Tenor

1. Die Berufung der Beklagten zu 1) - 10) gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 12.06.2017, Az. 22a C 388/14, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten zu 1) - 10) haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf € 50.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Kläger und die Beklagten zu 1) - 10) (im Folgenden: die Berufungskläger) streiten in der Berufungsinstanz um die Gültigkeit des auf der Eigentümerversammlung vom 08.10.2014 zu TOP 07 gefassten Beschlusses über den nachträglichen Einbau eines Fahrstuhls in das Treppenhaus (Protokoll: Anl. K 1).

2

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).

3

Das Amtsgericht hat den auf der Eigentümerversammlung vom 08.10.2014 zu TOP 07 gefassten Beschluss mit Urteil vom 20.06.2017 für ungültig erklärt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche, da es an einer unabhängigen fachgerechten Bestandsaufnahme fehle. Die mit dem Fahrstuhleinbau verbundenen Risiken und die Möglichkeiten einer optimalen Reduzierung von Beeinträchtigungen hätten fachgerecht geprüft werden müssen. Eine derartige Bestandsaufnahme hätte auch vor der hier vorliegenden Modernisierungsmaßnahme erfolgen müssen und sei nicht nur vor Instandsetzungsmaßnahmen erforderlich. Der vorliegende Fall sei nicht derart klar und einfach gelagert, dass auf eine vorherige fachliche Bestandsaufnahme habe verzichtet werden können. Es gehe um eine Maßnahme, die massiv in das Gebäude eingreife, es in seinem Treppenhaus erheblich verändere und zu einer Veränderung der Lichtverhältnisse, der Geräuschverhältnisse und des Raumangebots innerhalb des Gebäudes führe. Die Kläger hätten das Fehlen einer solchen Bestandsaufnahme innerhalb der Klagebegründungsfrist im wesentlichen tatsächlichen Kern auf Seite 2 und 3 des Schriftsatzes vom 04.12.2014 gerügt. Der Miteigentümer J. M., auf den die Beklagten verwiesen hätten, sei nicht unabhängig von persönlichen Interessen. Durch das von den Beklagten vorgelegte Gutachten vom 17.02.2017 (Anl. B 13) könnten die Mängel der Beschlussfassung vom 08.10.2014 nicht nachträglich geheilt werden. Zu den zu prüfenden Fragen hätten die statische Unbedenklichkeit des Vorhabens, das Risiko der Schädigung des Gemeinschafts- und Sondereigentums im Rahmen der Bauausführung, insbesondere im Hinblick auf die Verursachung von Rissen, grundwasserbezogene Risiken, die Folgen für die Lichtverhältnisse und Möglichkeiten alternativer Gestaltung, die Folgen hinsichtlich Geräuschemissionen und Möglichkeiten alternativer Gestaltung, Risiken für die Bausubstanz im Hinblick auf den Umfang der Eingriffe und diesbezügliche Alternativen, Folgewirkungen für Einschränkungen in räumlicher Hinsicht, insbesondere im Erdgeschoss, nach grundsätzlich denkbaren Ausführungsvarianten und den jeweils bestehenden Vor- und Nachteilen gehört.

4

Der geplante Fahrstuhleinbau würde entgegen § 22 Abs. 2 WEG zu einer Änderung der Eigenart der Wohnanlage führen. Durch den Fahrstuhleinbau würde das charakteristische Innere des Gebäudes verändert und in seinem Kern verletzt werden. Ob dies in ästhetisch ansprechender Form erfolgen solle, sei unerheblich. Zwar handele es sich bei dem nachträglichen Einbau eines Fahrstuhls um einen vom Gesetzgeber selbst genannten Fall für eine Maßnahme der Modernisierung im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG. Dies ändere aber nichts daran, dass der nachträgliche Einbau eines Fahrstuhls unzulässig sei, wenn er zu einem Eingriff in den Kern der inneren Gestaltung eines Gebäudes und dessen Eigenart führen könne, z.B. bei einem ca. 100 Jahre alten Jugendstilgebäude. Hierbei gehe es nicht um den Modernisierungsbegriff an sich.

5

Der Beschluss verlange den Eigentümern im Erdgeschoss bzw. Hochparterre ein unzumutbares Sonderopfer ab. Diese Eigentümer könnten den Fahrstuhl nicht nutzen und es sei derzeit mangels vorheriger sachlicher Klärung nicht gewährleistet, dass die von ihnen zu tragenden Belastungen, etwa die mit dem Betrieb des Fahrstuhls verbundenen Geräusche, auf das mögliche Minimum abgesenkt worden seien. Ein unzumutbares Sonderopfer bestehe für den rechtsseitig wohnenden Parterre-Eigentümer im Hinblick auf eine entschädigungslose Hinnahme der gerügten Veränderung der Licht- und Raumverhältnisse unmittelbar vor der Wohnungstür. Diese Beeinträchtigung müssten die betroffenen Eigentümer nicht entschädigungslos hinnehmen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass diese keine Entschädigung verlangt hätten und das Gesetz keine Entschädigungspflichten vorsehe. Wenn die Minderheit schon keinen Nutzen von dem Fahrstuhl habe, müsse sie wenigstens für die verbleibenden Beeinträchtigungen entschädigt werden.

6

Zudem sei nicht hinreichend klar geregelt, dass Folgekosten für Schäden am Sonder- und Gemeinschaftseigentum aufgrund der Installation des Fahrstuhls nur von den Nutzern des Fahrstuhls zu tragen seien. § 16 Abs. 4 WEG greife hier nicht ein, da es nicht um eine bauliche Veränderung (§ 22 Abs. 1 WEG), sondern eine Maßnahme der Modernisierung (§ 22 Abs. 2 WEG) gehe. Allein schon durch das bei einem Altbau plausibel in Betracht kommende Risiko von Schäden würden die Nichtnutzer des Fahrstuhls unbillig beeinträchtigt. Zudem wäre eine vorherige Beweissicherung auf Kosten der Projektbetreiber erforderlich gewesen, um die Nichtnutzer nicht dem Prozessrisiko auszusetzen. Der Einwand, dass einige Eigentümer aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters auf einen Fahrstuhl angewiesen seien, verfange nicht, da es keinen Rechtsanspruch darauf gebe, dass ein Gebäude dem Alterungsprozess seiner Eigentümer baulich angepasst werde, wenn dabei die gesetzlich geschützten Interessen der anderen Wohnungseigentümer verletzt würden.

7

Der Beschluss beinhalte eine unzulässige Delegation der den Eigentümern zustehenden Entscheidung darüber, welches Modell eines Fahrstuhls und welches konkrete Angebot der beiden im Beschluss angesprochenen Unternehmen realisiert werden solle. Durch Ziff. 9 des Beschlusses werde diese Entscheidung ausdrücklich an die Verwaltung und den Beirat delegiert. Eine solche Delegation durch Mehrheitsbeschluss sei unwirksam. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Entscheidung zwischen den Anbietern nicht bereits von den Wohnungseigentümern getroffen worden, weil der Verwalter nach Klärung von noch offenen Details dem günstigsten Anbieter den Auftrag erteilen solle. Dies widerspreche dem Wortlaut des Beschlusses, wonach „die Entscheidung zwischen beiden Anbietern ... der WEG-Verwalter zusammen mit dem Beirat“ fällen solle.

8

Auf die weiteren vorgetragenen Gründe für die Ungültigkeit des Beschlusses komme es nicht an.

9

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 27.06.2017 zugestellte Urteil haben die Beklagten zu 1) - 10) mit einem am 26.07.2017 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.09.2017 mit einem am 28.09.2017 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet haben.

10

Die Berufungskläger tragen vor, dass das Amtsgericht den Beschluss zu Unrecht wegen des Fehlens einer vorherigen fachgerechten Bestandsaufnahme für ungültig erklärt habe. Die Kläger hätten diesen Einwand nicht innerhalb der Klagebegründungsfrist erhoben. Darüber helfe das Amtsgericht den Klägern in nicht mehr vertretbarer Weise hinweg. Von der Notwendigkeit der vorherigen Einholung eines Gutachtens oder einer fachgerechten Bestandsaufnahme sei in der Klagebegründung keine Rede. Das Amtsgericht bleibe die rechtliche Grundlage für den von ihm aufgestellten Rechtssatz schuldig, dass auch bei Modernisierungsmaßnahmen eine fachgerechte Bestandsaufnahme vor der Beschlussfassung erforderlich sei. Im vorliegenden Fall sei nicht mit erheblichen Eingriffen in die Bausubstanz zu rechnen, da eine im Wesentlichen vorgefertigte Aufzugsanlage errichtet werden solle. Konkrete Gefahren hätten die insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Kläger nicht vorgetragen, sondern nur abstrakte Risiken skizziert. Dies gelte auch für die Frage der statischen Unbedenklichkeit des Vorhabens, wobei der Beschluss ohnehin vorsehe, eine Baugenehmigung einzuholen, die nicht oder nur unter Auflagen erteilt werden würde, wenn statische Bedenken bestünden. Das Amtsgericht habe die von ihm geforderte Bestandsaufnahme nicht auf konkrete Punkte bezogen. Von den Klägern sei auch kein Vortrag zu den vom Amtsgericht geforderten alternativen Gestaltungsvarianten erfolgt. Auch die vom Amtsgericht genannten Folgewirkungen für das Gemeinschafts- und Sondereigentum sei eine abstrakt in den Raum gestellte Möglichkeit, die sich nicht auf einen entsprechenden Sachvortrag der Kläger stützen könne. Durch die von ihnen mit Schriftsatz vom 16.03.2017 (Anl. B 13) eingereichte gutachterliche Stellungnahme habe der Nachweis erbracht werden sollen, dass entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung eine fachgerechte Bestandsaufnahme oder gar die Einholung eines Gutachtens vor Beschlussfassung sachlich nicht geboten gewesen sei. Die Bedenken des Amtsgerichts gegen die Fachkompetenz des Beklagten J. M. seien unbegründet und von den Klägern selbst nicht erhoben worden.

11

Die Errichtung der Aufzugsanlage gehe nicht mit einer Änderung der Eigenart der Wohnanlage einher. Nach der Rechtsprechung des BGH seien die Grenzen dieses Ausnahmetatbestandes eng zu ziehen. Maßgeblich sei eine erhebliche nachteilige Veränderung der Wohnanlage, nicht nur eines Bauteils. Durch den nachträglichen Fahrstuhleinbau finde keine Veränderung am Äußeren des Baukörpers statt. Es liege auch keine Luxussanierung oder wesentliche Änderung des Nutzungszwecks vor. Bei wertender Betrachtung lägen die Eingriffsintensität und -qualität auf deutlich niedrigerem Niveau, als dies bei den vom Gesetzgeber genannten Fällen der Fall sei. Dies liege nicht zuletzt daran, dass der nachträgliche Einbau einer Aufzugsanlage nach dem Willen des Gesetzgebers ein Musterbeispiel für eine Modernisierung im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG und kaum vorstellbar sei, dass die typischerweise mit dem Bau einer solchen Aufzugsanlage verbundenen baulichen Beeinträchtigungen die Eigenart der Wohnanlage erheblich veränderten. Nur atypische, normalerweise mit dem Einbau einer Aufzugsanlage nicht verbundene bauliche Veränderungen oder aus anderen Gründen besonders eingriffsintensive Aufzugsanlagen könnten die Eigenart der gesamten Wohnanlage möglicherweise erheblich verändern (z.B. der gläserne Außenfahrstuhl vor einer Jugendstilfassade). Das Treppenhaus zeige sich nach mehreren stilistisch missglückten Sanierungen in einem mehr oder weniger nüchternen Zustand (Anlagenkonvolut B 2). Zweifelhaft sei bereits, ob das Treppenhaus einer Wohnanlage überhaupt zu seinem charakteristischen Kern gehöre. Jedenfalls sei im vorliegenden Fall nicht ansatzweise nachvollziehbar, dass das in seiner äußeren Gestaltung schlichte Treppenhaus prägender Bestandteil der Wohnanlage sein solle.

12

Die Realisierung des Beschlusses verlange den Bewohnern der Erdgeschosswohnungen kein unzumutbares Sonderopfer ab. Die Umstände, die zwangsläufig mit der Modernisierung verbunden seien, könnten für sich allein nicht zur Bejahung eines unbilligen Nachteils führen. Hierzu habe das Amtsgericht nichts ausgeführt. Dass die mit dem Fahrstuhlbetrieb verbundenen Geräusche nicht wenigstens auf ein Minimum herabgesenkt seien, stelle eine vom Amtsgericht zu ihren Lasten aufgestellte Vermutung dar, die jede Auseinandersetzung mit ihrem Vortrag vermissen lasse. Die ohnehin niedrigen Antriebsgeräusche als auch die Geräusche des Schließens und Öffnens der Türen von nicht mehr als 52 dB ließen sich durch die Nutzung anderer Antriebssysteme nicht verbessern. Zudem lägen im Erdgeschoss links und rechts von der Aufzugsanlage keine Wohnräume, sondern Badezimmer und Abstellkammern. Soweit das Amtsgericht eine Verschlechterung der Licht- und Raumverhältnisse für die Bewohner der Erdgeschosswohnungen rüge, stelle dies eine Vermutung zu ihren Lasten dar. Auch insoweit habe das Amtsgericht ihren Vortrag übergangen. Insbesondere sei von den Klägern nicht bestritten worden, dass selbst bei Sonnenhöchststand direkt vor den Wohnungseingangstüren der Erdgeschosswohnungen bei bedecktem Himmel nicht mehr als 10 – 15 lux-Einheiten gemessen würden und sich dies durch den Einbau der Aufzugsanlage nicht spürbar verschlechtern werde. Der vom Amtsgericht aufgestellte Rechtssatz, dass bestimmte unbillige Beeinträchtigungen im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG doch zu dulden seien, wenn an die davon Betroffenen Entschädigungen gezahlt würden, sei ohne Vorbild in Rechtsprechung und Literatur und gehe am Gesetz vorbei.

13

Auch der Zutritt zu den einzelnen Wohnungen werde nicht verschlechtert. Dies gelte insbesondere für die rechts neben der geplanten Aufzugstür liegende Wohnungseingangstür, vor der ein Flächenabstand von 1,45 m verbleibe. Dass die Erdgeschosswohnungen aufgrund des Fahrstuhleinbaus an Wert verlören, hätten die Kläger nicht innerhalb der Klagebegründungsfrist vorgetragen. Soweit das Amtsgericht beanstandet habe, dass nicht hinreichend klar geregelt sei, dass Folgekosten, die z.B. durch Risse an den Wänden entstünden, ausschließlich von den Nutzern des Fahrstuhls zu tragen wären, sei nicht ersichtlich, was dies mit dem Merkmal der unzumutbaren Beeinträchtigung zu tun habe. Zudem sei dies von den Klägern innerhalb der Klagebegründungsfrist nicht in dieser Form gerügt worden. Das Risiko, dass infolge von Modernisierungsmaßnahmen an Altbauten Schäden aufträten, sei ein typisches Risiko, das mit der Durchführung von Maßnahmen gem. § 22 Abs. 1 und 2 WEG immer verbunden sei. Zudem hafte der Aufzugsbauer für die mit der Beseitigung dieser Schäden verbundenen Kosten.

14

Der Beschluss beinhalte keine unzulässige Delegation von Entscheidungskompetenzen, die ausschließlich den Wohnungseigentümern zustünden. Diese hätten die allein ihnen zustehende Entscheidung über das „Wie“ der Ausführung der Modernisierung durch Unterpunkt 9. zu TOP 7 nicht aus der Hand gegeben. In beiden Angeboten (Fa. L. Aufzüge, Anlagenkonvolut B 15 und Fa. C. D., Anl. B 14) sei das „Wie“ der Aufzugsanlage vollständig definiert und geklärt. Da durch die Projektbeschreibung vom 18.11.2015 (Anl. B 10) alles Erforderliche zu den Auswahlkriterien ausgeführt worden sei und die Preise der beiden in die engere Auswahl gelangten Anbieter mit € 229.569,00 (Fa. D.) und € 224.267,00 (Fa. L.) nahezu gleich gewesen seien, sei es am Ende gleichgültig gewesen, dass die Auswahlentscheidung auf den Beirat und die Verwaltung delegiert worden sei. Die grundsätzliche Verantwortung für den Beschluss bleibe bei den Wohnungseigentümern. Diese hätten aber nicht jede einzelne Detailfrage selbst klären müssen.

15

Entgegen der vom Amtsgericht angedeuteten Auffassung sei § 16 Abs. 4 WEG dahingehend zu verstehen, dass die dort genannte Regelung des „Einzelfalls“ auch Beschlüsse über wiederkehrende Folgekosten dieses Einzelfalls trage.

16

Die Berufungskläger beantragen,

17

das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 12.06.2017, Az. 22a C 388/14, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

18

Die Kläger beantragen,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Die Kläger verteidigen das Urteil des Amtsgerichts und tragen vor, dass der Beschluss wegen fehlender vorheriger fachgerechter Bestandsaufnahme gegen den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung verstoße. Inhalt der Klagebegründung sei auch die fehlende Vorplanung gewesen. Sie hätten dies im wesentlichen tatsächlichen Kern auf Seite 3 im 3. Absatz der Klagebegründung innerhalb der Klagebegründungsfrist vorgetragen. Wenn bereits bei einer Instandsetzungsmaßnahme vorab eine umfangreiche Bestandsaufnahme erforderlich sei, gelte dies erst recht für eine Modernisierungsmaßnahme. Der Fahrstuhleinbau sei nur mit erheblichen Eingriffen in das Gemeinschaftseigentum machbar. Durch das im Nachhinein in Auftrag gegebene „Gutachten“ der D. (Anl. B 13) könne die fehlende Vorabplanung nicht ersetzt werden. Die vom Amtsgericht vorgenommene Beurteilung sei auf den streitgegenständlichen Sachverhalt bezogen. Sie hätten auf Seite 2 der Klagebegründung vorgetragen, dass für den Einbau der Aufzugsanlage eine Kernbohrung erforderlich sei, von der nicht absehbar sei, ob diese tatsächlich keinerlei Auswirkungen auf das Fundament habe. Statik und Vorabprüfung hinsichtlich des Grundwassers sowie der Baugenehmigung hätten nicht vorgelegen. Auch die Fa. L. sehe in ihrem Angebot Sonderplanungsbedarf, weil ggf. eine Abweichung von der Landesbauordnung für das Stahlschachtgerüst erforderlich sei. Ihre Bedenken könnten nicht durch die nachträgliche Einholung einer Baugenehmigung ausgeräumt werden.

21

Der geplante Einbau der Aufzugsanlage führe zu einer Änderung der Eigenart der Wohnanlage. Hier bestehe ein starker Kontrast zwischen dem Jugendstilhaus und der hochmodernen Aufzugsanlage. Die Eigenart der Wohnanlage beziehe sich nicht nur auf deren Äußeres. Entgegen dem Vortrag der Berufungskläger habe das Treppenhaus in Form der Haustür, des Windfangs mit Stuck, der Flügeltüren mit den alten Glasscheiben (verziert mit Putten), der im Windfang verlegten Fliesen, die nur in dem vormals offenen Bereich fehlten, des gesamten Treppengeländers mit gusseisernen Stäben und dem hölzernen Handlauf sowie etlicher Wohnungstüren, die noch im Original erhalten seien, viel von seinem alten Schmuck bewahrt. Es hätte zahlreiche Möglichkeiten gegeben, den Aufzug einer alten Jugendstilvilla anzupassen.

22

Der Aufzug führe zu einem von ihnen zu erbringenden unbilligen Sonderopfer. Insoweit sei in der Klagebegründung ausdrücklich ausgeführt worden, dass die Helligkeit und damit die Lichtverhältnisse beeinträchtigt würden, die Weitläufigkeit des Treppenhauses zerstört würde, eine räumliche Verengung, insbesondere im Bereich ihrer – der Klägerin zu 3) – Wohnungstür erfolge und Geräuschemissionen möglich seien. Die Beklagten hätten nicht nachgewiesen, dass jegliche Einschränkung auf ein Minimum herabgesenkt werde. Ein Beleg für die Behauptung, dass störende Antriebsgeräusche nicht nach außen dringen würden, fehle. Im Bereich der Aufzugsanlage lägen auch zum Wohnen genutzte Räume. Störungen in einer Lautstärke von 52 dB seien nicht unerheblich. Aus Sicherheitsgründen müsse die Ruhehaltestelle des Aufzugs im Erdgeschoss sein, was bedeute, dass der Aufzug immer wieder dorthin zurückfahre. Dadurch würden sie unbillig belastet. Die Lichtverhältnisse der Erdgeschosswohnungen würden sich verschlechtern, da der Aufzug die Belichtung durch das Oberlicht stark einschränke. Auch der Zutritt zu ihrer – der Klägerin zu 3) – Wohnung werde deutlich verschlechtert. Der vorher freie Bereich vor der Tür verringere sich auf mehr als die Hälfte.

23

Zudem sei gerügt worden, dass für einige Miteigentümer erheblichen Kostenrisiken durch Folgekosten keine oder geringfügige Nutzungsmöglichkeiten gegenüberstünden, was eine weitere unbillige Benachteiligung begründe. Nr. 10 des angefochtenen Beschlusses beziehe sich nur auf die Kosten für die laufende Bewirtschaftung des Fahrstuhls, nicht auf Folgekosten. Im Übrigen könne durch eine Kostenregelung gem. § 16 Abs. 4 WEG immer nur ein Einzelfall geregelt werden. Bei Schäden am Sondereigentum müsste der Geschädigte zunächst nachweisen, dass diese Schäden durch den Aufzug bzw. dessen Einbau verursacht worden seien. Diesen Beweis könne der Geschädigte im Regelfall nicht erbringen.

24

Der Beschluss beinhalte eine unzulässige Delegation von Entscheidungskompetenzen der Eigentümerversammlung auf die Verwaltung und den Beirat. Vorliegend bestünden erhebliche Haftungsrisiken, sodass die Auswahl der ausführenden Firma, die wiederum zum Teil mit unterschiedlichen Fremdfirmen zusammenarbeite, ein wesentlicher Aspekt sei, der nur von der Gemeinschaft entschieden werden könne.

25

In Bezug auf die weiteren Gründe, auf die sie ihre Klage gestützt hätten und auf die das Amtsgericht nicht oder nur wenig eingegangen sei, bezögen sie sich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Insbesondere wäre im Hinblick auf die Kosten zukünftiger Instandhaltungsmaßnahmen infolge des Aufzugeinbaus eine Vereinbarung erforderlich gewesen, weil § 16 Abs. 4 WEG nicht zum Tragen komme. Im Übrigen ergäben sich aus der Anlage B 4 verschiedene Möglichkeiten, so dass sich der Umfang der tatsächlichen Kostenbeteiligung der einzelnen Eigentümer nicht daraus ergebe. Eine Regelung zur Bildung einer „gesonderten Instandhaltungsrücklage“ per Beschluss sei nicht möglich. Vielmehr sei ein solcher Beschluss nichtig. Der BGH habe mit Urteil vom 13.01.2017 (V ZR 96/16) entschieden, dass ein Beschluss über den Einbau eines Aufzugs, bei dem einige Eigentümer von der Nutzung ausgeschlossen seien, schon deshalb nichtig sei, weil dieser die Einräumung eines Sondernutzungsrechts zum Gegenstand habe. Hierfür bestehe keine Beschlusskompetenz.

26

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die im Berufungsverfahren zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

27

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

28

Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht den auf der Eigentümerversammlung vom 08.10.2014 zu TOP 07 gefassten Beschluss über den nachträglichen Einbau eines Fahrstuhls in das Treppenhaus für ungültig erklärt.

29

Der Beschluss ist teilweise wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig, was im Ergebnis analog § 139 BGB dazu führt, dass der Beschluss insgesamt für ungültig zu erklären ist.

30

1. Maßnahme der Modernisierung, doppelt qualifizierte Mehrheit

31

Dass es sich bei dem nachträglichen Einbau eines Aufzugs in das Treppenhaus um eine Maßnahme der Modernisierung handelt (vgl. Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Auflage, § 22 Rdnr. 175; Bärmann/Merle, WEG, 13. Auflage, § 22 Rdnr. 344a – dauerhafte Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse im Sinne von § 555b Ziff. 5 BGB; BeckOK/Elzer, 34. Edition, Stand: 02.04.2018, § 22 Rdnr. 209 f. – nachhaltige Gebrauchswerterhöhung im Sinne von § 555 Ziff. 4 BGB) und die erforderliche doppelt qualifizierte Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne des § 25 Abs. 2 WEG und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile auf der Eigentümerversammlung vom 08.10.2014 zu TOP 07 (Anl. K 1) erreicht worden ist (17 Stimmen; 13 Ja- und 4 Nein-Stimmen; mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile), ist zwischen den Parteien unstreitig.

32

2. Änderung der Eigenart der Wohnanlage

33

Die Kammer folgt dem Amtsgericht nicht darin, dass mit dem Einbau des Fahrstuhls eine Änderung der Eigenart der Wohnanlage einhergehen würde. Insoweit ist der Beschluss nicht zu beanstanden.

34

Mit dem Verbot der Beeinträchtigung der Eigenart der Wohnanlage wird das Vertrauen des Erwerbers auf den wesentlichen inneren und äußeren Bestand der Eigentumsanlage geschützt. Die Umgestaltung der Wohnanlage ist auch der (qualifizierten) Mehrheitsmacht nicht gestattet. Der Gesetzgeber wollte dadurch beispielsweise Anbauten, Wintergärten, eine Aufstockung, Luxussanierungen, den Ausbau eines bisher nicht zu Wohnzwecken genutzten Speichers als Wohnung, die Umwandlung einer Grünfläche in einen Parkplatz oder den Abriss von Gebäudeteilen ausschließen (Jennißen/Hogenschurz, WEG, 5. Auflage, § 22 WEG Rdnr. 73a). Ein derartiger Sachverhalt liegt hier nicht vor. Der Auffassung der Berufungskläger, dass durch die nicht von außen sichtbaren Veränderungen im Treppenhaus die Eigenart der Wohnanlage von vornherein nicht geändert werden könne, überzeugt zwar nicht, auch wenn die vom Gesetzgeber angeführten Beispiele sich stets auf von außen sichtbare Bauteile beziehen. Es bedarf der Würdigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls.

35

Unter Eigenart versteht man das charakteristische Aussehen eines Gebäudes oder die typische Nutzung eines Gebäudes, der sich von benachbarten Gebäuden abhebt (die Prägung). Das charakteristische Aussehen eines Gebäudes kann darin bestehen, dass das Gebäude z.B. ein Jugendstilhaus oder Haus im Bauhausstil ist oder das Gebäude als Plattenbau errichtet worden ist etc. (BeckOK WEG/Elzer, a.a.O., § 22 Rdnr. 220). Für die Frage, ob eine Eigenartsänderung vorliegt, ist auf den Ist-Bestand einer Wohnungseigentumsanlage, d.h. ihre individuelle Prägung, abzustellen (BeckOK WEG/Elzer, a.a.O., § 22 Rdnr. 223).

36

Da die Aufzugsanlage nicht außen an der Fassade, sondern innen im Treppenhaus eingebaut werden soll, geht es nur um die Frage, ob die Eigenart der Wohnanlage überhaupt durch Baumaßnahmen im Inneren geändert werden kann und - wenn dies der Fall ist - ob hier eine solche Änderung der Eigenart vorliegt. Dabei ist auf die Wohnanlage als Ganzes, nicht nur auf das Bauteil Treppenhaus abzustellen. Gleichwohl erscheint es denkbar, dass bei rein im Innenbereich (Treppenhaus) vorgenommenen Modernisierungsmaßnahmen die Prägung des gesamten Gebäudes geändert wird.

37

Ausweislich der zahlreichen vorgelegten Fotos des Gebäudes und des Treppenhauses (z.B. Anlagenkonvolut K 3; Anl. B 3), die der Kammer einen ausreichenden Eindruck vom Gebäude verschaffen, sowie der Visualisierung des geplanten Fahrstuhls (Bl. 164/165 d.A.; Anlagenkonvolut B 11) ist das Gebäude H.- B.-Straße ..., ... H. mit Anklängen an den Jugendstil errichtet worden. Dies betrifft die Gestaltung und die Verzierungen der Fassade und des Eingangsbereichs und Treppenhauses. Das Treppenhaus ist im Hochparterre gelegen und von der Straße über eine halbe Treppe zu erreichen, die sich in einem Windfang (geschlossener Vorraum) befindet. Der Windfang ist ein stuckverzierter Raum, der mit verzierten Bodenfliesen ausgestattet ist, die noch aus der Errichtungszeit des Hauses um 1880 stammen könnten. Durch eine große doppelflügelige Tür mit verzierten Glaselementen erfolgt der Zugang in das Treppenhaus (Foto, Bl. 24 d.A.). Dieses weist – mit Ausnahme einer Stelle, an der ein ehemals bestehender Zugang in den Keller geschlossen worden ist (vgl. Bl. 80 d.A.) – ebenfalls die alte Verfliesung auf. Aufgrund der Grundfläche des Treppenhauses entsteht der Eindruck einer gewissen Großzügigkeit. Im Bereich hinten links befindet sich ein Treppenpodest, von dem aus die gewendelte Treppe in die oberen Geschosse führt (Foto, Bl. 19 oben d.A.). Die Streben des Treppengeländers bestehen aus blumenverzierten, weiß gestrichenen Metallstreben, der Handlauf ist aus Holz (Foto, Bl. 19 unten d.A.). Das Treppenhaus weist im Dachbereich ein aus mehreren Scheiben bestehendes großes Oberlicht auf, durch das von oben Tageslicht in das Treppenhaus fällt (vgl. Foto, Bl. 21 unten d.A.).

38

Änderung der Eigenart der Wohnanlage ist jedenfalls der vollständige Wechsel von einer zur anderen Nutzung oder die vollständige Änderung des charakteristischen Aussehens als Folge einer Modernisierung. Derartige Folgen wären mit dem in dem angefochtenen Beschluss vorgesehenen Einbau eines Aufzugs nicht verbunden. Vielmehr handelt es sich hier um eine „dazwischen“ liegende Maßnahme (vgl. BeckOK WEG/Elzer, a.a.O., § 22 Rdnr. 224). Dabei ist grundsätzlich kein enger Maßstab anzulegen, will man den durch den Gesetzgeber geschaffenen Spielraum nicht unnötig einschränken (Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O., § 22 Rdnr. 178). Eine Änderung der Eigenart kann auch durch eine nachteilige Veränderung des optischen Gesamteindrucks in Betracht kommen, wozu in Abgrenzung zu § 22 Abs. 1 WEG nicht schon jede nicht ganz unerhebliche Veränderung ausreicht. Der optische Gesamteindruck muss vielmehr erheblich nachteilig beeinträchtigt sein (Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O.).

39

Dies zugrunde gelegt, würde der beabsichtigte Fahrstuhleinbau nicht zu einer Änderung der Eigenart der Wohnanlage führen. Der Fahrstuhl soll in einem gläsernen Aufzugsschacht errichtet werden, der eine Breite von 1.300 – 1.350 mm und eine Tiefe von 1.400 – 1.550 mm hat (vgl. Anl. B 6). Die 2.250 mm – 2.200 mm hohe Kabine soll weitgehend verglast sein. Das ungefähre Aussehen der Kabine ergibt sich aus den Fotos (Bl. 165/166 d.A.; Anlagenkonvolut K 11). Der Aufzug nimmt die dekorativen Elemente des übrigen Treppenhauses zwar nicht mit auf, sondern ist im Gegensatz dazu modern, nüchtern und schlicht gehalten. Gerade dies hat jedoch zur Folge, dass der Aufzug optisch so weit wie möglich in den Hintergrund tritt und das Bild des Treppenhauses nicht durch auffällige Gestaltungselemente optisch dominiert. Dies wäre anders, wenn der Fahrstuhl von Größe und Gestaltung her einen zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes eingebauten Fahrstuhl imitieren würde. Auch von der Größe des Fahrstuhlschachts und der Kabine her ist der Aufzug möglichst klein geplant, so dass Nutzer gerade noch mit einem Rollstuhl in die Kabine fahren können. Der im Treppenauge vorhandene Platz wird nicht voll durch den gläsernen Fahrstuhlschacht ausgeschöpft. Dass an den Haltestellen des Fahrstuhls das Treppengeländer entfernt werden muss, um das Ein- und Aussteigen aus der Fahrstuhlkabine zu ermöglichen, führt ebenfalls nicht zu einer Änderung der Eigenart der Wohnanlage.

40

3. Unbillige Beeinträchtigung der Kläger

41

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts führt der geplante Einbau der Aufzugsanlage nicht zu einer unbilligen Benachteiligung für die Kläger, namentlich die Erdgeschosseigentümer.

42

Für die Annahme eines unbilligen Nachteils genügt es – anders als bei § 22 Abs. 1 i.V.m. § 14 Ziff. 1 WEG – nicht schon, dass sich ein verständiger Durchschnittseigentümer nach der Verkehrsanschauung nachvollziehbar beeinträchtigt fühlen kann. Vor dem Hintergrund der von dem Gesetzgeber angestrebten Erweiterung des Gestaltungsspielraums der Wohnungseigentümer ist vielmehr von einer Ausweitung dessen auszugehen, was ein – zumal mit qualifizierter Mehrheit überstimmter – Wohnungseigentümer hinzunehmen hat. Dabei liegt es auf der Hand, dass Umstände, die zwangsläufig mit der Modernisierung verbunden sind, für sich alleine nicht zur Bejahung eines unbilligen Nachteils führen können. Unbillig sein können nur darüber hinausgehende Nachteile, die bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den mit der Modernisierung verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer zumutbarer Weise nicht abverlangt werden dürfen (BGH, Urteile vom 20.07.2018 – V ZR 56/17, Rn. 29, zitiert nach juris und vom 18.02.2011 – V ZR 82/10, NJW 2011, 1221, Rn. 12, zitiert nach juris).

43

Daher können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass Schäden durch den mit dem Fahrstuhleinbau verbundenen „massiven baulichen“ Eingriff an dem Altbau nicht auszuschließen seien, dass die vom Fahrstuhlschacht eingenommene Fläche zu einer Einschränkung der Gebrauchsmöglichkeit des gemeinschaftlichen Eigentums führe und durch das im Keller zu errichtende Fundament sowie den Technikraum der bisherige Fahrradkeller in Anspruch genommen und verkleinert sowie geteilt werde (vgl. Kellergrundriss im derzeitigen Zustand Bl. 83 d.A. und mit Einzeichnung der geplanten Veränderungen Bl. 87 f. d.A.). Diese „Nachteile“ betreffen nicht die Kläger oder bestimmte Eigentümer allein, sondern alle Wohnungseigentümer.

44

Eine unbillige Benachteiligung ergibt sich nicht aus den durch den Betrieb des Aufzugs zu erwartenden Geräuscheinwirkungen oder der Verminderung des Lichteinfalls. Grundsätzlich kann eine unbillige Beeinträchtigung eines Wohnungseigentümers gegenüber den anderen darin liegen, dass er durch die Modernisierung negative Immissionen (z.B. den Entzug von Licht) oder echte Immissionen (z.B. durch Geräusche) erfährt (Bärmann/Merle, a.a.O., § 22 Rdnr. 355; BeckOK WEG/Elzer, a.a.O., § 22 Rdnr. 237). Die Kläger machen ohne Erfolg geltend, dass sie in Bezug auf die Helligkeit und Weitläufigkeit des Treppenhauses und wegen zusätzlicher Geräusche zur Nachtzeit unbillig beeinträchtigt würden, zumal die Planung vorsehe, für den Fahrstuhl immer das Erdgeschoss als Standhaltestelle zu wählen und die Übertragung von Körperschall durch die Aufzugsanlage über die Wände zu befürchten sei.

45

Auch wenn sich die Wohnungen der Kläger zu 1) und 2) im 1. Obergeschoss des Gebäudes und die Wohnungen der Klägerin zu 3) und des Klägers zu 4) im Hochparterre befinden (vgl. Grundriss des Erdgeschosses, Bl. 27 d.A.: Wohnung Nr. 3: Klägerin zu 3) [von D.]; Wohnung Nr. 1: Kläger zu 4) [T.]), ist zu berücksichtigen, dass es dem nachträglichen Einbau eines Fahrstuhls in ein Treppenhaus immanent ist, dass die Weitläufigkeit des Treppenhauses durch den Fahrstuhlschacht eingeschränkt wird und die Erdgeschosseigentümer am stärksten durch Emissionen, die vom Betrieb des Fahrstuhls und dessen Benutzern ausgehen, beeinträchtigt werden. Ein Erdgeschosseigentümer kann die nachträgliche Errichtung eines Aufzuges daher nicht schon deshalb verhindern, weil ihm kein Nutzungsvorteil daraus zufließt, er aber von den Emissionen (Geräusche beim Zusteigen und Aussteigen, Schließen der Fahrstuhltür, Fahrgeräusche wegen der größten Nähe zum Antrieb) am meisten betroffen ist. Wäre dies so, wäre ein nachträglicher Fahrstuhleinbau per se gegen den Willen des Erdgeschosseigentümers ausgeschlossen. Dies widerspräche aber dem vom Gesetzgeber mit § 22 Abs. 2 WEG verfolgt Zweck.

46

Aus dem Lichtentzug ergibt sich keine Unbilligkeit des Fahrstuhleinbaus für die Kläger. So erscheint es bereits zweifelhaft, ob es überhaupt zu einer nennenswerten Verdunkelung kommt, wenn sich der Fahrstuhl in seiner Standhaltestelle im Erdgeschoss befindet, weil der Aufzugsschacht gläsern und damit transparent ist. Eine nennenswerte Verdunkelung ist nicht zu besorgen. Dies gilt umso mehr für die Kläger zu 1) und 2), die ihr Sondereigentum im 1. Obergeschoss haben. Zudem ist zu berücksichtigen, dass es nicht etwa zu einer Verschattung des Sondereigentums der Kläger kommt, weil deren Wohnungen nicht über Fenster zum gemeinschaftlichen Flur verfügen. Bei dem Bereich vor den Wohnungstüren handelt es sich um Gemeinschaftseigentum. Eine Verdunkelung des Treppenhauses wird gerade dadurch vermieden, dass sich die Standhaltestelle des Fahrkorbs im Erdgeschoss befindet, dieser also nicht über einen längeren Zeitraum hinweg als „dunkler Kasten“ zwischen dem Erdgeschoss und dem Oberlicht mitten im Treppenhaus hängt. Zudem sind die Kläger der Messung der Lichtstärke durch die Berufungsklägerin W. nicht in erheblicher Weise entgegen getreten, wonach das Tageslicht vor der Wohnungstür der Klägerin zu 3) im Wesentlichen durch die Eingangstür dringt (vgl. Anl. B 10). Insoweit wird auch der Klägerin zu 3) nicht etwa die einzige oder hauptsächliche Lichtquelle im Bereich des Treppenhauses vor ihrer Wohnungseingangstür entzogen.

47

Der freie Raum im Treppenhaus vor der Eingangstür zur Wohnung der Klägerin zu 3) wird zwar durch den Fahrstuhlschacht verengt (vgl. Grundriss des Erdgeschosses, Bl. 27 d.A.). Es verbleibt dort jedoch ein freier Raum von ca. 1,45 m (vgl. Anl. B 3). Die Treppenläufe haben eine Breite von 1,26 m, so dass jedenfalls deutlich mehr als dieser Platz zur Verfügung steht. Diese Beeinträchtigung stellt kein unbilliges Sonderopfer der Klägerin zu 3) dar, zumal die Kläger nicht dargetan haben, dass die Zugänglichkeit des Sondereigentums der Klägerin zu 3) mit sperrigen Gütern nicht mehr gewährleistet wäre. Dass der Fahrstuhlschacht auch an anderer Stelle im Treppenhaus (mithin nicht im Treppenauge) errichtet werden könnte, behaupten die Kläger selbst nicht.

48

In Bezug auf die befürchteten Lärmemissionen haben die Kläger nicht dargetan, dass es gegenüber der von den Beklagten ausgewählten Aufzugsanlage (Hydraulikaufzug mit separatem Maschinenraum im Keller) eine leisere Antriebsvariante für Aufzüge gibt. Einen völlig geräuschlosen Fahrstuhl gibt es nicht. Die Geräuschentwicklung von weniger als 52 dB erscheint nicht so hoch, dass den Erdgeschosseigentümern damit in treuwidriger Art und Weise ein Sonderopfer abverlangt würde. Der Technikraum mit dem Hydraulikantrieb liegt nicht direkt unter einer der Erdgeschosswohnungen. Dass es zu einer Übertragung von Körperschall über das Mauerwerk in die Erdgeschosswohnungen kommen könnte, ist von den Klägern durch nichts belegt worden, sondern stellt eine nicht mit konkreten Tatsachen unterlegte Vermutung dar.

49

Der Auffassung des Amtsgerichts, dass die von ihm angenommene unbillige Beeinträchtigung der Kläger nur durch eine finanzielle Kompensation hätte beseitigt werden können, ist nicht zu folgen. Zwar kann sich ausnahmsweise auch durch die Kosten der Modernisierungsmaßnahme eine unbillige Beeinträchtigung ergeben (Bärmann/Merle, a.a.O., § 22 Rdnr. 356). Dies spielt im vorliegenden Fall jedoch keine Rolle, da die Kläger zu 3) und 4) von vornherein nicht mit an den Kosten der Aufzugsanlage beteiligt werden sollen und die Kläger zu 1) und 2) nach Ziff. 6 des angefochtenen Beschlusses zumindest die Möglichkeit haben, ihre Beteiligung an der Finanzierung und Nutzung der Aufzugsanlage abzulehnen.

50

Allerdings kann eine unbillige Beeinträchtigung im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG nicht dadurch „ausgeglichen“ oder ungeschehen gemacht werden, dass den betroffenen Eigentümern ein finanzieller Ausgleich gezahlt wird. Insbesondere kann dem unbillig beeinträchtigten Eigentümer sein Sonderopfer nicht gegen seinen Willen „abgekauft“ werden. Der Bundesgerichtshof hat zu baulichen Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG entschieden, dass ein Nachteil im Sinne von § 14 Ziff. 1 WEG nicht aufgrund einer von dem auf Rückbau in Anspruch genommenen Wohnungseigentümer angebotenen Kompensation entfällt; diese kann nur als Mittel dienen, um die anderen Wohnungseigentümer zu der Erteilung der erforderlichen Zustimmung zu bewegen (BGH, Urteil vom 07.02.2014 – V ZR 25/13, NJW 2014, 1090, Rn. 12, zitiert nach juris). Dies gilt hier entsprechend.

51

Soweit die Berufungskläger geltend machen, dass auch berücksichtigt werden müsse, dass zumindest einer von ihnen wegen Alters und Gebrechlichkeit sein Wohnungseigentum verkaufen müsse, wenn der Fahrstuhl nicht eingebaut werde, so ist auch dieser Aspekt im Rahmen der zu treffenden Gesamtabwägung (vgl. Bärmann/Merle, a.a.O., § 22 Rdnr. 354) zu berücksichtigen. Ebenfalls sind die von der Mehrheit mit der Modernisierung verfolgten Ziele zu berücksichtigen. Die Beklagten machen geltend, dass 9 von 16 ständigen Bewohnern bereits über 60 Jahre alt seien und es ihnen darum gehe, sich die Möglichkeit, in ihrem Sondereigentum wohnen zu bleiben, auch in höherem Alter erhalten zu wollen. Ein Miteigentümer, der bereits über 80 Jahre alt sei, könne sein Sondereigentum nur mit äußerster Kraftanstrengung und auch nur an „guten Tagen“ verlassen. Dabei handelt es sich um nachvollziehbare Motive einer älter werdenden Bewohnerschaft. Die Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Parteien bilden, ist von einer hohen Quote von Eigentümern geprägt, die ihr Wohnungseigentum selbst nutzen. Dies hat das Amtsgericht verkannt. Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass der BGH mit Urteil vom 13.01.2017 – V ZR 96/16 entschieden hat, dass der nachträgliche Einbau eines Personenaufzugs durch einen Wohnungseigentümer auf eigene Kosten grundsätzlich nur mit Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer erfolgen kann, weil dies in aller Regel - anders als etwa der Einbau eines Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe - auch dann einen Nachteil im Sinne von § 22 Abs. 1 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG für die übrigen Wohnungseigentümer begründet, wenn der bauwillige Wohnungseigentümer aufgrund einer Gehbehinderung auf den Aufzug angewiesen ist, um seine Wohnung zu erreichen. Dieser Entscheidung lag ein anderer Sachverhalt zu Grunde, da dort die gem. § 22 Abs. 2 WEG erforderliche doppelt qualifizierte Mehrheit nicht erreicht worden und das Vorhaben des bauwilligen Wohnungseigentümers an § 22 Abs. 1 WEG zu messen war. Demgegenüber liegt die erforderliche doppelt qualifizierte Mehrheit hier vor, sodass das geplante Vorhaben an den Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 WEG zu messen ist.

52

Unter Abwägung aller vorgenannten Umstände verneint die Kammer eine unbillige Beeinträchtigung für die Kläger durch den geplanten Fahrstuhleinbau.

53

4. Fehlende umfassende Bestandsaufnahme vor der Beschlussfassung

54

Zu Unrecht hat das Amtsgericht seine Entscheidung darauf gestützt, dass es an einer umfassenden Bestandsaufnahme vor der Beschlussfassung gefehlt habe. Der angefochtene Beschluss widerspricht nicht wegen eines Defizits bei der Klärung der Grundlagen für den Fahrstuhleinbau ordnungsgemäßer Verwaltung.

55

Dem Einwand der Berufungskläger, dass die Kläger dies innerhalb der Klagebegründungsfrist nicht gerügt hätten, folgt die Kammer nur insoweit, wie das Amtsgericht gefordert hat, dass ein Gutachten über die Minimierung der möglichen Beeinträchtigungen durch Geräusche, Vibrationen, Raumforderung und Lichtentzug hätte eingeholt werden müssen. Im Übrigen weisen die Kläger zur Recht darauf hin, dass sie in der Klagebegründung im wesentlichen tatsächlichen Kern gerügt haben, dass die Grundlagen für den Fahrstuhleinbau nicht hinreichend geklärt seien (vgl. etwa Seite 2 der Klagebegründung im ersten Absatz, Bl. 13 d.A.: „Für den Einbau der Aufzugsanlage muss der Bodenbereich geöffnet werden und es ist eine 5 – 6 m tiefe Kernbohrung erforderlich, ob dies keine Auswirkungen auf das Fundament hat, ist nicht absehbar. Möglich ist, dass Grundwasser in den Keller eindringt. Eine Prüfung insoweit ist nicht erfolgt. Es fehlt auch eine statische Prüfung, es steht nicht fest, ob die Tragfähigkeit des Gebäudes überhaupt den Einbau der geplanten Aufzugsanlage zulässt.“ Seite 2 unten bzw. Seite 3 oben in der Klagebegründung, Bl. 13 f. d.A.: „Hinzu kommt, dass erhebliche Eingriffe ins Gemeinschaftseigentum erfolgen. Die Auswirkungen der Kernbohrung auf das Fundament können massiv sein. Z.B. bleibende Fundamentschäden und Setzrisse können nicht ausgeschlossen werden. Wassereinbrüche im Keller sind möglich, eine Prüfung der Gefahren fand zumindest bisher nicht statt.“ Seite 3 im dritten Absatz der Klagebegründung, Bl. 14 d.A.: „Alle ggf. notwendigen baulichen Maßnahmen sind nicht abschließend geklärt, so ist z.B. bisher unbekannt, ob eine Schachtentrauchungs-Anlage notwendig ist. Hinsichtlich der Statik gibt es keine abschließende Aussage. Es ist nicht geklärt, ob Grundwasser in den Keller eindringen kann. Welche Folgen mit dem Einbau einer solchen Anlage verbunden sind, ist unbekannt und nicht absehbar. Eine ordnungsgemäße Planung hätte alle diese Risiken vorab geklärt.“). Dass die Kläger nicht ausdrücklich das Fehlen eines Sachverständigengutachtens gerügt haben, ist unerheblich.

56

Das Amtsgericht hat hier zu Unrecht einen „erst-recht-Schluss“ zu Instandsetzungsmaßnahmen (§ 21 Abs. 5 Ziff. 2 WEG) gezogen. Grundsätzlich gilt zwar, dass sich die Wohnungseigentümer nur dann im Rahmen des ihnen in Bezug auf Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zustehenden Beurteilungsspielraums halten, wenn sie ihre Entscheidung auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage treffen. Es entspricht daher regelmäßig ordnungsmäßiger Verwaltung, vor der Beschlussfassung über Instandsetzungsmaßnahmen deren erforderlichen Umfang und den dafür erforderlichen Aufwand zu ermitteln (BGH, Beschluss vom 14.03.2018 – V ZB 131/17, Rn. 14, zitiert nach juris; OLG Hamm, Beschluss vom 18.09.2006 – 15 W 88/06, ZMR 2007, 131, Rn. 28, zitiert nach juris; Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O., § 21 Rdnr. 73). Dies geht jedoch nicht so weit, im Rahmen des Planungs- und Entscheidungsprozesses jedes abstrakte Risiko oder jede denkbare Eventualität einer umfassenden gutachterlichen Prüfung zu unterziehen, bevor eine Modernisierungsmaßnahme beschlossen wird.

57

Bei einer Modernisierungsmaßnahme geht es zudem nicht um die Beseitigung eines Mangels, sondern diese erfolgt gerade unabhängig von einem Instandsetzungsbedarf. Letztlich kann man zwar die Frage aufwerfen, ob ein Modernisierungsbeschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, wenn die Wohnungseigentümer ohne vorherige Konsultierung von Fachleuten Modernisierungsmaßnahmen beschließen, deren Realisierbarkeit zweifelhaft und nicht ansatzweise geklärt ist. Im vorliegenden Fall sind keine konkreten Umstände ersichtlich, die die Realisierbarkeit des Vorhabens ernsthaft in Frage stellen. Auch die beiden Fachunternehmen für Aufzugsbau, die Angebote abgegeben habe, haben keine grundsätzlichen Bedenken geäußert, die einer Realisierung zwingend entgegenstehen und dringend vor der Realisierung geklärt werden müssten. Zu Recht weisen die Berufungskläger darauf hin, dass es sich bei dem Fahrstuhl um ein „Standardprodukt“ handele und es daher ausreichend sei, dass der angefochtene Beschluss die Erstellung einer Statik und Einholung einer Baugenehmigung vorsehe. Der Vortrag der Kläger zu statischen Bedenken und der Gefahr des Eindringens von Grundwasser ist pauschal, beinhaltet keine konkreten Tatsachen, auf die sich die Bedenken stützen (z.B. bestimmte statische Schwachpunkte des Gebäudes, ein bekannt hoher Grundwasserstand), sondern beschränkt sich auf nicht näher begründete Befürchtungen und Mutmaßungen. Auch wenn sich aus dem Angebot der Fa. L. vom 28.05.2014 (Anlagenkonvolut B 15) ergibt, dass evtl. eine Ausnahmegenehmigung für das Stahlschachtgerüst in Abweichung von der Landesbauordnung (LBO) beantragt werden müsse, und in dem Alternativ-Angebot der Fa. L. vom 25.06.2014 (Bl. 516 d.A.) darauf hingewiesen wird, dass zu prüfen sei, ob in dem Bereich das Grundwasser hoch sei, so dass nicht die Situation entstehen könne, dass bei Öffnung des Kellerbodens eventuell Wasser in die Kelleretage eindringe und dies der separaten Prüfung bedürfe, handelt es sich hierbei um übliche Abläufe im Rahmen einer größeren Baumaßnahme, die kein konkretes Risiko erkennen lassen, die das Projekt insgesamt in Frage stellen oder gefährden könnten.

58

Die Kammer hat es mit Urteil vom 18.10.2017 – 318 S 24/17 hinsichtlich einer Instandsetzungsmaßnahme nicht beanstandet, dass die Statik und Baugenehmigung bei einer Balkonerneuerung erst nach Beschlussfassung erfolgen sollten. Auch der dortige Kläger hatte keine konkreten Anhaltspunkte dafür dargelegt, dass und warum statische Probleme bei der geplanten Neuerrichtung der Balkone bestehen könnten und/oder die Erteilung der einzuholenden Baugenehmigung gefährdet gewesen sein könnte. Vor diesem Hintergrund war es nicht zu beanstanden, dass die Wohnungseigentümer nicht in einem ersten Schritt die Statik erstellen und prüfen ließen und die Baugenehmigung eingeholt hatten, sondern die Aufträge für die Erstellung der Statik und die Durchführung der Balkonerneuerung in einem Beschluss miteinander verbunden hatten. Auch im vorliegenden Fall haben die Kläger nicht konkret vorgetragen, warum die geplante Aufzugsanlage nicht genehmigungsfähig sein könnte, welche konkreten statischen Bedenken der geplanten Fundamentöffnung von 800 x 800 mm entgegenstehen oder welche Umstände (hoher Grundwasserstand, Durchfeuchtungen in der Vergangenheit?) das Eindringen von Wasser den Keller nahelegen.

59

5. Unzulässige Delegation von Entscheidungskompetenzen der Eigentümerversammlung auf den Verwalter und den Beirat

60

Zu Recht hat das Amtsgericht den Beschluss aber aufgrund der in Ziff. 9 enthaltenen Regelung für ungültig erklärt, da diese eine zu weitgehende Delegation von Entscheidungskompetenzen der Eigentümerversammlung auf den Verwalter und den Beirat enthält.

61

Die Wohnungseigentümer müssen die notwendigen Entscheidungen über das „Ob“ und das „Wie“ von Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums selbst treffen (LG München I, ZMR 2017, 504, Rn. 54, zitiert nach juris) und können diese Entscheidungskompetenz nur durch Vereinbarung (§ 10 Abs. 2 Satz 1 WEG), nicht aber durch Mehrheitsbeschluss auf den Verwaltungsbeirat oder den Verwalter übertragen. Ein gleichwohl gefasster Mehrheitsbeschluss ist wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig (Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O., § 21 Rdnr. 72; Bärmann/Merle, a.a.O., § 21 Rdnr. 107; BeckOK WEG/Elzer, 34. Edition, Stand: 02.04.2018, § 21 Rdnr. 15; Jennißen/Jennißen, a.a.O., § 21 Rdnr. 74 jeweils mit m.w.N.). Die Kammer teilt die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung, dass eine Übertragung von Entscheidungskompetenzen der Eigentümerversammlung auf den Verwalter jedoch in bestimmten engen Grenzen zulässig ist, wenn die Ermächtigung zu einem begrenzten und für den einzelnen Wohnungseigentümer überschaubaren finanziellen Risiko führt und die grundsätzliche Verantwortlichkeit für den Beschluss solcher Maßnahmen bei der Eigentümerversammlung belässt (Kammer, Urteile vom 21.10.2015 – 318 S 3/15, ZMR 2016, 135, Rn. 48, zitiert nach juris und vom 12.11.2014 – 318 S 74/14, ZMR 2015, 143, Rn. 36, zitiert nach juris jeweils m.w.N.; Urteil vom 17.01.2018 – 318 S 33/17 (n.v.); LG Itzehoe, Urteil vom 01.07.2014 – 11 S 10/13, ZMR 2014, 915, Rn. 7, zitiert nach juris; LG Dortmund, Urteil vom 21.04.2015 – 1 S 445/14, ZMR 2015, 777, Rn. 7, zitiert nach juris; Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O.; Bärmann/Merle, a.a.O.; Jennißen/Jennißen, a.a.O.; a.A. BeckOK WEG/Elzer, a.a.O., § 21 Rdnr. 16).

62

Diese engen Grenzen sind hier überschritten. Der angefochtene Beschluss sieht vor, dass mit dem Einbau der Aufzugsanlage das Unternehmen L. Aufzüge auf der Grundlage des als Anlage 3 der Tagesordnung beigefügten Angebots vom 28.05.2014 mit Aktualisierungen vom 25.06.2014, 18.08.2014 und 08.09.2014 oder das Unternehmen C. D. auf der Grundlage seines als Anlage 4 beigefügten Angebots vom 12.07.2013 mit Aktualisierungen vom 07.08.2014 beauftragt werden soll. Die Entscheidung zwischen den beiden Anbietern wurde dem WEG-Verwalter zusammen mit dem Beirat übertragen. Die Auftragsvergabe sollte nach Eingang aller beschlossenen Sonderumlagen durch den Verwalter zusammen mit den Mitgliedern des Beirats, Herrn J. M. und Frau B. W. in dem voranstehend unter Ziff. 5 beschlossenen Kostenrahmen (Anl. K 1, Bl. 7 d.A.) erfolgen. Damit hat sich die Eigentümerversammlung der Entscheidung, welches Unternehmen mit dem Einbau der Fahrstuhlanlage beauftragt wird, begeben.

63

Objektiv beinhaltete der Beschluss keinerlei Vorgabe an den WEG-Verwalter, welches der beiden Angebote beauftragt werden sollte. Die beiden in Rede stehenden Angebote der Fa. L. und der Fa. C. D. waren hinsichtlich der Aufzugsanlage auch nicht etwa völlig vergleichbar in dem Sinne, dass sie auf demselben Leistungsverzeichnis beruhten und dasselbe Produkt anboten. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Vergleich der beiden Angebote (Anl. B 14 und B 15), sondern bereits aus dem Vergleich der Anbieterübersicht (Anl. B 6). Mögen beide Angebote von den Gesamtkosten her auch gemessen am Auftragsvolumen nicht weit auseinander gelegen haben, so handelte es sich entgegen der Auffassung der Berufungskläger nicht um eine untergeordnete Detailentscheidung, ob eine Kabine mit Belastung 480 kg oder 300 kg bestellt werden sollte oder ob hinsichtlich der unterschiedlichen Schachtbreite eher dem einen oder dem anderen Anbieter der Vorzug gegeben werden sollte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Gegenstand der Beauftragung ein Auftragsvolumen von über € 220.000,00 war. Dies stellt kein „überschaubares finanzielles Risiko“ mehr dar. Bei einem derartig großen finanziellen Volumen kommt auch der Frage, welchem Fachunternehmen der Auftrag erteilt wird, erhöhte Bedeutung zu.

64

6. Unwirksame Einräumung eines Sondernutzungsrechts durch Mehrheitsbeschluss

65

Der angefochtene Beschluss ist zudem nichtig, weil er in der Sache auf eine unwirksame Einräumung eines Sondernutzungsrechts an Teilen des Gemeinschaftseigentums durch Mehrheitsbeschluss hinausläuft. Da es sich hierbei um einen Nichtigkeitsgrund handelt, kommt es nicht darauf an, ob die Kläger diesen innerhalb der Klagebegründungsfrist gerügt haben.

66

Soll der einzubauende Personenaufzug - wie hier - nur einzelnen bau- und zahlungswilligen Wohnungseigentümern zur Verfügung stehen, wird diesen ein Sondernutzungsrecht an dem für den Einbau vorgesehenen Treppenhausteil eingeräumt (so auch LG München, ZWE 2015, 139, 141; ähnlich AG Ahrensburg, ZWE 2015, 38 f.: unzulässige Bildung einer Untergemeinschaft). Die übrigen Wohnungseigentümer werden insoweit entgegen § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG von dem Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 13.01.2017 – V ZR 96/16, ZMR 2017, 319, Rn. 32, zitiert nach juris). Die Fläche im Hausflur im Erdgeschoss, die vom Aufzugsschacht in Anspruch genommen wird, ist derzeit für alle Wohnungseigentümer frei zugänglich.

67

Der angefochtene Beschluss sieht zwar von vornherein keine Zahlungsverpflichtung der vier Eigentümer der Erdgeschoss- und Souterrainwohnungen vor und enthält keine ausdrückliche Regelung, dass diese nicht berechtigt sein sollen, den Aufzug zu nutzen (etwa für einen Besuch bei einem Eigentümer in einem der oberen Stockwerke). Allerdings sieht Ziff. 6 des Beschlusses vor, dass die übrigen Eigentümer grundsätzlich eine Zahlungsverpflichtung trifft, jedoch jedem Wohnungseigentümer die Möglichkeit eingeräumt werde zu erklären, dass er an der Finanzierung der Aufzugsanlage und an deren Nutzung nicht teilnehmen werde. Nach Ziff. 8 des Beschlusses kann ein Miteigentümer, der von seiner Austrittsbefugnis Gebrauch gemacht hatte und daher nicht zur Benutzung der Aufzugsanlage berechtigt war, das Recht auf Mitbenutzung jederzeit durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Verwalter dadurch erwerben, dass er den aus Anlage 1 für ihn festgelegten Zahlungsbetrag an den WEG-Verwalter zahlt. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass das Recht zur Mitbenutzung erst nach Zahlung des Kostenanteils bestehen soll. Ohne entsprechende Kostenbeteiligung wird den Klägern zu 1) und 2) der Mitgebrauch am Gemeinschaftseigentum entzogen.

68

7. Unwirksame Kostenregelung im Sinne von § 16 Abs. 4 WEG für zukünftige Kosten der Instandsetzung und Instandhaltung der Aufzugsanlage

69

Mit Erfolg wenden die Kläger gegen den von ihnen angefochtenen Beschluss ein, dass sie durch den Beschluss nicht wirksam auch von zukünftigen Kosten der Aufzugsanlage hätten befreit werden können, zumal der Beschluss durch einen Zweitbeschluss geändert werden könnte.

70

Die Regelung des § 16 Abs. 4 WEG findet grundsätzlich auch auf Modernisierungsmaßnahmen im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG Anwendung. Die Kammer hat mit Urteil vom 04.03.2016 – 318 S 109/15 (ZMR 2016, 484) entschieden, dass § 16 Abs. 4 WEG bei baulichen Veränderungen nicht eine dauerhafte abweichende Kostenverteilung ermöglichen soll und dem auch nicht entgegensteht, dass der Bauwillige der Kostenübernahme zugestimmt hat (Kammer, a.a.O., Rn. 33 ff., zitiert nach juris). Der BGH hat diese Frage in seiner Revisionsentscheidung offen gelassen (Urteil vom 28.10.2016 – V ZR 91/16, NJW 2017, 1167). Die Kammer bleibt bei ihrer Rechtsauffassung (siehe auch LG München I, Urteil vom 23.06.2014 – 1 S 13821/13, ZMR 2014, 920, Rn. 14 ff., zitiert nach juris; BeckOK WEG/Bartholome, 34. Edition, Stand: 02.04.2018, § 16 Rdnr. 186 ff. m.w.N.; Staudinger/Kreuzer, BGB, Neubearbeitung 2018, § 16 WEG Rdnr. 83). Selbst Becker (in Bärmann, a.a.O., § 16 Rdnr. 132) räumt ein, dass es den Wohnungseigentümern nach § 16 Abs. 4 WEG „womöglich“ verwehrt sei, die künftig anfallenden Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten der Aufzugsanlage vorab generell auf diejenigen zu verteilen, denen die Gebrauchsmöglichkeit zugewiesen ist, will dieses Ergebnis aber aus Praktikabilitätsgesichtspunkten aufgrund einer an Sinn und Zweck orientierten Auslegung des § 16 Abs. 4 WEG nicht anerkennen. Dies vermag die Kammer nach wie vor nicht zu überzeugen.

71

Die Wohnungseigentümer können für eine nachträglich einzubauende Fahrstuhlanlage bestimmte Miteigentümer, die sich nicht an den Kosten beteiligen wollen, nur von den Errichtungskosten (durch einen Beschluss gem. § 16 Abs. 4 WEG) und den laufenden Betriebskosten (durch einen Beschluss gem. § 16 Abs. 3 WEG) befreien, nicht aber für irgendwann in der Zukunft in Bezug auf die Fahrstuhlanlage anfallenden Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten. Dies kann nur durch eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer erfolgen.

8.

72

Die vorgenannten Nichtigkeits- und Unwirksamkeitsgründe führen dazu, dass der Beschluss insgesamt für ungültig zu erklären ist.

73

Auf Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung findet die gesetzliche Regelung des § 139 BGB entsprechende Anwendung. Zwar kann ein Beschluss grundsätzlich auch nur teilweise für ungültig erklärt werden. Dies ist aber nicht der Fall, wenn der unbeanstandet gebliebene Teil nicht sinnvollerweise auch allein Bestand haben kann und nicht anzunehmen ist, dass ihn die Wohnungseigentümergemeinschaft so beschlossen hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 10.09.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, Rn. 23, zitiert nach juris). Das Gericht ist im Beschlussanfechtungsverfahren nicht befugt, die im Beschluss getroffene Regelung inhaltlich zu ändern, oder durch geeignet erscheinende andere Maßnahmen zu ergänzen oder zu ersetzen. Vielmehr hat es sich auf die Ungültigerklärung des angefochtenen Beschlusses zu beschränken (BGH, Urteil vom 19.10.2012 – V ZR 233/11, ZMR 2013, 212, Rn. 9, zitiert nach juris; Kammer, Urteil vom 11.03.2015 – 318 S 133/14, ZMR 2015, 784, Rn. 32, zitiert nach juris).

74

Im vorliegenden Fall handelte es sich bei dem auf der Eigentümerversammlung vom 08.10.2014 zu TOP 07 gefassten Beschluss um eine ausdifferenzierte Gesamtregelung. Insbesondere im Hinblick auf die Kostenregelung kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Wohnungseigentümer den Beschluss auch ohne den unwirksamen Teil beschlossen hätten. Vielmehr stellt der Beschluss eine „Gesamtpaket“ dar, dessen Unterteilung in wirksame und unwirksame Abschnitte sich verbietet.

9.

75

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

76

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist § 709 Satz 1 und 2 ZPO zu entnehmen.

77

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zwar würden diese Voraussetzungen vorliegen in Bezug auf die Reichweite von Beschlüssen gem. § 16 Abs. 4 WEG und deren Erstreckung auch auf zukünftige Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten. Wegen dieser Frage hatte die Kammer bereits in ihrem Urteil vom 04.03.2016 – 318 S 109/15 (ZMR 2016, 484) die Revision zugelassen. Diese Frage ist jedoch im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich, weil die Berufung der Kläger auch dann keinen Erfolg gehabt hätte, wenn das Gericht insoweit der Gegenauffassung gefolgt wäre.

78

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren richtet sich nach § 49a Abs. 1 GKG.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 139 Teilnichtigkeit


Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 10 Allgemeine Grundsätze


(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerl

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 16 Nutzungen und Kosten


(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 14 Pflichten des Wohnungseigentümers


(1) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet, 1. die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten und2. das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses un

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 22 Wiederaufbau


Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht beschlossen oder verlangt werden.

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 13 Rechte des Wohnungseigentümers aus dem Sondereigentum


(1) Jeder Wohnungseigentümer kann, soweit nicht das Gesetz entgegensteht, mit seinem Sondereigentum nach Belieben verfahren, insbesondere dieses bewohnen, vermieten, verpachten oder in sonstiger Weise nutzen, und andere von Einwirkungen ausschließen.

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 25 Beschlussfassung


(1) Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. (2) Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme. Steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, so können sie das Stimmrecht nur einheitlich ausüben. (3) Vo

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 2 Arten der Begründung


Wohnungseigentum wird durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum (§ 3) oder durch Teilung (§ 8) begründet.

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Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht beschlossen oder verlangt werden.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht beschlossen oder verlangt werden.

Wohnungseigentum wird durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum (§ 3) oder durch Teilung (§ 8) begründet.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

32
bb) Soll der einzubauende Personenaufzug - wie hier - nur einzelnen bau- und zahlungswilligen Wohnungseigentümern zur Verfügung stehen, wird diesen ein Sondernutzungsrecht an dem für den Einbau vorgesehenen Treppenhausteil eingeräumt (so auch LG München, ZWE 2015, 139, 141; ähnlich AG Ahrensburg, ZWE 2015, 38 f.: unzulässige Bildung einer Untergemeinschaft ). Die übrigen Wohnungseigentümer würden insoweit entgegen § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG von dem Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums ausgeschlossen. Der für den Einbau des Aufzugs vorgesehene Schacht wird nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im unteren Bereich derzeit zum Abstellen von Fahrrädern und Kinderwagen genutzt und ist zudem erforderlich, damit sperrige Gegenstände durch das Treppenhaus transportiert werden können. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich die Entstehung eines Sondernutzungsrechts nicht deshalb verneinen, weil der Aufzug nur vorübergehend eingebaut wird. Abgesehen davon, dass eine gänzliche (nicht nur turnusmäßige) Entziehung des Rechts zum Mitgebrauch ein Sondernutzungsrecht entstehen lässt (vgl. Senat, Urteil vom 8. April 2016 - V ZR 191/15, WuM 2016, 696 Rn. 10 ff., 18 ff.), ist der Einbau eines Personenaufzugs - wie oben ausgeführt - gerade nicht als temporäre Maßnahme anzusehen. Schon wegen der bereits aufgezeigten Nachteile für die übrigen Wohnungseigentümer kommt es auch nicht in Betracht, einen Anspruch auf Einräumung eines solchen Sondernutzungsrechts aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG abzuleiten.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

(1) Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

(2) Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme. Steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, so können sie das Stimmrecht nur einheitlich ausüben.

(3) Vollmachten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Textform.

(4) Ein Wohnungseigentümer ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegen ihn betrifft oder wenn er nach § 17 rechtskräftig verurteilt ist.

Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht beschlossen oder verlangt werden.

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4. Ist die Anbringung der Jalousien als Modernisierung im Sinne des § 22 Abs. 2 WEG zu qualifizieren und gelingt es den Beklagten, bis zum Schluss der neuen mündlichen Verhandlung eine Genehmigung der Wohnungseigentümer durch einen Beschluss mit der für eine Modernisierung erforderlichen Mehrheit herbeizuführen (vgl. Senat, Urteil vom 18. November 2016 - V ZR 49/16, NJW 2017, 2184 Rn. 26), stünde dies einem Erfolg der Klage nicht entgegen, wenn die Kläger durch die Maßnahme i.S.d. § 22 Abs. 2 WEG unbillig beeinträchtigt würden. Hierbei ist zu beachten, dass unbillig nur solche Nachteile sein können, die über einen Nachteil i.S.d. § 22 Abs. 1 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG hinausgehen und bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den mit der Modernisierung verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer zumutbarer Weise nicht abverlangt werden dürfen (vgl. Senat, Urteil vom 18. Februar 2011 - V ZR 82/10, NJW 2011, 1221 Rn. 12 f.).
12
(1) Für die Annahme eines unbilligen Nachteils genügt es – anders als bei § 22 Abs. 1 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG – nicht schon, dass sich ein verständiger Durchschnittseigentümer nach der Verkehrsanschauung nachvollziehbar beeinträchtigt fühlen kann (so zu § 14 Nr. 1 WEG Senat, Beschluss vom 21. Dezember 2000 - V ZB 45/00, BGHZ 146, 241, 246). Vor dem Hintergrund der von dem Gesetzgeber angestrebten Erweiterung des Gestaltungsspielraums der Wohnungseigentümer ist vielmehr von einer Ausweitung dessen auszugehen, was ein – zumal mit qualifizierter Mehrheit überstimmter – Wohnungseigentümer hinzunehmen hat (vgl. nur Timme/Elzer, aaO, § 22 Rn. 229 f. mwN). Dabei liegt es auf der Hand, dass Umstände, die zwangsläufig mit der Modernisierung verbunden sind, für sich alleine nicht zur Bejahung eines unbilligen Nachteils führen können (Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 339; vgl. auch BT-Drucks. 16/887 S. 29 f.). Unbillig sein können nur darüber hinausgehende Nachteile, die bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den mit der Modernisierung verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer zumutbarer Weise nicht abverlangt werden dürfen. Nachteile von solchem Ge- wicht zeigen die Kläger indessen nicht auf. Das gilt umso mehr, als konkrete bauliche Maßnahmen zum einen noch nicht beschlossen worden sind, diese vielmehr nach dem Beschluss zu TOP 7.2 in jedem Einzelfall von der Wohnungseigentümerversammlung – auch unter Beachtung der baurechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens – gebilligt werden müssen und zum anderen die damit einhergehenden Nachteile durch die nach § 16 Abs. 4 WEG zulässigerweise getroffene Kostenregelung noch abgemildert werden.

Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht beschlossen oder verlangt werden.

12
bb) Solche Erschwernisse bei der Fassadensanierung, die Mehrkosten verursachen können, stellen für jeden Wohnungseigentümer einen Nachteil dar. Sämtliche Außenwände stehen nämlich - wie ausgeführt - in gemeinschaftlichem Eigentum. Und weil die Teilungserklärung - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei feststellt - keine von der gesetzlichen Kompetenzzuweisung abweichende Regelung enthält (vgl. hierzu: Senat, Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 174/11, NJW 2012, 1722 Rn. 7), obliegt die Instandhaltung und Instandsetzung der Fassaden allen Wohnungseigentümern (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG). Sie haben auch die damit verbundenen Kosten zu tragen (§ 16 Abs. 2 WEG). Entgegen der Auffassung der Revision entfällt ein Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG nicht aufgrund einer von der Beklagten angebotenen Kompensation; diese kann nur als Mittel dienen, um die anderen Wohnungseigentümer zu der Erteilung der erforderlichen Zustimmung zu bewegen.
32
bb) Soll der einzubauende Personenaufzug - wie hier - nur einzelnen bau- und zahlungswilligen Wohnungseigentümern zur Verfügung stehen, wird diesen ein Sondernutzungsrecht an dem für den Einbau vorgesehenen Treppenhausteil eingeräumt (so auch LG München, ZWE 2015, 139, 141; ähnlich AG Ahrensburg, ZWE 2015, 38 f.: unzulässige Bildung einer Untergemeinschaft ). Die übrigen Wohnungseigentümer würden insoweit entgegen § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG von dem Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums ausgeschlossen. Der für den Einbau des Aufzugs vorgesehene Schacht wird nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im unteren Bereich derzeit zum Abstellen von Fahrrädern und Kinderwagen genutzt und ist zudem erforderlich, damit sperrige Gegenstände durch das Treppenhaus transportiert werden können. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich die Entstehung eines Sondernutzungsrechts nicht deshalb verneinen, weil der Aufzug nur vorübergehend eingebaut wird. Abgesehen davon, dass eine gänzliche (nicht nur turnusmäßige) Entziehung des Rechts zum Mitgebrauch ein Sondernutzungsrecht entstehen lässt (vgl. Senat, Urteil vom 8. April 2016 - V ZR 191/15, WuM 2016, 696 Rn. 10 ff., 18 ff.), ist der Einbau eines Personenaufzugs - wie oben ausgeführt - gerade nicht als temporäre Maßnahme anzusehen. Schon wegen der bereits aufgezeigten Nachteile für die übrigen Wohnungseigentümer kommt es auch nicht in Betracht, einen Anspruch auf Einräumung eines solchen Sondernutzungsrechts aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG abzuleiten.

(1) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet,

1.
die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten und
2.
das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, die den Vereinbarungen oder Beschlüssen entsprechen oder, wenn keine entsprechenden Vereinbarungen oder Beschlüsse bestehen, aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst.

(2) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet,

1.
deren Sondereigentum nicht über das in Absatz 1 Nummer 2 bestimmte Maß hinaus zu beeinträchtigen und
2.
Einwirkungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Nummer 2 zu dulden.

(3) Hat der Wohnungseigentümer eine Einwirkung zu dulden, die über das zumutbare Maß hinausgeht, kann er einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen.

Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht beschlossen oder verlangt werden.

14
aa) Richtig ist zwar, dass zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung, die ein einzelner Wohnungseigentümer gemäß § 21 Abs. 4 WEG verlangen kann und die nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums umfasst (vgl. Senat, Urteil vom 23. Juni 2017 - V ZR 102/16, ZWE 2017, 367 Rn. 7), auch die Vorbereitung der erforderlichen Maßnahmen gehört. Die Wohnungseigentümer halten sich nämlich nur dann im Rahmen des ihnen in Bezug auf Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zustehenden Beurteilungsspielraums, wenn sie ihre Entscheidung auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage treffen (vgl. Senat, Urteil vom 22. Juni 2012- V ZR 190/11, NJW 2012, 3175 Rn. 19, 21 zur Verwalterbestellung ; Schmidt-Räntsch, ZWE 2013, 429, 437). Es entspricht daher regelmäßig ordnungsmäßiger Verwaltung, vor der Beschlussfassung über Instandsetzungsmaßnahmen deren erforderlichen Umfang und den dafür erforderlichen Aufwand zu ermitteln (vgl. BayObLG, NZM 1999, 280; OLGR München 2006, 330; OLGR Hamm 2007, 430, 432; Vandenhouten in Niedenführ/ Vandenhouten, WEG, 12. Aufl., § 21 Rn. 73; Bärmann/Merle, WEG, 13. Aufl., § 21 Rn. 112 a).

(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.

(2) Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.

(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts C vom 16.10.2014 -Az.: 20 C ##/##- teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 28.06.2013 unter TOP 10 (Beratung und Beschlussfassung über die weitere Vorgehensweise hinsichtlich der Feuchtigkeits- und Schimmelschäden) nichtig ist.

Im Übrigen werden die Klage ab- und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 63 Prozent und die Beklagten zu 37 Prozent. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


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(1) Jeder Wohnungseigentümer kann, soweit nicht das Gesetz entgegensteht, mit seinem Sondereigentum nach Belieben verfahren, insbesondere dieses bewohnen, vermieten, verpachten oder in sonstiger Weise nutzen, und andere von Einwirkungen ausschließen.

(2) Für Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung (Erhaltung) des Sondereigentums hinausgehen, gilt § 20 mit der Maßgabe entsprechend, dass es keiner Gestattung bedarf, soweit keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.

32
bb) Soll der einzubauende Personenaufzug - wie hier - nur einzelnen bau- und zahlungswilligen Wohnungseigentümern zur Verfügung stehen, wird diesen ein Sondernutzungsrecht an dem für den Einbau vorgesehenen Treppenhausteil eingeräumt (so auch LG München, ZWE 2015, 139, 141; ähnlich AG Ahrensburg, ZWE 2015, 38 f.: unzulässige Bildung einer Untergemeinschaft ). Die übrigen Wohnungseigentümer würden insoweit entgegen § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG von dem Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums ausgeschlossen. Der für den Einbau des Aufzugs vorgesehene Schacht wird nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im unteren Bereich derzeit zum Abstellen von Fahrrädern und Kinderwagen genutzt und ist zudem erforderlich, damit sperrige Gegenstände durch das Treppenhaus transportiert werden können. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich die Entstehung eines Sondernutzungsrechts nicht deshalb verneinen, weil der Aufzug nur vorübergehend eingebaut wird. Abgesehen davon, dass eine gänzliche (nicht nur turnusmäßige) Entziehung des Rechts zum Mitgebrauch ein Sondernutzungsrecht entstehen lässt (vgl. Senat, Urteil vom 8. April 2016 - V ZR 191/15, WuM 2016, 696 Rn. 10 ff., 18 ff.), ist der Einbau eines Personenaufzugs - wie oben ausgeführt - gerade nicht als temporäre Maßnahme anzusehen. Schon wegen der bereits aufgezeigten Nachteile für die übrigen Wohnungseigentümer kommt es auch nicht in Betracht, einen Anspruch auf Einräumung eines solchen Sondernutzungsrechts aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG abzuleiten.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht beschlossen oder verlangt werden.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 07.10.2015, Az. 539 C 13/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 07.10.2015, Az. 539 C 13/15, ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf € 10.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Parteien bilden die WEG J... Allee ..., (PLZ)H... Sie streiten um die Wirksamkeit der auf der Eigentümerversammlung vom 09.04.2015 zu TOP 5.1, 6.1 und 6.2 gefassten Beschlüsse (Protokoll: Anl. B 2, Bl. 49 R / 50 d.A.).

2

Mit dem Mehrheitsbeschluss zu TOP 5.1 wurde dem Beklagten C. L. (WE 1) gestattet, die auf seiner Sondernutzungsfläche vorhandene Terrasse zu vergrößern und die umliegenden Bereiche in bestimmter Weise gärtnerisch zu gestalten. Die Kosten der Herstellung und der künftigen Instandhaltung sollte der Beklagte L. tragen. Mit dem allstimmigen Beschluss zu TOP 6.1 wurde den Eigentümern des WE 2, den Beklagten B. und Dr. A. R., gestattet, ihre Sondernutzungsfläche mit einer zusätzlichen Terrasse zu bebauen. Die Kosten der Herstellung und der künftigen Instandhaltung sollten die Beklagten R. tragen. Mit dem allstimmigen Beschluss zu TOP 6.2 wurde den Eigentümern des WE 2 auf ihrer Sondernutzungsfläche die Vornahme einer Abgrabung vor den Fenstern des Hobbyraums 2 ihres Sondereigentums gestattet. Die Kosten der Herstellung und der künftigen Instandhaltung sollten die Beklagten R. tragen.

3

Der Teilungsvertrag (Anl. K 1, Bl. 17 ff. d.A.) enthält in § 7 Abs. 1 Satz 2 die folgende Regelung: „Für die Instandhaltung der ausschließlich ihrem Sondernutzungsrecht unterliegenden Flächen, Anlagen und Einrichtungen haben die jeweils berechtigten Sondereigentümer zu sorgen.“ In § 8 des Teilungsvertrages ist die Kosten- und Lastenverteilung geregelt. Dort heißt es in § 8 Abs. 1 Satz 1: „Jeder Sondereigentümer trägt diejenigen auf sein Sondereigentum entfallenden Kosten und Lasten allein, für die eigene Messvorrichtungen vorhanden sind oder die sonst in einwandfreier Weise festgestellt werden können.“ § 8 Abs. 2 des Teilungsvertrages lautet: „Soweit Kosten und Lasten nicht einem Sondereigentum entsprechend Abs. 1 zuzuordnen sind, diese von den Eigentümern im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen.“

4

Die Kläger haben vorgetragen, dass die auf der Eigentümerversammlung vom 09.04.2015 zu TOP 5.1, 6.1 und 6.2 gefassten Beschlüsse nichtig seien, weil diese ohne die erforderliche Beschlusskompetenz gefasst worden seien. Die Beschlüsse sähen eine Änderung von Art und Umfang der betroffenen Sondernutzungsrechte der WE 1 und 2 vor, was nur durch Vereinbarung erfolgen könne. Durch die angegriffenen Beschlüsse werde § 2 des Teilungsvertrages dauerhaft abgeändert. In § 5 Ziff. 5 des Teilungsvertrages sei die Nutzung der Sondernutzungsflächen als „Gartenflächen“ vorgesehen, weswegen diese nicht als Terrasse genutzt werden dürften. Eine „Umnutzung“ von Gartenflächen zugunsten von Terrassenflächen einerseits und der Schaffung von Gruben zum Lichteinfall für Fenster dort, wo sich eine Rasenfläche befinden sollte andererseits, gehe über bloße bauliche Veränderungen hinaus.

5

Der Kläger hat beantragt,

6

1. die Nichtigkeit des auf der Eigentümerversammlung vom 09.04.2015 zu TOP 5.1 gefassten Beschlusses über die Änderung des Gemeinschaftseigentums im Bereich des Sondernutzungsrechtes des Herrn C. L. (WE 1), der Vergrößerung der Terrassenfläche und gärtnerische Gestaltung festzustellen,

7

2. die Nichtigkeit des auf der Eigentümerversammlung vom 09.04.2015 zu TOP 6.1 gefassten Beschlusses über die Änderung des Gemeinschaftseigentums im Bereich des Sondernutzungsrechtes der Eheleute B. und Dr. A. R. (WE 2) hinsichtlich der Terrassen auf der West-Seite und der Nord-Seite festzustellen,

8

3. die Nichtigkeit des auf der Eigentümerversammlung vom 09.04.2015 zu TOP 6.2 gefassten Beschlusses über die Änderung des Gemeinschaftseigentums im Bereich des Sondernutzungsrechtes der Eheleute B. und Dr. A. R. (WE 2) hinsichtlich der Abgrabung vor den Souterrainfenstern des Hobbyraums 2 festzustellen.

9

Die Beklagten haben beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Die Beklagten haben vorgetragen, dass die vom Kläger angegriffenen Beschlüsse wirksam seien. Die Beschlüsse änderten an der Lage der Sondernutzungsflächen, die sich aus Anlage 2 zum Teilungsvertrag ergebe, nichts. Außer in § 5 Ziff. 5 des Teilungsvertrages fänden sich keine Vorgaben für die Sondernutzungsrechte im Teilungsvertrag. Bei der Vergrößerung der Terrasse (TOP 5.1) handele es sich um eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG. Die Beschlusskompetenz ergebe sich aus dem Gesetz. Auch der zu TOP 6.1 gefasste Beschluss ändere das Sondernutzungsrecht nicht. Die Beschlusskompetenz für die Errichtung bzw. Vergrößerung der Terrasse ergebe sich ebenfalls aus § 22 Abs. 1 WEG, ggf. aus § 7 Ziff. 5 Satz des Teilungsvertrages. Die Vertiefung von Teilen des Gartens stelle bereits keine bauliche Veränderung dar und stehe den Sondernutzungsberechtigten genehmigungsfrei zu. Die teilweise Vertiefung der Gartenfläche ändere nichts an ihrer Zweckbestimmung als Gartenfläche. Es könne offen bleiben, ob die Zustimmung aller Eigentümer zu TOP 6.1 und 6.2 einen allstimmigen, eine Vereinbarung ersetzenden Beschluss darstelle.

12

Die Nichtigkeit der Beschlüsse ergebe sich nicht daraus, dass sie keinen Einzelfall regelten, sondern - was die Folgekosten angehe - zukünftige Vorgänge. Die Einzelfallentscheidung bleibe eine solche, wenn sie die Folgekosten der Einzelmaßnahme umfasse. Würden die Regelungen für die zukünftigen Kosten gegen § 16 Abs. 4 WEG verstoßen, hätte dies nur eine Teilnichtigkeit der Beschlüsse zur Folge. Diese seien teilbar und wären auch dann gefasst worden, wenn der Teil betreffend zukünftige Kosten nicht zur Abstimmung gestellt worden wäre. Dadurch hätte sich nichts geändert, weil nach der Teilungsvereinbarung die Kosten bezogen auf die Sondernutzungsflächen ohnehin vom Sondernutzungsberechtigten zu tragen wären.

13

Das Amtsgericht hat der Klage mit Urteil vom 07.10.2015 (Bl. 85 ff. d.A.) stattgegeben und festgestellt, dass die auf der Eigentümerversammlung vom 09.04.2015 gefassten Beschlüsse zu TOP 5.1, 6.1 und 6.2 nichtig sind. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die im Tenor genannten Beschlüsse nichtig seien, weswegen das Versäumen der Anfechtungsfrist (§ 46 WEG) unerheblich sei. Der Nichtigkeitsklage stehe nicht entgegen, dass die Beschlüsse zu TOP 6.1 und 6.2 allstimmig gefasst worden seien. § 16 Abs. 4 WEG gebe nur eine sehr begrenzte Beschlusskompetenz, die mit den hier angegriffenen Beschlüssen überschritten sei. Die Wohnungseigentümer könnten nicht entgegen § 8 des Teilungsvertrages den Kostenverteilungsschlüssel für einzelne Bereiche oder Gegenstände hinsichtlich der Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen auf Dauer verändern. Hierdurch werde das die Beschlusskompetenz begründende „Einzelfallkriterium“ in § 16 Abs. 4 WEG verletzt. Fehle es an einem „Einzelfall“ im Rechtssinne, sei der Beschluss insgesamt nichtig. Die hier angegriffene Regelung in allen drei Beschlüssen beziehe sich auch auf die „Kosten für die künftige Instandhaltung“. Hier hätte es eines zivilrechtlichen Vertrages des bauwilligen Sondernutzungsberechtigten und der übrigen Eigentümer oder einer Vereinbarung im Sinne des § 10 WEG bedurft. Hätte man die alleinige Kostentragungspflicht des Sondernutzungsberechtigten für eine bauliche Veränderung erreichen wollen, wäre dies allenfalls über § 16 Abs. 6 WEG möglich gewesen, wenn nur der jeweils betroffene Sondernutzungsberechtigte zugestimmt hätte. Ob die Terrassenvergrößerung und die damit einhergehende Nutzungsmöglichkeit zu einer über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehenden Beeinträchtigung des Klägers führen würde, sei wegen der Versäumung der Anfechtungsfrist des § 46 WEG nicht zu entscheiden.

14

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 08.10.2015 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit einem am Montag, dem 09.11.2015 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit einem am 07.12.2015 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet haben.

15

Die Beklagten tragen vor, dass der hier im Streit stehende Appendix der Beschlüsse „…und die künftige Instandhaltung“ einen Einzelfall im Sinne des § 16 Abs. 4 WEG darstelle. Wollte man der Eigentümergemeinschaft die Beschlusskompetenz einräumen, bauliche Veränderungen und deren Kosten einem Sondereigentümer aufzuerlegen, hinsichtlich der Folgekosten aber keine Beschlusskompetenz zugestehen, wären die übrigen Sondereigentümer gehalten, in jedem Einzelfall späterer Instandsetzungsmaßnahmen eine Kostenfreistellung gem. § 21 Abs. 4 und 8 WEG gerichtlich durchzusetzen. Eine derartige Initiativlast der vom Gebrauch ausgeschlossenen Wohnungseigentümer würde den Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer aus keiner Sichtweise gerecht. Die durch die Veränderung allein Begünstigten dürften nicht auf eine anteilige Kostenlast der übrigen Wohnungseigentümer vertrauen, wenn die Errichtung einer baulichen Anlage ausschließlich in ihrem Interesse erfolge. Es wäre widersinnig, wollte man einzelnen Sondereigentümern eine bauliche Veränderung genehmigen, ohne zugleich über die Folgekosten beschließen zu können. Es stelle sich geradezu die Frage, ob ein solcher Beschluss über eine bauliche Veränderung, der nicht zugleich feststelle, dass auch künftige, mit dieser baulichen Veränderung zusammenhängende Kosten nicht von der Gemeinschaft zu tragen seien, überhaupt ordnungsgemäßer Verwaltung entspräche. Ein Folgekosten auslösender Beschluss widerspreche jedenfalls dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn für diese nicht ebenfalls eine Regelung getroffen werden würde. Den übrigen Sondereigentümern sei es gerade nicht zuzumuten, in späterer Zeit bei erforderlich werdenden Instandhaltungsmaßnahmen jedes Mal erneut beschließen und ggf. gerichtlich durchsetzen zu müssen, dass sie als am Gebrauch der baulichen Änderung nicht Beteiligte auch nicht an den Kosten zu beteiligen seien. Diese Auffassung werde von der herrschenden Meinung geteilt. Das Urteil des Amtsgerichts übersehe die Regelung in § 7 Ziff. 1 der Teilungserklärung. Danach obliege die Instandhaltung der einem ausschließlichen Sondernutzungsrecht unterliegenden Flächen, Anlagen und Einrichtungen dem jeweils berechtigten Sondereigentümer. Aus § 7 Ziff. 2 der Teilungserklärung folge, dass unter Ziff. 1 auch die Kosten dem sondernutzungsberechtigten Sondereigentümer auferlegt werden sollten.

16

Zu Unrecht verneine das angegangene Urteil auch die Möglichkeit einer Teilnichtigkeit, soweit die Beschlüsse hinsichtlich der künftigen Instandhaltung nichtig sein sollten. Die Trennbarkeit des Beschlusses sehe das Urteil selbst. Die Trennung sei durchaus möglich, weil die angegangenen Beschlüsse lediglich deklaratorischen Charakter hätten, da die Kosten im Zusammenhang mit den Sondernutzungsrechten durch die Teilungsvereinbarung bereits den jeweiligen Sondernutzungsberechtigten auferlegt worden sei.

17

Die Beklagten beantragen,

18

das am 07.10.2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese, Az. 539 C 13/15, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

19

Der Kläger beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Der Kläger trägt vor, dass es sich verbiete, die Folgekosten aus den streitgegenständlichen Beschlüssen unter die „Einzelfall“-Regelung des § 16 Abs. 4 WEG zu subsumieren. Sog. Folgekosten umfassten keinen Einzelfall mehr, da die fragliche Maßnahme nicht endgültig abgeschlossen sei. Die Kosten der künftigen Instandhaltung oder Instandsetzung fielen regelmäßig wieder an. Deswegen handele es sich um eine Vielzahl von Maßnahmen. Derartige Regelungen würden stets wiederkehrend den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung abändern. Auch nach dem Willen des Gesetzgebers habe eine Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 4 WEG lediglich in Einzelfällen und für einmalige, in sich abgeschlossene Sachverhalte begründet werden sollen. Der Wohnungseigentümer, der von einer baulichen Maßnahme profitiere, könne sich gegenüber der Gemeinschaft vertraglich verpflichten, die übrigen Eigentümer von der Übernahme der Baukosten und Instandhaltungskosten freizuhalten. Die Regelung in § 7 Ziff. 1 der Teilungserklärung beschäftige sich mit den Kostentragungen für solche Bestandteile, die im Sondereigentum stünden. Im vorliegenden Fall gehe es jedoch um Gemeinschaftseigentum, das mit einem Sondernutzungsrecht versehen sei. Zu Recht habe das Amtsgericht die Unteilbarkeit der Beschlüsse angenommen. Die übrigen Wohnungseigentümer hätten den Beschlüssen nicht zugestimmt, wenn die jeweils Sondernutzungsberechtigten nur die unmittelbar damit zusammenhängenden Kosten übernommen hätten, nicht auch die zukünftigen Kosten.

22

Das Amtsgericht habe sich nicht mit seinem ursprünglichen Argument für die fehlende Beschlusskompetenz der Beklagten befassen müssen. Die Beschlüsse führten zu einer Änderung des Sondernutzungsrechts, die ebenso wie die Begründung eines Sondernutzungsrechts nicht wirksam durch einen Mehrheitsbeschluss erfolgen könne.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

24

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

25

Zu Recht hat das Amtsgericht festgestellt, dass die auf der Eigentümerversammlung vom 09.04.2015 zu TOP 5.1, 6.1 und 6.2 gefassten Beschlüsse (insgesamt) nichtig sind.

1.

26

Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, dass dem Kläger für die Nichtigkeitsfeststellungsklage nicht das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, weil er auf der Eigentümerversammlung vom 09.04.2015 den Beschlussanträgen zu TOP 6.1 und 6.2 zugestimmt hat (insoweit handelte es sich um allstimmige Beschlüsse).

27

Ein nichtiger Beschluss entfaltet zwischen den Wohnungseigentümern keine Rechtswirkungen und kann nicht in Bestandskraft erwachsen. Die Nichtigkeit tritt von Anfang an ein, nicht erst durch Geltendmachung in einem gerichtlichen Verfahren; eine gerichtliche Entscheidung hat nur deklaratorische Bedeutung. Besteht Streit über die Wirksamkeit eines Eigentümerbeschlusses, steht das Recht zur Erhebung einer Nichtigkeitsfeststellungsklage daher jedem Wohnungseigentümer zu. Für die Frage des Rechtsschutzinteresses ist es ohne Bedeutung, ob er für oder gegen den Beschluss gestimmt hat (BGH, Urteil vom 01.06.2012 – V ZR 225/11, NJW 2012, 2578, Rn. 9, zitiert nach juris).

2.

28

Entgegen der Auffassung des Klägers kann die Frage der Reichweite der Beschlusskompetenz gem. § 16 Abs. 4 WEG hier nicht schon deshalb dahinstehen, weil die zu TOP 5.1, 6.1 und 6.2 gefassten Beschlüsse eine Änderung des Sondernutzungsrechts der betroffenen Wohnungseigentümer beinhalten und dies nicht wirksam durch Beschluss geregelt werden kann.

29

Zwar trifft es zu, dass eine inhaltliche Änderung des Sondernutzungsrechts ebenso wie die Begründung nur durch Vereinbarung erfolgen kann und nicht durch (Mehrheits-)Beschluss (BGH, Beschluss vom 20.09.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = NJW 2000, 3500; Kammer, Urteil vom 09.04.2014 – 318 S 117/13, ZMR 2014, 741, Rn. 19, zitiert nach juris). Für Änderungen eines Sondernutzungsrechts in räumlicher und/oder inhaltlicher Hinsicht gilt nichts anderes als für die Begründung. Erforderlich ist eine Vereinbarung, die zur Bindung von Rechtsnachfolgern der Eintragung im Sinne des § 10 Abs. 3 bedarf (BeckOK WEG/Dötsch, 25. Edition, Stand: 01.10.2015, § 15 Rn. 295).

30

Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um Änderungen der betroffenen Sondernutzungsrechte in räumlicher oder inhaltlicher Hinsicht. Die Vergrößerung einer Terrasse (TOP 5.1), die Anlegung einer Terrasse (TOP 6.1) oder die Abgrabung des Geländes zur besseren Belichtung von Kellerfenstern (TOP 6.2) auf Sondernutzungsflächen sind jeweils als bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG zu qualifizieren, ändern das jeweilige Sondernutzungsrecht aber nicht. Für die Beschlussfassung über bauliche Veränderungen verfügt die Eigentümerversammlung über die erforderliche Beschlusskompetenz. Die betroffenen Sondernutzungsrechte werden weder in räumlicher Hinsicht erweitert, noch erfolgt eine Inhaltsänderung durch Änderung des Nutzungszwecks. Bei der Zuweisung der Sondernutzungsrechte an die WE 1 und 2 in § 2 Abs. 2 a) und b) des Teilungsvertrages (Anl. K 1) ist eine bestimmte Nutzungsart nicht vereinbart. Der Teilungsvertrag nimmt bezüglich der begründeten Sondernutzungsflächen Bezug auf eine Anlage 2. Dieser Anlage 2 ist keine Zweckbestimmung hinsichtlich einer lediglich zulässigen Gartennutzung zu entnehmen (vgl. Anl. K 3). Lediglich in § 5 Abs. 5 des Teilungsvertrages (Anl. K 1) klingt die Gartennutzung an, wobei es dort heißt „Für die Pflege der im Sondernutzungsrecht von Eigentümern etwa stehenden Gartenflächen…“ [Hervorhebung durch das Gericht]. Dies zeigt, dass die Gartennutzung der Sondernutzungsflächen nicht zwingend ist.

31

Die vom Kläger angeführte Entscheidung des AG Wiesbaden (Urteil vom 06.09.2013 – 92 C 2186/13, ZMR 2013, 1003) betrifft einen anderen Sachverhalt. Auch der zu einer gebührenrechtlichen Frage ergangene Beschluss des OLG München vom 23.04.2015 – 34 Wx 122/15 (NZM 2015, 942) gibt für den vorliegend zu entscheidenden Sachverhalt nichts her, da es dort um die erstmalige Einräumung eines Sondernutzungsrechts an einer gegenüber den ursprünglichen Plänen vergrößert hergestellten Dachterrasse ging.

3.

32

Der Eigentümerversammlung fehlte die Beschlusskompetenz, den betroffenen Sondernutzungsberechtigten die Folgekosten der von ihnen angestrebten baulichen Veränderungen aufzuerlegen. Die notwendige Beschlusskompetenz ergab sich insbesondere nicht aus § 16 Abs. 4 WEG, da Gegenstand der Beschlüsse kein Einzelfall im Sinne dieser Vorschrift war.

33

a) Gemäß § 16 Abs. 4 Satz 1 WEG können die Wohnungseigentümer im Einzelfall zur Instandhaltung oder Instandsetzung im Sinne des § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG oder zu baulichen Veränderungen oder Aufwendungen im Sinne des § 22 Abs. 1 und 2 WEG durch Beschluss die Kostenverteilung abweichend von Absatz 2 regeln, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt.

34

Während für den Bereich der Instandhaltung oder Instandsetzung im Sinne des § 21 Abs. 5 Ziff. 2 WEG anerkannt ist, dass mit dem „Einzelfall“ die Verteilung der Kosten für eine konkrete Instandsetzungsmaßnahme (z.B. Dachsanierung an einem bestimmten Gebäude der Gemeinschaft) gemeint ist, so dass sich der Beschluss in dem Vollzug der Maßnahme erschöpft (BGH, Urteil vom 18.06.2010 – V ZR 164/09, BGHZ 186, 51, Rn. 11, zitiert nach juris), ist dies in Bezug auf Folgekosten für bauliche Veränderungen im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG streitig (für die Erfassung auch der Folgekosten der baulichen Veränderung durch das Merkmal des Einzelfalls in § 16 Abs. 4 WEG: LG Itzehoe, Urteil vom 12.07.2011 – 11 S 51/10, ZMR 2012, 219, Rn. 51, zitiert nach juris; Bärmann/Becker, WEG, 12. Auflage, § 16 Rdnr. 132 ff.; Niedenführ in: Niedenführ/Kümmel/ Vandenhouten, WEG, 11. Auflage, § 16 Rdnr. 106; a.A. LG München I, Urteil vom 23.06.2014 – 1 S 13821/13, ZMR 2014, 920, Rn. 14 ff., zitiert nach juris; BeckOK WEG/ Bartholome, 25. Edition, Stand: 01.10.2015, § 16 Rdnr. 187 ff. m.w.N.). Insoweit soll der „Einzelfall“ nicht die Maßnahme als solche ohne Folgekosten, die erst Jahre später ausgelöst werden oder Folgen der weiteren Nutzung sind (so Jennißen/Jennißen, 4. Auflage, § 16 Rdnr. 77a zur Instandhaltung und Instandsetzung), sondern die bauliche Veränderung einschließlich der durch sie verursachten Folgen sein (Bärmann/Becker, a.a.O., Rdnr. 133). Jedenfalls in den Fällen, in denen die Errichtung einer baulichen Anlage ausschließlich dem Interesse einzelner Wohnungseigentümer dient und der Genehmigungsbeschluss im Zusammenhang mit dem Kostenfreistellungsbeschluss erfolgt, so dass für die von der baulichen Veränderung begünstigten Wohnungseigentümer von vornherein der Zusammenhang zwischen Errichtungsbefugnis und Kostenfreistellung erkennbar wird, soll der Begriff des „Einzelfalls“ auch die Folgekosten beinhalten (LG Itzehoe, Urteil vom 12.07.2011 – 11 S 51/10, ZMR 2012, 219, Rn. 51, zitiert nach juris; Bärmann/Becker, a.a.O., § 16 Rdnr. 133). Eine derart unterschiedliche Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Einzelfall“ in § 16 Abs. 4 Satz 1 WEG findet nicht nur in der Gesetzesbegründung keine Stütze (vgl. BT Drs. 16/887 Seite 23 ff., Anl. K 7), sondern schafft gerade entgegen dem Normzweck für zukünftige Fälle (d.h. Instandhaltungsbedarf an der neu errichteten Baulichkeit) eine neue Rechtsgrundlage. Diese Möglichkeit soll durch § 16 Abs. 4 WEG gerade nicht eröffnet werden; insoweit bedarf es nach wie vor einer Vereinbarung. In der Gesetzesbegründung heißt es auf Seite 24 (li. Sp.):

35

„...Der Beschluss der Wohnungseigentümer zur Regelung der Kosten muss einen Einzelfall betreffen. Damit knüpft die Regelung an die oben genannte Rechtsprechung zu vereinbarungswidrigen Beschlüssen an. Sie berücksichtigt auch, dass ein Wohnungseigentümer von einer einzelnen Änderung weniger stark als von einer generellen Abweichung betroffen wird und dass er nachteilige Auswirkungen einer abweichenden Kostenentscheidung im Einzelfall leichter erkennen kann. ... Die Formulierung „im Einzelfall zur“ macht auch deutlich, dass die Kostenregelung in Zusammenhang mit der Beschlussfassung über eine der dort bezeichneten Maßnahmen stehen muss, also einer Instandhaltung oder Instandsetzung oder einer baulichen Maßnahme oder Aufwendung gemäß § 22 Abs. 1 WEG (neu) oder einer solchen zur Modernisierung oder Anpassung an den Stand der Technik gemäß § 22 Abs. 2 WEG (neu). Die letztgenannten Maßnahmen werden erfasst, weil bei ihnen die tatsächliche und rechtliche Situation derjenigen von Instandhaltungen und Instandsetzungen entspricht und es deshalb folgerichtig erscheint, beide Fallgestaltungen gleich zu regeln.“

36

Dem Gesetzgeber schwebte mithin vor, alle in § 16 Abs. 4 WEG genannten Anwendungsfälle gleich zu behandeln. Dass den Wohnungseigentümern (nur) bei baulichen Veränderungen im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG auch ermöglicht werden sollte, dem betroffenen Wohnungseigentümer, der die bauliche Veränderung vornehmen will, auch gegen dessen Willen sämtliche Folgekosten aufzuerlegen, vermag die Kammer der Gesetzesbegründung nicht einmal im Ansatz zu entnehmen.

37

Die Gegenauffassung führt in erster Linie Praktikabilitätserwägungen ins Feld, da ansonsten bei zukünftigem Instandsetzungsbedarf im Einzelfall die Kostenfreistellung nach § 21 Abs. 4 und 8 WEG durchgesetzt werden müsste (Bärmann/Becker, a.a.O., § 16 Rdnr. 133). Dies ist dem betroffenen Wohnungseigentümer jedoch zuzumuten (zutreffend BeckOK WEG/Bartholome, 25. Edition, Stand: 01.10.2015, § 16 Rdnr. 191). Zwar mag es zutreffen, dass ein praktisches Bedürfnis dafür existiert, dem Wohnungseigentümer, der eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG anstrebt, neben den Herstellungskosten auch sämtliche damit zusammenhängenden Folgekosten aufzuerlegen, da die übrigen Wohnungseigentümer sonst oft nicht bereit sein werden, der baulichen Veränderung zuzustimmen. Dies kann jedoch nicht über einen Beschluss gem. § 16 Abs. 4 WEG erfolgen, sondern müsste ggfs. im Wege einer Vereinbarung oder durch eine vertragliche Verpflichtung des Bauwilligen gegenüber dem Verband geregelt werden, die mit einer Reallast zu Gunsten der Gemeinschaft abgesichert werden könnte (vgl. Beck-online.GROSSKOMMENTAR/Falkner, Stand: 01.12.2015, § 16 WEG Rdnr. 225.1). Schließlich ergibt sich auch aus der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 6 WEG nichts anderes. Selbst wenn man unterstellte, dass diese den einer baulichen Veränderung nicht zustimmenden Wohnungseigentümer nicht nur von den Herstellungs- sondern auch von den Folgekosten freistellt (str., vgl. Niedenführ in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., § 16 Rdnr. 106), bedeutet dies nicht, dass bei einer Kostenverteilung nach § 16 Abs. 4 WEG, die der Regelung in § 16 Abs. 6 WEG vorgeht (§ 16 Abs. 6 Satz 2 WEG), ebenfalls Folgekosten unter den „Einzelfall“ fallen müssten. Vielmehr betreffen § 16 Abs. 4 WEG und § 16 Abs. 6 Satz 2 WEG unterschiedliche Fälle. Während § 16 Abs. 4 WEG eine abweichende Kostenverteilung gegen den Willen des bauwilligen Wohnungseigentümers zulässt, steht es den Wohnungseigentümern im Fall des § 16 Abs. 6 WEG frei, ob sie der baulichen Veränderung zustimmen wollen oder nicht (zutreffend BeckOK WEG/Bartholome, 25. Edition, Stand: 01.10.2015, § 16 Rdnr. 190). Dass es Sachverhaltsgestaltungen gibt, in denen der allein mit den Herstellungs- und Folgekosten einer baulichen Veränderung belastete Wohnungseigentümer damit einverstanden ist, kann nicht maßgeblich für den Umfang der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer im Rahmen von § 16 Abs. 4 WEG sein.

38

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Rahmen der Erörterungen im Termin vom 17.02.2016 auf die Entscheidung des BGH vom 18.10.2010 (V ZR 164/09) verwiesen hat, führt dies für den vorliegenden Sachverhalt nicht zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung. Der BGH hatte bei einer Mehrhausanlage angenommen, dass ein Beschluss über die Sanierung des Dachs des einen Gebäudes keinen Einzelfall im Sinne von § 16 Abs. 4 WEG darstelle, weil er zu einer verdeckten dauernden Änderung der Teilungserklärung führe. Eine solche abweichende Kostenverteilung entspreche nur dann den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn für alle gleich gelagerten Instandsetzungsmaßnahmen eine entsprechende abweichende Kostenverteilung beschlossen würde, da die für den Einzelfall beschlossene Änderung des Kostenverteilungsschlüssels einen Anspruch der betroffenen Wohnungseigentümer auf Gleichbehandlung in künftigen Fällen auslösen würde. Dies sei jedoch mit § 16 Abs. 4 WEG nicht vereinbar. Auch wenn diese Entscheidung des BGH nicht den Fall der baulichen Veränderung betrifft, entnimmt ihr die Kammer doch, dass der BGH das Merkmal des Einzelfalls sehr eng auslegt. Wenn schon bei Instandsetzungsmaßnahmen kein Einzelfall mehr vorliegt, weil die abweichende Kostenverteilung bezogen auf eine konkrete Dachsanierung des einen Gebäudes der Gemeinschaft mittelbare Folgewirkungen auf die Kostenverteilung der Sanierung des anderen Gebäudedaches hat, liegt ein „Einzelfall“ erst recht nicht mehr vor, wenn dem begünstigten Eigentümer, der eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG vornehmen will, für alle Zukunft die sich daraus ergebenden unabsehbaren Folgekosten überbürdet werden.

39

b) Auch wenn jedenfalls die zu TOP 6.1 und 6.2 gefassten Beschlüsse allstimmig gefasst wurden, sind diese nicht als Vereinbarung der Wohnungseigentümer auszulegen.

40

Das Hanseatische Oberlandesgericht vertritt hinsichtlich der Abgrenzung von allstimmigen Beschlüssen und Vereinbarungen zwar die Auffassung, dass insoweit eine materielle Abgrenzung vorzunehmen sei (HansOLG, ZMR 2008, 154, 155: „Eine Vereinbarung ist regelmäßig anzunehmen, wenn ein Beschluss nicht möglich wäre.“). Dies verkennt jedoch den Unterschied zwischen einer Vereinbarung, d.h. einem Vertragsschluss, der durch entgegen gerichtete Willenserklärungen zustande kommt (§§ 145 ff. BGB), und einer Stimmabgabe, bei der die anwesenden Wohnungseigentümer im Rahmen der Stimmabgabe gleichgerichtete Willenserklärungen an den Versammlungsleiter als Adressaten abgeben (vgl. Dazu BGH, Urteil vom 13.07.2012 – V ZR 254/11, NJW 2012, 3372). Zudem hat die Feststellung des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter beschlusskonstitutive Wirkung (Bärmann/Klein, a.a.O., § 10 Rdnr. 177). Unabhängig davon fehlen im Protokoll der Eigentümerversammlung vom 09.40.2015 jegliche Hinweise darauf, dass die Wohnungseigentümer zu TOP 6.1 und 6.2 eine Vereinbarung schließen und keine Beschlüsse fassen wollten. Nach der äußeren Form handelte es sich um Beschlüsse (Abstimmung in einer Eigentümerversammlung, Verkündung des Abstimmungs- und Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter).

41

c) Zu Unrecht machen die Beklagten geltend, dass die Beschlüsse nur deklaratorisch wiedergäben, was ohnehin vereinbart sei, und schon deswegen nicht nichtig seien.

42

Dabei verkennen sie, dass im Teilungsvertrag zwar in § 7 Abs. 1 Satz 2 (Anl. K 1) geregelt ist, dass für die Instandhaltung der ausschließlich ihrem Sondernutzungsrecht unterliegenden Flächen, Anlagen und Einrichtungen die jeweils berechtigten Sondereigentümer zu sorgen haben. Damit wurde die Instandhaltungslast für den Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums, der sich im Bereich einer Sondernutzungsfläche befindet, durch Vereinbarung auf den jeweiligen sondernutzungsberechtigten Sondereigentümer überbürdet, was grundsätzlich möglich und wirksam ist. Durch Vereinbarung können die Wohnungseigentümer abweichend von § 21 Abs. 5 Nr. 2, § 16 Abs. 2 WEG die Pflicht zur Instandsetzung und Instandhaltung von Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums und zur Tragung der damit verbundenen Kosten durch eine klare und eindeutige Regelung einzelnen Sondereigentümern auferlegen (BGH, Urteile vom 22.11.2013 – V ZR 46/13, ZMR 2014, 899, Rn. 10, zitiert nach juris; vom 02.03.2012 – V ZR 174/11, ZMR 2012, 641, Rn. 7; BayObLG, Beschluss vom 18.12.2003 – 2Z BR 203/303, ZMR 2004, 357, Rn. 13, zitiert nach juris; Kammer, Urteil vom 09.04.2014 – 318 S 133/13, ZMR 2014, 661, Rn. 19, zitiert nach juris). Im Zweifel bleibt es bei der gesetzlichen Zuständigkeit (Kammer, Urteil vom 19.06.2013 – 318 S 101/12, ZMR 2013, 829, Rn. 16, zitiert nach juris).

43

Im vorliegenden Fall fehlt es bei der in § 7 Abs. 1 der Teilungserklärung enthaltenen Regelung an einer Zuweisung der Kosten für die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums an die Sondernutzungsberechtigten. Systematisch finden sich in § 7 des Teilungsvertrages die Regelungen über die Instandhaltungspflicht und in § 8 des Teilungsvertrages die Regelungen über die Kostentragung. In § 8 des Teilungsvertrages wird die Kostentragungspflicht der Sondernutzungsberechtigten für die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums im Bereich ihrer Sondernutzungsfläche nicht erwähnt. Das Amtsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Sondernutzungsberechtigte nur dann kostentragungspflichtig ist, wenn dies ausdrücklich vereinbart worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2014 – V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 = ZMR 2015, 239, Rn. 19, zitiert nach juris; BeckOK WEG/Elzer, 25. Edition, Stand: 01.10.2015, § 21 Rdnr. 264).

44

Die Kammer legt den Teilungsvertrag nicht dahingehend aus, dass mit der Überbürdung der Instandhaltungslast auch die Kostentragung mit überbürdet wurde. Bei der Auslegung der Teilungserklärung ist auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung dürften nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Umständen des Einzelfalls für jedermann ersichtlich sind (BGH, Urteil vom 02.03.2012 – V ZR 174/11, NJW 2012, 1722, Rn. 7, zitiert nach juris; Beschluss vom 29.01.1993 – V ZB 24/92, BGHZ 121, 236, 239 = NJW 1993, 1329, Rn. 11, zitiert nach juris; Bärmann/Klein, a.a.O., § 10 Rdnr. 130). Zwar wird vertreten, dass sich die Kostentragungspflicht im Wege einer nach der Verkehrssitte orientierten Auslegung der Begründungsvereinbarung oder auch aus einer Bestimmung der Gemeinschaftsordnung ergeben kann, die von der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht für das Gemeinschaftseigentum durch alle Wohnungseigentümer das dem Sondernutzungsrecht unterliegende Eigentum ausnimmt (Bärmann/Klein, a.a.O., § 13 Rdnr. 119 unter Hinweis auf BayObLG, ZMR 2004, 357; Kümmel in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., § 13 Rdnr. 58: „Ist der Sondernutzungsberechtigte zur Instandhaltung und Instandsetzung verpflichtet, hat er im Zweifel auch die dadurch entstehenden Kosten zu tragen.“). Anders als in dem vom Bayerischen Obersten Landesgericht (a.a.O.) entschiedenen Fall fehlt es in dem vorliegend auszulegenden Teilungsvertrag an jeglicher Regelung, die die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums im Bereich der Sondernutzungsfläche dem jeweiligen Sondernutzungsberechtigten zuweist. Der Teilungsvertrag enthält auch weder die Regelung, dass der Sondernutzung einzelner Eigentümer unterliegende Flächen oder Gebäudeteile hinsichtlich der Kosten der Instandsetzung und Instandhaltung wie Sondereigentum behandelt werden sollen, noch ist dem Teilungsvertrag sonst zu entnehmen, dass mit der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht auch die Kosten mit überbürdet werden sollten. Soweit es in § 5 Abs. 5 der Teilungserklärung heißt, dass für die Pflege der im Sondernutzungsrecht von Eigentümern stehenden Gartenflächen von den berechtigten Eigentümern der von der Eigentümergemeinschaft zur Pflege der sonstigen Grundstücksflächen herangezogene Dienstleister zu beauftragen ist, enthält auch diese Regelung keine Aussage darüber, dass die berechtigten Eigentümer die Kosten der Gartenpflege ihrer Sondernutzungsflächen allein tragen müssen.

45

Zwar verkennt die Kammer nicht, dass es nicht dem wohnungseigentumsrechtlichen Regelfall entspricht, dass sich die Wohnungseigentümer durch die Teilungserklärung der Befugnis begeben, über die Instandsetzung und Instandhaltung von bestimmten Bereichen bzw. Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums zu entscheiden mit der Folge, dass Beschlüsse nichtig wären, mit denen sie die Instandhaltungs- und Instandsetzungsbefugnis wieder an sich ziehen (vgl. Kammer, Urteil vom 19.06.2013 – 318 S 133/13, ZMR 2014, 661), aber gleichwohl anteilig die Kosten für die vom Sondernutzungsberechtigten durchzuführenden Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen anteilig mit tragen müssen. Die Wohnungseigentümer haben es jedoch insoweit in der Hand, durch klare und eindeutige Regelungen in der Teilungserklärung die Frage der Kostentragung für Sondernutzungsflächen zu regeln. Versäumen sie dies, gilt im Zweifel die vereinbarte allgemeine Kostenverteilungsregelung bzw. § 16 Abs. 2 WEG.

4.

46

Zu Recht hat das Amtsgericht festgestellt, dass die vom Kläger angegriffenen Beschlüsse insgesamt und nicht jeweils nur hinsichtlich des Teils, in dem die Folgekosten für die beschlossenen Baumaßnahmen den jeweils berechtigten Eigentümern überbürdet wurden, nichtig sind. Dies ergibt sich aus einer analogen Anwendung der gesetzlichen Regelung des § 139 BGB im Wohnungseigentumsrecht.

47

Auf Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung findet die gesetzliche Regelung des § 139 BGB entsprechende Anwendung. Zwar kann ein Beschluss grundsätzlich auch nur teilweise für ungültig erklärt werden. Dies ist aber nicht der Fall, wenn der unbeanstandet gebliebene Teil nicht sinnvollerweise auch allein Bestand haben kann und nicht anzunehmen ist, dass ihn die Wohnungseigentümergemeinschaft so beschlossen hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 10.09.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, Rn. 23, zitiert nach juris). Das Gericht ist im Beschlussanfechtungsverfahren nicht befugt, die im Beschluss getroffene Regelung inhaltlich zu ändern, oder durch geeignet erscheinende andere Maßnahmen zu ergänzen oder zu ersetzen. Vielmehr hat es sich auf die Ungültigerklärung des angefochtenen Beschlusses zu beschränken (BGH, Urteil vom 19.10.2012 – V ZR 233/11, ZMR 2013, 212, Rn. 9, zitiert nach juris; Kammer, Urteil vom 11.03.2015 – 318 S 133/14, Rn. 32, juris).

48

Im vorliegenden Fall fehlen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Wohnungseigentümer den betroffenen Sondernutzungsberechtigten die baulichen Veränderungen auch dann gestattet hätten, wenn diese neben den Herstellungskosten nicht auch zur Tragung der Folgekosten verbindlich verpflichtet worden wären und diese in jedem Instandsetzungsfall dem begünstigten Eigentümer neu durch Beschluss zugewiesen werden müssten.

5.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

50

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO. Die erstinstanzliche Entscheidung ist gem. § 708 Ziff. 10 Satz 2 ZPO ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

51

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO vorliegen. Die Sache hat grundsätzlich Bedeutung. Zudem erfordern die Fortbildung des Rechts und die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Das Auftreten der Frage, ob bei der Beschlussfassung über die Kosten einer baulichen Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG ein Einzelfall im Sinne von § 16 Abs. 4 WEG vorliegt, wenn durch den Beschluss nicht nur über die Herstellungskosten, sondern auch die Folgekosten entschieden wird, ist in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten. Aufgrund dessen ist das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Urteil vom 04.07.2002 – V ZB 16/02, BGHZ 151, 221 = NJW 2002, 3029; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Auflage, § 543 Rdnr. 11). Unabhängig davon weicht die Kammer hinsichtlich der Auslegung des Merkmals „Einzelfall“ im Sinne von § 16 Abs. 4 WEG bei baulichen Veränderungen von dem Urteil des LG Itzehoe vom 12.07.2011 – 11 S 51/10 (ZMR 2012, 219) ab. Die vorstehende Frage ist klärungsbedürftig, da auf die Berufung der Beklagten das angefochtene Urteil des Amtsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen gewesen wäre, wenn die Beschlusskompetenz aus § 16 Abs. 4 WEG bei baulichen Veränderungen auch die Folgekosten mit umfassen würde.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 91/16 Verkündet am:
28. Oktober 2016
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird einem Sondereigentümer in der Gemeinschaftsordnung eine Instandsetzungs
- oder Instandhaltungspflicht übertragen, hat er im Zweifel auch die ihm
dadurch entstehenden Kosten zu tragen.
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2016 - V ZR 91/16 - LG Hamburg
AG Hamburg-Blankenese
ECLI:DE:BGH:2016:281016UVZR91.16.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Dr. Brückner, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 18 - vom 4. März 2016 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 7. Oktober 2015 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. In dem Teilungsvertrag wird den Eigentümern der Wohnungen Nrn. 1 und 2 jeweils ein Sondernutzungsrecht an bestimmten Grundstücksflächen einschließlich der sich dort befindenden Terrassen zugewiesen.
2
In § 7 Nr. 1 des Teilungsvertrags ist folgendes geregelt: „Die Instandhaltung des Sondereigentums obliegt dem jeweiligen Son- dereigentümer. Für die Instandhaltung der ausschließlich ihrem Son- dernutzungsrecht unterliegenden Flächen, Anlagen und Einrichtungen haben die jeweils berechtigten Sondereigentümer zu sorgen. […]“
3
§ 8 des Teilungsvertrags lautet wie folgt: „1. Jeder Sondereigentümer trägt diejenigen auf sein Sondereigentum entfallenden Kosten und Lasten allein, für die eigene Messvorrichtungen vorhanden sind oder die sonst in einwandfreier Weise gesondert festgestellt werden können. Kosten und Lasten der Tiefgarage , der Zufahrt und der Zufahrtsrampe zur Tiefgarage sind von den Teileigentümern zu tragen, untereinander im Verhältnis der Miteigentumsanteile der Teileigentümer (TG-Plätze). 2. Soweit Kosten und Lasten nicht einem Sondereigentum entsprechend Abs. 1 zuzuordnen sind, [sind] diese von den Eigentümern im Verhältnis der Miteigentumsanteile zu tragen.“
4
Auf ihrer Versammlung am 9. April 2015 beschlossen die Wohnungseigentümer zu TOP 5.1 mehrheitlich, dass es dem Eigentümer der Wohnung Nr. 1 gestattet ist, die auf seiner Sondernutzungsfläche vorhandene Terrasse zu vergrößern und die umliegenden Bereiche in einer bestimmten Weise gärtnerisch zu gestalten. Die Kosten der Herstellung und der künftigen Instandhaltung sollte der Wohnungseigentümer tragen. Zu TOP 6.1 wurde allstimmig beschlossen , den Eigentümern der Wohnung Nr. 2 zu gestatten, auf der ihnen zugewiesenen Sondernutzungsfläche eine zusätzliche Terrasse zu errichten, wobei sie die Kosten der Herstellung und der zukünftigen Instandhaltung tragen sollten. Ferner wurde ihnen mit allstimmigem Beschluss zu TOP 6.2 gestattet, auf ihrer Sondernutzungsfläche eine Abgrabung vor den Fenstern des in ihrem Sondereigentum stehenden Hobbyraums vorzunehmen. Auch insoweit sollten die Kosten der Herstellung und der künftigen Instandhaltung von ihnen getragen werden.
5
Mit seiner nach Ablauf der Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG erhobenen Klage verlangt der Kläger die Feststellung, dass die Beschlüsse zu TOP 5.1, 6.1 und 6.2 nichtig sind. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben.
Die Berufung hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, wollen die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Nach Ansicht des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung in ZMR 2016, 484 ff. veröffentlicht ist, werden durch die angegriffenen Beschlüsse die betroffenen Sondernutzungsrechte nicht geändert. In Rede stünden nur bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum (§ 22 Abs. 1 WEG). Diesbezüglich verfüge die Eigentümerversammlung über die erforderliche Beschlusskompetenz. Allerdings fehle diese, soweit den betroffenen Sondernutzungsberechtigten die Folgekosten der von ihnen angestrebten baulichen Veränderungen auferlegt worden seien. Sie ergebe sich nicht aus § 16 Abs. 4 WEG. Danach könne zwar bei baulichen Veränderungen eine von dem Verteilungsmaßstab des § 16 Abs. 2 WEG abweichende Kostenverteilung im Einzelfall be- schlossen werden. Von dem Begriff des „Einzelfalls“ seien die Folgekosten der jeweiligen baulichen Veränderung aber nicht erfasst. Wer die Folgekosten zu tragen habe, sei daher in einer Vereinbarung oder durch eine vertragliche Verpflichtung des Bauwilligen mit dem Verband zu regeln. Die zu TOP 6.1 und 6.2 allstimmig gefassten Beschlüsse seien auch nicht als Vereinbarungen der Wohnungseigentümer auszulegen. Ferner gäben die Beschlüsse hinsichtlich der Kosten der Instandhaltung nicht nur deklaratorisch das wieder, was ohnehin in dem Teilungsvertrag vereinbart sei. Dieser könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass mit der Instandhaltungslast auch die entsprechende Kostentragung übernommen worden sei. Schließlich seien die von dem Kläger ange- griffenen Beschlüsse nicht nur teilweise, sondern in analoger Anwendung von § 139 BGB insgesamt nichtig.

II.

7
Dies hält rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
8
1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Wohnungseigentümer mit den angegriffenen Beschlüssen keine Änderung der Sondernutzungsrechte vorgenommen haben.
9
a) Sondernutzungsrechte sind dadurch gekennzeichnet, dass einem oder mehreren Wohnungseigentümern unter Ausschluss der übrigen (negative Komponente ) das Recht zur Nutzung von Teilen des Gemeinschaftseigentums zugewiesen wird (positive Komponente). Wegen des Entzugs der Befugnis zum Mitgebrauch nach § 13 II WEG kann es nur durch Vereinbarung (§ 10 Abs. 2 Satz 2 WEG) oder durch den teilenden Eigentümer nach § 8 Abs. 2, § 5 Abs. 4 i.V.m. § 10 Abs. 2 WEG begründet oder geändert werden (Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 74/11, NJW 2012, 676 Rn. 10; vgl. auch Urteil vom 8. April 2016 - V ZR 191/15, ZWE 2016, 453 Rn. 11; Urteil vom 18. März 2016 - V ZR 75/15, NJW 2016, 2177 Rn. 22; Beschluss vom 20. September 2000 - V ZB 58/99, BGHZ 145, 158, 167).
10
b) Die den Eigentümern der Wohnungen Nrn. 1 und 2 zugewiesenen Sondernutzungsrechte sind durch die angegriffenen Beschlüsse weder hinsichtlich des räumlichen Zuschnitts noch hinsichtlich des Nutzungszwecks geändert worden.
11
Inhalt und der Umfang der Sondernutzungsrechte sind hier im Wege der Auslegung des Teilungsvertrages, die das Revisionsgericht eigenständig vornehmen kann (vgl. nur Senat, Urteil vom 22. November 2013 - V ZR 46/13, ZWE 2014, 125 Rn. 11 mwN), zu bestimmen. Eine inhaltliche Beschränkung der Sondernutzungsrechte ist in den Regelungen des § 2 Nr. 2 a) und b) des Teilungsvertrages nicht erfolgt. Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich eine solche auch nicht aus der als Anlage 2 vorliegenden Übersichtskarte. Soweit auf dieser auch die Lage der Terrassen auf den jeweiligen, den Sondernutzungsrechten unterfallenden Flächen erkennbar ist, kann daraus eine Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit dieser Flächen nicht entnommen werden. Wie sich aus dem Wortlaut des § 2 Nr. 2 a) und b) des Teilungsvertrages ergibt, dient der Verweis auf die Anlage 2 nur der Festlegung der Flächen, an denen die Sondernutzungsrechte bestehen. Der Erwähnung der Terrassen in § 2 Nr. 2
a) und b) des Teilungsvertrages und deren zeichnerische Darstellung in der Übersichtskarte kommt nur die klarstellende Bedeutung zu, dass sich die Sondernutzungsrechte auch auf diese Flächen beziehen. Eine Festlegung des Nutzungszwecks der anderen Flächen dahingehend, dass sie im Rahmen der Sondernutzungsrechte nicht zu einer Erweiterung oder Neuherstellung einer Terrasse genutzt werden können, kann daraus nicht abgeleitet werden. Ebenso führt das Berufungsgericht zutreffend aus, dass für diese Flächen auch keine nur gärtnerische Nutzung vorgegeben wird.
12
2. Eine Nichtigkeit der Beschlüsse ergibt sich auch nicht aus einer Verletzung von § 22 Abs. 1 WEG. Danach können bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgehen, beschlossen werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß beeinträchtigt werden.
13
a) Die Beschlüsse zu TOP 6.1 und 6.2 wurden in der Eigentümerversammlung vom 9. April 2015 einstimmig gefasst. Damit haben alle Wohnungseigentümer im förmlichen Beschlussverfahren nach § 22 Abs. 1 WEG den beabsichtigten baulichen Veränderungen auf der Fläche, an der das den Eigentümern der Wohnung Nr. 2 zugewiesenen Sondernutzungsrecht besteht, zugestimmt. Auf die bisher vom Senat offen gelassene Frage, ob die Zustimmung nur im förmlichen Beschlussverfahren erklärt werden kann (Urteil vom 7. Februar 2014 - V ZR 25/13, NJW 2014, 1090 Rn. 9; Urteil vom 21. Oktober 2011 - V ZR 265/10, NJW-RR 2012, 140 Rn. 6 jeweils mwN), kommt es auch hier nicht an.
14
b) In Bezug auf den nur mehrheitlich gefassten Beschluss zu TOP 5.1 kann offen bleiben, ob die Zustimmung der Wohnungseigentümer zu der beschlossenen baulichen Maßnahme bereits in der Zuweisung des Sondernutzungsrechts gesehen werden kann. Hiervon ist auszugehen, soweit bauliche Veränderungen Eingang in die Beschreibung des Sondernutzungsrechts gefunden haben oder wenn sie nach dem Inhalt des jeweiligen Sondernutzungsrechts üblicherweise vorgenommen werden und der Wohnungseigentumsanlage dadurch kein anderes Gepräge verleihen (Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 74/11, NJW 2012, 676 Rn. 8; Urteil vom 22. Juni 2012 - V ZR 73/11, ZWE 2012, 377; Urteil vom 7. Februar 2014 - V ZR 25/13, ZWE 2014, 178 Rn. 7). Ob die genehmigte Terrassenvergrößerung und Veränderung der Gestaltung der Gartenfläche im Rahmen des dem Eigentümer der Wohnung Nr. 1 zugewiesenen Sondernutzungsrechts vorgenommen werden kann, bedarf ebenso wenig einer Entscheidung wie die - verneinendenfalls relevante - Frage, ob alle durch die beabsichtigten baulichen Veränderungen beeinträchtigten Wohnungseigentümer zugestimmt haben. Die fehlende Zustimmung eines Wohnungseigentümers würde nämlich nur zu einer Anfechtbarkeit des Beschlusses führen (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 2011 - V ZR 65/11, NJW 2012, 603 Rn. 8). Vorliegend ist die Klage nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erst nach dem Ablauf der Anfechtungsfrist erhoben worden, so dass diese mit Erfolg nur noch auf Nichtigkeitsgründe gestützt werden kann.
15
3. Im Ergebnis zutreffend geht das Berufungsgericht auch davon aus, dass die Wohnungseigentümer beschließen konnten, dass die Kosten der Herstellung der beabsichtigten baulichen Maßnahmen von den jeweiligen Sondernutzungsberechtigten zu tragen sind.
16
a) Sofern die beabsichtigten baulichen Maßnahmen durch den Zuweisungsgehalt des Sondernutzungsrechts gedeckt sind, darf der berechtigte Sondereigentümer diese ohne weiteres auf eigene Kosten vornehmen. Insoweit wären die Beschlüsse lediglich deklaratorischer Natur; solche Beschlüsse sind unbedenklich, wenn sie - wie hier - eine klarstellende Funktion haben und keine Zweifel an der Rechtslage aufkommen lassen (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 80/09, NJW 2010, 933 Rn. 13).
17
b) Sollten die beabsichtigten baulichen Maßnahmen von dem Zuweisungsgehalt des Sondernutzungsrechts nicht umfasst sein, sind die angegriffenen Beschlüsse dahingehend auszulegen, dass die Wohnungseigentümer eine Zustimmung zur Durchführung der baulichen Veränderungen durch den jeweils Sondernutzungsberechtigten unter Verwahrung gegen die Kostenlast erklärt haben. Dies ist jedenfalls hinsichtlich der Herstellungskosten der auf den Sondernutzungsflächen im Eigeninteresse der jeweils Berechtigten geplanten baulichen Maßnahmen zulässig (vgl. dazu T. Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 22 Rn. 8; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 16 WEG Rn. 256; Hogenschurz in Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 22 Rn. 25; Bärmann/Becker, WEG, 13. Aufl., § 16 Rn. 155). Die angegriffenen Beschlüsse wären bezüglich der Ei- genfinanzierung der Herstellungskosten durch die jeweiligen Sondernutzungsberechtigten dann ebenfalls nur klarstellender Natur.
18
4. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht hingegen an, der Eigentümerversammlung fehle die Beschlusskompetenz, den von den Beschlüssen betroffenen Sondernutzungsberechtigten die Folgekosten der von ihnen beabsichtigten baulichen Veränderungen aufzuerlegen. Die von dem Berufungsgericht verneinte Frage, ob diese Kompetenz § 16 Abs. 4 WEG entnommen werden kann, stellt sich nicht, da den angegriffenen Beschlüssen hinsichtlich der Pflicht der sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümer, die Kosten der Instandhaltung der baulichen Veränderungen zu tragen, nur deklaratorische Bedeutung zukommt.
19
a) Durch Vereinbarung können die Wohnungseigentümer abweichend von § 21 Abs. 5 Nr. 2, § 16 Abs. 2 WEG die Pflicht zur Instandsetzung und Instandhaltung von Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums und zur Tragung der damit verbundenen Kosten einzelnen Sondereigentümern auferlegen. Die Vereinbarung muss insoweit eine klare und eindeutige Regelung treffen (vgl. Senat, Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 174/11, NJW 2012, 1722 Rn. 7; Urteil vom 22. November 2013 - V ZR 46/13, ZWE 2014, 125 Rn. 10). Wird einem Sondereigentümer in der Gemeinschaftsordnung eine Instandsetzungs- oder Instandhaltungspflicht übertragen, hat er im Zweifel auch die ihm dadurch entstehenden Kosten zu tragen (Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 13 Rn. 58).
20
b) Aus den Regelungen des Teilungsvertrages ergibt sich hier eine von § 21 Abs. 5 Nr. 2, § 16 Abs. 2 WEG abweichende Regelung der Instandhaltungspflicht und der Kostentragungslast in Bezug auf die den Sondernutzungsrechten unterliegenden Flächen.
21
aa) Die Auslegung dieser in der Grundbucheintragung in Bezug genommenen Bestimmungen des Teilungsvertrages unterliegt vollen Umfangs der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Maßgebend sind ihr Wortlaut und ihr Sinn, wie sie sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutungen der Eintragung ergeben, weil sie auch Sonderrechtsnachfolger der Wohnungseigentümer binden. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. nur Senat, Urteil vom 22. November 2013 - V ZR 46/13, ZWE 2014, 125 Rn. 11 mwN).
22
bb) § 7 Nr. 1 Satz 2 des Teilungsvertrages ordnet an, dass die jeweils berechtigten Sondereigentümer für die Instandhaltung der ausschließlich ihrem Sondernutzungsrecht unterliegenden Flächen, Anlagen und Einrichtungen zu sorgen haben. Dies betrifft nicht nur die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Teilungsvertrages bereits vorhandenen, sondern auch später hinzu kommende Anlagen und Einrichtungen; für eine Differenzierung bietet der Wortlautkeinen Anhaltspunkt. Hinzu kommt, dass dem jeweiligen Sondereigentümer ein nicht näher eingeschränktes Sondernutzungsrecht eingeräumt wurde, und damit grundsätzlich auch mit durch ihn veranlasste Veränderungen auf den entsprechenden Flächen gerechnet werden musste. Ferner ist zu berücksichtigen, dass Sinn und Zweck der Regelung darin besteht, eine Deckungsgleichheit von Nutzungsrecht und Instandhaltungslast herbeizuführen.
23
Den Sondernutzungsberechtigten ist damit in klarer und eindeutiger Weise die Instandhaltungspflicht bezüglich der ihnen zugewiesenen Flächen übertragen worden. Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus. Soweit es meint, dass es in dem Teilungsvertrag an einer Regelung fehle, die die Kosten der Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums im Bereich der Sondernutzungsfläche dem jeweiligen berechtigten Sondereigentümer zuweise, übersieht es die fehlende Regelungsbedürftigkeit in diesem Punkt. Die sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümer haben die Instandhaltung in eigener Verantwortung vorzunehmen. Erteilen sie entsprechende Aufträge, haben sie gegenüber ihren Auftragnehmern auch die Vergütung zu erbringen. Der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entstehen daher insoweit keine Kosten, die zu verteilen wären. Hieraus erklärt sich das Fehlen einer entsprechenden Regelung in § 8 des Teilungsvertrages. Dafür, dass die sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümer eine Erstattung ihrer Aufwendungen durch die Gemeinschaft verlangen können, finden sich in dem Teilungsvertrag keinerlei Anhaltspunkte.

III.

24
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Der Senat hat, da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt, weil Gründe für die Nichtigkeit der angegriffenen Beschlüsse der Wohnungseigentümer nicht vorliegen, zur Abweisung der Klage.
25
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Stresemann Brückner Kazele Haberkamp Hamdorf
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Blankenese, Entscheidung vom 07.10.2015 - 539 C 13/15 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 04.03.2016 - 318 S 109/15 -

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

9
Allerdings kann die Anfechtung auf einen abtrennbaren Teil des Beschlusses beschränkt werden. Bei der Anfechtung etwa einer Abrechnung ist eine Beschränkung rechtlich möglich, wenn es sich um einen rechnerisch selbständigen und abgrenzbaren Teil der Abrechnung handelt (Senat, Beschluss vom 4. Dezember 2009 - V ZR 44/09, NJW 2010, 2127 Rn. 6; Beschluss vom 15. März 2007 - V ZB 1/06, BGHZ 171, 335 Rn. 12; BayOblG, NJW-RR 2001, 10; Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 43 Rn. 135; MünchKommBGB /Engelhardt, 5. Aufl., § 46 WEG Rn. 6). An der erforderlichen Abtrennbarkeit des angefochtenen Beschlussgegenstandes fehlt es jedoch grundsätzlich, wenn sich die Anfechtungsklage allein gegen die Höhe einer Umlage richtet. Könnte eine Sonderumlage für unwirksam erklärt werden, soweit sie einen bestimmten Betrag übersteigt, würde sich der übrig bleibende Teil des Beschlusses inhaltlich von dem in der Versammlung gefassten Beschluss unterscheiden, da durch eine Reduzierung des Umlagebetrages das Finanzierungskonzept verändert worden wäre. Das Gericht ist im Beschlussanfechtungsverfahren aber nicht befugt, die im Beschluss getroffene Regelung inhaltlich zu ändern, oder durch geeignet erscheinende andere Maßnahmen zu ergänzen oder zu ersetzen. Vielmehr hat es sich auf die Ungültigerklärung des angefochtenen Beschlusses zu beschränken (vgl. Senat, Beschluss vom 10. September 1998 - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 299; BayOblG, NJW-RR 2001, 10; OLG Köln, NZM 2000, 191 f.; Staudinger/Wenzel, BGB [2005], § 43 WEG Rn. 45; Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 46 Rn. 71). Daher darf es eine beschlossene Sonderumlage grundsätzlich nicht um einen bestimmten Betrag reduzieren (Abramenko , ZWE 2012, 54; aA Briesemeister ZWE 2012, 51).

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 15.08.2014, Az. 22a C 15/14, abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Gründe

I.

1

Die Parteien bilden die WEG A. H.47, I. G. G. 2, 3a, 3b, 3c, 4a, 4b, 5, 6, J.-S.-W. 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, (PLZ)H.. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist im Jahre 2013 entstanden. Am 17.12.2013 fand die erste ordentliche Eigentümerversammlung statt, nachdem zuvor bereits mehrere außerordentliche Eigentümerversammlungen stattgefunden hatten, u.a. am 08.08.2013. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz, nachdem die Kläger ihre Berufung zurückgenommen haben, noch um die Gültigkeit der auf der Eigentümerversammlung vom 17.12.2013 zu TOP 4 und 6 a) gefassten Beschlüsse (Protokoll: Anl. B 1), soweit das Amtsgericht diese teilweise für ungültig erklärt hat.

2

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).

3

Das Amtsgericht hat den auf der Eigentümerversammlung vom 17.12.2013 zu TOP 4 gefassten Beschluss mit Urteil vom 15.08.2014 für ungültig erklärt, soweit er eine rückwirkende Geltung für das Wirtschaftsjahr 2013 vorsieht, „also für die vor dem 17.12.2013 begonnen habenden Monate“. Weiter hat das Amtsgericht den auf derselben Eigentümerversammlung zu TOP 6 a) gefassten Beschluss für ungültig erklärt, soweit er eine Überprüfung der Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedürftigkeit der Fassade und der Dachkonstruktion durch einen Sachverständigen dem Grunde nach für die Bereiche A. H., J.-S.-W. 4 und 5 sowie I. G. G. 3, 4b, 5 und 6 zurückgewiesen hat. Im Übrigen hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Soweit das Amtsgericht der Klage stattgegeben hat, hat es zur Begründung ausgeführt, dass der Beschluss über die rückwirkende Geltung des Wirtschaftsplans ab 01.04.2013 mindestens anfechtbar, wenn nicht sogar nichtig sei, da sich der Wirtschaftsplan auf die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben eines zukünftigen Wirtschaftsjahres beziehe, während ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr nur noch abzurechnen sei. Soweit der BGH in einem obiter dictum erklärt habe, dass ein Wirtschaftsplan auch dann beschlossen werden könne, wenn das betreffende Wirtschaftsjahr bereits abgelaufen sei, erscheine gleichwohl die im Schrifttum vertretene Ablehnung vorzugswürdig. Auch aus dem Aspekt, dass es sich hier um ein Rumpfwirtschaftsjahr gehandelt habe, ergebe sich keine gegenteilige Bewertung. Es wäre auf keine Bedenken gestoßen, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft im April einen Wirtschaftsplan für den Rest des Wirtschaftsjahres erstellt hätte. Die Verwaltung hätte besonders zügig Anfang 2014 über das Wirtschaftsjahr 2013 abrechnen müssen. Auch während des Wirtschaftsjahres 2013 stattfindende Eigentümerwechsel führten nicht zur Notwendigkeit einer rückwirkenden Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan.

4

Entgegen dem Protokoll handele es sich bei dem zu TOP 6 a) gefassten Beschluss um einen Negativbeschluss, was im Ergebnis unstreitig geblieben sei. Die Kläger hätten schlüssig dargetan, dass es allein ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen habe, die Sanierungsbedürftigkeit des Gemeinschaftseigentums durch einen Sachverständigen prüfen zu lassen, nachdem bereits am 29.05.2013 festgestellt worden sei, dass die Außenwände der Wohnung aufgrund des Eindringens von Feuchtigkeit von außen durch das Mauerwerk feucht bzw. sogar nass gewesen seien. Keine Ermessensreduzierung bestehe allerdings hinsichtlich des Beschlussteils, dass die Beauftragung eines Sachverständigen in Absprache mit dem Beirat erfolge. Eine solche Auswahlentscheidung falle in die grundsätzliche Zuständigkeit der Gemeinschaft und könne jedenfalls nicht per Beschluss auf den Beirat delegiert werden. Auf jeden Fall bestehe insoweit keine Ermessensreduzierung auf null. Darüber hinaus bestehe auch keine Ermessensreduktion bezüglich der Kostengrenze. Die Gemeinschaft hätte auch von einer solchen Regelung absehen können. Die Wohnungseigentümer hätten im Falle von Anträgen, die teilweise zwingend positiv zu bescheiden seien und teilweise über das Ziel hinausschössen, die Obliegenheit, diejenigen Beschlussteile zu beschließen, die zwingend seien, und nur diejenigen zurückzuweisen, die es nicht seien. Der Beschluss sei hinsichtlich der Prüfung der Sanierungsbedürftigkeit der Fassade und der Dachkonstruktion in den Bereichen A. H., J.-S.-W. 4 und 5 sowie I. G. G. 3, 4b, 5 und 6 nicht deckungsgleich mit dem auf der Eigentümerversammlung vom 08.08.2013 zu TOP 2 gefassten Beschluss.

5

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 30.09.2014 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit einem am 14.10.2014 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese sogleich begründet. Die Kläger haben die von ihnen mit Schriftsatz am 30.10.2014 gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 30.09.2014 zugestellte Urteil eingelegte Berufung mit Schriftsatz vom 02.01.2015 zurückgenommen und sind daraufhin mit Beschluss vom 06.01.2015 des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt worden.

6

Die Beklagten tragen vor, dass sich weder aus § 28 Abs. 1 WEG noch aus § 28 Abs. 3 WEG ergebe, dass der Wirtschaftsplan für ein bevorstehendes Kalenderjahr bereits im Vorjahr beschlossen werden müsse. Zudem handele es sich um eine neu aufgeteilte Wohnungseigentumsanlage, so dass 2013 Rumpfjahr gewesen sei. Die Übergabe von Wohnungen habe bereits im April 2013 begonnen. Daher sei es dem Verwalter unmöglich gewesen, bereits im Jahr 2012 einen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 vorzulegen und beschließen zu lassen. Der BGH habe ausdrücklich festgestellt, dass eine Anspruchsgrundlage auch für bereits entrichtete Hausgeldbeiträge in Gestalt eines Wirtschaftsplans geschaffen werden müsse. Der BGH habe in Rn. 20 der zitierten Entscheidung ausgeführt, dass es sich bei den Hausgeldvorschüssen gemäß Wirtschaftsplan gerade nicht um gewöhnliche Abschlagszahlungen handele, für die charakteristisch sei, dass sie von dem Gläubiger nicht mehr verlangt werden könnten, sobald die Berechnung der eigentlichen Forderung vorliege. Die Parteien hätten bereits ab April 2013 freiwillig mit der Hausgeldzahlung gemäß zugesandtem Wirtschaftsplan begonnen. Für diese Zahlungen habe nachträglich eine Anspruchsgrundlage geschaffen werden müssen, was mit dem Beschluss vom 17.12.2013 erfolgt sei. Der Wirtschaftsplan, über den abgestimmt worden sei, sei den Klägern übersandt worden. Weitere Einwendungen gegen den Beschluss hätten die Kläger innerhalb der Klagebegründungsfrist des § 46 WEG nicht vorgebracht.

7

Das Urteil des Amtsgerichts verstoße gegen § 308 ZPO und § 46 Abs. 1 Satz 2 HS. 2 WEG, soweit der Beschluss zu TOP 6 a) teilweise für ungültig erklärt worden sei. Das Amtsgericht habe offenbar unter Beiziehung der Akte aus dem Parallelverfahren den Sachverhalt dahingehend ausgeforscht, welche Untersuchungen des gemeinschaftlichen Eigentums dort, also in der Versammlung vom 08.08.2013, bereits beschlossen worden seien. Die auf Seite 12 und 13 der Urteilsbegründung zugrunde gelegten Tatsachen seien von den Parteien nicht vorgetragen worden. Dies gelte auch für den Schriftsatz vom 07.07.2014 der Kläger. Dass die Kläger innerhalb der Klagebegründungsfrist lediglich das gerichtliche Aktenzeichen des Parallelverfahrens erwähnt hätten, reiche nicht aus. Es handele sich allenfalls um eine Anregung an das Gericht, die Akte beizuziehen. Unklar sei, worauf sich die von den Klägern geforderte Kostenobergrenze von € 80.000,00 für ein Sachverständigengutachten beziehen solle. In dem Beschluss fehle die Festlegung, wie die € 80.000,00 aufgebracht werden sollten, da diese Summe offenkundig nicht aus dem laufenden Wirtschaftsplan entnommen werden könne. Dies hätte jedoch erfolgen müssen.

8

Die Beklagten beantragen,

9

das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 15.08.2014, Az. 22A C 15/14, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

10

Die Kläger beantragen,

11

die Berufung zurückzuweisen.

12

Die Kläger verteidigen das Urteils des Amtsgerichts und tragen vor, dass die Aufteilung des bestehenden Objekts in Wohnungseigentum im Jahr 2012 erfolgt sei, so dass allenfalls dieses Jahr als Rumpfjahr anzusehen sei. Dem stehe nicht entgegen, dass der aufteilende Eigentümer Wohnungen möglicherweise erst ab 2013 an Erwerber übergeben habe. Im Jahr 2013 hätten diverse Eigentümerversammlungen stattgefunden, u.a. die außerordentliche Eigentümerversammlung vom 30.05.2013, auf der ein Wirtschaftsplan für das weitere Jahr hätte vorgelegt und beschlossen werden können. Aus der Entscheidung des BGH, Az. V ZR 68/12 ergebe sich nicht zwangsläufig, dass die Rechtsgrundlage bereits geleisteter Beträge in Gestalt einer rückwirkenden Beschlussfassung hergestellt werden könne und dürfe.

13

In Bezug auf den zu TOP 6 a) gefassten Beschluss habe das Amtsgerichts zutreffend darauf hingewiesen, dass es den Eigentümern obliege, im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung die zwingenden Beschlussteile zu beschließen, und diese sich nicht auf eine Gesamtablehnung zurückziehen dürften. Der Vorwurf der „Amtsermittlung“ oder „Ausforschung“ durch das Amtsgericht könne nicht nachvollzogen werden, weil sie mit Schriftsatz vom 07.07.2014 das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 08.08.2013 eingereicht hätten. Das Amtsgericht habe nicht gegen § 308 ZPO verstoßen. Das Fehlen eines Finanzierungsbeschlusses könne nicht zu einer Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils führen.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags im Berufungsverfahren wird ergänzend auf die zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

15

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, und hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Amtsgericht die auf der Eigentümerversammlung vom 17.12.2013 zu TOP 4 und TOP 6 a) gefassten Beschlüsse teilweise für ungültig erklärt und die Klage nicht insgesamt abgewiesen.

1.

16

Der Beschluss zu TOP 4 über die Genehmigung des Wirtschaftsplans 2013 war wirksam und entsprach auch ordnungsgemäßer Verwaltung, soweit er die rückwirkende Geltung ab dem 01.04.2013 enthielt.

17

Zwar hat das Amtsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass nach bisher überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur der erst im Dezember des Wirtschaftsjahres gefasste Beschluss über einen rückwirkend geltenden Wirtschaftsplan nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht (OLG Hamm, Beschluss vom 22.01.2009 - I-15 Wx 208/08, NJW-RR 2009, 1388, Rn. 11, zitiert nach juris; BayObLG, Beschluss vom 13.12.2001 - 2Z BR 93/01, ZWE 2002, 360, Rn. 27, zitiert nach juris; AG Mannheim, Urteil vom 15.05.2009 - 4 C 18/09, BeckRS 2009, 12715; BeckOK WEG/Bonifacio, Stand: 01.10.2014, § 28 Rdnr. 5; Bärmann/Becker, WEG, 12. Auflage, § 28 Rdnr. 14; offen gelassen von LG Saarbrücken, Urteil vom 21.06.2013 - 5 S 141/12, ZWE 2013, 379, Rn. 27, zitiert nach juris). Die vom Amtsgericht zitierte Entscheidung des OLG Schleswig (Beschluss vom 13.06.2001 - 2 W 7/01, ZWE 2002, 141) und Kommentarstelle (Niedenführ in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Auflage, § 28 Rdnr. 17), wonach der Beschluss nichtig sei, betreffen den hier nicht vorliegenden Fall, dass der Wirtschaftsplan rückwirkend für ein bereits abgelaufenes Wirtschaftsjahr beschlossen wird.

18

Demgegenüber hat der BGH mit Urteil vom 04.04.2014 - V ZR 168/13 (NJW 2014, 2197) entschieden, dass der Wirtschaftsplan sogar nach der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung durch einen Zweitbeschluss ersetzt werden kann, wenn Zweifel an seiner Wirksamkeit bestehen. Die Jahresabrechnung enthält regelmäßig nicht die Rechtsgrundlage für bereits geleistete und noch ausstehende Wohngeldvorauszahlungen.Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. bereits Urteil vom 01.06.2012 - V ZR 171/11, NJW 2012, 2797, Rn. 20 ff., zitiert nach juris) wirkt der Beschluss über die Jahresabrechnung anspruchsbegründend nur hinsichtlich des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrages, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteigt (sog. Abrechnungsspitze); im Hinblick auf Zahlungsverpflichtungen, die durch frühere Beschlüsse entstanden sind, hat er dagegen nur bestätigende und rechtsverstärkende Wirkung. Insbesondere führt der Beschluss über die Jahresabrechnung nicht zu einer Verdoppelung des Rechtsgrunds für rückständige Vorschüsse in dem Sinne, dass sie sowohl auf Grund des Beschlusses über den Wirtschaftsplan als auch auf Grund des Beschlusses über die Jahresabrechnung geschuldet wären. Bei den in § 28 Abs. 2 WEG geregelten Vorschüssen der Wohnungseigentümer handelt es sich nicht um gewöhnliche Abschlagszahlungen, für die charakteristisch ist, dass sie von dem Gläubiger nicht mehr verlangt werden können, sobald eine Berechnung der eigentlichen Forderung vorliegt. Die Jahresabrechnung dient nicht der Ermittlung des „eigentlichen“ Beitragsanspruchs, sondern nur der Anpassung der laufend zu erbringenden Vorschüsse an die tatsächlichen Kosten. Weil die Jahresabrechnung danach nicht an die Stelle des Wirtschaftsplans tritt, kann dieser nach der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung in einem folgenden Wirtschaftsjahr durch einen Zweitbeschluss ersetzt werden, wenn Zweifel an seiner Wirksamkeit bestehen (BGH, Urteil vom 04.04.2014 - V ZR 168/13, Rn. 19-21, zitiert nach juris).

19

Diese BGH-Entscheidung, die zu Zweitbeschlüssen über eine Sonderumlage ergangen ist, bei der zweifelhaft war, ob sie wirksam beschlossen worden war, ist auf den vorliegenden Sachverhalt zu übertragen. Hier existierte zwar noch gar kein Beschluss über den Wirtschaftsplan 2013, denn dieser wurde auf der Eigentümerversammlung vom 17.12.2013 erstmals gefasst. Dieser Fall ist jedoch nicht anders zu bewerten als der Fall, dass für bereits abgelaufene Wirtschaftsjahre gefasste Sonderumlagenbeschlüsse nichtig sind. In dem einen wie in dem anderen Fall fehlt es von Anfang an an einer Rechtsgrundlage für bereits geleistete Vorauszahlungen (Sonderumlagenanteile) bzw. für die Einforderung rückständiger Vorauszahlungen (Sonderumlagenanteile). Damit geht der BGH gerade nicht davon aus, dass bei nichtiger (oder gänzliche fehlender) Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan die Abrechnungsspitze der Jahresabrechnung den Gesamtsaldo der jeweiligen Einzelabrechnung jedes Wohnungseigentümers erfasst, da es kein „Wohngeldsoll gemäß Wirtschaftsplan“ und damit keine weitere Rechtsgrundlage für die Wohngeldzahlung gibt. Hätte der BGH dies anders gesehen, hätte er entschieden, dass bei fehlender Rechtsgrundlage für Vorauszahlungen der Abrechnungsbeschluss die (dann notwendigerweise alleinige) Rechtsgrundlage für den gesamten Abrechnungssaldo darstellt. Von daher stellt sich auch im vorliegenden Fall nicht lediglich die Frage des „Dürfens“ der rückwirkenden Beschlussfassung des Wirtschaftsplan für ein bereits beinahe abgelaufenes Wirtschaftsjahr, sondern vielmehr des „Müssens“ (zutreffend Elzer, IMR 2014, 292; vgl. auch Jennißen-Jennißen, WEG, 3. Auflage, § 28 Rdnr. 67). Der Umstand, dass am 30.05. und 08.08.2013 bereits außerordentliche Eigentümerversammlungen stattgefunden haben, auf denen der Wirtschaftsplan 2013 hätte genehmigt werden können, ist unerheblich, da es nicht darauf ankommt, warum der Wirtschaftsplan bis kurz vor Ablauf des Wirtschaftsjahres nicht beschlossen worden ist oder ob dies möglich gewesen wäre.

20

Im vorliegenden Fall sollte durch den angefochtenen Beschluss - ebenso wie in dem vom BGH entschiedenen Sachverhalt - eine wirksame Rechtsgrundlage für die von den übrigen Wohnungseigentümern bereits entrichteten Wohngeldvorauszahlungen (sowie für die Einforderung etwaiger Rückstände) geschaffen werden. Die Erwerber, denen das Wohnungseigentum wie den Klägern im Jahre 2013 übergeben worden war, hatten ein „Begrüßungsschreiben“ erhalten (Anlagenkonvolut K 3), in dem ihnen mitgeteilt wurde, in welcher Höhe das monatliche Wohngeld zu zahlen sei. Ein Beschluss über die Genehmigung des Wirtschaftsplans existierte nicht. Dass die Erwerber von Wohnungseigentum im Falle der Begründung von Wohnungseigentum nach § 8 WEG, sofern für sie eine Auflassungsvormerkung eingetragen und ihnen das Wohnungseigentum bereits übergeben worden ist, als werdende Wohnungseigentümer bereits gem. § 16 Abs. 2 WEG für die Lasten und Kosten des zukünftigen Wohnungseigentums haften (BGH, Beschluss vom 05.06.2008 - V ZR 85/07, BGHZ 177, 53 = NJW 2008, 2639, Rn. 16, zitiert nach juris), bedeutet nicht, dass ohne entsprechende Rechtsgrundlage auch eine Verpflichtung bestünde, Wohngeldvorauszahlungen zu leisten. Die anteilsmäßige Verpflichtung jedes Wohnungseigentümers gegenüber den anderen Wohnungseigentümern wird entweder durch den Beschluss über den Wirtschaftsplan als Vorschuss (§ 28 Abs. 2 und 5 WEG) oder durch den Beschluss über die Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 3 und 5 WEG) zu einer konkreten Verbindlichkeit. Erst durch die entsprechenden Beschlüsse wird im Rahmen der allgemeinen Beitragspflicht eine Verbindlichkeit der einzelnen Wohnungseigentümer begründet (BGH, Beschluss vom 21.04.1988 - V ZB 10/87, BGHZ 104, 197 = NJW 1988, 1910, Rn. 18, zitiert nach juris; Niedenführ in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., § 16 Rdnr. 133).

21

Dagegen lässt sich auch nicht einwenden, dass begrifflich nicht mehr von einem Wirtschaftsplan im Sinne einer Prognose der voraussichtlich anfallenden Kosten und Lasten gesprochen werden könne und das Beschließen eines rückwirkenden Wirtschaftsplans sinnlos sei, wenn das betreffende Wirtschaftsjahr bereits beinahe um sei, die tatsächlichen Kosten feststünden und zeitnah abgerechnet werden könne. Da es hier um die (nachträgliche) Schaffung einer Rechtsgrundlage für bereits geleistete (oder noch nicht geleistete) Wohngeldvorauszahlungen im schon nahezu abgelaufenen Wirtschaftsjahr geht und diese nicht durch die Genehmigung der Jahresabrechnung geschaffen werden kann, hat die Wohnungseigentümergemeinschaft gar keine andere Möglichkeit zu handeln.

22

Den weiteren Einwand der Kläger, dass ihnen der Gesamtwirtschaftsplan und die Einzelwirtschaftspläne vor der Beschlussfassung nicht vorgelegt worden seien und unklar sei, auf welche Unterlagen in dem Beschluss Bezug genommen werde, hat das Amtsgericht zu Recht als nicht durchgreifend angesehen und darauf verwiesen, dass die Kläger mit ihrem Schriftsatz vom 07.07.2014 selbst als Anlagenkonvolut K 3 den ihr Wohnungseigentum betreffenden Einzelwirtschaftsplan sowie den Gesamtwirtschaftsplan eingereicht haben. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Wirtschaftsplan hinsichtlich seiner Aufgliederung in Einzelpositionen nicht sehr differenziert ist.

2.

23

a) Im Hinblick auf den zu TOP 6 a) gefassten Beschluss geht die Kammer aufgrund des von den Beklagten vorgelegten „endgültigen“ Protokolls der Eigentümerversammlung vom 17.12.2013 (Anl. B 1) davon aus, dass es sich um einen Negativbeschluss handelt. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig, obwohl es in dem von den Klägern vorgelegten Protokollentwurf (Anl. K 1) trotz eines Stimmenverhältnisses von 22 Ja-Stimmen, 106 Nein-Stimmen und 1 Stimmenthaltung noch (unrichtig) heißt: „Die Versammlungsleiterin verkündet, dass der Beschlussantrag angenommen ist.“

24

b) Dem Amtsgericht ist angesichts der von den Klägern innerhalb der Klagebegründungsfrist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG) vorgetragenen Tatsachen nicht darin zu folgen, dass das Ermessen der Wohnungseigentümer auf null reduziert war, Fassaden und Dachkonstruktion in der gesamten Wohnungseigentumsanlage - soweit dies nicht bereits Gegenstand des Beschlusses vom 08.08.2013 war - durch einen Sachverständigen überprüfen und ggfs. von diesem Sanierungsvorschläge unterbreiten zu lassen.

25

Der Lebenssachverhalt, auf den die Beschlussanfechtung gestützt werden soll, muss sich zumindest in seinem wesentlichen Kern aus den innerhalb der Klagebegründungsfrist eingegangenen Schriftsätzen selbst ergeben. Erforderlicher Sachvortrag kann nicht dadurch ersetzt werden, dass dem Gericht bei Durchsicht der Anlagen rechtserhebliche Umstände auffallen (BGH, Urteil vom 16.01.2009 - V ZR 74/08, BGHZ 179, 230 = NJW 2009, 999, Rn. 20, zitiert nach juris)

26

Die Kläger hatten innerhalb der zweimonatigen Klagebegründungsfrist lediglich vorgetragen, dass in ihrer Wohnung im J.-S.-W. 2, 2. Obergeschoss am 29.05.2013 festgestellt worden sei, dass die Außenwände der Wohnung aufgrund des Eindringens von Feuchtigkeit von außen durch das Mauerwerk feucht bzw. sogar nass gewesen seien. Dies stelle einen Mangel der Kaufsache dar. Die Ablehnung des Antrags entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, da nur auf diesem Wege das Maß der an die Aufteilerin heranzutragenden Ansprüche festgestellt werden könne und dies aktuell vereitelt werde. Daraus ergibt sich aber allenfalls, dass das Ermessen der Wohnungseigentümer dahingehend auf null reduziert war, die Untersuchung der Fassade bzw. der Dachkonstruktion im Bereich der Wohnung der Kläger zu beschließen. Die Kläger haben nicht geltend gemacht, dass und ggfs. in welchen anderen Bereichen der großen und aus mehreren Gebäuden bestehenden Wohnungseigentumsanlage Durchfeuchtungen festgestellt wurden und Grund zu der Annahme besteht, dass dort ebenfalls Baumängel vorliegen könnten. Innerhalb der Klagebegründungsfrist ist nicht ansatzweise ausgeführt worden, dass und warum beispielsweise aufgrund einer ähnlichen Bauweise oder Bauausführung auch in anderen Bereichen der Wohnungseigentumsanlage mit Durchfeuchtungen zu rechnen sei. Auch die von den Klägern vorgelegte knappe gutachterliche Stellungnahme des Dipl.-Ing. Michael K. (Anl. K 3), die sich nur auf die Wohnung der Kläger bezieht, gibt dafür nichts her.

27

Die gesamte Wohnungseigentumsanlage präventiv und ohne konkrete Anhaltspunkte auf etwaige Mängel an den Fassaden und der Dachkonstruktion durchsuchen zu lassen, entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, zumal im Jahr 2013 auch keine Verjährung etwaiger Ersatzansprüche der Erwerber gegen die aufteilende Eigentümerin drohte.

28

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in der Wohnungseigentümergemeinschaft offenbar erheblicher Instandsetzungsbedarf besteht. Dies hat die Kammer lediglich aus der als Anlage K 2 eingereichten Beschlusssammlung entnommen, aus der hervorgeht, dass auf der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 30.05.2013 Bau- bzw. Sanierungsmaßnahmen im Wert von über einer Million Euro beschlossen wurde, darunter auch Dachsanierungsarbeiten, die sich jedoch nur auf den J.-S.-W. 4 bezogen. Allerdings ist hierzu von den Klägern innerhalb der Klagebegründungsfrist (und auch danach) kein schriftsätzlicher Vortrag erfolgt.

29

Die Kammer verkennt nicht, dass die Wohnungseigentümer auf der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 08.08.2013 mehrheitlich beschlossen haben, das Architekturbüro K. mit der Überprüfung der Fassade und der Dachkonstruktion in den Bereichen I. G. G. 2 und 4a und J.-S.-W. 2, 3, 6, 7 und 8 auf notwendige Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten sowie auf eventuelle Sanierungsarbeiten zu beauftragen (TOP 2), und hierfür die Erhebung einer Sonderumlage von € 12.126,10 beschlossen haben (TOP 3). Dies legt die Vermutung nahe, dass jedenfalls in Bezug auf die genannten Bereiche aus Sicht der Mehrheit der Wohnungseigentümer Anlass bestand, das gemeinschaftliche Eigentum auf Mängel zu überprüfen. Hierzu ist jedoch ebenfalls kein Vortrag der Kläger innerhalb der Klagebegründungsfrist erfolgt. Aus welchem Grund und vor welchem Hintergrund es zu dieser Beschlussfassung gekommen ist, lässt sich der Beschlusssammlung nicht entnehmen. Aus den am 08.08.2013 gefassten Beschlüssen lässt sich allenfalls erahnen, dass möglicherweise Anhaltspunkte dafür bestanden, dass durch Mängel an der Fassade und/oder der Dachkonstruktion nicht nur im Bereich der Wohnung der Kläger im J.-S.-W. 2 Durchfeuchtungen aufgetreten waren (oder drohten), sondern noch in zahlreichen anderen Bereichen.

30

Da es hier auf die Frage ankommt, ob die Kläger einen Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung innerhalb der Klagebegründungsfrist durch ausreichenden Tatsachenvortrag schlüssig dargelegt haben, ist unerheblich, dass die Beklagten nicht geltend machen, dass über die Bereiche, die Gegenstand der Beschlussfassung vom 08.08.2013 waren, hinaus Untersuchungen der Fassade und Dachkonstruktion auf Baumängel nicht erforderlich seien.

31

c) Die Berufung der Beklagten ist unabhängig davon auch unter dem Aspekt des § 139 BGB begründet.

32

Auf Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung findet die gesetzliche Regelung des § 139 BGB entsprechende Anwendung. Zwar kann ein Beschluss grundsätzlich auch nur teilweise für ungültig erklärt werden. Dies ist aber nicht der Fall, wenn der unbeanstandet gebliebene Teil nicht sinnvollerweise auch allein Bestand haben kann und nicht anzunehmen ist, dass ihn die Wohnungseigentümergemeinschaft so beschlossen hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 10.09.1998 - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, Rn. 23, zitiert nach juris). Das Gericht ist im Beschlussanfechtungsverfahren nicht befugt, die im Beschluss getroffene Regelung inhaltlich zu ändern, oder durch geeignet erscheinende andere Maßnahmen zu ergänzen oder zu ersetzen. Vielmehr hat es sich auf die Ungültigerklärung des angefochtenen Beschlusses zu beschränken (BGH, Urteil vom 19.10.2012 - V ZR 233/11, ZMR 2013, 212, Rn. 9, zitiert nach juris).

33

Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem zu TOP 6 a) gefassten Beschluss um einen Negativbeschluss handelte. Dadurch, dass das Amtsgericht diesen nur teilweise für ungültig erklärt hat, erhält dieser keinen positiven Regelungsgehalt. Gleichwohl ist bei der teilweise für Ungültigerklärung eines Negativbeschlusses zu fragen, ob der für ungültig erklärte Teil des Beschlusses sinnvollerweise auch allein den Beschlussantrag hätten bilden können und das Ermessen der Wohnungseigentümer auf null reduziert gewesen wäre, diesem Antrag so zuzustimmen. Im vorliegenden Fall war das Ermessen der Beklagten nicht auf null reduziert, dem Teil des Beschlussantrags zuzustimmen, in Bezug auf den das Amtsgericht den Negativbeschluss für ungültig erklärt hat. Dies folgt schon daraus, dass es wenig sinnvoll erscheint, mit dem Architekten K. und einem (anderen) Sachverständigen zwei Fachleute parallel jeweils bestimmte Teilbereiche des gemeinschaftlichen Eigentums auf dieselben Mängel untersuchen zu lassen. Hinzu kommt, dass es - hätte der Beschlussantrag nur aus dem Teil bestanden, hinsichtlich dessen das Amtsgericht den zu TOP 6 a) gefassten Beschluss für ungültig erklärt hat - völlig unklar gewesen wäre, wer den zu beauftragenden Sachverständigen nach welchen Kriterien hätte auswählen sollen. Der Beschluss hätte dafür überhaupt keine Vorgaben für die Verwaltung enthalten. Eine derart weitgehende Delegation von Befugnissen der Eigentümerversammlung auf die Verwaltung widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.

34

d) Zu Recht hat das Amtsgericht die Anwendbarkeit des § 25 Abs. 5 WEG in diesem Fall verneint. Zwar mag die aufteilende Eigentümerin auf der Eigentümerversammlung vom 17.12.2013 die Stimmenmehrheit auf sich vereinigt haben (wobei unklar ist, wie viele der 105 Nein-Stimmen zu TOP 6 a) eigentlich von der aufteilenden Eigentümerin stammten). Gegenstand des Beschlusses war jedoch nicht die Einleitung eines Rechtsstreits gegen die aufteilende Eigentümerin, sondern die Feststellung möglicher Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum. Von dem Stimmrechtsverbot nach § 25 Abs. 5 Alt. 2 WEG werden nur Abstimmungen über Beschlussgegenstände erfasst, die verfahrensrechtliche Maßnahmen betreffen, worunter insbesondere Beschlüsse über die Einleitung des Rechtsstreits, die Art und Weise der Prozessführung und die Frage der verfahrensrechtlichen Beendigung fallen; dass eine Beschlussfassung Auswirkungen auf den Rechtsstreit in materiell-rechtlicher Hinsicht hat oder haben kann, genügt nicht (BGH, Urteil vom 14.10.2011 - V ZR 56/11, BGHZ 191, 198, Rn. 11, zitiert nach juris). Da das Stimmrecht des Wohnungseigentümers zum Kernbereich des Wohnungseigentums gehört, verbietet sich eine weite Auslegung des Stimmrechtsverbots gem. § 25 Abs. 5 WEG. Der überstimmte Wohnungseigentümer ist darauf zu verweisen, den Beschluss mit der Anfechtungsklage anzugreifen.

3.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO.

36

Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil die Kammer die Revision gegen dieses Urteil nicht zulässt und die Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde gesetzlich ausgeschlossen ist (§ 62 Abs. 2 WEG).

37

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Kammer wendet die neuere BGH-Rechtsprechung zur rückwirkenden Beschlussfassung über die Erhebung einer Sonderumlage, wenn die Wirksamkeit des Erstbeschlusses zweifelhaft ist (Urteil vom 04.04.2014 - V ZR 168/13), zwar auch auf die rückwirkende Beschlussfassung über die Genehmigung des Wirtschaftsplans erst kurz vor Ablauf des betreffenden Wirtschaftsjahres an, was der bisher herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung widerspricht. Der BGH selbst hat in seinem Urteil vom 04.04.2014 - V ZR 168/13 diese Parallele zum Wirtschaftsplan ausdrücklich selbst gezogen. Zudem dürften gerichtliche Entscheidungen, die vor dem BGH-Urteil vom 04.04.2014 ergangen sind, überholt sein. Dies gilt entsprechend auch für das vor Bekanntwerden des Urteils veröffentlichte Schrifttum.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 07.10.2015, Az. 539 C 13/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 07.10.2015, Az. 539 C 13/15, ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf € 10.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Parteien bilden die WEG J... Allee ..., (PLZ)H... Sie streiten um die Wirksamkeit der auf der Eigentümerversammlung vom 09.04.2015 zu TOP 5.1, 6.1 und 6.2 gefassten Beschlüsse (Protokoll: Anl. B 2, Bl. 49 R / 50 d.A.).

2

Mit dem Mehrheitsbeschluss zu TOP 5.1 wurde dem Beklagten C. L. (WE 1) gestattet, die auf seiner Sondernutzungsfläche vorhandene Terrasse zu vergrößern und die umliegenden Bereiche in bestimmter Weise gärtnerisch zu gestalten. Die Kosten der Herstellung und der künftigen Instandhaltung sollte der Beklagte L. tragen. Mit dem allstimmigen Beschluss zu TOP 6.1 wurde den Eigentümern des WE 2, den Beklagten B. und Dr. A. R., gestattet, ihre Sondernutzungsfläche mit einer zusätzlichen Terrasse zu bebauen. Die Kosten der Herstellung und der künftigen Instandhaltung sollten die Beklagten R. tragen. Mit dem allstimmigen Beschluss zu TOP 6.2 wurde den Eigentümern des WE 2 auf ihrer Sondernutzungsfläche die Vornahme einer Abgrabung vor den Fenstern des Hobbyraums 2 ihres Sondereigentums gestattet. Die Kosten der Herstellung und der künftigen Instandhaltung sollten die Beklagten R. tragen.

3

Der Teilungsvertrag (Anl. K 1, Bl. 17 ff. d.A.) enthält in § 7 Abs. 1 Satz 2 die folgende Regelung: „Für die Instandhaltung der ausschließlich ihrem Sondernutzungsrecht unterliegenden Flächen, Anlagen und Einrichtungen haben die jeweils berechtigten Sondereigentümer zu sorgen.“ In § 8 des Teilungsvertrages ist die Kosten- und Lastenverteilung geregelt. Dort heißt es in § 8 Abs. 1 Satz 1: „Jeder Sondereigentümer trägt diejenigen auf sein Sondereigentum entfallenden Kosten und Lasten allein, für die eigene Messvorrichtungen vorhanden sind oder die sonst in einwandfreier Weise festgestellt werden können.“ § 8 Abs. 2 des Teilungsvertrages lautet: „Soweit Kosten und Lasten nicht einem Sondereigentum entsprechend Abs. 1 zuzuordnen sind, diese von den Eigentümern im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen.“

4

Die Kläger haben vorgetragen, dass die auf der Eigentümerversammlung vom 09.04.2015 zu TOP 5.1, 6.1 und 6.2 gefassten Beschlüsse nichtig seien, weil diese ohne die erforderliche Beschlusskompetenz gefasst worden seien. Die Beschlüsse sähen eine Änderung von Art und Umfang der betroffenen Sondernutzungsrechte der WE 1 und 2 vor, was nur durch Vereinbarung erfolgen könne. Durch die angegriffenen Beschlüsse werde § 2 des Teilungsvertrages dauerhaft abgeändert. In § 5 Ziff. 5 des Teilungsvertrages sei die Nutzung der Sondernutzungsflächen als „Gartenflächen“ vorgesehen, weswegen diese nicht als Terrasse genutzt werden dürften. Eine „Umnutzung“ von Gartenflächen zugunsten von Terrassenflächen einerseits und der Schaffung von Gruben zum Lichteinfall für Fenster dort, wo sich eine Rasenfläche befinden sollte andererseits, gehe über bloße bauliche Veränderungen hinaus.

5

Der Kläger hat beantragt,

6

1. die Nichtigkeit des auf der Eigentümerversammlung vom 09.04.2015 zu TOP 5.1 gefassten Beschlusses über die Änderung des Gemeinschaftseigentums im Bereich des Sondernutzungsrechtes des Herrn C. L. (WE 1), der Vergrößerung der Terrassenfläche und gärtnerische Gestaltung festzustellen,

7

2. die Nichtigkeit des auf der Eigentümerversammlung vom 09.04.2015 zu TOP 6.1 gefassten Beschlusses über die Änderung des Gemeinschaftseigentums im Bereich des Sondernutzungsrechtes der Eheleute B. und Dr. A. R. (WE 2) hinsichtlich der Terrassen auf der West-Seite und der Nord-Seite festzustellen,

8

3. die Nichtigkeit des auf der Eigentümerversammlung vom 09.04.2015 zu TOP 6.2 gefassten Beschlusses über die Änderung des Gemeinschaftseigentums im Bereich des Sondernutzungsrechtes der Eheleute B. und Dr. A. R. (WE 2) hinsichtlich der Abgrabung vor den Souterrainfenstern des Hobbyraums 2 festzustellen.

9

Die Beklagten haben beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Die Beklagten haben vorgetragen, dass die vom Kläger angegriffenen Beschlüsse wirksam seien. Die Beschlüsse änderten an der Lage der Sondernutzungsflächen, die sich aus Anlage 2 zum Teilungsvertrag ergebe, nichts. Außer in § 5 Ziff. 5 des Teilungsvertrages fänden sich keine Vorgaben für die Sondernutzungsrechte im Teilungsvertrag. Bei der Vergrößerung der Terrasse (TOP 5.1) handele es sich um eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG. Die Beschlusskompetenz ergebe sich aus dem Gesetz. Auch der zu TOP 6.1 gefasste Beschluss ändere das Sondernutzungsrecht nicht. Die Beschlusskompetenz für die Errichtung bzw. Vergrößerung der Terrasse ergebe sich ebenfalls aus § 22 Abs. 1 WEG, ggf. aus § 7 Ziff. 5 Satz des Teilungsvertrages. Die Vertiefung von Teilen des Gartens stelle bereits keine bauliche Veränderung dar und stehe den Sondernutzungsberechtigten genehmigungsfrei zu. Die teilweise Vertiefung der Gartenfläche ändere nichts an ihrer Zweckbestimmung als Gartenfläche. Es könne offen bleiben, ob die Zustimmung aller Eigentümer zu TOP 6.1 und 6.2 einen allstimmigen, eine Vereinbarung ersetzenden Beschluss darstelle.

12

Die Nichtigkeit der Beschlüsse ergebe sich nicht daraus, dass sie keinen Einzelfall regelten, sondern - was die Folgekosten angehe - zukünftige Vorgänge. Die Einzelfallentscheidung bleibe eine solche, wenn sie die Folgekosten der Einzelmaßnahme umfasse. Würden die Regelungen für die zukünftigen Kosten gegen § 16 Abs. 4 WEG verstoßen, hätte dies nur eine Teilnichtigkeit der Beschlüsse zur Folge. Diese seien teilbar und wären auch dann gefasst worden, wenn der Teil betreffend zukünftige Kosten nicht zur Abstimmung gestellt worden wäre. Dadurch hätte sich nichts geändert, weil nach der Teilungsvereinbarung die Kosten bezogen auf die Sondernutzungsflächen ohnehin vom Sondernutzungsberechtigten zu tragen wären.

13

Das Amtsgericht hat der Klage mit Urteil vom 07.10.2015 (Bl. 85 ff. d.A.) stattgegeben und festgestellt, dass die auf der Eigentümerversammlung vom 09.04.2015 gefassten Beschlüsse zu TOP 5.1, 6.1 und 6.2 nichtig sind. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die im Tenor genannten Beschlüsse nichtig seien, weswegen das Versäumen der Anfechtungsfrist (§ 46 WEG) unerheblich sei. Der Nichtigkeitsklage stehe nicht entgegen, dass die Beschlüsse zu TOP 6.1 und 6.2 allstimmig gefasst worden seien. § 16 Abs. 4 WEG gebe nur eine sehr begrenzte Beschlusskompetenz, die mit den hier angegriffenen Beschlüssen überschritten sei. Die Wohnungseigentümer könnten nicht entgegen § 8 des Teilungsvertrages den Kostenverteilungsschlüssel für einzelne Bereiche oder Gegenstände hinsichtlich der Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen auf Dauer verändern. Hierdurch werde das die Beschlusskompetenz begründende „Einzelfallkriterium“ in § 16 Abs. 4 WEG verletzt. Fehle es an einem „Einzelfall“ im Rechtssinne, sei der Beschluss insgesamt nichtig. Die hier angegriffene Regelung in allen drei Beschlüssen beziehe sich auch auf die „Kosten für die künftige Instandhaltung“. Hier hätte es eines zivilrechtlichen Vertrages des bauwilligen Sondernutzungsberechtigten und der übrigen Eigentümer oder einer Vereinbarung im Sinne des § 10 WEG bedurft. Hätte man die alleinige Kostentragungspflicht des Sondernutzungsberechtigten für eine bauliche Veränderung erreichen wollen, wäre dies allenfalls über § 16 Abs. 6 WEG möglich gewesen, wenn nur der jeweils betroffene Sondernutzungsberechtigte zugestimmt hätte. Ob die Terrassenvergrößerung und die damit einhergehende Nutzungsmöglichkeit zu einer über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehenden Beeinträchtigung des Klägers führen würde, sei wegen der Versäumung der Anfechtungsfrist des § 46 WEG nicht zu entscheiden.

14

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 08.10.2015 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit einem am Montag, dem 09.11.2015 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit einem am 07.12.2015 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet haben.

15

Die Beklagten tragen vor, dass der hier im Streit stehende Appendix der Beschlüsse „…und die künftige Instandhaltung“ einen Einzelfall im Sinne des § 16 Abs. 4 WEG darstelle. Wollte man der Eigentümergemeinschaft die Beschlusskompetenz einräumen, bauliche Veränderungen und deren Kosten einem Sondereigentümer aufzuerlegen, hinsichtlich der Folgekosten aber keine Beschlusskompetenz zugestehen, wären die übrigen Sondereigentümer gehalten, in jedem Einzelfall späterer Instandsetzungsmaßnahmen eine Kostenfreistellung gem. § 21 Abs. 4 und 8 WEG gerichtlich durchzusetzen. Eine derartige Initiativlast der vom Gebrauch ausgeschlossenen Wohnungseigentümer würde den Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer aus keiner Sichtweise gerecht. Die durch die Veränderung allein Begünstigten dürften nicht auf eine anteilige Kostenlast der übrigen Wohnungseigentümer vertrauen, wenn die Errichtung einer baulichen Anlage ausschließlich in ihrem Interesse erfolge. Es wäre widersinnig, wollte man einzelnen Sondereigentümern eine bauliche Veränderung genehmigen, ohne zugleich über die Folgekosten beschließen zu können. Es stelle sich geradezu die Frage, ob ein solcher Beschluss über eine bauliche Veränderung, der nicht zugleich feststelle, dass auch künftige, mit dieser baulichen Veränderung zusammenhängende Kosten nicht von der Gemeinschaft zu tragen seien, überhaupt ordnungsgemäßer Verwaltung entspräche. Ein Folgekosten auslösender Beschluss widerspreche jedenfalls dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn für diese nicht ebenfalls eine Regelung getroffen werden würde. Den übrigen Sondereigentümern sei es gerade nicht zuzumuten, in späterer Zeit bei erforderlich werdenden Instandhaltungsmaßnahmen jedes Mal erneut beschließen und ggf. gerichtlich durchsetzen zu müssen, dass sie als am Gebrauch der baulichen Änderung nicht Beteiligte auch nicht an den Kosten zu beteiligen seien. Diese Auffassung werde von der herrschenden Meinung geteilt. Das Urteil des Amtsgerichts übersehe die Regelung in § 7 Ziff. 1 der Teilungserklärung. Danach obliege die Instandhaltung der einem ausschließlichen Sondernutzungsrecht unterliegenden Flächen, Anlagen und Einrichtungen dem jeweils berechtigten Sondereigentümer. Aus § 7 Ziff. 2 der Teilungserklärung folge, dass unter Ziff. 1 auch die Kosten dem sondernutzungsberechtigten Sondereigentümer auferlegt werden sollten.

16

Zu Unrecht verneine das angegangene Urteil auch die Möglichkeit einer Teilnichtigkeit, soweit die Beschlüsse hinsichtlich der künftigen Instandhaltung nichtig sein sollten. Die Trennbarkeit des Beschlusses sehe das Urteil selbst. Die Trennung sei durchaus möglich, weil die angegangenen Beschlüsse lediglich deklaratorischen Charakter hätten, da die Kosten im Zusammenhang mit den Sondernutzungsrechten durch die Teilungsvereinbarung bereits den jeweiligen Sondernutzungsberechtigten auferlegt worden sei.

17

Die Beklagten beantragen,

18

das am 07.10.2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese, Az. 539 C 13/15, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

19

Der Kläger beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Der Kläger trägt vor, dass es sich verbiete, die Folgekosten aus den streitgegenständlichen Beschlüssen unter die „Einzelfall“-Regelung des § 16 Abs. 4 WEG zu subsumieren. Sog. Folgekosten umfassten keinen Einzelfall mehr, da die fragliche Maßnahme nicht endgültig abgeschlossen sei. Die Kosten der künftigen Instandhaltung oder Instandsetzung fielen regelmäßig wieder an. Deswegen handele es sich um eine Vielzahl von Maßnahmen. Derartige Regelungen würden stets wiederkehrend den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung abändern. Auch nach dem Willen des Gesetzgebers habe eine Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 4 WEG lediglich in Einzelfällen und für einmalige, in sich abgeschlossene Sachverhalte begründet werden sollen. Der Wohnungseigentümer, der von einer baulichen Maßnahme profitiere, könne sich gegenüber der Gemeinschaft vertraglich verpflichten, die übrigen Eigentümer von der Übernahme der Baukosten und Instandhaltungskosten freizuhalten. Die Regelung in § 7 Ziff. 1 der Teilungserklärung beschäftige sich mit den Kostentragungen für solche Bestandteile, die im Sondereigentum stünden. Im vorliegenden Fall gehe es jedoch um Gemeinschaftseigentum, das mit einem Sondernutzungsrecht versehen sei. Zu Recht habe das Amtsgericht die Unteilbarkeit der Beschlüsse angenommen. Die übrigen Wohnungseigentümer hätten den Beschlüssen nicht zugestimmt, wenn die jeweils Sondernutzungsberechtigten nur die unmittelbar damit zusammenhängenden Kosten übernommen hätten, nicht auch die zukünftigen Kosten.

22

Das Amtsgericht habe sich nicht mit seinem ursprünglichen Argument für die fehlende Beschlusskompetenz der Beklagten befassen müssen. Die Beschlüsse führten zu einer Änderung des Sondernutzungsrechts, die ebenso wie die Begründung eines Sondernutzungsrechts nicht wirksam durch einen Mehrheitsbeschluss erfolgen könne.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

24

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

25

Zu Recht hat das Amtsgericht festgestellt, dass die auf der Eigentümerversammlung vom 09.04.2015 zu TOP 5.1, 6.1 und 6.2 gefassten Beschlüsse (insgesamt) nichtig sind.

1.

26

Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, dass dem Kläger für die Nichtigkeitsfeststellungsklage nicht das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, weil er auf der Eigentümerversammlung vom 09.04.2015 den Beschlussanträgen zu TOP 6.1 und 6.2 zugestimmt hat (insoweit handelte es sich um allstimmige Beschlüsse).

27

Ein nichtiger Beschluss entfaltet zwischen den Wohnungseigentümern keine Rechtswirkungen und kann nicht in Bestandskraft erwachsen. Die Nichtigkeit tritt von Anfang an ein, nicht erst durch Geltendmachung in einem gerichtlichen Verfahren; eine gerichtliche Entscheidung hat nur deklaratorische Bedeutung. Besteht Streit über die Wirksamkeit eines Eigentümerbeschlusses, steht das Recht zur Erhebung einer Nichtigkeitsfeststellungsklage daher jedem Wohnungseigentümer zu. Für die Frage des Rechtsschutzinteresses ist es ohne Bedeutung, ob er für oder gegen den Beschluss gestimmt hat (BGH, Urteil vom 01.06.2012 – V ZR 225/11, NJW 2012, 2578, Rn. 9, zitiert nach juris).

2.

28

Entgegen der Auffassung des Klägers kann die Frage der Reichweite der Beschlusskompetenz gem. § 16 Abs. 4 WEG hier nicht schon deshalb dahinstehen, weil die zu TOP 5.1, 6.1 und 6.2 gefassten Beschlüsse eine Änderung des Sondernutzungsrechts der betroffenen Wohnungseigentümer beinhalten und dies nicht wirksam durch Beschluss geregelt werden kann.

29

Zwar trifft es zu, dass eine inhaltliche Änderung des Sondernutzungsrechts ebenso wie die Begründung nur durch Vereinbarung erfolgen kann und nicht durch (Mehrheits-)Beschluss (BGH, Beschluss vom 20.09.2000 – V ZB 58/99, BGHZ 145, 158 = NJW 2000, 3500; Kammer, Urteil vom 09.04.2014 – 318 S 117/13, ZMR 2014, 741, Rn. 19, zitiert nach juris). Für Änderungen eines Sondernutzungsrechts in räumlicher und/oder inhaltlicher Hinsicht gilt nichts anderes als für die Begründung. Erforderlich ist eine Vereinbarung, die zur Bindung von Rechtsnachfolgern der Eintragung im Sinne des § 10 Abs. 3 bedarf (BeckOK WEG/Dötsch, 25. Edition, Stand: 01.10.2015, § 15 Rn. 295).

30

Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um Änderungen der betroffenen Sondernutzungsrechte in räumlicher oder inhaltlicher Hinsicht. Die Vergrößerung einer Terrasse (TOP 5.1), die Anlegung einer Terrasse (TOP 6.1) oder die Abgrabung des Geländes zur besseren Belichtung von Kellerfenstern (TOP 6.2) auf Sondernutzungsflächen sind jeweils als bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG zu qualifizieren, ändern das jeweilige Sondernutzungsrecht aber nicht. Für die Beschlussfassung über bauliche Veränderungen verfügt die Eigentümerversammlung über die erforderliche Beschlusskompetenz. Die betroffenen Sondernutzungsrechte werden weder in räumlicher Hinsicht erweitert, noch erfolgt eine Inhaltsänderung durch Änderung des Nutzungszwecks. Bei der Zuweisung der Sondernutzungsrechte an die WE 1 und 2 in § 2 Abs. 2 a) und b) des Teilungsvertrages (Anl. K 1) ist eine bestimmte Nutzungsart nicht vereinbart. Der Teilungsvertrag nimmt bezüglich der begründeten Sondernutzungsflächen Bezug auf eine Anlage 2. Dieser Anlage 2 ist keine Zweckbestimmung hinsichtlich einer lediglich zulässigen Gartennutzung zu entnehmen (vgl. Anl. K 3). Lediglich in § 5 Abs. 5 des Teilungsvertrages (Anl. K 1) klingt die Gartennutzung an, wobei es dort heißt „Für die Pflege der im Sondernutzungsrecht von Eigentümern etwa stehenden Gartenflächen…“ [Hervorhebung durch das Gericht]. Dies zeigt, dass die Gartennutzung der Sondernutzungsflächen nicht zwingend ist.

31

Die vom Kläger angeführte Entscheidung des AG Wiesbaden (Urteil vom 06.09.2013 – 92 C 2186/13, ZMR 2013, 1003) betrifft einen anderen Sachverhalt. Auch der zu einer gebührenrechtlichen Frage ergangene Beschluss des OLG München vom 23.04.2015 – 34 Wx 122/15 (NZM 2015, 942) gibt für den vorliegend zu entscheidenden Sachverhalt nichts her, da es dort um die erstmalige Einräumung eines Sondernutzungsrechts an einer gegenüber den ursprünglichen Plänen vergrößert hergestellten Dachterrasse ging.

3.

32

Der Eigentümerversammlung fehlte die Beschlusskompetenz, den betroffenen Sondernutzungsberechtigten die Folgekosten der von ihnen angestrebten baulichen Veränderungen aufzuerlegen. Die notwendige Beschlusskompetenz ergab sich insbesondere nicht aus § 16 Abs. 4 WEG, da Gegenstand der Beschlüsse kein Einzelfall im Sinne dieser Vorschrift war.

33

a) Gemäß § 16 Abs. 4 Satz 1 WEG können die Wohnungseigentümer im Einzelfall zur Instandhaltung oder Instandsetzung im Sinne des § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG oder zu baulichen Veränderungen oder Aufwendungen im Sinne des § 22 Abs. 1 und 2 WEG durch Beschluss die Kostenverteilung abweichend von Absatz 2 regeln, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt.

34

Während für den Bereich der Instandhaltung oder Instandsetzung im Sinne des § 21 Abs. 5 Ziff. 2 WEG anerkannt ist, dass mit dem „Einzelfall“ die Verteilung der Kosten für eine konkrete Instandsetzungsmaßnahme (z.B. Dachsanierung an einem bestimmten Gebäude der Gemeinschaft) gemeint ist, so dass sich der Beschluss in dem Vollzug der Maßnahme erschöpft (BGH, Urteil vom 18.06.2010 – V ZR 164/09, BGHZ 186, 51, Rn. 11, zitiert nach juris), ist dies in Bezug auf Folgekosten für bauliche Veränderungen im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG streitig (für die Erfassung auch der Folgekosten der baulichen Veränderung durch das Merkmal des Einzelfalls in § 16 Abs. 4 WEG: LG Itzehoe, Urteil vom 12.07.2011 – 11 S 51/10, ZMR 2012, 219, Rn. 51, zitiert nach juris; Bärmann/Becker, WEG, 12. Auflage, § 16 Rdnr. 132 ff.; Niedenführ in: Niedenführ/Kümmel/ Vandenhouten, WEG, 11. Auflage, § 16 Rdnr. 106; a.A. LG München I, Urteil vom 23.06.2014 – 1 S 13821/13, ZMR 2014, 920, Rn. 14 ff., zitiert nach juris; BeckOK WEG/ Bartholome, 25. Edition, Stand: 01.10.2015, § 16 Rdnr. 187 ff. m.w.N.). Insoweit soll der „Einzelfall“ nicht die Maßnahme als solche ohne Folgekosten, die erst Jahre später ausgelöst werden oder Folgen der weiteren Nutzung sind (so Jennißen/Jennißen, 4. Auflage, § 16 Rdnr. 77a zur Instandhaltung und Instandsetzung), sondern die bauliche Veränderung einschließlich der durch sie verursachten Folgen sein (Bärmann/Becker, a.a.O., Rdnr. 133). Jedenfalls in den Fällen, in denen die Errichtung einer baulichen Anlage ausschließlich dem Interesse einzelner Wohnungseigentümer dient und der Genehmigungsbeschluss im Zusammenhang mit dem Kostenfreistellungsbeschluss erfolgt, so dass für die von der baulichen Veränderung begünstigten Wohnungseigentümer von vornherein der Zusammenhang zwischen Errichtungsbefugnis und Kostenfreistellung erkennbar wird, soll der Begriff des „Einzelfalls“ auch die Folgekosten beinhalten (LG Itzehoe, Urteil vom 12.07.2011 – 11 S 51/10, ZMR 2012, 219, Rn. 51, zitiert nach juris; Bärmann/Becker, a.a.O., § 16 Rdnr. 133). Eine derart unterschiedliche Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Einzelfall“ in § 16 Abs. 4 Satz 1 WEG findet nicht nur in der Gesetzesbegründung keine Stütze (vgl. BT Drs. 16/887 Seite 23 ff., Anl. K 7), sondern schafft gerade entgegen dem Normzweck für zukünftige Fälle (d.h. Instandhaltungsbedarf an der neu errichteten Baulichkeit) eine neue Rechtsgrundlage. Diese Möglichkeit soll durch § 16 Abs. 4 WEG gerade nicht eröffnet werden; insoweit bedarf es nach wie vor einer Vereinbarung. In der Gesetzesbegründung heißt es auf Seite 24 (li. Sp.):

35

„...Der Beschluss der Wohnungseigentümer zur Regelung der Kosten muss einen Einzelfall betreffen. Damit knüpft die Regelung an die oben genannte Rechtsprechung zu vereinbarungswidrigen Beschlüssen an. Sie berücksichtigt auch, dass ein Wohnungseigentümer von einer einzelnen Änderung weniger stark als von einer generellen Abweichung betroffen wird und dass er nachteilige Auswirkungen einer abweichenden Kostenentscheidung im Einzelfall leichter erkennen kann. ... Die Formulierung „im Einzelfall zur“ macht auch deutlich, dass die Kostenregelung in Zusammenhang mit der Beschlussfassung über eine der dort bezeichneten Maßnahmen stehen muss, also einer Instandhaltung oder Instandsetzung oder einer baulichen Maßnahme oder Aufwendung gemäß § 22 Abs. 1 WEG (neu) oder einer solchen zur Modernisierung oder Anpassung an den Stand der Technik gemäß § 22 Abs. 2 WEG (neu). Die letztgenannten Maßnahmen werden erfasst, weil bei ihnen die tatsächliche und rechtliche Situation derjenigen von Instandhaltungen und Instandsetzungen entspricht und es deshalb folgerichtig erscheint, beide Fallgestaltungen gleich zu regeln.“

36

Dem Gesetzgeber schwebte mithin vor, alle in § 16 Abs. 4 WEG genannten Anwendungsfälle gleich zu behandeln. Dass den Wohnungseigentümern (nur) bei baulichen Veränderungen im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG auch ermöglicht werden sollte, dem betroffenen Wohnungseigentümer, der die bauliche Veränderung vornehmen will, auch gegen dessen Willen sämtliche Folgekosten aufzuerlegen, vermag die Kammer der Gesetzesbegründung nicht einmal im Ansatz zu entnehmen.

37

Die Gegenauffassung führt in erster Linie Praktikabilitätserwägungen ins Feld, da ansonsten bei zukünftigem Instandsetzungsbedarf im Einzelfall die Kostenfreistellung nach § 21 Abs. 4 und 8 WEG durchgesetzt werden müsste (Bärmann/Becker, a.a.O., § 16 Rdnr. 133). Dies ist dem betroffenen Wohnungseigentümer jedoch zuzumuten (zutreffend BeckOK WEG/Bartholome, 25. Edition, Stand: 01.10.2015, § 16 Rdnr. 191). Zwar mag es zutreffen, dass ein praktisches Bedürfnis dafür existiert, dem Wohnungseigentümer, der eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG anstrebt, neben den Herstellungskosten auch sämtliche damit zusammenhängenden Folgekosten aufzuerlegen, da die übrigen Wohnungseigentümer sonst oft nicht bereit sein werden, der baulichen Veränderung zuzustimmen. Dies kann jedoch nicht über einen Beschluss gem. § 16 Abs. 4 WEG erfolgen, sondern müsste ggfs. im Wege einer Vereinbarung oder durch eine vertragliche Verpflichtung des Bauwilligen gegenüber dem Verband geregelt werden, die mit einer Reallast zu Gunsten der Gemeinschaft abgesichert werden könnte (vgl. Beck-online.GROSSKOMMENTAR/Falkner, Stand: 01.12.2015, § 16 WEG Rdnr. 225.1). Schließlich ergibt sich auch aus der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 6 WEG nichts anderes. Selbst wenn man unterstellte, dass diese den einer baulichen Veränderung nicht zustimmenden Wohnungseigentümer nicht nur von den Herstellungs- sondern auch von den Folgekosten freistellt (str., vgl. Niedenführ in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., § 16 Rdnr. 106), bedeutet dies nicht, dass bei einer Kostenverteilung nach § 16 Abs. 4 WEG, die der Regelung in § 16 Abs. 6 WEG vorgeht (§ 16 Abs. 6 Satz 2 WEG), ebenfalls Folgekosten unter den „Einzelfall“ fallen müssten. Vielmehr betreffen § 16 Abs. 4 WEG und § 16 Abs. 6 Satz 2 WEG unterschiedliche Fälle. Während § 16 Abs. 4 WEG eine abweichende Kostenverteilung gegen den Willen des bauwilligen Wohnungseigentümers zulässt, steht es den Wohnungseigentümern im Fall des § 16 Abs. 6 WEG frei, ob sie der baulichen Veränderung zustimmen wollen oder nicht (zutreffend BeckOK WEG/Bartholome, 25. Edition, Stand: 01.10.2015, § 16 Rdnr. 190). Dass es Sachverhaltsgestaltungen gibt, in denen der allein mit den Herstellungs- und Folgekosten einer baulichen Veränderung belastete Wohnungseigentümer damit einverstanden ist, kann nicht maßgeblich für den Umfang der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer im Rahmen von § 16 Abs. 4 WEG sein.

38

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Rahmen der Erörterungen im Termin vom 17.02.2016 auf die Entscheidung des BGH vom 18.10.2010 (V ZR 164/09) verwiesen hat, führt dies für den vorliegenden Sachverhalt nicht zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung. Der BGH hatte bei einer Mehrhausanlage angenommen, dass ein Beschluss über die Sanierung des Dachs des einen Gebäudes keinen Einzelfall im Sinne von § 16 Abs. 4 WEG darstelle, weil er zu einer verdeckten dauernden Änderung der Teilungserklärung führe. Eine solche abweichende Kostenverteilung entspreche nur dann den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn für alle gleich gelagerten Instandsetzungsmaßnahmen eine entsprechende abweichende Kostenverteilung beschlossen würde, da die für den Einzelfall beschlossene Änderung des Kostenverteilungsschlüssels einen Anspruch der betroffenen Wohnungseigentümer auf Gleichbehandlung in künftigen Fällen auslösen würde. Dies sei jedoch mit § 16 Abs. 4 WEG nicht vereinbar. Auch wenn diese Entscheidung des BGH nicht den Fall der baulichen Veränderung betrifft, entnimmt ihr die Kammer doch, dass der BGH das Merkmal des Einzelfalls sehr eng auslegt. Wenn schon bei Instandsetzungsmaßnahmen kein Einzelfall mehr vorliegt, weil die abweichende Kostenverteilung bezogen auf eine konkrete Dachsanierung des einen Gebäudes der Gemeinschaft mittelbare Folgewirkungen auf die Kostenverteilung der Sanierung des anderen Gebäudedaches hat, liegt ein „Einzelfall“ erst recht nicht mehr vor, wenn dem begünstigten Eigentümer, der eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG vornehmen will, für alle Zukunft die sich daraus ergebenden unabsehbaren Folgekosten überbürdet werden.

39

b) Auch wenn jedenfalls die zu TOP 6.1 und 6.2 gefassten Beschlüsse allstimmig gefasst wurden, sind diese nicht als Vereinbarung der Wohnungseigentümer auszulegen.

40

Das Hanseatische Oberlandesgericht vertritt hinsichtlich der Abgrenzung von allstimmigen Beschlüssen und Vereinbarungen zwar die Auffassung, dass insoweit eine materielle Abgrenzung vorzunehmen sei (HansOLG, ZMR 2008, 154, 155: „Eine Vereinbarung ist regelmäßig anzunehmen, wenn ein Beschluss nicht möglich wäre.“). Dies verkennt jedoch den Unterschied zwischen einer Vereinbarung, d.h. einem Vertragsschluss, der durch entgegen gerichtete Willenserklärungen zustande kommt (§§ 145 ff. BGB), und einer Stimmabgabe, bei der die anwesenden Wohnungseigentümer im Rahmen der Stimmabgabe gleichgerichtete Willenserklärungen an den Versammlungsleiter als Adressaten abgeben (vgl. Dazu BGH, Urteil vom 13.07.2012 – V ZR 254/11, NJW 2012, 3372). Zudem hat die Feststellung des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter beschlusskonstitutive Wirkung (Bärmann/Klein, a.a.O., § 10 Rdnr. 177). Unabhängig davon fehlen im Protokoll der Eigentümerversammlung vom 09.40.2015 jegliche Hinweise darauf, dass die Wohnungseigentümer zu TOP 6.1 und 6.2 eine Vereinbarung schließen und keine Beschlüsse fassen wollten. Nach der äußeren Form handelte es sich um Beschlüsse (Abstimmung in einer Eigentümerversammlung, Verkündung des Abstimmungs- und Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter).

41

c) Zu Unrecht machen die Beklagten geltend, dass die Beschlüsse nur deklaratorisch wiedergäben, was ohnehin vereinbart sei, und schon deswegen nicht nichtig seien.

42

Dabei verkennen sie, dass im Teilungsvertrag zwar in § 7 Abs. 1 Satz 2 (Anl. K 1) geregelt ist, dass für die Instandhaltung der ausschließlich ihrem Sondernutzungsrecht unterliegenden Flächen, Anlagen und Einrichtungen die jeweils berechtigten Sondereigentümer zu sorgen haben. Damit wurde die Instandhaltungslast für den Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums, der sich im Bereich einer Sondernutzungsfläche befindet, durch Vereinbarung auf den jeweiligen sondernutzungsberechtigten Sondereigentümer überbürdet, was grundsätzlich möglich und wirksam ist. Durch Vereinbarung können die Wohnungseigentümer abweichend von § 21 Abs. 5 Nr. 2, § 16 Abs. 2 WEG die Pflicht zur Instandsetzung und Instandhaltung von Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums und zur Tragung der damit verbundenen Kosten durch eine klare und eindeutige Regelung einzelnen Sondereigentümern auferlegen (BGH, Urteile vom 22.11.2013 – V ZR 46/13, ZMR 2014, 899, Rn. 10, zitiert nach juris; vom 02.03.2012 – V ZR 174/11, ZMR 2012, 641, Rn. 7; BayObLG, Beschluss vom 18.12.2003 – 2Z BR 203/303, ZMR 2004, 357, Rn. 13, zitiert nach juris; Kammer, Urteil vom 09.04.2014 – 318 S 133/13, ZMR 2014, 661, Rn. 19, zitiert nach juris). Im Zweifel bleibt es bei der gesetzlichen Zuständigkeit (Kammer, Urteil vom 19.06.2013 – 318 S 101/12, ZMR 2013, 829, Rn. 16, zitiert nach juris).

43

Im vorliegenden Fall fehlt es bei der in § 7 Abs. 1 der Teilungserklärung enthaltenen Regelung an einer Zuweisung der Kosten für die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums an die Sondernutzungsberechtigten. Systematisch finden sich in § 7 des Teilungsvertrages die Regelungen über die Instandhaltungspflicht und in § 8 des Teilungsvertrages die Regelungen über die Kostentragung. In § 8 des Teilungsvertrages wird die Kostentragungspflicht der Sondernutzungsberechtigten für die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums im Bereich ihrer Sondernutzungsfläche nicht erwähnt. Das Amtsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Sondernutzungsberechtigte nur dann kostentragungspflichtig ist, wenn dies ausdrücklich vereinbart worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2014 – V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 = ZMR 2015, 239, Rn. 19, zitiert nach juris; BeckOK WEG/Elzer, 25. Edition, Stand: 01.10.2015, § 21 Rdnr. 264).

44

Die Kammer legt den Teilungsvertrag nicht dahingehend aus, dass mit der Überbürdung der Instandhaltungslast auch die Kostentragung mit überbürdet wurde. Bei der Auslegung der Teilungserklärung ist auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung dürften nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Umständen des Einzelfalls für jedermann ersichtlich sind (BGH, Urteil vom 02.03.2012 – V ZR 174/11, NJW 2012, 1722, Rn. 7, zitiert nach juris; Beschluss vom 29.01.1993 – V ZB 24/92, BGHZ 121, 236, 239 = NJW 1993, 1329, Rn. 11, zitiert nach juris; Bärmann/Klein, a.a.O., § 10 Rdnr. 130). Zwar wird vertreten, dass sich die Kostentragungspflicht im Wege einer nach der Verkehrssitte orientierten Auslegung der Begründungsvereinbarung oder auch aus einer Bestimmung der Gemeinschaftsordnung ergeben kann, die von der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht für das Gemeinschaftseigentum durch alle Wohnungseigentümer das dem Sondernutzungsrecht unterliegende Eigentum ausnimmt (Bärmann/Klein, a.a.O., § 13 Rdnr. 119 unter Hinweis auf BayObLG, ZMR 2004, 357; Kümmel in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., § 13 Rdnr. 58: „Ist der Sondernutzungsberechtigte zur Instandhaltung und Instandsetzung verpflichtet, hat er im Zweifel auch die dadurch entstehenden Kosten zu tragen.“). Anders als in dem vom Bayerischen Obersten Landesgericht (a.a.O.) entschiedenen Fall fehlt es in dem vorliegend auszulegenden Teilungsvertrag an jeglicher Regelung, die die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums im Bereich der Sondernutzungsfläche dem jeweiligen Sondernutzungsberechtigten zuweist. Der Teilungsvertrag enthält auch weder die Regelung, dass der Sondernutzung einzelner Eigentümer unterliegende Flächen oder Gebäudeteile hinsichtlich der Kosten der Instandsetzung und Instandhaltung wie Sondereigentum behandelt werden sollen, noch ist dem Teilungsvertrag sonst zu entnehmen, dass mit der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht auch die Kosten mit überbürdet werden sollten. Soweit es in § 5 Abs. 5 der Teilungserklärung heißt, dass für die Pflege der im Sondernutzungsrecht von Eigentümern stehenden Gartenflächen von den berechtigten Eigentümern der von der Eigentümergemeinschaft zur Pflege der sonstigen Grundstücksflächen herangezogene Dienstleister zu beauftragen ist, enthält auch diese Regelung keine Aussage darüber, dass die berechtigten Eigentümer die Kosten der Gartenpflege ihrer Sondernutzungsflächen allein tragen müssen.

45

Zwar verkennt die Kammer nicht, dass es nicht dem wohnungseigentumsrechtlichen Regelfall entspricht, dass sich die Wohnungseigentümer durch die Teilungserklärung der Befugnis begeben, über die Instandsetzung und Instandhaltung von bestimmten Bereichen bzw. Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums zu entscheiden mit der Folge, dass Beschlüsse nichtig wären, mit denen sie die Instandhaltungs- und Instandsetzungsbefugnis wieder an sich ziehen (vgl. Kammer, Urteil vom 19.06.2013 – 318 S 133/13, ZMR 2014, 661), aber gleichwohl anteilig die Kosten für die vom Sondernutzungsberechtigten durchzuführenden Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen anteilig mit tragen müssen. Die Wohnungseigentümer haben es jedoch insoweit in der Hand, durch klare und eindeutige Regelungen in der Teilungserklärung die Frage der Kostentragung für Sondernutzungsflächen zu regeln. Versäumen sie dies, gilt im Zweifel die vereinbarte allgemeine Kostenverteilungsregelung bzw. § 16 Abs. 2 WEG.

4.

46

Zu Recht hat das Amtsgericht festgestellt, dass die vom Kläger angegriffenen Beschlüsse insgesamt und nicht jeweils nur hinsichtlich des Teils, in dem die Folgekosten für die beschlossenen Baumaßnahmen den jeweils berechtigten Eigentümern überbürdet wurden, nichtig sind. Dies ergibt sich aus einer analogen Anwendung der gesetzlichen Regelung des § 139 BGB im Wohnungseigentumsrecht.

47

Auf Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung findet die gesetzliche Regelung des § 139 BGB entsprechende Anwendung. Zwar kann ein Beschluss grundsätzlich auch nur teilweise für ungültig erklärt werden. Dies ist aber nicht der Fall, wenn der unbeanstandet gebliebene Teil nicht sinnvollerweise auch allein Bestand haben kann und nicht anzunehmen ist, dass ihn die Wohnungseigentümergemeinschaft so beschlossen hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 10.09.1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, Rn. 23, zitiert nach juris). Das Gericht ist im Beschlussanfechtungsverfahren nicht befugt, die im Beschluss getroffene Regelung inhaltlich zu ändern, oder durch geeignet erscheinende andere Maßnahmen zu ergänzen oder zu ersetzen. Vielmehr hat es sich auf die Ungültigerklärung des angefochtenen Beschlusses zu beschränken (BGH, Urteil vom 19.10.2012 – V ZR 233/11, ZMR 2013, 212, Rn. 9, zitiert nach juris; Kammer, Urteil vom 11.03.2015 – 318 S 133/14, Rn. 32, juris).

48

Im vorliegenden Fall fehlen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Wohnungseigentümer den betroffenen Sondernutzungsberechtigten die baulichen Veränderungen auch dann gestattet hätten, wenn diese neben den Herstellungskosten nicht auch zur Tragung der Folgekosten verbindlich verpflichtet worden wären und diese in jedem Instandsetzungsfall dem begünstigten Eigentümer neu durch Beschluss zugewiesen werden müssten.

5.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

50

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO. Die erstinstanzliche Entscheidung ist gem. § 708 Ziff. 10 Satz 2 ZPO ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

51

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO vorliegen. Die Sache hat grundsätzlich Bedeutung. Zudem erfordern die Fortbildung des Rechts und die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Das Auftreten der Frage, ob bei der Beschlussfassung über die Kosten einer baulichen Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG ein Einzelfall im Sinne von § 16 Abs. 4 WEG vorliegt, wenn durch den Beschluss nicht nur über die Herstellungskosten, sondern auch die Folgekosten entschieden wird, ist in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten. Aufgrund dessen ist das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Urteil vom 04.07.2002 – V ZB 16/02, BGHZ 151, 221 = NJW 2002, 3029; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Auflage, § 543 Rdnr. 11). Unabhängig davon weicht die Kammer hinsichtlich der Auslegung des Merkmals „Einzelfall“ im Sinne von § 16 Abs. 4 WEG bei baulichen Veränderungen von dem Urteil des LG Itzehoe vom 12.07.2011 – 11 S 51/10 (ZMR 2012, 219) ab. Die vorstehende Frage ist klärungsbedürftig, da auf die Berufung der Beklagten das angefochtene Urteil des Amtsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen gewesen wäre, wenn die Beschlusskompetenz aus § 16 Abs. 4 WEG bei baulichen Veränderungen auch die Folgekosten mit umfassen würde.