war. Nach dem Gesamtbild der Tat kann nach Auffassung der Kammer nicht davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte sich bei der Tathandlung oder im Nachtatverhalten zu irgendeinem Zeitpunkt von Mitleid mit ... ... hat leiten lassen, wie er dies bei seiner Beschuldigtenvernehmung vorgegeben hat.
110Bei der Bemessung der zu verhängenden Jugendstrafe ist die Kammer von dem Strafrahmen des § 105 Abs. 3 S. 1 JGG mit einem Höchstmaß von 10 Jahren Jugendstrafe ausgegangen.
111Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten lassen:
112Zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer auch insoweit berücksichtigt, dass er keine zu beachtende strafrechtliche Vorbelastung aufzuweisen hat und dass er sich geständig eingelassen hat. Schließlich ist wiederum bedacht worden, dass der Angeklagte sich über einen längeren Zeitraum im Verhältnis zu ... ... benachteiligt gesehen haben mag und dass er sich sodann nachdem er im Rahmen einer Auseinandersetzung aus seiner Sicht durch ... ... verletzt worden war, spontan zu der Tat entschlossen hat. Er hat ... ... allerdings bei Zugrundelegung seiner Einlassung zu den Äußerungen, die im Übrigen auch keine schweren Beleidigungen darstellten, und auch zum Führen einer körperlichen Auseinandersetzung provoziert. Darüber hinaus war zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er sich erstmals in Untersuchungshaft befindet und dass ihm wegen der Inhaftierung eine Fortsetzung der begonnenen Ausbildung zum Landwirt nicht möglich ist. Auch war zu seinen Gunsten die Dauer der Untersuchungshaft von mittlerweile mehr als zwei Jahren und die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigten, auch wenn diese nicht durch Nachlässigkeiten des Gerichts herbeigeführt wurden. Andererseits ist nochmals auf die vom Angeklagten bei der Tat und dem Nachtatverhalten gezeigte Kaltblütigkeit hinzuweisen.
113Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte sowie der Persönlichkeit des Angeklagten, von der die Kammer in der Hauptverhandlung einen hinreichenden Eindruck gewinnen konnte, ist eine Jugendstrafe von
1147 Jahren und 9 Monaten
115tat- und schuldangemessen sowie auch unter Berücksichtigung des im Jugendstrafrecht zu beachtenden Erziehungsgedankens zur nachhaltigen Einwirkung auf den Angeklagten erforderlich, um ihm eindringlich vor Augen zu führen, dass er die durch die Rechtsordnung gesetzten Grenzen zu respektieren hat.
116VII.
117In Bezug auf den von den Nebenklägern in der Hauptverhandlung am 22.08.2016 gestellten Adhäsionsantrag bedurfte es keiner Feststellung, dass die von der 5. Strafkammer des Landgerichts Paderborn im Urteil vom 15.01.2015, 5 KLs – 10 Js 152/14 kap – 58/14 tenorierte Adhäsionsentscheidung aufrechterhalten bleibt. Denn die diesbezügliche Entscheidung und die Feststellungen hierzu sind vom BGH mit Urteil vom 03.12.2015, Az.: 4 StR 223/15 aufrechterhalten worden, sodass ein entsprechender Titel besteht und die diesbezügliche Entscheidung nicht Gegenstand des vorliegenden Urteils ist.
118Soweit von den Nebenklägern beantragt worden ist, den Angeklagten zu verurteilen, an die Adhäsionskläger einen Betrag von 2.804,40 Euro nebst 5 % Zinsen seit dem 26.11.2014 zuzüglich der Kosten und Auslagen der Adhäsionskläger zu zahlen, war gem. § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO von einer Entscheidung abzusehen. Denn der Antrag erscheint unbegründet, da die zugrundeliegenden Bewirtungskosten in Höhe von 2.804,40 Euro bereits in dem durch Urteil des Landgerichts Paderborn im Urteil vom 15.01.2015, 5 KLs – 10 Js 152/14 kap – 58/14 tenorierten Anspruch von 13.903,17 Euro enthalten sind, was der vormalige Nebenklägervertreter mit Schriftsatz vom 13.01.2015 klargestellt und den diesbezüglich vormals gestellten Antrag zurückgenommen hatte.
119VIII.
120Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 109 Abs. 2 S. 1, 74 JGG, 472 StPO.
121… … …
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Paderborn Urteil, 22. Aug. 2016 - 01 KLs 3/16
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Angeklagte hat die im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Neben- und Adhäsionskläger zu tragen; im Übrigen wird von der Auferlegung von Kosten und Auslagen abgesehen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen Totschlags zu der einheitlichen Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten , die mit mehreren Verfahrensbeanstandungen und der Sachrüge begründet ist. Die Nebenkläger wenden sich mit ihren auf die Sachbeschwerde gestützten Revisionen gegen die Verurteilung wegen tatmehrheitlich begange- nen Totschlags und erstreben insoweit eine Verurteilung wegen Mordes. Während die Rechtsmittel der Nebenkläger durchdringen, erweist sich die Revision des Angeklagten als unbegründet.
I.
- 2
- Nach den Feststellungen waren der zur Tatzeit 19-jährige Angeklagte und sein langjähriger, zwei Jahre jüngerer Freund, das spätere TatopferL. M. , am Abend des Tattags mit dem Fahrzeug des Angeklagtenunterwegs. Nachdem sie beim Autohof G. etwas gegessen hatten und sodann inder Umgebung herumgefahren waren, bogen sie von der Landstraße in einen Feldweg ab und hielten dort zunächst an einer Scheune an, um nachzusehen, was sich in der Scheune befand. Anschließend setzten sie ihre Fahrt über die Feldwege fort, bis sie an einer weiteren Scheune erneut anhielten. Beide stiegen aus und gingen zu der Längsseite der Scheune, an der sich ein großes, massives und verschlossenes Tor befand. Möglicherweise versuchte der Angeklagte mit einer mitgebrachten Metallstange ein Brett des Scheunentors beiseitezuschieben , während L. M. sich fortwährend mit seinem Mobiltelefon beschäftigte. Möglich ist auch, dass sich zwischen beiden eine kurze verbale Auseinandersetzung entwickelte, in deren Verlauf der Angeklagte seinem Freund vorhielt, dass es keinen Sinn mache, etwas zu schreiben, da die Mäd- chen ihn sowieso nicht wollten und ihn ständig „verarschten“, worauf L. M. entgegnete, dass der Angeklagte derjenige sei, der überhaupt nichts geregelt und für sein Alter „kein Mädchen an den Start bekomme“. Des Weiteren be- zeichnete L. M. den Angeklagten nicht ausschließbar als „armes Würst- chen“, was den Angeklagten verletzte. Zu darüber hinausgehenden Aggressivi- täten oder gar einer körperlichen Auseinandersetzung kam es aber nicht. L. M. nahm daraufhin sein Klappmesser und begann, sich damit im Bereich eines in dem Scheunentor wenige Zentimeter über dem Erdboden vorhandenen Lochs zu schaffen zu machen. Dabei kniete oder hockte er sich hin und drehte dem Angeklagten den Rücken zu.
- 3
- Der Angeklagte entschloss sich spätestens jetzt, L. M. zu töten, wobei ihm bewusst war, dass das Tatopfer in dieser Situation mit keinem Angriff rechnete und einen Angriff von hinten nicht rechtzeitig genug bemerken würde, um sich noch wehren zu können. Der Angeklagte stellte sich hinter L. M. , holte mit der 1,11 m langen und 1.539 g schweren Metallstange aus und schlug dem Opfer in Tötungsabsicht mit voller Wucht von hinten auf den Hinterkopf. Infolge des Schlags kippte L. M. bewusstlos nach links zur Seite, sodass sein Körper mit dem Rücken und sein Kopf mit der rechten Gesichtshälfte auf dem Boden zu liegen kamen, und begann sofort stark im Kopfbereich und aus den Ohren zu bluten. Der Angeklagte schlug mindestens zwei weitere Male mit der Metallstange mit voller Wucht auf den Kopf des auf dem Boden liegenden bewusstlosen L. M. ein, um ihn sicher zu töten. Durch die Schläge auf den Kopf erlitt das Opfer u.a. ein hochgradiges Schädel-Hirn-Trauma mit umfangreichen Schädelbrüchen und Hirnverletzungen, die mit Sicherheit nach einiger Zeit zum Tod des Opfers geführt hätten.
- 4
- In der Annahme, L. M. sei durch die Schläge bereits getötet worden oder werde in kurzer Zeit versterben, begab sich der Angeklagte nach dem letzten Schlag zu seinem Fahrzeug, legte die Metallstange in den Kofferraum und fuhr zur Landstraße zurück. Nachdem er die Metallstange am Rand eines Feldweges in den Straßengraben geworfen hatte, fuhr er wiederum zum Autohof G. , wo er sich kurze Zeit aufhielt. Da der Angeklagte den Verdacht, L. M. erschlagen zu haben, von sich weisen wollte, fasste er spätestens nach dem Verlassen des Autohofs den Entschluss, zurück zur Scheune zu fahren, die Polizei zu informieren und wahrheitswidrig anzugeben, er habe L. M. auf dessen Bitte allein an der Feldscheune absetzen sollen und ihn dann dort tot aufgefunden, als er ihn wieder habe abholen wollen. Als der Angeklagte wieder zu dem unverändert am Boden liegenden Tatopfer kam, stellte er aber fest, dass L. M. wider Erwarten noch nicht verstorben war. Er beschloss nunmehr, ihn endgültig zu töten. Mit einem aus seinem Fahrzeug herbeigeholten Messer mit einer Klingenlänge von 12 cm schnitt er dem rücklings auf dem Boden liegenden Tatopfer, das wegen der durch die Schläge verursachten Schädelverletzungen zu keiner Abwehrreaktion mehr in der Lage war, mit erheblicher Kraftentfaltung den Hals über eine Länge von 11,5 cm bis zur Wirbelsäule durch, wobei er das Messer mindestens zweimal ansetzen musste. L. M. verstarb schließlich infolge der Halsschnitte an einem zentralen Hirnversagen in Kombination mit Verbluten.
- 5
- In rechtlicher Hinsicht hat die Jugendkammer nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, ohne dies näher auszuführen, die Schläge mit der Metallstange als versuchten heimtückischen Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und die den Tod des Opfers unmittelbar herbeiführenden Messerschnitte als tatmehrheitlich begangenen Totschlag gewertet.
II.
- 6
- 1. a) Der Rechtsmittelangriff der Nebenkläger erfasst den gesamten Schuldspruch. Die mit Revisionseinlegung erklärte Beschränkung der Rechtsmittel auf die Verurteilung wegen tatmehrheitlich begangenen Totschlags erweist sich als unwirksam.
- 7
- Zwar kann die Anfechtung eines Urteils nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs innerhalb einer prozessualen Tat im Sinne des § 264 StPO regelmäßig auf einzelne materiell-rechtlich selbständige Straftaten beschränkt werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 318 Rn. 10 mwN). Eine wirksame Teilanfechtung setzt aber nach den allgemein für die Beschränkung von Rechtsmitteln geltenden Grundsätzen im Einzelfall voraus, dass sich die Anfechtung auf einen Beschwerdepunkt bezieht, der nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angegriffenen Teil rechtlich und tatsächlich selbständig beurteilt werden kann, ohne eine Prüfung der Entscheidung im Übrigen erforderlich zu machen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; Beschluss vom 15. Mai 2001 – 4 StR 306/00, BGHSt 47, 32, 35). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, weil die abgeurteilten Angriffshandlungen des Angeklagten mit der Metallstange einerseits und dem Messer andererseits wegen der Mitursächlichkeit beider Handlungsakte für den eingetretenen Todeserfolg materiell-rechtlich nicht gesondert gewürdigt werden können (unten II. 2.).
- 8
- b) Der Revisionsbegründung der Nebenkläger ist trotz verschiedener möglicherweise missverständlicher Ausführungen, die sich mit dem Strafausspruch des angefochtenen Urteils und der Höhe der verhängten Jugendstrafe befassen, noch hinreichend deutlich zu entnehmen, dass die Nebenkläger eine Verurteilung wegen vollendeten Mordes erstreben und damit ein zulässiges Rechtsmittelziel (§ 400 Abs. 1 StPO) verfolgen.
- 9
- 2. Die Revisionen der Nebenkläger sind begründet. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils weist einen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten auf. Denn auf der Grundlage der getroffenen tatsächlichen Feststellungen hat sich der Angeklagte eines vollendeten Heimtückemordes schuldig gemacht, weil er bereits durch die Schläge mit der Metallstange eine Ursache für den später unmittelbar durch die Messerschnitte herbeigeführten Tod des Opfers setzte und dieser Ursachenzusammenhang von seinem ursprünglichen Vorsatz umfasst war.
- 10
- a) Ursächlich für den Eintritt eines tatbestandsmäßigen Erfolgs ist jede Bedingung, die den Erfolg herbeigeführt hat. Dabei ist gleichgültig, ob neben der Tathandlung noch andere Umstände, Ereignisse oder Geschehensabläufe zur Herbeiführung des Erfolgs beigetragen haben (BGH, Urteil vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00, NStZ 2001, 29, 30). Ein Kausalzusammenhang ist nur dann zu verneinen, wenn ein späteres Ereignis die Fortwirkung der ursprünglichen Bedingung beseitigt und seinerseits allein unter Eröffnung einer neuen Ursachenreihe den Erfolg herbeigeführt hat (BGH, Urteil vom 10. Januar 2008 – 3 StR 463/07 Rn. 21). Dagegen schließt es die Ursächlichkeit des Täterhandelns nicht aus, dass ein weiteres Verhalten an der Herbeiführung des Erfolgs mitgewirkt hat. Ob es sich bei dem mitwirkenden Verhalten um ein solches des Opfers oder um deliktisches oder undeliktisches Verhalten eines Dritten (vgl. BGH, Urteile vom 10. Januar 2008 – 3 StR 463/07 aaO; vom 30. August2000 – 2 StR 204/00 aaO; vom 12. September 1984 – 3 StR 245/84, StV 1985, 100; vom 18. Juni 1957 – 5 StR 164/57, BGHSt 10, 291, 293 f.; vom 6. Juli 1956 – 5 StR 434/55, bei Dallinger, MDR 1956, 526) oder des Täters selbst handelt (vgl. BGH, Urteile vom 30. März 1993 – 5 StR 720/92, BGHSt 39, 195, 198; vom 14. März 1989 – 1 StR 25/89, NJW 1989, 2479 f.; vom 26. April 1960 – 5 StR 77/60, BGHSt 14, 193, 194; vom 23. Oktober 1951 – 1 StR 348/51, bei Dallinger, MDR 1952, 16; RGSt 67, 258 f.), ist dabei ohne Bedeutung.
- 11
- Danach waren die mit Tötungsabsicht geführten Schläge mit der Metallstange unbeschadet des Umstands, dass das Tatopfer unmittelbar an den Folgen der späteren Messerschnitte verstarb, für den Tod des Opfers ursächlich. Denn der Einsatz des Messers gegen das bewusstlose, bereits tödlich verletzte Opfer, um es endgültig zu töten, knüpfte an das vorausgegangene Geschehen an und wäre ohne die durch die Schläge mit der Metallstange geschaffene Lage nicht möglich gewesen.
- 12
- b) Der Tod des Opfers als Folge der mit der Metallstange geführten Schläge ist dem Angeklagten auch subjektiv als von dem die Ausführung der Schläge tragenden Vorsatz mitumfasst zuzurechnen. Der Vorsatz des Täters muss sich auf den zum Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs führenden Geschehensablauf erstrecken (vgl. BGH, Urteile vom 9. Oktober 1969 – 2 StR 376/69, BGHSt 23, 133, 135; vom 21. April 1955 – 4 StR 552/54, BGHSt 7, 325, 329). Da dieser indes kaum je in allen Einzelheiten zu erfassen ist, wird der Vorsatz durch unwesentliche Abweichungen des vorgestellten vom tatsächlichen Geschehensablauf nicht in Frage gestellt. Eine Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als unwesentlich anzusehen, wenn sie sich innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren hält und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2011 – 1 StR 676/10, BGHSt 56, 162, 166; Urteil vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00 aaO; Beschluss vom 11. Juli 1991 – 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 34; Vogel in LK-StPO, 12. Aufl., § 16 Rn. 56 ff. mwN). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist in Fällen, in denen bei Angriffen gegen das Leben der Tod des Opfers nicht unmittelbar durch die Angriffshandlung sondern durch vorsätzliches Handeln eines Dritten oder eine nicht mehr vom Tötungsvorsatz getragene Verdeckungshandlung des Täters herbeigeführt wurde, von der Rechtsprechung eine wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf verneint worden (vgl. BGH, Urteile vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00 aaO; vom 26. April 1960 – 5 StR 77/60 aaO; vom 6. Juli 1956 – 5 StR 434/55, aaO).
- 13
- Im vorliegenden Fall ist nach den festgestellten Tatumständen eine lediglich unwesentliche Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf gegeben. Der Umstand, dass der Tod des durch die Schläge mit der Metallstange bereits tödlich verletzten Tatopfers unmittelbar durch die im Zuge der Bemühungen um eine Tatverschleierung mit gleicher Angriffsrichtung gegen das wider Erwarten noch nicht verstorbene Opfer geführten Messerstiche bewirkt wurde, bewegt sich nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit und rechtfertigt keine andere Bewertung der Tat.
- 14
- c) Der Angeklagte hat sich durch die mit der Metallstange geführten Schläge gegen das Tatopfer damit eines vollendeten Mordes in der Tatbestandsalternative der heimtückischen Tötung schuldig gemacht. Der durch die Messerschnitte nach Auffassung des Landgerichts gleichfalls verwirklichte Totschlag nach § 212 Abs. 1 StGB tritt, da die Herbeiführung des Todeserfolgs dem Angeklagten strafrechtlich nur einmal angelastet werden kann, konkurrenzrechtlich hinter den Mord zurück (vgl. Rogall, JZ 1993, 1066, 1068).
- 15
- d) Die Entscheidung des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 12. Juni 2001 – 5 StR 432/00 – (NStZ 2002, 253) steht der hier getroffenen Entscheidung nicht entgegen, weil dem Urteil des 5. Strafsenats nicht zu entnehmen ist, ob die dort vorgenommene rechtliche Würdigung auf einer abweichenden Rechtsansicht oder einer einzelfallbezogenen Bewertung festgestellter Tatumstände beruht.
- 16
- e) Die zu Gunsten des Angeklagten rechtsfehlerhafte rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts führt – mit Ausnahme der Adhäsionsentscheidung (vgl. BGH, Urteile vom 28. November 2007 – 2 StR 477/07, BGHSt 52, 96; vom 8. April 2009 – 5 StR 65/09 Rn. 27) – zur Aufhebung des Urteils. An der vom Generalbundesanwalt beantragten Schuldspruchänderung sieht sich der Senat durch die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO gehindert, da der Angeklagte, dem in der Anklage hinsichtlich der Schläge mit der Metallstange ein versuchter Mord angelastet worden ist, auf die Möglichkeit einer an die Schläge anknüpfenden Verurteilung wegen vollendeten Mordes bislang weder in rechtlicher noch tatsächlicher Hinsicht hingewiesen worden ist.
III.
- 17
- Die Revision des Angeklagten bleibt erfolglos.
- 18
- Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Hinsichtlich der Verfahrensrügen ist ergänzend zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts zu bemerken:
- 19
- Die Verfahrensrüge, mit welcher der Beschwerdeführer ein Verwertungsverbot hinsichtlich der durch Zeugenvernehmung der jeweiligen Vernehmungspersonen in die Hauptverhandlung eingeführten Angaben des Angeklagten gegenüber der Polizei im Ermittlungsverfahren wegen des Unterbleibens einer Beschuldigtenbelehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO sowie des Fehlens einer auf die Unverwertbarkeit früherer Angaben hinweisenden qualifizierten Beschuldigtenbelehrung geltend macht, ist nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Denn dem Vortrag der Re- vision ist nicht zu entnehmen, ob die Widersprüche gegen die Verwertung rechtzeitig spätestens bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt im Anschluss an die Vernehmung der Vernehmungspersonen erfolgt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 1992 – 5 StR 190/91, BGHSt 38, 214, 225 f.; Diemer in KK-StPO, 7. Aufl., § 136 Rn. 28 mwN). Soweit sich die Revision unter dem Gesichtspunkt einer unterbliebenen qualifizierten Beschuldigtenbelehrung gegen die Verwertung der vom Angeklagten nach Belehrung gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO gemachten Angaben wendet, wäre die Rüge aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen auch unbegründet, weil die Jugendkammer aufgrund der gebotenen Abwägung im Einzelfall (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 – 4 StR 170/09, NStZ 2009, 702, 703; Urteil vom 18. Dezember 2008 – 4 StR 455/08, BGHSt 53, 112 Rn. 14 ff.; vom 3. Juli 2007 – 1 StR 3/07, StV 2007, 450, 452) rechtsfehlerfrei ein Verwertungsverbot verneint hat.
- 20
- Die Aufklärungsrüge, mit welcher der Beschwerdeführer das Unterbleiben einer erneuten Befragung des rechtsmedizinischen Sachverständigen Dr. K. beanstandet, erfüllt mangels Vortrags zu dem erwarteten Beweisergebnis (vgl. Meyer-Goßner aaO, § 244 Rn. 81 mwN) nicht die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Schließlich dringen auch die Beweisantragsrügen nicht durch, die sich auf die beantragte Einholung eines weiteren rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens zur Zeitdauer des Auftretens von neutrophilen Granulozyten im Wundbereich beziehen. Denn der Senat kann ausschließen, dass das Urteil auf einer fehlerhaften Ablehnung dieser Beweisanträge beruht. Das Landgericht hat im Rahmen seiner Überzeugungsbildung zum festgestellten Sachverhalt an keiner Stelle auf die für das Auftreten von neutrophilen Granulozyten erforderliche Zeitspanne abgestellt. Dies gilt entgegen dem Vorbringen der Revision auch für die Feststellung einer zeitlichen Zäsur zwischen den Schlägen mit der Metallstange und der Ausführung der Messerschnitte, die das Landgericht auf die Angaben des Angeklagten in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung gestützt hat, welche die Jugendkammer als durch andere Beweisergebnisse bestätigt gesehen und als glaubhaft bewertet hat. Lediglich für die Frage, ob die rechtsmedizinischen Befunde den Angaben des Angeklagten in der Beschuldigtenvernehmung entgegenstehen , hat die Jugendkammer Überlegungen zur erforderlichen Zeitdauer für das Auftreten von neutrophilen Granulozyten angestellt, die aber für die vom Beschwerdeführer unter Beweis gestellte kürzere Zeitspanne erst recht zutreffen. Auch im Übrigen werden die vom Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung gezogenen Schlussfolgerungen durch das in den Beweisanträgen behauptete raschere Auftreten von neutrophilen Granulozyten im Wundbereich nicht in Frage gestellt.
Mutzbauer Bender
(1) Der Staatsanwalt kann ohne Zustimmung des Richters von der Verfolgung absehen, wenn die Voraussetzungen des § 153 der Strafprozeßordnung vorliegen.
(2) Der Staatsanwalt sieht von der Verfolgung ab, wenn eine erzieherische Maßnahme bereits durchgeführt oder eingeleitet ist und er weder eine Beteiligung des Richters nach Absatz 3 noch die Erhebung der Anklage für erforderlich hält. Einer erzieherischen Maßnahme steht das Bemühen des Jugendlichen gleich, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Der Staatsanwalt regt die Erteilung einer Ermahnung, von Weisungen nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, 7 und 9 oder von Auflagen durch den Jugendrichter an, wenn der Beschuldigte geständig ist und der Staatsanwalt die Anordnung einer solchen richterlichen Maßnahme für erforderlich, die Erhebung der Anklage aber nicht für geboten hält. Entspricht der Jugendrichter der Anregung, so sieht der Staatsanwalt von der Verfolgung ab, bei Erteilung von Weisungen oder Auflagen jedoch nur, nachdem der Jugendliche ihnen nachgekommen ist. § 11 Abs. 3 und § 15 Abs. 3 Satz 2 sind nicht anzuwenden. § 47 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.
(1) Der Beschuldigte ist spätestens vor dem Abschluß der Ermittlungen zu vernehmen, es sei denn, daß das Verfahren zur Einstellung führt. In einfachen Sachen genügt es, daß ihm Gelegenheit gegeben wird, sich schriftlich zu äußern.
(2) Beantragt der Beschuldigte zu seiner Entlastung die Aufnahme von Beweisen, so sind sie zu erheben, wenn sie von Bedeutung sind.
(3) Der Beschuldigte ist verpflichtet, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen. Die §§ 133 bis 136a und 168c Abs. 1 und 5 gelten entsprechend. Über die Rechtmäßigkeit der Vorführung entscheidet auf Antrag des Beschuldigten das nach § 162 zuständige Gericht. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar.
(4) Bei der Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte des Polizeidienstes ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird. Im übrigen sind bei der Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte des Polizeidienstes § 136 Absatz 1 Satz 2 bis 6, Absatz 2 bis 5 und § 136a anzuwenden. § 168c Absatz 1 und 5 gilt für den Verteidiger entsprechend.
(5) Die §§ 186 und 187 Absatz 1 bis 3 sowie § 189 Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes gelten entsprechend.
(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.
(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.
(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.
(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn
- 1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder - 2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
(5) § 58b gilt entsprechend.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Zu der Verfahrensrüge, die die Verwertbarkeit der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 16. September 2003 in Abwesenheit des bestellten Verteidigers und ohne Dolmetscher betrifft, bemerkt der Senat: I. Dieser Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Am 15. September 2003 wurde der Angeklagte, italienischer Staatsangehöriger , der mehr als 30 Jahre in Deutschland gelebt hatte, aus spanischer Auslieferungshaft an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert. Zuvor war ihm bereits ein Pflichtverteidiger bestellt worden. Termin zur Verkündung des Haftbefehls wurde bestimmt auf den 16. September 2003, 13.30 Uhr. Die
Staatsanwaltschaft setzte den Verteidiger und die für die Vorführung des Beschuldigten zuständige Kriminalpolizei vom Termin in Kenntnis. Ein Dolmetscher wurde vom Ermittlungsrichter geladen. Vor dem Haftrichtertermin erklärte sich der Angeklagte um 12.55 Uhr gegenüber KHK K. nach ordnungsgemäßer Belehrung zur Aussage ohne Hinzuziehung eines Verteidigers bereit. Dem Vernehmungsbeamten war die Bestellung eines Pflichtverteidigers nicht bekannt. Auch der Beschuldigte wusste davon nichts. Er gab eine geständige Einlassung ab und erklärte, er sei der deutschen Sprache mächtig. Um 13.30 Uhr benachrichtigte der Haftrichter den zuständigen Staatsanwalt , dass die Haftbefehlseröffnung sich verzögere, weil der Beschuldigte vor der Kriminalpolizei ein Geständnis ablege. Der Staatsanwalt unterrichtete den Verteidiger entsprechend. Die polizeiliche Beschuldigtenvernehmung endete um 13.50 Uhr. Beim Haftrichter sagte der Beschuldigte in Anwesenheit des Verteidigers und eines Dolmetschers nicht zur Sache aus. Mit Schriftsatz vom 18. September 2003 beanstandete der damalige Pflichtverteidiger gegenüber der Staatsanwaltschaft die polizeiliche Beschuldigtenvernehmung vom 16. September 2003 wegen der fehlenden Anwesenheit von Verteidiger sowie Dolmetscher , rügte einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens und machte ein Verwertungsverbot geltend. Der Angeklagte ließ in der ersten Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht die Angaben aus der betreffenden Beschuldigtenvernehmung über seinen Verteidiger im Kern bestätigen und als seine Einlassung in Anwesenheit eines Dolmetschers vortragen. Ein Widerspruch gegen die Verwertung der Beschuldigtenvernehmung wurde in der Hauptverhandlung nicht mehr erhoben.
Das Schwurgericht verurteilte den Angeklagten wegen Totschlags. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft, die die Verurteilung wegen Mordes in der Begehungsform der Heimtücke erstrebte, wurde das erstinstanzliche Urteil mit den Feststellungen aufgehoben. In der zweiten Hauptverhandlung hat der Angeklagte sich abweichend von seinen früheren Angaben in zwei unterschiedlichen Versionen eingelassen. Seinen früheren Verteidiger hat er von der Schweigepflicht nicht entbunden. Der Verwertung der Beschuldigtenvernehmung wurde in der zweiten Hauptverhandlung widersprochen. Die Einlassung des Angeklagten aus der ersten Hauptverhandlung wurde durch die Vernehmung des damaligen Vorsitzenden eingeführt. Der Angeklagte wurde wegen eines heimtückisch begangenen Mordes verurteilt. Im neuen erstinstanzlichen Urteil hat sich das Schwurgericht dem Wortlaut nach "ergänzend" auf die Beschuldigtenvernehmung gestützt. II. Die von der Revision auf § 163a Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO gestützte Verfahrensrüge hat keinen Erfolg. 1. Grundsätzlich ist dem Beschuldigten vor seiner polizeilichen Vernehmung mitzuteilen, dass ihm bereits ein Verteidiger bestellt worden ist (BGH NStZ 1997, 502). Ob hier in dem Unterlassen der Mitteilung ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens zu sehen ist, der ein Verwertungsverbot nach sich ziehen könnte, kann der Senat offen lassen. Entgegen der oben zitierten Entscheidung ist dem Beschuldigten die Verteidigerbestellung hier nicht bewusst vorenthalten worden. Der Vernehmungsbeamte hatte keine Kenntnis davon. Der Staatsanwalt erfuhr von der polizeilichen Vernehmung erst, nachdem diese schon fortgeschritten war. Ob zu dem Zeitpunkt für ihn noch Unterrichtungsmöglichkeiten bestanden, ist nicht geklärt.
2. Der Angeklagte kann sich hier auf einen Verstoß gegen Grundsätze des fairen Verfahrens schon deshalb nicht berufen, weil er in der ersten Hauptverhandlung über seinen Instanzverteidiger, der noch im Ermittlungsverfahren Widerspruch erhoben hatte, die Angaben aus der Beschuldigtenvernehmung im Kern bestätigen ließ und das Tatgeschehen erneut in Anwesenheit eines Dolmetschers einräumte (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2003 - 5 StR 475/02). Das Unterlassen des Hinweises im Ermittlungsverfahren ist dadurch jedenfalls geheilt (BGHSt 22, 129; 27, 355, 359). Die Revision trägt zudem sowohl die Bestätigung der Angaben aus der Beschuldigtenvernehmung über den damaligen Verteidiger in der ersten Hauptverhandlung als auch dessen Widerspruch im Ermittlungsverfahren nicht vor. Soweit eine Wiederholung des Widerspruchs in der ersten Hauptverhandlung nicht mehr erfolgte, ist ein Verteidigerverschulden nach einer bestätigenden Einlassung in der Hauptverhandlung nicht ersichtlich. 3. Generell ist der Verwertung einer Aussage, die unter Verstoß gegen die Verfahrensgrundsätze der §§ 136 Abs. 1 Satz 2, 163a Abs. 4 Satz 2 StPO (Schweigerecht sowie Recht zur Verteidigerkonsultation) oder sonstige Belehrungspflichten aus dem Grundsatz des fairen Verfahren nach Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG im Ermittlungsverfahren erlangt worden ist, bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt zu widersprechen (vgl. zur Widerspruchslösung BGHSt 38, 214; 42, 15, 22; BGH NStZ 1997, 502). Die Frage, ob der unterlassene oder verspätete Widerspruch in der ersten Hauptverhandlung nach Zurückverweisung der Sache durch das Revisionsgericht in der neuen Hauptverhandlung nicht mehr geltend gemacht werden kann (so BayObLG NStZ 1997, 99; OLG Celle StV 1997, 68; OLG Oldenburg StV 1996, 416; MeyerGoßner , StPO 48. Aufl. § 136 Rdn. 25; Boujong in KK StPO 5. Aufl. § 136 Rdn. 28; ebenso für das Berufungsverfahren OLG Stuttgart NStZ 1997, 405),
ist, soweit ersichtlich, durch den Bundesgerichtshof noch nicht entschieden. Der Senat teilt die auch vom Generalbundesanwalt vertretene Auffassung, dass in einem solchen Fall die Rüge präkludiert ist. Die Nichtausübung des Widerspruchsrechts innerhalb der Frist führt in den genannten Fällen zum endgültigen Rechtsverlust. Dies ergibt sich daraus, dass es sich um ein prozessuales Gestaltungsrecht handelt, das nicht auf einen bestimmten Verfahrensabschnitt beschränkt ist. Das Ermittlungsverfahren bildet die Grundlage für das gesamte folgende gerichtliche Verfahren, auch nach Aufhebung des ersten Urteils und Zurückverweisung der Sache durch das Revisionsgericht. Der Angeklagte muss sich an einer nicht widersprochenen Einlassung aus dem Ermittlungsverfahren festhalten lassen. Deren Bestand kann nicht seiner Dispositionsfreiheit unterliegen , was schon im Fall einer Teilaufhebung des ersten Urteils deutlich wird. Der Angeklagte hat sich hier in der neuen Hauptverhandlung mit einem neuen Verteidiger einer anderen Verteidigungsstrategie bedient und sich nicht nur abweichend zur früheren Hauptverhandlung, sondern auch in der neuen Hauptverhandlung wechselnd eingelassen. Dies zeigt bereits die Notwendigkeit der Bindungswirkung an eine einmal getroffene Entscheidung bzw. an den eingetretenen Rechtszustand. Der frühere Verteidiger unterliegt der Schweigepflicht. Es entspricht der besonderen Verantwortung eines Verteidigers und seiner Fähigkeit, Mängel beim Zustandekommen einer Einlassung im Ermittlungsverfahren aufzudecken und zu erkennen, ob die Berufung auf ein etwa daraus resultierendes Verwertungsverbot einer sinnvollen Verteidigung dient (vgl. BGHSt 38, 214, 226). Deshalb wird der Angeklagte durch die Bindung an die Verwertbarkeit seiner unwidersprochen eingeführten und berücksichtigten Angaben aus dem Ermittlungsverfahren in seinen Verteidigungsrechten nicht beschränkt.
4. Der Senat kann offen lassen, ob das Urteil auf den Angaben aus der beanstandeten Beschuldigtenvernehmung, die dem Wortlaut nach zwar "ergänzend" herangezogen wurde und "mit den übrigen Erkenntnissen der Beweisaufnahme in Einklang" steht, überhaupt beruht. Nack Wahl Boetticher Schluckebier Elf
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Angeklagte hat die im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Neben- und Adhäsionskläger zu tragen; im Übrigen wird von der Auferlegung von Kosten und Auslagen abgesehen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen Totschlags zu der einheitlichen Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten , die mit mehreren Verfahrensbeanstandungen und der Sachrüge begründet ist. Die Nebenkläger wenden sich mit ihren auf die Sachbeschwerde gestützten Revisionen gegen die Verurteilung wegen tatmehrheitlich begange- nen Totschlags und erstreben insoweit eine Verurteilung wegen Mordes. Während die Rechtsmittel der Nebenkläger durchdringen, erweist sich die Revision des Angeklagten als unbegründet.
I.
- 2
- Nach den Feststellungen waren der zur Tatzeit 19-jährige Angeklagte und sein langjähriger, zwei Jahre jüngerer Freund, das spätere TatopferL. M. , am Abend des Tattags mit dem Fahrzeug des Angeklagtenunterwegs. Nachdem sie beim Autohof G. etwas gegessen hatten und sodann inder Umgebung herumgefahren waren, bogen sie von der Landstraße in einen Feldweg ab und hielten dort zunächst an einer Scheune an, um nachzusehen, was sich in der Scheune befand. Anschließend setzten sie ihre Fahrt über die Feldwege fort, bis sie an einer weiteren Scheune erneut anhielten. Beide stiegen aus und gingen zu der Längsseite der Scheune, an der sich ein großes, massives und verschlossenes Tor befand. Möglicherweise versuchte der Angeklagte mit einer mitgebrachten Metallstange ein Brett des Scheunentors beiseitezuschieben , während L. M. sich fortwährend mit seinem Mobiltelefon beschäftigte. Möglich ist auch, dass sich zwischen beiden eine kurze verbale Auseinandersetzung entwickelte, in deren Verlauf der Angeklagte seinem Freund vorhielt, dass es keinen Sinn mache, etwas zu schreiben, da die Mäd- chen ihn sowieso nicht wollten und ihn ständig „verarschten“, worauf L. M. entgegnete, dass der Angeklagte derjenige sei, der überhaupt nichts geregelt und für sein Alter „kein Mädchen an den Start bekomme“. Des Weiteren be- zeichnete L. M. den Angeklagten nicht ausschließbar als „armes Würst- chen“, was den Angeklagten verletzte. Zu darüber hinausgehenden Aggressivi- täten oder gar einer körperlichen Auseinandersetzung kam es aber nicht. L. M. nahm daraufhin sein Klappmesser und begann, sich damit im Bereich eines in dem Scheunentor wenige Zentimeter über dem Erdboden vorhandenen Lochs zu schaffen zu machen. Dabei kniete oder hockte er sich hin und drehte dem Angeklagten den Rücken zu.
- 3
- Der Angeklagte entschloss sich spätestens jetzt, L. M. zu töten, wobei ihm bewusst war, dass das Tatopfer in dieser Situation mit keinem Angriff rechnete und einen Angriff von hinten nicht rechtzeitig genug bemerken würde, um sich noch wehren zu können. Der Angeklagte stellte sich hinter L. M. , holte mit der 1,11 m langen und 1.539 g schweren Metallstange aus und schlug dem Opfer in Tötungsabsicht mit voller Wucht von hinten auf den Hinterkopf. Infolge des Schlags kippte L. M. bewusstlos nach links zur Seite, sodass sein Körper mit dem Rücken und sein Kopf mit der rechten Gesichtshälfte auf dem Boden zu liegen kamen, und begann sofort stark im Kopfbereich und aus den Ohren zu bluten. Der Angeklagte schlug mindestens zwei weitere Male mit der Metallstange mit voller Wucht auf den Kopf des auf dem Boden liegenden bewusstlosen L. M. ein, um ihn sicher zu töten. Durch die Schläge auf den Kopf erlitt das Opfer u.a. ein hochgradiges Schädel-Hirn-Trauma mit umfangreichen Schädelbrüchen und Hirnverletzungen, die mit Sicherheit nach einiger Zeit zum Tod des Opfers geführt hätten.
- 4
- In der Annahme, L. M. sei durch die Schläge bereits getötet worden oder werde in kurzer Zeit versterben, begab sich der Angeklagte nach dem letzten Schlag zu seinem Fahrzeug, legte die Metallstange in den Kofferraum und fuhr zur Landstraße zurück. Nachdem er die Metallstange am Rand eines Feldweges in den Straßengraben geworfen hatte, fuhr er wiederum zum Autohof G. , wo er sich kurze Zeit aufhielt. Da der Angeklagte den Verdacht, L. M. erschlagen zu haben, von sich weisen wollte, fasste er spätestens nach dem Verlassen des Autohofs den Entschluss, zurück zur Scheune zu fahren, die Polizei zu informieren und wahrheitswidrig anzugeben, er habe L. M. auf dessen Bitte allein an der Feldscheune absetzen sollen und ihn dann dort tot aufgefunden, als er ihn wieder habe abholen wollen. Als der Angeklagte wieder zu dem unverändert am Boden liegenden Tatopfer kam, stellte er aber fest, dass L. M. wider Erwarten noch nicht verstorben war. Er beschloss nunmehr, ihn endgültig zu töten. Mit einem aus seinem Fahrzeug herbeigeholten Messer mit einer Klingenlänge von 12 cm schnitt er dem rücklings auf dem Boden liegenden Tatopfer, das wegen der durch die Schläge verursachten Schädelverletzungen zu keiner Abwehrreaktion mehr in der Lage war, mit erheblicher Kraftentfaltung den Hals über eine Länge von 11,5 cm bis zur Wirbelsäule durch, wobei er das Messer mindestens zweimal ansetzen musste. L. M. verstarb schließlich infolge der Halsschnitte an einem zentralen Hirnversagen in Kombination mit Verbluten.
- 5
- In rechtlicher Hinsicht hat die Jugendkammer nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, ohne dies näher auszuführen, die Schläge mit der Metallstange als versuchten heimtückischen Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und die den Tod des Opfers unmittelbar herbeiführenden Messerschnitte als tatmehrheitlich begangenen Totschlag gewertet.
II.
- 6
- 1. a) Der Rechtsmittelangriff der Nebenkläger erfasst den gesamten Schuldspruch. Die mit Revisionseinlegung erklärte Beschränkung der Rechtsmittel auf die Verurteilung wegen tatmehrheitlich begangenen Totschlags erweist sich als unwirksam.
- 7
- Zwar kann die Anfechtung eines Urteils nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs innerhalb einer prozessualen Tat im Sinne des § 264 StPO regelmäßig auf einzelne materiell-rechtlich selbständige Straftaten beschränkt werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 318 Rn. 10 mwN). Eine wirksame Teilanfechtung setzt aber nach den allgemein für die Beschränkung von Rechtsmitteln geltenden Grundsätzen im Einzelfall voraus, dass sich die Anfechtung auf einen Beschwerdepunkt bezieht, der nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angegriffenen Teil rechtlich und tatsächlich selbständig beurteilt werden kann, ohne eine Prüfung der Entscheidung im Übrigen erforderlich zu machen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; Beschluss vom 15. Mai 2001 – 4 StR 306/00, BGHSt 47, 32, 35). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, weil die abgeurteilten Angriffshandlungen des Angeklagten mit der Metallstange einerseits und dem Messer andererseits wegen der Mitursächlichkeit beider Handlungsakte für den eingetretenen Todeserfolg materiell-rechtlich nicht gesondert gewürdigt werden können (unten II. 2.).
- 8
- b) Der Revisionsbegründung der Nebenkläger ist trotz verschiedener möglicherweise missverständlicher Ausführungen, die sich mit dem Strafausspruch des angefochtenen Urteils und der Höhe der verhängten Jugendstrafe befassen, noch hinreichend deutlich zu entnehmen, dass die Nebenkläger eine Verurteilung wegen vollendeten Mordes erstreben und damit ein zulässiges Rechtsmittelziel (§ 400 Abs. 1 StPO) verfolgen.
- 9
- 2. Die Revisionen der Nebenkläger sind begründet. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils weist einen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten auf. Denn auf der Grundlage der getroffenen tatsächlichen Feststellungen hat sich der Angeklagte eines vollendeten Heimtückemordes schuldig gemacht, weil er bereits durch die Schläge mit der Metallstange eine Ursache für den später unmittelbar durch die Messerschnitte herbeigeführten Tod des Opfers setzte und dieser Ursachenzusammenhang von seinem ursprünglichen Vorsatz umfasst war.
- 10
- a) Ursächlich für den Eintritt eines tatbestandsmäßigen Erfolgs ist jede Bedingung, die den Erfolg herbeigeführt hat. Dabei ist gleichgültig, ob neben der Tathandlung noch andere Umstände, Ereignisse oder Geschehensabläufe zur Herbeiführung des Erfolgs beigetragen haben (BGH, Urteil vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00, NStZ 2001, 29, 30). Ein Kausalzusammenhang ist nur dann zu verneinen, wenn ein späteres Ereignis die Fortwirkung der ursprünglichen Bedingung beseitigt und seinerseits allein unter Eröffnung einer neuen Ursachenreihe den Erfolg herbeigeführt hat (BGH, Urteil vom 10. Januar 2008 – 3 StR 463/07 Rn. 21). Dagegen schließt es die Ursächlichkeit des Täterhandelns nicht aus, dass ein weiteres Verhalten an der Herbeiführung des Erfolgs mitgewirkt hat. Ob es sich bei dem mitwirkenden Verhalten um ein solches des Opfers oder um deliktisches oder undeliktisches Verhalten eines Dritten (vgl. BGH, Urteile vom 10. Januar 2008 – 3 StR 463/07 aaO; vom 30. August2000 – 2 StR 204/00 aaO; vom 12. September 1984 – 3 StR 245/84, StV 1985, 100; vom 18. Juni 1957 – 5 StR 164/57, BGHSt 10, 291, 293 f.; vom 6. Juli 1956 – 5 StR 434/55, bei Dallinger, MDR 1956, 526) oder des Täters selbst handelt (vgl. BGH, Urteile vom 30. März 1993 – 5 StR 720/92, BGHSt 39, 195, 198; vom 14. März 1989 – 1 StR 25/89, NJW 1989, 2479 f.; vom 26. April 1960 – 5 StR 77/60, BGHSt 14, 193, 194; vom 23. Oktober 1951 – 1 StR 348/51, bei Dallinger, MDR 1952, 16; RGSt 67, 258 f.), ist dabei ohne Bedeutung.
- 11
- Danach waren die mit Tötungsabsicht geführten Schläge mit der Metallstange unbeschadet des Umstands, dass das Tatopfer unmittelbar an den Folgen der späteren Messerschnitte verstarb, für den Tod des Opfers ursächlich. Denn der Einsatz des Messers gegen das bewusstlose, bereits tödlich verletzte Opfer, um es endgültig zu töten, knüpfte an das vorausgegangene Geschehen an und wäre ohne die durch die Schläge mit der Metallstange geschaffene Lage nicht möglich gewesen.
- 12
- b) Der Tod des Opfers als Folge der mit der Metallstange geführten Schläge ist dem Angeklagten auch subjektiv als von dem die Ausführung der Schläge tragenden Vorsatz mitumfasst zuzurechnen. Der Vorsatz des Täters muss sich auf den zum Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs führenden Geschehensablauf erstrecken (vgl. BGH, Urteile vom 9. Oktober 1969 – 2 StR 376/69, BGHSt 23, 133, 135; vom 21. April 1955 – 4 StR 552/54, BGHSt 7, 325, 329). Da dieser indes kaum je in allen Einzelheiten zu erfassen ist, wird der Vorsatz durch unwesentliche Abweichungen des vorgestellten vom tatsächlichen Geschehensablauf nicht in Frage gestellt. Eine Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als unwesentlich anzusehen, wenn sie sich innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren hält und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2011 – 1 StR 676/10, BGHSt 56, 162, 166; Urteil vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00 aaO; Beschluss vom 11. Juli 1991 – 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 34; Vogel in LK-StPO, 12. Aufl., § 16 Rn. 56 ff. mwN). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist in Fällen, in denen bei Angriffen gegen das Leben der Tod des Opfers nicht unmittelbar durch die Angriffshandlung sondern durch vorsätzliches Handeln eines Dritten oder eine nicht mehr vom Tötungsvorsatz getragene Verdeckungshandlung des Täters herbeigeführt wurde, von der Rechtsprechung eine wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf verneint worden (vgl. BGH, Urteile vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00 aaO; vom 26. April 1960 – 5 StR 77/60 aaO; vom 6. Juli 1956 – 5 StR 434/55, aaO).
- 13
- Im vorliegenden Fall ist nach den festgestellten Tatumständen eine lediglich unwesentliche Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf gegeben. Der Umstand, dass der Tod des durch die Schläge mit der Metallstange bereits tödlich verletzten Tatopfers unmittelbar durch die im Zuge der Bemühungen um eine Tatverschleierung mit gleicher Angriffsrichtung gegen das wider Erwarten noch nicht verstorbene Opfer geführten Messerstiche bewirkt wurde, bewegt sich nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit und rechtfertigt keine andere Bewertung der Tat.
- 14
- c) Der Angeklagte hat sich durch die mit der Metallstange geführten Schläge gegen das Tatopfer damit eines vollendeten Mordes in der Tatbestandsalternative der heimtückischen Tötung schuldig gemacht. Der durch die Messerschnitte nach Auffassung des Landgerichts gleichfalls verwirklichte Totschlag nach § 212 Abs. 1 StGB tritt, da die Herbeiführung des Todeserfolgs dem Angeklagten strafrechtlich nur einmal angelastet werden kann, konkurrenzrechtlich hinter den Mord zurück (vgl. Rogall, JZ 1993, 1066, 1068).
- 15
- d) Die Entscheidung des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 12. Juni 2001 – 5 StR 432/00 – (NStZ 2002, 253) steht der hier getroffenen Entscheidung nicht entgegen, weil dem Urteil des 5. Strafsenats nicht zu entnehmen ist, ob die dort vorgenommene rechtliche Würdigung auf einer abweichenden Rechtsansicht oder einer einzelfallbezogenen Bewertung festgestellter Tatumstände beruht.
- 16
- e) Die zu Gunsten des Angeklagten rechtsfehlerhafte rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts führt – mit Ausnahme der Adhäsionsentscheidung (vgl. BGH, Urteile vom 28. November 2007 – 2 StR 477/07, BGHSt 52, 96; vom 8. April 2009 – 5 StR 65/09 Rn. 27) – zur Aufhebung des Urteils. An der vom Generalbundesanwalt beantragten Schuldspruchänderung sieht sich der Senat durch die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO gehindert, da der Angeklagte, dem in der Anklage hinsichtlich der Schläge mit der Metallstange ein versuchter Mord angelastet worden ist, auf die Möglichkeit einer an die Schläge anknüpfenden Verurteilung wegen vollendeten Mordes bislang weder in rechtlicher noch tatsächlicher Hinsicht hingewiesen worden ist.
III.
- 17
- Die Revision des Angeklagten bleibt erfolglos.
- 18
- Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Hinsichtlich der Verfahrensrügen ist ergänzend zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts zu bemerken:
- 19
- Die Verfahrensrüge, mit welcher der Beschwerdeführer ein Verwertungsverbot hinsichtlich der durch Zeugenvernehmung der jeweiligen Vernehmungspersonen in die Hauptverhandlung eingeführten Angaben des Angeklagten gegenüber der Polizei im Ermittlungsverfahren wegen des Unterbleibens einer Beschuldigtenbelehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO sowie des Fehlens einer auf die Unverwertbarkeit früherer Angaben hinweisenden qualifizierten Beschuldigtenbelehrung geltend macht, ist nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Denn dem Vortrag der Re- vision ist nicht zu entnehmen, ob die Widersprüche gegen die Verwertung rechtzeitig spätestens bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt im Anschluss an die Vernehmung der Vernehmungspersonen erfolgt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 1992 – 5 StR 190/91, BGHSt 38, 214, 225 f.; Diemer in KK-StPO, 7. Aufl., § 136 Rn. 28 mwN). Soweit sich die Revision unter dem Gesichtspunkt einer unterbliebenen qualifizierten Beschuldigtenbelehrung gegen die Verwertung der vom Angeklagten nach Belehrung gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO gemachten Angaben wendet, wäre die Rüge aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen auch unbegründet, weil die Jugendkammer aufgrund der gebotenen Abwägung im Einzelfall (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 – 4 StR 170/09, NStZ 2009, 702, 703; Urteil vom 18. Dezember 2008 – 4 StR 455/08, BGHSt 53, 112 Rn. 14 ff.; vom 3. Juli 2007 – 1 StR 3/07, StV 2007, 450, 452) rechtsfehlerfrei ein Verwertungsverbot verneint hat.
- 20
- Die Aufklärungsrüge, mit welcher der Beschwerdeführer das Unterbleiben einer erneuten Befragung des rechtsmedizinischen Sachverständigen Dr. K. beanstandet, erfüllt mangels Vortrags zu dem erwarteten Beweisergebnis (vgl. Meyer-Goßner aaO, § 244 Rn. 81 mwN) nicht die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Schließlich dringen auch die Beweisantragsrügen nicht durch, die sich auf die beantragte Einholung eines weiteren rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens zur Zeitdauer des Auftretens von neutrophilen Granulozyten im Wundbereich beziehen. Denn der Senat kann ausschließen, dass das Urteil auf einer fehlerhaften Ablehnung dieser Beweisanträge beruht. Das Landgericht hat im Rahmen seiner Überzeugungsbildung zum festgestellten Sachverhalt an keiner Stelle auf die für das Auftreten von neutrophilen Granulozyten erforderliche Zeitspanne abgestellt. Dies gilt entgegen dem Vorbringen der Revision auch für die Feststellung einer zeitlichen Zäsur zwischen den Schlägen mit der Metallstange und der Ausführung der Messerschnitte, die das Landgericht auf die Angaben des Angeklagten in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung gestützt hat, welche die Jugendkammer als durch andere Beweisergebnisse bestätigt gesehen und als glaubhaft bewertet hat. Lediglich für die Frage, ob die rechtsmedizinischen Befunde den Angaben des Angeklagten in der Beschuldigtenvernehmung entgegenstehen , hat die Jugendkammer Überlegungen zur erforderlichen Zeitdauer für das Auftreten von neutrophilen Granulozyten angestellt, die aber für die vom Beschwerdeführer unter Beweis gestellte kürzere Zeitspanne erst recht zutreffen. Auch im Übrigen werden die vom Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung gezogenen Schlussfolgerungen durch das in den Beweisanträgen behauptete raschere Auftreten von neutrophilen Granulozyten im Wundbereich nicht in Frage gestellt.
Mutzbauer Bender
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. November 2015, an der teilgenommen haben: Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf als Vorsitzender, der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, die Richterin am Bundesgerichtshof Cirener und die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Radtke, Dr. Bär, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger des Angeklagten H. S. , Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger der Angeklagten M. S. , Rechtsanwältin - in der Verhandlung - und Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger des Angeklagten K. , Rechtsanwalt - in der Verhandlung - und Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger des Angeklagten G. , die Nebenklägerin A. - persönlich -, Rechtsanwältin - in der Verhandlung - als Vertreterin der Nebenklägerin A. , Justizangestellte - in der Verhandlung -, Justizangestellte - in der Verkündung - als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten G. und K. wegen Totschlags , versuchter gefährlicher Körperverletzung und Diebstahls jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von dreizehn Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Angeklagte M. S. wurde wegen gefährlicher Körperverletzung und Anstiftung zur versuchten gefährlichen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren, der Angeklagte H. S. wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung und Anstiftung zur versuchten gefährlichen Körperverletzung unter Einbeziehung mehrerer Geldstrafen aus Vorverurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.
- 2
- Dagegen wenden sich die zu Lasten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten werden. Mit der Sachrüge beanstandet die Staatsanwaltschaft die Verneinung der Mordmerkmale Heimtücke und Habgier durch das Landgericht, ebenso des Mordmerkmals „zur Verdeckung einer Straftat“, und erstrebt eine Verurteilung der Angeklagten G. und K. wegen Mordes sowie wegen Raubes mit Todesfolge, hinsichtlich der Angeklagten S. wegen Beteiligung hieran. Die Rechtsmittel haben Erfolg und führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
I.
- 3
- 1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
- 4
- Die Angeklagten H. S. und M. S. hatten 1992 geheiratet, lebten jedoch seit 2007 getrennt und hatten sich 2013 wieder einander angenähert. Spätestens im November 2013 fassten sie den Entschluss, dass der Geschädigte R. mit dem die Angeklagte M. S. spätestens im April 2013 eine Beziehung eingegangen und im Mai 2013 bei ihm eingezogen war, eine „Abreibung“ erhalten sollte, weil er der Angeklagten nicht mehr die vereinbarten finanziellen Mittel für die Miete einer Gaststätte überließ. Durch die „Abreibung“ sollte der Geschädigte zugleich derart verletzt werden, dass er für einige Tage nicht mehr in der Lage sein würde, die Mieten bei den Prostituierten des von ihm geführten Bordellbetriebs einzukassieren, sodass dies an seiner Stelle die Angeklagte M. S. übernehmen und sie damit Klarheit über die Höhe der monatlichen Einnahmen des Geschädigten erhalten könnte. Nach zahlreichen Gesprächen konnten die beiden die Angeklagten G. und K. , jeweils Mitglieder eines Motorradclubs, zu der Ausführung der geplanten „Abreibung“ überreden, wobei vereinbart wurde, dass K. und G. den Geschädigten abends vor dem Bordellbetrieb überfallen sollten, wenn dieser die Mieten von den Prostituierten kassieren würde, wie er es regelmäßig mittwochs machte. Nachdem dieser Überfall gescheitert war, weil ein Pizzaauslieferer hinzukam, als der Geschädigte das Bordell verließ und der Geschädigte unbehelligt wegfahren konnte, fassten die vier Angeklagten nun den neuen Plan, den Geschädigten in seinem Anwesen im Schlaf zu überraschen und zu verletzen. Um sicherzustellen, dass er sich zu Hause aufhielt, rief die Angeklagte M. S. den Geschädigten auf der Festnetznummer an und empfahl ihm, gegen seine Erkältung das Medikament Wick MediNait zu nehmen und sich schlafen zu legen. Anschließend übergab sie den Hausschlüssel an die Angeklagten G. und K. . Mit diesem Schlüssel schlossen diese die Haustür auf, begaben sich in den Flur und versetzten dem Geschädigten, welcher zuvor bereits im Bett gelegen hatte und nun wieder aufgestanden und in den Flur gegangen war, einen Schlag. Nachdem der Geschädigte darauf hin ins Wohnzimmer gegangen war, misshandelten sie ihn dort mit Schlägen in den Kopf- und Gesichtsbereich sowie, nachdem er zu Boden gegangen war, mit Tritten und weiteren Schlägen gegen Kopf und Oberkörper derart, dass er spätestens nach 15 bis 20 Minuten verstarb.
- 5
- Die Angeklagten G. und K. , welche bei ihrem Vorgehen den Tod des Geschädigten billigend in Kauf nahmen, fassten nun den Tatentschluss , das im Geldbeutel des zu diesem Zeitpunkt noch lebenden Geschädigten befindliche Bargeld in Höhe von rund 550 € mitzunehmen, um dieses für sich zu behalten.
- 6
- 2. Die Angeklagte M. S. hat sich dahin eingelassen, dass sie nie gewollt habe, dass der Geschädigte R. zu Tode komme. Sie sei damit einverstanden gewesen, dass man ihm beispielsweise „Verstauchungen“ an Armen und Beinen zufüge, damit er ein paar Tage ausfalle. Es sollte so aussehen wie ein Überfall. Mit den Angeklagten G. und K. sei nie darüber gesprochen worden, dass sie für die Ausführung der Tat Geld bekommen sollten. Während die Angeklagte M. S. eine Tatbeteiligung ihres Ehemannes abstritt, gaben G. und K. an, dass dieser sie mehrfach aufgefordert habe, dem Geschädigten R. eine „Abreibung“ zu verpassen, und er sie zudem mit seiner Äußerung provoziert habe, dass er andernfalls die Hells Angels beauftragen werde; zudem habe er gegenüber G. geäußert, dass dieser „keine Eier in der Hose“ habe.
- 7
- 3. Das Landgericht hat hinsichtlich der Angeklagten G. und K. das Tatgeschehen als Totschlag gewertet. Das Vorliegen von Mordmerkmalen , insbesondere von Heimtücke, hat es ausgeschlossen. Dabei ist die Kammer davon ausgegangen, dass der bedingte Tötungsvorsatz erst dann gefasst wurde, als G. und K. auf den bereits wehrlos am Boden liegenden R. einschlugen und eintraten. Zuvor habe dieser nach dem ersten Schlag im Flur jedoch noch die Möglichkeit gehabt, im Wohnzimmer durch die Terrassentür nach draußen zu fliehen. Nachdem er diese Möglichkeit nicht genutzt habe, sei er aber nicht mehr arglos gewesen. Die Mordmerkmale Habgier und zur Ermöglichung einer Straftat lehnte die Strafkammer deshalb ab, weil sie nicht festzustellen vermochte, dass es den Angeklagten K. und G. schon bei den Schlägen um die Erlangung des Geldes ging.
II.
- 8
- Die Beweiswürdigung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
- 9
- 1. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Allein ihm obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld der Angeklagten zu bilden. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Zudem muss das Urteil erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Dabei dürfen die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet werden, sondern müssen in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt worden sein (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 StR 371/13).
- 10
- Nach diesen Maßstäben hält die durch die Schwurgerichtskammer vorgenommene Beweiswürdigung rechtlicher Prüfung in mehrfacher Hinsicht nicht stand.
- 11
- Die Beweiswürdigung zum angenommenen Wechsel vom Körperverletzungs - hin zum Tötungsvorsatz der Angeklagten K. und G. ist lückenhaft , weil sie eine nach der Beweislage und den Umständen des Einzelfalls wesentliche Feststellung, die Annahme, dass der bedingte Tötungsvorsatz erst dann gefasst wurde, als G. und K. auf den bereits wehrlos am Boden liegenden R. einschlugen und eintraten, nicht belegt. Für eine solche Feststellung ergeben sich weder Anhaltspunkte im tatsächlichen Geschehen noch aus den Einlassungen der Angeklagten.
- 12
- Nach den Feststellungen lag der Geschädigte R. , als die Angeklagten mit dem ihnen von der Mitangeklagten M. S. übergebenen Hausschlüssel das Haus betraten, im Bett und rechnete mit keinem Angriff. Zudem hatte er auf Rat der Mitangeklagten M. S. , was die Angeklagten G. und K. wussten und auch ausnutzen wollten, das auch bei bestimmungsgemäßen Gebrauch das Reaktionsvermögen beeinträchtigende und zu Müdigkeit führende Arzneimittel Wick MediNait eingenommen. Als er aus nicht näher festgestellten Gründen aufgestanden und in den Flur gegangen war, erhielt er ohne Vorwarnung einen ersten Schlag durch den Angeklagten K. . Beide Angeklagten haben diesbezüglich ein dynamisches Geschehen geschildert, beginnend mit dem ersten Schlag im dunklen Flur der Wohnung durch K. . Die Schläge hätten sich dann im Wohnbereich fortgesetzt, in den der Geschädigte einige Schritte zurückgewichen war. Dann sei es zu weiteren Schlägen und Tritten gegen Kopf und Oberkörper des inzwischen zu Boden gegangenen Geschädigten gekommen, welche letztlich tödlich waren. Diese Einlassungen zu Grunde gelegt sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Angeklagten nicht schon bei ihren ersten Schlägen gegen das in seiner Reaktion eingeschränkte Opfer dessen Tod als Folge der Schläge und Tritte zumindest billigend in Kauf nahmen.
- 13
- 2. Des Weiteren sind die Erwägungen des Schwurgerichts zur Beweiswürdigung auch deswegen rechtsfehlerhaft, weil es den Sachverhalt nicht widerspruchsfrei gewürdigt und ohne hinreichende Begründung ein bewusstes Ausnutzen von Arg- und Wehrlosigkeit durch die Angeklagten K. und G. verneint hat.
- 14
- a) Heimtückisch handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Wesentlich ist, dass der Mörder sein Opfer, das keinen Angriff erwartet, also arglos ist, in einer hilflosen Lage überrascht und dadurch daran hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren (BGH, Urteile vom 20. Oktober 1993 - 5 StR 473/93, BGHSt 39, 353, 368 und vom 26. November 1986 - 3 StR 372/86, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 2 mwN). Das Opfer muss gerade aufgrund seiner Arglosigkeit wehrlos sein (BGH, Urteil vom 4. Juli 1984 - 3 StR 199/84, BGHSt 32, 382, 384). Allerdings kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Opfer auch dann arglos sein, wenn der Täter ihm zwar offen feindselig entgegentritt, die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff aber so kurz ist, dass keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff irgendwie zu begegnen (BGH, Urteile vom 9. Dezember 1986 - 1 StR 596/86, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 3 und vom 4. Juni 1991 - 5 StR 122/91, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 15). Maßgebend für die Beurteilung ist die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs.
- 15
- Soweit die Angeklagten bereits mit den ersten Schlägen auf das überrumpelte Opfer dessen Tod zumindest billigend in Kauf nahmen, liegt die Annahme der bewussten Ausnutzung von dessen Arg- und Wehrlosigkeit nahe. Aus dem Bett kommend und durch das Medikament zumindest teilweise sediert gab es für den überraschten älteren Mann keine ersichtliche Chance, den teilweise erheblich jüngeren und angriffsbereiten Tätern zu entkommen, wie sich nachfolgend auch gezeigt hat. Jedenfalls der Umstand aus Überraschung und der Sedierung auf Seiten des Opfers war den Angeklagten K. und G. bewusst.
- 16
- b) Aber auch unter Zugrundelegung der Feststellungen des Landgerichts sind dessen Erwägungen rechtsfehlerhaft, weil es den festgestellten Sachver- halt nicht widerspruchsfrei gewürdigt und ohne hinreichende Begründung ein bewusstes Ausnutzen von Arg- und Wehrlosigkeit durch die AngeklagtenK. und G. verneint hat.
- 17
- Heimtückisch tötet auch, wer sein ahnungsloses Opfer zunächst nur mit Körperverletzungsvorsatz angreift, dann aber unter bewusster Ausnutzung des Überraschungseffekts unmittelbar zur Tötung übergeht und es dem Opfer nicht mehr möglich ist, sich Erfolg versprechend zur Wehr zu setzen, sodass die hierdurch geschaffene Situation bis zur Tötungshandlung fortdauert (BGH, Urteile vom 30. August 2012 - 4 StR 84/12, NStZ 2013, 337, 338; vom 1. März 2012 - 3 StR 425/11, NStZ 2012, 691, 693 und vom 16. Februar 2012 - 3 StR 346/11, Rn. 20; Beschluss vom 19. Juni 2008 - 1 StR 217/08, NStZ 2009, 29, 30; Urteile vom 27. Juni 2006 - 1 StR 113/06, NStZ 2006, 502, 503 und vom 9. Dezember 1986 - 1 StR 596/86, BGHR § 211 Abs. 2 Heimtücke 3).
- 18
- An diesen Maßstäben gemessen würde die Ablehnung heimtückischer Tatbegehung rechtlicher Nachprüfung auch unter Berücksichtigung der nicht rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts nicht standhalten. Als nach diesen Feststellungen der sich keines Angriffs versehende Geschädigte vom Bett aufgestanden und in den Flur gegangen war, erhielt er ohne Vorwarnung einen ersten Schlag durch den Angeklagten K. . Angesichts dessen erscheinen die weiteren Feststellungen des Landgerichts, der Geschädigte R. hätte danach auf seinem Weg durch den Ess- und Wohnzimmerbereich die etwa neun Meter entfernte Terrassentür öffnen und ins Freie fliehen können, nicht nachvollziehbar. Das Landgericht hat keine Anhaltspunkte dafür festgestellt, dass der Geschädigte in seiner damaligen Verfassung überhaupt in der Lage war, auf der kurzen Strecke ins Wohnzimmer gegenüber den erheblich jüngeren Angeklagten einen solchen Vorsprung zu erlangen, um dann noch rechtzei- tig die Terrassentür nach innen öffnen zu können. Die Strafkammer hat diesbezüglich auch den sich ergebenden Widerspruch zur Einlassung des Angeklagten K. nicht aufgeklärt, wonach der Geschädigte R. nach dem ersten Schlag ein paar Schritte zurück gegangen und dann irgendwo zu Boden gefallen sei (UA S. 42) und an dieser Stelle dann die weiteren Schläge und Tritte erfolgten. Danach wäre ihm schon deswegen eine Flucht gar nicht möglich gewesen. Jedenfalls aber vermochte er sich aufgrund der Kürze der ihm verbleibenden Reaktionszeit den ihm nachsetzenden Angeklagten nicht mehr zu entziehen oder irgendwelche wirkungsvolle Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Diese hilflose Situation hielt an, als die Täter den nach weiteren Schlägen bereits am Boden liegenden, weiterhin wehrlosen Geschädigten nunmehr mit Tötungsvorsatz mehrfach gegen Kopf und Oberkörper traten und schlugen, was dann auch zum Tode führte.
- 19
- 3. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist zudem auch deshalb lückenhaft und widersprüchlich, weil es allein auf die Einlassung der beiden Angeklagten K. und G. die Feststellung stützte, diese hätten erst nach dem Ende der Tritte und Schläge gegen den nun schwerverletzten und kurz vor seinem Tod stehenden Geschädigten R. spontan den Tatentschluss gefasst, im Schlafzimmer nach dem Geldbeutel des Geschädigten zu suchen und diesem dann rund 550 € entnommen, um dieses Geld für sich zu behalten. Hierbei hat sich das Schwurgericht nicht damit auseinandergesetzt, dass ausdrücklich der Mittwoch als Zeitpunkt für den Angriff gegen den Geschädigten gewählt wurde, an dem er regelmäßig die Mitarbeiterinnen seines Bordellbetriebs abkassierte und danach über Bargeld verfügte. Außerdem sollte nach den Einlassungen aller Angeklagten ein Überfall vorgetäuscht werden, so dass kein Verdacht auf die Mitangeklagten S. fallen konnte. Um einen solchen Eindruck zu erwecken, war es fast zwingend erforderlich, dass es im Rahmen eines solchen „Überfalls“ zur Wegnahme von Wertgegenständen oder von Geld kommen musste. Auch mit diesem aus den Feststellungen sich ergebenden Widerspruch hat sich das Landgericht nicht befasst. Zudem hat sich die Schwurgerichtskammer auch nicht damit auseinandergesetzt , weshalb die Angeklagten nach dem Ende der Tätlichkeiten gegen den Geschädigten ins Schlafzimmer gingen, nachdem sie schon zuvor geplant hatten , in der Wohnung nach dem vom Geschädigten abends eingezogenen Geld zu suchen.
III.
- 20
- Rechtsfehlerhaft und lückenhaft sind auch die Feststellungen und die Beweiswürdigung hinsichtlich der Angeklagten H. und M. S. .
- 21
- 1. Insbesondere hat die Strafkammer nicht in den Blick genommen, dass nach dem Fehlschlag des Überfalls am Abend im Hof des Bordellbetriebsdie Angeklagten K. und G. von den Mitangeklagten S. dazu gedrängt wurden, in Abweichung von dem bisherigen Tatplan den Geschädigten nachts zu Hause zu überfallen, welcher zu diesem Zeitpunkt bereits schlafen sollte, nachdem er auf Anraten der Mitangeklagten M. S. das auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Reaktionsvermögen beeinträchtigende und zu Müdigkeit führende Arzneimittel Wick MediNait eingenommen hatte. Im Gegensatz zu dem ursprünglich am frühen Abend im Hof des Bordellbetriebs vorgesehenen Angriff stellt sich ein Überfall nachts in einer unbeleuchteten Wohnung auf einen in der Reaktion beeinträchtigten älteren Menschen weitaus risikobehafteter dar, wobei Schläge und Tritte in solch einer Umgebung unberechenbar und kaum dosierbar sind. Insoweit hätte sich die Schwurgerichtskammer damit auseinandersetzen müssen, ob die hierbei dem Geschädigten zugefügten, zum Tode führenden Verletzungen den beiden Anstiftern nicht doch zuzurechnen sind.
- 22
- Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird nicht jede strafrechtliche Haftung des Anstifters für den von ihm weder gewollten noch gebilligten Erfolg bei erfolgsqualifizierten Delikten dadurch ausgeschlossen , dass der Angestiftete den Erfolg vorsätzlich herbeigeführt hat (BGH, Urteil vom 3. Juni 1964 - 2 StR 14/64, BGHSt 19, 339, 341). Sofern der zu einer gefährlichen Körperverletzung Angestiftete dem Misshandelten, insoweit über den Vorsatz des Anstifters hinausgehend, mit Tötungsvorsatz eine Verletzung zufügt , die auch zum Tode des Opfers führt, kann der Anstifter wegen Anstiftung zur Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) schuldig sein (BGH, Urteil vom 1. April 1952 - 1 StR 867/51, BGHSt 2, 223, 226). Er haftet andererseits nur für die Folgen derjenigen Handlungen des Angestifteten, die er in seine Vorstellungen einbezogen hatte. Die von dem Angestifteten dem Opfer mit Tötungsvorsatz zugefügten Körperverletzungen dürfen also - wenn eine Verurteilung nach § 227 StGB in Betracht kommen soll - nicht von anderer Art und Beschaffenheit sein, als der Anstifter wollte und es sich vorstellte (BGH, Urteile vom 1. April 1952 - 1 StR 867/51, BGHSt 2, 223, 226 und vom 20. Mai1986 - 1 StR 224/86, NJW 1987, 77 f.).
- 23
- Dies hat das Landgericht zwar nicht übersehen. Es hat jedoch bei den Feststellungen, dass nach den Vorstellungen der Angeklagten dem Geschädig- ten „maximal Brüche an Armen und Beinen“ zugefügt werden sollten, nicht aber lebensgefährliche oder gar tödliche Verletzungen durch Tritte oder Schläge an Kopf und Oberkörper, nicht berücksichtigt, dass diese Vorstellungen auf dem ursprünglichen Tatplan beruhten und ein Überfall nächtens und in dunkler Wohnung erheblich größere Risiken mit sich brachte und in einem solchen Tat- umfeld tödliche Verletzungen für das Opfer nicht gänzlich ausgeschlossen werden können.
- 24
- 2. Aus den unter II.2. angeführten Gründen erweist sich die Beweiswürdigung auch hinsichtlich der Angeklagten S. bezüglich der Wegnahme des Geldbetrages durch K. und G. als lückenhaft und widersprüchlich. Nachdem der „Überfall“ mit Bedacht an einem Tag durchgeführt werden sollte, an dem üblicherweise der Geschädigte die Mieten in seinem Bordellbetrieb einzog und danach über einen größeren Geldbetrag verfügte, hätte das Landgericht sich damit auseinander setzen müssen, dass die Anstiftungshandlungen der Angeklagten S. gerade auch von dem Bestreben umfasst waren, zumindest für einige Tage die Erträge aus dem Bordellbetrieb durch die Angeklagte M. S. einziehen zu können.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Angeklagte und die Nebenkläger haben die Kosten ihres jeweiligen Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zur Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf eine Verfahrensrüge und sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision der Nebenkläger , die die Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes gemäß § 211 StGB erstreben. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts. Die Rechtsmittel der Nebenkläger sind zulässig (§ 400 Abs. 1, § 401 Abs. 1 und 2 StPO), aber unbegründet. Auch die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
- 2
- Nach den Feststellungen des Landgerichts tötete der Angeklagte seine Ehefrau am Morgen des 26. Oktober 2010 neben ihrem Pkw mit einem Küchenmesser. Im Einzelnen:
- 3
- Nach ehelichen Streitigkeiten, die zwar nie zu Tätlichkeiten führten, indes mehrfach zur Folge hatten, dass die Geschädigte zu ihren Eltern zog, nahm diese - ohne Kenntnis des Angeklagten - ein intimes Verhältnis zu einem seiner Bekannten auf und bezog im August 2010 eine eigene Wohnung. Der Angeklagte wurde von diesem Verhalten seiner Ehefrau völlig überrascht.
- 4
- In den folgenden Wochen kam es mehrfach zu Versöhnungen und erneuten Trennungen der Eheleute. Dabei verhielt sich insbesondere das Opfer sehr wechselhaft, während der Angeklagte zwar in den Trennungsphasen mit einer anderen Frau zusammentraf, aber stets bereit war, die eheliche Gemeinschaft wieder aufzunehmen. Nachdem die Geschädigte am 16. Oktober 2010 ihre Wohnung gekündigt hatte und wieder in die eheliche Wohnung eingezogen war, eröffnete sie dem Angeklagten schon zwei Tage später, wer ihr Liebhaber ist und dass sie diesen liebe. Dieser sei ein besserer Mensch und dem Angeklagten in allem überlegen. Die Geschädigte verließ den Angeklagten sodann endgültig und bezog erneut ihre Wohnung.
- 5
- In der Folgezeit versuchte der Angeklagte immer wieder seine Ehefrau telefonisch zu erreichen, erschien vor ihrer Wohnung sowie an ihrer Arbeitsstelle und beobachtete sie. Einige Tage vor der Tat verbot die Geschädigte dem Angeklagten, der morgens vor ihrem Haus auf sie gewartet hatte, sie an ihrem Arbeitsplatz und auch bei anderen Gelegenheiten aufzusuchen.
- 6
- In den Tagen vor der Tat beobachtete der Angeklagte weiterhin die Wohnung seiner Ehefrau auch von einem Baum aus. Er stellte dabei fest, dass das Kraftfahrzeug des neuen Partners seiner Frau in deren Garage stand und seine Tochter mit ihrer Familie einen Abend mit der Geschädigten und deren neuen Partner verbrachte. Am Abend vor der Tat sah der Angeklagte - erneut von einem Baum aus -, dass der neue Partner seiner Ehefrau das Haus betrat und war davon überzeugt zu erkennen, dass es im Wohnzimmer zu sexuellen Handlungen zwischen den beiden kam.
- 7
- Die Nacht vor der Tat verbrachte der Angeklagte unruhig, stand gegen fünf Uhr auf und beschloss, nochmals eine Begegnung mit seiner Ehefrau herbeizuführen und mit ihr über ihre Beziehung zu reden. Beim Verlassen seines Hauses nahm er schwarze Lederhandschuhe mit und steckte ein Küchenmesser mit einer 19 cm langen Klinge in seine Jackentasche, um seine Ehefrau zu töten, falls das Gespräch mit ihr "nicht in seinem Sinne" verlaufen werde. Der Angeklagte stellte seinen Pkw auf einem in der Nähe des Wohnhauses seiner Ehefrau gelegenen Parkplatz ab, ging sodann durch ein kleines Wäldchen in Richtung des Hauses und wartete im Schutz der Bäume zunächst darauf, dass das Licht in der Wohnung seiner Frau anging. Als dies der Fall war, begab er sich zu den jenseits der Auffahrt liegenden Garagen, in deren Nähe die Geschädigte ihren Pkw im Freien geparkt hatte. Der Angeklagte versteckte sich in einem Gebüsch und wartete dort auf seine Frau, um sie zu überraschen, weil er befürchtete, dass sie sofort umkehren würde, falls sie ihn entdeckte. Gegen sechs Uhr verließ diese das Haus, ging zu ihrem Fahrzeug, setzte sich auf den Fahrersitz und startete den Motor. Erst in diesem Moment verließ der Angeklagte sein Versteck, lief wenige Meter zum Auto, öffnete die Beifahrertür und setzte sich auf den Beifahrersitz. Seine Frau erschrak zunächst, begann aber - nachdem sie ihren Mann erkannt hatte, von dem sie nichts Gewalttätiges erwartete - eine lautstarke verbale Auseinandersetzung mit ihm. Sie forderte den Angeklagten auf, sie in Ruhe zu lassen, sie liebe ihren neuen Partner und er habe das gefälligst zu akzeptieren. Der Angeklagte verließ das Fahrzeug gleichwohl nicht und die beiden schrien sich gegenseitig an. Am Ende äußerte die Geschädigte: "Verpiss dich aus meinem Leben! Du hast mich nicht verdient! Peter ist tausendmal besser als du und zwar auch im Bett!" Der Angeklagte wurde daraufhin äußerst wütend und schlug seine Ehefrau, die aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen mit ihm (weiterhin) nicht mit einem Angriff rechnete, mit der rechten Faust ins Gesicht. Sie schrie weiter und er schlug mehrfach auf sie ein. Während der Auseinandersetzung zog der beträchtlich affektiv aufgeladene , in seiner Steuerungsfähigkeit aber nicht beeinträchtigte Angeklagte - "in dem sich nunmehr realisierenden Entschluss, sie zu töten" - das Küchenmesser aus der Jackentasche und begann auf seine Frau einzustechen. Sein Opfer versuchte, die Stiche mit den Händen abzuwehren und trug bereits zu diesem Zeitpunkt durch das Messer mindestens eine blutende Verletzung davon. Im weiteren Verlauf gelang es der Geschädigten, die Fahrertür zu öffnen und aus dem Auto zu entkommen. Der Angeklagte folgte ihr indes unmittelbar ebenfalls durch die Fahrertür und brachte seine Frau, die bis dahin im Wesentlichen Blutergüsse am Kopf und einen Nasenbeinbruch erlitten hatte, neben dem Fahrzeug zu Boden. Sodann fügte er seinem Opfer - weiterhin um es zu töten - eine tiefe, bis an die Wirbelsäule heranreichende Schnittverletzung am Hals zu, die dazu führte, dass die Ehefrau des Angeklagten innerhalb kurzer Zeit an Ort und Stelle verblutete.
- 8
- I. Revision der Nebenkläger
- 9
- 1. Die Verfahrensbeanstandung bleibt aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwaltes ohne Erfolg.
- 10
- 2. Die aufgrund der Sachbeschwerde der Nebenkläger veranlasste Nachprüfung des Urteils zum Schuldspruch hat keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten erbracht.
- 11
- Eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Mordes hat das Landgericht verneint, weil weder eine Tötung aus niedrigen Beweggründen noch eine heimtückische Begehungsweise im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB vorliege.
- 12
- a) Die Ablehnung niedriger Beweggründe hat das Landgericht im Wesentlichen wie folgt begründet:
- 13
- Die Voraussetzungen für die Annahme einer Tötung aus niedrigen Beweggründen im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB aus krankhaft übersteigerter Eifersucht oder zur Verhinderung der Trennung seitens der Partnerin seien nicht erfüllt. Die Kammer sehe hier vielmehr ein facettenreiches Motivbündel. Das Verhältnis des Angeklagten zu seiner Ehefrau habe in den letzten Wochen vor der Tat einer "emotionalen Achterbahnfahrt" geglichen. Die Beziehung zwischen den Eheleuten sei von heftigen Streitigkeiten geprägt gewesen, die mit intensiven Versöhnungen abwechselten. Schließlich hätten die Konflikte in der Eröffnung der Ehefrau gegipfelt, sie habe einen anderen Mann. Der Angeklagte habe mithin begründeten Anlass zur Eifersucht gehabt, verbunden mit der Erkenntnis und der Angst, nunmehr endgültig von seiner Ehefrau verlassen zu werden, sei aber auch enttäuscht und verzweifelt über das unwiderrufliche Ende seiner bisherigen Lebens- und Familienverhältnisse und insbesondere über das Verhalten seiner Tochter gewesen. Diese Beweggründe stünden nach all- gemeiner sittlicher Wertung nicht auf tiefster Stufe und würden nicht in deutlich weiterreichendem Maße als bei einem Totschlag als verwerflich und deshalb als besonders verachtenswert erscheinen; vielmehr habe sich der Angeklagte aus einem in gewisser Weise noch emotional nachvollziehbaren Konglomerat aus Eifersucht, Enttäuschung, großer Verzweiflung, narzisstisch geprägter Wut, aber auch aus endgültiger Verlustangst zur Tat entschlossen.
- 14
- Diese Begründung lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Beweggründe sind niedrig im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verachtenswert sind. Die Beurteilung der Frage, ob Beweggründe zur Tat niedrig sind und - in deutlich weiter reichendem Maße als bei einem Totschlag - als verachtenswert erscheinen , erfordert eine Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 15. Mai 2003 - 3 StR 149/03, NStZ 2004, 34 mwN; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 211 Rn. 15). Gefühlsregungen wie Eifersucht, Wut, Ärger, Hass und Rache kommen nach der Rechtsprechung in der Regel nur dann als niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sie ihrerseits auf niedrigen Beweggründen beruhen, was am ehesten der Fall ist, wenn diese Gefühlsregungen jeglichen nachvollziehbaren Grund entbehren (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 2010 - 4 StR 180/10, NStZ 2011, 35 mwN). Der Täter muss weiterhin die tatsächlichen Umstände, welche die Niedrigkeit der Beweggründe ausmachen, in ihrer Bedeutung für die Tatausführung in sein Bewusstsein aufgenommen und erkannt haben sowie - insbesondere auch bei affektiver Erregung und gefühlsmäßigen oder triebhaften Regungen, wie dies etwa Verärgerung , Wut und Eifersucht sind - in der Lage gewesen sein, sie gedanklich zu beherrschen und willensmäßig zu steuern (st. Rspr.; vgl. Fischer, aaO, Rn. 82 mwN). Beim Vorliegen eines Motivbündels beruht die vorsätzliche Tötung auf niedrigen Beweggründen, wenn das Hauptmotiv, welches der Tat ihr Gepräge gibt, nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe steht und deshalb verwerflich ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - 4 StR 419/06, NStZRR 2007, 111; Fischer, aaO, Rn. 19).
- 15
- Daran gemessen ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen keine Tötung aus niedrigen Beweggründen angenommen hat. Es hat die für die Beurteilung der Tötungsmotive des Angeklagten erforderliche umfassende Gesamtwürdigung angestellt und dabei alle für die Bewertung seiner Handlungsantriebe bedeutsamen Umstände berücksichtigt. Gegen das vom Landgericht auf diese Weise gewonnene Ergebnis, dass die Beweggründe des Angeklagten nach allgemeiner sittlicher Wertung nicht auf tiefster Stufe stehen, nicht in deutlich weiterreichendem Maße als bei einem Totschlag als verwerflich und deshalb nicht als besonders verachtenswert erscheinen, ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.
- 16
- b) Einen Heimtückemord hat das Landgericht mit folgenden Ausführungen verneint:
- 17
- Nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen seien bereits die objektiven Voraussetzungen der Heimtücke. Als der Angeklagte sich am Morgen des 26. Oktober 2010 zu seiner Frau in den Pkw gesetzt habe, habe diese sich zwar offensichtlich keines Angriffs versehen. Nach der Einlassung des Angeklagten habe sich die Gesprächssituation im Fahrzeug für die Eheleute nicht als ungewöhnlich dargestellt, so dass sie über das plötzliche Erscheinen ihres Ehemannes lediglich erschrocken und ungehalten gewesen sei, nicht aber mit Gewalttätigkeiten seinerseits gerechnet habe. In diesem Verhalten (des Ange- klagten) sei aber noch nicht der Beginn der Tötungshandlung zu sehen. Der Angeklagte habe zwar bereits einen bedingten Tatentschluss gefasst gehabt, als er das Küchenmesser eingesteckt habe, weil lediglich die Tatausführung, nicht aber der (grundsätzliche) Wille zur Tat davon abhängig war, wie das von ihm angestrebte Gespräch mit seiner Frau verlaufen werde. Die Schwelle zum "jetzt geht es los", sei nach seinem Tatplan jedoch erst erreicht gewesen, als der Angeklagte das Messer gezogen habe, nachdem es zu einer heftigen verbalen Auseinandersetzung und Faustschlägen gekommen sei, durch die das Opfer gleichsam vorgewarnt gewesen sei.
- 18
- Arglosigkeit des Tatopfers sei allerdings auch dann anzunehmen, wenn der überraschende Angriff zwar zunächst nicht mit Tötungsvorsatz, sondern nur mit Verletzungsvorsatz geführt werde, jedoch der ursprüngliche Verletzungswille derart schnell in Tötungsvorsatz umschlage, dass der Überraschungseffekt bis zu dem Zeitpunkt andauere, in dem der Täter zu dem auf Tötung gerichteten Angriff übergehe. Bestehe die Situation völlig unverändert weiter und bleibe dem Opfer keine Zeit zu irgendwie gearteten Gegenmaßnahmen, nehme die Tat also vom ersten Angriff an ihren ganz ungehemmten und nicht zu hemmenden Fortgang, so sei das Opfer arglos.
- 19
- Im vorliegenden Fall sei indes nicht sicher festzustellen, wie viel Zeit zwischen dem ersten, auf die Äußerung der Ehefrau hin geführten Faustschlag bis zu dem Moment vergangen sei, als der Angeklagte in Tötungsabsicht das Messer gezogen und damit auf seine Ehefrau eingewirkt habe. Die zahlreichen, von der gerichtsmedizinischen Sachverständigen dargestellten Hämatome an Kopf und Körper sowie der Nasenbeinbruch ließen durchaus auf eine längere Zeitdauer schließen. Dann sei aber möglich, dass die Angegriffene aufgrund der länger andauernden Tätlichkeiten zum Zeitpunkt des ersten Messereinsatzes gerade nicht mehr arglos gewesen sei. Die Abwehrverletzungen sprächen zudem gegen deren Wehrlosigkeit ebenso wie der Umstand, dass es ihr gelungen sei, aus dem Fahrzeug hinauszukommen, auch wenn sie es nicht geschafft habe, dem Angeklagten endgültig zu entrinnen oder in irgendeiner Form mäßigend auf ihn einzuwirken. Dementsprechend könne nicht festgestellt werden, dass das Opfer zu Beginn des mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs noch infolge Arglosigkeit wehrlos gewesen sei.
- 20
- Diese Begründung hält rechtlicher Prüfung ebenfalls stand. Heimtückisch handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zu dessen Tötung ausnutzt. Arglos ist das Tatopfer, wenn es bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs nicht mit einem gegen seine körperliche Unversehrtheit gerichteten schweren oder doch erheblichen Angriff rechnet. Ein bloßer, der Tat vorausgegangener Wortwechsel, eine nur feindselige Atmosphäre oder ein generelles Misstrauen schließen die Heimtücke nicht aus, wenn das Opfer hieraus noch nicht die Gefahr einer Tätlichkeit entnimmt. Erforderlich ist vielmehr für die Beseitigung der Arglosigkeit auch bei einem vorangegangenen Streit, dass das Opfer mit einem tätlichen Angriff rechnet (vgl. BGH, Urteil vom 15. Februar 2007 - 4 StR 467/06 mwN). Das Opfer muss weiter gerade aufgrund seiner Arglosigkeit wehrlos sein. Arg- und Wehrlosigkeit können aber auch gegeben sein, wenn der Täter zunächst nur mit Körperverletzungsvorsatz handelt, und dann unter bewusster Ausnutzung des Überraschungseffekts unmittelbar zur Tötung übergeht und es dem Opfer infolge des überraschenden Angriffs nicht möglich ist, sich Erfolg versprechend zur Wehr zu setzen, so dass die hierdurch geschaffene Situation bis zur Tötungshandlung fortdauert (vgl. BGH, Urteile 19. Juni 2008 - 1 StR 217/08, NStZ 2009, 29, 30; vom 2. April 2008 - 2 StR 621/07, NStZ-RR 2008, 238; vom 27. Juni 2006 - 1 StR 113/06, NStZ 2006, 502, 503; vom 20. Juli 2004 - 1 StR 145/04, juris Rn. 6 sowie vom 22. Januar 2004 - 4 StR 319/03, NStZ-RR 2004, 234; vgl. auch schon BGH, Urteile vom 9. Dezember 1986 - 1 StR 596/86, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 3; vom 15. Dezember 1992 - 1 StR 699/92, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 16 und vom 24. Februar 1999 - 3 StR 520/98, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 27).
- 21
- Daran gemessen hat sich das Landgericht mit den Voraussetzungen einer heimtückischen Tötung im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB rechtsfehlerfrei befasst. Zutreffend hat es zunächst angenommen, dass ein von Tötungsvorsatz getragener Angriff nicht schon beim Einsteigen des Angeklagten in das Fahrzeug vorlag, da er zu diesem Zeitpunkt nur einen bedingten Tötungsentschluss gefasst hatte und es noch offen war, ob die Bedingung für dessen tatsächliche Umsetzung eintreten werde. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts ist das Landgericht weiterhin davon ausgegangen, dass der Angeklagte auch bei den zunächst mit Fäusten verübten Tätlichkeiten gegen seine Ehefrau noch mit Verletzungsvorsatz handelte und erst die sich anschließende Verwendung des Messers von Tötungsvorsatz getragen war. Dabei hat es sich auch mit der Möglichkeit des Vorliegens einer heimtückischen Tötung bei einem überraschenden - mit Körperverletzungsvorsatz geführten - Angriff auseinandergesetzt und einen solchen - auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung - mit tragfähiger Begründung im Hinblick darauf abgelehnt, dass eine längere Zeitspanne zwischen dem ersten, mit Fäusten geführten Angriff des Angeklagten und dem Hervorholen des Messers verstrichen war und es daher möglich erscheint, dass das Opfer beim ersten mit Tötungsvorsatz ausgeführten Angriff nicht (mehr) arglos und - angesichts der Abwehrhandlungen gegen die ersten Messerangriffe und der sich anschließenden, kurzzeitig erfolgreichen Flucht - auch nicht mehr wehrlos war.
- 22
- II. Revision des Angeklagten
- 23
- Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung des Angeklagten hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zu dessen Nachteil erbracht. Auch der Strafausspruch hat Bestand. Das Landgericht hat bei der - von der Revision im Einzelnen beanstandeten - Strafrahmenwahl das Vorliegen eines minder schweren Falles des Totschlags gemäß § 213 StGB rechtsfehlerfrei verneint.
- 24
- 1. Die Ablehnung des § 213 Alt. 1 StGB hat es wie folgt begründet: Nach dieser Vorschrift wäre ein minder schwerer Fall nur gegeben, wenn der Angeklagte ohne eigene Schuld durch eine ihm zugefügte schwere Beleidigung ("Verpiss Dich aus meinem Leben! Du hast mich nicht verdient! Peter ist 1000mal besser als Du - und zwar auch im Bett!") von seiner Frau gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden wäre. Im vorliegenden Fall sei bereits fraglich, ob der Angeklagte ohne eigene Schuld gereizt worden sei, da er sich über das Verbot seiner Frau, mit ihr Kontakt aufzunehmen, hinweggesetzt , sie erneut aufgesucht und so selbst zur Verschärfung der Situation beigetragen habe. Jedenfalls sei er aber durch die Äußerungen seiner Frau nicht auf der Stelle zur Tat "hingerissen" worden. Vielmehr sei er von vornherein auf eine mögliche Konfrontation mit ihr eingestellt gewesen, er habe sie sogar mit dem bedingten Tatentschluss aufgesucht, sie zu töten, wenn das Gespräch nicht in seinem Sinne verlaufe. Bei dieser Sachlage fehle es an dem gebotenen "motivationspsychologischen Zusammenhang" zwischen der Beleidigung und der Tötungshandlung.
- 25
- Diese Begründung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Zutreffend hat das Landgericht bereits den erforderlichen Motivationszusammenhang zwi- schen der den Angeklagten zurückweisenden und abwertenden Äußerung und der Tötungshandlung verneint (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 1966 - 2 StR 525/65, BGHSt 21, 14, 17 f. und Beschluss vom 26. Juli 1994 - 1 StR 286/94, NStZ 1995, 83). Außerdem stellt sich das Verhalten der Geschädigten nach den Feststellungen auch nicht als eine Provokation dar, die angesichts der gesamten Umstände ohne eigene Schuld des Angeklagten geschehen wäre: Nach dessen umfangreichen Nachstellungen hatte die Geschädigte dem Angeklagten schließlich kurz vor der Tat untersagt, mit ihr in Kontakt zu treten. Dies hat er am Tattag missachtet und ist dabei in einer Art und Weise vorgegangen, die seine Frau überraschte und erschreckte sowie ihr keine Möglichkeit ließ, der Konfrontation mit ihm zu entgehen. Der Aufforderung der Geschädigten, ihr Fahrzeug zu verlassen, kam er nicht nach. Dass die Geschädigte aufgrund dieser vom Angeklagten geschaffenen, ihr aufgezwungenen Situation erbost war und den Angeklagten anschrie sowie beschimpfte, ist daher maßgeblich auf das rücksichtslose Verhalten des Angeklagten zurückzuführen und stellt bei wertender Betrachtung eine verständliche Reaktion der Geschädigten dar (vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 1988 - 4 StR 221/88, BGHR StGB § 213 Alt. 1 Verschulden 1).
- 26
- 2. Bei der Ablehnung eines sonst minder schweren Falles im Sinne von § 213 Alt. 2 StGB hat sich die Kammer von folgenden Gesichtspunkten leiten lassen:
- 27
- Einerseits seien der unglückselige Verlauf der Beziehung zwischen den Eheleuten im Vorfeld und die hohe affektive Aufladung des Angeklagten zu berücksichtigen. Darüber hinaus sei zu beachten, dass er sich nach der Tat selbst gestellt und ein Geständnis abgelegt habe, außerdem, dass er nicht vorbestraft sei und Reue für seine Tat bekundet habe, die auch in dem Suizidversuch zu Tage getreten sei. Andererseits falle ganz erheblich ins Gewicht, dass es sich nicht um eine Spontantat gehandelt habe; vielmehr habe der Angeklagte bereits am frühen Morgen den Tatentschluss gefasst und entsprechende Vorbereitungen getroffen. Daneben seien die der beabsichtigten Tötungshandlung vorgelagerten zahlreichen Verletzungen zu sehen, die allerdings keinen eigenständigen Tatbestand erfüllten. Bei Abwägung dieser Umstände sei die Anwendung des Normalstrafrahmens mit Freiheitsstrafe zwischen fünf und fünfzehn Jahren nicht unverhältnismäßig.
- 28
- Dies lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Bei Annahme oder Ablehnung eines sonst minder schweren Falles im Sinne von § 213 Alt. 2 StGB kommt es auf eine Gesamtbewertung aller bedeutsamen Umstände an (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2008 - 3 StR 484/08, NStZ-RR 2009, 139; Fischer, aaO, § 213 Rn. 12 ff. mwN). Dies hat das Landgericht beachtet und bei seiner Würdigung keine wesentlichen und bestimmenden Umstände unberücksichtigt gelassen. Auch die Revision des Angeklagten zeigt durchgreifende Rechtsfehler des Landgerichts bei der Strafrahmenwahl nicht auf. Allein die - vom Landgericht berücksichtigte - Äußerung der Geschädigten, dass ihr Liebhaber "auch im Bett" tausendmal besser sei als der Angeklagte, zwingt hier nicht zur Bewertung der Tat als minder schwerer Fall im Sinne von § 213 StGB.
- 29
- 3. Schließlich begegnet auch die Zumessung der konkreten Strafe keinen rechtlichen Bedenken.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Angeklagte hat die im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Neben- und Adhäsionskläger zu tragen; im Übrigen wird von der Auferlegung von Kosten und Auslagen abgesehen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen Totschlags zu der einheitlichen Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten , die mit mehreren Verfahrensbeanstandungen und der Sachrüge begründet ist. Die Nebenkläger wenden sich mit ihren auf die Sachbeschwerde gestützten Revisionen gegen die Verurteilung wegen tatmehrheitlich begange- nen Totschlags und erstreben insoweit eine Verurteilung wegen Mordes. Während die Rechtsmittel der Nebenkläger durchdringen, erweist sich die Revision des Angeklagten als unbegründet.
I.
- 2
- Nach den Feststellungen waren der zur Tatzeit 19-jährige Angeklagte und sein langjähriger, zwei Jahre jüngerer Freund, das spätere TatopferL. M. , am Abend des Tattags mit dem Fahrzeug des Angeklagtenunterwegs. Nachdem sie beim Autohof G. etwas gegessen hatten und sodann inder Umgebung herumgefahren waren, bogen sie von der Landstraße in einen Feldweg ab und hielten dort zunächst an einer Scheune an, um nachzusehen, was sich in der Scheune befand. Anschließend setzten sie ihre Fahrt über die Feldwege fort, bis sie an einer weiteren Scheune erneut anhielten. Beide stiegen aus und gingen zu der Längsseite der Scheune, an der sich ein großes, massives und verschlossenes Tor befand. Möglicherweise versuchte der Angeklagte mit einer mitgebrachten Metallstange ein Brett des Scheunentors beiseitezuschieben , während L. M. sich fortwährend mit seinem Mobiltelefon beschäftigte. Möglich ist auch, dass sich zwischen beiden eine kurze verbale Auseinandersetzung entwickelte, in deren Verlauf der Angeklagte seinem Freund vorhielt, dass es keinen Sinn mache, etwas zu schreiben, da die Mäd- chen ihn sowieso nicht wollten und ihn ständig „verarschten“, worauf L. M. entgegnete, dass der Angeklagte derjenige sei, der überhaupt nichts geregelt und für sein Alter „kein Mädchen an den Start bekomme“. Des Weiteren be- zeichnete L. M. den Angeklagten nicht ausschließbar als „armes Würst- chen“, was den Angeklagten verletzte. Zu darüber hinausgehenden Aggressivi- täten oder gar einer körperlichen Auseinandersetzung kam es aber nicht. L. M. nahm daraufhin sein Klappmesser und begann, sich damit im Bereich eines in dem Scheunentor wenige Zentimeter über dem Erdboden vorhandenen Lochs zu schaffen zu machen. Dabei kniete oder hockte er sich hin und drehte dem Angeklagten den Rücken zu.
- 3
- Der Angeklagte entschloss sich spätestens jetzt, L. M. zu töten, wobei ihm bewusst war, dass das Tatopfer in dieser Situation mit keinem Angriff rechnete und einen Angriff von hinten nicht rechtzeitig genug bemerken würde, um sich noch wehren zu können. Der Angeklagte stellte sich hinter L. M. , holte mit der 1,11 m langen und 1.539 g schweren Metallstange aus und schlug dem Opfer in Tötungsabsicht mit voller Wucht von hinten auf den Hinterkopf. Infolge des Schlags kippte L. M. bewusstlos nach links zur Seite, sodass sein Körper mit dem Rücken und sein Kopf mit der rechten Gesichtshälfte auf dem Boden zu liegen kamen, und begann sofort stark im Kopfbereich und aus den Ohren zu bluten. Der Angeklagte schlug mindestens zwei weitere Male mit der Metallstange mit voller Wucht auf den Kopf des auf dem Boden liegenden bewusstlosen L. M. ein, um ihn sicher zu töten. Durch die Schläge auf den Kopf erlitt das Opfer u.a. ein hochgradiges Schädel-Hirn-Trauma mit umfangreichen Schädelbrüchen und Hirnverletzungen, die mit Sicherheit nach einiger Zeit zum Tod des Opfers geführt hätten.
- 4
- In der Annahme, L. M. sei durch die Schläge bereits getötet worden oder werde in kurzer Zeit versterben, begab sich der Angeklagte nach dem letzten Schlag zu seinem Fahrzeug, legte die Metallstange in den Kofferraum und fuhr zur Landstraße zurück. Nachdem er die Metallstange am Rand eines Feldweges in den Straßengraben geworfen hatte, fuhr er wiederum zum Autohof G. , wo er sich kurze Zeit aufhielt. Da der Angeklagte den Verdacht, L. M. erschlagen zu haben, von sich weisen wollte, fasste er spätestens nach dem Verlassen des Autohofs den Entschluss, zurück zur Scheune zu fahren, die Polizei zu informieren und wahrheitswidrig anzugeben, er habe L. M. auf dessen Bitte allein an der Feldscheune absetzen sollen und ihn dann dort tot aufgefunden, als er ihn wieder habe abholen wollen. Als der Angeklagte wieder zu dem unverändert am Boden liegenden Tatopfer kam, stellte er aber fest, dass L. M. wider Erwarten noch nicht verstorben war. Er beschloss nunmehr, ihn endgültig zu töten. Mit einem aus seinem Fahrzeug herbeigeholten Messer mit einer Klingenlänge von 12 cm schnitt er dem rücklings auf dem Boden liegenden Tatopfer, das wegen der durch die Schläge verursachten Schädelverletzungen zu keiner Abwehrreaktion mehr in der Lage war, mit erheblicher Kraftentfaltung den Hals über eine Länge von 11,5 cm bis zur Wirbelsäule durch, wobei er das Messer mindestens zweimal ansetzen musste. L. M. verstarb schließlich infolge der Halsschnitte an einem zentralen Hirnversagen in Kombination mit Verbluten.
- 5
- In rechtlicher Hinsicht hat die Jugendkammer nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, ohne dies näher auszuführen, die Schläge mit der Metallstange als versuchten heimtückischen Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und die den Tod des Opfers unmittelbar herbeiführenden Messerschnitte als tatmehrheitlich begangenen Totschlag gewertet.
II.
- 6
- 1. a) Der Rechtsmittelangriff der Nebenkläger erfasst den gesamten Schuldspruch. Die mit Revisionseinlegung erklärte Beschränkung der Rechtsmittel auf die Verurteilung wegen tatmehrheitlich begangenen Totschlags erweist sich als unwirksam.
- 7
- Zwar kann die Anfechtung eines Urteils nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs innerhalb einer prozessualen Tat im Sinne des § 264 StPO regelmäßig auf einzelne materiell-rechtlich selbständige Straftaten beschränkt werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 318 Rn. 10 mwN). Eine wirksame Teilanfechtung setzt aber nach den allgemein für die Beschränkung von Rechtsmitteln geltenden Grundsätzen im Einzelfall voraus, dass sich die Anfechtung auf einen Beschwerdepunkt bezieht, der nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angegriffenen Teil rechtlich und tatsächlich selbständig beurteilt werden kann, ohne eine Prüfung der Entscheidung im Übrigen erforderlich zu machen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; Beschluss vom 15. Mai 2001 – 4 StR 306/00, BGHSt 47, 32, 35). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, weil die abgeurteilten Angriffshandlungen des Angeklagten mit der Metallstange einerseits und dem Messer andererseits wegen der Mitursächlichkeit beider Handlungsakte für den eingetretenen Todeserfolg materiell-rechtlich nicht gesondert gewürdigt werden können (unten II. 2.).
- 8
- b) Der Revisionsbegründung der Nebenkläger ist trotz verschiedener möglicherweise missverständlicher Ausführungen, die sich mit dem Strafausspruch des angefochtenen Urteils und der Höhe der verhängten Jugendstrafe befassen, noch hinreichend deutlich zu entnehmen, dass die Nebenkläger eine Verurteilung wegen vollendeten Mordes erstreben und damit ein zulässiges Rechtsmittelziel (§ 400 Abs. 1 StPO) verfolgen.
- 9
- 2. Die Revisionen der Nebenkläger sind begründet. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils weist einen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten auf. Denn auf der Grundlage der getroffenen tatsächlichen Feststellungen hat sich der Angeklagte eines vollendeten Heimtückemordes schuldig gemacht, weil er bereits durch die Schläge mit der Metallstange eine Ursache für den später unmittelbar durch die Messerschnitte herbeigeführten Tod des Opfers setzte und dieser Ursachenzusammenhang von seinem ursprünglichen Vorsatz umfasst war.
- 10
- a) Ursächlich für den Eintritt eines tatbestandsmäßigen Erfolgs ist jede Bedingung, die den Erfolg herbeigeführt hat. Dabei ist gleichgültig, ob neben der Tathandlung noch andere Umstände, Ereignisse oder Geschehensabläufe zur Herbeiführung des Erfolgs beigetragen haben (BGH, Urteil vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00, NStZ 2001, 29, 30). Ein Kausalzusammenhang ist nur dann zu verneinen, wenn ein späteres Ereignis die Fortwirkung der ursprünglichen Bedingung beseitigt und seinerseits allein unter Eröffnung einer neuen Ursachenreihe den Erfolg herbeigeführt hat (BGH, Urteil vom 10. Januar 2008 – 3 StR 463/07 Rn. 21). Dagegen schließt es die Ursächlichkeit des Täterhandelns nicht aus, dass ein weiteres Verhalten an der Herbeiführung des Erfolgs mitgewirkt hat. Ob es sich bei dem mitwirkenden Verhalten um ein solches des Opfers oder um deliktisches oder undeliktisches Verhalten eines Dritten (vgl. BGH, Urteile vom 10. Januar 2008 – 3 StR 463/07 aaO; vom 30. August2000 – 2 StR 204/00 aaO; vom 12. September 1984 – 3 StR 245/84, StV 1985, 100; vom 18. Juni 1957 – 5 StR 164/57, BGHSt 10, 291, 293 f.; vom 6. Juli 1956 – 5 StR 434/55, bei Dallinger, MDR 1956, 526) oder des Täters selbst handelt (vgl. BGH, Urteile vom 30. März 1993 – 5 StR 720/92, BGHSt 39, 195, 198; vom 14. März 1989 – 1 StR 25/89, NJW 1989, 2479 f.; vom 26. April 1960 – 5 StR 77/60, BGHSt 14, 193, 194; vom 23. Oktober 1951 – 1 StR 348/51, bei Dallinger, MDR 1952, 16; RGSt 67, 258 f.), ist dabei ohne Bedeutung.
- 11
- Danach waren die mit Tötungsabsicht geführten Schläge mit der Metallstange unbeschadet des Umstands, dass das Tatopfer unmittelbar an den Folgen der späteren Messerschnitte verstarb, für den Tod des Opfers ursächlich. Denn der Einsatz des Messers gegen das bewusstlose, bereits tödlich verletzte Opfer, um es endgültig zu töten, knüpfte an das vorausgegangene Geschehen an und wäre ohne die durch die Schläge mit der Metallstange geschaffene Lage nicht möglich gewesen.
- 12
- b) Der Tod des Opfers als Folge der mit der Metallstange geführten Schläge ist dem Angeklagten auch subjektiv als von dem die Ausführung der Schläge tragenden Vorsatz mitumfasst zuzurechnen. Der Vorsatz des Täters muss sich auf den zum Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs führenden Geschehensablauf erstrecken (vgl. BGH, Urteile vom 9. Oktober 1969 – 2 StR 376/69, BGHSt 23, 133, 135; vom 21. April 1955 – 4 StR 552/54, BGHSt 7, 325, 329). Da dieser indes kaum je in allen Einzelheiten zu erfassen ist, wird der Vorsatz durch unwesentliche Abweichungen des vorgestellten vom tatsächlichen Geschehensablauf nicht in Frage gestellt. Eine Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als unwesentlich anzusehen, wenn sie sich innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren hält und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2011 – 1 StR 676/10, BGHSt 56, 162, 166; Urteil vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00 aaO; Beschluss vom 11. Juli 1991 – 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 34; Vogel in LK-StPO, 12. Aufl., § 16 Rn. 56 ff. mwN). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist in Fällen, in denen bei Angriffen gegen das Leben der Tod des Opfers nicht unmittelbar durch die Angriffshandlung sondern durch vorsätzliches Handeln eines Dritten oder eine nicht mehr vom Tötungsvorsatz getragene Verdeckungshandlung des Täters herbeigeführt wurde, von der Rechtsprechung eine wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf verneint worden (vgl. BGH, Urteile vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00 aaO; vom 26. April 1960 – 5 StR 77/60 aaO; vom 6. Juli 1956 – 5 StR 434/55, aaO).
- 13
- Im vorliegenden Fall ist nach den festgestellten Tatumständen eine lediglich unwesentliche Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf gegeben. Der Umstand, dass der Tod des durch die Schläge mit der Metallstange bereits tödlich verletzten Tatopfers unmittelbar durch die im Zuge der Bemühungen um eine Tatverschleierung mit gleicher Angriffsrichtung gegen das wider Erwarten noch nicht verstorbene Opfer geführten Messerstiche bewirkt wurde, bewegt sich nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit und rechtfertigt keine andere Bewertung der Tat.
- 14
- c) Der Angeklagte hat sich durch die mit der Metallstange geführten Schläge gegen das Tatopfer damit eines vollendeten Mordes in der Tatbestandsalternative der heimtückischen Tötung schuldig gemacht. Der durch die Messerschnitte nach Auffassung des Landgerichts gleichfalls verwirklichte Totschlag nach § 212 Abs. 1 StGB tritt, da die Herbeiführung des Todeserfolgs dem Angeklagten strafrechtlich nur einmal angelastet werden kann, konkurrenzrechtlich hinter den Mord zurück (vgl. Rogall, JZ 1993, 1066, 1068).
- 15
- d) Die Entscheidung des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 12. Juni 2001 – 5 StR 432/00 – (NStZ 2002, 253) steht der hier getroffenen Entscheidung nicht entgegen, weil dem Urteil des 5. Strafsenats nicht zu entnehmen ist, ob die dort vorgenommene rechtliche Würdigung auf einer abweichenden Rechtsansicht oder einer einzelfallbezogenen Bewertung festgestellter Tatumstände beruht.
- 16
- e) Die zu Gunsten des Angeklagten rechtsfehlerhafte rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts führt – mit Ausnahme der Adhäsionsentscheidung (vgl. BGH, Urteile vom 28. November 2007 – 2 StR 477/07, BGHSt 52, 96; vom 8. April 2009 – 5 StR 65/09 Rn. 27) – zur Aufhebung des Urteils. An der vom Generalbundesanwalt beantragten Schuldspruchänderung sieht sich der Senat durch die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO gehindert, da der Angeklagte, dem in der Anklage hinsichtlich der Schläge mit der Metallstange ein versuchter Mord angelastet worden ist, auf die Möglichkeit einer an die Schläge anknüpfenden Verurteilung wegen vollendeten Mordes bislang weder in rechtlicher noch tatsächlicher Hinsicht hingewiesen worden ist.
III.
- 17
- Die Revision des Angeklagten bleibt erfolglos.
- 18
- Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Hinsichtlich der Verfahrensrügen ist ergänzend zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts zu bemerken:
- 19
- Die Verfahrensrüge, mit welcher der Beschwerdeführer ein Verwertungsverbot hinsichtlich der durch Zeugenvernehmung der jeweiligen Vernehmungspersonen in die Hauptverhandlung eingeführten Angaben des Angeklagten gegenüber der Polizei im Ermittlungsverfahren wegen des Unterbleibens einer Beschuldigtenbelehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO sowie des Fehlens einer auf die Unverwertbarkeit früherer Angaben hinweisenden qualifizierten Beschuldigtenbelehrung geltend macht, ist nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Denn dem Vortrag der Re- vision ist nicht zu entnehmen, ob die Widersprüche gegen die Verwertung rechtzeitig spätestens bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt im Anschluss an die Vernehmung der Vernehmungspersonen erfolgt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 1992 – 5 StR 190/91, BGHSt 38, 214, 225 f.; Diemer in KK-StPO, 7. Aufl., § 136 Rn. 28 mwN). Soweit sich die Revision unter dem Gesichtspunkt einer unterbliebenen qualifizierten Beschuldigtenbelehrung gegen die Verwertung der vom Angeklagten nach Belehrung gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO gemachten Angaben wendet, wäre die Rüge aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen auch unbegründet, weil die Jugendkammer aufgrund der gebotenen Abwägung im Einzelfall (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 – 4 StR 170/09, NStZ 2009, 702, 703; Urteil vom 18. Dezember 2008 – 4 StR 455/08, BGHSt 53, 112 Rn. 14 ff.; vom 3. Juli 2007 – 1 StR 3/07, StV 2007, 450, 452) rechtsfehlerfrei ein Verwertungsverbot verneint hat.
- 20
- Die Aufklärungsrüge, mit welcher der Beschwerdeführer das Unterbleiben einer erneuten Befragung des rechtsmedizinischen Sachverständigen Dr. K. beanstandet, erfüllt mangels Vortrags zu dem erwarteten Beweisergebnis (vgl. Meyer-Goßner aaO, § 244 Rn. 81 mwN) nicht die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Schließlich dringen auch die Beweisantragsrügen nicht durch, die sich auf die beantragte Einholung eines weiteren rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens zur Zeitdauer des Auftretens von neutrophilen Granulozyten im Wundbereich beziehen. Denn der Senat kann ausschließen, dass das Urteil auf einer fehlerhaften Ablehnung dieser Beweisanträge beruht. Das Landgericht hat im Rahmen seiner Überzeugungsbildung zum festgestellten Sachverhalt an keiner Stelle auf die für das Auftreten von neutrophilen Granulozyten erforderliche Zeitspanne abgestellt. Dies gilt entgegen dem Vorbringen der Revision auch für die Feststellung einer zeitlichen Zäsur zwischen den Schlägen mit der Metallstange und der Ausführung der Messerschnitte, die das Landgericht auf die Angaben des Angeklagten in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung gestützt hat, welche die Jugendkammer als durch andere Beweisergebnisse bestätigt gesehen und als glaubhaft bewertet hat. Lediglich für die Frage, ob die rechtsmedizinischen Befunde den Angaben des Angeklagten in der Beschuldigtenvernehmung entgegenstehen , hat die Jugendkammer Überlegungen zur erforderlichen Zeitdauer für das Auftreten von neutrophilen Granulozyten angestellt, die aber für die vom Beschwerdeführer unter Beweis gestellte kürzere Zeitspanne erst recht zutreffen. Auch im Übrigen werden die vom Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung gezogenen Schlussfolgerungen durch das in den Beweisanträgen behauptete raschere Auftreten von neutrophilen Granulozyten im Wundbereich nicht in Frage gestellt.
Mutzbauer Bender
(1) Dieses Gesetz gilt, wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist.
(2) Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.
(3) Ist zweifelhaft, ob der Beschuldigte zur Zeit der Tat das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, sind die für Jugendliche geltenden Verfahrensvorschriften anzuwenden.
(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.
(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.
(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn
- 1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder - 2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.
(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.
(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Angeklagte hat die im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Neben- und Adhäsionskläger zu tragen; im Übrigen wird von der Auferlegung von Kosten und Auslagen abgesehen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen Totschlags zu der einheitlichen Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten , die mit mehreren Verfahrensbeanstandungen und der Sachrüge begründet ist. Die Nebenkläger wenden sich mit ihren auf die Sachbeschwerde gestützten Revisionen gegen die Verurteilung wegen tatmehrheitlich begange- nen Totschlags und erstreben insoweit eine Verurteilung wegen Mordes. Während die Rechtsmittel der Nebenkläger durchdringen, erweist sich die Revision des Angeklagten als unbegründet.
I.
- 2
- Nach den Feststellungen waren der zur Tatzeit 19-jährige Angeklagte und sein langjähriger, zwei Jahre jüngerer Freund, das spätere TatopferL. M. , am Abend des Tattags mit dem Fahrzeug des Angeklagtenunterwegs. Nachdem sie beim Autohof G. etwas gegessen hatten und sodann inder Umgebung herumgefahren waren, bogen sie von der Landstraße in einen Feldweg ab und hielten dort zunächst an einer Scheune an, um nachzusehen, was sich in der Scheune befand. Anschließend setzten sie ihre Fahrt über die Feldwege fort, bis sie an einer weiteren Scheune erneut anhielten. Beide stiegen aus und gingen zu der Längsseite der Scheune, an der sich ein großes, massives und verschlossenes Tor befand. Möglicherweise versuchte der Angeklagte mit einer mitgebrachten Metallstange ein Brett des Scheunentors beiseitezuschieben , während L. M. sich fortwährend mit seinem Mobiltelefon beschäftigte. Möglich ist auch, dass sich zwischen beiden eine kurze verbale Auseinandersetzung entwickelte, in deren Verlauf der Angeklagte seinem Freund vorhielt, dass es keinen Sinn mache, etwas zu schreiben, da die Mäd- chen ihn sowieso nicht wollten und ihn ständig „verarschten“, worauf L. M. entgegnete, dass der Angeklagte derjenige sei, der überhaupt nichts geregelt und für sein Alter „kein Mädchen an den Start bekomme“. Des Weiteren be- zeichnete L. M. den Angeklagten nicht ausschließbar als „armes Würst- chen“, was den Angeklagten verletzte. Zu darüber hinausgehenden Aggressivi- täten oder gar einer körperlichen Auseinandersetzung kam es aber nicht. L. M. nahm daraufhin sein Klappmesser und begann, sich damit im Bereich eines in dem Scheunentor wenige Zentimeter über dem Erdboden vorhandenen Lochs zu schaffen zu machen. Dabei kniete oder hockte er sich hin und drehte dem Angeklagten den Rücken zu.
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- Der Angeklagte entschloss sich spätestens jetzt, L. M. zu töten, wobei ihm bewusst war, dass das Tatopfer in dieser Situation mit keinem Angriff rechnete und einen Angriff von hinten nicht rechtzeitig genug bemerken würde, um sich noch wehren zu können. Der Angeklagte stellte sich hinter L. M. , holte mit der 1,11 m langen und 1.539 g schweren Metallstange aus und schlug dem Opfer in Tötungsabsicht mit voller Wucht von hinten auf den Hinterkopf. Infolge des Schlags kippte L. M. bewusstlos nach links zur Seite, sodass sein Körper mit dem Rücken und sein Kopf mit der rechten Gesichtshälfte auf dem Boden zu liegen kamen, und begann sofort stark im Kopfbereich und aus den Ohren zu bluten. Der Angeklagte schlug mindestens zwei weitere Male mit der Metallstange mit voller Wucht auf den Kopf des auf dem Boden liegenden bewusstlosen L. M. ein, um ihn sicher zu töten. Durch die Schläge auf den Kopf erlitt das Opfer u.a. ein hochgradiges Schädel-Hirn-Trauma mit umfangreichen Schädelbrüchen und Hirnverletzungen, die mit Sicherheit nach einiger Zeit zum Tod des Opfers geführt hätten.
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- In der Annahme, L. M. sei durch die Schläge bereits getötet worden oder werde in kurzer Zeit versterben, begab sich der Angeklagte nach dem letzten Schlag zu seinem Fahrzeug, legte die Metallstange in den Kofferraum und fuhr zur Landstraße zurück. Nachdem er die Metallstange am Rand eines Feldweges in den Straßengraben geworfen hatte, fuhr er wiederum zum Autohof G. , wo er sich kurze Zeit aufhielt. Da der Angeklagte den Verdacht, L. M. erschlagen zu haben, von sich weisen wollte, fasste er spätestens nach dem Verlassen des Autohofs den Entschluss, zurück zur Scheune zu fahren, die Polizei zu informieren und wahrheitswidrig anzugeben, er habe L. M. auf dessen Bitte allein an der Feldscheune absetzen sollen und ihn dann dort tot aufgefunden, als er ihn wieder habe abholen wollen. Als der Angeklagte wieder zu dem unverändert am Boden liegenden Tatopfer kam, stellte er aber fest, dass L. M. wider Erwarten noch nicht verstorben war. Er beschloss nunmehr, ihn endgültig zu töten. Mit einem aus seinem Fahrzeug herbeigeholten Messer mit einer Klingenlänge von 12 cm schnitt er dem rücklings auf dem Boden liegenden Tatopfer, das wegen der durch die Schläge verursachten Schädelverletzungen zu keiner Abwehrreaktion mehr in der Lage war, mit erheblicher Kraftentfaltung den Hals über eine Länge von 11,5 cm bis zur Wirbelsäule durch, wobei er das Messer mindestens zweimal ansetzen musste. L. M. verstarb schließlich infolge der Halsschnitte an einem zentralen Hirnversagen in Kombination mit Verbluten.
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- In rechtlicher Hinsicht hat die Jugendkammer nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, ohne dies näher auszuführen, die Schläge mit der Metallstange als versuchten heimtückischen Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und die den Tod des Opfers unmittelbar herbeiführenden Messerschnitte als tatmehrheitlich begangenen Totschlag gewertet.
II.
- 6
- 1. a) Der Rechtsmittelangriff der Nebenkläger erfasst den gesamten Schuldspruch. Die mit Revisionseinlegung erklärte Beschränkung der Rechtsmittel auf die Verurteilung wegen tatmehrheitlich begangenen Totschlags erweist sich als unwirksam.
- 7
- Zwar kann die Anfechtung eines Urteils nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs innerhalb einer prozessualen Tat im Sinne des § 264 StPO regelmäßig auf einzelne materiell-rechtlich selbständige Straftaten beschränkt werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 318 Rn. 10 mwN). Eine wirksame Teilanfechtung setzt aber nach den allgemein für die Beschränkung von Rechtsmitteln geltenden Grundsätzen im Einzelfall voraus, dass sich die Anfechtung auf einen Beschwerdepunkt bezieht, der nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angegriffenen Teil rechtlich und tatsächlich selbständig beurteilt werden kann, ohne eine Prüfung der Entscheidung im Übrigen erforderlich zu machen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; Beschluss vom 15. Mai 2001 – 4 StR 306/00, BGHSt 47, 32, 35). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, weil die abgeurteilten Angriffshandlungen des Angeklagten mit der Metallstange einerseits und dem Messer andererseits wegen der Mitursächlichkeit beider Handlungsakte für den eingetretenen Todeserfolg materiell-rechtlich nicht gesondert gewürdigt werden können (unten II. 2.).
- 8
- b) Der Revisionsbegründung der Nebenkläger ist trotz verschiedener möglicherweise missverständlicher Ausführungen, die sich mit dem Strafausspruch des angefochtenen Urteils und der Höhe der verhängten Jugendstrafe befassen, noch hinreichend deutlich zu entnehmen, dass die Nebenkläger eine Verurteilung wegen vollendeten Mordes erstreben und damit ein zulässiges Rechtsmittelziel (§ 400 Abs. 1 StPO) verfolgen.
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- 2. Die Revisionen der Nebenkläger sind begründet. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils weist einen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten auf. Denn auf der Grundlage der getroffenen tatsächlichen Feststellungen hat sich der Angeklagte eines vollendeten Heimtückemordes schuldig gemacht, weil er bereits durch die Schläge mit der Metallstange eine Ursache für den später unmittelbar durch die Messerschnitte herbeigeführten Tod des Opfers setzte und dieser Ursachenzusammenhang von seinem ursprünglichen Vorsatz umfasst war.
- 10
- a) Ursächlich für den Eintritt eines tatbestandsmäßigen Erfolgs ist jede Bedingung, die den Erfolg herbeigeführt hat. Dabei ist gleichgültig, ob neben der Tathandlung noch andere Umstände, Ereignisse oder Geschehensabläufe zur Herbeiführung des Erfolgs beigetragen haben (BGH, Urteil vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00, NStZ 2001, 29, 30). Ein Kausalzusammenhang ist nur dann zu verneinen, wenn ein späteres Ereignis die Fortwirkung der ursprünglichen Bedingung beseitigt und seinerseits allein unter Eröffnung einer neuen Ursachenreihe den Erfolg herbeigeführt hat (BGH, Urteil vom 10. Januar 2008 – 3 StR 463/07 Rn. 21). Dagegen schließt es die Ursächlichkeit des Täterhandelns nicht aus, dass ein weiteres Verhalten an der Herbeiführung des Erfolgs mitgewirkt hat. Ob es sich bei dem mitwirkenden Verhalten um ein solches des Opfers oder um deliktisches oder undeliktisches Verhalten eines Dritten (vgl. BGH, Urteile vom 10. Januar 2008 – 3 StR 463/07 aaO; vom 30. August2000 – 2 StR 204/00 aaO; vom 12. September 1984 – 3 StR 245/84, StV 1985, 100; vom 18. Juni 1957 – 5 StR 164/57, BGHSt 10, 291, 293 f.; vom 6. Juli 1956 – 5 StR 434/55, bei Dallinger, MDR 1956, 526) oder des Täters selbst handelt (vgl. BGH, Urteile vom 30. März 1993 – 5 StR 720/92, BGHSt 39, 195, 198; vom 14. März 1989 – 1 StR 25/89, NJW 1989, 2479 f.; vom 26. April 1960 – 5 StR 77/60, BGHSt 14, 193, 194; vom 23. Oktober 1951 – 1 StR 348/51, bei Dallinger, MDR 1952, 16; RGSt 67, 258 f.), ist dabei ohne Bedeutung.
- 11
- Danach waren die mit Tötungsabsicht geführten Schläge mit der Metallstange unbeschadet des Umstands, dass das Tatopfer unmittelbar an den Folgen der späteren Messerschnitte verstarb, für den Tod des Opfers ursächlich. Denn der Einsatz des Messers gegen das bewusstlose, bereits tödlich verletzte Opfer, um es endgültig zu töten, knüpfte an das vorausgegangene Geschehen an und wäre ohne die durch die Schläge mit der Metallstange geschaffene Lage nicht möglich gewesen.
- 12
- b) Der Tod des Opfers als Folge der mit der Metallstange geführten Schläge ist dem Angeklagten auch subjektiv als von dem die Ausführung der Schläge tragenden Vorsatz mitumfasst zuzurechnen. Der Vorsatz des Täters muss sich auf den zum Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs führenden Geschehensablauf erstrecken (vgl. BGH, Urteile vom 9. Oktober 1969 – 2 StR 376/69, BGHSt 23, 133, 135; vom 21. April 1955 – 4 StR 552/54, BGHSt 7, 325, 329). Da dieser indes kaum je in allen Einzelheiten zu erfassen ist, wird der Vorsatz durch unwesentliche Abweichungen des vorgestellten vom tatsächlichen Geschehensablauf nicht in Frage gestellt. Eine Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als unwesentlich anzusehen, wenn sie sich innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren hält und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2011 – 1 StR 676/10, BGHSt 56, 162, 166; Urteil vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00 aaO; Beschluss vom 11. Juli 1991 – 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 34; Vogel in LK-StPO, 12. Aufl., § 16 Rn. 56 ff. mwN). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist in Fällen, in denen bei Angriffen gegen das Leben der Tod des Opfers nicht unmittelbar durch die Angriffshandlung sondern durch vorsätzliches Handeln eines Dritten oder eine nicht mehr vom Tötungsvorsatz getragene Verdeckungshandlung des Täters herbeigeführt wurde, von der Rechtsprechung eine wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf verneint worden (vgl. BGH, Urteile vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00 aaO; vom 26. April 1960 – 5 StR 77/60 aaO; vom 6. Juli 1956 – 5 StR 434/55, aaO).
- 13
- Im vorliegenden Fall ist nach den festgestellten Tatumständen eine lediglich unwesentliche Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf gegeben. Der Umstand, dass der Tod des durch die Schläge mit der Metallstange bereits tödlich verletzten Tatopfers unmittelbar durch die im Zuge der Bemühungen um eine Tatverschleierung mit gleicher Angriffsrichtung gegen das wider Erwarten noch nicht verstorbene Opfer geführten Messerstiche bewirkt wurde, bewegt sich nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit und rechtfertigt keine andere Bewertung der Tat.
- 14
- c) Der Angeklagte hat sich durch die mit der Metallstange geführten Schläge gegen das Tatopfer damit eines vollendeten Mordes in der Tatbestandsalternative der heimtückischen Tötung schuldig gemacht. Der durch die Messerschnitte nach Auffassung des Landgerichts gleichfalls verwirklichte Totschlag nach § 212 Abs. 1 StGB tritt, da die Herbeiführung des Todeserfolgs dem Angeklagten strafrechtlich nur einmal angelastet werden kann, konkurrenzrechtlich hinter den Mord zurück (vgl. Rogall, JZ 1993, 1066, 1068).
- 15
- d) Die Entscheidung des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 12. Juni 2001 – 5 StR 432/00 – (NStZ 2002, 253) steht der hier getroffenen Entscheidung nicht entgegen, weil dem Urteil des 5. Strafsenats nicht zu entnehmen ist, ob die dort vorgenommene rechtliche Würdigung auf einer abweichenden Rechtsansicht oder einer einzelfallbezogenen Bewertung festgestellter Tatumstände beruht.
- 16
- e) Die zu Gunsten des Angeklagten rechtsfehlerhafte rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts führt – mit Ausnahme der Adhäsionsentscheidung (vgl. BGH, Urteile vom 28. November 2007 – 2 StR 477/07, BGHSt 52, 96; vom 8. April 2009 – 5 StR 65/09 Rn. 27) – zur Aufhebung des Urteils. An der vom Generalbundesanwalt beantragten Schuldspruchänderung sieht sich der Senat durch die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO gehindert, da der Angeklagte, dem in der Anklage hinsichtlich der Schläge mit der Metallstange ein versuchter Mord angelastet worden ist, auf die Möglichkeit einer an die Schläge anknüpfenden Verurteilung wegen vollendeten Mordes bislang weder in rechtlicher noch tatsächlicher Hinsicht hingewiesen worden ist.
III.
- 17
- Die Revision des Angeklagten bleibt erfolglos.
- 18
- Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Hinsichtlich der Verfahrensrügen ist ergänzend zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts zu bemerken:
- 19
- Die Verfahrensrüge, mit welcher der Beschwerdeführer ein Verwertungsverbot hinsichtlich der durch Zeugenvernehmung der jeweiligen Vernehmungspersonen in die Hauptverhandlung eingeführten Angaben des Angeklagten gegenüber der Polizei im Ermittlungsverfahren wegen des Unterbleibens einer Beschuldigtenbelehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO sowie des Fehlens einer auf die Unverwertbarkeit früherer Angaben hinweisenden qualifizierten Beschuldigtenbelehrung geltend macht, ist nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Denn dem Vortrag der Re- vision ist nicht zu entnehmen, ob die Widersprüche gegen die Verwertung rechtzeitig spätestens bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt im Anschluss an die Vernehmung der Vernehmungspersonen erfolgt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 1992 – 5 StR 190/91, BGHSt 38, 214, 225 f.; Diemer in KK-StPO, 7. Aufl., § 136 Rn. 28 mwN). Soweit sich die Revision unter dem Gesichtspunkt einer unterbliebenen qualifizierten Beschuldigtenbelehrung gegen die Verwertung der vom Angeklagten nach Belehrung gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO gemachten Angaben wendet, wäre die Rüge aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen auch unbegründet, weil die Jugendkammer aufgrund der gebotenen Abwägung im Einzelfall (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 – 4 StR 170/09, NStZ 2009, 702, 703; Urteil vom 18. Dezember 2008 – 4 StR 455/08, BGHSt 53, 112 Rn. 14 ff.; vom 3. Juli 2007 – 1 StR 3/07, StV 2007, 450, 452) rechtsfehlerfrei ein Verwertungsverbot verneint hat.
- 20
- Die Aufklärungsrüge, mit welcher der Beschwerdeführer das Unterbleiben einer erneuten Befragung des rechtsmedizinischen Sachverständigen Dr. K. beanstandet, erfüllt mangels Vortrags zu dem erwarteten Beweisergebnis (vgl. Meyer-Goßner aaO, § 244 Rn. 81 mwN) nicht die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Schließlich dringen auch die Beweisantragsrügen nicht durch, die sich auf die beantragte Einholung eines weiteren rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens zur Zeitdauer des Auftretens von neutrophilen Granulozyten im Wundbereich beziehen. Denn der Senat kann ausschließen, dass das Urteil auf einer fehlerhaften Ablehnung dieser Beweisanträge beruht. Das Landgericht hat im Rahmen seiner Überzeugungsbildung zum festgestellten Sachverhalt an keiner Stelle auf die für das Auftreten von neutrophilen Granulozyten erforderliche Zeitspanne abgestellt. Dies gilt entgegen dem Vorbringen der Revision auch für die Feststellung einer zeitlichen Zäsur zwischen den Schlägen mit der Metallstange und der Ausführung der Messerschnitte, die das Landgericht auf die Angaben des Angeklagten in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung gestützt hat, welche die Jugendkammer als durch andere Beweisergebnisse bestätigt gesehen und als glaubhaft bewertet hat. Lediglich für die Frage, ob die rechtsmedizinischen Befunde den Angaben des Angeklagten in der Beschuldigtenvernehmung entgegenstehen , hat die Jugendkammer Überlegungen zur erforderlichen Zeitdauer für das Auftreten von neutrophilen Granulozyten angestellt, die aber für die vom Beschwerdeführer unter Beweis gestellte kürzere Zeitspanne erst recht zutreffen. Auch im Übrigen werden die vom Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung gezogenen Schlussfolgerungen durch das in den Beweisanträgen behauptete raschere Auftreten von neutrophilen Granulozyten im Wundbereich nicht in Frage gestellt.
Mutzbauer Bender
(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die Entscheidung kann sich auf den Grund oder einen Teil des geltend gemachten Anspruchs beschränken; § 318 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Das Gericht sieht von einer Entscheidung ab, wenn der Antrag unzulässig ist oder soweit er unbegründet erscheint. Im Übrigen kann das Gericht von einer Entscheidung nur absehen, wenn sich der Antrag auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignet. Der Antrag ist insbesondere dann zur Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet, wenn seine weitere Prüfung, auch soweit eine Entscheidung nur über den Grund oder einen Teil des Anspruchs in Betracht kommt, das Verfahren erheblich verzögern würde. Soweit der Antragsteller den Anspruch auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes (§ 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) geltend macht, ist das Absehen von einer Entscheidung nur nach Satz 3 zulässig.
(2) Erkennt der Angeklagte den vom Antragsteller gegen ihn geltend gemachten Anspruch ganz oder teilweise an, ist er gemäß dem Anerkenntnis zu verurteilen.
(3) Die Entscheidung über den Antrag steht einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleich. Das Gericht erklärt die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar; die §§ 708 bis 712 sowie die §§ 714 und 716 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er anderweit geltend gemacht werden. Ist über den Grund des Anspruchs rechtskräftig entschieden, so findet die Verhandlung über den Betrag nach § 304 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung vor dem zuständigen Zivilgericht statt.
(4) Der Antragsteller erhält eine Abschrift des Urteils mit Gründen oder einen Auszug daraus.
(5) Erwägt das Gericht, von einer Entscheidung über den Antrag abzusehen, weist es die Verfahrensbeteiligten so früh wie möglich darauf hin. Sobald das Gericht nach Anhörung des Antragstellers die Voraussetzungen für eine Entscheidung über den Antrag für nicht gegeben erachtet, sieht es durch Beschluss von einer Entscheidung über den Antrag ab.
(1) Von den Vorschriften über das Jugendstrafverfahren (§§ 43 bis 81a) sind im Verfahren gegen einen Heranwachsenden die §§ 43, 46a, 47a, 50 Absatz 3 und 4, die §§ 51a, 68 Nummer 1, 4 und 5, die §§ 68a, 68b, 70 Absatz 2 und 3, die §§ 70a, 70b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2, die §§ 70c, 72a bis 73 und 81a entsprechend anzuwenden. Die Bestimmungen des § 70a sind nur insoweit anzuwenden, als sich die Unterrichtung auf Vorschriften bezieht, die nach dem für die Heranwachsenden geltenden Recht nicht ausgeschlossen sind. Die Jugendgerichtshilfe und in geeigneten Fällen auch die Schule werden von der Einleitung und dem Ausgang des Verfahrens unterrichtet. Sie benachrichtigen den Staatsanwalt, wenn ihnen bekannt wird, daß gegen den Beschuldigten noch ein anderes Strafverfahren anhängig ist. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse des Heranwachsenden geboten ist.
(2) Wendet der Richter Jugendstrafrecht an (§ 105), so gelten auch die §§ 45, 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 3, Abs. 2, 3, §§ 52, 52a, 54 Abs. 1, §§ 55 bis 66, 74 und 79 Abs. 1 entsprechend. § 66 ist auch dann anzuwenden, wenn die einheitliche Festsetzung von Maßnahmen oder Jugendstrafe nach § 105 Abs. 2 unterblieben ist. § 55 Abs. 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn die Entscheidung im beschleunigten Verfahren des allgemeinen Verfahrensrechts ergangen ist. § 74 ist im Rahmen einer Entscheidung über die Auslagen des Antragstellers nach § 472a der Strafprozessordnung nicht anzuwenden.
(3) In einem Verfahren gegen einen Heranwachsenden findet § 407 Abs. 2 Satz 2 der Strafprozeßordnung keine Anwendung.