Landgericht Hamburg Urteil, 01. März 2017 - 318 S 62/16
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek vom 24.05.2016, Az. 750 C 38/15, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Die Parteien streiten über eine Rückbaupflicht der Beklagten wegen baulicher Veränderungen am Gemeinschaftseigentum.
- 2
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).
- 3
Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 24.05.2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Austausch der Stahltür gegen eine Tür mit verglasten Elementen sowie der Abbau der Fenstergitter stellten zwar bauliche Veränderungen im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG dar. Hierfür sei auch keine Genehmigung erteilt, sondern im Gegenteil verweigert worden. Die Beklagten hätten auch nicht hinreichend dargelegt, dass der jetzige Zustand dem planmäßigen Erstzustand näher komme als die von der Post vorgenommenen Veränderungen. Es fehle jedoch an einem Nachteil, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß i. S. d. § 14 Nr. 1 WEG hinausgehe. Die Beeinträchtigung der Bausubstanz durch das bündige Abschneiden der Vergitterung sei minimal. Der optische Gesamteindruck der Anlage werde durch die Umgestaltung nicht verändert. Die Maßnahme füge sich vielmehr nach Bauweise und Charakter des gesamten Gebäudes in ein einheitliches harmonisches Gesamtbild ein. Die Tür füge sich in ihrer optischen Gestaltung unauffällig und ohne Stilbruch in die sonstige Gestaltung der Fassade ein. Eine optische Ungleichmäßigkeit liege nicht vor. In Bezug auf den Sicherheitsaspekt der Fenstergitter sei zu berücksichtigen, dass diese Sicherung im Zusammenhang mit dem Betrieb der Postfiliale gestanden habe. Ebenso wie im positiven Sinn die Schaffung erforderlicher Sicherungsmaßnahmen im Rahmen einer Zweckvereinbarung in der Regel keine nachteilige bauliche Veränderung darstelle, gelte dies auch umgekehrt. Bei Entfallenen eines besonderen Sicherungsbedürfnisses könne der Einbau normaler Türen und Fenster nicht als nachteilig bewertet werden. Dass die frühere Vergitterung dem Sicherheitsbedürfnis sämtlicher Wohnnutzer zu dienen bestimmt gewesen sei, sei fernliegend, zumal auch nicht alle Fenster im Erdgeschoss vergittert seien. Auch unter dem Aspekt einer intensiveren Nutzung sei hier kein Nachteil anzunehmen. Weder die Nutzung der Einheit als Kindertagesstätte noch die Zulässigkeit der Verlegung des Haupteingangs auf die Hofseite seien im vorliegenden Verfahren streitgegenständlich. Es gehe allein um die Beschaffenheit von Tür und Fenstern. Eine Inzidentprüfung, ob die Nutzung der Teileigentumseinheit Nr. 101 als Kindertagesstätte und die Verlegung des Haupteingangs zur Hofseite zulässig seien, sei nicht veranlasst.
- 4
Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 31.05.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 13.06.2016 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 31.08.2016 mit einem an diesem Tage über E-Fax bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
- 5
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, das Amtsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass - was im Übrigen unstreitig sei - die Beklagten, ohne überhaupt eine Zustimmung beantragt zu haben, den Eingang der streitigen Teileigentumseinheit nach hinten verlagert, eine Tür ausgetauscht und vorhandene Fenstergitter entfernt hätten. Die Bewertung des Amtsgerichts, hierin liege kein Nachteil i. S. d. § 14 Nr. 1 WEG, treffe nicht zu. Es handele sich um eine optisch deutliche Veränderung der Außenfassade. Dabei komme es auch nicht darauf an, ob sich die Änderung in einen Gesamteindruck einfüge. Ebenso wenig sei von Bedeutung, ob der vor der Änderung vorhandene Bauzustand der Baubeschreibung entsprochen habe oder erst später geschaffen worden sei. Allein die Tatsache, dass die von den Beklagten veranlasste Veränderung nicht genehmigt worden sei, sei ausreichend. Auch der Substanzeingriff, der mit der Entfernung der Gitter verbunden sei, sei beachtlich, denn dies könne Auswirkungen auf das Mauerwerk haben und dazu führen, dass Wasser eindringe. Durch die Verlegung des Haupteingangs zum hinteren Bereich finde zudem eine intensivere Nutzung statt. Der Hof sei praktisch zur Hauptverkehrsfläche geworden, weil die in der Kindertagesstätte betreuten Kinder mit Autos gebracht und abgeholt würden. Auch dieser Umstand sei streitgegenständlich und dem Rückbaubegehren immanent. Der Beschluss, den Rückbau zu verlangen, hätte keinen Sinn, wenn die Klägerin die derzeitige Nutzung des rückwärtigen Eingangs als Haupteingang der Gewerbeeinheit dulden wolle. Durch Entfernung der Gitter werde auch eine erhöhte Einbruchsgefahr begründet. Im Übrigen seien nicht allein die rückwärtigen Fenster der früheren Postfiliale vergittert gewesen. Auch im rückwärtigen Bereich der Einheiten 97/98 seien Fenster mit Gittern versehen (Anlage B 3, Bl. 147 d. A.).
- 6
Die Klägerin beantragt,
- 7
unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek vom 24.05.2016, Az. 750 C 38/15, die Beklagten zu verurteilen,
- 8
a) die zum Hof führende Glastür (Anlage Antrag 1) der Einheit 101 (Lageplan Anlage Antrag 2) zu entfernen und dort eine massive in braunen Farbtönen gehaltene Stahltür gemäß der Gestaltung vor dem Umbau (Anlage Antrag 3) einzusetzen;
- 9
b) die zum Hof belegenen Fenster der Einheit 101 (links und rechts der Hoftür belegen und wie in Anlage Antrag 2 markiert) wie folgt zu vergittern (vertikale massive dunkle Gitterstäbe im geringen Abstand zueinander, horizontale nach je einem Drittel eine massive Horizontalstahlstrebe) wie aus Anlage Antrag 3 ersichtlich.
- 10
Hilfsweise die Beklagten zu verurteilen,
- 11
die zum Hof führende Glastür der Einheit 101 zu entfernen und dort eine massive in braunen Farbtönen gehaltene Stahltür gemäß der Gestaltung vor dem Umbau einzusetzen, die zum Hof belegenen Fenster der Einheit 101 (links und rechts der Hoftür belegen) wie folgt zu vergittern: vertikale massive dunkle Gitterstäbe im geringen Abstand zueinander, horizontale nach je einem Drittel eine massive Horizontalstahlstrebe.
- 12
Die Beklagten beantragen,
- 13
die Berufung zurückzuweisen.
- 14
Sie tragen vor, zutreffend sei das Amtsgericht davon ausgegangen, dass es an einem Nachteil i. S. d. § 14 Nr. 1 WEG fehle. Die alte Stahltür sei abgängig gewesen. Eine Beeinträchtigung des Mauerwerks sei nach den Feststellungen anlässlich des Ortstermins nicht zu erkennen; insbesondere bestehe nicht die Gefahr, dass Wasser in die Fassade eindringen könne (Anlage K 5, Bl. 122, 123 d. A.). Hinsichtlich der optischen Gestaltung sei zu berücksichtigen, dass die vorherrschende Farbe der Fenster und Türen weiß sei, nicht etwa braun. Die von den Beklagten entfernten Gitter seien allein im Interesse des damaligen Mieters eingebaut worden, nicht etwa im Rahmen eines (optischen) Gesamtkonzeptes. Die konkrete Nutzung der Teileigentumseinheit Nr. 101 sei nicht streitgegenständlich. Im Übrigen sei im Vergleich zur früheren Nutzung durch die Postfiliale gerade keine Intensivierung zu verzeichnen. Die streitgegenständliche Tür sei ebenso wie die Hoffläche damals vielmehr permanent für An- und Ablieferung genutzt worden, zumal die Post sämtliche Stellplätze angemietet gehabt habe. Eine erhöhte Einbruchsgefahr für das Gemeinschaftseigentum bestehe nicht. So sei von den Räumen des allein betroffenen Teileigentums Nr. 101 das Treppenhaus nicht zugänglich. Schließlich sei auch eine konkrete Interessenabwägung erforderlich. Dabei müssten auch nachvollziehbare wirtschaftliche Interessen der Beklagten berücksichtigt werden. Eine Vermietung des Teileigentums Nr. 101 sei erheblich erschwert, wenn die Tür zum Hof eine Stahltür und die rückwärtigen Fenster vergittert seien. Eine Vermietung als Kindertagesstätte sei in diesem Fall gar nicht möglich, unter anderem aus Gesichtspunkten des Brandschutzes.
- 15
Hinzu komme, dass der planmäßige Erstherstellungszustand gerade keine Stahltür und Fenstervergitterung vorgesehen habe. Die Beklagten hätten seinerzeit eigens zu diesem Zweck die Bauakte eingesehen und nichts dazu feststellen können, dass eine Fenstervergitterung und Stahltür zur Erstbeschaffenheit des Gemeinschaftseigentums gehört habe. Auch für das Teileigentum Nr. 101 seien die gleichen Fenster und Außentüren wie für die übrigen, rechts davon liegenden Teileigentumseinheiten geplant gewesen. Dies habe eine seinerzeitige Einsichtnahme der Beklagten in die Bauakte ergeben. Stahltür und Gitter seien erst nachträglich durch die Post installiert worden zur Erhöhung der Sicherheit im rückwärtigen Bereich.
- 16
Das Vorgehen der Klägerin sei schließlich als Schikane gemäß § 226 BGB zu werten. Das eigentlich von dieser verfolgte Ziel besteht darin, die Untersagung der Nutzung der Teileigentumseinheit Nr. 101 zum Zweck der Vermietung an eine Kindertagesstätte zu erreichen. Hier werde versucht, dieses Ziel auf einem Umweg zu erreichen.
- 17
Wegen des weiteren Sach-und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
- 18
Die Klägerin hat am 13.02.2017 nach Schluss der mündlichen Verhandlung einen Schriftsatz eingereicht, der ihr nicht nachgelassen war.
II.
1.
- 19
Die Berufung ist zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt und begründet worden. Soweit der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 13.02.2017 Rechtsausführungen enthält, hat die Kammer dies bei ihrer Entscheidung berücksichtigt.
- 20
In der Sache hat die Berufung weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg, weil der Klägerin gegen die Beklagten kein Anspruch gemäß § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 14 Ziff. 1 WEG zusteht, die zum Hof führende Glastür der Einheit 101 durch eine braune Stahltür zu ersetzen und die links und rechts der Hoftür belegenen Fenster zu vergittern.
2.
- 21
Ein Anspruch auf Rückbau gemäß § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 14 Ziff. 1 WEG setzt voraus, dass infolge einer gemäß § 22 Abs. 1 WEG ohne Zustimmung unzulässigen baulichen Maßnahme eine Beeinträchtigung (Störung) eingetreten ist, die einen über das gemäß § 14 Ziff. 1 WEG hinzunehmende Maß hinausgehenden Nachteil begründet und nur durch Rückbau zu beseitigen ist (BGH, Urteil vom 07.02.2014 - V ZR 25/13, zitiert nach juris; Kammer, Urteil vom 16.01.2013 -, 318 S 55/12). Beeinträchtigungen, die nicht zwangsläufig von der baulichen Veränderung selbst ausgehen, sondern allenfalls von deren Benutzern, können demgegenüber zwar einen Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 3 WEG begründen, nicht jedoch die Beseitigung der baulichen Veränderung rechtfertigen (Vandenhouten in: Niedenführt/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 22 Rn. 96).
- 22
a) Zutreffend hat das Amtsgericht sich daher bei der rechtlichen Prüfung darauf beschränkt, die von der Klägerin beanstandeten baulichen Veränderungen – Austausch der Tür und Entfernung der Gitter - zu beurteilen, weil der Klagantrag ausdrücklich auf deren Rückgängigmachung gerichtet ist. Die Unterlassung einer bestimmten Nutzung des Teileigentums der Beklagten war demgegenüber nicht streitgegenständlich, insbesondere dem Rückbaubegehren auch nicht „immanent“. Maßgeblich für die Abgrenzung ist, über welchen vom Kläger begehrten richterlichen Ausspruch einer Rechtsfolge im Prozess gestritten wird (hierzu Zöller-Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., Einleitung Rn. 63, 65). Dass die Zulässigkeit der Nutzung der Einheit Nr. 101 als Kindertagesstätte nicht Streitgegenstand ist, trägt die Klägerin im Übrigen auf Seite 5 ihres Schriftsatzes vom 04.01.2016 selbst vor (Bl. 107 d. A.).
- 23
Entgegen der Ansicht der Klägerin in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 13.02.2017 handelt es sich hierbei auch nicht um einen neuen, erst von der Kammer im Termin vom 08.02.2017 herangezogenen rechtlichen Gesichtspunkt, zu dem rechtliches Gehör nicht gewährt wurde. Auch das Amtsgericht hat sich vielmehr ausdrücklich und eingehend mit der Frage des Streitgegenstandes auseinander gesetzt. Es hat hierzu ausgeführt, weder die Nutzung der Einheit als Kindertagesstätte noch die Zulässigkeit der Verlegung des Haupteingangs seien streitgegenständlich, weil das Begehren der Klägerin nicht auf Unterlassung einer solchen Nutzung oder eines konkreten Gebrauchs gerichtet sei, sondern nur die Beschaffenheit von Tür und Fenstern der Einheit auf der Hofseite beanstandet werde. Die Kammer teilt diese Auffassung.
- 24
b) Zutreffend hat das Amtsgericht ferner angenommen, dass es sich beim Austausch der Tür und der Entfernung der Fenstergitter um bauliche Veränderungen handelt, zu denen keine vorherige Zustimmung eingeholt oder nachträgliche Genehmigung erteilt worden war. Soweit die Beklagten dies in Abrede nehmen und insoweit geltend machen, im Vergleich zum planmäßigen Zustand bei Begründung der Wohnungseigentümergemeinschaft liege keine Veränderung vor, weil dieser nicht den Einbau einer Stahltür und die Vergitterung der Fenster vorgesehen habe, greift dies nicht durch. Zwar trifft es im Ansatz zu, dass der maßgebliche Vergleichszustand, anhand dessen die Frage einer Veränderung zu beurteilen ist, der Sollzustand des Gebäudes bei Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft ist. Sofern allerdings später durch zulässige Maßnahmen ein anderer Zustand geschaffen wird, wird dieser zum Vergleichszustand (Vandenhouten in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., § 22 Rn. 11). Dies zu Grunde gelegt, ist es nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht davon ausgegangen ist, dass die Beklagten nicht hinreichend dargelegt haben, dass der jetzige Zustand dem planmäßigen Erstzustand näher komme als die von der Post vorgenommenen Veränderungen. Hierfür genügt es nicht, wenn die Beklagten vorbringen, anlässlich einer Einsicht in die Bauakte sei „nicht feststellbar gewesen“, dass eine Fenstervergitterung und Stahltür zur Erstbeschaffenheit des Gemeinschaftseigentums gehört hätten. Selbst wenn - wie die Beklagten behaupten - die Stahltür und Fenstergitter erst von der Post eingebaut wurden, bedeutet dies nicht, dass es sich hierbei nicht um zulässige bauliche Maßnahmen handelte.
- 25
c) Die Kammer teilt schließlich die Auffassung des Amtsgerichts, dass es an einem Nachteil im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG fehlt. Ein Nachteil ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung. Sie muss konkret und objektiv sein; entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Auch eine erhebliche optische Veränderung des gesamten Gebäudes kann einen solchen Nachteil darstellen, weil auch verständige Wohnungseigentümer die Frage, ob es sich hierbei um einen Vorteil oder eine Nachteil handelt, unterschiedlich bewerten können (BGH MDR 2013, 263 Rn. 5, zitiert nach juris). Maßgeblicher Gegenstand der Beurteilung ist hierbei die Gesamtanlage. Dies zu Grunde gelegt, ist das Amtsgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass es an einer erheblichen Veränderung fehlt, weil sich sowohl die verglaste Eingangstür als auch die nicht (mehr) mit einem Gitter versehenen Fenster einheitlich und harmonisch in das Gesamtbild der zum Hof gelegenen Fassade einfügen. Einer erneuten Augenscheinseinnahme durch die Kammer bedurfte es hier nicht, weil die von beiden Parteien zur Akte gereichten Fotografien einen hinreichend aussagekräftigen Eindruck von den örtlichen Gegebenheiten vermitteln und eine eigene Beurteilung durch die Kammer ermöglichen, auch ohne dass ein weiterer Ortstermin durchgeführt wird. Insbesondere die Fotografien Anlage K 4 (Bl. 120 d. A.), Anlage B 3 (Bl. 147 d. A.) und Anlage B 10 (Bl. 232 d. A.) verdeutlichen die streitgegenständlichen Bereiche der Wohnungseigentumsanlage.
- 26
Soweit im Zuge baulicher Veränderungen die Bausubstanz, hier das Mauerwerk, beeinträchtigt wird, kann auch dies einen relevanten Nachteil darstellen. Eine solche Beschädigung liegt hier jedoch nach den Feststellungen des Amtsgerichts anlässlich des von ihm durchgeführten Ortstermins nicht vor. Da die Fenstergitter, wie die Fotografien Anlage K 5 (Bl. 122 f. d. A.) deutlich zeigen, bündig abgeschnitten wurden, wurde das Mauerwerk gerade nicht beschädigt. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist daher nicht zu befürchten, dass hier Wasser eindringen kann.
- 27
Soweit die Klägerin geltend macht, ein Nachteil sei darin zu sehen, dass die Entfernung der Gitterstäbe eine höhere Einbruchsgefahr begründe, greift auch dies nicht durch. So ist schon nicht ersichtlich, dass die Vergitterung der Fenster unabhängig von der konkreten Nutzung als Postfiliale im Rahmen eines einheitlichen Sicherheitskonzeptes für die rückwärtige Belegenheit der Anlage vorgesehen war. Unerheblich ist insoweit, ob und aus welchen Gründen ein anderes zum Hof gelegenes Fenster der Anlage mit einer Vergitterung versehen ist, zumal sich rechts daneben im Erdgeschoss weitere nicht vergitterte (Balkon-)Fenster befinden (Anlage B 10, Bl. 232 d. A.). Soweit das Amtsgericht in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, ebenso wie die Schaffung besonderer erforderlicher Sicherungsmaßnahmen im Rahmen der Zweckvereinbarung keine nachteilige bauliche Veränderung darstelle, sei dies auch für die Entfernung derartiger Sicherungsmaßnahmen im Fall des Wegfalls eines besonderen Sicherungsbedürfnisses der Fall, überzeugt dies.
- 28
Soweit die Klägerin geltend macht, aufgrund der baulichen Veränderungen erfolge eine intensivere Nutzung, steht dies nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den konkret beanstandeten baulichen Maßnahmen. Allein der Austausch einer Stahltür gegen eine Kunststofftür begründet für sich genommen noch keine intensivere Nutzung. Dies gilt auch für die Entfernung der Fenstergitter. Die Verlegung des Haupteingangs der Einheit Nr. 101 in den hinteren Bereich ist nach den obigen Ausführungen nicht Streitgegenstand.
- 29
d) Einer Entscheidung darüber, ob die Beklagten bereits aus dem Gesichtspunkt einer wirtschaftlich vernünftigen Nutzung ihrer Teileigentumseinheit zu den baulichen Veränderungen berechtigt waren, bedarf es ebenso wenig wie einer Entscheidung über die Frage, ob das Vorgehen der Klägerin eine Schikane im Sinne des § 226 BGB darstellt.
3.
- 30
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, Satz 1 und 2, 713 ZPO.
- 31
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
4.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Hamburg Urteil, 01. März 2017 - 318 S 62/16
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Hamburg Urteil, 01. März 2017 - 318 S 62/16
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenLandgericht Hamburg Urteil, 01. März 2017 - 318 S 62/16 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht beschlossen oder verlangt werden.
(1) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet,
- 1.
die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten und - 2.
das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, die den Vereinbarungen oder Beschlüssen entsprechen oder, wenn keine entsprechenden Vereinbarungen oder Beschlüsse bestehen, aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst.
(2) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet,
- 1.
deren Sondereigentum nicht über das in Absatz 1 Nummer 2 bestimmte Maß hinaus zu beeinträchtigen und - 2.
Einwirkungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Nummer 2 zu dulden.
(3) Hat der Wohnungseigentümer eine Einwirkung zu dulden, die über das zumutbare Maß hinausgeht, kann er einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen.
Die Ausübung eines Rechts ist unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht beschlossen oder verlangt werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Den Parteien steht jeweils das Sondereigentum an den Räumen eines Reihenhauses in einer Wohnungseigentumsanlage zu. Anfang 2008 errichtete die Beklagte direkt an der zur benachbarten Einheit des Klägers hin gelegenen Außenwand, die nach vorne versetzt ist, eine Überdachung ihrer Terrasse. Auf der Eigentümerversammlung vom 10. März 2008, in der alle Wohnungseigentümer vertreten waren, war diese Baumaßnahme Diskussionsgegenstand. In dem Protokoll heißt es zu TOP 10 „Diskussion über den Inhalt der Teilungserklärung“ unter anderem: „Zu der Terrassenüberdachung erläutert (…) [die Beklagte] ausführlich. Es wird darauf hingewiesen, dass alle anderen anwesenden Eigentümer sich einig sind, dass Reparaturmaßnahmen oder Instandhaltungsmaßnahmen nur durchgeführt werden können, wenn keine optische Veränderung vorgenommen wird. Änderungen am Äußeren der Gebäude sind zustimmungspflichtig. (...) Weiterhin sind in diesem genannten Bereich Probleme der äußeren Instandhaltung zu erwarten, da ja die linken und rechten Eigentümer zur Umsetzung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an den äußeren Wänden ihres Wohnungseigentums durch den Aufbau dieser Überdachung eine Einschränkung sehen. Die betroffenen Eigentümer sind sich einig, dass über die Möglichkeiten der ordentlichen Instandsetzung und Instandhaltung der äußeren Wände es zwischen den Betroffenen eine schriftliche Vereinbarung geben wird. Nur unter dieser Voraussetzung haben die übrigen Eigentümer dem Umbau zugestimmt, den (…) [die Beklagte] veranlasst hat.“
- 2
- Eine solche schriftliche Vereinbarung zwischen den Parteien kam nicht zustande. Mit der Klage verlangt der Kläger die Entfernung der Terrassenüberdachung sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, „mögliche Schäden an der Außenwand des Hauses des Klägers (…), die durch das An- bringen der Terrassenüberdachung entstanden sind und durch die erfolgte Entfernung der Terrassenüberdachung noch entstehen, zu beseitigen“. Das Amts- gericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers hin stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der zugelassenen Revision, mit der sie die Zurückweisung der Berufung erreichen will. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in ZWE 2013, 418 ff. veröffentlicht ist, sieht die Terrassenüberdachung als bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG an. Es lässt offen, ob der Kläger - wie es das Amtsgericht angenommen hat - die auf eine schriftliche Vereinbarung über die Instandsetzung und Instandhaltung der Außenwände bezogenen Angebote der Beklagten im Sinne von § 162 Abs. 1 BGB treuwidrig abgelehnt hat. Eine formlose Zustimmung der Wohnungseigentümer reiche ohnehin nicht aus, weil nach der seit dem 1. Juli 2007 geltenden Neufassung des § 22 Abs. 1 WEG ein förmlicher Beschluss zwingend erforderlich sei. Die Auslegung des Protokolls der Eigentümerversammlung vom 10. März 2008 ergebe, dass eine solche Beschlussfassung über die nachträgliche Genehmigung der Maßnahme nicht erfolgt sei; ebenso wenig sei eine Vereinbarung im Sinne von § 10 Abs. 2 WEG getroffen worden. Dass die Maßnahme für den Kläger im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG nachteilig sei, folge schon daraus, dass die Außenwände im gemeinschaftlichen Eigentum stünden und mangels einer abweichenden Bestimmung in der Teilungserklärung durch die Gemeinschaft instandzuhalten seien. Die Überdachung erschwere etwaige Sanierungsarbeiten an den Außenwänden auch dann, wenn die auf dem Ständerwerk aufliegende Konstruktion entfernt werde. Der Feststellungsantrag sei ebenfalls begründet, weil die Beklagte ge- genüber dem Kläger gemäß § 823 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet sei, mögliche Schäden an der Außenwand seines Hauses zu beseitigen.
II.
- 4
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand.
- 5
- 1. Im Hinblick auf den Klageantrag zu Ziff. 1 nimmt das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler an, dass der Kläger die Beseitigung der Terrassenüberdachung gemäß § 1004 Abs. 1 BGB verlangen kann, weil ihn keine Duldungspflicht gemäß § 1004 Abs. 2 BGB trifft.
- 6
- a) Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist der Kläger aktivlegitimiert. Auch wenn sich ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB auf die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums bezieht, kann ihn ein einzelner Miteigentümer ohne Vorbefassung der Eigentümerversammlung gerichtlich geltend machen. Eine gemeinschaftliche Rechtsverfolgung kommt nur dann in Betracht, wenn die Gemeinschaft - woran es hier fehlt - die Rechtsausübung durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss an sich gezogen hat. Denn insoweit besteht lediglich eine gekorene Ausübungsbefugnis des Verbandes im Sinne von § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG (st. Rspr.; näher Senat, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZB 125/10, NJW 2011, 1351 Rn. 9 f.).
- 7
- b) Zutreffend sieht das Berufungsgericht den Bau der Terrassenüberdachung als Maßnahme nach § 22 Abs. 1 WEG an. Daran, dass die bauliche Maßnahme - wie es § 22 Abs. 1 WEG voraussetzt (Hogenschurz in Jennißen, WEG, 3. Aufl., § 22 Rn. 2) - das gemeinschaftliche Eigentum betrifft, besteht kein Zweifel, weil die Außenwände der Reihenhäuser gemäß § 5 Abs. 1 WEG zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum stehen. Entgegen der Auffassung der Revision führt der Umstand, dass die Beklagte nach der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht einen an der Außenwand befestigten Balken entfernt haben soll, zu keiner anderen Beurteilung. Denn selbst wenn das Ständerwerk im Übrigen auf einer Fläche errichtet worden sein sollte, für die der Beklagten ein Sondernutzungsrecht eingeräumt ist, unterfiele die Maßnahme § 22 Abs. 1 WEG. Eine nach dieser Norm erforderliche Zustimmung ist in der Zuweisung des Sondernutzungsrechts nur enthalten, soweit bauliche Veränderungen Eingang in die Beschreibung des Sondernutzungsrechts gefunden haben oder wenn sie nach dem Inhalt des jeweiligen Sondernutzungsrechts üblicherweise vorgenommen werden und der Wohnungseigentumsanlage dadurch kein anderes Gepräge verleihen (näher Senat, Urteile vom 2. Dezember 2011 - V ZR 74/11, NJW 2012, 676 Rn. 8 und vom 22. Juni 2012 - V ZR 73/11, ZWE 2012, 377). Die Errichtung einer Terrassenüberdachung überschreitet die übliche Nutzung einer Gartenfläche und ist von dem Sondernutzungsrecht ohne eine ausdrückliche Regelung nicht umfasst.
- 8
- c) Rechtsfehlerfrei ist auch die Annahme, dass in der Eigentümerversammlung vom 10. März 2008 kein Beschluss über eine Genehmigung gefasst worden ist. Der einschlägige Tagesordnungspunkt ist lediglich mit „Diskussion“ und nicht mit Beschlussfassung bezeichnet; auch ist kein Beschlussantrag gestellt worden. Schließlich ist die - hier unterbliebene - Feststellung und Verkündung des Abstimmungsergebnisses im Regelfall notwendige Wirksamkeitsvoraussetzung eines Beschlusses (Senat, Beschluss vom 23. August 2001 - V ZB 10/01, BGHZ 148, 335, 341 f.). Auch den Abschluss einer Vereinbarung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG über die Genehmigung der baulichen Maßnahme verneint das Berufungsgericht nachvollziehbar und von der Revision unbeanstandet.
- 9
- d) Ob § 22 Abs. 1 WEG in der seit dem 1. Juli 2007 geltenden Fassung die Entscheidung durch förmlichen Beschluss zwingend vorschreibt oder ob - wie nach der zuvor geltenden Fassung der Norm - weiterhin eine formlose Zustimmung derjenigen Wohnungseigentümer ausreicht, deren Zustimmung gemäß § 22 Abs. 1 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG erforderlich ist, ist umstritten. Dies betrifft vor allem Fallkonstellationen, in denen ein Wohnungseigentümer erreichen will, dass ihm gestattet wird, im Eigeninteresse auf seine Kosten bauliche Veränderungen vorzunehmen, oder dass solche Veränderungen - wie hier - nach eigenmächtiger Vornahme nachträglich genehmigt werden. Teilweise wird vertreten, die Neufassung habe nur der Klarstellung dienen sollen; die bisherige Rechtslage gelte der Sache nach unverändert fort (MünchKommBGB /Engelhardt, 6. Aufl., § 22 WEG Rn. 6; Erman/Grziwotz, BGB, 13. Aufl., § 22 Rn. 3; Hogenschurz in Jennißen, WEG, 3. Aufl., § 22 Rn. 13 f.; Müller in Lemke, Immobilienrecht, § 22 WEG Rn. 2; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl., Rn. 429; Armbrüster, ZWE 2008, 61, 64 f.; Häublein, NZM 2007, 752, 754; Schmidt, ZWE 2013, 399, 400 f.). Nach anderer Ansicht, der das Berufungsgericht folgt, ist nunmehr ein förmliches Beschlussverfahren vorgeschrieben (LG Berlin, ZWE 2011, 181, 182; LG München I, ZWE 2010, 98 f.; Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 22 Rn. 123 ff.; Palandt/Bassenge, BGB, 73. Aufl., § 22 Rn. 6; Riecke/Schmidt/Drabek, WEG, 3. Aufl., § 22 Rn. 10, 23; Spielbauer, WEG, 2. Aufl., § 22 Rn. 8; BeckOK WEG/Elzer, Edition 18, § 22 Rn. 59 ff.; Hügel, FS Merle [2010], 167 ff.; Hügel/Elzer, NZM 2009, 457, 465; Lüke, ZfIR 2008, 225, 228 f.).
- 10
- e) Der Senat hat diese Frage bislang offen gelassen (Urteil vom 21. Oktober 2011 - V ZR 265/10, NJW-RR 2012, 140 Rn. 6). Sie bedarf auch hier keiner Entscheidung, weil die Revision hinsichtlich des Klageantrags zu 1 nach beiden Auffassungen zurückzuweisen ist. Nach der zuerst genannten Auffassung träfe den Kläger nämlich nur dann eine Duldungspflicht, wenn alle Wohnungseigentümer der Maßnahme (formlos) zugestimmt hätten; wenn dies der Fall wäre, müsste allerdings auch nach der zweiten Auffassung geprüft werden, ob das auf den Formmangel gestützte Beseitigungsverlangen als treuwidrig anzusehen ist (vgl. Senat, Urteil vom 21. Oktober 2011 - V ZR 265/10, NJW-RR 2012, 140 Rn. 6; Niedenführ, ZWE 2012, 476, 477). An der erforderlichen Zustimmung aller Wohnungseigentümer fehlt es indes.
- 11
- aa) Einer baulichen Maßnahme müssen gemäß § 22 Abs. 1 WEG alle Wohnungseigentümer zustimmen, denen über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG erwächst. Nachteil ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung. Sie muss konkret und objektiv sein; entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (Senat, Urteil vom 14. Dezember 2012 - V ZR 224/11, BGHZ 196, 45 Rn. 4 mwN). Ob - wovon die Wohnungseigentümer selbst offenbar ausgegangen sind - allein die optische Veränderung, die mit der Terrassenüberdachung einhergeht, einen solchen Nachteil begründet (vgl. dazu Senat, Urteil vom 14. Dezember 2012 - V ZR 224/11, aaO Rn. 5), lässt das Berufungsgericht zwar offen. Nach den getroffenen Feststellungen verursacht die Terrassenüberdachung aber jedenfalls bauliche Behinderungen - und damit einhergehend einen erhöhten Kostenaufwand - bei etwaigen Instandsetzungsarbeiten an den Fassaden, die zu den Einheiten des Klägers und eines weiteren Nachbarn hin liegen; selbst bei einer Entfernung der aufliegenden Konstruktion, die die Beklagte für solche Vorhaben angeboten hat, erschwert das verbleibende Ständerwerk die Aufstellung eines Gerüsts, und zwar unabhängig von dem Balken, den die Beklagte von der Außenwand entfernt haben soll. Derartige Behinderungen dürften im Übrigen auch bei Instandsetzungsarbeiten an der zu der Einheit der Beklagten gehörenden Fassade auftreten.
- 12
- bb) Solche Erschwernisse bei der Fassadensanierung, die Mehrkosten verursachen können, stellen für jeden Wohnungseigentümer einen Nachteil dar. Sämtliche Außenwände stehen nämlich - wie ausgeführt - in gemeinschaftlichem Eigentum. Und weil die Teilungserklärung - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei feststellt - keine von der gesetzlichen Kompetenzzuweisung abweichende Regelung enthält (vgl. hierzu: Senat, Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 174/11, NJW 2012, 1722 Rn. 7), obliegt die Instandhaltung und Instandsetzung der Fassaden allen Wohnungseigentümern (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG). Sie haben auch die damit verbundenen Kosten zu tragen (§ 16 Abs. 2 WEG). Entgegen der Auffassung der Revision entfällt ein Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG nicht aufgrund einer von der Beklagten angebotenen Kompensation; diese kann nur als Mittel dienen, um die anderen Wohnungseigentümer zu der Erteilung der erforderlichen Zustimmung zu bewegen.
- 13
- cc) Dem Protokoll der Eigentümerversammlung zufolge haben die übrigen Wohnungseigentümer dem Umbau zwar zugestimmt, aber nur unter der Voraussetzung, dass eine schriftliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Sondereigentümern der benachbarten Einheiten „hinsichtlich der Möglichkeiten der ordentlichen Instandsetzung und Instandhaltung der äußeren Wände“ getroffen wird. Offensichtlich gingen die Wohnungseigentümer davon aus, dass der Kläger für eine Instandsetzung der zu seiner Einheit hin gelegenen Außenfassade zuständig ist, was allerdings nur im Einzelfall und beschränkt auf die Kosten aufgrund einer besonderen Kostenregelung gemäß § 16 Abs. 4 WEG der Rechtslage entsprechen kann.
- 14
- dd) Ob der Kläger den Abschluss der Vereinbarung - wie es das Amtsgericht angenommen hat - im Sinne von § 162 Abs. 1 BGB treuwidrig vereitelt hat, prüft das Berufungsgericht nicht. Der Senat kann diese Frage selbst
- 15
- beurteilen, weil ausreichende Feststellungen getroffen worden sind. Dabei ist der von den Wohnungseigentümern eingenommene Rechtsstandpunkt zugrunde zu legen, wonach die Instandhaltung der Außenfassade dem Sondereigentümer obliegt. Auch wenn alle Wohnungseigentümer unter Einschluss des Klägers in der Eigentümerversammlung eine Zustimmung unter Vorbehalt erteilt haben, verstößt die spätere Weigerung des Klägers, die Vereinbarung abzuschließen, nicht gegen Treu und Glauben. Dies gilt auch unter Zugrundelegung des Vorbringens der Revision, wonach ihm die Beklagte angeboten hat, die aufliegende Konstruktion bei Bedarf zu entfernen und ihm die Mehrkosten zu erstatten, die bei einem Anstrich der Außenfassade entstehen. Denn die Wohnungseigentümer wollten dem Anbau nur dann zustimmen, wenn es gelang , Streitigkeiten über die spätere Instandhaltung durch eine Vereinbarung nachhaltig zu unterbinden und den Frieden in der Gemeinschaft wieder herzustellen. Dass dem Kläger damit bestimmte Verhandlungspflichten auferlegt werden sollten, lässt sich dem Protokoll der Eigentümerversammlung dagegen nicht entnehmen. Zudem verstößt sein Verhalten auch deshalb nicht gegen Treu und Glauben, weil die Beklagte ihrerseits kein schutzwürdiges Vertrauen für sich in Anspruch nehmen kann. Denn sie hat die Terrassenüberdachung ohne Zustimmung ihrer direkten Nachbarn und ohne eine Vorbefassung der Eigentümerversammlung errichten lassen; insbesondere hat sie die mit der baulichen Maßnahme verbundenen Aufwendungen nicht etwa im Vertrauen auf den Bedingungseintritt getätigt, sondern schon vor Erteilung der bedingten Zustimmungen.
- 16
- 2. Zu Unrecht sieht das Berufungsgericht dagegen den unter Ziff. 2 gestellten Feststellungsantrag als begründet an.
- 17
- a) Weil die Fassaden im gemeinschaftlichen Eigentum stehen, ist der Kläger nicht, wie das Berufungsgericht offenbar meint, alleiniger Inhaber von Ansprüchen, die die Beseitigung von etwaigen Beschädigungen der Außenwand zum Inhalt haben. Solche Ansprüche stehen den Wohnungseigentümern vielmehr gemeinschaftlich zu. Sie richten sich auf Schadensersatz in Form der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB). Schadensersatzansprüche sind nach der Rechtsprechung des Senats im Interesse einer geordneten Verwaltung des Gemeinschaftseigentums einheitlich geltend zu machen; es besteht - anders als bei Ansprüchen gemäß § 1004 BGB - eine geborene Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne von § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG (Urteil vom 10. Dezember 2011 - V ZR 125/10, NJW 2011, 1351 Rn. 10 mwN). Dies gilt auch für einen auf § 823 Abs. 1 i.V.m. § 249 Abs. 1 BGB gestützten Wiederherstellungsanspruch (aA Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 22 Rn. 319). Richtig ist zwar, dass dieser in Konkurrenz zu dem Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB treten kann. Aber schon weil die Wahl zwischen Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) und Geldersatz (§ 249 Abs. 2 BGB) gemeinschaftlich getroffen werden muss, sind Schadensersatzansprüche insgesamt als gemeinschaftsbezogene Rechte im Sinne von § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG anzusehen.
- 18
- b) Ob der Kläger das für eine gewillkürte Prozessstandschaft erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse geltend machen könnte (dazu Senat, Urteil vom 19. Juli 2013 - V ZR 109/12, ZWE 2014, 25 Rn. 9; für den Verwalter Senat, Urteil vom 28. Januar 2011 - V ZR 145/10, BGHZ 188, 157 Rn. 15), kann dahinstehen , weil es jedenfalls an seiner Ermächtigung durch die übrigen Wohnungseigentümer hinsichtlich der Klageerhebung fehlt.
III.
- 19
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Stresemann Czub Brückner Weinland Kazele
AG Hamburg-Wandsbek, Entscheidung vom 15.02.2012 - 740 C 1/11 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 16.01.2013 - 318 S 55/12 -
Wer Wohnungseigentum gebraucht, ohne Wohnungseigentümer zu sein, hat gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern zu dulden:
- 1.
die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums, die ihm rechtzeitig angekündigt wurde; § 555a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend; - 2.
Maßnahmen, die über die Erhaltung hinausgehen, die spätestens drei Monate vor ihrem Beginn in Textform angekündigt wurden; § 555c Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2, Absatz 2 bis 4 und § 555d Absatz 2 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.
Die Ausübung eines Rechts ist unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.