Landgericht Nürnberg-Fürth Beschluss, 06. Juni 2018 - 11 S 1150/18

bei uns veröffentlicht am06.06.2018

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 23.01.2018, Aktenzeichen 15 C 5458/17, wird verworfen.

2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 587,82 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger macht Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung nach Widerspruch gegen eine im Policenmodell abgeschlossene Fondslebensversicherung geltend.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zu Gunsten des Klägers unterstellt werden könne, dass eine unwirksame Widerspruchsbelehrung vorliege. Wegen der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalles ging das Amtsgericht davon aus, dass der Anspruch jedenfalls verwirkt sei und es dem Kläger nach Treu und Glauben verwehrt sei, den Widerspruch zu erklären.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter und stellt die Anträge:

1. Die Beklagte wird unter Abänderung des am 23.01.2018 verkündeten Endurteils des Amtsgerichts Nürnberg, Az. 15 C 5458/17, verurteilt, an den Kläger einen Betrag von EUR 4.316,21 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.03.2016 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird unter Abänderung des am 23.01.2018 verkündeten Endurteils des Amtsgerichts Nürnberg, Az. 15 C 5458/17, verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 562,87 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.03.2016 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung war zu verwerfen, da die Berufungssumme nicht erreicht ist.

Für die Zulässigkeit der Berufung ist eine Beschwer von mindestens 600 € erforderlich (§ 511 Abs. 2 Zifer 2 ZPO). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da der Streitwert für das Berufungsverfahren auf 587,82 € fest zusetzen ist.

Soweit Zinsen zusammen mit der Hauptsache geltend gemacht werden, liegt eine den Streitwert nicht erhöhende Nebenforderung vor (vgl. aktuell OLG Nürnberg, Hinweis vom 12.03.2018, 8 U 2157/17 mit Hinweis auf OLG Karlsruhe - 12 U 76/17 -, OLG Nürnberg, Verfügung vom 14.03.2018, 8 U 2055/17, sowie OLG Stuttgart - 7 U 80/7 U 80/17 - Rn. 126 - zitiert nach juris).

Gemäß § 4 ZPO bleiben Nutzungen, soweit sie Nebenforderung sind, für den Zuständigkeitsstreitwert unberücksichtigt. Nebenforderungen sind Nutzungen immer dann, wenn sie in einer Klage neben dem Hauptanspruch, aus dem sie in Abhängigkeit entstanden sind, von derselben Partei als Forderung geltend gemacht werden, auch wenn sie ausgerechnet und mit der Hauptforderung zu einem einheitlichen Forderungsbetrag zusammengefasst sind (vgl. Thomas/Putzo, ZPO § 4 Rn. 8; BGH, NJW-RR 1988, 1196, 1198 f.; Zöller, ZPO, 30. Auflage § 4 Rn. 11 m.w.N.).

Vorliegend macht der Kläger Prämienrückzahlungen und Nutzungen aus den Prämienzahlungen abzüglich eines bereits ausgezahlten Rückkaufswertes geltend. Der Rückkaufswert ergibt sich gemäß § 3 der Tarifbedingungen aus dem Deckungskapital (abzüglich weiterer Positionen). Daraus folgt, dass im Rückkaufswert diejenigen Prämienanteile, die nicht in das Deckungskapital/Deckungsstock geflossen sind, also diejenigen Beitragsanteile die nach der Behauptung der Klägerin in das Eigenkapital geflossen sind, nicht enthalten sein können. Diese Beitragsanteile sind folglich im klägerischen Antrag enthalten. Somit werden die insoweit gezogenen Nutzungen, die nach klägerischer Darstellung im Eigenkapital gezogen worden sein sollen, als Nebenforderung geltend gemacht. Sie sind daher bei der Berechnung des Streitwerts nicht zu berücksichtigen.

Ausweislich der Entscheidung des Bundesgerichtshofs, Beschluss vom 15.02.2000, Az.: XI ZR 273/99 (NJW-RR 2000, 1015), sind bei Bereicherungsansprüchen Zinsen und Nutzungen nur dann Teil der Hauptforderung, wenn sie Gegenstand eines einheitlichen Gesamtanspruchs - wie etwa im Fall des Anspruchs auf Herausgabe des zur Bezahlung einer Nichtschuld nebst Zinsen aufgewandten Betrags oder des Anspruchs auf Zustimmung zur Auszahlung einer aus hinterlegtem Betrag und aufgelaufenen Zinsen bestehenden Hinterlegungsmasse - sind. Geht es dagegen - wie hier - um Beträge, die als Vergütung für die Nutzung der dem Bereicherungsschuldner zugeflossenen Hauptsumme verlangt werden, so sind nach der Rechtsauffassung des BGH diese Beträge bzw. Nutzungen im Verhältnis zur Hauptsumme lediglich Nebenforderungen (vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 28. Januar 2015 - 20 W 72/14 -, juris, OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24.07.2017 - 12 U 75/17 -, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23. März 2015 - 12 W 6/15 -, juris; OLG Celle NJW 2014, 993).

Damit kein einheitlicher Gesamtanspruch in diesem Sinne vorliegt, ist es nicht erforderlich, dass Zinsen und Nutzungen auf eine völlig andere Anspruchsgrundlage als die der primären bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung gestützt werden. Erforderlich ist vielmehr ein eigener Entstehungsgrund (vgl. BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 25. Edition, Stand: 15.06.2017, Rn. 12), der vorliegend darin liegt, dass der Bereicherungsschuldner über die Herausgabe des erlangten Etwas hinaus (Hauptanspruch: Rückzahlung der Prämien), weitere Beträge erwirtschaftet haben muss, damit der vom Bereicherungsgläubiger zusätzlich geltend gemachte (Neben-) Anspruch auf Nutzungen/Zinsen besteht. Diese Rechtsauffassung hat der BGH in dem angeführten Beschluss vom 15.02.2000 vertreten, in dem er ausführt, dass Beträge, die als Vergütung für die Nutzung der dem Bereicherungsschuldner zugeflossenen Hauptsumme verlangt werden, im Verhältnis zur Hauptsumme lediglich Nebenforderungen sind.

Eine hiervon abweichende Rechtsansicht des IV. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs lässt sich aus dessen neueren Streitwertfestsetzungen nicht herleiten, da diese jeweils nicht begründet wurden (so auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.05.2016, Az.: 12 U 143/15).

Soweit Obergerichte (vgl. OLG Karlsruhe Az.: 12 U 75/17; OLG Celle Az.: 8 U 192/13) eine verhältnismäßige Berechnung in Hinblick auf die Prämienrückgewähr und die Herausgabe von Nutzungen praktiziert haben, kann dem für die hier vorliegende Konstellation nicht gefolgt werden. Maßgeblich ist insoweit der klägerische Vortrag aus dem sich klar ergibt, dass die im Eigenkapital gezogenen Nutzungen gerade auf den Betrag zurückzuführen sind, der von der Beklagten an die Klägerin noch nicht in Gestalt des Rückkaufswertes ausgezahlt wurde (Kostenanteile) und nach der Konzeption des Vertrages (Rückkaufswertes enthält nach der Definition keine Kostenanteile) auch noch nicht ausgezahlt sein kann. Die insoweit von der Klägerin als gezogen behaupteten Nutzungen haben daher außer Betracht zu bleiben.

Da die Nutzungen im Eigenkapital in Höhe von 3.728,39 € für die Berechnung des Zuständigkeitsstreitwerts außer Betracht zu bleiben haben, ist der Streitwert auf 587,82 € festzusetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 4 Wertberechnung; Nebenforderungen


(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht,

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Forderung abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 4.316,21 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Rückzahlungsansprüche nach erfolgtem Widerspruch einer im Policenmodell abgeschlossenen Fonds-Lebensversicherung.

Der Kläger beantragte am 28.07.2000 bei der Beklagten den Abschluss einer Fonds-Lebensversicherung (Anlage K 1 Blatt 37/42 der Akten). Der streitgegenständliche Versicherungsvertrag wurde nach dem sogenannten „Policenmodell“ abgeschlossen.

Der Vertrag wurde mit der Nummer L ...2 am 09.08.2000 policiert (Anlage K 2 Blatt 43/46 der Akten). Beginn der Versicherung war der 01.09.2000. Die Beitragszahlung sollte im Erlebensfall längstens 5 Jahre bis zum 01.09.2005 erfolgen. Für den Beginn war die Zahlung eines monatlichen Beitrages in Höhe von 163,00 DM (= 83,34 EUR) vereinbart.

Frühestens ab dem 01.09.2012 konnte der Kläger die Auszahlung des Deckungskapitals begehren.

Im streitgegenständlichen Versicherungsvertrag war das Todesfallrisiko mit einer Versicherungssumme in Höhe von 5.868,00 DM (= 3.000,26 EUR) mitversichert.

Im Versicherungsschein befand sich auf Seite 3 unmittelbar über der Unterschriftszeile der Klägerin fettgedruckt folgende Widerspruchsbelehrung:

„Dem Abschluss dieses Vertrages können Sie innerhalb von 14 Tagen ab Zugang dieser Unterlagen widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruches.“

Mit Schreiben vom 27.10.2008 erklärte der Versicherungsbetreuer des Klägers unter Anzeige ordnungsgemäßer Bevollmächtigung im Namen des Klägers gegenüber der Beklagten die Kündigung der gegenständlichen Lebensversicherung (Anlage K 4 Blatt 48/50 der Akten).

Die Beklagte rechnete daraufhin die streitgegenständliche Fonds-Lebensversicherung mit Schreiben vom 27.11.2008 zum 01.11.2008 ab, bezifferte den Rückkaufswert auf einen Betrag in Höhe von 4.253,20 EUR und zahlte den Betrag entsprechend an den Kläger aus (Anlage K 5 Blatt 51/52 der Akten).

Mit Schreiben der H. Unternehmensgruppe GmbH vom 17.11.2014 machte diese im Auftrag des Klägers bei der Beklagten vertragliche Nachzahlungsansprüche zum gegenständlichen Versicherungsvertrag für den Kläger geltend, die seitens der Beklagten mit Schreiben vom 20.11.2014 unter Hinweis auf die eingetretene Verjährung zurückgewiesen wurden (Anlagen B 14, B 15).

Mit Schreiben vom 01.10.2015, übermittelt an die Beklagte mit Fax vom 14.10.2015, erklärte der Kläger den Widerruf des Versicherungsvertrages Nr. ...2 (Anlage K 6 Blatt 53 der Akten).

Insgesamt bezahlte der Kläger im Zeitraum vom 01.09.2000 bis 31.08.2005 monatlich 83,34 EUR, insgesamt 5.000,40 EUR an Beiträgen an die Beklagte.

Der Kläger trägt vor, er habe einen bereicherungsrechtlichen Anspruch gegen die Beklagte in Höhe von 4.316,21 EUR. Er habe dem Vertrag wirksam gemäß § 5 a VVG a.F. widersprochen, die Widerspruchsbelehrung sei nicht ordnungsgemäß. Sie sei drucktechnisch nicht hervorgehoben. Die Belehrung sei unvollständig, da die erforderlichen Unterlagen nicht aufgeführt seien. Die Verbraucherinformationen seien nicht übergeben worden. Da mangels ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung die Widerspruchsfrist nicht zu laufen begonnen habe, sei der Widerspruch wirksam und der streitgegenständliche Lebensversicherungsvertrag auf Grund dieses Widerspruches rückabzuwickeln. Dem Kläger stehe ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Beiträge von 5.000,40 EUR zuzüglich Nutzung im Eigenkapital von 3.728,39 EUR abzüglich Risikokosten von 87,00 EUR und abzüglich der Fondsverluste von 72,38 EUR sowie abzüglich des ausgezahlten Rückkaufswertes zu. Es errechne sich dann ein Bereichungsanspruch des Klägers in Höhe von 4.316,21 EUR. Weiter habe er Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 562,87 EUR.

Der Kläger beantragt daher,

  • 1.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 4.316,21 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.03.2016 zu zahlen und

  • 2.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 562,87 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.03.2016 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet zunächst, dass der Kläger die Klägervertreter erst nach Zurückweisung des Widerspruches am 30.10.2015 mit der Geltendmachung beauftragt habe. Im Übrigen sei der Kläger ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden. Die Belehrung sei hinreichend deutlich und drucktechnisch hervorgehoben durch Fettdruck, stehe an hervorgehobener Stelle, nämlich unmittelbar über der Unterschriftenzeile der Beklagten und könne nicht vom Kläger übersehen werden. Auch müsse nicht ausdrücklich auf die Schriftform des Widerspruches hingewiesen werden. Der Vertragsschluss sei vor dem 01.08.2001 erfolgt und erst ab 01.08.2001 sei gesetzlich vorgegeben gewesen, dass der Widerspruch in Textform zu erklären sei. Zur Zeit der hier maßgeblichen Gesetzesfassung sei dies noch nicht der Fall gewesen. Zudem habe der Kläger als Bestandteil des Versicherungsscheines vom 09.08.2000 eine vollständige Verbraucherinformation gemäß § 10 a VAG a.F. erhalten. Diese sei unter jedem Aspekt ordnungsgemäß und rechtskonform gewesen. Die Beiträge des Klägers seien daher mit Rechtsgrund geleistet worden. Hilfsweise erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung. Zudem ist die Beklagte der Meinung, der Kläger habe das Recht, sich auf den Widerspruch zu berufen nach jahrelanger Durchführung des Vertrages verwirkt. Dies gelte im vorliegenden Fall auf Grund des ganz erheblichen Zeitmomentes von 15 Jahren zwischen Vertragsschluss und Widerspruch sowie von 7 Jahren ab vollständiger Beendigung des Vertrages durch die Kündigung des Klägers zum 01.11.2008 auch unabhängig vom Vorliegen einer ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung. Zur Anspruchshöhe wendet die Beklagte ein, dass Risikoversicherungsbeiträge von 125,97 EUR für den Todesfallschutz (Hauptversicherung) anspruchsmindernd zu berücksichtigen seien, Anschluss- und Verwaltungskosten in Höhe von insgesamt 737,61 EUR angefallen seien und in Höhe dieses Kostenbetrages die Beklagte entreichert sei. Im Übrigen werde bestritten, dass sich der Sparanteil auf 4.325,58 EUR belaufen haben solle und von der Beklagten Nutzungen in Höhe von 3.728,39 EUR gezogen worden seien. Die Berechnung des Klägers werde insgesamt bestritten.

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht kein Rückzahlungs- und Nutzungsersatzanspruch nach § 812 ff BGB zu.

Ob die in dem Versicherungsschein enthaltene Widerspruchsbelehrung entsprechend der zum 09.08.2000 gültigen Fassung des VVG wirksam war, kann dahinstehen. Denn der Anspruch ist jedenfalls verwirkt.

Der Lebensversicherungsvertrag wurde mit Versicherungsbeginn 01.09.2000 geschlossen. Mit Schreiben vom 27.10.2008 hat der Kläger diesen gekündigt und der Rückkaufswert wurde an den Kläger zum 01.11.2008 ausbezahlt. Mit E-Mail vom 17.11.2014 der H. Unternehmensgruppe GmbH - Finanzen und Versicherungen - bat der Kläger um Neuberechnung des Rückkaufswertes und forderte Nachzahlung gemäß § 176 VVG a.F. mindestens der Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitales zuzüglich Überschussbeteiligung und fälschlich vorgenommenen Stornoabzuges. Erst danach, nämlich 15 Jahre nach Vertragsschluss und 7 Jahre nach vollständiger Beendigung des streitgegenständlichen Lebensversicherungsvertrages erfolgte am 01.10.2015 die Erklärung des Widerspruches durch den Kläger.

Geht man zu Gunsten des Klägers von einer unwirksamen Widerspruchsbelehrung aus, sind zwar für das für eine Verwirkung erforderliche Umstandsmoment höhere Anforderungen zu stellen, denn der Versicherer hat die Situation durch eine nicht ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung selbst herbeigeführt und kann daher nicht ohne Weiteres ein schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2014, VI ZR 76/11). Eine Verwirkung tritt aber dann ein, wenn besonders gravierende Umstände vorliegen, die dem Versicherungsnehmer die Geltendmachung seines Anspruches verwehren (vgl. BGH, Beschuss vom 27.01.2016, VI ZR 130/15). Grundsätzlich ist ein Recht verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde (BGH, Urteil vom 07.05.2014, VI ZR 76/11). Zwischen dem Umstandsmoment und dem erforderlichen Zeitablauf besteht eine Wechselwirkung. Der erforderliche Zeitablauf kann um so kürzer sein, je gravierender die Umstände sind und umgekehrt sind an diese Umstände desto geringere Anforderungen zu stellen, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 22.11.2017, 11 S 5962/17). Vorliegend wurde der Vertrag nur 8 Jahre durchgeführt. Zwischen Kündigung und Widerspruch liegen 15 Jahre. Insbesondere die Wertungen des Gesetzgebers, die mit der zehnjährigen kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 BGB und mit der zehnjährigen Anfechtungsfrist bei arglistiger Täuschung (§ 124 Abs. 3 BGB) zum Ausdruck kommen, zeigen das große Gewicht des Zeitmomentes im konkreten Fall. Zwischen Beendigung des Vertrages und Widerspruchserklärung forderte der Kläger zudem noch im Jahr 2014 und damit 6 Jahre nach Vertragsbeendigung eine Neuberechnung und erklärte trotz fachlicher Beratung durch eine mit Finanzen und Versicherung befasste Unternehmensgruppe, die H. GmbH, nicht den Widerspruch des Versicherungsvertrages, sondern eine Nachberechnung und es wurden Nachforderungen geltend gemacht. Gerade im Hinblick darauf konnte die Beklagte darauf vertrauen, dass ein Widerruf oder Widerspruch nicht mehr erklärt werden würde. Der Kläger hat den Vertrag zudem 8 Jahre lang unbeanstandet erfüllt und durchgeführt und es bestand im rahmen der Risikolebensversicherung auch Versicherungsschutz.

Gerade im konkreten Fall ist die Verwirkung auch nicht mangels Schutzwürdigkeit der Beklagten ausgeschlossen. In der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Fassung des § 5 a VVGa.F. war nicht ausdrücklich geregelt, dass über die Form des Widerspruches zu belehren war. Die Beklagte hat also nicht offensichtlich und ohne Weiteres erkennbar unzureichend belehrt. Dass der Versicherer mit einer Nachbelehrung klare Verhältnisse schaffen hätte können vermindert zwar dessen Schutzwürdigkeit, hebt sie jedoch nicht auf, zumal der Vertrag vorliegend bereits 2008 gekündigt worden war (vgl. LG Nürnberg-Fürth a.a.O.). Auch überzeugt es nicht, den Kläger so zu behandeln, wie wenn er sein Widerspruchsrecht nicht gekannt hätte. Der Kläger hat vorliegend eine drucktechnisch hervorgehobene Widerspruchsbelehrung an hervorgehobener Stelle erhalten. Wäre er in keiner Weise belehrt worden, würde der Verstoß der Beklagten schwerer wiegen, was wiederum die Hürde für Annahme der Verwirkung anheben würde (vgl. LG Nürnberg-Fürth a.a.O.).

Zur Überzeugung des Gerichtes ist daher die Widerspruchserklärung des Beklagten 10 Jahre nach Vertragsschluss und 7 Jahre nach vollständiger Beendigung des streitgegenständlichen Vertrages in der Gesamtschau der Umstände verwirkt.

Die Klage war daher als unbegründet abzuweisen.

Kosten: § 91 ZPO

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird die Streitwertfestsetzung im Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 22. Oktober 2014 ‑ 26 O 519/13 -abgeändert.

Der Streitwert wird auf 34.101,92 € festgesetzt.


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Tenor

Die Gegenvorstellung des Klägervertreters vom 01.03.2016 wird zurückgewiesen.

Gründe

 
1.
Die Eingabe des Klägervertreters ist als Gegenvorstellung zulässig. Eine Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 4 S. 3 RVG gegen die Streitwertfestsetzung des Oberlandesgerichts nicht gegeben.
2.
Die Gegenvorstellung ist jedoch nicht begründet. Gemäß § 43 Abs. 1 GKG sind unter anderem Nutzungen, soweit diese als Nebenforderungen betroffen sind, nicht zu berücksichtigen, wenn sie neben dem Hauptanspruch geltend gemacht werden (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23. März 2015 - 12 W 6/15, 12 U 1812 U 188/14 -, Rn. 5, juris). Die gilt auch dann, wenn sie in einer Summe mit der Hauptforderung geltend gemacht werden (Senat aaO m. w. N.). Der Wortlaut des § 43 Abs. 1 GKG ist eindeutig. Dort sind nicht nur Zinsen, sondern auch ausdrücklich Nutzungen erwähnt. Der Hinweis darauf, dass es sich bei den geltend gemachten Beträgen nicht um Zinsforderungen, sondern um Nutzungsentschädigung handelt (so OLG Bamberg Beschluss vom 09.10.2015 1 U 66/15), ist daher nicht weiterführend. § 43 Abs. 1 GKG umfasst beide Fälle.
Soweit die Gegenvorstellung auf Streitwertfestsetzungen durch den IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs verweist, so wurde die Streitwertfestsetzung in diesen Entscheidungen ersichtlich lediglich übernommen, aber nicht begründet. Eine etwa abweichende Ansicht des IV. Zivilsenates lässt sich hieraus nicht herleiten.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 09.02.2017, Az. 5 O 167/16, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Heidelberg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten um die Rückabwicklung einer Lebensversicherung; hilfsweise verlangt der Kläger Auskunft und restlichen Rückkaufswert.
Mit Antrag vom 12.07.1993 beantragte er bei der Beklagten den Abschluss einer kapitalbildenden Lebensversicherung mit Unfalltod - sowie Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung und erhielt die antragsgemäße Versicherungsurkunde einschließlich AVB. Vertragsbeginn war der 01.08.1993, geplanter Ablauf der 01.08.2031. Der Kläger zahlte vom 01.08.1993 bis zum 01.06.2006 monatliche Prämien, insgesamt 5.990,75 EUR.
Mit Anwaltsschreiben vom 30.06.2006 erklärte er "den Widerspruch gemäß § 5a VVG/den Widerspruch nach § 8 VVG, vorsorglich die Anfechtung nach § 119 BGB, hilfsweise die Kündigung" und vertrat die Ansicht, dass die Verbraucherinformationen unvollständig seien, so dass die Widerrufsfrist nicht 14 Tage nach der Übersendung der Unterlagen zu laufen begonnen habe; im Übrigen sei die Belehrung fehlerhaft. Die Beklagte erkannte nur die Kündigung an, rechnete die Versicherung mit Schreiben vom 28.07.2006 ab und zahlte den Rückkaufswert nebst Gewinnanteilen in Höhe von 5.855,19 EUR an den Kläger aus. Im September 2015 mandatierte der Kläger den jetzigen Klägervertreter, erklärte mit Schreiben vom 21.03.2016 den "Widerspruch gemäß § 5a VVG", ehe er im Jahr 2016 die vorliegende Klage einreichte.
Der Kläger hat geltend gemacht, der Widerruf sei wegen falscher Belehrung weder verfristet noch verwirkt, weshalb er Rückabwicklung fordern könne. Der aus dem Widerruf folgende Anspruch sei auch nicht verjährt. Es handele sich um eine äußerst zweifelhafte Rechtsfrage, die erst mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.05.2014 zur richtlinienkonformen Auslegung des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. objektiv geklärt worden sei, so dass erst ab diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorgelegen hätten. Der Kläger fordert Prämienrückgewähr und Herausgabe von Nutzungen - die er nach Verzugsregeln berechnet -, abzüglich Rückkaufswert.
Der Kläger hat beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 7.358,65 zu bezahlen, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 1.054,82 zu bezahlen, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
Hilfsweise:
3.
a) In prüfbarer und - soweit für die Prüfung erforderlich - belegter Form darüber Auskunft zu erteilen, wie sich die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals und der Rückkaufswert im Sinne der versprochenen Leistung darstellen und mit welchen Abschlusskosten und mit welchem Stornoabzug die Beklagten die Auszahlungsbeträge für den abgeschlossenen Lebensversicherungsbetrag belastet hat,
10 
b) die von der Beklagten erteilten Auskünfte durch die Vorlage entsprechender Unterlagen zu belegen,
11 
c) gegebenenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte an Eides statt zu versichern und
12 
d) die Beklagten zur Zahlung eines Betrages in einer nach der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu verurteilen.
13 
Die Beklagte hat beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Die Beklagte hat geltend gemacht, der Widerspruch sei verfristet, die Belehrung sei richtig und die übergebenen Verbraucherinformationen seien vollständig gewesen. Die Ansprüche des Klägers seien jedenfalls verjährt, da dieser anwaltlich vertreten bereits im Jahre 2006 den Widerruf erklärt habe und die Verjährungsfrist deshalb nicht wegen unübersichtlicher oder ungewisser Rechtslage hinausgeschoben sei. Zudem sei auch bei Annahme einer nicht ordnungsgemäßen Belehrung 23 Jahre nach dem Vertragsschluss und nach 13-jähriger unbeanstandet durchgeführter Vertragszeit Verwirkung anzunehmen. Ferner hat die Beklagte Einwände der Höhe nach erhoben.
16 
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 09.02.2017 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Widerruf sei zwar wirksam, die Ansprüche seien aber verjährt, da der Kläger den Widerruf im Jahr 2006 anwaltlich vertreten erklärt habe und sich deshalb nicht auf einen Aufschub des Verjährungsbeginns wegen unklarer Rechtslage berufen könne. Auch die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf restlichen Rückkaufswert bzw. Auskunft seien verjährt.
17 
Gegen das ihm am 16.02.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt, die am 01.03.2017 mit Berufungsbegründung einging.
18 
Der Kläger macht geltend, seine Ansprüche seien nicht verjährt. Ab der Vorlage des Bundesgerichtshofs vom 28.03.2012 - IV ZR 76/11 - an den EuGH sei die Rechtslage verjährungshemmend unklar gewesen, geklärt sei sie erst seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 08.04.2015, IV ZR 103/15. Die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 29.09.2016 - 12 U 101/17 - sei eine Ausnahme und entspreche nicht der herrschenden Ansicht. Das Argument des Senates, wer anwaltlich vertreten den Widerspruch erkläre, habe sich ohnehin für eine Auseinandersetzung mit dem Versicherer entschieden und könne deren Verlauf wegen einer potentiellen negativen Feststellungsklage des Versicherers nicht steuern, sei unrealistisch; es sei kein Fall einer solchen Klage eines Versicherers bekannt.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 7.358,65 zu bezahlen, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
21 
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 1.054,82 zu bezahlen, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
22 
Hilfsweise:
3.
23 
a) In prüfbarer und - soweit für die Prüfung erforderlich - belegter Form darüber Auskunft zu erteilen, wie sich die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals und der Rückkaufswert im Sinne der versprochenen Leistung darstellen und mit welchen Abschlusskosten und mit welchem Stornoabzug die Beklagten die Auszahlungsbeträge für den abgeschlossenen Lebensversicherungsbetrag belastet hat,
24 
b) die von der Beklagten erteilten Auskünfte durch die Vorlage entsprechender Unterlagen zu belegen,
25 
c) gegebenenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte an Eides statt zu versichern und
26 
d) die Beklagten zur Zahlung eines Betrages in einer nach der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu verurteilen.
27 
Die Beklagte beantragt,
28 
die Berufung zurückzuweisen.
29 
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
30 
Wegen des Parteivortrags im Einzelnen wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Verhandlungsprotokolle sowie auf die Feststellungen des Landgerichts Bezug genommen und im Übrigen von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen (§ 540 ZPO).
II.
31 
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
32 
Die streitgegenständlichen Ansprüche sind, wie das Landgericht zutreffend ausführt, verjährt.
33 
1. Der auf den Widerruf vom 30.06.2006 gestützte Hauptanspruch ist verjährt:
34 
1.1. Ansprüche aus dem Widerruf verjähren auf der Grundlage des ab 01.01.2002 geltenden Verjährungsrechts mit Ablauf des dritten Kalenderjahres nach Zugang der Widerrufserklärung. Diese ist entscheidend für die Entstehung des Bereicherungsanspruchs im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB (BGH, Urteil vom 08. April 2015 - IV ZR 103/15 -, Rn. 19, juris). Der Kläger ließ den Widerruf mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2006 erklären. Zwar ist dort nur von "Widerspruch", "Anfechtung" und "Kündigung" die Rede, das Landgericht ist aber zutreffend davon ausgegangen, dass sich aus dem Gesamtzusammenhang und insbesondere aus dem Hinweis auf § 8 VVG a.F. ergibt, dass sich der Kläger von den Verträgen in jedem Fall lösen und auch ein Widerrufsrecht nach § 8 VVG a.F. ausüben wollte. Die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers abgegebene Erklärung ist damit als Widerrufserklärung gemäß § 8 Abs. 4 S. 1 VVG 1990 auszulegen. Ab Jahresende 2006 lief somit die Verjährungsfrist von drei Jahren zum 31.12.2009 ab. Bei Erhebung der Klage im Jahr 2016 waren die Ansprüche mithin verjährt, denn mit Ausübung des Widerrufsrechts hatte der Kläger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (BGH, Urteil vom 08. April 2015 - IV ZR 103/15, juris-Rn. 25). Der Kläger hat, wie das Anwaltsschreiben vom 30.06.2006 zeigt, die für die Annahme seiner behaupteten Ansprüche maßgeblichen Faktoren erkannt. Ihm sind die Tatsachen, aus denen ein Anspruch auf Rückgewähr von Leistungen erfolgen konnte, bekannt gewesen i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (Senat, Urteile vom 29. September 2016 - 12 U 101/16 - und 06. Dezember 2016 – 12 U 134/16 -).
35 
1.2. Ein weiterer Aufschub des Verjährungsbeginns aufgrund einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage (vgl. hierzu etwa BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 – XI ZR 348/13 – BGHZ 203, 115) ist im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt. Der Senat hält - trotz der von der Berufung aufgezeigten Gesichtspunkte - an seiner Rechtsprechung fest, wonach ein Versicherungsnehmer, der sein Recht, sich vom Vertrag zu lösen, anwaltlich vertreten ausübt, sich nicht darauf berufen kann, dass der Beginn der Verjährungsfrist auch anschließend noch bis zur Klärung der Rechtslage durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes Urteil vom 07. Mai 2014 - IV ZR 76/11 -, BGHZ 201, 101-121 oder bis zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 08.04.2015, IV ZR 103/15 hinausgeschoben gewesen sei (Senat, Urteile vom 29. September 2016 - 12 U 101/16 - und vom 06. Dezember 2016 - 12 U 134/16):
36 
1.2.1. Der Kläger hat durch die Ausübung des Widerrufsrechts die in § 199 Abs. 1 BGB vorausgesetzte Zumutbarkeitsschwelle als übergreifende Voraussetzung für den Verjährungsbeginn selbst überschritten und dokumentiert, dass er eine rechtliche Auseinandersetzung mit der Beklagten nicht scheut (Senat, Urteil vom 29. September 2016 - 12 U 101/16 -, Rn. 43, juris). Soweit der Senat dies a.a.O. mit der durch die Erklärung des Widerrufs erzeugten Gefahr, eine negative Feststellungsklage des Versicherers zu provozieren, begründet hat, ist diese Gefahr - entgegen der Auffassung der Berufung - nicht realitätsfern. Dies gilt auch, wenn man den Vortrag des Klägers unterstellt, bislang sei kein Versicherer so vorgegangen. Dies war 2006 jedenfalls nicht vorauszusehen. Bezüglich des Parallelproblems im Bankrecht sind durchaus Fälle bekannt geworden, in denen Banken negative Feststellungsklagen erhoben haben. Es kommt darauf aber letztlich nicht an. Ausschlaggebend ist, dass der Kläger bereits 2006 die Auseinandersetzung mit der Beklagten gesucht und jedenfalls außergerichtliche Anwaltskosten erzeugt und als zumutbar bewertet hat.
37 
1.2.2. Außerdem hemmt eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage den Verjährungsbeginn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur unter dem Aspekt der Rechtsunkenntnis des Gläubigers (z.B. Beschluss vom 16. Dezember 2015 - XII ZB 516/14 -, BGHZ 208, 210, Rn. 26; Urteil vom 22. Juli 2014 - KZR 13/13 -, Rn. 23, juris; Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 -, Rn. 19, juris). Wer jedoch ein Recht anwaltlich vertreten nach außen ausübt, hat die entsprechende Rechtskenntnis bereits erlangt. In einem solchen Fall hat der Rechtsanwalt die Rechtslage geprüft und - wenn Widerrufsrecht noch bestand - zutreffend bewertet. Dass der Versicherungsnehmer anschließend noch zuwarten kann, bis seine Position höchstrichterlich bestätigt wird, ist nicht Sinn und Zweck des Aufschubs des Verjährungsbeginns bei unklarer Rechtslage. Vielmehr darf der Gegner jedenfalls in einer solchen Situation erwarten, dass ein anwaltlich ausgeübtes Recht innerhalb der daran anschließenden Verjährungsfrist gerichtlich geltend gemacht wird (Senat, Urteil vom 06. Dezember 2016 - 12 U 134/16 -, Rn. 29, juris).
38 
1.2.3. Für die hier vertretene Ansicht spricht auch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 08. April 2015 (IV ZR 103/15, dort juris-Rn. 25). Dieser hat in einem Fall, in dem der Versicherungsnehmer sich im Jahr 2008 vom Vertrag gelöst hatte, die Verjährungsfrist mit Ende des Jahres 2008 beginnen lassen und ein Hinausschieben des Verjährungsbeginns wegen unklarer Rechtslage - auf die es im dortigen Fall allerdings auch nicht mehr ankam - nicht erörtert.
39 
1.2.4. Soweit vertreten wird, der Verjährungsbeginn sei in Fällen wie dem vorliegenden zumindest bis zum EuGH-Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 28.03.2012 - IV ZR 76/11 - gehemmt (so wohl OLG Stuttgart, Urteil vom 28.02.2015 - 7 U 110/14 - , nicht veröffentlicht), ist auch nach dieser Auffassung im vorliegenden Fall Verjährung eingetreten, da die Klage erst im Jahr 2016 erhoben wurde.
40 
1.3. Ist somit der Anspruch auf Leistungsrückgewähr verjährt, so sind auch die Nebenforderungen (Verzugszinsen, Rechtsanwaltskosten) unbegründet.
41 
2. Auch die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf Auskunftserteilung bzw. restliche Rückkaufswertauszahlung (Klageanträge Ziff. 3 und 4) sind unbegründet. Diese Ansprüche sind - wenn sie nach dem Widerruf vom 30.06.2016 überhaupt noch bestanden - jedenfalls verjährt. Die im Jahr 2006 geltende Verjährungsfrist von 5 Jahren gem. § 12 Abs. 1 VVG a.F. wurde gem. Art. 3 Abs. 3 EGVVG zum 01.01.2008 durch die 3-Jahres-Frist des § 195 BGB abgelöst.
III.
42 
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen, da die Frage des Verjährungsbeginns trotz unsicherer und zweifelhafter Rechtslage bei anwaltlich vertretener Rechtsausübung von grundsätzlicher Bedeutung und - soweit ersichtlich - höchstrichterlich noch nicht geklärt ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)