Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 25.07.2016, Az. 102d C 117/13, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervenienten zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf € 77.255,61 festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Ersatz der Miete ihrer bisherigen Wohnung und von Möbeleinlagerungskosten für die Jahre 2009 – 2012 sowie weiterer Schäden, weil sie ab Januar 2009 ihr Wohnungseigentum nicht habe beziehen können. Klagerweiternd macht die Klägerin gegen die Beklagte in der Berufungsinstanz auch ihre Schäden für das Jahr 2013 geltend.

2

Die Klägerin ist seit Dezember 2008 Eigentümerin des Wohnungseigentums Nr. 2 im Souterrain rechts im Gebäude D. Str. ... , ... H.. Sie erwarb das Eigentum im Zwangsvollstreckungsverfahren. Im Bereich ihres Wohnungseigentums existierten Feuchtigkeitserscheinungen in Form von seitlich eindringender und aufsteigender Feuchtigkeit. Zudem waren die Grundsielleitungen instandsetzungsbedürftig, die sich teilweise auch unter ihrem Wohnungseigentum befanden. Die Beklagte beauftragte den Nebenintervenienten zu 1) im Anschluss an den auf der Eigentümerversammlung vom 24.11.2009 zu TOP 3 gefassten Sanierungsbeschluss mit der Bauleitung, nachdem zunächst der Architekt S. M. im Jahre 2008 im Auftrag der Beklagten ein Sanierungskonzept zur Beseitigung der Feuchtigkeit in beiden Souterrainwohnungen erarbeitet hatte und dieses Gegenstand der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer auf der Eigentümerversammlung vom 08.12.2008 gewesen war. Mit der Durchführung der Parkettverlegungsarbeiten im Sondereigentum der Klägerin wurde die Fa. EK F.- S., dessen Inhaber der Nebenintervenient zu 2) ist, von der Beklagten beauftragt.

3

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen auf den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).

4

Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.07.2016 (Bl. 539 ff. d.A.) abgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass sich der von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachte Zahlungsanspruch weder aus § 280 BGB und analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB noch aus § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG ergebe.

5

Soweit der „Nutzungsausfall“ wegen mangelnder Bewohnbarkeit des Wohnungseigentums der Klägerin aufgrund von Mängeln am Gemeinschaftseigentum (mangelhafte Grundsielleitung) und in deren Folge am Sondereigentum (Feuchtigkeit) bestehe, würden diese Schäden nicht von § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG erfasst, da sie nicht aus der Durchführung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum resultierten. Für diese Schäden verneine der Bundesgerichtshof auch einen Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 BGB komme nicht in Betracht, denn zum einen sei nicht dargetan, dass die Schadhaftigkeit der Grundsielleitung und das Bestehen der sonstigen Ursachen der Feuchtigkeit in der Wohnung der Klägerin zum Zeitpunkt der Übernahme durch diese auf einer Pflichtverletzung beruht hätten. Zum anderen wäre nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband der richtige Anspruchsgegner, sondern die Wohnungseigentümer, die jeweils pflichtwidrig nicht gehandelt hätten.

6

Im Falle der Unbewohnbarkeit des Wohnungseigentums der Klägerin wegen pflichtwidrig unterlassener oder zu zögerlich veranlasster Sanierung oder wegen Mängeln bei der Durchführung hafteten wiederum allein diejenigen Wohnungseigentümer, die pflichtwidrig Verwaltungsentscheidungen nicht oder verzögert getroffen hätten. Die Haftung des Verbandes ergebe sich in diesem Fall auch nicht aus § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG. Entsprechendes gelte für Verzögerungen durch pflichtwidriges Vorgehen des Verwalters, das im Übrigen nicht geltend gemacht worden sei. Führe er Beschlüsse der Gemeinschaft zögerlich aus und entstehe daraus ein Verzugsschaden gem. §§ 280, 286 BGB, so hafte der Verwalter für daraus entstehende Schäden, nicht jedoch die Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Verwalter sei im Rahmen der Erfüllung seiner Pflichten aus § 27 WEG weder Erfüllungs- noch Verrichtungsgehilfe der Wohnungseigentümergemeinschaft. Es könne pflichtwidriges Handeln der Verwaltung im Rahmen der „Ausführung“ ihrer Verwalterpflichten gegeben haben, was zu pflichtwidrigen Verzögerungen geführt haben könne, wofür der Verband aber nicht hafte. Auch könne es pflichtwidriges Handeln von beauftragten Handwerkern gegeben haben, das seinerseits zu pflichtwidrigen Verzögerungen geführt habe, für die der Verband sogar haften würde, weil die Handwerker seine Erfüllungsgehilfen gewesen seien. Eine globale Haftung des Verbandes für die Unbewohnbarkeit der Wohnung der Klägerin von 2009 – 2012 wegen zögerlicher Sanierung gebe es jedoch nicht.

7

§ 14 Ziff. 4 HS 2 WEG regele zwar den Fall, dass die Unbewohnbarkeit aufgrund der Benutzung der Wohnung durch Handwerker oder Sachverständige im Rahmen von Arbeiten zur Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums bestehe und dies dazu führe, dass die Wohnung nicht parallel bewohnt werden könne. Im vorliegenden Fall fehle es bereits an der Kausalität zwischen der geltend gemachte Unbewohnbarkeit während der Sanierungsarbeiten und den Sanierungsarbeiten. Daher komme es nicht darauf an, dass die Klägerin auch nicht hinreichend zu den Zeiträumen der Inanspruchnahme ihres Sondereigentums vorgetragen habe. Die bloße Schlüsselübergabe hätte dem Gericht zur Bestimmung des relevanten Zeitraums nicht ausgereicht. Nicht die Arbeiten zur Sanierung des Gemeinschaftseigentums hätten die Unbewohnbarkeit der Wohnung und damit den Nutzungsausfallschaden der Klägerin und alle anderen geltend gemachten und daraus abgeleiteten Schäden begründet, sondern nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bereits der vor der Bearbeitung bestehende Zustand der Wohnung der Klägerin aufgrund der Mängel am Gemeinschaftseigentum und der daraus resultierenden Feuchtigkeitsschäden. Nach dem zunächst insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien habe sich die Wohnung der Klägerin bis zum Abschluss der Sanierungsarbeiten in einem unbewohnbaren Zustand befunden. Damit liege kein Anwendungsfall des § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG vor. Dass die Klägerin wegen der ihr erteilten gerichtlichen Hinweise ihren Vortrag mit Schriftsatz vom 22.07.2015 darauf angepasst und behauptet habe, dass ihre Wohnung im Januar 2009 nicht unbewohnbar gewesen sei, überzeuge das Gericht nicht. Die Klägerin habe die Änderung in ihrem Vortrag nicht näher begründet, so dass diese willkürlich erscheine.

8

Gleichwohl habe das Gericht Beweis erhoben durch Zeugenvernehmung und ergänzende Anhörung der Klägerin in einem Ortstermin am 15.04.2016 vor Ort in der Wohnung der Klägerin. Die Beweisaufnahme habe zu der Überzeugung des Gerichts geführt, dass die Klägerin die Wohnung bereits Anfang 2009 vor Beginn der Sanierungsarbeiten für unbewohnbar gehalten habe und wegen der Folgen der Mängel am Gemeinschaftseigentum, und zwar vom Boden aufsteigende Feuchtigkeit mit Ausblühungen an den Wänden und aufgequollenem Fußboden, nicht eingezogen sei. Die Vernehmung des Zeugen S. sei zunächst relativ unergiebig geblieben, habe aber ebenso wie der Umstand, dass die behördliche Unbewohnbarkeitsfeststellung durch die Behörde unstreitig nicht aufgehoben sei, in Richtung Unbewohnbarkeit der Wohnung der Klägerin gedeutet. Beides habe keiner abschließenden Bewertung bedurft, weil das Gericht aufgrund der Einlassung der Klägerin im Ortstermin davon überzeugt sei, dass diese aufgrund des gegebenen Zustandes nicht bereits im Januar 2009 in die Wohnung eingezogen sei, sondern von vornherein vorgehabt habe, erst nach Abschluss der Sanierungsarbeiten in die Wohnung einzuziehen.

9

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 31.08.2016 (Bl. 559 d.A.) zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 30.09.2016 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 572 d.A.), die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.11.2016 (Bl. 583 d.A.) mit einem an diesem Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat (Bl. 590 ff. d.A.).

10

Die Klägerin trägt vor, dass das Amtsgericht verkannt habe, dass die Beklagte ihr aus § 14 Ziff. 4 WEG zur Erstattung der von ihr geltend gemachten Aufwendungen verpflichtet sei. Die Beklagte habe ihr Sondereigentum seit Januar 2009 in Anspruch genommen, um die Sanierung der Grundsielleitung und die Herstellung einer Feuchtigkeitsabdichtung als Horizontalsperre vorzunehmen. Das Amtsgericht habe fehlerhaft nur über den Zustand ihres Wohnungseigentums im Januar 2009 Beweis erhoben. Sie habe unter Beweisantritt dargelegt, dass ihr die Nutzung des Sondereigentums aufgrund der Übergabe der Wohnungsschlüssel an die WEG-Verwaltung entzogen worden sei. Sodann habe die Beklagte die Sanierung der Grundsielleitung durchgeführt und Arbeiten zur Herstellung einer Horizontalsperre veranlasst, die nicht fachgerecht vorgenommen worden seien. Aufgrund der nicht fachgerechten Ausführung habe sie ihre Wohnung nach der beabsichtigten Abnahme am 27.09.2011 nicht in Gebrauch nehmen können, da der Parkettboden von Feuchtigkeitsbildung betroffen gewesen und aufgequollen sei. An der Inanspruchnahme ihres Sondereigentums zur Durchführung der Sanierung habe dies nichts geändert. Es falle vielmehr in die Risikosphäre der Beklagten, ob die beauftragte Sanierungsmaßnahme gelinge. Die Inanspruchnahme des Sondereigentums ende nicht mit der teilweisen Ausführung von Bauarbeiten und anschließendem Stillstand auf der Baustelle. Die Beklagte habe ihr die Wohnung zu keinem Zeitpunkt in gebrauchsfähigem Zustand zurückgegeben. Die Rechtsauffassung des Amtsgerichts, das eine Einstandsverpflichtung der Beklagten nur insoweit annehme, als tatsächlich Handerker in der Wohnung der Klägerin Arbeiten ausführten, greife zu kurz, da auch Vorbereitungs- und Planungsphasen den Anspruch zu ihren Gunsten auslösten, wenn diese Phasen nach dem Zeitpunkt der Übergabe der Wohnung an die Beklagte lägen. Ferner seien der Beklagten die Zeiträume des Belassens des nicht fachgerechten Zustandes des Fußbodens ebenfalls zuzurechnen.

11

Die Beweisaufnahme habe bestätigt, dass ihre Wohnung vor der Schlüsselübergabe an die WEG-Verwaltung nicht unbewohnbar gewesen sei. Auch sei die Behauptung falsch, dass die Bewohnbarkeit der Wohnung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterlegen habe. Ihre Wohnung sei Anfang Januar 2009 bezugsfertig gewesen und sie habe bereits einzelne Mobiliarstücke eingelagert. Aufgrund der Intervention des WEG-Verwalters sei der Bezug der Wohnung durch sie unterblieben. Erst durch die Aufnahme der Bautätigkeit sei die tatsächliche Unbenutzbarkeit der Wohnung zu Wohnzwecken herbeigeführt worden. Die Ordnungsbehörde habe seinerzeit nur die Bordellnutzung der Wohnung unterbinden wollen. Gegen die Nutzung ihres Sondereigentums als Wohnung im streitgegenständlichen Zeitraum hätten behördlicherseits keine Einwände bestanden. Auch die Nachbarwohnung im Souterrain werde genutzt. Ein behördliches Eingreifen habe es nicht gegeben.

12

Sie habe ihren Sachvortrag in I. Instanz nicht abgeändert, sondern konkretisiert. Die Anforderungen an substantiierten Prozessvortrag dürften nicht überspannt werden. Da kein Bautagebuch geführt worden sei, könne sie nicht jeden einzelnen Schritt der Sanierungsmaßnahme nachvollziehen. Jedenfalls für den Zeitraum der tatsächlich erfolgten Erneuerung der Grundsielleitung und Herstellung der Abdichtungsarbeiten sei auch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Amtsgerichts der Entschädigungsanspruch aus § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG entstanden.

13

Da die Sanierung des Gemeinschaftseigentums im Bereich ihrer Souterrainwohnung auch im gesamten Kalenderjahr 2013 nicht abgeschlossen worden sei, sei es sachdienlich, in der Berufungsinstanz auch über die ihr insoweit zustehenden Ansprüche zu entscheiden. Die ihr zur Last gefallenen sanierungsbedingten Aufwendungen hätten sich auf € 18.141,73 belaufen (Anl. K 31).

14

Die Klägerin beantragt,

15

das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 25.07.2016, Az. 102d C 117/13, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie € 77.255,61 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.03.2013 auf € 43.032,19 und im Übrigen seit jeweiliger Rechtshängigkeit zu zahlen,

16

ersatzweise das vorbezeichnete Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Hamburg zurückzuverweisen.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Berufung zurückzuweisen.

19

Der Nebenintervenient zu 2) beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Amtsgerichts und trägt vor, dass das Amtsgericht sich zu Recht die Überzeugung gebildet habe, dass die streitgegenständliche Wohnung bereits zum Zeitpunkt der Instandsetzungsmaßnahme zur Sanierung von Gemeinschaftseigentum unbewohnbar gewesen und diese Unbewohnbarkeit nicht erst durch die Inanspruchnahme kausal verursacht worden sei. An der Richtigkeit und Vollständigkeit der vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen bestünden keine Zweifel. Die Klägerin habe lediglich ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Amtsgerichts gesetzt, ohne sich mit der Aussage des Nebenintervenienten zu 1) und ihrer eigenen Einlassung auseinanderzusetzen. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe sich die Unbewohnbarkeit ihrer Wohnung auch aus dem Bescheid des Bezirksamts E. vom 02.01.1989 (Anl. B 5) ergeben. Dass eine Nutzung der Räumlichkeiten als Bordell alleiniger Grund für diese Nutzungsuntersagung gewesen sei, ergebe sich aus der Begründung des Bescheides nicht und sei unzutreffend.

22

Im Hinblick auf die Klagerweiterung bestreite sie die behaupteten Aufwendungen der Klägerin für das Jahr 2013 mit Nichtwissen. Jedenfalls falle der Klägerin ein Mitverschulden zur Last, da sie es bisher unterlassen habe, an einer Wiederherstellung der Bewohnbarkeit der streitgegenständlichen Räume mitzuwirken bzw. diese durch geeignete wohnungseigentumsrechtliche Anträge zu fördern.

23

Der Nebenintervenient zu 2) verteidigt das Urteil des Amtsgerichts ebenfalls und bestreitet die mit der Klagerweiterung geltend gemachten Aufwendungen der Klägerin für das Jahr 2013 mit Nichtwissen.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird ergänzend auf die im Berufungsverfahren zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

25

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Auch verfügt die Klägerin über die erforderliche Beschwer. Jedoch hat die Berufung in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von € 77.255,61.

1.

26

Die Klagerweiterung vom 30.12.2016 (Bl. 613 ff. d.A.), die die Aufwendungen der Klägerin für die Miete ihrer bisherigen Wohnung und die Kosten der Einlagerung von Möbeln für das Jahr 2013 betrifft, ist gem. § 533 ZPO unzulässig.

27

Nach § 533 ZPO ist die Klageänderung nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält (Ziff. 1) und diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (Ziff. 2). An der zweiten Voraussetzung fehlt es.

28

Zwar hat die Beklagte der Klageerweiterung nicht widersprochen, sondern stillschweigend in diese eingewilligt. Die Einwilligung muss nicht ausdrücklich, sondern kann gem. §§ 525, 267 ZPO auch stillschweigend durch rügelose Einlassung im Berufungsverfahren erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 06.12.2004 – II ZR 394/02, MDR 2005, 588, Rn. 10, zitiert nach juris). Dies ist hier im Termin zur mündlichen Berufungsverhandlung am 22.03.2017 (Bl. 629 ff. d.A.) erfolgt. Unabhängig davon wäre die Klageerweiterung auch sachdienlich, weil bisheriger Prozessstoff verwertet werden kann und der Gedanke der Prozesswirtschaftlichkeit dafür spricht. Denn die Zulassung der Klageerweiterung ist geeignet, den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits auszuräumen und weiteren Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen (vgl. BGH, Urteil vom 05.05.1983 – VII ZR 117/82, MDR 1983, 1017, Rn. 9, zitiert nach juris; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Auflage, § 533 Rdnr. 6).

29

Jedoch kann die Klageerweiterung nicht auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung nicht ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass im Jahre 2013 keine weiteren Arbeiten im Bereich des Sondereigentums der Klägerin stattgefunden haben, insbesondere der Fußbodenaufbau nicht erneuert und weder das Parkett noch ein anderer Fußbodenbelag verlegt worden ist. Die Beklagte hat jedoch die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen (Anl. K 31, Bl. 616 d.A.) mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) bestritten. Das Bestreiten mit Nichtwissen ist zulässig, weil die Frage, welche Mietzahlungen die Klägerin im Jahre 2013 für ihre bisherige Wohnung erbracht und welche Zahlungen sie für die Einlagerung von Möbeln geleistet hat, nicht Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung war. Gründe dafür, warum das neue Tatsachenvorbringen gem. § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen sein sollte, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Mit der Klageerweiterung auf die Ersatzansprüche für das Jahr 2013 sollte ersichtlich deren Verjährung gehemmt werden, die ansonsten am 31.12.2016 eingetreten wäre. Dies hätte bereits in I. Instanz erfolgen können. Die Klägerin konnte zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung am 15.04.2016 (vgl. Bl. 521 d.A.) nicht damit rechnen, dass das Berufungsverfahren noch im Jahre 2016 rechtskräftig beendet sein würde. Daher hätte für sie Anlass bestanden, ihre Ansprüche für das Jahr 2013, die Ende 2016 zu verjähren drohten, bereits in I. Instanz klagerhöhend geltend zu machen. Die dazu erforderlichen Tatsachen waren ihr spätestens ab dem Jahr 2014 vollständig bekannt.

2.

30

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG auf Ersatz ihrer für den Zeitraum 2009 – 2012 geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von € 59.113,88.

31

Bei § 14 Ziff. 4 Hs. 2 WEG handelt es sich um einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch, dem aufopferungsähnliche Gedanken zugrunde liegen (BGH, Urteil vom 09.12.2016 – V ZR 124/16, WuM 2017, 224, Rn. 29, zitiert nach juris; Urteil vom 11.12.2002 – IV ZR 226/10, BGHZ 153, 182 = NJW 2003, 826, Rn. 22, zitiert nach juris). Der Anspruch richtet sich gegen den teilrechtsfähigen Verband (BGH, Urteil vom 25.09.2015 – V ZR 246/14, BGHZ 207, 40, Rn. 27, zitiert nach juris), wovon zu Recht auch das Amtsgericht ausgegangen ist.

32

Nach § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG ist der Schaden zu ersetzen, der adäquat kausal durch das Betreten oder die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zur Instandsetzung und Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums verursacht worden ist. Dazu gehört auch die Verschlechterung des Zustands des Sondereigentums (BGH, Urteil vom 09.12.2016 – V ZR 124/16, Rn. 22, zitiert nach juris; BeckOK WEG/Dötsch, 30. Edition, Stand: 01.03.2017, § 14 Rdnr. 199). Erfasst wird insbesondere der Schaden, der adäquat dadurch verursacht wird, dass das Sondereigentum bei der „Benutzung“ im Zuge der Instandsetzungsarbeiten in einen nachteiligen Zustand versetzt und beim Ende der Instandsetzungsarbeiten in diesem Zustand belassen wird (BGH, Urteil 25.09.2015 – V ZR 246/14, BGHZ 207, 40, Rn. 26, zitiert nach juris; BeckOK WEG/Dötsch, a.a.O., § 14 Rdnr. 200).

33

a) In diesem Sinne zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums „benutzt“ worden ist das Sondereigentum der Klägerin im Souterrain rechts des Gebäudes D. Str. ... , ... H. frühestens ab dem 28.04.2010, nicht bereits ab Januar 2009.

34

Wie sich aus dem Rundschreiben der WEG-Verwalterin vom 23.04.2010 (Anl. B 3, Bl. 160 d.A.) ergibt, sollten die Sanierungsarbeiten „voraussichtlich“ am 28.04.2010 beginnen. Aus der Schlussrechnung der Fa. D. und S. GmbH vom 29.12.2010 (Anl. K 23, Bl. 326 d.A.) ergibt sich, dass die Arbeiten an den Grundsielleitungen und zum Einbau einer Horizontalsperre ab der 18. KW 2010 durchgeführt worden sind. Dies war die Woche ab dem 03.05.2010. Einschließlich der ab Januar 2011 erfolgten Verlegung des Parketts (vgl. Rechnung des Nebenintervenienten zu 2) vom 22.09.2011, Anl. K 24, Bl. 339 d.A.) waren das Betreten und die Inanspruchnahme des Sondereigentums mit der Abnahmebegehung am 27.09.2011 (Anl. K 21, Bl. 305 ff. d.A.) beendet.

35

Für den Zeitraum Januar 2009 – April 2010 kann die Klägerin nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass die Wohnungseigentümer bereits auf der Eigentümerversammlung vom 08.12.2008 zu TOP 3 die Beseitigung der Feuchtigkeit im WE 01 [R.] und deren Ursachen beschlossen hatten (Anl. K 8, Bl. 204 d.A.). Denn ein Sanierungsbeschluss allein stellt noch keine „Inanspruchnahme“ des Sondereigentums durch Betreten oder Benutzen dar. Zudem wurde die Beschlussfassung über die Sanierung der Feuchtigkeit im Wohnungseigentum der Klägerin (WE 02) ausdrücklich auf die nächste Eigentümerversammlung vertagt. Zwar ist die Sanierung der Grundsielleitungen bereits am 08.12.2008 beschlossen worden, weil diese nur einheitlich, d.h. auch im Bereich des Sondereigentums der Klägerin, erfolgen konnte (siehe dazu das Schreiben des Architekten M. vom 27.10.2008 an die damalige WEG-Verwalterin, Anl. K 22, Bl. 322 ff. d.A.). Dies ändert aber nichts daran, dass der Sanierungsbeschluss an sich, ohne dass dieser durchgeführt wird, keine Ansprüche aus § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG auslöst. Mit den Sanierungsarbeiten des gemeinschaftlichen Eigentums im Bereich der Souterrainwohnungen ist erst im Jahre 2010 begonnen worden, nachdem auf der Eigentümerversammlung vom 24.11.2009 zu TOP 3 (Anl. B 1, Bl. 156 f. d.A.) abweichende Sanierungsbeschlüsse gefasst worden waren, die sich auch auf das Sondereigentum der Klägerin bezogen.

36

Zu Unrecht beruft sich die Klägerin darauf, dass sie dem zuständigen Sachbearbeiter der damaligen WEG-Verwaltung bereits am 05.01.2009 auf dessen Bitte den Schlüssel zu ihrem Sondereigentum übergeben habe, nachdem dieser sie über die Sanierungsbedürftigkeit der Grundsielleitung aufgeklärt habe, und ihr Sondereigentum bereits ab diesem Zeitpunkt von der Beklagten in Anspruch genommen worden sei. Zwar mag es Sachverhaltsgestaltungen geben, in denen auch der Schaden zu ersetzen ist, der dem Wohnungseigentümer im Vorfeld der eigentlichen Instandsetzung entsteht (OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.01.2006 – 20 W 362/04, ZMR 2006, 625, Rn. 26, zitiert nach juris). Dies ist etwa bei zerstörenden Eingriffen in die Bausubstanz für notwendige Untersuchungen denkbar. Eine solcher Sachverhalt liegt hier jedoch nicht vor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass es durch etwaige ab Januar 2009 durchgeführte Untersuchungen zur Unbewohnbarkeit des Sondereigentums der Klägerin gekommen wäre.

37

Die Klägerin kann sich insoweit nicht mit Erfolg auf das Urteil der Kammer vom 14.11.2014 – 318 S 29/14 berufen, da dieser Entscheidung ein anderer Sachverhalt zugrunde lag. In der genannten Entscheidung hat die Kammer – obiter dictum – ausgeführt, dass eine zielgerichtete Inanspruchnahme des Sondereigentums ab der einvernehmlichen Übergabe der Wohnungsschlüssel an die Verwaltung zur Durchführung der Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums bis zu der Mitteilung der Verwaltung, dass die Sanierung abgeschlossen sei, und der Rückgabe der Wohnungsschlüssel vorgelegen habe. Dem lag die Erwägung zugrunde, dass ein Wohnungseigentümer, der der WEG-Verwaltung während der Durchführung von Schwammsanierungsarbeiten im Bereich seines Sondereigentums die Schlüssel zu seinem Wohnungseigentum aushändigt und diesen nach Beendigung der Arbeiten mit der Bemerkung, die Sanierungsarbeiten seien abgeschlossen, zurückerhält, bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht im Einzelnen darlegen muss, an welchen Tagen während dieses Zeitraums in welchen Räumen seines Sondereigentums welche Arbeiten stattgefunden haben. Demgegenüber ergibt sich hier aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 08.12.2008 (Anl. K 8, Bl. 204 f. d.A.), dass die Finanzierung der Arbeiten durch eine Sonderumlage erfolgen sollte, die erste Rate zum 01.02.2009 zahlbar war und die Verwaltung Aufträge erst vergeben durfte, wenn sämtliche Miteigentümer die erste Rate der Sonderumlage geleistet hatten. Eine Auftragserteilung konnte somit frühestens im Februar 2009 erfolgen. Zudem musste der Verwaltungsbeirat der Auftragsvergabe zustimmen. Auch sah die Beschlusslage vor, dass das Sanierungskonzept des Architekten M. zunächst noch durch einen Sachverständigen im Auftrag der Beklagten überprüft werden sollte. Wie bereits ausgeführt, begannen die Sanierungsarbeiten schließlich erst Anfang Mai 2010.

38

Selbst wenn die Behauptung der Klägerin – die insoweit nicht Gegenstand der vom Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme war – zuträfe, sie habe dem Zeugen S., dem Sachbearbeiter der damaligen WEG-Verwalterin, am 05.01.2009 den Schlüssel zu ihrem Sondereigentum ausgehändigt, nachdem dieser ihr gegenüber erklärt habe, dass sie die Wohnung im Hinblick auf die Sanierung der Grundsielleitung und die Feuchtigkeitssanierung vorerst nicht beziehen könne, und sich die Beklagte das Verhalten ihres Verwalters analog § 31 BGB gegenüber der Klägerin zurechnen lassen müsste (offengelassen von BGH, Urteil vom 17.10.2014 – V ZR 9/14, BGHZ 202, 375, Rn. 25, zitiert nach juris), lag darin keine „Besitzentziehung“ an dem Sondereigentum, wie es § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG voraussetzt. Die Schlüsselübergabe zum damaligen Zeitpunkt diente dazu, im Bereich des Sondereigentums der Klägerin fachkundige Untersuchungen vornehmen zu können. Vor dem Erwerb des Wohnungseigentums im Zwangsversteigerungsverfahren durch Zuschlagsbeschluss vom 17.12.2008 durch die Klägerin war die Wohnung 02 für die Verwaltung nicht zugänglich gewesen, wie sich sowohl aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 08.12.2008 (Anl. K 8, Bl. 204 d.A.) als auch der E-Mail der Klägerin an die Verwaltung vom 30.10.2009 (Anl. K 11, Bl. 210 d.A.) ergibt. Die von der Klägerin behauptete „Aufforderung“ des Verwalters, wegen anstehender Arbeiten zur Sanierung des Grundsiels gar nicht erst in ihr Sondereigentum einzuziehen, stellt letztlich nur die Ankündigung dar, die Beklagte werde das Sondereigentum der Klägerin in absehbarer Zeit zur Sanierung des Gemeinschaftseigentums in Anspruch nehmen, nicht aber ein „Nutzungsverbot“. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass es im April und Juni 2009 Eigentümerversammlungen gab, in denen das Sanierungsvorhaben Thema war, ohne dass es zu einer Beschlussfassung kam (Bl. 191 d.A.). Auch die von der Klägerin behauptete Aufforderung durch die Verwaltung im Juli 2009, die eingelagerten Möbelteile und Teile des Umzugsgutes aus der Wohnung zu entfernen, stellt keine Benutzung des Sondereigentums dar, sondern beinhaltete lediglich die Ankündigung der baldigen Durchführung der Instandsetzungsmaßnahme.

39

Soweit die Klägerin erstinstanzlich geltend gemacht hat, dass bereits ab Oktober 2009 konkrete Maßnahmen zur Sanierung in ihrem Wohnungseigentum ausgeführt worden seien (Bl. 192 d.A.), fehlt es an jedem Vortrag dazu, um welche Maßnahmen es sich insoweit gehandelt hat. Die Anforderung eines weiteren Wohnungsschlüssels bei der Klägerin durch E-Mail der Verwaltung vom 29.09.2009 (Anl. K 9, Bl. 206 d.A.) erfolgte lediglich wegen weiterer Untersuchungen an der Grundsielleitung, nicht wegen der Durchführung von Sanierungsarbeiten. Der Nebenintervenient zu 1) hatte sich geweigert, den Schlüssel zur Wohnung der Klägerin ohne deren Zustimmung an einen Dritten weiterzugeben. Dass das Sondereigentum der Klägerin aufgrund der geplanten Untersuchung der Grundsielleitung durch die Fa. S1 unbewohnbar war, ist nicht ersichtlich.

40

b) Auch für den Zeitraum von Oktober 2011 bis Dezember 2012 fehlt es an einer Benutzung des Sondereigentums der Klägerin durch die Beklagte zur Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums. Insoweit lag in der Abnahmebegehung vom 27.09.2011 rechtlich eine Zäsur.

41

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Nebenintervenient zu 2) ausweislich seiner Schlussrechnung vom 22.09.2011 (Anl. K 24, Bl. 339 d.A.) die im Januar 2011 begonnene Verlegung des Parketts im Sondereigentum der Klägerin beendet. Gemäß dem Abnahmeprotokoll vom 28.09.2011 (Anl. K 21, Bl. 305 ff. d.A.), das vom Nebenintervenienten zu 1) erstellt worden ist, wurden bei der Abnahmebegehung zwar diverse Mängel im Bereich des Sondereigentums der Klägerin festgehalten, darunter auch feuchte Stellen und Mängel am neu verlegten Parkett. Die Abnahme der Arbeiten hat die Beklagte jedoch nicht verweigert. Dafür spricht auch, dass die Beklagte den Rechnungsbetrag – abzüglich eines Skontos und einer Sicherheit – ausweislich des „bezahlt“-Stempels am 06.12.2012 an den Nebenintervenienten zu 2) gezahlt hat (Anl. K 24, Bl. 340 d.A.). Dass die Wohnung der Beklagten wegen der festgestellten Mängel unbewohnbar war, ergibt sich nicht aus dem Abnahmeprotokoll. Die Kammer verkennt nicht, dass die Klägerin das Abnahmeprotokoll nicht unterschrieben, sondern mit zahlreichen Anmerkungen, Korrekturen und Ergänzungen versehen hat (Anl. K 27, Bl. 347 ff. d.A.). Auch hat die Beklagte nach der Abnahme nicht etwa jegliche weitere Tätigkeit zur Beseitigung der Mängel im Bereich des Sondereigentums der Klägerin, insbesondere in Bezug auf die Verlegung des Parkettfußbodens, abgelehnt, sondern einen Sachverständigen mit der Untersuchung der Feuchteschäden am Eichenparkett im Wohnungseigentum der Klägerin beauftragt (vgl. Gutachten vom 14.04.2012 (Anl. K 25, Bl. 427 ff. d.A.) und die Nachuntersuchung vom 17.10.2012 veranlasst (siehe dazu Anl. K 2, Bl. 94 d.A.). Die gutachterlichen Feststellungen führten zu dem Beschluss der Eigentümerversammlung vom 04.03.2013 zu TOP 73 a), zur Beseitigung der Ursachen der Feuchtigkeit Gussasphalt einzubringen (Anl. K 2, Bl. 99 ff. d.A.). Das Amtsgericht Hamburg hat diesen Beschluss auf die Anfechtung der Klägerin hin mit Urteil vom 09.12.2013, Az. 102d C 32/13, rechtskräftig für ungültig erklärt (Anl. K 28, Bl. 350 ff. d.A.).

42

Gleichwohl ist der Rechtsauffassung der Klägerin nicht zu folgen, dass die Beklagte noch während des gesamten Jahren 2012 ihr Sondereigentum in Anspruch genommen hat. Wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft wie hier nach der Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums das Sondereigentum des betroffenen Wohnungseigentümers selbst wieder herstellt und dabei Mängel auftreten, führt dies nicht dazu, dass die „Benutzung“ des Sondereigentums im Sinne von § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG bis zur Beseitigung aller Mängel fortdauert und die Wohnungseigentümergemeinschaft verschuldensunabhängig für etwaige weitere durch die Mängelbeseitigung entstehenden Schäden des betroffenen Wohnungseigentümers haftet. Das Bestehen von Mängeln allein stellt keine Inanspruchnahme des Sondereigentums durch Betreten oder Benutzen dar. Dies mag anders sein, wenn das von der Wohnungseigentümergemeinschaft mit der Sanierung beauftragte Unternehmen in Insolvenz fällt und das Sondereigentum während der steckengebliebenen Sanierungsarbeiten unbewohnbar bliebt (vgl. AG Hamburg, Urteil vom 30.06.2010 – 102b C 20/09, ZMR 2011, 249, Rn. 29, zitiert nach juris). Aus dem Parteivortrag ergibt sich nicht, dass im Jahre 2012 durch die Beklagte noch Arbeiten im Bereich des Sondereigentums der Klägerin vorgenommen worden sind. Von einer Unbewohnbarkeit des Sondereigentums der Klägerin im Jahre 2012 ist nicht auszugehen.

43

Die Klägerin als betroffene Wohnungseigentümerin ist dadurch nicht rechtlos gestellt. Jedoch können ab dem Zeitpunkt, ab dem die im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft durchgeführten Arbeiten beendet und abgenommen sind, lediglich verschuldensabhängige Schadensersatzansprüche des betroffenen Wohnungseigentümers bestehen. Diese können sich etwa gegen die übrigen Wohnungseigentümer richten, wenn diese schuldhaft zur Mängelbeseitigung erforderliche Beschlüsse nicht fassen (vgl. BGH, Urteil vom 17.10.2014 – V ZR 9/14, BGHZ 202, 375, Rn. 21, zitiert nach juris), oder gegen den Verband gerichtet sein wegen „Defiziten“ bei der Umsetzung der zur Mängelbeseitigung beschlossenen Maßnahmen (vgl. BGH a.a.O., Rn. 25; Urteil vom 13.07.2012 – V ZR 94/11, NJW 2012, 2955, Rn. 17 ff., zitiert nach juris).

44

c) Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG scheidet, namentlich für den Zeitraum von Mai 2010 bis September 2011, unabhängig von den vorstehenden Ausführungen auch deshalb aus, weil das Betreten und die Benutzung ihres Sondereigentums für den von ihr geltend gemachten Schaden, d.h. Miete und Nebenkosten für ihre bisherige Mietwohnung sowie die Kosten für die Einlagerung der für die neue Wohnung gekauften Einbauküche sowie weiterer Möbel, nicht kausal war. Hiervon ist das Amtsgericht aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu Recht ausgegangen.

45

An der erforderlichen Kausalität zwischen dem Betreten und Benutzen des Sondereigentums durch die Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Schaden des Wohnungseigentümers fehlt es, wenn dessen Sondereigentum in dem fraglichen Zeitraum auch ohne die Durchführung der Arbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum unbewohnbar gewesen wäre (oder der Sondereigentümer das Sondereigentum ohnehin nicht hätte nutzen wollen). § 14 Nr. 4 HS 2 WEG gibt keinen Anspruch auf Ersatz von Schäden, die in Folge des die Maßnahme der Instandhaltung oder Instandsetzung auslösenden Mangels des Gemeinschaftseigentums eingetreten sind (BGH, Urteil vom 09.12.2016 – V ZR 124/16, Rn. 22, zitiert nach juris). Es handelt sich nicht um einen Fall des § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG, wenn das Sondereigentum bereits vorher beeinträchtigt war, weil die Wohnungseigentümergemeinschaft an sich erforderliche Sanierungsarbeiten durchzuführen unterlassen hatte (BeckOK WEG/Dötsch, 30. Edition, Stand: 01.03.2017, § 14 Rdnr. 206). Nicht adäquat durch die Instandhaltungsmaßnahme selbst veranlasst sind folglich solche Schäden, die erst Anlass der gemeinschaftlichen Instandsetzungsmaßnahme waren. Durch einen Wasserrohrbruch oder Hausschwamm hervorgerufene Schäden des Sondereigentümers müssen auf dessen Kosten ersetzt werden, weil diese Schäden nicht auf einer zielgerichteten gemeinschaftlichen Verwaltungsmaßnahme zur Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums beruhen (BeckOK/Falkner, WEG, Stand: 01.03.2017, § 14 Rdnr. 69). Geht es wie hier um die Kosten für die Anmietung einer Ersatzwohnung, ist darauf abzustellen, ob das Sondereigentum (nur) wegen der Inanspruchnahme durch den Verband nicht nutzbar war oder ob es wegen eines Mangels am gemeinschaftlichen Eigentum ohnehin in dem fraglichen Zeitraum nicht nutzbar gewesen wäre (vgl. OLG München, Beschluss vom 13.08.2007 – 34 Wx 144/06, ZMR 2008, 562: Unvermietbarkeit des Teileigentums im Erdgeschoss nicht wegen der Inanspruchnahme des Teileigentums durch die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern wegen statischer Mängel der Geschossdecke; AG Kassel, Beschluss vom 23.05.2012 – 800 C 4844/11, ZMR 2013, 77: Kein Ersatz der Unterbringungskosten der Bewohner wegen löschwasserbedingter Unbewohnbarkeit ihres Sondereigentums, da die Kosten brand- und nicht instandsetzungsbedingt sind).

46

Dies zugrunde gelegt, hat die Klägerin ihr Sondereigentum im Januar 2009 aus Gründen der bestehenden Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum nicht bezogen, nicht wegen der Inanspruchnahme ihres Sondereigentums zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. In rechtlicher Hinsicht handelt es sich bei dem Vortrag der Beklagten, das Sondereigentum der Klägerin wäre im fraglichen Zeitraum auch ohne die in ihrem Auftrag durchgeführten Sanierungsarbeiten unbewohnbar gewesen, nicht um den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens, für das sie als Schädigerin darlegungs- und beweisbelastet wäre, sondern der Einwand ist als qualifiziertes Bestreiten der Schadensentstehung zu werten (vgl. BGH, Urteil vom 04.12.2012 – VI ZR 381/11, NJW-RR 2013, 656, Rn. 11, zitiert nach juris; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Auflage, Vorb v § 249 Rdnr. 55).

47

Indiziell für die mängelbedingte Unbewohnbarkeit des Sondereigentums der Klägerin ab Januar 2009 spricht bereits das Rechtsanwaltsschreiben der Eigentümerin der neben dem Sondereigentum der Klägerin gelegenen Souterrainwohnung (WE 01) vom 04.03.2009 an die Verwaltung (Anl. K 10, Bl. 207 f. d.A.). Darin heißt es, dass die Feuchtigkeitserscheinungen in ihrer Wohnung zu einer Unbewohnbarkeit und Unvermietbarkeit geführt hätten und die Wohnung seit Juni 2007 leer stehe. Aus der Vielzahl der auf der Eigentümerversammlung vom 24.11.2009 zu TOP 3 (Anl. B 1, Bl. 156 f. d.A.) beschlossenen Sanierungsmaßnahmen (Abdichtung von Außen- und Innenwänden gegen seitlich eindringende und aufsteigende Feuchtigkeit, Einbau von anorganischen, wärmegedämmten und feuchtegesperrten Fußböden, Einbau einer Wärmedämmung im erdberührten Bereich der Außenwände, Erneuerung sämtlicher alter Grundsielleitungen, Rissbeseitigung des Wärmedämmverbundsystems an der linken rückwärtigen Seitenfront) und dem Kostenvolumen von € 200.000,00 ist erkennbar, dass erhebliche Mängel am Gemeinschaftseigentum im Bereich der Souterrainwohnungen bestanden. Dass ein Wohnungseigentümer trotz eines derart erheblichen Instandsetzungsbedarfs am Gemeinschaftseigentums im unmittelbaren Bereich seines Sondereigentums dieses gleichwohl bezogen hätte, widerspricht bereits jeglicher Lebenserfahrung.

48

Die Klägerin hat im Rahmen ihrer Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.04.2016 vor dem Amtsgericht bekundet, dass sie „natürlich nicht“ eingezogen wäre, wenn sie festgestellt hätte, dass es sich bei den Stellen an den Wänden, die nach ihrer Einschätzung hätten „gemacht werden“ müssen, nicht lediglich um Verschmutzungen, sondern um Durchfeuchtungen gehandelt habe (Bl. 523 d.A.). In dem Wertgutachten vor der Versteigerung habe nichts über Feuchtigkeitsschäden für ihre Wohnung gestanden, weswegen sie davon ausgegangen sei, dass es kein Problem gegeben habe. Die Klägerin hat auch ausgesagt, beim Betreten der Wohnung Anfang Januar 2009 Salzausblühungen wahrgenommen zu haben (Bl. 523 R d.A.). Weiter hat die Klägerin erklärt, dass sich die Frage, ob sie einziehe oder nicht, für sie nicht mehr gestellt habe, als klar gewesen sei, dass die Grundsielleitungen hätten gemacht werden müssen (Bl. 523 R d.A.). Soweit die Klägerin im Termin zur mündlichen Berufungsverhandlung vom 22.03.2017 erklärt hat, ihre Aussage sei nicht zutreffend vom Amtsgericht protokolliert worden, hat sie weder im Termin vor dem Amtsgericht der Genehmigung der Protokollierung widersprochen noch einen Antrag auf Protokollberichtigung (§ 164 ZPO) gestellt. Auch in ihrer Berufungsbegründung hat die Klägerin nicht dargetan, dass ihre Aussage nicht zutreffend vom Amtsgericht protokolliert worden sei.

49

Der Nebenintervenient zu 1), dessen Aussage zum Zustand der Wohnung der Klägerin im Januar 2009 weitgehend unergiebig war, hat jedenfalls bekundet, dass er im Zusammenhang mit der zweiten Prüfung der Grundsielleitung die Wohnung [der Klägerin] gesehen und wahrgenommen habe, dass der Fußboden in einigen Bereichen „ausgequollen“ sei und an den Wänden in einigen Bereichen Feuchtigkeitsschäden nachzuvollziehen gewesen seien (Bl. 523 R d.A.).

50

Die Beweiswürdigung durch das Amtsgericht lässt keinen Fehler bei der Tatsachenfeststellung erkennen. Die Klägerin hat selbst bekundet, dass sie wegen der bevorstehenden Instandsetzung der Grundsielleitung im Januar 2009 ohnehin nicht eingezogen wäre, nachdem sie davon erfahren habe, dass insoweit Sanierungsarbeiten angestanden hätten. Der Grund dafür, dass die Klägerin ihr Sondereigentum nicht bezogen hat, war mithin die Mangelhaftigkeit des Gemeinschaftseigentums und nicht die Inanspruchnahme ihres Sondereigentums durch die Beklagte. Das Amtsgericht hat in diesem Zusammenhang im Hinweisbeschluss vom 21.09.2015 (Bl. 467 ff. d.A.) zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin ihren Vortrag erst aufgrund des Hinweisbeschlusses vom 01.06.2015 (Seite 8 ff., Bl. 450 ff. d.A.) zur mangelbedingten Unbewohnbarkeit der Wohnung geändert und behauptet habe, dass die Wohnung im Januar 2009 nicht unbewohnbar gewesen sei. Wie bereits ausgeführt, wertet die Klägerin die Mitteilung des Verwalters über die bevorstehenden Instandsetzungsmaßnahmen und die einvernehmliche Übergabe eines Wohnungsschlüssels an ihn zu Unrecht bereits als „Inanspruchnahme“ ihres Sondereigentums durch die Beklagte bzw. einen „Besitzentzug“. Dass der Klägerin der Einzug in ihr Sondereigentum vor dem Hintergrund des u.U. kurzfristig notwendig werdenden vorübergehenden Auszuges nicht als wirtschaftlich sinnvoll oder unnötig aufwändig erschien, stellt ihr gewöhnliches Eigentümerrisiko dar, begründet aber keinen Ersatzanspruch gegen die Beklagte.

51

Im Übrigen ist die Klägerin beweisfällig dafür geblieben, dass die vom Bezirksamt E. mit Bescheid vom 02.01.1989 (Anl. B 5, Bl. 418 d.A.) erklärte unbefristete Unbewohnbarkeit der Wohnung im Januar 2009 nicht mehr bestand bzw. der Bescheid aufgehoben oder gegenstandslos geworden war. Der Bescheid wurde von der Behörde damit begründet, dass die ehemalige Ladenwohnung zwischen 1,00 und 1,30 m unter der Erdoberfläche liege. Innerhalb der Unterkunft seien an allen Wänden im unteren Bereich aufsteigende Grundfeuchtigkeiten vorhanden, außerdem sei der Betonfußboden ebenfalls durchfeuchtet. Aufgrund der Tiefenlage und der engen Nachbarbebauung sei die Belichtung dieser Unterkunft stark eingeschränkt. Die Mindestanforderungen seien hier nicht erfüllt und könnten auch nicht nachträglich erfüllt werden. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass und welche wirksamen Maßnahmen die Wohnungseigentümer seit dem Jahr 1989 gegen aufsteigende Feuchtigkeit ergriffen hatten. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Behörde durch die Unbewohnbarkeitserklärung nur die Ausübung der Prostitution im dem Wohnungseigentum unterbinden wollte, wie die Klägerin meint, bestehen nicht. Zwar ist im Schreiben des Bezirksamts E. vom 21.01.2002 (Anl. B 6, Bl. 420 d.A.) die Rede davon, dass die Wohnung in der Vergangenheit wegen der zweckfremden Nutzung zur Ausübung der gewerbsmäßigen Prostitution wiederholt Gegenstand von Anfragen gewesen sei. Die Wohnung sei jedoch bereits mit Bescheid vom 02.01.1989 für unbewohnbar erklärt worden und unterliege daher nicht mehr dem Schutz der Zweckentfremdungsverordnung. Daraus wird ersichtlich, dass die Behörde auch Anfang 2002 noch an dem Bescheid vom 02.01.1989 über die Unbewohnbarkeitserklärung festhielt. Ob und bis wann die benachbarte Souterrainwohnung bewohnt war, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang, weil nicht dargetan ist, dass auch diese von der zuständigen Behörde für unbewohnbar erklärt worden war. Zu den Gründen dafür, warum das zuständige Bezirksamt gegen eine auch nach dem Jahr 1989 im Wohnungseigentum der Klägerin stattfindende Wohnnutzung nicht vorgegangen ist, hat die Klägerin nichts Erhebliches vorgetragen. Insbesondere kann nicht angenommen werden, dass die tragenden Gründe für die Unbewohnbarkeitserklärung im Jahre 2008 beseitigt waren, als die Klägerin das Wohnungseigentum durch Zuschlagsbeschluss in der Zwangsversteigerung erworben hat.

3.

52

Die Klägerin kann den von ihr gegen die Beklagte geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht aus den §§ 280 Abs. 1, 286 BGB bzw. aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 278 BGB herleiten. Die Beklagte befand sich weder im Verzug mit der Durchführung bestandskräftiger Sanierungsbeschlüsse, noch muss sie sich etwaige Planungs- oder Ausführungsmängel der Arbeiten zur Sanierung des Gemeinschaftseigentums über § 278 BGB gegenüber der Klägerin zurechnen lassen.

53

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft dem einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber aus dem mitgliedschaftlichen Treueverhältnis verpflichtet ist, den Verwalter zur unverzüglichen Umsetzung der Beschlüsse der Wohnungseigentümer anzuhalten (BGH, Urteil vom 13.07.2012 – V ZR 94/11, Rn. 19, zitiert nach juris). Die Umsetzung obliegt nach § 27 Abs. 1 WEG dem Verwalter, der dem Verband auf Erfüllung und gegebenenfalls auf Schadensersatz haftet (BGH a.a.O. unter Hinweis auf das Urteil vom 18.02.2011 – V ZR 197/10, NJW-RR 2011, 1093, Rn. 20, zitiert nach juris). Der Verband ist jedenfalls dann dem einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber verpflichtet, diesen Anspruch gegenüber dem Verwalter durchzusetzen, wenn die gefassten Beschlüsse den Zweck haben, einen Schaden am Gemeinschaftseigentum zu beseitigen, der das Sondereigentum des Wohnungseigentümers unbenutzbar macht (BGH, Urteil vom 13.07.2012 – V ZR 94/11, Rn. 19, zitiert nach juris). Diese Pflicht ist verletzt, wenn die Umsetzung des Beschlusses nach Eintritt der Bestandskraft ausbleibt (BGH, a.a.O., Rn. 20, zitiert nach juris). Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat eine Verletzung der Pflicht zur Umsetzung gefasster bestandskräftiger Beschlüsse grundsätzlich erst zu vertreten, wenn die Umsetzung auch nach Ablauf eines angemessenen Vorbereitungszeitraums unterbleibt (BGH, a.a.O., Rn. 23, zitiert nach juris). Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts hat der Bundesgerichtshof diese Rechtsprechung nicht mit Urteil vom 17.10.2014 – V ZR 9/14 (BGHZ 202, 375, Rn. 25, zitiert nach juris) relativiert, sondern lediglich ausgeführt, dass keiner Entscheidung bedürfe, ob er angesichts der gegen seine Rechtsprechung zur Haftung des Verbandes wegen unterbliebener Umsetzung bereits gefasster Beschlüsse erhobenen Kritik an der hierfür gegebenen Begründung festhalte oder ob dem Verband das Handeln des Verwalters als dem für die Umsetzung von Beschlüssen zuständigen Organ (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) in analoger Anwendung von § 31 BGB zuzurechnen wäre. In seinem Urteil vom 25.09.2015 – V ZR 246/14 (BGHZ 207, 40, Rn. 15, zitiert nach juris) hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung nochmals bestätigt und dahingehend zusammengefasst, dass die Umsetzung der gefassten Beschlüsse Aufgabe der Wohnungseigentümergemeinschaft ist und für „Defizite bei der Umsetzung der gefassten Beschlüsse“ allein der Verband haftet. Ob der Verband neben der Nichtdurchführung und der verzögerten Durchführung von Beschlüssen auch für die mangelhafte Ausführung der beschlossenen Arbeiten als „Defizit bei der Umsetzung der gefassten Beschlüsse“ haftet, ist höchstrichterlich bisher nicht entschieden worden.

54

a) Die Beklagte befand sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht im Verzug mit der Umsetzung des Sanierungsbeschlusses zur TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 08.12.2008 (Anl. K 8, Bl. 204 f. d.A.).

55

aa) Dass nach Zugänglichkeit des Sondereigentums der Klägerin („WE 02“) ab Anfang 2009 dort Untersuchungen zum Zustand der Grundsielleitung erfolgt sind, was zuvor mangels Zugangs zur rechts gelegenen Souterrainwohnung der Klägerin nicht möglich gewesen war, die Beklagte das Sanierungskonzept des Architekten M. durch einen Sachverständigen überprüfen ließ und die Wohnungseigentümer sodann auf der Eigentümerversammlung vom 24.11.2009 die gleichzeitige Beseitigung der Feuchtigkeit in beiden Souterrainwohnungen auf Basis des Sanierungskonzepts des Nebenintervenienten zu 1) vom 28.09.2009 sowie die Beauftragung des Nebenintervenienten zu 1) mit der Bauleitung beschlossen haben (Anl. B 1, Bl. 156 f. d.A.), stellt keine schuldhaft verzögerte Durchführung des Sanierungsbeschlusses vom 08.12.2008 dar.

56

Die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass die Sanierungsmaßnahmen Gegenstand von Beratungen der Wohnungseigentümer auf Eigentümerversammlungen im April und Juni 2009 waren. Die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen an der Grundsielleitung und am Kelleraußenmauerwerk und dem Fußboden wegen der aufsteigenden Feuchtigkeit in beiden Souterrainwohnungen gleichzeitig erscheint aus Gründen der Kostenersparnis und zur Vermeidung wiederholter Bauarbeiten im Objekt sinnvoll. Für die Beseitigung der Feuchtigkeit im Bereich des Wohnungseigentums der Klägerin existierte vor dem 24.11.2009 kein Sanierungsbeschluss. Ihr Sondereigentum wäre lediglich durch die notwendig in einem erfolgende Sanierung der Grundsielleitung betroffen gewesen, hätte dann aber erneut zur Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums in Anspruch genommen werden müssen.

57

bb) Die Beklagte ist auch nicht in Verzug mit der Ausführung des Sanierungsbeschlusses vom 24.11.2009 geraten. Die Klägerin hat in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Verwaltungsbeirates der Beauftragung des Nebenintervenienten zu 1) mit der Bauleitung erst am 10.04.2010 zugestimmt (Anl. B 2, Bl. 159 d.A.). Die Arbeiten begannen in der 18. KW 2010, d.h. frühestens ab 03.05.2010. Dass die Beklagte die Durchführung der Sanierungsarbeiten bis zu der Abnahmebegehung am 27.09.2011 (Anl. K 21, Bl. 305 ff. d.A.) schuldhaft verzögerte, ist ebenfalls weder ersichtlich noch dargetan.

58

Nachdem sich bei dem durch den Nebenintervenienten zu 2) verlegten Parkett bereits Ende 2011 Wölbungen, Fugenbildung und Hohlstellen gezeigt hatten, ist die Beklagte nicht untätig geblieben, sondern hat den Sachverständigen Dipl.-Ing. M1 beauftragt. Dieser hat am 14.04.2012 sein Gutachten zu den Feuchteschäden am Parkett im Sondereigentum der Klägerin erstattet (Anl. K 25, Bl. 427 ff. d.A.) und Vorschläge zur Mängelbeseitigung unterbreitet. Am 17.10.2012 hat der Sachverständige eine Nachuntersuchung auch in den vorderen Räumen des Sondereigentums der Klägerin vorgenommen.

59

Auf der Eigentümerversammlung vom 04.03.2013 haben die Wohnungseigentümer zu TOP 73 a) beschlossen, zur Mängelbeseitigung Gussasphalt auf die Betonsohle aufzubringen (Anl. K 2, Bl. 99 ff. d.A.). Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt dürften allenfalls diejenigen Wohnungseigentümer für eine nicht ordnungsgemäße oder zur Mängelbeseitigung nicht geeignete Beschlussfassung verantwortlich sein, die für den Beschlussantrag gestimmt haben, nicht aber die Beklagte, da das Amtsgericht Hamburg den Beschluss aufgrund der Anfechtungsklage der Klägerin mit Urteil vom 09.12.2013, Az. 102d C 32/13, für ungültig erklärt hat.

60

b) Die Beklagte muss sich nicht etwaige Mängel des Sanierungskonzepts, das vom Nebenintervenienten zu 1) stammte, oder der Ausführung der Bodenverlegearbeiten durch den Nebenintervenienten zu 2) als „Defizite“ der Durchführung des Sanierungsbeschlusses vom 24.11.2009 gegenüber der Klägerin zurechnen lassen.

61

Die jeweils auf der Grundlage von Beschlüssen der Eigentümerversammlung von der Beklagten beauftragten Nebenintervenienten zu 1) und 2) sind im Rahmen der Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums im Bereich des Souterrains nicht als Erfüllungsgehilfen gem. § 278 BGB der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin anzusehen. Wie bereits ausgeführt, trifft die Wohnungseigentümergemeinschaft als teilrechtsfähiger Verband die Aufgabe, die gefassten Beschlüsse umzusetzen, und die (alleinige) Haftung für „Defizite bei der Umsetzung der gefassten Beschlüsse“ (BGH, Urteil vom 25.09.2015 – V ZR 246/14, BGHZ 207, 40, Rn. 15, zitiert nach juris).

62

Zu dem Pflichtenkreis der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer gehört es demgemäß, gefasste bestandskräftige Beschlüsse nach einem angemessenen Vorbereitungszeitraum durchzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2012 – V ZR 94/11, Rn. 23, zitiert nach juris). Nicht jedoch schuldet die Wohnungseigentümergemeinschaft dem einzelnen Wohnungseigentümer auch die mangelfreie Durchführung der beschlossenen Arbeiten bzw. den mit einem beschlossenen Sanierungskonzept eines Architekten oder sonstigen Sonderfachmanns angestrebten Erfolg (z.B. die wirksame Feuchtigkeitsabdichtung des Kelleraußenmauerwerks). Die Kammer hält insoweit an ihrer Rechtsprechung zu dieser Frage fest (Urteil vom 29.03.2017 – 318 S 162/14 [Revisionsverfahren beim BGH zum Az. V ZR 125/17 anhängig] und vom 03.05.2017 – 318 S 84/16). Werden an den im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft durchgeführten Arbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum Mängel festgestellt, die auf Ausführungs- oder Planungsfehler zurückzuführen sind, hat der einzelne Wohnungseigentümer gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft aus mitgliedschaftlicher Treuepflicht oder gem. § 31 BGB analog lediglich einen Anspruch darauf, dass der teilrechtsfähige Verband sein Organ, den WEG-Verwalter, anweist, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen bzw. die notwendigen Beschlüsse der Eigentümer vorzubereiten, um die Sanierungsmaßnahme erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Dies gilt beispielsweise auch, wenn die Durchführung eines Sanierungsbeschlusses wegen der Insolvenz des beauftragten Bau- oder Handwerksunternehmens stecken bleibt und sich die Beendigung der Arbeiten dadurch verzögert. Soweit teilweise der Verband für Schäden am Sondereigentum durch pflichtwidrige Arbeiten am Gemeinschaftseigentum als haftbar angesehen wird, da er sich das Verschulden der Handwerker als deren Auftraggeber gem. § 278 BGB zurechnen lassen müsse (BeckOK WEG/Dötsch, 30. Edition, Stand: 01.03.2017, § 14 Rdnr. 53), folgt die Kammer dem jedenfalls für den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht. Dies hat die Kammer auch in ihrem Urteil vom 30.06.2010 – 318 S 105/09 (ZMR 2010, 983), worauf Dötsch a.a.O. verweist, nicht so entschieden.

63

Die Entscheidung darüber, wie mit den Mängeln oder Insolvenz des beauftragten Unternehmens umgegangen werden soll und welche Maßnahmen ergriffen werden sollen, d.h. ob dem Handwerker beispielsweise eine Frist zur Nachbesserung gesetzt, ein Anspruch auf Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung geltend gemacht werden oder Schadensersatz verlangt werden soll oder - im Insolvenzfall - welches andere Handwerksunternehmen mit der Fertigstellung der Arbeiten beauftragt werden soll, obliegt den Wohnungseigentümern im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Mitwirkung an einer ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 21 Abs. 1 WEG). Treffen diese nicht die notwendigen Beschlüsse, kann dies wiederum ihre Haftung gegenüber dem Sondereigentümer begründen, dessen Wohnungseigentum aufgrund der Mängel am Gemeinschaftseigentum nicht oder nur eingeschränkt nutzbar ist. Haben die Wohnungseigentümer über das weitere Vorgehen beschlossen, obliegt es der Wohnungseigentümergemeinschaft wiederum, die bestandskräftigen Beschlüsse der Eigentümerversammlung ohne Verzug durchzuführen.

4.

64

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 HS 1 ZPO.

65

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO zu entnehmen.

66

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO vorliegen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Das Auftreten der Frage, ob es im Rahmen des aufopferungsähnlichen Schadensersatzanspruchs aus § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG an der Kausalität der Inanspruchnahme des Sondereigentums zur Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums für den Schaden in Gestalt der Kosten der Anmietung einer Ersatzwohnung fehlt, wenn das Sondereigentum wegen bestehender Mängel während des gesamten Sanierungszeitraums unbewohnbar gewesen wäre und ob - wenn die Kausalität bejaht würde - der im Rahmen des § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG maßgebliche Zeitraum bereits mit Vorbereitungshandlungen wie dem Aushändigen eines Wohnungsschlüssels an den WEG-Verwalter zur Ermöglichung weiterer Untersuchungen beginnt und erst nach Beseitigung sämtlicher etwaigen Mängel endet, ist in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten, weshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 04.07.2002 – V ZB 16/02, BGHZ 151, 221 = NJW 2002, 3029). Dies gilt ebenso für die Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer nicht nur dafür haftet, bestandskräftige Eigentümerbeschlüsse über die Sanierung des Gemeinschaftseigentums ohne Verzug durch den WEG-Verwalter durchzuführen (BGH, Urteil vom 25.09.2015 – V ZR 246/14, BGHZ 207, 40, Rn. 15, zitiert nach juris), sondern sich auch etwaige Mängel oder vom ausführenden Unternehmen zu vertretende Verzögerungen bei der Durchführung der Arbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum gem. § 278 BGB zurechnen lassen muss.

67

Zudem erfordert die Fortbildung des Rechts zumindest hinsichtlich der letztgenannten Frage eine Entscheidung des Revisionsgericht. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts nur dann erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (BGH, Beschluss vom 04.07.2002 – V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, Rn. 6, zitiert nach juris). Für die Aufstellung höchstrichterlicher Leitsätze besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (BGH, a.a.O.). Dies ist hier der Fall im Hinblick auf die Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft eine „Erfolgshaftung“ für die ordnungsgemäße und mangelfreie Durchführung der von den Wohnungseigentümern beschlossenen Maßnahmen zur Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums trifft.

68

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 49a GKG.

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Landgericht Hamburg Urteil, 17. Mai 2017 - 318 S 89/16 zitiert 20 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 533 Klageänderung; Aufrechnungserklärung; Widerklage


Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn1.der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und2.diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidu

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 21 Nutzungen und Kosten bei baulichen Veränderungen


(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebüh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 906 Zuführung unwägbarer Stoffe


(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 31 Haftung des Vereins für Organe


Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende

Zivilprozessordnung - ZPO | § 525 Allgemeine Verfahrensgrundsätze


Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedar

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 27 Aufgaben und Befugnisse des Verwalters


(1) Der Verwalter ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die 1. untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder2. zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 164 Protokollberichtigung


(1) Unrichtigkeiten des Protokolls können jederzeit berichtigt werden. (2) Vor der Berichtigung sind die Parteien und, soweit es die in § 160 Abs. 3 Nr. 4 genannten Feststellungen betrifft, auch die anderen Beteiligten zu hören. (3) Die Beric

Zivilprozessordnung - ZPO | § 267 Vermutete Einwilligung in die Klageänderung


Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er, ohne der Änderung zu widersprechen, sich in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen hat.

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Landgericht Hamburg Urteil, 17. Mai 2017 - 318 S 89/16 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 16/02 vom 4. Juli 2002 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZPO (2002) §§ 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, 233 Fc a) Eine Sache, die eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige u

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2014 - V ZR 9/14

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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2004 - II ZR 394/02

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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Feb. 2011 - V ZR 197/10

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Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 10.11.2014, Az.: 11 C 48/14, unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 2.287,90 neb

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Der Verwalter ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die

1.
untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder
2.
zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind.

(2) Die Wohnungseigentümer können die Rechte und Pflichten nach Absatz 1 durch Beschluss einschränken oder erweitern.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er, ohne der Änderung zu widersprechen, sich in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 394/02 Verkündet am:
6. Dezember 2004
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine erstmals im Berufungsrechtszug erhobene Widerklage ist zulässig, wenn
der Gegner einwilligt und das Begehren auf unstreitigem Sachvortrag beruht.
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2004 - II ZR 394/02 - OLG Karlsruhe
LG Mosbach
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 6. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Kurzwelly, Münke, Dr. Gehrlein und
Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. August 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Durch notariellen Vertrag vom 23. August 1994 gründetenG. K. und A. R. die "G. S. IV GbR M. straße" (im folgenden: Fonds, Fondsgesellschaft). Zweck der Gesellschaft war der Erwerb, die wirtschaftliche Ausnützung und Verwaltung der Gewerbeimmobilie M. straße 6 in L. . Gesellschafter konnten dem Fonds, dessen Kapital bis zu 13,5 Mio. DM betragen sollte, durch Einlagen von
mindestens 15.000,00 DM beitreten. Initiatorin des Fonds war die Gesellschaft für W. mbH S. (GW -GmbH), die außerdem den Vertrieb der Fondsanteile übernahm. Die durch eine Treuhandgesellschaft vertretenen Beklagten zeichneten am 15. Dezember 1995 zwei Fondsanteile über insgesamt 60.000,00 DM.
Die Beklagten schlossen am 1. Dezember 1995 zur Finanzierung ihrer Beteiligung mit der Klägerin unter Verwendung eines Formulars, das die Klägerin dem Vertriebsunternehmen überlassen hatte, einen Kreditvertrag über 68.888,88 DM. Das Darlehen sollte in voller Höhe durch eine von den Beklagten zugleich abgeschlossene Kapitallebensversicherung getilgt werden. Die Ansprüche aus dieser Lebensversicherung traten die Beklagten sicherungshalber an die Klägerin ab; außerdem verpfändeten sie der Klägerin ihren Gesellschaftsanteil.
Die monatlichen Kreditbelastungen der Beklagten konnten - entgegen dem Konzept des Fonds - ab Beginn des Jahres 2000 nicht mehr über Mietausschüttungen gedeckt werden. Durch Anwaltsschreiben vom 20. August 2001 kündigten die Beklagten mit der Begründung, über den tatsächlichen Verkehrswert der Immobilie und eine vermeintliche Wertsteigerung in betrügerischer Weise getäuscht worden zu sein, ihre Fondsbeteiligung aus wichtigem Grund. Schließlich widerriefen die Beklagten - im vorliegenden Rechtsstreit - durch Schriftsatz vom 4. Januar 2002 unter Berufung auf eine Haustürsituation ihre Erklärung auf Abschluß des Darlehensvertrages gegenüber der Klägerin.
Der von der Klägerin nach Kündigung und Fälligstellung des Darlehens erhobenen Klage auf Zahlung von 72.538,20 DM hat das Landgericht stattgegeben. Die Berufung der Beklagten, die im zweiten Rechtszug außerdem
widerklagend Rückzahlung der Zinsleistungen von 26.866,80 DM begehrt haben, ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihre Berufungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, ein Widerrufsrecht der Beklagten nach dem Haustürwiderrufsgesetz sei jedenfalls verwirkt. Mängel des Beitritts zur Fondsgesellschaft könnten die Beklagten nicht im Rahmen des Darlehensverhältnisses geltend machen, weil der Fondsbeitritt kein verbundenes Geschäft darstelle und nicht im Rahmen des Darlehensvertrages rückabgewickelt werden könne. Die Widerklage sei unzulässig, weil ihr ein anderer Streitgegenstand als der Klage zugrunde liege.
II. Dieser Beurteilung kann nicht beigetreten werden.
Nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachvortrag der Beklagten ist die Klage schon deshalb unbegründet und die Widerklage begründet , weil der Darlehensvertrag der Parteien unwirksam ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts waren die Beklagten berechtigt, ihre auf den Abschluß des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HaustürWG (in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung, jetzt § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB) zu widerrufen.
1. Die Widerklage der Beklagten auf Zahlung von 26.866,80 DM ist - wie die Revision mit Recht rügt - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zulässig. Die in § 533 ZPO geregelten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer neuen, erstmals im Berufungsrechtszug erhobenen Widerklage sind erfüllt.

a) Eine Widerklage ist gemäß § 533 Nr. 1 ZPO zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält. Wegen der Verweisung des § 525 ZPO auch auf § 267 ZPO kann die Einwilligung des Gegners stillschweigend erteilt werden, indem er sich rügelos auf die Widerklage einläßt (BGHZ 21, 13, 18; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO 23. Aufl. § 533 Rdn. 9; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 533 Rdn. 19). Da die Klägerin - ohne vorherige schriftsätzliche Beanstandung (vgl. BGH, Urt. v. 21. Februar 1975 - V ZR 148/73, NJW 1975, 1228 f.) - in der mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 2002 einen Antrag auf Abweisung der Widerklage gestellt hat, wird ihre Einwilligung unwiderleglich vermutet.

b) Als zweite Voraussetzung darf eine Widerklage nur auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO). Es bestehen bereits durchgreifende Bedenken, ob es sich bei dem - widerklagend geltend gemachten - der Höhe nach unstreitigen Zinsbetrag um eine neue Tatsache handelt, weil dieser Zahlungsposten ohnehin mit dem Anspruch der Klägerin auf Rückgewähr der Darlehensvaluta zu verrechnen wäre und daher (unausgesprochen) bereits im Klagevortrag enthalten ist. Jedenfalls sind neue unstreitige Tatsachen im Berufungsrechtszug gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen. Wie zum früheren Novenrecht (vgl. BGH, Urt. v. 31. Januar 1980 - VII ZR 96/79, NJW 1980, 945, 947) betrifft die
Regelung des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO über die Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel nur streitiges und daher beweisbedürftiges Vorbringen (OLG Hamm MDR 2003, 650 f.; Zöller/Gummer/Heßler aaO § 531 Rdn. 25; Meyer-Seitz in Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 531 Rdn. 8). Unstreitige neue Tatsachen können also die Grundlage einer Widerklage bilden (Meyer-Seitz aaO § 533 Rdn. 10). Klage und Widerklage betreffen im Sinn des herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs (BGHZ 117, 1, 6) einen identischen Sachverhalt. Wegen der (notwendig) jeweils entgegengesetzten Angriffsrichtung kann aber nicht - wie offenbar das Berufungsgericht meint - außerdem verlangt werden, daß Klage und Widerklage - als zweites Element des Streitgegenstandsbegriffes - dasselbe Begehren zum Inhalt haben. Vielmehr führt schon die im Verhältnis zur Klage gemeinsame Tatsachengrundlage zur Zulässigkeit der Widerklage.
2. § 5 Abs. 2 HaustürWG ist richtlinienkonform dahingehend auszulegen, daß die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes auf Real- und Personalkredite auch dann anzuwenden sind, wenn das Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz ausgeschlossen oder erloschen ist (BGHZ 150, 248, 256; BGHZ 152, 331, 334 f.; Sen.Urt. v. 14. Juni 2004 - II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1403). Letzteres ist hier der Fall. Die Widerrufsfrist des § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG ist infolge Fristablaufs erloschen.
3. Die Voraussetzungen des Widerrufs nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HaustürWG liegen vor.

a) Nach dem für das Revisionsverfahren zugrundezulegenden Sachverhalt sind die Beklagten aufgrund eines unbestellten Besuchs von einem Mitar-
beiter des Vertriebsunternehmens für den Fondsbeitritt und dessen Finanzierung in ihrer Wohnung geworben worden.

b) Die Haustürsituation ist der Klägerin zuzurechnen.
Insoweit gelten die für die Zurechnung einer arglistigen Täuschung nach § 123 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze (BGH, Urt. v. 12. November 2002 - XI ZR 3/01, ZIP 2003, 22, 24 f.; v. 15. Juli 2003 - XI ZR 162/00, ZIP 2003, 1741, 1743; v. 20. Januar 2004 - XI ZR 460/02, DB 2004, 647, 648). Ist danach - wie hier - der Verhandlungsführer als Dritter anzusehen, so ist sein Handeln dem Erklärungsempfänger zuzurechnen, wenn dieser es kannte oder kennen mußte. Für eine fahrlässige Unkenntnis in diesem Sinne genügt, daß die Umstände des Falles den Erklärungsempfänger veranlassen mußten, sich zu erkundigen , auf welchen Umständen die ihm übermittelte Willenserklärung beruht (BGH, Urt. v. 9. April 1992 - IX ZR 145/91, ZIP 1992, 755, 756).
Auch wenn die Klägerin nicht schon gewußt haben sollte, daß die Fondsbeteiligungen einschließlich der Finanzierungen in Haustürsituationen vertrieben wurden, war sie nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen doch jedenfalls verpflichtet, sich bei der Fondsgesellschaft oder dem Vertriebsunternehmen über die Umstände der Vertragsverhandlungen zu erkundigen, weil sie in das Vertriebssystem des Fonds eingebunden war. Sie hatte dem Vertriebsunternehmen ihre Kreditfomulare überlassen. Ausweislich des Kreditvertrages hatte der Vermittler die eigenhändige Unterschriftsleistung der Beklagten "im Hause des Kreditnehmers" (richtig: der Kreditnehmer) bestätigt. Damit legte schon die Vertragsurkunde eine Haustürsituation in aller Deutlichkeit nahe. Deshalb hätte für die Klägerin Veranlassung bestanden, bei dem Fonds-
vertreiber Nachfrage über das Zustandekommen der Willenserklärung zu halten.

c) Das Widerrufsrecht der Beklagten ist nicht durch Fristablauf erloschen. Die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HaustürWG hat mangels ordnungsgemäßer Belehrung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 HaustürWG nicht zu laufen begonnen.
Die Belehrung enthält den Hinweis, daß nach dem Empfang des Darlehens der Widerruf als nicht erfolgt gelte, wenn der Nettokreditbetrag nicht binnen zwei Wochen zurückgezahlt werde. Eine derartige - dem § 7 Abs. 3 VerbrKrG entsprechende - Widerrufsbelehrung genügt entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht den Anforderungen des § 2 HaustürWG, weil sie eine "andere" - zudem noch unrichtige - Erklärung enthält (vgl. Sen.Urt. v. 14. Juni 2004 - II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1404). Fehlt eine ordnungsgemäße Belehrung, kann das Widerrufsrecht entsprechend dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13. Dezember 2001 (Rs. C-481/99, NJW 2002, 281, 282 f.) zeitlich unbefristet ausgeübt werden (vgl. auch Senat, BGHZ 148, 201, 203 f.: 10 Jahre). Eine Verwirkung des Widerrufsrechts scheidet schon deshalb aus, weil Darlehensnehmer erst durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13. Dezember 2001 (aaO) über die Berechtigung eines Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz verbindlich in Kenntnis gesetzt wurden (vgl. BGH, Urt. v. 15. September 1999 - I ZR 57/97, NJW 2000, 140, 142). Folgerichtig haben die Beklagten ihre Erklärung am 4. Januar 2002 widerrufen.
4. Als Rechtsfolge des Widerrufs sind die Vertragspartner gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 HaustürWG verpflichtet, dem jeweils anderen Teil die empfangenen Leistungen zurückzugewähren.

a) Danach brauchen die Beklagten der Klägerin nicht die Darlehensvaluta zurückzuzahlen, sondern ihr lediglich ihren Fondsanteil abzutreten.
Der Senat hat in seinem Urteil vom 14. Juni 2004 (II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1404 f.) entschieden, daß die von dem Darlehensnehmer empfangene Leistung im Falle der Auszahlung des Darlehens an einen Dritten bei einem Verbundgeschäft im Sinne von § 9 VerbrKrG der finanzierte Gesellschaftsanteil ist. Der Fondsbeitritt der Beklagten und der Darlehensvertrag der Parteien bilden ein verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 Abs. 1, 4 VerbrKrG. Ein solches liegt vor, wenn sich Fondsgesellschaft und Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen (vgl. Sen.Urt. v. 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594; ebenso Entscheidungen vom 14. Juni 2004 in den Sachen II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1396, 1398 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1405). Das war hier der Fall. Die Klägerin hat ihre Vertragsformulare dem von den Fondsinitiatoren eingeschalteten Vertriebsunternehmen zur Verfügung gestellt.

b) Die Klägerin hat den Beklagten die von ihnen gezahlten Zinsleistungen zurückzugewähren, allerdings nur, soweit sie aus von der Gesellschaftsbeteiligung unabhängigem Vermögen erbracht sind (vgl. Sen.Urt. v. 14. Juni 2004 - II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1404). Das Berufungsgericht wird - ggf. nach ergänzendem Vortrag der Parteien - klären müssen, in welchem Umfang der Treuhänder Ausschüttungen des Fonds an die Klägerin weitergeleitet hat. Ferner ist die Klägerin verpflichtet, die Rechte aus der Lebensversicherung an den Beklagten zurückzuübertragen (Sen.Urt. aaO).
5. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - zu den Voraussetzungen einer Haustürsituation nach § 1 HaustürWG keine
Feststellungen getroffen. Das nachzuholen, hat es im Rahmen der neuen Verhandlung Gelegenheit.
III. Die Revision ist auch noch aus einem anderen Gesichtspunkt begründet. Selbst wenn der Darlehensvertrag wirksam sein sollte, müßten die Beklagten nach dem vom Berufungsgericht bisher unterstellten Sachverhalt keine weiteren Zahlungen an die Klägerin leisten und hätten umgekehrt einen Anspruch auf Rückgewähr ihrer bereits erbrachten Leistungen. Das ergibt sich aus § 9 Abs. 3, Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG, dessen bis zum 30. September 2000 geltende Fassung hier anzuwenden ist.
1. Wie vorstehend unter II. 4. a ausgeführt, bilden der Darlehensvertrag und der Gesellschaftsbeitritt ein verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 Abs. 1, 4 VerbrKrG, so daß § 9 Abs. 3 VerbrKrG zur Anwendung kommt.
2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts können sich die Beklagten der Klägerin gegenüber darauf berufen, daß ihnen gegen die Gründungsgesellschafter des Fonds, G. K. und A. R. , Schadensersatzansprüche u.a. aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß zustehen (vgl. Sen.Urt. v. 10 Oktober 1994 - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851 f.).

a) Wie der Senat in seinen Urteilen vom 14. Juni 2004 (II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1404) entschieden hat, kann der bei seinem Eintritt in eine Fondsgesellschaft getäuschte Anleger bei Vorliegen eines Verbundgeschäfts nicht nur seine Beteiligung kündigen und die daraus folgenden Ansprüche auch der Bank entgegenhalten, sondern darüber hinaus der Bank auch alle Ansprüche entgegensetzen, die er gegen die Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter des Fonds hat, weil diese
in dem Dreiecksverhältnis des Verbundgeschäfts Kunde - Verkäufer - Bank wie ein Verkäufer zu behandeln sind.

b) Die gegenüber den Gründungsgesellschaftern des Fonds bestehenden Schadensersatzansprüche sind darauf gerichtet, den Anleger so zu stellen, als wäre er der Fondsgesellschaft nicht beigetreten und hätte mit dem den Beitritt finanzierenden Institut keinen Darlehensvertrag geschlossen (Sen.Urt. v. 14. Juni 2004 - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406).
Danach haben die Beklagten der Klägerin nur die Fondsbeteiligung und in entsprechender Anwendung von § 255 BGB ihre Schadensersatzansprüche gegen die GW -GmbH und die Gründungsgesellschafter abzutreten. Die Darlehensvaluta , die nicht an sie, sondern an den Treuhänder geflossen ist, brauchen sie der Klägerin nicht zurückzuzahlen.
Ferner können die Beklagten im Wege des Rückforderungsdurchgriffs nach § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG (vgl. Sen.Urt. v. 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1595) von der Klägerin Rückgewähr der von ihnen aufgrund des Darlehensvertrages an die Klägerin erbrachten Leistungen verlangen. Ebenso wie im oben (II.) erörterten Fall der Rückabwicklung aufgrund wirksamen Widerrufs des Darlehensvertrages nach dem Haustürwiderrufsgesetz haben sie jedoch nur Anspruch auf Rückzahlung solcher Leistungen, die sie aus eigenem Vermögen erbracht haben.

c) Diese Rechte der Beklagten sind nicht verwirkt.
Insoweit kommt es nicht auf die erst im August 2000 erfolgte Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses an. Das Kündigungsrecht kann im Falle eines verbundenen Geschäfts auch dadurch ausgeübt werden, daß der getäuschte Anleger dem Finanzierungsinstitut mitteilt, er sei durch Täuschung zum Erwerb der Beteiligung veranlaßt worden, und ihm die Übernahme seines Geschäftsanteils anbietet (Sen.Urt. v. 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1595; Sen.Urt. v. 14. Juli 2004 - II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1520 f.). Die Beklagten haben den Darlehensvertrag bereits Ende Juni 1998 gegenüber der Klägerin angefochten und ihr die Fondsbeteiligung zur Verfügung gestellt.
3. Da das Berufungsgericht, wie dargelegt, insoweit noch Feststellungen zu treffen hat, kommt eine abschließende Entscheidung des Senats auch in bezug auf den Schadensersatzanspruch der Beklagten nicht in Betracht. Die Zurückverweisung bietet auch Gelegenheit nach Maßgabe der Urteile des Senats vom 14. Juni 2004 (II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1407) zu klären, ob die Beklagten in den Genuß
von Steuervorteilen gekommen sind, denen keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamts gegenüberstehen.
Röhricht Kurzwelly Münke
Gehrlein Caliebe

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

29
aa) Der Anspruch aus § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG ist ein verschuldensunabhängiger Schadenersatzanspruch, dem aufopferungsähnliche Grundgedanken zugrunde liegen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 226/01, BGHZ 153, 182, 187 mwN). Auf ihn finden die allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff. BGB über Art, Inhalt und Umfang der Schadensersatzleistung Anwendung (allgemeine Ansicht, vgl. KG, ZMR 2000, 335 mwN; BayObLG, NJW-RR 1994, 1104, 1105; Bärmann/Suilmann, WEG, 13. Aufl., § 14 Rn. 76; Hügel/Elzer, WEG, § 14 Rn. 50, 51, 72; Riecke/Schmid/ Abramenko, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 37, 38; Spielbauer/Then, 3. Aufl., WEG, § 14 Rn. 72, 73; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 199; v. Rechenberg, ZWE 2005, 47, 54). Insoweit unterscheidet er sich von dem Ausgleichsanspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, der einen Ausgleich in Geld in Anlehnung an die Grundsätze der Enteignungsentschädigung gewährt (Senat, Urteil vom 21. Mai 2010 - V ZR 10/10, BGHZ 185, 371 Rn. 16; Urteil vom 20. April 1990 - V ZR 282/88, BGHZ 111, 158, 167).
27
b) Schuldner dieses Anspruchs ist nach heute nahezu unbestrittener Ansicht die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband (aM, soweit ersichtlich , nur Bamberger/Roth/Hügel, BGB, 3. Aufl., § 14 WEG Rn. 10). Unterschiede bestehen nur in der Herleitung dieses Ergebnisses (für § 16 Abs. 7 WEG: OLG Schleswig, NJW-RR 2007, 448, 449; LG Frankfurt/Main, ZWE 2014, 403, 405; MüKoBGB/Commichau, 6. Aufl., § 14 WEG Rn. 40; wohl auch Erman /Grziwotz, BGB, 14. Aufl., § 14 WEG Rn. 5; Sauren, WEG, 6. Aufl., § 14 Rn. 15; Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 75; Gottschalg, NZM 2010, 424, 427 f., für § 16 Abs. 6 Satz 3 WEG: LG Hamburg, ZMR 2009, 714, 715; AG Hamburg, ZMR 2011, 249, 250; Suilmann in Bärmann, WEG, 13. Aufl., § 14 Rn. 75; Hügel/Elzer, WEG, § 14 Rn. 54; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 39; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 210 und für § 16 Abs. 6 Satz 2 WEG: Hogenschurz in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 33 juris; PK-BGB/Lafontaine, 7. Aufl., § 10 WEG Rn. 84; Kümmel in Niedenführ /Vandenhouten/Kümmel, WEG, 11. Aufl., § 14 Rn. 56; Palandt/ Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 14 WEG Rn. 18) und in der Frage, ob neben dem Verband auch die Wohnungseigentümer selbst haften (so Hügel/Elzer, aaO, aA Suilmann in Bärmann aaO). Diese Unterschiede spielen im vorliegenden Fall keine Rolle, weil nur der Verband verklagt worden ist.
29
aa) Der Anspruch aus § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG ist ein verschuldensunabhängiger Schadenersatzanspruch, dem aufopferungsähnliche Grundgedanken zugrunde liegen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 226/01, BGHZ 153, 182, 187 mwN). Auf ihn finden die allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff. BGB über Art, Inhalt und Umfang der Schadensersatzleistung Anwendung (allgemeine Ansicht, vgl. KG, ZMR 2000, 335 mwN; BayObLG, NJW-RR 1994, 1104, 1105; Bärmann/Suilmann, WEG, 13. Aufl., § 14 Rn. 76; Hügel/Elzer, WEG, § 14 Rn. 50, 51, 72; Riecke/Schmid/ Abramenko, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 37, 38; Spielbauer/Then, 3. Aufl., WEG, § 14 Rn. 72, 73; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 199; v. Rechenberg, ZWE 2005, 47, 54). Insoweit unterscheidet er sich von dem Ausgleichsanspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, der einen Ausgleich in Geld in Anlehnung an die Grundsätze der Enteignungsentschädigung gewährt (Senat, Urteil vom 21. Mai 2010 - V ZR 10/10, BGHZ 185, 371 Rn. 16; Urteil vom 20. April 1990 - V ZR 282/88, BGHZ 111, 158, 167).
27
b) Schuldner dieses Anspruchs ist nach heute nahezu unbestrittener Ansicht die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband (aM, soweit ersichtlich , nur Bamberger/Roth/Hügel, BGB, 3. Aufl., § 14 WEG Rn. 10). Unterschiede bestehen nur in der Herleitung dieses Ergebnisses (für § 16 Abs. 7 WEG: OLG Schleswig, NJW-RR 2007, 448, 449; LG Frankfurt/Main, ZWE 2014, 403, 405; MüKoBGB/Commichau, 6. Aufl., § 14 WEG Rn. 40; wohl auch Erman /Grziwotz, BGB, 14. Aufl., § 14 WEG Rn. 5; Sauren, WEG, 6. Aufl., § 14 Rn. 15; Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 75; Gottschalg, NZM 2010, 424, 427 f., für § 16 Abs. 6 Satz 3 WEG: LG Hamburg, ZMR 2009, 714, 715; AG Hamburg, ZMR 2011, 249, 250; Suilmann in Bärmann, WEG, 13. Aufl., § 14 Rn. 75; Hügel/Elzer, WEG, § 14 Rn. 54; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 39; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 210 und für § 16 Abs. 6 Satz 2 WEG: Hogenschurz in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 33 juris; PK-BGB/Lafontaine, 7. Aufl., § 10 WEG Rn. 84; Kümmel in Niedenführ /Vandenhouten/Kümmel, WEG, 11. Aufl., § 14 Rn. 56; Palandt/ Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 14 WEG Rn. 18) und in der Frage, ob neben dem Verband auch die Wohnungseigentümer selbst haften (so Hügel/Elzer, aaO, aA Suilmann in Bärmann aaO). Diese Unterschiede spielen im vorliegenden Fall keine Rolle, weil nur der Verband verklagt worden ist.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

25
dd) Eine Haftung des Verbands hat der Senat allerdings in seinem Urteil vom 13. Juli 2012 (V ZR 94/11, NJW 2012, 2955 Rn. 17 ff.) für solche Schäden bejaht, die durch die unterbliebene Umsetzung eines bereits gefassten Sanierungsbeschlusses entstehen. Ob angesichts der dagegen erhobenen Kritik (vgl. nur Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 59 ff.; Rüscher, ZfIR 2013, 65 ff.; Elzer, NZM 2012, 718, 722 f.; Armbrüster/Kräher, ZWE 2014, 1, 5 f.; Jacoby, ZWE 2014, 8, 11 f.) an der hierfür gegebenen Begründung festgehalten werden kann oder ob dem Verband vielmehr das Handeln des Verwalters als dem für die Umsetzung von Beschlüssen zuständigen Organ (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) in analoger Anwendung von § 31 BGB zuzurechnen wäre (bzw. bei einer verwalterlosen Gemeinschaft das Handeln der Wohnungseigentümer, die den Verband gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 oder 3 WEG vertreten), bedarf keiner Entscheidung.
17
a) Das Berufungsgericht hat den Verzug der Beklagten mit der Ausführung des Beschlusses über die vollständige Sanierung des Gemeinschaftseigentums vom 19. November 2009 bejaht. Das setzt eine Pflichtverletzung nicht nur der Wohnungseigentümer, die das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang ausdrücklich anspricht ("die Beklagten"), sondern auch des Verbands selbst voraus. Diese liegt im Ergebnis vor.
29
aa) Der Anspruch aus § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG ist ein verschuldensunabhängiger Schadenersatzanspruch, dem aufopferungsähnliche Grundgedanken zugrunde liegen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 226/01, BGHZ 153, 182, 187 mwN). Auf ihn finden die allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff. BGB über Art, Inhalt und Umfang der Schadensersatzleistung Anwendung (allgemeine Ansicht, vgl. KG, ZMR 2000, 335 mwN; BayObLG, NJW-RR 1994, 1104, 1105; Bärmann/Suilmann, WEG, 13. Aufl., § 14 Rn. 76; Hügel/Elzer, WEG, § 14 Rn. 50, 51, 72; Riecke/Schmid/ Abramenko, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 37, 38; Spielbauer/Then, 3. Aufl., WEG, § 14 Rn. 72, 73; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 199; v. Rechenberg, ZWE 2005, 47, 54). Insoweit unterscheidet er sich von dem Ausgleichsanspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, der einen Ausgleich in Geld in Anlehnung an die Grundsätze der Enteignungsentschädigung gewährt (Senat, Urteil vom 21. Mai 2010 - V ZR 10/10, BGHZ 185, 371 Rn. 16; Urteil vom 20. April 1990 - V ZR 282/88, BGHZ 111, 158, 167).
11
aa) Die Behauptung des Beklagten, der Schaden wäre auch ohne sein angeblich pflichtwidriges Verhalten eingetreten, ist nicht als Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens anzusehen, für das der Schädiger darlegungs- und beweisbelastet ist (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2007 - VI ZR 231/06, BGHZ 175, 58 Rn. 25; vom 5. April 2005 - VI ZR 216/03, VersR 2005, 942; BGH, Urteile vom 25. November 1992 - VIII ZR 170/91, BGHZ 120, 281, 287; vom 5. März 2009 - III ZR 17/08, VersR 2010, 112 Rn. 14), sondern als qualifi- ziertes Bestreiten der Schadensentstehung zu werten (vgl. Senatsurteil vom 13. Oktober 2009 - VI ZR 288/08, VersR 2010, 120 Rn. 9). Das gilt auch für die Behauptung, ein Vermögensschaden sei deshalb nicht eingetreten, weil der Geschädigte ohnehin lediglich eine auf Dauer uneinbringliche Forderung verloren habe (BGH, Urteil vom 19. September 1985 - IX ZR 138/84, VersR 1986, 160, 162). Dementsprechend muss nicht der Schädiger in allen Einzelheiten den Nachweis führen, dass der Schuldner zahlungsunfähig gewesen wäre. Vielmehr ist seine Verteidigung schon dann erheblich, wenn er Umstände darlegt , die Zweifel an der Zahlungsfähigkeit begründen können (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2007 - IX ZR 261/03, BGHZ 171, 261 Rn. 36).

(1) Unrichtigkeiten des Protokolls können jederzeit berichtigt werden.

(2) Vor der Berichtigung sind die Parteien und, soweit es die in § 160 Abs. 3 Nr. 4 genannten Feststellungen betrifft, auch die anderen Beteiligten zu hören.

(3) Die Berichtigung wird auf dem Protokoll vermerkt; dabei kann auf eine mit dem Protokoll zu verbindende Anlage verwiesen werden. Der Vermerk ist von dem Richter, der das Protokoll unterschrieben hat, oder von dem allein tätig gewesenen Richter, selbst wenn dieser an der Unterschrift verhindert war, und von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, soweit er zur Protokollführung zugezogen war, zu unterschreiben.

(4) Erfolgt der Berichtigungsvermerk in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Protokoll untrennbar zu verbinden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

17
a) Das Berufungsgericht hat den Verzug der Beklagten mit der Ausführung des Beschlusses über die vollständige Sanierung des Gemeinschaftseigentums vom 19. November 2009 bejaht. Das setzt eine Pflichtverletzung nicht nur der Wohnungseigentümer, die das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang ausdrücklich anspricht ("die Beklagten"), sondern auch des Verbands selbst voraus. Diese liegt im Ergebnis vor.

(1) Der Verwalter ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die

1.
untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder
2.
zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind.

(2) Die Wohnungseigentümer können die Rechte und Pflichten nach Absatz 1 durch Beschluss einschränken oder erweitern.

20
cc) Ob diese Gesichtspunkte einen Ersatzanspruch des Verwalters nach §§ 675, 670 BGB für die Aufwendungen zur Bezahlung von Instandhaltungsmaßnahmen stets ausschließen, wenn er diese (auch) durch einen Kontokorrentkredit finanziert hat, ist allerdings deshalb zweifelhaft, weil der Verwalter einen Beschluss der Wohnungseigentümer zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG unverzüglich durchzuführen hat und andernfalls schadensersatzpflichtig werden kann (BayObLG NJW-RR 1996, 657, 658; 2000, 1033, 1034; NZM 2002, 705, 706; Heinemann in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 27 Rn. 24; Merle in Bärmann, WEG, 10. Auflage, § 27 Rn. 36). Die Befugnis des Verwalters, die Durchführung des Beschlusses zu verweigern, wenn ihm die Wohnungseigentümergemeinschaft die nötigen Mittel im Wege eines Vorschusses nach § 669 BGB - üblicherweise aus der Instandsetzungsrücklage oder aus einer zu beschließenden Sonderumlage (vgl. Timme/Elzer, WEG, § 21 Rn. 261) - nicht bereitstellt (vgl. BGH, Urteile vom 27. März 1980 - VII ZR 214/79, BGHZ 77, 60, 63 und vom 20. Mai 1985 - VII ZR 266/84, BGHZ 94, 330, 334), hilft in den Fällen nicht, in denen sich erst bei Auftragsausführung herausstellt, dass die für die Durchführung der beschlossenen Maßnahme vorhandenen Mittel unzureichend sind.
17
a) Das Berufungsgericht hat den Verzug der Beklagten mit der Ausführung des Beschlusses über die vollständige Sanierung des Gemeinschaftseigentums vom 19. November 2009 bejaht. Das setzt eine Pflichtverletzung nicht nur der Wohnungseigentümer, die das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang ausdrücklich anspricht ("die Beklagten"), sondern auch des Verbands selbst voraus. Diese liegt im Ergebnis vor.
25
dd) Eine Haftung des Verbands hat der Senat allerdings in seinem Urteil vom 13. Juli 2012 (V ZR 94/11, NJW 2012, 2955 Rn. 17 ff.) für solche Schäden bejaht, die durch die unterbliebene Umsetzung eines bereits gefassten Sanierungsbeschlusses entstehen. Ob angesichts der dagegen erhobenen Kritik (vgl. nur Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 59 ff.; Rüscher, ZfIR 2013, 65 ff.; Elzer, NZM 2012, 718, 722 f.; Armbrüster/Kräher, ZWE 2014, 1, 5 f.; Jacoby, ZWE 2014, 8, 11 f.) an der hierfür gegebenen Begründung festgehalten werden kann oder ob dem Verband vielmehr das Handeln des Verwalters als dem für die Umsetzung von Beschlüssen zuständigen Organ (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) in analoger Anwendung von § 31 BGB zuzurechnen wäre (bzw. bei einer verwalterlosen Gemeinschaft das Handeln der Wohnungseigentümer, die den Verband gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 oder 3 WEG vertreten), bedarf keiner Entscheidung.

(1) Der Verwalter ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die

1.
untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder
2.
zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind.

(2) Die Wohnungseigentümer können die Rechte und Pflichten nach Absatz 1 durch Beschluss einschränken oder erweitern.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

27
b) Schuldner dieses Anspruchs ist nach heute nahezu unbestrittener Ansicht die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband (aM, soweit ersichtlich , nur Bamberger/Roth/Hügel, BGB, 3. Aufl., § 14 WEG Rn. 10). Unterschiede bestehen nur in der Herleitung dieses Ergebnisses (für § 16 Abs. 7 WEG: OLG Schleswig, NJW-RR 2007, 448, 449; LG Frankfurt/Main, ZWE 2014, 403, 405; MüKoBGB/Commichau, 6. Aufl., § 14 WEG Rn. 40; wohl auch Erman /Grziwotz, BGB, 14. Aufl., § 14 WEG Rn. 5; Sauren, WEG, 6. Aufl., § 14 Rn. 15; Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 75; Gottschalg, NZM 2010, 424, 427 f., für § 16 Abs. 6 Satz 3 WEG: LG Hamburg, ZMR 2009, 714, 715; AG Hamburg, ZMR 2011, 249, 250; Suilmann in Bärmann, WEG, 13. Aufl., § 14 Rn. 75; Hügel/Elzer, WEG, § 14 Rn. 54; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 39; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 210 und für § 16 Abs. 6 Satz 2 WEG: Hogenschurz in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 33 juris; PK-BGB/Lafontaine, 7. Aufl., § 10 WEG Rn. 84; Kümmel in Niedenführ /Vandenhouten/Kümmel, WEG, 11. Aufl., § 14 Rn. 56; Palandt/ Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 14 WEG Rn. 18) und in der Frage, ob neben dem Verband auch die Wohnungseigentümer selbst haften (so Hügel/Elzer, aaO, aA Suilmann in Bärmann aaO). Diese Unterschiede spielen im vorliegenden Fall keine Rolle, weil nur der Verband verklagt worden ist.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

27
b) Schuldner dieses Anspruchs ist nach heute nahezu unbestrittener Ansicht die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband (aM, soweit ersichtlich , nur Bamberger/Roth/Hügel, BGB, 3. Aufl., § 14 WEG Rn. 10). Unterschiede bestehen nur in der Herleitung dieses Ergebnisses (für § 16 Abs. 7 WEG: OLG Schleswig, NJW-RR 2007, 448, 449; LG Frankfurt/Main, ZWE 2014, 403, 405; MüKoBGB/Commichau, 6. Aufl., § 14 WEG Rn. 40; wohl auch Erman /Grziwotz, BGB, 14. Aufl., § 14 WEG Rn. 5; Sauren, WEG, 6. Aufl., § 14 Rn. 15; Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 75; Gottschalg, NZM 2010, 424, 427 f., für § 16 Abs. 6 Satz 3 WEG: LG Hamburg, ZMR 2009, 714, 715; AG Hamburg, ZMR 2011, 249, 250; Suilmann in Bärmann, WEG, 13. Aufl., § 14 Rn. 75; Hügel/Elzer, WEG, § 14 Rn. 54; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 39; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 210 und für § 16 Abs. 6 Satz 2 WEG: Hogenschurz in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 33 juris; PK-BGB/Lafontaine, 7. Aufl., § 10 WEG Rn. 84; Kümmel in Niedenführ /Vandenhouten/Kümmel, WEG, 11. Aufl., § 14 Rn. 56; Palandt/ Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 14 WEG Rn. 18) und in der Frage, ob neben dem Verband auch die Wohnungseigentümer selbst haften (so Hügel/Elzer, aaO, aA Suilmann in Bärmann aaO). Diese Unterschiede spielen im vorliegenden Fall keine Rolle, weil nur der Verband verklagt worden ist.
17
a) Das Berufungsgericht hat den Verzug der Beklagten mit der Ausführung des Beschlusses über die vollständige Sanierung des Gemeinschaftseigentums vom 19. November 2009 bejaht. Das setzt eine Pflichtverletzung nicht nur der Wohnungseigentümer, die das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang ausdrücklich anspricht ("die Beklagten"), sondern auch des Verbands selbst voraus. Diese liegt im Ergebnis vor.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 10.11.2014, Az.: 11 C 48/14, unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 2.287,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.12.2014 zu zahlen; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 60 %, die Beklagte 40 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.887,91 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Ersatz von Mietausfallschaden für das Jahr 2010 und den Ersatz von Gutachterkosten im Zusammenhang mit der Durchführung von Sanierungsarbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum im Bereich ihres Sondereigentums.

2

Die Klägerin ist Mitglied der Beklagten und Eigentümerin der im Hinterhaus der Wohnungseigentumsanlage G.-S.-Straße ..., ... H., gelegenen Wohnung Nr. 9 im Erdgeschoss rechts, die sie im Jahr 1996 erworben hat. Im Bereich ihres Sondereigentums wurden in der Folgezeit auf der Grundlage eines Beschlusses der Wohnungseigentümer Sanierungsarbeiten u.a. wegen Feuchtigkeitsmängeln durchgeführt, deren Erfolg streitig war. Aufgrund weiterer Beschlüsse der Wohnungseigentümer wurde sodann ein Privatgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. H. eingeholt und im Dezember 2008 ein selbstständiges Beweisverfahren gegen die ausführende Firma M. & B. sowie die Architektin H. betrieben (Landgericht Hamburg, Az.: 321 OH 4/08). Ein in diesem Verfahren erstelltes Gutachten (Anlage K 1, Bl. 22 d. A.) gelangte zum Ergebnis, dass die Sanierung, insbesondere auch die Abdichtung des Mauerwerks im Erdgeschoss, nicht fachgerecht durchgeführt worden war. Der Gutachter Dipl.-Ing. W. empfahl eine Reihe von Sanierungsmaßnahmen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 30 ff. d. A. verwiesen. Vor Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen kam es sodann im Dezember 2008 aufgrund fahrlässigen Verhaltens eines Mieters zu einem Brand, der auch das Hinterhaus und die Wohnung der Klägerin betraf. Im Mai 2009 wurde die Firma B. R. GmbH mit der Sanierung beauftragt (Anlage K 2, Bl. 39 d. A.).

3

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen auf den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).

4

Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.11.2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, für den Zeitraum von Januar 2010 bis Ende Juni 2010 komme nur ein Anspruch nach § 14 Ziff. 4, 2. HS WEG in Betracht, da die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft in dieser Zeit über die Schlüssel zur Wohnung der Klägerin verfügt und den Besitz innegehabt habe. Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, welchen Zweck dieses gehabt habe, komme es jedoch nicht an, weil ein Anspruch bereits aus Rechtsgründen nicht bestehe. Dieser sei nur dann gegeben, wenn der geltend gemachte Schaden auf einem unmittelbaren Eingriff der Wohnungseigentümergemeinschaft beruhe. Voraussetzung hierfür sei wiederum, dass das Sondereigentum zu Beginn des Eingriffs durch die Wohnungseigentümergemeinschaft funktionstüchtig gewesen und die Vermietbarkeit durch eine Maßnahme der Gemeinschaft beeinträchtigt worden sei. Dies sei hier aufgrund des Brandschadens nicht der Fall gewesen, denn die Wohnung der Klägerin wäre ohnehin für eine Vermietung nicht mehr geeignet gewesen. Die Beklagte sei hier ihrer Wiederherstellungspflicht nachgekommen. Sie hafte nicht für schicksalhafte Zerstörungen. Eine schuldhafte Verzögerung der Sanierung behaupte die Klägerin nicht. Für den folgenden Zeitraum von Juli 2010 bis Dezember 2010 komme nur ein verschuldensabhängiger Anspruch gemäß § 280 BGB in Betracht, für den die Beklagte jedoch nicht passivlegitimiert sei. Im Übrigen fehle es auch an einer konkreten Aufforderung der Klägerin, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, so dass ein schuldhaftes Verhalten nicht ersichtlich sei.

5

Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 13.11.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit ein am 15.12.2014 (einem Montag), über E-Fax bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.02.2015 mit einem am 12.02.2015 über E-Fax eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

6

Sie trägt vor, das Amtsgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass ihr Sondereigentum nicht für die Wiederherstellung des Gemeinschaftseigentums in Anspruch genommen worden sei, sondern (nur) im Rahmen einer Wiederaufbauverpflichtung gemäß §§ 11 Abs. 1 S. 3, 22 Abs. 4 WEG.

7

Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum von Januar 2010 bis Juli 2010 sei gerechtfertigt, weil für diesen Zeitraum die Sanierung von der Beklagten schuldhaft verzögert worden sei. So sei die Brandschadensanierung bei den übrigen Wohnungen bereits im Dezember 2009 abgeschlossen gewesen, ihre Wohnung habe sie jedoch erst im Juni 2010 zurückerhalten. Hintergrund dieser Verzögerung sei der Umstand gewesen, dass die mit der Brandschadensanierung beauftragte Firma B. auch den Auftrag gehabt habe, die vom Sachverständigen Dipl.-Ing. W. im selbstständigen Beweisverfahren beim Landgericht Hamburg Az.: 321 OH 4/08 empfohlenen Arbeiten zur Behebung von Feuchtigkeitsmängeln, insbesondere im Bereich der Giebelwand, umzusetzen. Diese Arbeiten seien schleppend und zudem mangelhaft ausgeführt worden. Mithin bestehe ein Anspruch nach § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG, jedenfalls aber ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 i.V.m. 278 BGB, denn die Firma B. sei insoweit als Erfüllungsgehilfin der Beklagten tätig geworden.

8

Für den Zeitraum Juli bis Dezember 2010 ergebe sich ein Anspruch aufgrund der Tatsache, dass der von der Beklagten mit der Überwachung der Sanierungsarbeiten beauftragte Dipl.-Ing. Architekt E. ihre Wohnung trotz nach wie vor vorhandener gravierender Mängel abgenommen habe. So seien von der Firma B. nur zwei Gebäudeseiten mit einem Wärmedämmverbundsystem versehen worden, nicht jedoch die durchfeuchtete Giebelwand saniert worden. Die Kosten für die Beauftragung des Sachverständigen Dipl.-Ing. W1 seien als ein adäquat kausal darauf beruhender Schaden zu ersetzen.

9

Die Klägerin beantragt,

10

das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 10.11.2014 (Az.: 11 C 48/14) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie € 5.887,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Berufung zurückzuweisen.

13

Sie trägt vor, ein allenfalls in Betracht kommender Schadensersatzanspruch der Klägerin sei vorliegend schon deshalb nicht begründet, weil der Firma B. keine Frist zur Fertigstellung der Sanierung gesetzt worden sei. Diese sei auch nicht etwa ihre Erfüllungsgehilfin gewesen. Der Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf Wiederaufbau richte sich nicht gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern gegen die anderen Wohnungseigentümer.

14

Der erstinstanzliche Vortrag der Klägerin zur schuldhaften Verzögerung der Sanierung sei verspätet gewesen. Die Klägerin habe auch nicht bewiesen, dass ihr ein Mietausfallschaden entstanden sei. Die Wohnung sei Jahre später immer noch nicht vermietet. Schadensersatzansprüche aus einer schuldhaft verzögerten Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums richteten sich nicht gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern nur gegen die einzelnen Wohnungseigentümer. Es sei im Übrigen unzutreffend, dass die Wohnung nicht zu Wohnzwecken nutzbar gewesen sei.

15

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin R. durch die Berichterstatterin als beauftragte Richterin. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll der Sitzung vom 07.09.2016 (Bl. 255 ff. d. A.) verwiesen.

16

Mit Beschluss vom 09.01.2017 hat das Gericht das schriftliche Verfahren angeordnet und den Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, auf den 06.02.2017 bestimmt.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die im Berufungsverfahren zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

1.

18

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache jedoch nur teilweise Erfolg.

2.

19

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 i.V.m. §§ 31, 89 BGB wegen des Mietausfalls in der Zeit von September 2010 bis Dezember 2010 sowie wegen der Gutachterkosten zu (a). Eine weitergehende Forderung gemäß § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG wegen der Inanspruchnahme ihres Sondereigentums bei der Sanierung des Gemeinschaftseigentums besteht demgegenüber nicht (b).

a)

20

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB, weil die Beklagte ihre Pflichten bei Umsetzung der Sanierungsbeschlüsse verletzt hat.

aa)

21

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haben die Wohnungseigentümer durch entsprechende Beschlussfassung die Grundlagen für die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums zu schaffen. Die Umsetzung der gefassten Beschlüsse ist dann Aufgabe der Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese ist (als Verband) auch dem einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber verpflichtet, die von den Wohnungseigentümern gefassten Beschlüsse umzusetzen. Soweit die Umsetzung gemäß § 27 Abs. 1 WEG dem Verwalter obliegt, ist der Verband verpflichtet, dies gegenüber dem Verwalter durchzusetzen. Eine solche Pflicht besteht jedenfalls dann, wenn - wie hier der Zweck eines gefassten Beschlusses auch darin besteht, einen Schaden am Gemeinschaftseigentum zu beseitigen, der das Sondereigentum des Wohnungseigentümers unbenutzbar macht (BGH NJW 2012, 2955 Rn. 19, zitiert nach juris; Niedenführ, in: Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl., § 27 Rn. 128). Für Defizite bei der Umsetzung gefasster Beschlüsse haftet allein der Verband (BGH NJW 2016, 1310 = BGHZ 207, 40, Rn. 15, zitiert nach juris).

22

Die Pflicht des Verbandes gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer zur Umsetzung von Beschlüssen mag dabei unter dem Gesichtspunkt der Schutzpflicht auch darauf gerichtet sein, Beschädigungen des Sondereigentums zu unterlassen. Sie beinhaltet jedoch nicht die Ausführung der zur Herstellung der Mangelfreiheit des Gemeinschaftseigentums erforderlichen Werkleistung(en). Deren Erfolg als solcher wird dem einzelnen Wohnungseigentümer vom Verband nicht geschuldet. Die Frage, ob und in welchem Umfang auch die vom Verband eingeschalteten Sonderfachleute und Handwerksunternehmen ihre Pflichten verletzt haben, bedarf daher vorliegend keiner Entscheidung. Eine Haftung für diese Sonderfachleute und Handwerksunternehmen, hier die Firma B. bzw. den Dipl.-Ing. Architekten E., gemäß § 278 BGB kommt vorliegend nicht in Betracht. Zur Erfüllung der ihr obliegenden (Treue-)Pflicht, die auf die Veranlassung sämtlicher zur Umsetzung der gefassten Beschlüsse erforderlichen Maßnahmen gerichtet ist, bedient sich die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht der beauftragten Sonderfachleute und Handwerksunternehmen.

23

Soweit der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung, die noch zum vor dem 01.07.2007 geltenden WEG-Recht ergangen ist, ausgeführt hat, geschuldet werde nicht nur eine die Instandsetzung ermöglichende Beschlussfassung, sondern die entsprechende Werkleistung mithilfe geeigneter Fachkräfte (BGH NJW 1999, 2108 Rn.15, zitiert nach juris), betraf dies eine Verpflichtung der einzelnen Wohnungseigentümer und kann nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Gemeinschaft nicht ohne weiteres auf die Verpflichtungen des Verbandes übertragen werden. Es bedarf hier vielmehr einer Abgrenzung zwischen den Verantwortungsbereichen einerseits der Wohnungseigentümer und andererseits des Verbandes. Nach Ansicht der Kammer hat der Verband (nur) alle erforderlich werdenden Maßnahmen zu veranlassen, um eine fachgerechte Durchführung beschlossener Maßnahmen sicherzustellen und eine nachhaltige Instandsetzung zu gewährleisten. Welche Maßnahmen dies im Einzelnen sind, hängt von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. So wie diese Pflicht beispielsweise dann verletzt ist, wenn die Umsetzung eines Beschlusses nach Eintritt der Bestandskraft vollständig unterbleibt (BGH NJW 2012, 2955 Rn. 20, zitiert nach juris), ist dies gleichermaßen anzunehmen, wenn die nach Beendigung der Sanierungsmaßnahmen durch die beauftragten Werkunternehmer erforderlichen Maßnahmen, etwa eine Kontrolle der Vollständigkeit der Arbeiten zu veranlassen oder bei Mängelrügen Entscheidungen der Wohnungseigentümer über das weitere Vorgehen herbeizuführen, unterbleiben. Insoweit haftet der Verband in analoger Anwendung von §§ 31, 89 BGB auch gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer für fehlerhaftes Handeln des Verwalters als ausführendem Organ (Niedenführ, in: Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O.).

bb)

24

Die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Umsetzung der Beschlüsse hat die Beklagte im vorliegenden Fall verletzt. Die Verwaltung hat es schuldhaft unterlassen, nach Beendigung der Arbeiten durch die beauftragte Firma B. für eine ausreichende Kontrolle Sorge zu tragen. Eine in jedem Fall erforderliche Überprüfung dahingehend, ob die beauftragten Arbeiten vollständig durchgeführt wurden, ist zunächst nicht erfolgt, obwohl hierfür Anlass bestand.

25

Maßgebend ist hierbei, dass es nach dem Inhalt des Auftrags nicht allein um die Behebung der Brandschäden ging, sondern auch um die Abdichtung der Wände im Erdgeschoss rechts gegen aufsteigende Feuchtigkeit gemäß einem Angebot der Fa. I.. Dies geht aus dem Auftragsschreiben der Firma B. vom 04.05.2009 hervor (Anlage zum Auftragsschreiben vom 04.05.2009, Bl. 40 d. A), worin unter Ziffer 11 auch die Abdichtung der Wände im Erdgeschoss aufgeführt wird. Vorangegangen war eine Anfrage der Firma B., für welche Arbeiten die Beklagte Auftraggeberin sein sollte und für welche die Klägerin (Anlage K 16 S. 2, Bl. 148 d. A.). Klärungsbedarf bestand aus Sicht der Firma B. hinsichtlich der Abdichtung der Wände im Erdgeschoss rechts einerseits und hinsichtlich eines neuen Fußbodenaufbaus andererseits. Im Ergebnis war danach die Beklagte jedenfalls bzgl. der Abdichtungsarbeiten Auftraggeberin. Zwar hatte der von der Beklagten beauftragte Sonderfachmann Dipl.-Ing. Architekt E. nach Beendigung der Arbeiten am 16.06.2010 in Abwesenheit der Klägerin eine Abnahme durchgeführt und dabei lediglich die Erforderlichkeit malermäßiger Überarbeitung dokumentiert (Anlage K 4, Bl. 42 d. A.). Im unmittelbaren zeitlichen Anschluss daran wurde jedoch durch den von der Klägerin beauftragten Sachverständigen Dipl.-Ing. W1 bereits am 23.06.2010 festgestellt, dass die Innenseite der Grenzgiebelwand nach wie vor stark durchfeuchtet war (Anlage K 5, Bl. 45 d. A.). Mit Schreiben vom 12.08.2010 teilte die Klägerin dies der WEG-Verwaltung unter genauer Angabe der betroffenen Bauteile mit (Anlage K 7, Bl. 57f. d. A.). Diese Information wurde zwar an den mit der Abnahme betrauten Sonderfachmann Dipl.-Ing. Architekt E. weitergeleitet. Zu einer weiteren Überprüfung kam es zunächst jedoch nicht. Vielmehr wurde die Klägerin mit Schreiben der Verwaltung vom 17.11.2010 (Anlage K 8, Bl. 59 d. A.) darauf verwiesen, sich wegen der gerügten Mängel mit der Firma B. auseinanderzusetzen. Diese hatte nämlich der Verwaltung mit Schreiben vom 19.08.2010 mitgeteilt, ihr Auftrag habe nur den Anstrich beinhaltet, die feuchte Außenwand müsse seitens der Verwaltung geklärt werden (Anlage K 10, Bl. 62 d. A.). Dies stand allerdings in deutlichem Widerspruch zum Auftragsschreiben vom 04.05.2009, so dass die Verwaltung jeden Anlass hatte, dieser Frage weiter nachzugehen. Dies gilt umso mehr, als es bereits in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Abdichtungsarbeiten Probleme wegen mangelhafter Werkleistung der zuvor beauftragten Firma M. & B. GbR gegeben hatte.

26

Erst am 18.12.2012 wurden die Wohnungseigentümer im Rahmen einer außerordentlichen Eigentümerversammlung schließlich erneut mit der Problematik befasst, nachdem eine vorangegangene erneute Besichtigung am 16.11.2012 großflächige Wanddurchfeuchtungen bestätigt hatte (Anlagen K 12, K 13, Bl. 69 ff. d. A.). Jedenfalls die nach dem Schreiben der Klägerin vom 12.08.2010 bis zum Jahresende 2010 eingetretenen Verzögerungen beruhen mithin auf Defiziten bei der Umsetzung der Sanierungsbeschlüsse. Ob dies in gleicher Weise für den gesamten Zeitraum bis zur erneuten Untersuchung und Befassung der Wohnungseigentümer im Dezember 2012 gilt, bedarf hier keiner Entscheidung. Für diese Zeiträume macht die Klägerin keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte geltend.

27

Die Untätigkeit der Verwaltung muss sich die Beklagte hier analog §§ 31, 89 BGB zurechnen lassen, denn die Verwaltung handelte in Ausführung der ihr zustehenden Verrichtungen. Sie wurde insoweit im Rahmen ihres originären Aufgabenkreises tätig (Niedenführ, in: Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O.; vgl. Wenzel, in ZWE 2009, 57, 62 zur Verkehrssicherungspflicht).

cc)

28

Der der Klägerin entstandene Schaden besteht zum einen in den für den fraglichen Zeitraum zwischen September und Dezember 2010 entgangenen Mieteinnahmen (§§ 249, 252 BGB). Soweit die Beklagte in Abrede nimmt, dass die Wohnung der Klägerin unbenutzbar war, ist ihr Vortrag jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitraum nicht hinreichend substantiiert. So hatte nicht nur der von der Klägerin beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. W1 im Juni 2010, sondern auch der von der Beklagten eingeschaltete Dipl.-Ing. Architekt E. noch Ende 2012 großflächige Durchfeuchtungen festgestellt. Dass eine Erdgeschosswohnung bei dieser Sachlage nicht vermietbar ist, kann nicht ernsthaft streitig sein.

29

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer auch fest, dass die Klägerin eine Vermietungsabsicht hatte und die Wohnung in fachgerecht saniertem Zustand im fraglichen Zeitraum zu einer Miete von € 450,00 monatlich hätte vermieten können. Sie stand bereits mit einer konkreten Mietinteressentin in Kontakt. Die Zeugin R. hat nachvollziehbar und glaubhaft geschildert, bereits seit Herbst 2009 Interesse an einer Wohnung in Hamburg gehabt zu haben und auf der Suche gewesen zu sein. Sie hat bekundet, nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten habe sie dringend eine möglichst zentral gelegene Wohnung gesucht. Anlässlich einer Veranstaltung, bei der sie die Klägerin kennen gelernt habe, sei sie mit dieser hierüber ins Gespräch gekommen. Sie habe die Wohnung zwar nicht selbst angesehen, weil diese seinerzeit noch renoviert worden sei. Sie wisse jedoch, dass es sich um eine eineinhalb Zimmerwohnung mit einer offenen Küche gehandelt habe. Die Klägerin habe ihr insoweit die Verfügbarkeit der Wohnung ab Januar 2010 in Aussicht gestellt. Auch eine Kaltmiete von € 450,00 zuzüglich Nebenkosten habe innerhalb ihres Budgets gelegen und sei für die Lage in Eppendorf auch angemessen gewesen. Sie wäre ggfls. auch bereit gewesen, kurzfristig einen Nachmieter für die damals von ihr angemietete Wohnung zu suchen. Zwar habe sie sodann im Februar 2010 in einer anderen Wohnung in Hamburg zur Untermiete gewohnt, jedoch immer noch Interesse an der Wohnung der Klägerin gehabt. Bei dem Untermietvertrag hätte es auch nur eine einmonatige Kündigungsfrist gegeben. Die Kammer hat keinerlei Anhaltspunkte, an der Glaubwürdigkeit der Zeugin zu zweifeln.

30

Ausgehend von der Annahme, dass der Verwaltung nach Erhalt des Schreibens der Klägerin vom 12.08.2010 ein gewisser Zeitraum zur Überprüfung zur Verfügung stand, l egt die Kammer hier als Schaden einen Mietausfall für 4 Monate von September 2010 bis Dezember 2010 zu Grunde, mithin einen Betrag in Höhe von € 1.800,00.

31

Auch die Kosten in Höhe von € 487,90 (Anlage K 14, Bl. 82 d. A.), die der Klägerin aufgrund der Beauftragung des Sachverständigen Dipl.-Ing. W1 zur Durchführung des Ortstermins am 23.06.2010 entstanden sind, stellen einen adäquat kausal verursachten Schaden dar. Hierbei handelt es sich um Kosten der Schadensfeststellung, die Teil des zu ersetzenden Schadens sind (Palandt-Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 249 Rn. 58).

32

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 288 Abs. 1, 291 BGB

b)

33

Weitergehende Ersatzansprüche gegen die Beklagte wegen entgangener Mieteinnahmen in der Zeit von Januar 2010 bis Juni 2010 gemäß § 14 Ziff. 4 HS. 2 WEG bestehen nicht. Ansprüche nach dieser Vorschrift sind nur begründet, soweit es sich um Schäden handelt, die dem Sondereigentümer durch das Betreten und/oder die Benutzung seines Sondereigentums zur Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum entstanden sind. Daran fehlt es hier.

34

Der Anspruch aus § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG ist ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch, dem aufopferungsähnliche Grundgedanken zu Grunde liegen (BGH, Urteil vom 09.12.2016 - V ZR 124/16 Rn. 29, zitiert nach juris). Dieser Anspruch richtet sich gegen den teilrechtsfähigen Verband (Kümmel/Niedenführ in: Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O., § 14 Rn. 56) und setzt einen zielgerichteten Eingriff der Wohnungseigentümergemeinschaft in das Sondereigentum voraus. Schäden, die dadurch entstanden sind, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht schnell genug mit den Instandsetzungsarbeiten beginnt oder diese verzögert, werden nicht hiervon erfasst (OLG Frankfurt, ZMR 2009, 382, Rn. 16, zitiert nach juris; Kümmel/Niedenführ in: Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O., § 14 Rn. 55). Abzugrenzen ist dies ferner von denjenigen Beeinträchtigungen, die zum allgemeinen Risiko eines Immobilieneigentümers gehören und daher nicht auf den Miteigentümer abgewälzt werden können (Kümmel/Niedenführ in: Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O., § 14 Rn. 51). Ersatzfähig ist nur derjenige Schaden, der eine Folge von Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum und adäquat kausal durch das Betreten oder die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile verursacht ist. Ein Kausalzusammenhang in diesem Sinne kann beispielsweise dann zu verneinen sein, wenn die mangelnde Nutzbarkeit von Räumlichkeiten ihre Ursache nicht in Instandsetzungsmaßnahmen am Gebäude hat, sondern auf anderen Ursachen beruht. Es fehlt somit an der erforderlichen Kausalität, wenn das Sondereigentum im fraglichen Zeitraum auch ohne die Durchführung der Arbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum nicht nutz- oder vermietbar gewesen wäre (vgl. AG Kassel, ZMR 2013, 77, zitiert nach juris, zur Unbewohnbarkeit einer Wohnung durch Löschwasserschäden aufgrund eines Brandes im Objekt). § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG begründet keinen Anspruch auf Ersatz von Schäden, die infolge eines die Maßnahme der Instandhaltung oder Instandsetzung auslösenden Mangels des Gemeinschaftseigentums eintreten (BGH, Urteil vom 09.12.2016 - V ZR 124/16, Rn. 22, zitiert nach juris). So liegt der Fall hier.

35

Während des Zeitraums von Januar 2010 bis Juli 2010, in dem die Klägerin der WEG-Verwaltung einvernehmlich die Wohnungsschlüssel zu ihrem Sondereigentum überlassen hatte, um im Bereich des Sondereigentums nach Beendigung der Brandschadenssanierung weiterhin Sanierungsarbeiten durchzuführen, lag zwar eine zielgerichtete Inanspruchnahme des Sondereigentums der Klägerin durch die Wohnungseigentümergemeinschaft vor. Der geltend gemachte Schaden (Mietausfall) war jedoch keine adäquat kausale Folge davon, denn er wäre auch ohne Durchführung der Arbeiten eingetreten, weil die Wohnung aufgrund der andauernden Feuchtigkeitserscheinungen im Bereich des Sondereigentums der Klägerin nicht vermietbar gewesen wäre.

36

Ob die Ansicht des Amtsgerichts, eine Ersatzpflicht bestehe schon deshalb nicht, weil die Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Beseitigung der Folgen des Brandschadens lediglich im Rahmen ihrer Wiederherstellungspflicht- und Wiederaufbauverpflichtung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3, 22 Abs. 4 WEG gehandelt habe, zutrifft, bedarf hier keiner Entscheidung.

3.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO.

4.

38

Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Der Sache kommt auch eine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Revisionszulassung beschränkt sich auf die Rechtsfrage, ob das mitgliedschaftlichen Treueverhältnis der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer bzw. die Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer für den Verwalter analog § 31 BGB (vgl. BGH NJW 2012, 2955 Rn. 19 und NJW 2015, 613 = BGHZ 207, 375 Rn. 25, beide zitiert nach juris) auch die Haftung für eine vollständige Umsetzung von der Eigentümerversammlung gefasster Sanierungsbeschlüsse (vgl. BGH NJW 2016, 1310 = BGHZ 207, 40 Rn. 15: „Für Defizite bei der Umsetzung der gefassten Beschlüsse haftet allein der Verband“) sowie für die Untätigkeit des Verwalters beinhaltet, wenn ein Wohnungseigentümer unmittelbar nach Abschluss der Instandsetzungsarbeiten rügt, dass nach wie vor Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum im Bereich seines Sondereigentums vorhanden seien. Diese Fragen sind bisher höchstrichterlich nicht geklärt und können sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 04.08.2016, Az. 303b C 20/15, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.


Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf € 22.331,50 festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten den Ersatz von Mietausfallschaden für den Zeitraum 01.01. – 31.10.2014 und 01.03.2015 – 29.02.2016 sowie den Ersatz von Bereitstellungszinsen ab April 2014 im Zusammenhang mit einem Abrufdarlehen.

2

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).

3

Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 04.08.2016 (Bl. 131 ff. d.A.) abgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der geltend gemachte Aufopferungsanspruch dem Kläger gegen die Beklagte nicht aus § 14 Nr. 4 HS 2 WEG zustehe. Der Kläger habe nicht dargetan, dass ihm gerade aufgrund der am 18.07.2013 von den Wohnungseigentümern beschlossenen Gebäudeabdichtung am Gemeinschaftseigentum und der damit verbundenen Einwirkung auf sein Sondereigentum durch dessen Benutzung adäquat kausal ein Mietausfall in den begehrten Zeiträumen entstanden sei. Unstreitig seien von der Beklagten seit dem 01.01.2014 keine Maßnahmen zur Gebäudeabdichtung in der Wohnung des Klägers durchgeführt worden. Zudem wäre die Wohnung des Klägers ohne die – ruhenden Abdichtungsarbeiten – ohnehin nicht vermietbar gewesen. Der Kläger habe selbst vorgetragen, dass die unrenovierte Wohnung bereits aufgrund der durch den Feuchtigkeitseintritt entstandenen Schimmelflecken und Schwamm in einem gesundheitsgefährdenden Zustand gewesen sei und daher ab September 2014 nicht vermietbar gewesen wäre. Der in dem Mietausfall liegende Schaden habe somit auf einem Mangel am Gemeinschaftseigentum beruht. Solche Schäden fielen nicht in den Anwendungsbereich des § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG. Zudem habe der Kläger umfangreiche Umbau- und Renovierungsarbeiten geplant, für die eine Dauer von mindestens sechs Monaten zu veranschlagen sei. Da der Kläger bis Januar 2014 einen Großteil dieser Arbeiten nicht ausgeführt habe, wäre die Wohnung aus diesem Grund mindestens bis Juli 2014 unvermietbar gewesen. Zumindest habe der Kläger in diesem Zeitraum keine konkrete Vermietungsabsicht gehabt. Hinzu komme, dass der Kläger mit E-Mail vom 27.11.2013 (Anl. B 1) mit der Beklagten einen Baustopp bezüglich der Feuchtigkeitssanierung vereinbart habe. Wann dieser Baustopp hätte enden sollen und welche Absprachen die Parteien insoweit getroffen hätten, habe der Kläger nicht vorgetragen.

4

Auch für den Zeitraum August – Ende Oktober 2014 habe der Kläger keine konkreten Vermietungsabsichten dargetan. Der Kläger habe in der Zeit von November 2014 – Ende Februar 2015 den Abriss des Wintergartens, wozu er durch Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Altona zum Az. 303b C 6/14 und die Zurückweisung seiner dagegen gerichteten Berufung durch das Landgericht Hamburg mit Urteil vom 02.07.2014 rechtskräftig verurteilt worden sei, vorgenommen, ohne den ursprünglichen Zustand wieder komplett herzustellen. Der Kläger habe im Rahmen einer Ortsbesichtigung in seiner Wohnung am 21.05.2015 erklärt, seit dem 12.10.2014 keine eigenen Arbeiten an der Wohnung mehr durchgeführt zu haben (Anl. K 9).

5

Auch für den Zeitraum 01.03.2015 – 29.02.2016 habe der Kläger keine Vermietungsabsicht dargelegt. Ausweislich des Verlaufs des Vollstreckungsverfahrens gem. § 887 ZPO im Verfahren 303b C 6/14 habe der Kläger die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes nach dem Abriss des gartenseitigen unterkellerten Anbaus nicht sofort, sondern in größeren zeitlichen Abständen nacheinander durchführen lassen. Die fehlende Tür in der Mauer zum Garten hin habe der Kläger erst im Januar 2016 einsetzen lassen. Der Vortrag des Klägers, die Renovierung der Wohnung hätte organisatorisch erst nach den Arbeiten am Gemeinschaftseigentum erfolgen können, sei nicht nachvollziehbar. Zudem habe der Kläger ausweislich seiner E-Mail vom 27.11.2013 auf alle Ansprüche aus dem Baustopp bei der Feuchtigkeitssanierung verzichtet, so dass sein Begehren jedenfalls für den Zeitraum ab Januar 2014 rechtsmissbräuchlich sei.

6

Hinsichtlich der Bereitstellungszinsen habe der Kläger bereits nicht hinreichend substantiiert dargetan und unter Beweis gestellt, dass er das Bankdarlehen tatsächlich aufgenommen und die Bereitstellungszinsen in der behaupteten monatlichen Höhe gezahlt habe.

7

Der Schadensersatzanspruch des Klägers lasse sich auch nicht auf §§ 280, 286 BGB i.V.m. § 21 Abs. 4 WEG stützen. Ein solcher Anspruch sei schon nicht Gegenstand der Klage, da es sich hierbei um einen eigenständigen Streitgegenstand handele. Der Kläger habe ausdrücklich nur den Aufopferungsanspruch aus § 14 Nr. 4 HS 2 WEG geltend gemacht. Von daher brauche nicht entschieden zu werden, ob die Voraussetzungen eines sonstigen Schadensersatzanspruchs gegeben seien.

8

Gegen das seinem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 08.08.2016 (Bl. 143 d.A.) zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 08.09.2016 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 151 d.A.), die er nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 08.11.2016 (Bl. 159 d.A.) mit einem am 02.11.2016 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat (Bl. 161 ff. d.A.).

9

Der Kläger trägt vor, dass er seinen Zahlungsanspruch auf Verzug der Beklagten gem. §§ 280, 286 BGB i.V.m. § 21 Abs. 4 WEG gestützt habe. Dies ergebe sich aus seinem Schriftsatz vom 09.12.2015. Die Voraussetzungen eines Verzugsschadensersatzanspruchs lägen vor, da die Beklagte die Durchführung des ursprünglich gefassten Sanierungsbeschlusses vom 24.06.2009 (TOP 18) vereitelt habe. Bei dem Beschluss habe es sich um einen Grundlagenbeschluss gehandelt. Es wäre Sache der Wohnungseigentümer gewesen, kurzfristig die zur Umsetzung der Sanierung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Das Sanierungskonzept sei durch den Beschluss hinreichend genau festgelegt worden. Der Beschluss sei bestandskräftig geworden, so dass es der Verwaltung oblegen hätte, diesen zeitnah umzusetzen. Vielmehr habe die Beklagte versucht, den Beschluss auf der Eigentümerversammlung vom 22.04.2010 (TOP 6) wieder aufzuheben. Jener Beschluss sei aufgrund seiner Anfechtung vom Amtsgericht Hamburg-Altona für ungültig erklärt worden. Nach der erfolgreichen Anfechtung hätte es der Beklagten und deren Verwaltung erst recht oblegen, den ursprünglichen Sanierungsbeschluss kurzfristig durchzuführen und die Sanierungsmaßnahmen in Auftrag zu geben. Er habe die Umsetzung des Beschlusses zu keinem Zeitpunkt erschwert. Jedenfalls hätte es der Beklagten oblegen, durch einen weiteren Beschluss die Art der Horizontalsperre konkret zu spezifizieren und konkrete Maßnahmen in die Wege zu leiten, um die Sanierung seiner Wohnung zu bewirken.

10

Unabhängig davon habe er darüber hinaus einen Anspruch aus § 14 Nr. 4 HS 2 WEG gegen die Beklagte. Aus dem von ihm vorgetragenen Sachverhalt sei hervorgegangen, dass der Mangel am Gemeinschaftseigentum bestanden und unmittelbare Auswirkungen auf sein Sondereigentum gehabt habe. Wegen der erforderlichen Beseitigung der Schäden am Gemeinschaftseigentum sei es notwendig gewesen, sein Sondereigentum in Anspruch zu nehmen. Nicht die im Jahre 2013 beschlossene Gebäudeabdichtung am Gemeinschaftseigentum habe zu einer Einwirkung auf sein Sondereigentum geführt, sondern auch die zuvor gefassten Beschlüsse, die jahrelang nicht umgesetzt worden seien. Daher sei nicht verständlich, warum die Sanierung des Gemeinschaftseigentum nicht kausal für seinen Schaden gewesen sein solle. Nach Ausführung der Abdichtungsarbeiten wäre die Wohnung viele Monate vor dem 01.01.2014 vermietbar gewesen. Unerheblich sei, dass er die Absicht gehabt habe, nach Beseitigung der Schäden am Gemeinschaftseigentum selbst noch Arbeiten in seiner Wohnung ausführen zu lassen, um diese in einen vermietbaren Zustand zu versetzen. Er habe durchgehend die Absicht gehabt, die Räumlichkeiten zu vermieten.

11

Seinen Ansprüchen stehe nicht die von ihm verlangte Beseitigung des Wintergartens entgegen. Das Rückbauverlangen habe die Beklagte nicht berechtigt, die erforderliche Sanierung des Gemeinschaftseigentums zurückzustellen. Das Sondereigentum sei bereits zerstört gewesen und die Wohnung habe sich im Rohbauzustand befunden. Mit E-Mail vom 27.11.2013 habe er lediglich für die Dauer von zwei Monaten unter der Bedingung auf die Geltendmachung von Schadensersatz verzichtet, dass von der Beklagten endlich die notwendigen Arbeiten am Gemeinschaftseigentum durchgeführt würden.

12

Der Kläger beantragt,

13

das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 04.08.2016, Az. 303b C 20/15, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 22.331,50 sowie € 1.029,35 an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf € 14.115,85 ab dem 06.07.2015 und auf weitere € 7.446,00 sowie € 1.799,00 ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

14

Die Beklagte beantragt,

15

die Berufung zurückzuweisen.

16

Die Beklagte trägt vor, dass ein Großteil des Vortrags des Klägers in der Berufungsbegründung gem. § 530 ZPO zurückzuweisen sei, da es sich um neuen Vortrag bzw. neue Angriffsmittel handele. Rechtsfehlerfrei habe das Amtsgericht erkannt, dass der Kläger seinen Anspruch nicht auf §§ 280, 286 BGB i.V.m. § 21 Abs. 4 WEG habe stützen können. Der Kläger habe erstinstanzlich ausdrücklich nur den Aufopferungsanspruch aus § 14 Nr. 4 HS 2 WEG geltend gemacht. Das Amtsgericht habe dem Kläger ausreichende Hinweise erteilt, dass er nur den Aufopferungsanspruch geltend mache. Auf denkbare andere Anspruchsgrundlagen hätte das Amtsgericht den Kläger nicht hinweisen müssen. Der Kläger habe erstinstanzlich weder zum Verzug noch zu ihrem Verschulden vorgetragen.

17

Der Kläger verkenne, dass der von ihm selbst formulierte und als Versammlungsleiter verkündete Beschluss zu TOP 18 der Eigentümerversammlung vom 24.06.2009 nichtig sei, da er keinen durchführbaren Inhalt habe. Der Kläger habe selbst eine zügige Durchführung des „Sanierungsbeschlusses“ verhindert und noch in der Eigentümerversammlung vom 28.08.2014 zu TOP 8 den Antrag gestellt, einen Sachverständigen zu beauftragen, die sanierten Wände auf etwaig noch vorhandene Feuchtigkeit zu überprüfen und ein Konzept zur Ursachenbeseitigung vorzuschlagen.

18

Das Amtsgericht habe den geltend gemachten Anspruch gem. § 14 Nr. 4 HS 2 WEG sachlich zutreffend abgewiesen. Insbesondere habe der Kläger nicht zu der Kausalität zwischen den ausgeführten Maßnahmen und dem ihm angeblich entstandenen Mietausfall vorgetragen.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags im Berufungsverfahren wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

20

Die Berufung des Klägers ist hinsichtlich der geltend gemachten Bereitstellungszinsen in Höhe von € 1.187,50 bereits unzulässig. Im Übrigen ist die Berufung zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, jedoch unbegründet.

1.

21

Soweit das Amtsgericht die Klage hinsichtlich der für den Zeitraum 01.04. – 31.10.2014 und 01.03.2015 – 29.02.2016 geltend gemachten Bereitstellungszinsen in Höhe von € 62,50 monatlich abgewiesen hat, fehlt es an einer hinreichend Berufungsbegründung, so dass die Berufung insoweit gem. § 520 Abs. 3 Satz 2 Ziff. 2 - 4 ZPO unzulässig ist.

22

Hat das Erstgericht die Abweisung eines einheitlichen Klaganspruchs auf zwei rechtlich voneinander unabhängige Gründe gestützt, von denen jeder für sich die Abweisung trägt, liegt eine hinreichende Berufungsbegründung nur vor, wenn beide Gründe – in für sich ausreichender Weise – angegriffen werden. Stellt der Rechtsmittelführer nur einen der beiden Gründe ist Frage, so ist sein Rechtsmittel unzulässig (BGH, Beschluss vom 10.02.2015 – VI ZB 26/14, NJW-RR 2015, 756, Rn. 8, zitiert nach juris; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Auflage, § 520 Rdnr. 37a)

23

Das Amtsgericht hat die Klagabweisung hinsichtlich der Bereitstellungszinsen sowohl damit begründet, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten aufopferungsähnlichen Schadensersatzanspruchs § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG nicht vorlägen, als auch damit, dass der Kläger aufgrund des Bestreitens der Beklagten schon nicht hinreichend substantiiert dargetan und unter Beweis gestellt habe, dass er das Bankdarlehen tatsächlich aufgenommen und die Bereitstellungszinsen in der behaupteten Höhe bis zum Zeitpunkt der Veräußerung der Wohnung gezahlt habe. Zu dem zweiten Grund, auf den das Amtsgericht die Klagabweisung gestützt hat, verhält sich die Berufungsbegründung nicht. Der Kläger hat weder näher dargetan noch durch irgendwelche Unterlagen belegt, dass er das behauptete Bankdarlehen aufgenommen hat, für dieses Darlehen Bereitstellungszinsen in Höhe von € 62,50 monatlich angefallen sind und er diese Zinsen an die darlehensgewährende Bank gezahlt hat.

2.

24

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG auf Ersatz seines Mietausfalls im Zeitraum 01.01. – 31.10.2014 sowie 01.03.2015 – 29.02.2016 in Höhe von insgesamt € 21.144,00. Zutreffend hat das Amtsgericht insoweit ausgeführt, dass für den Schaden des Klägers nicht die Inanspruchnahme seines Sondereigentums zur Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums ursächlich war.

25

Bei § 14 Ziff. 4 Hs. 2 WEG handelt es sich um einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch, dem aufopferungsähnliche Gedanken zugrunde liegen (BGH, Urteil vom 09.12.2016 – V ZR 124/16, WuM 2017, 224, Rn. 29, zitiert nach juris; Urteil vom 11.12.2002 – IV ZR 226/10, BGHZ 153, 182 = NJW 2003, 826, Rn. 22, zitiert nach juris). Der Anspruch richtet sich gegen den teilrechtsfähigen Verband (BGH, Urteil vom 25.09.2015 – V ZR 246/14, BGHZ 207, 40, Rn. 27, zitiert nach juris), wovon zu Recht auch das Amtsgericht ausgegangen ist.

26

Nach § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG ist der Schaden zu ersetzen, der adäquat kausal durch das Betreten oder die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zur Instandsetzung und Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums verursacht worden ist. Dazu gehört auch die Verschlechterung des Zustands des Sondereigentums (BGH, Urteil vom 09.12.2016 – V ZR 124/16, Rn. 22, zitiert nach juris; BeckOK WEG/Dötsch, 30. Edition, Stand: 01.03.2017, § 14 Rdnr. 199). Erfasst wird insb. der Schaden, der adäquat dadurch verursacht wird, dass das Sondereigentum bei der „Benutzung“ im Zuge der Instandsetzungsarbeiten in einen nachteiligen Zustand versetzt und beim Ende der Instandsetzungsarbeiten in diesem Zustand belassen wird (BGH, Urteil 25.09.2015 – V ZR 246/14, BGHZ 207, 40, Rn. 26, zitiert nach juris; BeckOK WEG/Dötsch, a.a.O., § 14 Rdnr. 200).

27

a) Das Sondereigentum des Klägers ist zwar ab Ende Oktober / Anfang November 2013 zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums „benutzt“ worden, wie das Amtsgericht nach dem unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils festgestellt hat.

28

b) Jedoch war das Betreten und die Benutzung des Sondereigentums des Klägers für den von ihm geltend gemachten Schaden nicht kausal, da sein Sondereigentum im fraglichen Zeitraum wegen der bestehenden Mängel am Gemeinschaftseigentum ohnehin nicht vermietbar gewesen wäre.

29

An der erforderlichen Kausalität zwischen dem Betreten und Benutzen des Sondereigentums durch die Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Schaden des Wohnungseigentümers fehlt es, wenn dessen Sondereigentum in dem fraglichen Zeitraum auch ohne die Durchführung der Arbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum unbewohnbar gewesen wäre (oder der Sondereigentümer es gar nicht hätte vermieten wollen). § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG gibt keinen Anspruch auf Ersatz von Schäden, die in Folge des die Maßnahme der Instandhaltung oder Instandsetzung auslösenden Mangels des Gemeinschaftseigentums eingetreten sind (BGH, Urteil vom 09.12.2016 – V ZR 124/16, Rn. 22, zitiert nach juris). Es handelt sich nicht um einen Fall des § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG, wenn das Sondereigentum bereits vorher beeinträchtigt war, weil die Wohnungseigentümergemeinschaft an sich erforderliche Sanierungsarbeiten durchzuführen unterlassen hatte (BeckOK WEG/Dötsch, a.a.O., § 14 Rdnr. 206). Nicht adäquat durch die Instandhaltungsmaßnahme selbst veranlasst sind solche Schäden, die erst Anlass der gemeinschaftlichen Instandsetzungsmaßnahme waren. Durch einen Wasserrohrbruch oder Hausschwamm hervorgerufene Schäden des Sondereigentümers müssen auf dessen Kosten ersetzt werden, weil diese Schäden nicht auf einer zielgerichteten gemeinschaftlichen Verwaltungsmaßnahme zur Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums beruhen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.09.2008 – 20 W 347/05, ZMR 2009, 382, Rn. 16, zitiert nach juris; BeckOGK/Falkner, WEG, Stand: 01.03.2017, § 14 Rdnr. 69).

30

Im vorliegenden Fall wurden in der Wohnung des Klägers zwar ab Ende Oktober / Anfang November 2013 Sanierungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchgeführt, die u.a. aufgrund der Insolvenz des beauftragten Handwerksunternehmens nicht beendet wurden. Auch hat das Amtsgericht Hamburg mit Urteil vom 30.06.2010 – 102b C 20/09 (ZMR 2011, 249) entschieden, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft, wenn ein Wohnungseigentümer wegen Sanierungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum sein Sondereigentum nicht nutzen kann und deswegen eine Ersatzwohnung anmieten muss, zur Erstattung des Mietzinses für die Ersatzwohnung verpflichtet ist und dies auch dann gilt, wenn Sanierungsarbeiten ruhen und das ausführende Sanierungsunternehmen insolvent geworden ist (AG Hamburg, a.a.O., Rn. 29, zitiert nach juris).

31

Dies ändert jedoch nichts daran, dass das Sondereigentum des Klägers schon vor der Inanspruchnahme des Sondereigentums durch die Beklagte und schon, bevor die Beklagte das Sondereigentum in einen nachteiligen Zustand versetzt hat, nicht vermietbar war. Der Kläger hat erstinstanzlich selbst mit Schriftsatz vom 03.03.2016 (Bl. 75 d.A.) vorgetragen, dass in seiner Wohnung „bekanntlich bis zum Ende September 2009 Mieter gewohnt hatten. Wegen des gesundheitsgefährdenden Zustandes der Wohnung (Schimmel und Schwamm) war diese seitdem nicht mehr vermietbar.“ Hätte die Beklagte das Sondereigentum des Klägers nicht zur Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums betreten und benutzt, hätte der Kläger dieses ohnehin nicht vermieten können. Sein Schaden ist als mangelbedingt und nicht als durch die Inanspruchnahme seines Sondereigentums durch die Beklagte bedingt anzusehen (vgl. auch OLG München, Beschluss vom 13.08.2007 – 34 Wx 144/06, ZMR 2008, 562: Unvermietbarkeit des Teileigentums im Erdgeschoss nicht wegen der Inanspruchnahme des Teileigentums durch die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern wegen statischer Mängel der Geschossdecke).

3.

32

Der Kläger kann den von ihm geltend gemachten Mietausfallschaden nicht gem. §§ 280 Abs. 1, 286 BGB i.V.m. § 21 Abs. 4 WEG von der Beklagten ersetzt verlangen.

33

a) Soweit der Kläger seinen Zahlungsanspruch in der Berufungsinstanz erstmals auch auf Verzug stützt (§§ 280, 286 BGB i.V.m. § 21 Abs. 4 WEG), handelt es sich um die Geltendmachung eines neuen Streitgegenstandes und damit eine Klagerweiterung, die gemessen an § 533 ZPO unzulässig ist.

34

aa) Bei dem Anspruch aus § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG und dem Schadensersatzanspruch des Wohnungseigentümers gegen den teilrechtsfähigen Verband wegen Defiziten bei der Umsetzung von Beschlüssen der Eigentümerversammlung (vgl. BGH, Urteil vom 25.09.2015 – V ZR 246/14, BGHZ 207, 40, Rn. 15, zitiert nach juris) handelt es sich um prozessual verschiedene Ansprüche.

35

Der Bundesgerichtshof hat in Bezug auf den Anspruch aus § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG und den Schadensersatzanspruch gegen die Miteigentümer wegen Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums nach § 21 Abs. 4 und Abs. 5 Ziff. 2 WEG entschieden, dass es sich hierbei um prozessual selbständige Ansprüche mit unterschiedlichen Streitgegenständen handelt (BGH, Urteil vom 13.07.2012 – V ZR 94/11, NJW 2012, 2955, Rn. 14, zitiert nach juris). Hierzu hat der Bundesgerichtshof auf seine Rechtsprechung zum Verhältnis des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs gem. § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB und verschuldensabhängigen Schadensersatzansprüchen aus § 823 BGB verwiesen.

36

Dieselben Erwägungen gelten auch für das Verhältnis zwischen dem Anspruch aus § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG und dem verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft gem. §§ 280, 286 BGB wegen Verzugs mit der Umsetzung von Sanierungsbeschlüssen. Auch insoweit handelt es sich um selbständige Streitgegenstände und nicht lediglich unterschiedliche Anspruchsgrundlagen für ein und denselben prozessualen Anspruch.

37

bb) Der Kläger hat seinen Zahlungsanspruch in erster Instanz ausschließlich auf § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG und nicht auch auf Schuldnerverzug der Beklagten gestützt.

38

Bereits in dem Mahnverfahren, das dem streitigen Verfahren vorausgegangen ist, hat er den Anspruch mit „Aufopferung (Mietausfall) gem. § 14 Nr. 4 WEG“ bezeichnet. In der Anspruchsbegründung vom 21.09.2015 (Bl. 9 ff. d.A.) hat sich daran nichts geändert. Mit Schriftsatz vom 25.11.2015 (Bl. 20 d.A.) hat der Kläger ausdrücklich erklärt, er mache in diesem Verfahren entgegen dem Parallelverfahren [318 S 18/16], wo er primär aus §§ 280, 286 BGB auf Schadensersatz vorgehe, einen Aufopferungsanspruch aus § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG geltend. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, dass er im Schriftsatz vom 09.12.2015 (Bl. 21 f. d.A.) die Klage auch auf Schuldnerverzug (§§ 280, 286 BGB) gestützt habe. Die dortigen Ausführungen zur unterlassenen Ausführung des Sanierungsbeschlusses aus dem Jahr 2009 beziehen sich auf das Parallelverfahren. Auf Seite 2 des Schriftsatzes (Bl. 22 d.A.) hat der Kläger im Hinblick auf den nachfolgenden Sanierungsbeschluss aus dem Jahre 2012 vorgetragen: „Dieser Sanierungsbeschluss liegt dem hier geltend gemachten Aufopferungsanspruch zugrunde.“ Daher ist das Amtsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger seinen Anspruch erstinstanzlich nur auf § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG gestützt hat.

39

cc) Die Erweiterung der Klage auf den weiteren Streitgegenstand im Berufungsverfahren ist unzulässig.

40

Nach § 533 ZPO ist die Klagerweiterung nur zulässig wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält (Ziff. 1) und diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (Ziff. 2). Daran fehlt es.

41

(1) Zwar liegt die erste Voraussetzung vor, obwohl die Beklagte der Klagerweiterung widersprochen und gerügt hat, dass der Tatsachenvortrag „gem. § 530 ZPO“ verspätet sei, da die Sachdienlichkeit der Klageerweiterung nicht zu verneinen wäre. Bisheriger Prozessstoff könnte verwertet werden. Auch der Gedanke der Prozesswirtschaftlichkeit spräche dafür, weil die Zulassung der Klageerweiterung geeignet wäre, den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits auszuräumen und weiteren Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen (vgl. Zöller/Heßler, a.a.O., § 533 Rdnr. 6).

42

(2) Jedoch kann die Klageerweiterung nicht auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.

43

Der Kläger ist mit seinem neuen streitigen Sachvortrag in der Berufungsinstanz zu einem Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus §§ 280, 286 BGB wegen unterlassener Durchführung des auf der Eigentümerversammlung vom 28.06.2009 zu TOP 18 gefassten Sanierungsbeschlusses präkludiert (§ 531 Abs. 2 ZPO). Der neue Sachvortrag des Klägers in der Berufungsinstanz ist streitig. Dass der Kläger die Klagforderung erstinstanzlich nicht auch auf einen Verzugsschadensersatzanspruch gestützt hatte, resultierte nicht auf einem Verfahrensmangel (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2 ZPO). Das Amtsgericht hat nicht seine Hinweispflichten (§ 139 ZPO) verletzt. Es hat den Kläger durch seine Hinweise nicht im Unklaren darüber gelassen, dass es davon ausging, dieser verfolge ausschließlich den Aufopferungsanspruch gem. § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Hinweisbeschluss des Amtsgerichts vom 24.03.2016 (Bl. 80 ff. d.A.). Dem ist der Kläger nicht entgegen getreten und hat insbesondere nicht geltend gemacht, seinen Zahlungsanspruch auch auf verschuldensabhängige Schadensersatzansprüche zu stützen. Das Amtsgericht war nicht verpflichtet, den Kläger auf weitere mögliche Streitgegenstände hinzuweisen. Nur bei einem einheitlichen Streitgegenstand ist das Gericht verpflichtet, unter jedem denkbaren Gesichtspunkt zu prüfen, ob es dem Klagantrag stattgeben kann (BGH, Urteil vom 25.10.2012 – IX ZR 207/11, NJW 2013, 540, Rn. 14, zitiert nach juris; Zöller/Vollkommer, a.a.O., Einleitung Rn. 71).

44

b) Selbst wenn man entgegen der vorstehenden Ausführungen von der Zulässigkeit der Klagerweiterung in der Berufungsinstanz ausgehen würde, ergäbe sich im Ergebnis nichts anderes, da die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des Klägers gegen die Beklagte gem. §§ 280, 286 BGB i.V.m. § 21 Abs. 4 WEG nicht vorliegen.

45

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft dem einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber aus dem mitgliedschaftlichen Treueverhältnis verpflichtet ist, den Verwalter zur unverzüglichen Umsetzung der Beschlüsse der Wohnungseigentümer anzuhalten (BGH, Urteil vom 13.07.2012 – V ZR 94/11, Rn. 19, zitiert nach juris). Die Umsetzung obliegt nach § 27 Abs. 1 WEG dem Verwalter, der dem Verband auf Erfüllung und gegebenenfalls auf Schadensersatz haftet (BGH a.a.O. unter Hinweis auf das Urteil vom 18.02.2011 – V ZR 197/10, NJW-RR 2011, 1093, Rn. 20, zitiert nach juris). Der Verband ist dem einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber jedenfalls dann verpflichtet, diesen Anspruch gegenüber dem Verwalter durchzusetzen, wenn die gefassten Beschlüsse den Zweck haben, einen Schaden am Gemeinschaftseigentum zu beseitigen, der das Sondereigentum des Wohnungseigentümers unbenutzbar macht (BGH, Urteil vom 13.07.2012 – V ZR 94/11, Rn. 19, zitiert nach juris). Diese Pflicht ist verletzt, wenn die Umsetzung des Beschlusses nach Eintritt der Bestandskraft ausbleibt (BGH, a.a.O., Rn. 20, zitiert nach juris). Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat eine Verletzung der Pflicht zur Umsetzung gefasster bestandskräftiger Beschlüsse grundsätzlich erst zu vertreten, wenn die Umsetzung auch nach Ablauf eines angemessenen Vorbereitungszeitraums unterbleibt (BGH, a.a.O., Rn. 23, zitiert nach juris).

46

Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung mit Urteil vom 17.10.2014 – V ZR 9/14 (BGHZ 202, 375, Rn. 25, zitiert nach juris) nicht relativiert, sondern lediglich ausgeführt, dass keiner Entscheidung bedürfe, ob er angesichts der gegen seine Rechtsprechung zur Haftung des Verbandes wegen unterbliebener Umsetzung bereits gefasster Beschlüsse erhobenen Kritik an der hierfür gegebenen Begründung festhalte oder ob dem Verband das Handeln des Verwalters als dem für die Umsetzung von Beschlüssen zuständigen Organ (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) in analoger Anwendung von § 31 BGB zuzurechnen wäre.

47

In seinem Urteil vom 25.09.2015 – V ZR 246/14 (BGHZ 207, 40, Rn. 15, zitiert nach juris) hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung nochmals dahingehend zusammengefasst, dass die Umsetzung der gefassten Beschlüsse Aufgabe der Wohnungseigentümergemeinschaft ist und für „Defizite bei der Umsetzung der gefassten Beschlüsse“ allein der Verband haftet.

48

aa) Im vorliegenden Fall stellt sich für den ersten streitigen Zeitraum (01.01. – 31.10.2014) nicht die Frage, ob die Beklagte Beschlüsse der Eigentümerversammlung gar nicht oder nur verzögert umgesetzt hat. Denn die Beauftragung der Fa. R. G. mit den Arbeiten zur Feuchtigkeitssanierung war bereits im Jahre 2013 erfolgt und diese hat noch im Jahre 2013 mit der Durchführung der Arbeiten begonnen.

49

Die Beklagte als teilrechtsfähiger Verband geriet mit der Durchführung des Sanierungsbeschlusses nicht dadurch in Schuldnerverzug, dass das mit der Sanierung des Gemeinschaftseigentums beauftragte Unternehmen seine Tätigkeit vor der Beendigung und Fertigstellung der beauftragten Arbeiten im Jahre 2014 einstellte. Diese Frage wäre nur dann zu bejahen, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft dem einzelnen Wohnungseigentümer die zügige und fachgerechte Beendigung der Sanierungsarbeiten schuldete und das beauftragte Unternehmen als Erfüllungsgehilfe des Verbandes anzusehen wäre (§ 278 BGB). Dies ist jedoch nicht der Fall sein, wie die Kammer auch mit Urteil vom 22.03.2017 – 318 S 162/14 entschieden hat.

50

Der einzelne Wohnungseigentümer hat gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft aus mitgliedschaftlicher Treuepflicht oder gem. § 31 BGB analog lediglich einen Anspruch darauf, dass der teilrechtsfähige Verband sein Organ, den WEG-Verwalter, anweist, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen bzw. die notwendigen Beschlussfassungen vorzubereiten, wenn die Durchführung von Sanierungsbeschlüssen insbesondere wegen der Insolvenz des beauftragten Handwerksunternehmens ins Stocken gerät. Die Entscheidung darüber, wie mit der Situation umgegangen werden soll und welche Maßnahmen ergriffen werden sollen, insbesondere ob ein anderes Handwerksunternehmen mit der Fertigstellung der Arbeiten beauftragt werden soll, obliegt den Wohnungseigentümern.

51

Unabhängig davon hat das Amtsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die Parteien sich im Rahmen eines Ortstermins am 26.11.2013 (Protokoll Anl. B 2, Bl. 117 d.A.) auf einen Baustopp in der Wohnung des Klägers geeinigt hatten. Wie sich dem Protokoll entnehmen lässt, hatte sich der Kläger bereit erklärt, vor der Fortsetzung der Arbeiten durch die Beklagte die Sohlplatte in Küche und Bad zu betonieren, die von ihm verlegten Grundleitungen zu korrigieren, die Detailplanung für die Abdichtungsplanung im Bad zu übermitteln, so dass der von der Beklagten beauftragte Architekt A. die erforderlichen Vorarbeiten veranlassen könnte. Zudem sollte eine Einigung über die Ausführungsart und die Schnittstellen der Elektro-, Putz- und Heizungsplanung gefunden werden. Der Kläger drohte einen Baustopp für seine Wohnung für den Fall an, dass die Putzarbeiten wie vom Architekten A. geplant weiter ausgeführt würden. Mit E-Mail vom 27.11.2013 (Anl. B 1, Bl. 114 d.A.) bestätigte der Kläger der Verwaltung der Beklagten einen Baustopp unter Verzicht auf Ansprüche, die aus der Verzögerung durch diesen Baustopp resultierten.

52

Der Kläger hat weder erstinstanzlich noch in der Berufungsinstanz dazu vorgetragen, dass und wann er die im Protokoll vom 26.11.2013 genannten Arbeiten hat durchführen lassen und der Beklagten mitgeteilt hat, dass diese ihre Arbeiten nun fortsetzen könne. Ebenso wenig ist ersichtlich, wann der Kläger die Abdichtungsplanung im Bad an den von der Beklagten beauftragten Architekten übermittelt hat und dass es überhaupt eine Einigung der Parteien über die Elektro-, Putz- und Heizungsplanung gab. Für den Fall, dass die Beklagte die ursprüngliche Putzplanung weiter durchführen lassen wollte, hatte der Kläger der Beklagten einen Baustopp für die Arbeiten in seiner Wohnung angedroht. Ob der Kläger einen solchen Baustopp tatsächlich verhängt hat (was er bestreitet), ist unerheblich. Aufgrund der unstreitig von ihm erklärten Androhung eines Baustopps hätte der Kläger entweder vortragen müssen, dass und wann sich die Parteien auf eine bestimmte Ausführung geeinigt hatten oder dass er von seiner Forderung / Androhung Abstand genommen hatte.

53

Auch der Inhalt des Protokolls über die Begehung der Wohnung des Klägers durch die Parteien am 10.10.2014 (Anl. K 5, Bl. 51 d.A.) lässt nicht erkennen, welche der zugesagten Vor-Arbeiten der Kläger in der Zwischenzeit veranlasst hatte und welche Planungsunterlagen er dem von der Beklagten beauftragten Architekten inzwischen hatte zukommen lassen. Dem Protokoll vom 10.10.2014 lässt sich jedenfalls entnehmen, dass die Parteien keine Einigung über das weitere Vorgehen erzielen konnten und daher eine streitige Auseinandersetzung vor Gericht bevorstand. Worin genau die streitigen Punkte am 10.10.2014 bestanden, ist nicht erkennbar und wird vom Kläger auch nicht vorgetragen.

54

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat, dass der Kläger die neuen Grundleitungen Ende 2013 verlegt habe, so dass die Rohsohle Anfang 2014 habe eingebracht werden können. Denn die Beklagte hat auch geltend gemacht, dass danach die Wände mit mineralischem Putz hätten verputzt werden sollen. Zuvor habe der Kläger seine Elektroleitungen neu verlegen wollen, wozu es nie gekommen sei (Bl. 111 d.A.). Die Parteien hätten gemeinsam einen Bauzeitenplan aufgestellt, in welchem der zeitliche Ablauf der vom Kläger auszuführenden Arbeiten am Sondereigentum sowie die von ihr auszuführenden Arbeiten am Gemeinschaftseigentum festgelegt worden seien. Die Arbeiten hätten nach diesem Plan „Hand in Hand“ laufen sollen (Bl. 111 d.A.). Auch unter Berücksichtigung dieses Vortrags ist für die Kammer nicht ersichtlich, ab wann sich die Beklagte nach der Baubesprechung vom 26.11.2013 (Anl. B 2) im Schuldnerverzug mit ihrer Pflicht befunden hat, ihren WEG-Verwalter zur Umsetzung des Sanierungsbeschlusses anzuhalten.

55

bb) Auch hinsichtlich des zweiten Zeitraums (01.03.2015 – 29.02.2016) hat der Kläger nicht dargetan, dass sich die Beklagte im Schuldnerverzug mit der Umsetzung des Sanierungsbeschlusses aus dem Jahre 2012 befand.

56

Die von der Beklagten mit der Durchführung der Arbeiten beauftragte Fa. R. G. befand sich zu Beginn des zweiten geltend gemachten Zeitraums bereits in Insolvenz. Dass und wodurch sich die Beklagte ab dem 01.03.2015 im Schuldnerverzug befand, ist nicht ersichtlich. Aus dem Protokoll über die Ortsbesichtigung der Parteien in der Wohnung des Klägers vom 21.05.2015 (Anl. K 9, Bl. 123 ff. d.A.) ergibt sich, dass die Parteien hinsichtlich der Detailabstimmung der Durchführung der weiteren Arbeiten in vielen Punkten uneinig waren und schließlich angedacht wurde, dass die Eigentümerversammlung für die Bauüberwachung / Bauleitung hinsichtlich der gesamten noch ausstehenden Arbeiten den vom Kläger beauftragten Architekten G. anstelle des Architekten A. beauftragen sollte. Zu einem solchen Beschluss ist es jedoch in der Folgezeit nicht gekommen.

57

Die Wohnungseigentümer haben aufgrund der Insolvenz der Fa. R. G. zwar bis Ende Februar 2016 keine Beschlüsse über das weitere Vorgehen gefasst. Die Verwaltung ist jedoch nicht untätig geblieben. Wie sich dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 17.12.2015 (Anl. K 4, Bl. 47 ff. d.A.) entnehmen lässt, lag den Wohnungseigentümern eine Beschlussvorlage über die Vergabe der Arbeiten zur Fortsetzung der Abdichtungsmaßnahmen im Bereich der Wohnung des Klägers vor (TOP 3, Bl. 47 d.A.). Zugleich sollte eine Beschlussfassung über eine Vereinbarung zur reibungslosen Durchführung der Arbeiten herbeigeführt werden (TOP 5). Zu einer Beschlussfassung ist es nicht gekommen, was insbesondere daran lag, dass der Kläger und der ihn beratende Architekt, Herr G., Einwände gegen den geplanten Auftragsumfang erhoben hatten, da ihrer Auffassung nach Leistungen fehlten. Da dies – auch wegen der Erkrankung des von der Beklagten beauftragten Architekten A. – auf der Eigentümerversammlung nicht geklärt werden konnte, blieben die die Fertigstellung der Sanierungsarbeiten betreffenden Tagesordnungspunkte ohne Beschlussfassung.

58

c) Zwar könnte zu erwägen sein, dass sich die Beklagte durch ihren WEG-Verwalter früher um ein neues ausführendes Unternehmen bzw. die Einholung von Vergleichsangeboten hätte kümmern müssen und die Eigentümerversammlung vom 17.12.2015 bereits früher hätte stattfinden müssen, um über das weitere Vorgehen zu beschließen. Das Amtsgericht hat jedoch zutreffend ausgeführt, dass es auch an der Kausalität der behaupteten Pflichtverletzung der Beklagten für den vom Kläger geltend gemachten Schaden fehlt.

59

aa) Ob das Amtsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass davon auszugehen gewesen wäre, dass der Kläger nach Abschluss der Arbeiten der Beklagten zur Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums noch sechs Monate benötigt hätte, um die Wohnung wegen der von ihm durchgeführten umfangreichen Arbeiten am Sondereigentum in einen vermietbaren Zustand zu versetzen, bedarf keiner Entscheidung.

60

bb) Zu Recht hat das Amtsgericht aber die Kausalität im Hinblick darauf verneint, dass die Wohnung während des Rückbaus des vom Kläger errichteten unterkellerten Anbaus nicht vermietbar war.

61

Der Kläger war mit Teil-Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 20.11.2013 (Az. 303b C 6/13) verurteilt worden, den von ihm errichteten unterkellerten Anbau zu entfernen. Dagegen hatte der Kläger Berufung eingelegt. Die Kammer hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 02.07.2014 – 318 S 140/13 zurückgewiesen. Während des Zeitraums 01.01. – 02.07.2014 ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger das Wohnungseigentum hätte vermieten können, da er einem Mieter gegenüber nicht sicher hätte angeben können, welche Wohnfläche (78 m² oder 54 m²) die vermietete Wohnung haben würde und ob diese nicht zu einem erheblichen Teil würde zurückgebaut werden müssen. Schon wegen der ggf. anstehenden Rückbauarbeiten wäre das Sondereigentum des Klägers nicht vermietbar gewesen. Der Kläger hat den Abriss des Anbaus im Zeitraum 01.11.2014 – 28.02.2015 durchgeführt und begehrt für diesen Zeitraum keinen Ersatz des Mietausfalls. Jedoch war damit der ursprüngliche Zustand nicht wieder hergestellt. Der Kläger hat die weiteren Arbeiten (Beseitigung der Unterkellerung, Wiederherstellung der Gartenfläche und des Mauerwerkputzes sowie Einbau der Terrassentür) nur sehr schleppend und unter der Androhung der Zwangsvollstreckung durchgeführt. Insbesondere hat der Kläger die fehlende Terrassentür zum Garten erst im Januar 2016 einsetzen lassen. Dieses Verhalten spricht nicht dafür, dass der Kläger die Wohnung andernfalls im Zeitraum 01.03.2015 – 29.02.2016 hätte vermieten können. Vielmehr befand sich die Wohnung bereits aufgrund der fehlenden Terrassentür in einem nicht vermietbaren Zustand. Aufgrund des rechtskräftigen Titels gegen ihn war der Kläger nicht berechtigt, den Rückbau und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes derart schleppend hinzunehmen, weil die Arbeiten im Bereich seines Sondereigentums ohnehin noch nicht abgeschlossen waren.

62

d) Soweit der Kläger meint, dass der Sanierungsbeschluss vom 24.06.2009 (TOP 18) von der Beklagten nicht durchgeführt worden sei, betrifft dies nicht die hier geltend gemachten Zeiträume. Jedenfalls mit dem auf der Eigentümerversammlung vom 22.08.2012 zu TOP 4 gefassten Beschluss war ein etwaiger Verzug der Beklagten mit der Durchführung des Beschlusses aus dem Jahre 2009 beendet. Da der Beschluss vom 22.08.2012 wirksam war und der Beschluss auch nicht aufgrund der vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage für ungültig erklärt worden ist, hatte die Beklagte diesen Beschluss durchzuführen.

4.

63

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

64

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist §§ 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO zu entnehmen.

65

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich. Die Frage, welche Defizite bei der Durchführung von Beschlüssen der Eigentümerversammlung zur Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums sich die Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer, dessen Sondereigentum betroffen ist, zurechnen lassen muss, ist nicht entscheidungserheblich, da es sich bei dem Anspruch aus §§ 280, 286 BGB i.V.m. § 21 Abs. 4 WEG um einen anderen Streitgegenstand als bei dem aufopferungsähnlichen Schadensersatzanspruch aus § 14 Ziff. 4 HS 2 WEG handelt und die Klagerweiterung in der Berufungsinstanz gem. § 533 ZPO unzulässig ist.

66

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 49a Abs. 1 GKG.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.

(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,

1.
die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder
2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
Für die Nutzungen gilt § 16 Absatz 1.

(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.

(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.

(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 16/02
vom
4. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, 233 Fc

a) Eine Sache, die eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige
Rechtsfrage aufwirft, welche sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen
stellen kann, hat grundsätzliche Bedeutung.

b) Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt,
wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als
einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die
Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung
überläßt, ist eine Frage des Einzelfalls und als solche einer Verallgemeinerung
nicht zugänglich.

c) Die Fortbildung des Rechts erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts
nur dann, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung
von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen
oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlaß, wenn es
für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte
an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise
fehlt.

d) Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung
des Rechtsbeschwerdegerichts nur dann, wenn bei der Auslegung
oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus
die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren. Dies ist in der Regel dann
der Fall, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen
Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zutage tritt, also offenkundig ist und die
angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - KG in Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am4. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten
des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluû des 25. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 8. Februar 2002 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 8.835,12 ?.

Gründe:

I.


Das Landgericht Berlin hat die Beklagte zur Herausgabe eines Grundstücks an die im Grundbuch eingetragene Eigentümerin verurteilt. Gegen dieses ihrem Prozeûbevollmächtigten am 24. August 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 25. September 2001 beim Kammergericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist um einen Tag beantragt. Zur Rechtfertigung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat sie vorgetragen und glaubhaft gemacht: Eine im Büro des Beklagtenvertreters seit 1990 stets sehr zuverlässig und fehlerlos arbeitende Gehilfin habe die Akte am Freitag, dem 21. September 2001 (weisungsgemäû notierte dreitägige Vorfrist), im Büro
nicht auffinden können. Zu diesem Zeitpunkt sei sie infolge Urlaubs einer weiteren Vollzeitmitarbeiterin und Abwesenheit einer nur an drei Tagen in der Woche tätigen Teilkraft die einzig verfügbare Angestellte gewesen. Wegen des von ihr zu bewältigenden auûerordentlichen Arbeitsanfalles habe sie die Aktensuche auf Montag, den 24. September 2001 (Ablauf der notierten Berufungsfrist ), verschoben. An diesem Tag habe die Gehilfin die im Fristenbuch eingetragenen Verfahrensakten herausgesucht, jedoch in der unzutreffenden, nicht überprüften Annahme, die den vorliegenden Fall betreffende Akte läge dem Beklagtenvertreter bereits mit einem Extrazettel "Fristablauf" vor, die rot notierte Berufungsfrist gestrichen und später im Fristenbuch neben der dort bereits durchgestrichenen Rotfrist einen Erledigungsvermerk mit ihrem Kürzel angebracht. Auch an diesem Tag sei sie als wiederum allein im Büro anwesende Angestellte einem auûerordentlichen Arbeitsdruck ausgesetzt gewesen. Allerdings habe der Beklagtenvertreter sie dadurch entlastet, daû er die am Wochenende und Montag eingegangene umfangreiche Post selbst bearbeitet, insbesondere die Notierung der jeweiligen Fristen und Termine verfügt habe. Diese Maûnahme habe sich in der Vergangenheit immer als ausreichend erwiesen , zumal der Beklagtenvertreter in Urlaubs- und Krankheitszeiten durch regelmäûige Stichproben überprüft habe, ob die im Kalender eingetragenen Fristen ordnungsgemäû gestrichen würden.
Das Kammergericht hat mit Beschluû vom 8. Februar 2002 den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen diesen am 5. März 2002 zugestellten Beschluû richtet sich die am 22. März 2002 eingegangene Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie ihr Wiedereinsetzungsgesuch weiterverfolgt und die Aufhebung der vom Kammergericht ausgesprochenen Verwerfung der Berufung erstrebt.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft (vgl. Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 522 Rdn. 20; Zöller/Greger, aaO, § 238 Rdn. 7). Sie ist jedoch nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 543 Rdn. 4; Musielak /Ball, ZPO, 3. Aufl., § 543 Rdn. 5; Zöller/Gummer, aaO, § 543 Rdn. 11). So liegen die Dinge hier nicht. Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt, wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung überläût, hängt von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab und ist einer Verallgemeinerung nicht zugänglich. Denn dabei ist nicht allein entscheidend, in welchem Umfang der Personalbestand reduziert ist, sondern es kommt vor allem darauf an, ob infolge einer angespannten Personallage eine erkennbare und durch zumutbare Maûnahmen behebbare Überlastung der mit der Fristenkontrolle betrauten, verfügbaren Mitarbeiter
eingetreten ist. Dementsprechend hat die höchstrichterliche Rechtsprechung je nach Fallgestaltung eine Erhöhung der grundsätzlichen Organisationspflichten eines Anwalts im Falle einer erheblichen Mehrbelastung des verfügbaren Personals manchmal bejaht (vgl. BGH, Beschl. v. 1. April 1965, II ZB 11/64, VersR 1965, 596, 597: Ausfall zweier von drei Bürokräften; Beschl. v. 1. Juli 1999, III ZB 47/98, NJW-RR 1999, 1664: Ausfall zweier von drei Mitarbeiterinnen während eines Arbeitstages; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99, NJW 1999, 3783 f: Reduzierung der Belegschaft auf fast die Hälfte für mehr als einen Monat; Beschl. v. 28. Juni 2001, III ZB 24/01, NJW 2001, 2975, 2976: Verzicht auf Eintragung des Fristablaufes bei Erkrankung einer Mitarbeiterin zum Fristende und unzureichender Wiedervorlagezeit wegen eines Wochenendes), teilweise aber auch verneint (BGH, Beschl. v. 17. November 1975, II ZB 8/75, VersR 1976, 343: Abwesenheit zweier von drei Kräften; Beschl. v. 29. Juni 2000, Vll ZB 5/00, NJW 2000, 3006: Ausscheiden eines Anwalts und Eheprobleme einer Anwaltssekretärin; Beschl. v. 27. März 2001, VI ZB 7/01, NJW-RR 2001, 1072, 1073: Doppeltes Fehlverhalten einer Bürokraft in einer Sache). Vorliegend erschöpft sich die Beurteilung der Sorgfaltspflichten des Beklagtenvertreters ebenfalls in einer Würdigung der konkreten Einzelfallumstände und ist damit nicht auf eine unbestimmte Anzahl von Fällen übertragbar.
Ob einer Sache grundsätzliche Bedeutung auch dann zukommt, wenn nur die tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen der Entscheidung für die Allgemeinheit von Bedeutung sind, kann hier offen bleiben, weil dieser Tatbetand hier ebenfalls nicht vorliegt.
2. Aus denselben Gründen ist eine Entscheidung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) geboten.
Eine höchstrichterliche Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts nur dann erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 104; BGHSt 24, 15, 21 f; Hannich in: Hannich/Meyer/Seitz, ZPO-Reform 2002, § 543 Rdn. 22; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 7; Zöller/Greger, aaO, § 543 Rdn. 12). Die Beklagte zeigt aber nicht auf, daû über die angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Verschärfung der Organisationspflichten eines Anwalts in Fällen angespannter Personallage (vgl. vor allem Beschl. vom 1. Juli 1999, III ZB 47/98 aaO; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99 aaO; Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, aaO), zur fehlenden Zurechenbarkeit organisationsunabhängigen Fehlverhaltens von Angestellten (vgl. Beschl. v. 23. März 2001, VI ZB 7/01, aaO) oder zum Überwachungs- und Organisationsverschulden bei Häufung von Mängeln (vgl. Beschl. v. 18. Dezember 1997, III ZB 41/97, BGHR ZPO § 233 Büropersonal 11) hinaus eine Notwendigkeit für weitere sachverhaltsbezogene Leitlinien besteht. Für die Aufstellung höchstrichterlicher Leitsätze besteht nur dann Anlaû, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.

a) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zunächst in den Fällen einer Divergenz
geboten (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 5 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 8, § 574 Rdn. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers, aaO, § 543 Rdn. 6, 574 Rdn. 2). Die Beklagte hat aber nicht dargelegt, daû die angefochtene Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die von ihr angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung, also einen Rechtssatz aufstellt, der von einem die Vergleichsentscheidungen tragenden Rechtssatz abweicht (vgl. BGHZ 89, 149, 151; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, aaO).

b) Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung schlieûlich auch dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 543 Rdn. 23, § 574 Rdn. 12).
aa) Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn das Beschwerdegericht Verfahrensgrundrechte verletzt hat (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Lipp, NJW 2002, 1700, 1701; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, aaO, § 543 Rdn. 8; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO; Zöller/Vollkommer, aaO, Einl. Rdn. 103), namentlich die Grundrechte auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Aus dem Beschluû des IX. Zivilsenats vom 7. März 2002, IX ZB 11/02, NJW 2002, 1577 - zur Veröffentl. in BGHZ
vorgesehen) ergibt sich nichts anderes. Dieser verweist ledigIich darauf, daû zur Korrektur von Verfahrensgrundrechtsverletzungen (§ 544 ZPO) eine "auûerordentliche Rechtsbeschwerde" nicht statthaft ist. Zu der - hiervon zu unterscheidenden - Frage, unter welchen Voraussetzungen eine "statthafte" Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 ZPO) zulässig ist, hat der IX. Zivilsenat dagegen nicht Stellung genommen. Ist die Rechtsbeschwerde - wie hier - gemäû § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, dann hat das Rechtsbeschwerdegericht - im Rahmen seiner Möglichkeiten - die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu beachten und einen Grundrechtsverstoû der Vorinstanz zu beseitigen (vgl. BVerfGE 49, 252, 257 ff; 73, 322, 327; vgl. ferner BVerfG, Vorlagebeschl., ZVI 2002; 122), sofern diese nicht - etwa im Wege der Gegenvorstellung - die Grundrechtsverletzung selbst geheilt hat (vgl. BVerfGE 63, 77, 79; 73, 322, 327; BGHZ 130, 97, 99 ff; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99, JZ 2000, 526 f; Beschl. v. 26. April 2001, IX ZB 25/01, NJW 2001, 2262; vgl. ferner BT-Drucks. 14/4722, S. 63). Da andererseits für die Frage, ob die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung erfordert, Art und Gewicht eines Rechtsfehlers nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann Bedeutung erlangen sollen, wenn sie geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung im ganzen zu beschädigen (BT-Drucks. 14/4722 S. 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt), wird eine auf § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO gestützte Rechtsbeschwerde in der Regel nur dann zulässig sein, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zu Tage tritt, also offenkundig ist (vgl. auch BVerfGE 47, 182, 187; 69, 233, 246; 73, 322, 329; 86, 133, 145 f; BVerfG, NJW-RR 2002, 68, 69), und die angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
bb) Die Beklagte zeigt jedoch keine (hinreichenden) Anhaltspunkte für eine offenkundige Verletzung von Verfahrensgrundrechten auf.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 41, 323, 326 ff; 41, 332, 334 ff; 44, 302, 305 ff; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1993, 720; 1995, 249; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162). Demgemäû dürfen bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen daran, was der Betroffene veranlaût haben muû, um Wiedereinsetzung zu erlangen, insbesondere beim "ersten Zugang" zum Gericht (vgl. BVerfGE 25, 158, 166; 38, 35, 38; 40, 88, 91; 67, 208, 212 ff), aber auch beim Zugang zu einer weiteren Instanz (vgl. BVerfGE 44, 302, 305 ff; 62, 334, 336; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1995, 249; 1996, 2857; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162) nicht überspannt werden. Entsprechendes gilt für die Anforderungen, die nach Fristversäumung an den Vortrag und die Glaubhaftmachung der Versäumungsgründe gestellt werden dürfen (vgl. BVerfGE 26, 315, 319, 320; 37, 100, 103; 40, 42, 44; 40, 88, 91; BVerfG, NJW 1997, 1770, 1771).
(2) Gegen diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht nicht verstoûen. Insbesondere hat es die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts und
die Kausalität einer Pflichtverletzung zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.
Das Beschwerdegericht geht davon aus, daû die von der Beklagten vorgetragenen und glaubhaft gemachten organisatorischen Maûnahmen grundsätzlich den von höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine hinreichende Fristenkontrolle genügen (vgl. BGH, Beschl. v. 26. Februar 1996, II ZB 7/95, NJW 1996, 1540, 1541; Beschl. v. 14. März 1996, III ZB 13/96, VersR 1996, 1298; Beschl. v. 27. November 1996, XII ZB 177/96, NJW 1997, 1312, 1313). Es ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, daû im Büro des Beklagtenvertreters sowohl im Zeitpunkt der auf den 21. September 2001 notierten Vorfrist als auch bei Ablauf der Berufungsfrist (24. September 2001) infolge des Ausfalls von zwei Bürokräften und der hierdurch bedingten erheblichen Mehrbelastung der allein verbliebenen Mitarbeiterin eine Sondersituation gegeben war, die den Beklagtenvertreter ausnahmsweise zu einer eigenen Fristenkontrolle verpflichtete. Diese auf den Einzelfall bezogene rechtliche Würdigung hält sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben. Zwar hätte das Beschwerdegericht nicht ohne weitere Aufklärung unterstellen dürfen, daû die allein verbliebene Bürokraft des Beklagtenvertreters auch deswegen einer erheblichen Arbeitsbelastung ausgesetzt war, weil sie nicht nur für diesen, sondern auch für einen mit diesem in Bürogemeinschaft verbundenen weiteren Rechtsanwalt tätig gewesen sei. Hierin liegt jedoch kein Verstoû gegen die Grundrechte auf rechtliches Gehör und Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes. Denn eine Beeinträchtigung dieser Verfahrensgrundrechte läge nur dann vor, wenn die Entscheidung des Beschwerdegerichts hierauf beruhte (vgl. BVerfGE 86, 133, 147; 89, 381, 392 f). Dies ist jedoch nicht der Fall, da bereits allein der im Büro des Beklagtenvertreters
selbst aufgetretene auûergewöhnliche Arbeitsanfall Anlaû zu einer eigenen Fristenkontrolle des Anwalts gab. Aus dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Beklagten ergibt sich nämlich, daû das dort am 21. und 24. September anstehende Arbeitspensum von der verbliebenen Kanzleikraft allein nicht hinreichend bewältigt werden konnte.
(3) Auch für eine offenkundige Verletzung des Grundrechts auf ein objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Ein Verstoû hiergegen kommt nur in Betracht , wenn die angefochtene Entscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und daher auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 87, 273, 278 ff; BVerfG, NJW 1996, 1336; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99 aaO) oder wenn durch zu strenge Anforderungen an die Erfolgsaussicht eines Vorbringens (Prozeûkostenhilfe) eine sachwidrige Ungleichbehandlung erfolgt (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 92/97, NJW 1998, 82). Dies ist jedoch nicht der Fall.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger Klein Lemke
27
b) Schuldner dieses Anspruchs ist nach heute nahezu unbestrittener Ansicht die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband (aM, soweit ersichtlich , nur Bamberger/Roth/Hügel, BGB, 3. Aufl., § 14 WEG Rn. 10). Unterschiede bestehen nur in der Herleitung dieses Ergebnisses (für § 16 Abs. 7 WEG: OLG Schleswig, NJW-RR 2007, 448, 449; LG Frankfurt/Main, ZWE 2014, 403, 405; MüKoBGB/Commichau, 6. Aufl., § 14 WEG Rn. 40; wohl auch Erman /Grziwotz, BGB, 14. Aufl., § 14 WEG Rn. 5; Sauren, WEG, 6. Aufl., § 14 Rn. 15; Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 75; Gottschalg, NZM 2010, 424, 427 f., für § 16 Abs. 6 Satz 3 WEG: LG Hamburg, ZMR 2009, 714, 715; AG Hamburg, ZMR 2011, 249, 250; Suilmann in Bärmann, WEG, 13. Aufl., § 14 Rn. 75; Hügel/Elzer, WEG, § 14 Rn. 54; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 39; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 210 und für § 16 Abs. 6 Satz 2 WEG: Hogenschurz in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 14 Rn. 33 juris; PK-BGB/Lafontaine, 7. Aufl., § 10 WEG Rn. 84; Kümmel in Niedenführ /Vandenhouten/Kümmel, WEG, 11. Aufl., § 14 Rn. 56; Palandt/ Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 14 WEG Rn. 18) und in der Frage, ob neben dem Verband auch die Wohnungseigentümer selbst haften (so Hügel/Elzer, aaO, aA Suilmann in Bärmann aaO). Diese Unterschiede spielen im vorliegenden Fall keine Rolle, weil nur der Verband verklagt worden ist.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 16/02
vom
4. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, 233 Fc

a) Eine Sache, die eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige
Rechtsfrage aufwirft, welche sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen
stellen kann, hat grundsätzliche Bedeutung.

b) Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt,
wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als
einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die
Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung
überläßt, ist eine Frage des Einzelfalls und als solche einer Verallgemeinerung
nicht zugänglich.

c) Die Fortbildung des Rechts erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts
nur dann, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung
von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen
oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlaß, wenn es
für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte
an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise
fehlt.

d) Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung
des Rechtsbeschwerdegerichts nur dann, wenn bei der Auslegung
oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus
die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren. Dies ist in der Regel dann
der Fall, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen
Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zutage tritt, also offenkundig ist und die
angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - KG in Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am4. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten
des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluû des 25. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 8. Februar 2002 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 8.835,12 ?.

Gründe:

I.


Das Landgericht Berlin hat die Beklagte zur Herausgabe eines Grundstücks an die im Grundbuch eingetragene Eigentümerin verurteilt. Gegen dieses ihrem Prozeûbevollmächtigten am 24. August 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 25. September 2001 beim Kammergericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist um einen Tag beantragt. Zur Rechtfertigung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat sie vorgetragen und glaubhaft gemacht: Eine im Büro des Beklagtenvertreters seit 1990 stets sehr zuverlässig und fehlerlos arbeitende Gehilfin habe die Akte am Freitag, dem 21. September 2001 (weisungsgemäû notierte dreitägige Vorfrist), im Büro
nicht auffinden können. Zu diesem Zeitpunkt sei sie infolge Urlaubs einer weiteren Vollzeitmitarbeiterin und Abwesenheit einer nur an drei Tagen in der Woche tätigen Teilkraft die einzig verfügbare Angestellte gewesen. Wegen des von ihr zu bewältigenden auûerordentlichen Arbeitsanfalles habe sie die Aktensuche auf Montag, den 24. September 2001 (Ablauf der notierten Berufungsfrist ), verschoben. An diesem Tag habe die Gehilfin die im Fristenbuch eingetragenen Verfahrensakten herausgesucht, jedoch in der unzutreffenden, nicht überprüften Annahme, die den vorliegenden Fall betreffende Akte läge dem Beklagtenvertreter bereits mit einem Extrazettel "Fristablauf" vor, die rot notierte Berufungsfrist gestrichen und später im Fristenbuch neben der dort bereits durchgestrichenen Rotfrist einen Erledigungsvermerk mit ihrem Kürzel angebracht. Auch an diesem Tag sei sie als wiederum allein im Büro anwesende Angestellte einem auûerordentlichen Arbeitsdruck ausgesetzt gewesen. Allerdings habe der Beklagtenvertreter sie dadurch entlastet, daû er die am Wochenende und Montag eingegangene umfangreiche Post selbst bearbeitet, insbesondere die Notierung der jeweiligen Fristen und Termine verfügt habe. Diese Maûnahme habe sich in der Vergangenheit immer als ausreichend erwiesen , zumal der Beklagtenvertreter in Urlaubs- und Krankheitszeiten durch regelmäûige Stichproben überprüft habe, ob die im Kalender eingetragenen Fristen ordnungsgemäû gestrichen würden.
Das Kammergericht hat mit Beschluû vom 8. Februar 2002 den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen diesen am 5. März 2002 zugestellten Beschluû richtet sich die am 22. März 2002 eingegangene Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie ihr Wiedereinsetzungsgesuch weiterverfolgt und die Aufhebung der vom Kammergericht ausgesprochenen Verwerfung der Berufung erstrebt.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft (vgl. Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 522 Rdn. 20; Zöller/Greger, aaO, § 238 Rdn. 7). Sie ist jedoch nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 543 Rdn. 4; Musielak /Ball, ZPO, 3. Aufl., § 543 Rdn. 5; Zöller/Gummer, aaO, § 543 Rdn. 11). So liegen die Dinge hier nicht. Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt, wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung überläût, hängt von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab und ist einer Verallgemeinerung nicht zugänglich. Denn dabei ist nicht allein entscheidend, in welchem Umfang der Personalbestand reduziert ist, sondern es kommt vor allem darauf an, ob infolge einer angespannten Personallage eine erkennbare und durch zumutbare Maûnahmen behebbare Überlastung der mit der Fristenkontrolle betrauten, verfügbaren Mitarbeiter
eingetreten ist. Dementsprechend hat die höchstrichterliche Rechtsprechung je nach Fallgestaltung eine Erhöhung der grundsätzlichen Organisationspflichten eines Anwalts im Falle einer erheblichen Mehrbelastung des verfügbaren Personals manchmal bejaht (vgl. BGH, Beschl. v. 1. April 1965, II ZB 11/64, VersR 1965, 596, 597: Ausfall zweier von drei Bürokräften; Beschl. v. 1. Juli 1999, III ZB 47/98, NJW-RR 1999, 1664: Ausfall zweier von drei Mitarbeiterinnen während eines Arbeitstages; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99, NJW 1999, 3783 f: Reduzierung der Belegschaft auf fast die Hälfte für mehr als einen Monat; Beschl. v. 28. Juni 2001, III ZB 24/01, NJW 2001, 2975, 2976: Verzicht auf Eintragung des Fristablaufes bei Erkrankung einer Mitarbeiterin zum Fristende und unzureichender Wiedervorlagezeit wegen eines Wochenendes), teilweise aber auch verneint (BGH, Beschl. v. 17. November 1975, II ZB 8/75, VersR 1976, 343: Abwesenheit zweier von drei Kräften; Beschl. v. 29. Juni 2000, Vll ZB 5/00, NJW 2000, 3006: Ausscheiden eines Anwalts und Eheprobleme einer Anwaltssekretärin; Beschl. v. 27. März 2001, VI ZB 7/01, NJW-RR 2001, 1072, 1073: Doppeltes Fehlverhalten einer Bürokraft in einer Sache). Vorliegend erschöpft sich die Beurteilung der Sorgfaltspflichten des Beklagtenvertreters ebenfalls in einer Würdigung der konkreten Einzelfallumstände und ist damit nicht auf eine unbestimmte Anzahl von Fällen übertragbar.
Ob einer Sache grundsätzliche Bedeutung auch dann zukommt, wenn nur die tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen der Entscheidung für die Allgemeinheit von Bedeutung sind, kann hier offen bleiben, weil dieser Tatbetand hier ebenfalls nicht vorliegt.
2. Aus denselben Gründen ist eine Entscheidung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) geboten.
Eine höchstrichterliche Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts nur dann erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 104; BGHSt 24, 15, 21 f; Hannich in: Hannich/Meyer/Seitz, ZPO-Reform 2002, § 543 Rdn. 22; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 7; Zöller/Greger, aaO, § 543 Rdn. 12). Die Beklagte zeigt aber nicht auf, daû über die angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Verschärfung der Organisationspflichten eines Anwalts in Fällen angespannter Personallage (vgl. vor allem Beschl. vom 1. Juli 1999, III ZB 47/98 aaO; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99 aaO; Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, aaO), zur fehlenden Zurechenbarkeit organisationsunabhängigen Fehlverhaltens von Angestellten (vgl. Beschl. v. 23. März 2001, VI ZB 7/01, aaO) oder zum Überwachungs- und Organisationsverschulden bei Häufung von Mängeln (vgl. Beschl. v. 18. Dezember 1997, III ZB 41/97, BGHR ZPO § 233 Büropersonal 11) hinaus eine Notwendigkeit für weitere sachverhaltsbezogene Leitlinien besteht. Für die Aufstellung höchstrichterlicher Leitsätze besteht nur dann Anlaû, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.

a) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zunächst in den Fällen einer Divergenz
geboten (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 5 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 8, § 574 Rdn. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers, aaO, § 543 Rdn. 6, 574 Rdn. 2). Die Beklagte hat aber nicht dargelegt, daû die angefochtene Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die von ihr angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung, also einen Rechtssatz aufstellt, der von einem die Vergleichsentscheidungen tragenden Rechtssatz abweicht (vgl. BGHZ 89, 149, 151; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, aaO).

b) Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung schlieûlich auch dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 543 Rdn. 23, § 574 Rdn. 12).
aa) Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn das Beschwerdegericht Verfahrensgrundrechte verletzt hat (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Lipp, NJW 2002, 1700, 1701; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, aaO, § 543 Rdn. 8; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO; Zöller/Vollkommer, aaO, Einl. Rdn. 103), namentlich die Grundrechte auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Aus dem Beschluû des IX. Zivilsenats vom 7. März 2002, IX ZB 11/02, NJW 2002, 1577 - zur Veröffentl. in BGHZ
vorgesehen) ergibt sich nichts anderes. Dieser verweist ledigIich darauf, daû zur Korrektur von Verfahrensgrundrechtsverletzungen (§ 544 ZPO) eine "auûerordentliche Rechtsbeschwerde" nicht statthaft ist. Zu der - hiervon zu unterscheidenden - Frage, unter welchen Voraussetzungen eine "statthafte" Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 ZPO) zulässig ist, hat der IX. Zivilsenat dagegen nicht Stellung genommen. Ist die Rechtsbeschwerde - wie hier - gemäû § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, dann hat das Rechtsbeschwerdegericht - im Rahmen seiner Möglichkeiten - die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu beachten und einen Grundrechtsverstoû der Vorinstanz zu beseitigen (vgl. BVerfGE 49, 252, 257 ff; 73, 322, 327; vgl. ferner BVerfG, Vorlagebeschl., ZVI 2002; 122), sofern diese nicht - etwa im Wege der Gegenvorstellung - die Grundrechtsverletzung selbst geheilt hat (vgl. BVerfGE 63, 77, 79; 73, 322, 327; BGHZ 130, 97, 99 ff; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99, JZ 2000, 526 f; Beschl. v. 26. April 2001, IX ZB 25/01, NJW 2001, 2262; vgl. ferner BT-Drucks. 14/4722, S. 63). Da andererseits für die Frage, ob die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung erfordert, Art und Gewicht eines Rechtsfehlers nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann Bedeutung erlangen sollen, wenn sie geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung im ganzen zu beschädigen (BT-Drucks. 14/4722 S. 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt), wird eine auf § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO gestützte Rechtsbeschwerde in der Regel nur dann zulässig sein, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zu Tage tritt, also offenkundig ist (vgl. auch BVerfGE 47, 182, 187; 69, 233, 246; 73, 322, 329; 86, 133, 145 f; BVerfG, NJW-RR 2002, 68, 69), und die angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
bb) Die Beklagte zeigt jedoch keine (hinreichenden) Anhaltspunkte für eine offenkundige Verletzung von Verfahrensgrundrechten auf.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 41, 323, 326 ff; 41, 332, 334 ff; 44, 302, 305 ff; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1993, 720; 1995, 249; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162). Demgemäû dürfen bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen daran, was der Betroffene veranlaût haben muû, um Wiedereinsetzung zu erlangen, insbesondere beim "ersten Zugang" zum Gericht (vgl. BVerfGE 25, 158, 166; 38, 35, 38; 40, 88, 91; 67, 208, 212 ff), aber auch beim Zugang zu einer weiteren Instanz (vgl. BVerfGE 44, 302, 305 ff; 62, 334, 336; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1995, 249; 1996, 2857; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162) nicht überspannt werden. Entsprechendes gilt für die Anforderungen, die nach Fristversäumung an den Vortrag und die Glaubhaftmachung der Versäumungsgründe gestellt werden dürfen (vgl. BVerfGE 26, 315, 319, 320; 37, 100, 103; 40, 42, 44; 40, 88, 91; BVerfG, NJW 1997, 1770, 1771).
(2) Gegen diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht nicht verstoûen. Insbesondere hat es die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts und
die Kausalität einer Pflichtverletzung zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.
Das Beschwerdegericht geht davon aus, daû die von der Beklagten vorgetragenen und glaubhaft gemachten organisatorischen Maûnahmen grundsätzlich den von höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine hinreichende Fristenkontrolle genügen (vgl. BGH, Beschl. v. 26. Februar 1996, II ZB 7/95, NJW 1996, 1540, 1541; Beschl. v. 14. März 1996, III ZB 13/96, VersR 1996, 1298; Beschl. v. 27. November 1996, XII ZB 177/96, NJW 1997, 1312, 1313). Es ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, daû im Büro des Beklagtenvertreters sowohl im Zeitpunkt der auf den 21. September 2001 notierten Vorfrist als auch bei Ablauf der Berufungsfrist (24. September 2001) infolge des Ausfalls von zwei Bürokräften und der hierdurch bedingten erheblichen Mehrbelastung der allein verbliebenen Mitarbeiterin eine Sondersituation gegeben war, die den Beklagtenvertreter ausnahmsweise zu einer eigenen Fristenkontrolle verpflichtete. Diese auf den Einzelfall bezogene rechtliche Würdigung hält sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben. Zwar hätte das Beschwerdegericht nicht ohne weitere Aufklärung unterstellen dürfen, daû die allein verbliebene Bürokraft des Beklagtenvertreters auch deswegen einer erheblichen Arbeitsbelastung ausgesetzt war, weil sie nicht nur für diesen, sondern auch für einen mit diesem in Bürogemeinschaft verbundenen weiteren Rechtsanwalt tätig gewesen sei. Hierin liegt jedoch kein Verstoû gegen die Grundrechte auf rechtliches Gehör und Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes. Denn eine Beeinträchtigung dieser Verfahrensgrundrechte läge nur dann vor, wenn die Entscheidung des Beschwerdegerichts hierauf beruhte (vgl. BVerfGE 86, 133, 147; 89, 381, 392 f). Dies ist jedoch nicht der Fall, da bereits allein der im Büro des Beklagtenvertreters
selbst aufgetretene auûergewöhnliche Arbeitsanfall Anlaû zu einer eigenen Fristenkontrolle des Anwalts gab. Aus dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Beklagten ergibt sich nämlich, daû das dort am 21. und 24. September anstehende Arbeitspensum von der verbliebenen Kanzleikraft allein nicht hinreichend bewältigt werden konnte.
(3) Auch für eine offenkundige Verletzung des Grundrechts auf ein objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Ein Verstoû hiergegen kommt nur in Betracht , wenn die angefochtene Entscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und daher auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 87, 273, 278 ff; BVerfG, NJW 1996, 1336; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99 aaO) oder wenn durch zu strenge Anforderungen an die Erfolgsaussicht eines Vorbringens (Prozeûkostenhilfe) eine sachwidrige Ungleichbehandlung erfolgt (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 92/97, NJW 1998, 82). Dies ist jedoch nicht der Fall.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger Klein Lemke