Tenor

1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner der Klägerin wegen ihrer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingetretenen und sicher beurteilbaren zukünftigen Nichtvermögenschäden aus der Implantation einer Hüft-Totalendoprothese rechtsseitig am 02.06.2005 ein Schmerzensgeld von 25.000,00 EUR und wegen der materiellen Schäden einen Betrag von 1.247,27 EUR jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.10.2010 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle weiteren gegenwärtigen und zukünftigen materiellen sowie alle zukünftigen immateriellen Schäden zu ersetzen, die die Klägerin aus den Implantationen von Hüft-Totalendoprothesen rechtsseitig am 02.06.2005 und linksseitig am 28.09.2006 erleidet, soweit die Ansprüche der Klägerin nicht kraft Gesetz auf Versicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

3. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin weitere 700,32 EUR für vorgerichtliche Kosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.10.2010 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 28 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 72 % zu tragen. Von den durch die Streithilfe verursachten Kosten haben die Beklagten als Gesamtschuldner 72 % zu tragen. Im Übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten selbst.

6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Die Klägerin verfolgt gegen die Beklagten Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadensersatz aus Produkthaftung und unerlaubter Handlung wegen des Inverkehrbringens fehlerhafter Hüftprothesen. Bei der Klägerin wurden in den Jahren 2005/2006 in einem Klinikum der Streithelferin der Klägerin beide Hüftgelenke durch sogenannter Großkugelkopfprothesen mit einer Metall-Metall-Gleitpaarung, welche die Beklagte zu 1) hergestellt hatte, ersetzt. Die rechte Prothese wurde wegen von der Klägerin geäußerter Beschwerden im Jahr 2010 ausgetauscht. Am Landgericht Freiburg sind mehr als 100 vergleichbare Verfahren anhängig.
Die im Ausland ansässige Beklagte zu 1) ist Herstellerin von Hüftprothesen, u.a. sogenannter Großkugelkopfprothesen bestehend aus mehreren Elementen. Die Beklagte zu 2), eine Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1), führte die Prothesen zum Zwecke des Vertriebs in den Europäischen Wirtschaftsraum ein und war mit dem Vertrieb in Deutschland beauftragt. Das Großkugelprothesensystem besteht aus folgenden Elementen:
- In den Oberschenkelknochen, dessen Gelenkkopf entfernt wurde, wird der Prothesenschaft eingeschlagen, der den künstlichen Gelenkkopf auf einem konisch geformten Stiel (im Folgenden: „Schaftkonus“) aufnimmt.
- Am Prothesenschaft wird der halbkugelförmige Gelenkkopf, der unterschiedlich groß sein kann, befestigt. Der obere, halbrunde Teil des Gelenkkopfs bildet mit der Gelenkpfanne die sogenannte Gleitpaarung. Der untere, flache Teil verfügt über einen konisch geformten Hohlraum, welcher der Verbindung mit dem Prothesenschaft dient.
- Zur Herstellung der Verbindung zwischen Gelenkkopf und Schaft wird eine Adapterhülse, ein konisch geformter Hohlkörper, der in den Größen S, M, L und XL hergestellt wurde, verwendet. Der äußere, vordere Teil der Adapterhülse wird in den Hohlraum des Gelenkkopfs, der innere, hintere Teil auf den Schaftkonus gesteckt. Die Teile werden durch Aufschlagen miteinander verbunden (im Folgenden: „Steckkonusverbindung“).
- Als Ersatz der zerstörten Gelenkpfanne wird eine künstliche Hüftpfanne eingebracht,
Bei Hüftprothesen gibt es eine Reihe von Unterscheidungskriterien. Beim Oberflächenersatz (im Folgenden: „Kappenprothese“) wird lediglich die Gleitfläche des Oberschenkelkopfes durch eine Metallkappe ersetzt und auf die Einbringung eines Prothesenschaftes in den Oberschenkel verzichtet. Die Art der Gleitpaarung (Material von Pfanne und Kopf) kann unterschiedlich sein. Neben der streitgegenständlichen Metall-Metall-Gleitpaarung werden insbesondere Metall-Polyethylen-, Keramik-Polyethylen- und Keramik-Keramik-Gleitpaarungen verwendet.
Nach der Größe des Gelenkkopfes wird zwischen Kleinkopf- und Großkopfprothesen unterschieden. Von Kleinkopfprothesen wird auf Ebene der Europäischen Union, in England sowie Australien bei einem Durchmesser von unter 36 mm, von Großkopfprothesen ab einem Durchmesser von 36 mm gesprochen, jedenfalls ab 40 mm wird diese Bezeichnung einhellig gebraucht. Die Entwicklung von Metall-Metall-Gleitpaarungen ging von ursprünglich relativ kleinen Kopfdurchmessern von 22 mm bis 28 mm Durchmesser über 32 mm und später 36 mm bis auf die für das streitgegenständliche Hüftprothesensystem angebotenen 40 mm bis 60 mm.
Die Streithelferin der Klägerin ist Trägerin mehrerer Kliniken unter anderem des Krankenhauses L-Klinik. Der Chefarzt dessen orthopädischer Chirurgie, der Zeuge (im Folgenden: „Chefarzt“), verwandte für den Hüftgelenksersatz in der Vergangenheit u.a. von der Beklagten zu 1) hergestellte sogenannte Kleinkugelkopfprothesensysteme mit einer Metall-Metall-Gleitpaarung. Nachdem die streitgegenständlichen Großkugelkopfprothesen im Jahre 2003 von den Beklagten auf den Markt gebracht worden waren, wurden diese von ihm eingesetzt.
10 
Die am … 1936 geborene, 1,68 m große und ca. 100 kg schwere Klägerin litt vor der Operation im Jahr 2005 unter erheblichen zuletzt auch bewegungsunabhängigen Schmerzen und deutlichen Bewegungseinschränkungen im Bereich beider Hüftgelenke, wobei die Beschwerden rechts stärker waren als links. Präoperative Röntgenaufnahmen zeigten beidseits eine deutliche Verschmälerung des Gelenkspaltes mit osteophytären Randanbauten sowie Geröllzystenbildung. Es wurde eine destruierende Hüftgelenksarthrose („Coxarthrose“) diagnostiziert und die Indikation zur Einbringung einer Großkopf-Hüftprothese, zunächst rechts, gestellt.
11 
Zur Implantation war die Klägerin vom 01.06.2005 bis zum 10.06.2005 stationär und wurde am 02.06.2005 vom Chefarzt operiert.
12 
Bei der Klägerin wurde zunächst der obere Teil des Oberschenkelknochens mit dem abgenutzten Gelenkkopf abgesägt und dann die Gelenkpfanne ausgefräst. Die dann als Gelenkersatz eingebrachte nicht zementierte Prothese mit einer Metall-Metall-Gleitpaarung bestand aus folgenden Komponenten:
13 
- Prothesenschaft: Schaftkonusmaße 12/14 aus einer Titan-Aluminium-Niebium (Ti-6Al-7Nb) Legierung;
- Gelenkkopf: Durchmesser 42 mm aus einer Kobalt-Chrom-Molybden Legierung (Co-Cr-Mo);
- Adapterhülse: Länge XL (+8 mm), 12/12-18/20 aus einer Kobalt-Chrom-Molybden Legierung (Co-Cr-Mo);
- Hüftpfanne: Innendurchmesser 42 mm aus einer Kobalt-Chrom-Molybden Legierung (Co-Cr-Mo);
14 
Hinsichtlich der Einzelheiten der Operation wird auf den Operationsbericht des Chefarztes der Streithelferin vom 02.06.2005 Bezug genommen (Anlage K 1).
15 
Entsprechend dem Entlassungsbrief vom 30.08.2005 gestaltete sich der postoperative Verlauf weitgehend komplikationslos. Es erfolgte vom 10.06.2005 bis 01.07.2005 eine Anschlussheilbehandlung in einer Reha-Einrichtung.
16 
Am 15.07.2006 wurde vom Chefarzt wegen einer destruierenden Coxarthrose links die Indikation zur Implantation einer Prothese links gestellt. Nach der ärztlichen Dokumentation war die Klägerin auf der operierten rechten Seite zu diesem Zeitpunkt völlig beschwerdefrei.
17 
Die Klägerin wurde vom 27.09.2006 bis zum 08.10.2006 stationär behandelt und am 28.09.2006 vom Chefarzt operiert. Die eingebrachte, teilweise zementierte Prothese bestand aus folgenden Komponenten:
18 
- Als Prothesenschaft wurde ein sogenannter Müller-Gerad-Schaft der Größe 10 mit Zementverankerung verwendet, der aus einer Kobalt-Nickel-Chrom-Molybden Legierung (Co-Ni-Cr-Mo) und nicht wie auf der rechten Seite aus einer Titan-Legierung bestand.
- Der Gelenkkopf (Material: Co-Cr-Mo) hatte, wie bei der Operation der rechten Hüfte einen, Durchmesser von 42 mm.
- Gegenüber der Operation an der rechten Hüfte kam eine kürzere Adapterhülse 12/14 der Länge M (+/-0 mm) (Material: Co-Cr-Mo) zur Anwendung.
- Die Hüftpfanne mit einem Innendurchmesser von 42 mm (Material: Co-Cr-Mo) war mit der Operation an der rechten Hüfte identisch.
Hinsichtlich der Einzelheiten der Operation wird auf den Operationsbericht des Chefarztes vom 28.09.2009 (Anlage K 5) Bezug genommen. Entsprechend dem Entlassungsbrief vom 10.12.2006 gestaltete sich der postoperative Verlauf komplikationslos. Es erfolgte vom 09.10.2006 bis 27.10.2006 eine Anschlussheilbehandlung in einer Reha-Einrichtung.
19 
Die 2005 und 2006 implantierten Prothesenteile wurden im jeweiligen Jahr von der Beklagten zu 2) an das Krankenhaus der Streithelferin geliefert (so die in der mündlichen Verhandlung geäußerte und von den Parteien nicht in Frage gestellte Annahme der Kammer). Mit Schreiben vom 07.08.2009 wurde die Klägerin von der Streithelferin zur Überprüfung der eingebrachten Prothesen einbestellt (vgl. Anlage K 10). In dem Arztbrief des Chefarztes vom 16.09.2009 (Anlage K 11) heißt es u.a.:
20 
„… Die Pat. stellt sich heute im Rahmen der geplanten Nachuntersuchung nach o.g. Eingriffen bei uns vor. Re.-seitig habe die Pat. seit der OP Beschwerden, mittlerweile regelmäßiger, belastungsabhängiger Leisten- und Trochanterschmerz…“
21 
Während die linke Hüftprothese unauffällig war, heißt es zur Röntgenaufnahme der rechten:
22 
„… Re.-seitig regelrechter Sitz der Prothese, am Trochantermassiv deutliche Osteolysen bei unauffälligem Sitz der Pfanne…“
23 
Der Chefarzt diagnostizierte eine Konusinsuffizienz rechts und empfahl der Klägerin einen vollständigen Prothesenaustausch auf der rechten Seite.
24 
Die Klägerin wurde vom 20.01.2010 bis zum 01.02.2010 stationär im Klinikum der Streithelferin behandelt und am 21.01.2010 operiert. Der Prothesenschaft wurde belassen. Es erfolgte ein Ausbau des Gelenkkopfes mit Adapterhülse und der Pfanne, die durch Modelle anderer Hersteller ersetzt wurden, wobei nun eine sogenannte Keramik-Polyethylen-Gleitpaarung anstelle der bisher verwendeten Metall-Metall-Gleitpaarung zum Einsatz kam.
25 
Im Operationsbericht vom 21.01.2010 (Anlage K 16) wurde dokumentiert, dass eine große Bursitis trochanterica (Schleimbeutelentzündung), ein großes Serom mit einer gelben, käsigen Masse, große Osteolysen (Knochenabbau) im Bereich des proximalen Femurs (Oberschenkelknochens) und Acetabulums (Hüftgelenkpfanne) bei massivem Metallabrieb im Bereich der Steck-Konus-Verbindung festzustellen gewesen seien. Es habe sich zunächst ein Serom, welches aus trüber bräunlicher Flüssigkeit bestanden habe, entleert, von welchem Proben zur Metallionenbestimmung und Bakteriologie entnommen worden seien. Im Bereich des Gelenkes hätten sich ein schwarzer Konus mit abgeschliffener Oberfläche sowie große Mengen entzündlichen Granulations- und Narbengewebes und osteolytische Höhlen befunden.
26 
Der Laborbefund der mikrobiologischen Untersuchung der laut - Aussage des Chefarztes - bei der Klägerin entnommenen Blut- und Gewebeproben ergab kein Bakterienwachstum. In der Metallionenbestimmung vom 08.05.2010 zeigten sich deutlich erhöhte Chrom- (2,2 µg/L [Grenzwert 0,5 µg/L]) und Kobaltwerte (8,6 µg/I [Grenzwert 0,9 µg/L]) im Blut, der Metallionenspiegel in der Gewebsflüssigkeit aus dem gelenknahen Bereich betrug für Chrom 200,2 µg/L und für Kobalt 683,5 µg/L (vgl. Anlage K 15 und Befundberichte des medizinischen Labors im Anlagenheft Streithelferin).
27 
Im Rahmen des stationären Aufenthaltes kam es bei der Klägerin zu einer Clostridienenteritis und einer Noro-Virus-Infektion mit konsekutiver Exsikkosis („Austrocknung“). Sie musste deshalb die Anschlussheilbehandlung unterbrechen und sich vom 06.02.2010 bis 14.02.2010 stationär behandeln lassen. Die Anschlussheilbehandlung fand deshalb in zwei Abschnitten vom 01.02.2010 bis 06.02.2010 und 14.02.2010 bis 08.03.2010 in einer Reha-Einrichtung statt. Im Übrigen war der postoperative Verlauf unauffällig.
28 
Bei der Klägerin wurden ausweislich der Befundberichte des medizinischen Labors (Anlagenheft Streithelferin) folgende (durchschnittliche) Metallionenwerte im Blut festgestellt:
29 
Entnahmedatum
Kobalt µg/L
Chrom µg/L
Titan µg/L
21.01.2010
8,6
2,2
-
03.11.2011
3,0
0,6
-
14.11.2013
3,5
0,6
6,6
18.11.2014
3,9
0,8
6,4
18.11.2015
4,65
1,25
6,25
30 
Die Klägerin unterzog sich seit dem Jahr 2010 hinsichtlich der linksseitigen Hüftprothese jährlichen Untersuchungen mit Röntgen und Blutentnahmen zur Kontrolle der Prothese. Das streitgegenständliche Prothesensystem wird von den Beklagten zwischenzeitlich nicht mehr vertrieben. Ein vergleichbares Nachfolgemodell wurde bisher nicht in Verkehr gebracht.
31 
Die Klägerin behauptet, die bei ihr eingebrachten Prothesen seien fehlerhaft. Es sei bei der rechts eingebrachten Prothese insbesondere an der Adapterhülse zu Gewichtsverlust und erhöhtem Metallabrieb gekommen. Dieser - auch bei korrekter Implantation - erhöhte Metallabrieb beruhe auf dem verwendeten Material, fehlerhafter Herstellung und/oder fehlerhafter Technik. Insbesondere verursache die Kombination eines großen Metall-Prothesenkopfes und eines kurzen Schaftkonus mit reduzierter Kontaktoberfläche höhere Dreh- und Kraftmomente an der Steckkonusverbindung, denen die Bauteile nicht gewachsen seien. Es fehle eine feste Verbindung zwischen Gelenkkopf, Adapterhülse und Schaftkonus. Die beteiligten Komponenten seien aus unterschiedlichen Metallen hergestellt und deshalb unterschiedlich hart, elektrisch leitend und befänden sich in feuchter Umgebung. Relativbewegungen zwischen ihnen verursachten adhäsive Korrosion, Reibe- und Kontaktkorrosion.
32 
Auch bei der am 28.09.2006 der Klägerin implantierten, linksseitigen, bislang schadensfreien Hüftprothese bestünde infolge der fehlerhaften Prothesenkomponenten die Gefahr eines möglicherweise noch auftretenden Körperschadens.
33 
Infolge des durch den Prothesenfehler entstandenen Metallabriebs an Komponenten der Hüftprothesen hätte die Klägerin rechtsseitig an Entzündungen, Knochenverlust und Muskelschädigungen zu leiden gehabt. Sie habe deshalb ab Sommer 2009 ein deutlich hinkendes Gangbild gezeigt, unter Bewegungsschmerz und unter nächtlichen Ruheschmerzen in der rechten Hüfte gelitten. Ab Herbst 2009 hätten sich infolge des erhöhten Metallionenspiegels zudem ein Frösteln bis unangenehmes Frieren sowie eine Erhöhung der Blutsenkungsgeschwindigkeit und des CRP eingestellt. Wegen all dieser Beschwerden sei auch die Revisionsoperation mit Prothesenwechsel erforderlich geworden.
34 
Die rechte Hüfte habe jetzt zwar wieder eine normale Beweglichkeit, allerdings sei die Kraft noch gemindert, die Klägerin ermüde nach kurzen Wegstrecken, und gehe dann unsicher und mit dem typischen Hinken. Die Muskeln im Oberschenkel verspannten sich zum Rücken und zur Leiste schmerzhaft. Der Oberschenkel sei auf der Vorderseite gefühllos. Die Klägerin könne wenig tragen, auf Treppen fast gar nichts. Sie sei seit 16.03.2010 mit einem Grad von 60 % schwerbehindert.
35 
Wegen der schadensbedingten Osteolysen und des weiteren Ausfräsens der Gelenkpfanne zum Zwecke des Pfannenwechsels vom 21.01.2010 habe sich das Risiko eines weiteren Prothesenwechsels gesteigert. Die Klägerin begehrt insoweit für ihre immateriellen Nachteile ein angemessenes Schmerzensgeld, das mindestens 30.000,00 EUR betragen soll.
36 
Bei der linksseitigen bislang schadensfreien Hüftprothese bestehe die Gefahr, dass es infolge der fehlerhaften Prothesenkomponenten auch dort jederzeit zu Körperschäden kommen könne. Dies verursache bei der Klägerin eine tiefgreifende Verunsicherung und seelische Belastung. Hinzu kämen die Strahlenbelastungen aus den regelmäßigen Röntgen-Kontrolluntersuchungen. Hierfür sei ein Schmerzensgeld von mindestens 7.000,00 EUR angemessen.
37 
Für Eigenbeteiligungen an Behandlungs-, Heilmittel-, Hilfsmittel- und Arzneimittelkosten sowie Fahrtkosten zu Nachbehandlungsterminen und für Krankenhausbesuche der Familienangehörigen sowie deren Unterstützung im Haushalt macht die Klägerin 1.247,27 EUR geltend.
38 
Darüber hinaus begehrt sie die Feststellung der Einstandspflicht für weitere Schäden sowie Erstattung der für die vorgerichtliche Rechtsverfolgung entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe 943,10 EUR.
39 
Die Streithelferin behauptet, die Revisionsoperation sei nicht auf einen fehlerhaften Einbau durch den Operateur zurückzuführen, sondern beruhe auf der Fehlerhaftigkeit der Hüftprothese.
40 
In der Zeit zwischen 2004 und 2008 seien im Krankenhaus ca. 860 Großkopfprothesen der Beklagtenseite bei ca. 770 Patienten implantiert worden. Von den ca. 650 nachuntersuchten Patienten seien radiologisch und/oder klinisch feststellbar ca. 220, also rund 1/3 betroffen. Reoperiert seien zwischenzeitlich etwas mehr als 169 Patienten (ca. 26%) nach einer durchschnittlichen Tragedauer von 4,4 Jahren. Bei den durchgeführten Revisionsoperationen hätten sich bis auf eine Ausnahme, folgende Erscheinungen gezeigt: radiologisch seien überwiegend - allerdings nicht in allen Fällen - Osteolysen unterschiedlichen Umfangs erkennbar gewesen. In allen Fällen - so auch im Falle der Klägerin - hätten sich Spuren von Metallabrieb am Schaftkonus und entsprechende Abriebspuren sowohl am Schaftkonus als auch an der Adapterhülse innenseitig gezeigt. Im nicht knöchernen Gewebe seien damit regelmäßig einhergegangen Seromhöhlen, Gewebewucherungen und nicht infektiöse gelbliche Flüssigkeit. Diese typischen Befunde seien auf eine Autoimmunreaktion zurückzuführen, ausgelöst durch den an der Steckkonusverbindung auftretenden Metallabrieb. Dabei handle es sich nicht um ein Problem, das nur am Krankenhaus aufgetreten sei.
41 
Die Klägerin und die Streithelferin beantragen:
42 
1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin
43 
a) zum Ausgleich ihrer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingetretenen und sicher beurteilbaren zukünftigen Nichtvermögensschäden aus der Implantation einer Hüft-Totalendoprothese rechtsseitig vom 02.06.2005 ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen und dieses ab Rechtshängigkeit jährlich mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen,
44 
b) zum Ausgleich aller bis zur letzten mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits in der Tatsacheninstanz eingetretenen Nichtvermögensschäden aus der Implantation einer Hüft-Totalendoprothese linksseitig vom 28.09.2006 ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen und dieses ab Rechtshängigkeit jährlich mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen,
45 
c) 1.247,27 EUR Schadensersatz zzgl. jährlicher Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
46 
d) 943,10 EUR vorgerichtliche Kosten zzgl. jährlicher Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
47 
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle weiteren gegenwärtigen und zukünftigen materiellen sowie alle zukünftigen immateriellen Schäden zu ersetzen, die die Klägerin aus den Implantationen von Hüft-Totalendoprothesen rechtsseitig am 02.06.2005 und linksseitig am 28.09.2006 erleidet, soweit die Ansprüche der Klägerin nicht gesetzlich auf Versicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
48 
Die Beklagten beantragen,
49 
die Klage abzuweisen.
50 
Die Beklagten behaupten, die bei der Klägerin implantierten Hüftprothesen seien mangelfrei und die Revisionsoperation entweder auf die gesundheitliche Situation der Klägerin oder einen Einbaufehler des Chefarztes zurückzuführen.
51 
Bei korrekter Implantation ihres Systems komme es nicht zu dem von der Klägerin behaupteten bedenklichen Metallabrieb. Der Metallabrieb des verwendeten Prothesensystems sei nicht größer als bei Hüftprothesen mit kleinen Kugelköpfen und/oder anderen häufig verwendeten Konusverbindungen. Dies zeige sich auch daran, dass der überwiegende Teil der streitbefangenen, weltweit häufig verwendeten Prothesen nicht beanstandet worden sei und auch die linksseitig der Klägerin implantierte Hüftprothese der Beklagten bislang nicht habe revidiert werden müssen.
52 
Selbst wenn ein erhöhter Metallabrieb unterstellt werde, könne dieser auch allein oder zumindest mitursächlich auf dem fehlerhaften Einbau (z.B. mangelnde Fixierung, zu viele und zu starke oder nicht ausreichend kräftige Schläge, unrichtige Pfannenposition, keine Verwendung von Testpfannen, falscher Winkel) durch den Chefarzt beruhen. Es sei nicht gewährleistet, dass dieser die Einbauhinweise der Beklagten beachtet habe. Ein Indiz für den fehlerhaften Einbau sei, dass sich die Pfanne bei der Revisionsoperation leicht habe entfernen lassen und keine knöcherne Integration aufgewiesen habe. Durch die bei der Implantation angewandte Operationstechnik sei kein stabiler Sitz der Prothesenkomponenten erreicht worden. Insbesondere sei vom Operateur keine ausreichend feste Steckkonusverbindung geschaffen worden. Der Operateur habe es versäumt, den Schaftkonus ausreichend zu säubern und zu trocknen, bevor dieser mit der Innenseite der Adapterhülse verbunden worden sei.
53 
In Frage kämen auch Ursachen in der Person der Klägerin, wie eine erhöhte Belastung durch die Klägerin. Der Einbau des Implantats sei im Falle der Klägerin angesichts ihrer Grunderkrankung, der Schleimbeutelentzündung, der extremen Adipositas sowie der starken Synovialitis kontraindiziert gewesen.
54 
Das streitgegenständliche Implantat sei jedenfalls zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nach dem damaligen Stand der Wissenschaft und Technik ausreichend getestet und nicht erkennbar fehlerhaft gewesen.
55 
Soweit die Klägerin unter postoperativen Beschwerden gelitten habe, hätten diese nicht auf dem behaupteten erhöhten Metallabrieb beruht. Ein Nachweis erheblicher Metallpartikel im Gewebe der Klägerin sei - auch zum Zeitpunkt der Revisionsoperation - nicht erfolgt. Die von der Klägerin geschilderten Beschwerden könnten auch auf der Grunderkrankung (Arthrose), dem Alter, einer degenerativen Veränderung der Wirbelsäule, dem Übergewicht, der übermäßigen Belastung der Prothese oder sonstigen Grunddispositionen der Klägerin beruhen.
56 
Selbst wenn die Beschwerden auf Metallabrieb beruhten, sei der tatsächlich entstandene Metallabrieb als solcher für nicht hypersensible Personen unbedenklich, die hypersensible Klägerin müsse dann ggf. an einer nicht von den Beklagten zu vertretenden Allergie leiden.
57 
Die Revisionsoperation sei nicht durch den behaupteten Produktfehler indiziert gewesen. Eine „deutliche Osteolyse“ für die rechte Seite sei lediglich radiologisch, nicht aber intraoperativ festgestellt worden und damit nicht ausreichend belegt. Wären die Osteolysen tatsächlich erheblich gewesen, dann hätten dem Operateur auch Lockerungen des Schafts auffallen müssen.
58 
Die nach der Revisionsoperation aufgetretene Infektion sei nicht auf Produktfehler zurückzuführen. Gegen einen Produktfehler spreche, dass weltweit das System der Beklagten - mit Ausnahme der Klinik der Streithelferin (dort 18%) - nicht zu erhöhten Revisionsraten führe (unter 0,7 %).
59 
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2016 und 26.07.2016 Bezug genommen.
60 
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nebst Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen Prof. Dr., welche dieser unter Hinzuziehung von Prof. Dr. (Gutachten GA) und … (Ergänzungsgutachten EGA) erstattete. Auf das Gutachten vom 15.08.2013 und das Ergänzungsgutachten vom 07.04.2014 wird Bezug genommen. Prof. Dr. und … haben die Gutachten mündlich erläutert und ergänzt. Die Kammer hat ferner Prof. Dr. schriftlich und den Chefarzt der Streithelferin in der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2016 als Zeugen vernommen. Die Klägerin wurde persönlich angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Angaben von Prof. Dr. (AS 2151 ff.) sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2016 (AS 1757 ff., im Folgenden: „Prot. 1“) und 26.07.2016 (AS 1839 ff., im Folgenden: „Prot. 2“) Bezug genommen. Die Behandlungsunterlagen der Streithelferin wurden beigezogen, den Sachverständigen zur Verfügung gestellt und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe

 
61 
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
A.
62 
Die Klage ist zulässig, auch soweit die Klägerin Feststellung wegen möglicher zukünftiger materieller und immaterieller Schäden begehrt. Die Klägerin hat diesbezüglich ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO, da die Beklagte ihre Haftung für nicht gegeben erachtet. Dies gilt auch für die linke Hüfte. Es ist unschädlich, dass die Klägerin bisher dort (noch) nicht unter körperlichen Beschwerden leidet und bisher keine Revisionsoperation durchgeführt werden musste. Denn eine Klage auf Feststellung der deliktischen Verpflichtung eines Schädigers zum Ersatz künftiger Schäden ist zulässig, wenn die Möglichkeit eines Schadenseintritts besteht. Ein Feststellungsinteresse ist nur zu verneinen, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (BGH, Beschluss vom 09. Januar 2007 - VI ZR 133/06 -, LS 1, juris). Bei der Verletzung eines absoluten Rechtsguts genügt bereits die Möglichkeit eines Schadenseintritts, um das Feststellungsinteresse zu bejahen (OLG Köln, Beschluss vom 04.06.2010 - 1 W 8/10 -, Rn. 2, juris). Die Klägerin ist bei einer möglichen zukünftigen Schadensentstehung oder -entwicklung auch nicht verpflichtet, wegen eines möglicherweise bereits eingetretenen Schadens (teilweise) Leistungsklage zu erheben (BGH, Urteil vom 21. Februar 1991 - III ZR 204/89 -, juris).
B.
63 
Der Klägerin steht hinsichtlich der mit der rechten Hüftprothese verbundenen Beeinträchtigungen ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 25.000,00 EUR und ein Anspruch auf Ersatz von materiellen Schäden in Höhe von 1.247,27 EUR (I.) zu. Ferner war die Feststellung einer Einstandspflicht für weitere und künftige materielle sowie künftige immaterielle Schäden in Bezug auf beide Prothesen auszusprechen (III.). Ein Anspruch auf Schmerzensgeld hinsichtlich der linksseitigen Hüftprothese besteht mangels erheblicher immaterieller Nachteile hingegen nicht (II.).
I.
64 
Die Beklagten sind Herstellerinnen (1.) fehlerhafter Hüftprothesen (2.), wobei der Fehler der rechten Prothese bei der Klägerin zu einer Gesundheitsverletzung geführt hat (3.). Die Haftung der Beklagten ist nicht ausnahmsweise gem. § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG ausgeschlossen (4.). Deshalb steht der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz der entstandenen Schäden in tenorierter Höhe (5.) zu.
65 
1. Die Beklagte zu 1) ist Herstellerin gem. § 4 Abs. 1 ProdHaftG. Die Beklagte zu 2) gilt wegen des Imports der außerhalb des Geltungsbereichs des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 4 Rn. 53) hergestellten Prothesen und des Vertriebs in Deutschland gem. § 4 Abs. 2 ProdHaftG als Herstellerin.
66 
2. Die von den Beklagten in Verkehr gebrachten Hüftprothesen sind fehlerhaft i.S.v. § 3 ProdHaftG (a). Bei ihrem Gebrauch entsteht Metallabrieb, der für den Patienten nachteilig ist, weil er zur Schädigung der Gesundheit führen kann (b) und der in seinem konkreten Ausmaß den berechtigten Sicherheitserwartungen an das Produkt widerspricht (c). Überdies liegen Instruktionsfehler vor (d).
67 
a) Gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es unter einem Nachteil für den Benutzer leidet, welcher dessen Sicherheitserwartungen enttäuscht und diese Sicherheitserwartungen berechtigt waren (Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 3 Rn. 4).
68 
aa) Die Sicherheitserwartungen werden aufgrund eines objektiven Maßstabs ermittelt. Maßgeblich ist, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, welche die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung, also ein durchschnittlicher Benutzer, für erforderlich hält (vgl. etwa BT-Drucks. 11/2447, S. 18; BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 12; Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl. 2017, § 3 ProdHaftG, Rn. 3).
69 
bb) Die berechtigte Verkehrsauffassung wird unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Darbietung des Produkts und des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, bestimmt, § 3 Abs. 1 ProdHaftG.
70 
aaa) Beeinflusst wird die berechtigte Sicherheitserwartung gem. § 3 Abs. 1 lit. a) ProdHaftG durch die Präsentation des Produkts in der Öffentlichkeit, in Werbung, Broschüren oder durch den Verkäufer.
71 
bbb) Sie bestimmt sich gem. § 3 Abs. 1 lit. c) ProdHaftG weiter nach dem Verwendungszweck und den objektiven Merkmalen und Eigenschaften des jeweiligen Produkts sowie den Besonderheiten der Benutzergruppe, für die es bestimmt ist (EuGH, Urteil vom 05. März 2015 - C-503/13 und C-504/13 -, Rn. 38 ff., juris).
72 
Bei Medizinprodukten ist daher der Patientenkreis maßgeblich. Im vorliegenden Rechtsstreit also Patienten, die eine Hüftprothese benötigen. Deren berechtigte Anforderungen an ihre Sicherheit sind in Anbetracht der Funktion der Produkte und der Situation besonderer Verletzlichkeit kranker oder hilfebedürftiger Menschen besonders hoch.
73 
ccc) In zeitlicher Hinsicht ist gem. § 3 Abs. 1 lit. c), Abs. 2 ProdHaftG maßgeblich, wann das konkret fehlerhafte Produkt in Verkehr gebracht wurde. Das erstmalige Inverkehrbringen der Produktreihe spielt keine Rolle (vgl. Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 3 Rn. 34 ff.). Vorliegend ist also für die rechte Hüftprothese auf das Jahr 2005 und für die linke auf das Jahr 2006 abzustellen. Neu gewonnene Erkenntnisse seit dem Jahr 2003, in welchem das Produkt erstmals auf den Markt kam, sind somit bei der Beurteilung der Fehlerhaftigkeit zu berücksichtigen.
74 
cc) Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen können aufgrund eines Konstruktions-, Fabrikations- und/oder Instruktionsfehlers verletzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 12).
75 
b) Bei der streitgegenständlichen Prothese kann es neben einem den Beklagten grundsätzlich bekannten und von ihnen in Kauf genommenen Metallabrieb im Bereich der Gleitpaarung, insbesondere im ersten Jahr (aa), auch zu einem von den Beklagten nicht vorhergesehenen deutlichen Abrieb im Bereich der Steckkonusverbindung kommen (bb), dessen Ursachen im Verantwortungsbereich der Beklagten liegen (cc) und welcher potentiell gesundheitsgefährdend ist (dd).
76 
(aa) Technisch nicht vermeidbar kommt es bei allen im Verkehr befindlichen Prothesentypen zu mehr oder weniger Abrieb in der Gleitpaarung zwischen Kopf und Pfanne. Feststellungen, welcher Abrieb tatsächlich in der konkreten Gleitpaarung entstanden ist, hat die Kammer nicht getroffen. Unstreitig ist aber, dass es in der Gleitpaarung zu Metallabrieb kommt.
77 
Dies ergibt sich bereits aus einer von den Beklagten vor Inverkehrbringen vorgenommenen Vergleichsuntersuchung in einem Simulator von Klein- (28 mm) und Großkopfprothesen (50 mm). Innerhalb des simulierten ersten Jahres, der sogenannten Einlaufphase, wurde eine Verdreifachung des Abriebvolumens in der 50 mm Gleitpaarung auf 5,1 mm³ (Gewicht: 40,80 mg) ermittelt. Als Testergebnis für den kleinen Kopf wurde ein Abriebvolumen in der Einlaufphase von 1,7 mm³ (Gewicht: 13,60 mg) gemessen (vgl. Broschüre Wissenschaftliche Information, Anlage B 13, S. 21; vgl. auch Prot. 2 S. 3 f.).
78 
Aus den gemessenen, in der Broschüre „Wissenschaftliche Information“ (Anlage B 13) veröffentlichten Werten ergibt sich zwar auch, dass dieser Mehrabrieb innerhalb eines Zeitraums von rund 2,5-10 Jahren (abhängig von der Aktivität des Patienten, vgl. Prot. 2 S. 5) wegen eines - jedenfalls nach den Simulatortests - deutlich geringeren Abriebs in der 50 mm Gleitpaarung nach Abschluss der Einlaufphase bei weiteren jeweils 106 Zyklen (50 mm: 0,05 mm³; 28 mm: 0,40 mm³) ausgeglichen wird. Dies ändert aber nichts daran, dass bei erstmaligem Inverkehrbringen der Prothese bewusst in Kauf genommen wurde, den Körper zunächst in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum mit dem dreifachen Volumen an Metallabrieb zu belasten, obwohl die Beklagten einräumen, nicht sicher positiv zu wissen, dass dieser Metallabrieb keine gesundheitlichen Auswirkungen hat. Dieser kurzfristige Anstieg kann, so die Sachverständigen, mehr schaden als ein langsames Anwachsen der freigewordenen Metallmenge (vgl. Prot. 2 S. 3).
79 
Die Kammer verkennt nicht, dass es sich hierbei um Laboruntersuchungen handelt und sich die tatsächlichen Verhältnisse günstiger darstellen können. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Inverkehrbringen entsprach dies aber dem Kenntnisstand der Beklagten, welchen die Kammer aufnimmt. Wenn im Übrigen der Einlaufverschleiß in vivo, so die Beklagten, weitaus geringer ist als im Labor, kommt für die bei der Klägerin auf Kobalt, Titan und Chrom beruhenden Schäden umso mehr der Abrieb an der Steckkonusverbindung in Betracht.
80 
(bb) An der Steckkonusverbindung der Klägerin kommt es zu Abrieb, obwohl diese grundsätzlich so hergestellt sein sollte, dass sie fest sitzt und keinen Metallabrieb oder anderen Verschleiß aufweist.
81 
(aaa) Für die Kammer steht fest, dass es bei der rechten Prothese der Klägerin zu Metallabrieb an der Steckkonusverbindung im inneren Bereich der Adapterhülse kam. Der Abrieb hatte nach den überzeugenden Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen während des Zeitraums von 2005 bis 2010 ein Volumen von ca. 8,11 mm³ (1,76 mm³/Jahr) und ein Gewicht von ca. 64,88 mg (14,08 mg/Jahr).
82 
Die Ermittlung dieser Abriebmenge erfolgte nachvollziehbar durch eine sogenannte topographische Tastschnittmessung. Hierfür wurde die Originalgeometrie auf Grundlage von Messungen im unbeschädigten Teil der Adapterhülse rekonstruiert und mit der vorgefundenen abgenutzten Konus-Kontaktfläche verglichen (vgl. GA S. 30 ff.; S. 54). Aus den Differenzen wurde die Abriebmenge errechnet.
83 
Die Kammer sieht keinen Anlass, die konkreten Messungen durch einen anderen Sachverständigen überprüfen zu lassen. Die Voraussetzungen des § 412 ZPO liegen nicht vor. Soweit die gerichtlichen Sachverständigen im Verfahren 6 O 316/10 zunächst eine um das 10-fache zu hohe Abriebmenge errechnet haben, konnten sie dies plausibel mit einem Fehler bei der Programmierung der zur Berechnung verwendeten Excel-Tabelle erklären und nachvollziehbar darlegen, dass dieser Fehler bei der vorliegenden Messung ausgeräumt ist (vgl. Prot. 1 S. 35). Bestätigt wurden die Ergebnisse der Methode bei anderen Adapterhülsen durch eigenständige Messungen des Labors … (vgl. EG S. 4 f.; Prot. 1 S. 35) und des Privatsachverständigen der Beklagten (vgl. Prot. 1 S. 36).
84 
(bbb) Hinzu kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit noch Metallabrieb am Schaftkonus, dem Gegenstück der Innenseite der Adapterhülse, wobei die genaue Menge offen ist und sich vor dessen Explantation nicht bestimmen lässt (vgl. GA S. 56, EG S. 8; Prot. 1 S. 37).
85 
(cc) Einzelne Ursachen, die zu dem von den Beklagten nicht erwarteten Metallabrieb führen, sind isoliert nicht sicher feststellbar. Die Sachverständigen haben insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass es sich um einen multifaktoriellen Vorgang handelt. Alle in Frage kommenden Ursachen liegen aber im Verantwortungsbereich der Beklagten.
86 
(aaa) An der bei der Klägerin im Rahmen der Revisionsoperation entnommenen Adapterhülse finden sich am Innenkonus „Abriebbereiche in Form von groben Drehriefen, welche vom Schaftkonus eingeprägt waren“ (GA S. 20, 23 ff.). Dies ist, so die Sachverständigen überzeugend, auf eine sogenannte galvanische Korrosion zurückzuführen (vgl. GA S. 48). Dieses chemische Phänomen tritt auf, wenn Metalle mit unterschiedlicher Potentialdifferenz in einem leitenden Medium, hier Blut sowie Gewebsflüssigkeit, miteinander verbunden sind. Die Intensität der galvanischen Korrosion hängt von der Materialkombination der jeweiligen Steckkonusverbindung ab. Ähnliche Legierungen erfahren weniger galvanische Korrosion als unähnliche; je weiter also die Legierungen in der elektrochemischen Spannungsreihe auseinanderliegen, desto größer ist der Effekt (vgl. GA S. 48 f., 52, 55).
87 
Soweit die Beklagten darauf verweisen, die Ursache der festgestellten Einprägung der Rillenstruktur des Schaftkonus am Innenkonus der Adapterhülse sei ungeklärt und mangels Reproduzierbarkeit im Labor auch nicht zu klären, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Die Sachverständigen haben überzeugend ausgeführt, dass es sich um ein bereits seit langem bekanntes und vor dem Jahr 2003 in der wissenschaftlichen Literatur zu Hüftprothesen beschriebenes Phänomen handelt (vgl. GA S. 48), das sich auch in neueren Untersuchungen zum streitgegenständlichen Prothesensystem findet (vgl. GA S. 48).
88 
Auch der Einwand der Beklagten, der im Verfahren 6 O 323/11 festgestellte geringe Abrieb stehe den Annahmen der Sachverständigen entgegen, greift nicht. Für das Auftreten einer galvanischen Korrosion reicht die Kombination von Legierungen mit geringfügigen Unterschieden aus. So wurde bei der Klägerin die Adapterhülse aus Co-Cr-Mo rechts mit einer deutlich unterschiedlichen Legierung des Schaftkonus aus Ti-Al-Nb kombiniert (vgl. GA S. 5) während der Schaftkonus links aus einer ähnlichen aber nicht identischen Co-Cr-Ni-Mo Legierung bestand. Diese Legierung kam auch im Verfahren 6 O 316/10 zur Anwendung. Der schwächere Abrieb im Verfahren 6 O 316/10 (rund 1 mm³/Jahr) stützt daher die Ausführungen der Sachverständigen. Zwischen Schaft und Adapter besteht wegen des 30%-igen Nickelanteils im Schaft eine Potentialdifferenz, die aber verglichen mit der Potentialdifferenz zur Titanlegierung geringer ist (vgl. Prot. 2 S. 11).
89 
Aufgrund der durchgeführten Tastschnittmessung konnten die Sachverständigen auch überzeugend ausschließen, dass die vorgefundene Rillenstruktur auf einer bloßen Verformung beruht. Verformungen wären im Rahmen der Tastschnittmessung sichtbar gewesen (vgl. Prot. 1 S. 37).
90 
Bei der Konstruktion wäre daher darauf zu achten gewesen, nur Materialien zu kombinieren, die zu einer möglichst geringen galvanischen Korrosion neigen (GA S. 55). Dies ist jedenfalls bei Verwendung eines Schaftkonus aus einer Titanlegierung nicht der Fall und unterfällt dem Verantwortungsbereich der Beklagten, die auch den Prothesenschaft liefert.
91 
(bbb) Mikrobewegungen, die ebenfalls Ursache des Metallabriebs sein können, stehen im direkten Zusammenhang mit der Verbindungsfestigkeit und der Beanspruchung der Steckkonusverbindung bei dem von den Beklagten eingeführten Großkopfsystem. Höhere Belastungen der Steckkonusverbindung können direkt mit einem erhöhten Risiko von Mikrobewegungen in den Kontaktflächen in Zusammenhang gebracht werden (GA S. 50). Die Sachverständigen haben dabei den großen Durchmesser der Gelenkgleitpaarung, die vorliegend verwendete lange Adapterhülse, eine unzureichende Präzision bei der Fertigung der Konuskontaktfläche und die Länge des Schaftkonus als mögliche Ursachen identifiziert, auch wenn isoliert der Einfluss einer einzelnen der genannten Ursachen mit der für eine Überzeugungsbildung des Gerichts erforderlichen Gewissheit nicht nachgewiesen werden konnte:
92 
(1) Die Steckkonusverbindung wird vorliegend möglicherweise durch die großen Durchmesser der Gelenkgleitpaarung stärker belastet als durch die vorher üblichen kleineren Durchmesser. Gleichwohl unterblieb bei der Konzeption des Prothesensystems eine Steigerung der Verbindungsfestigkeit der Steckkonusverbindung.
93 
Die Sachverständigen führen insoweit nachvollziehbar und überzeugend aus, dass große Kopfdurchmesser im Vergleich zu kleineren (z.B. 28 mm) zu einer Erhöhung des Reibmoments führen. Es ist daher ein größeres Moment erforderlich, um den Gelenkkopf zu bewegen (vgl. GA S. 49, 54; Prot. 2 S. 6). In der Einlaufphase ist das Reibmoment dabei besonders hoch. Dies ergibt sich zudem sowohl aus der wissenschaftlichen Broschüre der Beklagten als auch aus den Angaben ihres Privatsachverständigen im Termin (vgl. Anlage B 13, S. 17; Prot. 2 S. 4).
94 
Das höhere Reibmoment hat zur Folge, dass die Belastungen, welchen das Prothesensystem ausgesetzt wird, ebenfalls überproportional ansteigen. Diese Erkenntnisse konnten die Sachverständigen aus wissenschaftlichen Untersuchungen u.a. auch von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) nachvollziehbar herleiten. Dabei wurde auch der Gesichtspunkt eines entstehenden Schmierfilms berücksichtigt (vgl. Prot. 2 S. 6). Diese Erkenntnisse aus der Literatur wurden durch eigene Untersuchungen der Sachverständigen mittels einer sogenannten Finite-Elemente-Analyse plausibilisiert (vgl. GA S. 35, 49 f., 61; EG S. 18 f.; Prot. 2 S. 6).
95 
Die Beklagten durften deshalb nicht davon ausgehen, dass die erforderliche Verbindungsfestigkeit identisch ist mit der für Gelenkköpfe mit kleinen Durchmessern (vgl. Prot. 2 S. 7). Gleichwohl haben die Beklagten ausweislich der Zulassungsunterlagen (Anlagenkonvolut B15) die Verbindungsstabilität der Steckkonusverbindung nicht erhöht (vgl. GA S. 35).
96 
Aus dem Vorgesagten ergibt sich allerdings nicht mit der gebotenen Sicherheit, worauf die Beklagten zutreffend hinweisen, dass die Konusverbindung sich tatsächlich immer an der kritischen Belastungsgrenze befindet. Diesen Rückschluss lässt die durchgeführte Finite-Elemente-Analyse nicht zu. Dagegen spricht auch, dass eine Studie von Nassif et al., auf welche die Beklagten hinweisen, bei größeren Köpfen keinen Einfluss auf Reibverschleiß, Korrosion und Abrieb an der Steckkonusverbindung festzustellen vermochte. Die pauschale Aussage der Sachverständigen, es handele sich um eine Einzelmeinung (vgl. Prot. 2 S. 9), reicht bei der gegebenen Tatsachenlage mangels Feststellungen zur Belastungsgrenze nicht aus, um an diesem Punkt gesicherte entgegengesetzte Feststellungen zu treffen. Widerlegen lässt sich diese potentielle Ursache allerdings mit den Einwendungen der Beklagten (AS 1685-1691) auch nicht. Für den vorliegenden Fall ist aber entscheidend, dass es sich ggf. um eine Ursache aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten handelt.
97 
(2) Ein weiterer den Abrieb im Einzelfall begünstigender Faktor, der möglicherweise Mikrobewegungen zur Folge hat, kann aus der Verwendung einer langen Adapterhülse resultieren. Beim streitgegenständlichen Prothesensystem besteht die Möglichkeit, den Abstand zwischen Schaft und Kugelkopf mittels Adapterhülsen, die in vier Größen (S, M, L und XL) zur Verfügung stehen, anzupassen. Die Verwendung einer langen Adapterhülse (bei der Klägerin rechts XL) trägt zu einer erhöhten Belastung der Steckkonusverbindung bei, da der Hebelarm zwischen dem Gelenk-Drehzentrum und der tragenden Konuskontaktfläche verlängert wird (GA S. 50, 54; EG S. 39). Auch hier gilt allerdings, dass das Erreichen einer kritischen Belastungsgrenze nicht feststeht. Am linksseitigen Hüftgelenk liegt dieses besondere erhöhte Risiko nicht vor, weil dort eine Adapterhülse der Größe M eingebaut wurde. Unabhängig davon würde es sich um eine Ursache aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten handeln.
98 
(3) Zur sicheren Vermeidung von Mikrobewegungen müssen die Kontaktflächen exakt gefertigt sein (vgl. GA S. 54). Im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen stellten die Sachverständigen Unregelmäßigkeiten an der Oberfläche des Innenkonus einer originalverpackten, unbenutzten Adapterhülse des gleichen Implantatmodells fest, welche zur Beeinträchtigung der Verbindungsfestigkeit führen könnten. Es ist zwar nicht mit der gebotenen Sicherheit erwiesen, dass dieser Gesichtspunkt vorliegend Einfluss hatte und den Beklagten in Form eines Konstruktions- oder Fertigungsfehlers vorwerfbar ist. Der Sachverständige hat insoweit ausgeführt, dass es sich lediglich um eine von ihm getroffene Annahme handelt (vgl. Prot. 1 S. 34) und zudem ein Abgleich mit den geltenden allgemeinen Fertigungsstandards und den eigenen Produktionsstandards der Beklagten unterblieben ist (vgl. Prot. 1 S. 35). Ob dieser Umstand erwiesenermaßen die Ursache für den Abrieb ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls handelt es sich um eine Ursache aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten.
99 
(4) Die Konuskontaktflächen müssen möglichst groß sein (GA S. 54). Aufgrund der gegebenen Fertigungstoleranzen mit einer Toleranz des Konuswinkels in negativer und positiver Richtung kann die tragende Konusfläche je nach Auslieferungszustand variieren (GA S. 54). Ist der Winkel aufgrund der positiven Toleranz größer ausgefallen, kann der tragende Bereich weiter proximal liegen. Ein kleinerer Winkel würde hingegen eine weiter distal gelegene Kontaktfläche verursachen. Auch hier kann dahinstehen, ob dieser Umstand erwiesenermaßen die Ursache für den Abrieb ist. Entscheidend ist, dass es sich ggf. um eine Ursache aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten handelt.
100 
(5) Die Sachverständigen führen weiter aus, dass im Fall der Verwendung eines kurzen Schaftkonus und gleichzeitiger Verlagerung der Konus-Kontaktfläche aus dem Drehzentrum heraus hohe Beanspruchungen an das Implantatmaterial entstehen, die ebenfalls Mikrobewegungen verursachen können (vgl. GA S. 50, 52, 54). Inwieweit dies vorliegend der Fall war, ließ sich, unabhängig davon, dass links mit 14 mm kein ausgewiesen kurzer Schaft vorlag, nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen. Der Einwand des Privatsachverständigen, dass weniger die Länge des Schaftkonus als die Länge der Kontaktfläche entscheidend sei, ist für die Kammer nachvollziehbar (vgl. Prot. 2 S. 10). Darauf deuten auch die Ausführungen der Sachverständigen im Ergänzungsgutachten hin (vgl. EG S. 38 f.). Auch bei dieser potentiellen Ursache steht jedenfalls fest, dass sie aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten stammen würde.
101 
(6) Es gibt also mehrere Faktoren, die Mikrobewegungen begünstigen und damit den entstandenen Metallabrieb erklären können. Bei keinem der vorgenannten Faktoren ist ein konkreter Verursachungsbeitrag erwiesen oder ausgeschlossen. Alle genannten Ursachen fallen aber in den Verantwortungsbereich der Beklagten.
102 
(ccc) Das gleiche gilt für einen möglichen Einfluss der Pfanne auf das Versagen des Prothesensystems.
103 
Aus den Wahrnehmungen des als Zeugen vernommenen Chefarztes und den Untersuchungen der Sachverständigen an der Pfanne ergibt sich überzeugend, dass die Pfanne - anders als dies zu erwarten gewesen wäre - nicht eingewachsen ist. Sie ließ sich, so der Chefarzt glaubhaft, ohne größeren Aufwand vom Knochen lösen. Im Falle eines Einwachsens hätten sich Knochenreste an der Außenseite der Gelenkpfanne befinden müssen. Solche konnten aber weder vom Chefarzt noch von den Sachverständigen festgestellt werden. Konkrete Schlussfolgerungen aus dieser Feststellung, die für oder gegen eine Fehlerhaftigkeit des Prothesensystems sprechen, vermochten die Sachverständigen aber nicht zu ziehen (vgl. Prot. 2 S. 11 f.). Da die Sachverständigen ausgeschlossen haben, dass ein fehlerhafter Einbau durch den Chefarzt erfolgte (vgl. Prot. 2 S. 19), bleiben, wenn das fehlende Einwachsen der Pfanne doch mitursächlich war, angesichts der Tatsache, dass das Anwachsen in zahlreichen Fällen nicht erfolgte, nur Ursachen aus dem Bereich der Beklagten.
104 
(ddd) Eine weitere wesentliche Ursache für den Abrieb kann sein, dass die Steckkonusverbindung ärztlicherseits nicht suffizient zusammengefügt worden ist. Auch diese Ursache liegt aber im Verantwortungsbereich der Beklagten. Die in den Jahren 2005/2006 geltende Operationsanweisung ist unzureichend.
105 
(1) Eine niedrige Fügekraft kann, was der Beklagten aus eigenen Studien bekannt war, zu Korrosion führen (vgl. EG S. 31). Deshalb muss zur Vermeidung von Metallabrieb an der Steckkonusverbindung sichergestellt sein, dass diese intraoperativ mit ausreichender Festigkeit hergestellt wird. Die Beschreibung der erforderlichen Handgriffe zum Einschlagen des Gelenkkopfs mit Adapterhülse ist unvollständig und zu unpräzise, um eine ausreichende Verbindungsfestigkeit in standardisierter Weise herzustellen.
106 
Die in englischer Sprache verfasste und damals gültige Operationsanweisung 07/2004 schreibt vor, den Femurkopf zu positionieren, indem eine leichte Rotationsbewegung auf den Schaft-Konus ausgeübt wird und durch einen sanften Schlag auf den Kunststoff-Einschlagaufsatz den Großkugelkopf auf dem Schaft zu fixieren (vgl. Anlage B 44, englischsprachiger Anhang).
107 
Diese Operationstechnik wurde in zwei später erschienenen Anleitungen geändert. In der Ausgabe 09/2008 (Anlage SV 3) wurde die „leichte Rotationsbewegung“ durch „kräftiges Drehen“ ersetzt. Das endgültige Einschlagen auf den Schaftkonus wurde durch „mit dem Aufschlagaufsatz einen Schlag versetzen“ beschrieben (GA S. 59).
108 
In der Ausgabe 05/2009 (Anlage SV 1, Anlage B 7) soll der Hüftkopf mit Hülse „durch kräftige Drehung“ vorab sicher manuell am Konus befestigt werden. Weiter heißt es: „Dem Großkugelkopf mit dem Kunststoff-Aufschlagaufsatz und einem schweren Hammer mindestens drei kräftige Schläge versetzen, um zu gewährleisten, dass er vollständig auf dem Schaftkonus aufsitzt. Mit „kräftiger Schlag“ ist ein Schlag ähnlich dem letzten Schlag beim Einbringen eines zementlosen Schafts gemeint. Weitere Schläge können gegeben werden. Wenn die vorherigen Schläge schon kräftig waren, werden zusätzliche Schläge die Qualität der Montage nicht nennenswert verbessern. Der Einschläger darf nicht mehr als 20 Grad von der Oberschenkelhalsachse abweichen, da sonst zu viel der Einschlagkraft verloren geht.“ (vgl. GA S. 59).
109 
Bereits die Änderung der OP-Anweisung zeigt, dass die Beklagtenseite bei der erforderlichen Fügekraft erheblichen Änderungsbedarf von einem leichten Schlag hin zu mindestens drei kräftigen Schlägen sah. Hinzu kommt, dass in der ursprünglichen OP-Anweisung weder Angaben dazu enthalten sind, dass ein Hammer zu verwenden ist (vgl. EG S. 32; Prot. 2 S. 16) noch welche Größe/Gewicht dieser haben soll noch welche Schlagrichtung einzuhalten ist (vgl. Prot. 2 S. 16). Die Sachverständigen haben weiter erläutert, dass Tests der Beklagten bei einem Aufsetzen per Handschlag keine ausreichende Verbindungsfestigkeit ergaben (vgl. Prot. 2 S. 16). Soweit ein zu schwacher Schlag entscheidend war, liegt die Ursache somit im Verantwortungsbereich der Beklagten.
110 
(2) Schließlich ist die Sauberkeit der Konuskontaktfläche ein zur Herstellung der Steckkonusverbindung maßgeblicher Faktor. Die Anweisungen zum Reinigen des Schaftkonus gewährleisten aber nicht mit hinreichender Sicherheit dessen Sauberkeit.
111 
In der Operationsanweisung 07/2004 heißt es unter Ziffer 5 in englischer Sprache, den Konus des Schafts mit Kompressen von Blutresten reinigen und trocknen (Anlage B 44 englischsprachiger Anhang; Prot. 2 S. 21). Dabei muss der Operateur aber neben Blutrückständen auch mit Wasser und Fett rechnen. Es ist insoweit zudem nicht klar, wie der Operateur auch etwaig vorhandene Mikropartikel entfernen und eine ausreichende Reinigung sicherstellen soll. Alleine mit Kompressen und Wasser ist dies nicht sichergestellt. Ein medizinischer Standard, der einen entsprechenden Hinweis entbehrlich gemacht hätte, bestand und besteht insoweit - so überzeugend die Sachverständigen - nicht (vgl. Prot. 2 S. 21).
112 
Hierbei handelt es sich um einen weiteren Instruktionsmangel der dazu führen kann, dass die Steckkonusverbindung nicht fest genug hergestellt wird.
113 
Die beschriebenen Defizite, die zum fehlerhaften Vorgehen des Operateurs führen können, sind potentielle Ursachen für den Abrieb an der Steckkonusverbindung. Da die Defizite aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten stammen, geht der Einwand der Beklagten, die Steckkonusverbindung sei ärztlicherseits nicht suffizient gefügt worden, weil die Operationsanweisung nicht eingehalten worden sei, ins Leere.
114 
eee) Sonstige ärztliche Fehler, die zu Abrieb hätten führen können, liegen nach den Feststellungen der Sachverständigen nicht vor (EG S. 59 f.).
115 
fff) Soweit die Beklagten sich darauf berufen, die Adipositas der Klägerin sei für das Versagen der streitgegenständlichen Prothese mitursächlich gewesen, greift auch dieser Einwand nicht durch. Die Klägerin hatte bei den Operationen in den Jahren 2005 und 2006 ein Gewicht von 100 kg. Ein solches Gewicht hatten die Beklagten ausweislich der Operationsanweisungen zugelassen (vgl. Prot. 2 S. 17; Anlage B 44 S. 5 keine Kontraindikation; Beipackzettel Anlage B 45 keine Kontraindikation, nur als Risikofaktor, der den Erfolg der Operation beeinflussen kann „Übergewicht des Patienten, Adipositas [insbesondere bei einem Körpergewicht über 100 kg] Anlage B 37 S. 8 „für adipöse Patienten wird eine größere und für schlanke Patienten eine kleinere Schablone verwendet“). Die Prothese muss deshalb konstruktiv für ein solches Gewicht auch ausgelegt sein. Liegt die Ursache dennoch im Übergewicht der Klägerin, fällt sie gleichwohl in den Verantwortungsbereich der Beklagten.
116 
dd) Körperfremde Partikel, so auch Metallabrieb, können im Körper gesundheitsschädlich sein. Dies ist in der Medizin seit langem bekannt. Empfehlungen zu Grenzwerten für Kobaltionen im Blut, die als Hinweis auf mögliche Gesundheitsgefahren angesehen werden, sind erst nach Rechtshängigkeit des vorliegenden Rechtsstreits im Jahr 2012 herausgegeben worden.
117 
Zwar verursachen die nach Einbau der streitgegenständlichen Prothese entstehenden körperfremden Abriebprodukte in der Mehrzahl der Fälle wohl bisher keine dauerhaften negativen Folgen. Sie können aber in einer nicht unerheblichen Zahl von Einzelfällen eine biologische Abwehrreaktion, Partikelerkrankung sowie Osteolyse hervorrufen. Hierdurch kann es dann zu einer Prothesenlockerung kommen (vgl. GA S. 51 f.). Die Revisionswahrscheinlichkeit wird erhöht (vgl. Prot. 2 S. 15). Dieser seit den 50er Jahren bekannte (vgl. Prot. 2. S. 30) Zusammenhang ist heutzutage erwiesen (vgl. Prot. 2 S. 3) und es ist zwischenzeitlich auch bekannt, dass ein Zusammenhang zwischen der Kobaltionenkonzentration im Blut und einer Revisionswahrscheinlichkeit besteht (vgl. Prot. 2 S. 15).
118 
Ab welchem Umfang Abriebprodukte diese Abwehrreaktion in einem gesundheitsschädlichen Ausmaß hervorrufen und ob bestimmte Arten oder Partikelgrößen gefährlicher sind als andere, ist bisher wissenschaftlich nicht abschließend geklärt (vgl. Prot. 1 S. 36; Anlage B 13, S. 25; Prot. 2 S. 14 f.). Konkret für Metallionen konnte noch kein Grenzwert, z.B. für einen Nachweis im Blut, bestimmt werden, ab dessen Überschreitung mit einer die Gesundheit des Patienten gefährdenden biologischen Abwehrreaktion sicher zu rechnen ist (vgl. GA S. 51; Prot. 2 S. 15). Es gibt hierzu zwischenzeitlich entwickelte Konsensus-Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Endoprothetik (heute: Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik) aus dem Juni 2012. Dort wird ein vorläufiger Schwellenwert für Kobalt von 2 bis 7 µg/L für zusätzliche Bildgebung und engmaschige Nachuntersuchungen empfohlen. Im Fall einer höheren Metallionenkonzentration soll mit dem Patienten eine Schnittbilduntersuchung durchgeführt und die Wahrscheinlichkeit einer Revision besprochen werden (vgl. Prot. 2 S. 14 f.). Es gilt aber grundsätzlich, so die Sachverständigen, den Metalleintrag durch Abrieb so gering wie möglich zu halten (GA S. 51).
119 
Auch die Beklagten räumen ein, dass es zu Reaktionen auf den Metallabrieb kommen kann, meinen aber dass die Effekte nicht abschließend geklärt sind und sich keine allgemeingültigen Aussagen machen lassen (vgl. AS 1363 - 1369, Anlagen B 48 und B 49). Sie können allerdings nicht belegen, dass der Metallabrieb des streitgegenständlichen Systems immer oder in nicht nur unerheblichem Umfang ohne Reaktion bleibt.
120 
Der körperfremde Metallabrieb aus der Prothese ist danach potentiell mit erheblichen Gesundheitsgefahren verbunden, ohne dass ein genaues Ausmaß bestimmt werden könnte, ab wann und welche Folgen eintreten.
121 
Dass Metall-Metall-Großkopfprothesen verschiedener Hersteller zwischenzeitlich wohl wegen des Abriebs als problematisch gelten und deshalb vom Markt genommen wurden, ist unstreitig.
122 
c) Die berechtigten Sicherheitserwartungen an die streitgegenständliche Hüftprothese wurden enttäuscht.
123 
aa) Grundsätzlich besteht die Erwartung, dass ein Produkt so konstruiert ist, dass es unter Beachtung der Gebrauchsanleitung bei einem bestimmungsgemäßen Gebrauch gefahrlos benutzt werden bzw. dass es nur zu bekannten Gefahren kommen kann und keine unerwarteten Schäden entstehen (Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 3 Rn. 14).
124 
aaa) Einzuhaltende Mindeststandards sind dabei öffentlich-rechtliche und private Standards wie etwa DIN, VDE-Normen etc. und die ordnungsgemäße Einholung behördlicher Zulassungen. Werden diese Standards unterschritten, sind die berechtigten Sicherheitserwartungen im Allgemeinen verletzt, weil diese Normen regelmäßig eine brauchbare Konkretisierung allgemeiner Sicherheitserwartungen durch Branchenfachleute enthalten. Die Einhaltung der Normen oder eine behördliche Zulassung gewährleisten aber nicht die Einhaltung des notwendigen Sicherheitsniveaus im Einzelfall. Dies bereits deshalb, weil die betreffenden Regelungen neben Sicherheitsanliegen auch andere Zwecke haben und nicht stets dem aktuellen Stand der Technik entsprechen (BeckOK BGB/Förster, ProdHaftG, 41. Ed. Stand 01.11.2016, § 3 Rn. 25 m.w.N; Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 3 Rn. 43 ff.).
125 
bbb) Der Hersteller hat also die Sicherungsmaßnahmen einzuhalten, die nach dem im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts vorhandenen neuesten Stand der Wissenschaft und Technik konstruktiv möglich und zumutbar sind. Die Möglichkeit der Gefahrvermeidung ist gegeben, wenn nach gesichertem Fachwissen der einschlägigen Fachkreise praktisch einsatzfähige Lösungen zur Verfügung stehen (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 15 f.). Sind bestimmte mit der Produktnutzung einhergehende Risiken nach dem maßgeblichen Stand von Wissenschaft und Technik nicht zu vermeiden, ist unter Abwägung von Art und Umfang der Risiken, der Wahrscheinlichkeit ihrer Verwirklichung und des mit dem Produkt verbundenen Nutzens zu prüfen, ob das gefahrträchtige Produkt überhaupt in den Verkehr gebracht werden darf (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 17).
126 
Die Frage, ob eine Sicherungsmaßnahme nach objektiven Maßstäben zumutbar ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls beurteilen (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 18). Angesichts der Tatsache, dass es sich vorliegend um ein Medizinprodukt handelt, dass über einen langen Zeitraum im Körper des Patienten verbleiben soll, sind Gefahren in den Grenzen des technisch Möglichen und wirtschaftlich Zumutbaren auszuschalten (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 19).
127 
ccc) Maßgeblich ist vorliegend nach § 3 Abs. 1 a) ProdHaftG weiter die Darbietung des Produkts, welche die Erwartungen konkretisieren und die Einhaltung einer über den vorgenannten Mindeststandards liegende Produktsicherheit erforderlich machen kann. Wird etwa in der Werbung auf bestimmte Sicherheitsaspekte hingewiesen, dann darf der Verbraucher sie erwarten. Fehlt ein Hinweis, kann die Sicherheitserwartung gerechtfertigt sein, dass nicht angesprochene Gefahren auch nicht vorhanden sind (Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 3 Rn. 22 ff.).
128 
bb) Die Darbietung des Produkts durch die Beklagte lässt eine niedrige Menge an Abriebprodukten erwarten. Die danach zu erwartende Menge ist vorliegend überschritten.
129 
aaa) In der ärztlichen Informationsbroschüre „Wissenschaftliche Information“ (Anlage B 13) heißt es auf S. 4 „In vitro Studien und klinische Untersuchungen bestätigen die günstigen Verschleißeigenschaften von Metall-Metall Kombinationen mit größeren Femurköpfen“. Auf S. 17 wird der unvermeidliche Einlaufverschleiß angesprochen, der aber „mit einem Hüftgelenkssimulator getestet und quantifiziert werden könne“. Auf S. 21 ist unter „Verschleißeigenschaften in vitro“ die Erhöhung des Abriebvolumens in der Anlaufphase um das 3-fache im Text wie folgt beschriebt: „…Der volumetrische Verschleiß in der Einlaufphase eines großen 50 mm Artikulation lag leicht über dem eines 28 mm Artikulation…“.
130 
Diese Art der Darstellung bestätigt auch der Chefarzt, indem er angibt, es sei im Jahr 2003 eine Herstellerinformation der Herstellerin gekommen, dass die Großkopfprothese im Gelenk weniger Abrieb mache als die Kleinkopfprothese (Prot. 1 S. 12).
131 
bbb) Diese Darstellung ist so aber nicht richtig (vgl. Prot. 2 S. 15). Hierdurch wird die binnen kurzer Zeit erfolgte Zunahme des Abriebs verharmlost. Es wird nicht deutlich, dass es ca. 10.000.000 Testzyklen (ein Testzyklus entspricht einem Schritt, 1.000.000 Schritte werden innerhalb eines Zeitraums von 2 bis 12 Monaten absolviert) dauert, bis der höhere Verschleiß in der Einlaufphase ausgeglichen ist. Mit dieser hohen Konzentration von Metallpartikeln einhergehende mögliche gesundheitliche Risiken werden verdeckt. Für eine zutreffende Gefahrsensibilisierung hätte dieser Gesichtspunkt einer möglicherweise hohen Abriebmenge innerhalb einer kurzen Periode besonders herausgestellt werden müssen.
132 
ccc) Zudem ist von einem möglichen zusätzlichen Abrieb in der Steckkonusverbindung nicht die Rede, so dass berechtigterweise erwartet werden durfte, dass ein solcher nicht besteht. Er ist auch von erheblichem Umfang. Ausgehend von den Werten aus der ärztlichen Informationsbroschüre und unter Berücksichtigung des tatsächlich an der Steckkonusverbindung gemessenen Abriebs ergibt sich für die Klägerin folgende Vergleichsrechnung:
133 
Die Prothese war vom 01.06.2005 bis 21.01.2010 also 4 Jahre und 7 ½ Monate implantiert. Wäre der Klägerin eine Kleinkopfprothese (28 mm) implantiert worden, hätte sich nach der in der ärztlichen Informationsbroschüre dargestellten Vergleichsuntersuchung in einem Simulator in der Gleitpaarung in der Einlaufphase ca. im ersten Jahr ein Abrieb von 1,7 mm³ (Gewicht: 13,60 mg) und zusätzlich durchschnittlich bei jährlich 106 Zyklen 0,4 mm³, insgesamt also bei 4 Jahren und 7 ½ Monaten ein Volumen von 3,15 mm³ (= Gewicht 25,44 mg) ergeben.
134 
Bei Großkopfprothesen (50 mm) errechnet sich ein Abrieb in der Gleitpaarung im ersten Jahr von ca. 5,1 mm³ (Gewicht: 40,80 mg) und zusätzlich bei jährlich 106 Zyklen 0,05 mm³ für 4 Jahre und 7 ½ Monate ein Gesamtvolumen von 5,285 mm³ (= Gewicht 42,28 mg).
135 
Auch wenn diese Mengen, so die Beklagten, in vivo nicht erzielt wurden, lag der am Innenkonus der Adapterhülse der Klägerin mit insgesamt rund 65 mg festgestellte - an sich nicht vorgesehene - Abrieb deutlich über dem allein in der Gleitpaarung bei Großkopfprothesen und erst recht bei Kleinkopfprothesen bis zu diesem Zeitpunkt in Kauf genommenen Abrieb. Hinzu kam der tatsächliche Abrieb aus der Gleitpaarung und am Schaftkonus aus Titan und/oder an der titanbeschichteten Außenseite der Pfanne, den es ausweislich des im Blut und Gewebe der Klägerin festgestellten Titans auch noch gegeben haben muss.
136 
ddd) Schließlich haben die Beklagten offensichtlich auch den Internetauftritt der Streithelferin (vgl. Anlage B 2), den sie selbst vorgelegt haben, gekannt. Darin heißt es unter anderem, „keine Abriebzunahme bei Großkopfprothesen“ (Anlage B 2 S. 7). Weiter wird dort ausgeführt, „Großkopf Metall/Metall, Metall/Metall 15 Jahre Erfahrung“ (Anlage B 2, S. 15). Ein Hinweis, dass die Erfahrungsdauer nur für die Kleinkopfprothese gilt, fehlt.
137 
cc) Eine Beeinträchtigung der Sicherheitserwartung ist darüber hinaus darin zu sehen, dass die wissenschaftlich zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zur Vermeidung von Gesundheitsgefahren nicht ausgeschöpft wurden. Hätten die Beklagten klinische Studien durchgeführt, hätten sie erkennen können, dass es neben dem Metallabrieb an der Gleitpaarung zu Metallabrieb an der Steckkonusverbindung kommt. Beim streitgegenständlichen Prothesensystem zeigten nach Inverkehrbringen durchgeführte klinische Studien insbesondere im Vergleich mit den ebenfalls als Großkopfprothesen anzusehenden Kappenprothesen einen erheblich stärkeren Anstieg von Metallionenwerten im Blut, der auf eine größere Abriebmenge schließen lässt. Dass Abriebpartikel grundsätzlich schädlich sein können, war den Beklagten bekannt (Anlagen B 13 S. 25; B 15 S. 2), sie haben aber bei ihren Überlegungen und der Zulassung einfach die günstigeren Ergebnisse der Kleinkopfprothesen übernommen (Anlagen B 13 S. 21, 25; B 15 S. 2 Ziff. 3, S. 4 Ziff. 7, S. 16 Ziff. 14).
138 
aaa) Die Fa. ... Inc. finanzierte nach Markteinführung der Hüftprothese eine klinische Studie (vgl. Anlage SV 9), die von Juni 2005 - August 2008 durchgeführt wurde. Die Studie sollte das streitgegenständliche Prothesensystem mit Kappenprothesen der Beklagten, also zwei Großkopfprothesen miteinander vergleichen.
139 
Im Rahmen der Studie wurden bei einer Untergruppe von 30 Patienten Blutuntersuchungen durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass bei Patienten mit dem streitgegenständlichen Prothesensystem innerhalb des ersten Jahres die Metallionenanteile von Kobalt um das 46-fache und von Chrom um das 10-fache anstiegen und auch im zweiten Jahr ein weiterer Anstieg zu verzeichnen war. Demgegenüber zeigte sich bei den Kappenprothesen ein deutlich geringerer Anstieg der Kobaltwerte im ersten Jahr um das 4-fache sowie der Chromwerte um das 5,4-fache. Im zweiten Jahr erfolgte keine erhebliche Steigerung.
140 
Die bei Patienten mit der streitgegenständlichen Prothese gemessenen Kobaltwerte stiegen von präoperativ durchschnittlich 0,11 µg/L auf einen Durchschnittswert von 5,09 µg/L (3,0 - 7,5 µg/L) im ersten und auf 5,38 µg/L (3,5-7,2) im zweiten Jahr (vgl. Anlage SV 9, S.5).
141 
Bei den Kappenprothesen zeigte sich im ersten Jahr eine Erhöhung von 0,13 µg/L auf 0,51 µg/L und im zweiten Jahr auf 0,54 µg/L. Eine vergleichbare Entwicklung war bei den Chromwerten festzustellen.
142 
        
Kobalt (µg/L)
Chrom (µg/L)
        
Präop.
1. Jahr
2. Jahr
Präop.
1. Jahr
2. Jahr
Total-
endoprothese
0,11
(0,1-0,2)1
5,09
(3,0-7,5)
5,38
(3,5-7,2)
0,20
(0,1-0,3)
2,14
(0,9-3,2)
2,88
(1,1-4,0)
Kappen-
prothese
0,13
(0,1-0,2)
0,51
(0,4-0,7)
0,54
(0,4-0,7)
0,15
(0,1-0,2)
0,81
(0,5-1,3)
0,84
(0,7-1,1)
143 
1 Der Klammerzusatz zeigt den Interquartilsabstand.
144 
bbb) Eine weitere klinische Studie (vgl. Anlage SV 10), die von August 2005 - Dezember 2007 durchgeführt wurde, kam zu ähnlichen Ergebnissen:
145 
        
Kobalt (µg/L)
Chrom (µg/L)
        
Präop.
6 Monate
1. Jahr
Präop.
6 Monate
1. Jahr
Total-
endoprothese
0,11
(0,05-0,34)
1,96
(0,25-6,76)
2,21
(0,26-5,63)
0,71
(0,2-2,4)
1,27
(0,62-2,8)
1,34
(0,6-3,1)
Kappen-
prothese
 
0,15
 
0,8
 
0,67
 
0,92
 
1,89
 
1,61
146 
Es war also bei den streitgegenständlichen Prothesen ein rund dreifach höherer Kobaltwert festzustellen als bei den Kappenprothesen (vgl. GA S. 48).
147 
ccc) Nach beiden Studien zeigten sich zwei Auffälligkeiten. Die Metallionenwerte im Blut stiegen sowohl bei der Kappenprothese als auch beim streitgegenständlichen Prothesensystem um ein Vielfaches an. Im Vergleich zur Kappenprothese war der Anstieg beim streitgegenständlichen System aber noch einmal um ein Vielfaches höher (vgl. GA S. 47). Die Beklagten hätten dann die Möglichkeit gehabt, auf die Erkenntnisse zu reagieren, sei es durch Konstruktion einer abriebfreien Steckkonusverbindung, einer anderen Konstruktion des Prothesensystems oder durch ein Unterlassen des Inverkehrbringens.
148 
In einer Gesamtsituation, in welcher zufriedenstellend funktionierende Hüftprothesensysteme am Markt etabliert sind, ist es nach Auffassung der Kammer unter dem Gesichtspunkt der Produkthaftung nicht zu rechtfertigen, auf solche Tests zu verzichten.
149 
dd) Problematisch wird die Frage der Sicherheitserwartung auch dann, wenn die Kammer unterstellt, die Beklagten hätten die an der Steckkonusverbindung entstehende Abriebmenge gekannt und das aus dem Metallabrieb folgende Gesundheitsrisiko bewusst als unvermeidbar hingenommen. Zwar darf der durchschnittliche Verbraucher nur das an Sicherheit erwarten, was dem Hersteller unter Berücksichtigung der sonstigen von ihm zu erfüllenden Erwartungen nach objektiven Maßstäben zumutbar war, als er das Produkt in den Verkehr gebracht hat (Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 3 Rn. 16). Bei unvermeidbaren Risiken ist aber eine Gesamtabwägung vorzunehmen (aaa), die im Falle des an der streitgegenständlichen Prothese entstehenden nicht zu vermeidenden Metallabriebs (bbb) Anlass gegeben hätte, von einem Inverkehrbringen abzusehen (ccc).
150 
(aaa) Bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung ist zu beachten, dass es innovationshemmend wirkt, wenn zu hohe Anforderungen gestellt werden. Sind sie aber zu niedrig, wird eine mangelnde Sorgfalt bei der Entscheidung, ob ein Produkt in Verkehr gebracht werden soll, gefördert. Bei Arzneimitteln und Medizinprodukten allgemein ist stets die schwierige Abwägung zwischen dem Heilen einer Krankheit und den möglichen negativen Folgen und ungewissen Risiken der Behandlung vorzunehmen.
151 
bbb) Das gegen ein Inverkehrbringen sprechende Ergebnis der Gesamtabwägung (4) wird bereits dadurch indiziert, dass das streitgegenständliche Prothesensystem von den Beklagten vom Markt genommen wurde (1). Im Übrigen überwiegen die potentiellen Nachteile (3) die beim streitgegenständlichen Prothesensystem erwarteten Vorteile (2).
152 
(1) Das streitgegenständliche Prothesensystem wie auch Großkugelkopfprothesen anderer Hersteller wurden zwischenzeitlich vom Markt genommen, ohne dass sie durch ein Nachfolgeprodukt ersetzt worden wären. Die Hersteller sind offensichtlich zu der Überzeugung gekommen, dass die mit dem System der Großkugelkopfprothesen einhergehenden Nachteile deren Vorteile überwiegen. Dies stellt ein starkes Indiz dafür dar, dass bereits von einem Inverkehrbringen abzusehen gewesen wäre.
153 
(2) Die erwarteten Vorteile des streitgegenständlichen Prothesensystems gegenüber bei Inverkehrbringen am Markt etablierten Produkten waren eine erwartete niedrigere Revisionsrate aufgrund einer höheren Luxationssicherheit und einer längeren Haltbarkeit der Gleitpaarung sowie eine größere Beweglichkeit des künstlichen Gelenks. Sie sind deshalb, so tragen es die Beklagten selbst vor, vor allem interessant für junge, aktive Personen (vgl. AS 91). Eine Beschränkung auf diese Personengruppe findet sich aber nicht.
154 
(3) Auf der anderen Seite stehen vorliegend die aus den Metallabriebprodukten entstehenden Gesundheitsrisiken. Zwar kommt es bei nahezu allen Arten von Hüftprothesen zu körperfremden Abriebprodukten mit den bereits dargestellten Folgen, so dass diese im Grundsatz, soweit es geht, zu vermeiden sind. Beim streitgegenständlichen Prothesensystem zeigten die nach Inverkehrbringen durchgeführten o.g. klinischen Studien aber insbesondere im Vergleich mit den ebenfalls als Großkopfprothesen anzusehenden Kappenprothesen einen erheblich stärkeren Anstieg von Metallionenwerten im Blut, der auf eine größere Abriebmenge schließen lässt.
155 
(4) In einer Gesamtsituation, in welcher zufriedenstellend funktionierende Hüftprothesensysteme am Markt etabliert sind, ist es nach Auffassung der Kammer nicht zu rechtfertigen, die aus den dargestellten Blutwerten resultierenden Unsicherheiten, die bei den vor Einführung des Systems gebotenen Studien bekannt gewesen wären, in Bezug auf deren Auswirkungen in Kauf zu nehmen. Vielmehr wären weitere Untersuchungen zu erwarten gewesen, um entweder den Grund des deutlichen Metallionenanstiegs feststellen und beseitigen zu können oder zumindest daraus resultierende mögliche Gesundheitsgefahren auszuschließen. Beides ist nicht geschehen. Vielmehr wurden die Prothesen zunächst auf den Markt gebracht und dann wieder vom Markt genommen.
156 
d) Ein Instruktionsfehler liegt vor, wenn der Verwender nicht oder nur unzureichend über die Art und Weise der Verwendung des Produkts und die damit verbundenen Gefahren aufgeklärt wird. Die Fehlerhaftigkeit kann sich aus dem gänzlichen Fehlen einer Anweisung oder Gebrauchsanleitung oder aufgrund inhaltlicher Mängel der gelieferten Gebrauchsanleitung ergeben (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 23; ders. Urteil vom 18. Mai 1999 - VI ZR 192/98 -, juris; OLG Hamm, Urteil vom 19. Mai 2016 - 21 U 154/13 -, juris); MünchKomm/Wagner, BGB, 6. Aufl. 2013, § 3 ProdHaftG Rn. 34). Unrichtigkeiten einer Gebrauchsanweisung des Herstellers können grundsätzlich dessen Haftung begründen (Wellner, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 27. Aufl. 2015, 14. Kap. Rn. 277).
157 
Ein Instruktionsfehler ergibt sich danach aus den unzureichenden Anweisungen zur Erstellung der Steckkonusverbindung (Anweisungen zum Abwischen des Schaftkonus und zum Einschlagen des Gelenkkopfes auf den Schaftkonus vgl. B. I., 2., b), cc), ddd)).
158 
Außerdem haben die Beklagten es unterlassen den höheren, den Beklagten bekannten Metallabrieb in der Anlaufphase und auf den nicht geklärten Metallabrieb des konkreten Systems der neueingeführten Großkopfprothesen zutreffend hinzuweisen (vgl. B. I. 2. c) bb) aaa)). Dieses Risiko hätten die Beklagten wegen des bei Nutzung der Prothese möglichen Metallabriebs und den damit verbundenen Folgerisiken entweder durch konstruktive Maßnahmen ausschließen oder zumindest anhand ihrer Produktinformationen deutlich, vollständig und zutreffend aufzeigen müssen. Die bestehenden Risiken begründeten eine gesteigerte Informationspflicht (OLG Hamm, Urteil vom 19. Mai 2016 - 21 U 154/13 -, juris). Inhalt und Umfang der Instruktionspflichten im Einzelfall werden nämlich wesentlich durch die Größe der Gefahr und das gefährdete Rechtsgut bestimmt. Je größer die mit der Nutzung eines Produkts verbundenen Gefahren sind, desto höher sind die Anforderungen, die hinsichtlich der Warnung vor diesen Gefahren gestellt werden müssen (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 18).
159 
Wegen des Fehlens verständlicher und deutlicher Hinweise auf das tatsächlich bestehende Risiko war die Produktinformation der Beklagten inhaltlich unzutreffend und wies insoweit einen erheblichen Fehler auf. Angesichts der zu dem Zeitpunkt erst kurzen Einsatzzeit des Großkopfprothesensystems wäre, da infolgedessen noch kein relevanter Zeitraum für die Auswertung von Erfahrungen mit dessen Praxistauglichkeit zur Verfügung stand, zumindest eine Relativierung der kategorischen Aussagen beim Vergleich mit der Kleinkopfprothese durch einen Hinweis auf die geringen Praxiserfahrungen geboten gewesen.
160 
3. Die Klägerin hat infolge des Metallabriebs an der Prothese einen Gesundheitsschaden erlitten (a). Ein ärztlicher Behandlungsfehler beim Einbau der Prothese liegt nicht vor (b) und die körperliche Konstitution der Klägerin war insoweit ohne Einfluss (c).
161 
a) Zwischen dem Produktfehler und den Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin muss ein kausaler Zusammenhang bestehen, dessen Nachweis der Klägerin obliegt. Beweismaß für diese haftungsbegründende Kausalität ist grundsätzlich der Vollbeweis nach § 286 ZPO. Erforderlich ist ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteil vom 18. Juni 1998 - IX ZR 311/95 -, Rn. 28, juris m.w.N.). Steht eine Körperverletzung in diesem Sinne fest, so kann das Gericht hinsichtlich weiterer Schäden aus derselben Schädigungsursache den Maßstab des § 287 ZPO anwenden (BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 7/08 -, Rn. 7, juris m.w.N.). In diesem Fall reicht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 241/09 -, Rn. 21, juris; BGH, Urteil vom 12. Februar 2008 - VI ZR 221/06 -, Rn. 9, juris, m.w.N.).
162 
Kann der Schaden sowohl auf einem Produktfehler als auch auf hinzunehmenden Risiken des Produkts beruhen, so kommt eine Haftung nur dann in Betracht, wenn eine Mitursächlichkeit des Produktfehlers festzustellen ist. Der Hersteller muss sich in diesem Fall den gesamten Schaden zurechnen lassen, wenn nicht feststeht, dass der Produktfehler nur zu einem abgrenzbaren Teil des Schadens geführt hat (vgl. Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 4. Aufl. 2014, Rn. K 18).
163 
Hiervon ausgehend konnte die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis führen, dass sie sich infolge des Metallabriebs der Prothese am 21.01.2010 einer Revisionsoperation mit Gelenkkopf- und Pfannenwechsel unterziehen musste, in ihrem Körper ein großes Serom am Gelenk mit einer großen gelben käsigen Masse sowie ein Pseudotumor entstanden sind und es zu einer erheblichen Osteolyse am Oberschenkelknochen kam (aa). Hinsichtlich der während der Revisionsoperation am 21.01.2010 festgestellten riesigen Bursitis trochanterica und dem von der Klägerin beklagten Frösteln, dem erhöhten CRP und der erhöhten Blutsenkungsgeschwindigkeit (bb) fehlt ein solcher Zusammenhang hingegen.
164 
aa) Die Sachverständigen haben im Ergänzungsgutachten sowie der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar ausgeführt, dass das Serom und der Pseudotumor sowie die Osteolyse anerkannte Folgen einer Gewebebelastung mit Metallionen und -partikeln sind (EG S. 56; Prot. 2 S. 27).
165 
Das Vorliegen des Seroms und des Pseudotumors lässt sich anhand der interoperativen Lichtbilder nachweisen (EG S. 57). Die von den Beklagten in Zweifel gezogene Osteolyse zeigt sich auf den Lichtbildern außergewöhnlich eindrucksvoll (EG S. 58). Der obere Teil des Prothesenschafts, der eigentlich vom Oberschenkelknochen umschlossen war, ist freiliegend im Gewebe zu sehen. Der Oberschenkelknochen wurde an dieser Stelle „mottenfraßartig“, so die Sachverständigen, aufgelöst (Prot. 2 S. 28).
166 
Freigesetzte Metallionen und -partikel kommen vorliegend als alleinige plausible Ursache in Betracht. Es ist nachgewiesen, dass es bei der Klägerin zur Freisetzung von Metallionen und -partikeln kam. Am Innenkonus der Adapterhülse ist mit insgesamt rund 65 mg ein erheblicher Abrieb entstanden. Das Blut der Klägerin wies vor der Revisionsoperation einen deutlich erhöhten Metallionenwert von 8,6 µg/L Kobalt und 2,2 µg/L Chrom auf. In der Flüssigkeit rund um die Prothese herum konnten nach den glaubhaften Angaben des Chefarztes und ausweislich des Befundberichts des medizinischen Labors Bremen vom 19.02.2010 ein Kobaltwert von 635,8 µg/L und ein Chromwert von 200,2 µg/L nachgewiesen werden. Dies zeigt, dass im gelenknahen Bereich eine deutlich erhöhte Metallionenkonzentration vorzufinden war.
167 
Wie oben gezeigt (B. I. 2. c) cc) ccc)), übersteigt bezogen auf die tatsächliche Implantationszeit von 4 Jahren und 7 ½ Monaten bereits alleine der Abrieb an der Steckkonusverbindung mit 65 mg den sich auf Grundlage der Untersuchungen der Beklagten errechnenden Abrieb von 42,25 mg um mehr als das 1,5fache.
168 
Alternative Ursachen kommen nach den überzeugenden mündlichen Ausführungen der Sachverständigen nicht in Betracht (vgl. Prot. 2 S. 28). Es bestehen weder Anhaltspunkte für Infektionen oder andere Tumore, die auch Pseudotumore hervorrufen können (vgl. Prot. 2 S. 28), noch für eine Lockerung des Prothesenschafts, was eine alternative Ursache für die Osteolyse wäre (vgl. Prot. 2 S. 28). Im Operationsbericht der Revisionsoperation wird der Prothesenstil als fest beschrieben. Wäre er nicht fest gewesen, hätte er im Rahmen der Revisionsoperation ausgetauscht werden müssen (vgl. Prot. 2 S. 28).
169 
Hatten die gerichtlichen Sachverständigen bereits keine vernünftigen Zweifel an der Ursächlichkeit (vgl. Prot. 2 S. 28), so wurde das Ergebnis noch durch die Ausführungen des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. bestätigt (AS 2155 f.), die sachlich von den Beklagten nicht angegriffen worden sind. Dieser hat das Ergebnis der Untersuchung der bei der Klägerin entnommenen Gewebeproben wie folgt sachkundig und von den Beklagten inhaltlich nicht angegriffen beschrieben:
170 
a) Histologische/immunhistochemische Methoden:
171 
Bei den Proben fällt auf, dass in den Geweben metallischer Feinabrieb als schwärzliche Partikel zu detektieren ist. Es besteht eine Häufung von Makrophagen (sogenannten Fresszellen), in denen zum Teil auch der metallische Abrieb bereits eingeschlossen ist. Es zeigen sich wenige immunologische Entzündungszellen im Sinne von T-Lymphozyten oder B-Lymphozyten. Diese treten lediglich vereinzelt auf. Wenn diese Lymphozyten auftreten, finden sie sich um vereinzelte Blutgefäße, wie sie typischer Weise bei einer metallischen Abriebreaktion und Gewebeantwort vorliegen. Es handelt sich nicht um eine allergische Reaktion im Sinne einer Hypersensitivität. Auffällig sind besonders in der Hüftgelenkkapsel deutliche Einblutungen in die bindegewebigen Strukturen.
172 
Insgesamt werte ich diesen Befund als eine adverse Reaktion auf metallischen Abrieb, wie er zum Beispiel von Natu at al oder Langton at al und unserer Arbeitsgruppe Meyer at al beschrieben wurde.
173 
b) Metallanalysen:
174 
Die Metallanalysen zeigen eine klare Verteilung der einzelnen Prothesenbestandteile. In den Proben aus 1, 2 und 3 (Seromhöhle/Pseudotumor,
175 
Gelenkkapsel, pfannennahe Gelenkkapsel) ist besonders der Anteil von Kobalt und Chrom erhöht zu finden.
176 
Es ist auffällig, dass im Bereich des Femurs/Schafteinganges und auch des Pfannenbodens große Anteile von freigesetztem Titan in den Geweben zu finden sind.
177 
Aus den mir vorliegenden Ergebnissen kann ich zusammenfassend schließen, dass die Patientin eine adverse Reaktion gegen Prothesenbestandteile im Gewebe zeigt. Dieses ist durch die histologischen Untersuchungen belegt. Unterstützt wird die Beobachtung durch den Nachweis von Kobalt bzw. Titan in den einzeln untersuchten Gewebeproben.
178 
Eine Ursächlichkeit alleine durch einen den Sicherheitserwartungen entsprechenden Abriebsumfang kann vorliegend ausgeschlossen werden. Der Patient darf erwarten, dass kein solcher Abrieb entsteht, der bei einer nicht hypersensitiven Person zu einer Gewebsreaktion des hier gezeigten Ausmaßes führt. Dies ergibt sich aus dem Vergleich zur Kleinkopfprothese. Eine solche hypersensitive Reaktion war nach den vorstehenden Ausführungen des sachverständigen Zeugen aber gerade nicht festzustellen.
179 
Außerdem folgt dies vorliegend aus der Tatsache, dass die linksseitig implantierten Prothese auch nach 10 Jahren noch nicht revisionsbedürftig geworden ist, was im Falle einer Reaktion auf einen den Sicherheitserwartungen entsprechenden Abrieb zu erwarten gewesen wäre (vgl. EG S. 60).
180 
Die Kammer ist daher davon überzeugt, dass die Revisionsoperation mit dem Austausch von Gelenkkopf und -pfanne durch die fehlerhafte Prothese veranlasst worden ist.
181 
bb) Soweit die Klägerin den vor der Revisionsoperation festgestellten erhöhten CRP Wert und die erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit auf die fehlerhafte Prothese zurückführt, gelingt ihr der erforderliche Kausalitätsnachweis ebenso wenig wie in Bezug auf die intraoperativ festgestellte Bursitis Trochanterica. Die Sachverständigen haben insoweit ausgeführt, dass es hinsichtlich der im September 2009 festgestellten Erhöhungen des CRP und der Blutsenkungsgeschwindigkeit an einem Zusammenhang fehlt (vgl. Prot. 2 S. 30). Hinsichtlich der Bursitis Trochanterica kommen als alternative Ursachen das Serom oder das Reiben der äußeren Sehne über den Rollhügel in Betracht, wenn die Sehne zu straff ist. Der Sachverständige vermochte nachvollziehbar nicht einmal eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer der beiden alternativ möglichen Ursachen festzustellen (vgl. Prot. 2 S. 29).
182 
b) Ob, wie die Beklagten zuletzt behaupteten, der Chefarzt der Streithelferin eine suffiziente Fügung der Steckkonusverbindung herbeigeführt hat, kann offen bleiben. Hat er dies getan scheidet dies als Ursache aus, hat er es nicht getan, würde wegen der dargestellten Instruktionsmängel (vgl. B. I., 2., b), cc), ddd)) eine insuffiziente Fügung nicht zu einem Entfallen der Kausalität führen. Einen sonstigen Einbaufehler der Prothese rechts konnten die gerichtlichen Sachverständigen nicht feststellen, insbesondere die erforderlichen Einbauwinkel wurden eingehalten.
183 
c) Weder die Grunderkrankung der Klägerin noch ihre Adipositas oder der intraoperativ im Rahmen der Erstoperation rechts eingebrachte corticospongiöse Span führen zu einem Entfallen der Kausalität. Dieser ist als Ursache für den Knochenschwund am Oberschenkelknochen unwahrscheinlich (vgl. Prot. 2 S. 30). Die Grunderkrankung der Klägerin alleine vermag die festgestellten Gesundheitsschäden nicht zu erklären.
184 
4. Die Haftung der Beklagten ist auch nicht gem. § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG ausgeschlossen, denn die Produktfehler hätten nach dem Stand der Wissenschaft und Technik bereits im Jahr 2003 erstmals, als das Produkt auf den Markt kam, erkannt werden können. Dies gilt erst recht für das Jahr 2005 in dem das rechte und im Jahr 2006 in dem das linke Prothesensystem im Sinne des ProdHaftG in Verkehr gebracht wurden.
185 
a) Sowohl die auf die deliktische Produkthaftung als auch die auf das Produkthaftpflichtgesetz gestützte Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn der den Schaden verursachende Fehler des Produkts im Zeitpunkt seiner Inverkehrgabe nach dem damaligen Stand von Wissenschaft und Technik nicht erkennbar war (sogenannter Entwicklungsfehler). Für die deliktische Produkthaftung ergibt sich dies daraus, dass es im Falle eines Entwicklungsfehlers an der für einen Ersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB erforderlichen objektiven Pflichtwidrigkeit des Herstellers fehlt (BGH, Urteil vom 26. November 1968 - VI ZR 212/66 -, BGHZ 51, 91-108, 105; BGH, Urteil vom 17. März 1981 - VI ZR 191/79 -, BGHZ 80, 186-199, 196 f.; BGH, Urteil vom 25. Oktober 1988 - VI ZR 344/87 -, BGHZ 105, 346-357, 354; BGH, Urteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04 -, BGHZ 163, 209-223, 222 f.; BGH, Urteil vom 11. Juni 1996 - VI ZR 202/95 -, juris). Für auf das Produkthaftpflichtgesetz gestützte Ansprüche folgt dies aus § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG (vgl. BGH, Urteil vom 09. Mai 1995 - VI ZR 158/94 -, BGHZ 129, 353-366, 359; BT-Drucks. 11/2447, S. 15).
186 
Maßgeblich ist nicht der Zeitpunkt der erstmaligen Markteinführung, sondern die Inverkehrgabe des konkreten Produkts (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253 Rn. 16, 27 f., 30; MünchKomm/Wagner, 6. Aufl. 2013, § 1 ProdHaftG Rn. 24 f., 57; Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 3 Rn. 34; BeckOK BGB/Förster, ProdHaftG, 41. Ed. Stand 01.11.2016, § 3 Rn. 19 ff., 21; Staudinger/Oechsle, Bearb. 2013, § 1 ProdHaftG Rn. 117, § 3, 51 ff.; M. Hamdan/Günes in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 1 ProdHaftG Rn. 40; Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 1 Rn. 66, § 4 Rn. 61), hier also die Jahre 2005 und 2006.
187 
Die Annahme eines haftungsausschließenden Entwicklungsfehlers setzt voraus, dass die potenzielle Gefährlichkeit des Produkts nach dem damaligen Stand von Wissenschaft und Technik nicht erkannt werden konnte (Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 1 Rn. 63), weil die Erkenntnismöglichkeiten (noch) nicht weit genug fortgeschritten waren.
188 
Dabei ist unter potenzieller Gefährlichkeit des Produkts nicht der konkrete Fehler des schadensstiftenden Produkts, sondern das zugrunde liegende allgemeine, mit der gewählten Konzeption verbundene Fehlerrisiko zu verstehen. Es kommt also im Rahmen der Feststellung eines Entwicklungsfehlers nicht auf die Erkennbarkeit des konkreten Fehlers des schadensstiftenden Erzeugnisses, sondern auf die Erkennbarkeit der potenziellen Gefährlichkeit des Produkts, d.h. des mit der gewählten Konzeption allgemein verbundenen Fehlerrisikos an (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253 Rn. 27 f.; BGH, Urteil vom 05. Februar 2013 - VI ZR 1/12 -, Rn. 10, juris). Es muss nicht erst zum konkreten Schadensfall kommen, damit ein Fehler nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erkennbar wird.
189 
Für die Erkennbarkeit maßgeblich ist das objektiv zugängliche Gefahrenwissen; auf die subjektiven Erkenntnismöglichkeiten des einzelnen Herstellers kommt es nicht an (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253 Rn. 27 f.; BGH, Urteil vom 05. Februar 2013 - VI ZR 1/12 -, Rn. 10, juris). Entwicklungsrisiken sind nur Gefahren, die von der Konstruktion eines Produkts ausgehen, aber nach dem neuesten Stand der Technik nicht zu vermeiden waren (BGH, Urteil vom 9. Mai 1995 - VI ZR 158/94, BGHZ 129, 353; Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 3 Rn. 46).
190 
Zum neuesten Stand der Technik gehören nicht nur allgemein anerkannte Regeln der Technik bzw. die allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Auch vereinzelte Erkenntnisse können den „Stand“ der Wissenschaft und Technik bestimmen (Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 1 Rn. 68 a.E.). Gerade neue wissenschaftliche Erkenntnisse verdanken sich häufig der Arbeit von Abweichlern. Käme es auf ihre Ansichten nicht an, wäre der Hersteller solange entlastet, bis sie sich allgemein durchgesetzt haben, was häufig erst der Fall ist, nachdem sich die Richtigkeit ihrer Behauptungen durch entsprechende Schadensfälle erwiesen hat. Angesichts der Vielstimmigkeit der Wissenschaft im internationalen Maßstab kann es andererseits nicht in Betracht kommen, die Entlastung nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG bereits dann zu versagen, wenn sich auch nur ein einzelner Wissenschaftler finden lässt, der vor der Gefahr gewarnt hat, denn die Vorschrift stellt auf den „Stand der Wissenschaft“ und nicht auf subjektive Meinungen einzelner ab. Deshalb ist zu verlangen, dass die abweichende Ansicht Mindestanforderungen wissenschaftlichen Arbeitens genügt, also theoretisch plausibel und wissenschaftlich nachvollziehbar ist und durch praktische Erfahrung, insbesondere durch Experimente oder Versuche belegt ist. Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, wie groß oder intensiv das von Außenseitern behauptete Gefahrenpotential ist. Je schwerwiegender die Gefahren sind, auf die von Minderheitsauffassungen hingewiesen wird, desto eher ist der Hersteller gehalten, diesen Ansichten nachzugehen (MünchKomm/Wagner, BGB, 6. Aufl. 2013, § 1 ProdHaftG Rn. 55). Dies gilt nach Auffassung der Kammer erst recht für ein Produkt mit dem - wie hier - wegen einer neuen Konstruktion technisches Neuland betreten wird (Staudinger/Oechsler, Bearb. 2013, § 1 ProdHaftG Rn. 122; LG Berlin, Urteil vom 19. September 2011 - 2 O 130/09 -, Rn. 67, juris).
191 
Die Beweislast für den Entwicklungsfehler trägt sowohl im Rahmen der deliktischen Haftung als auch im Rahmen des Produkthaftungsgesetzes der Hersteller (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 28 f.; VI ZR 1/12; Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 1 Rn. 65).
192 
b) Somit kommt es vorliegend nicht darauf an, ob korrosionsbedingter Abrieb an Steckkonusverbindungen im Jahr 2003 (entscheidend wären die Jahre 2005, 2006) allgemein gesichert bekannt war, was Ausgangspunkt der von den Beklagten als Anlage B 49 vorgelegten Arbeit des Privatsachverständigen „zum Kenntnisstand über Probleme bei Konusverbindungen zum Zeitpunkt 2003“ war. Maßgeblich ist vielmehr, ob in den Jahren 2005 und 2006 bereits einzelne Stimmen auf mögliche Gefahren hingewiesen haben. Danach reichen die Gefahrenhinweise in den vom Privatsachverständigen in der Anlage B 49 zusammengestellten Aufsätzen zu möglichem Metallabrieb und zu Korrosion auch an der Konusverbindung sowie dessen möglichen Folgen aus.
193 
Die Beklagte wusste im Zeitpunkt der Inverkehrgabe des streitgegenständlichen Prothesensystems oder hätte wissen können:
194 
- Von der Gefahr, dass es bei Metall-Metall-Gleitpaarungen zu Abrieb kommen kann. Auch die weiteren Ursachen, die zum Abrieb an der Steckkonusverbindung geführt haben, waren vom Prinzip her bekannt (EG S. 27).
- Im Jahr 2002 war bekannt, dass aus Metall-Metall-Artikulationen Metallionen austreten und dass diese negative Auswirkungen haben können (EG S. 43).
- Eine erhöhte Metallionenfreigabe aus großen Köpfen (Kappenprothese) wurde im Jahr 2003 beschrieben (EG S. 43).
- Dass Korrosion in Konusverbindungen auftreten kann, war 2003 bekannt (GA S. 48; EG S. 44).
- Der Zusammenhang zwischen Design, Fügekraft, Belastung und Festigkeit der Konusverbindung war bekannt (EG S. 46).
- Einfluss der Legierung auf die Reibemomente auch im Zusammenhang mit der Kopfgröße (vgl. GA S. 50).
195 
Auch die Möglichkeit der Gesundheitsgefährdung durch körperfremde Partikel war den Beklagten spätestens 2003 bekannt, was sich allein schon aus der Darstellung in der ärztlichen Informationsbroschüre „Wissenschaftliche Information“ ergibt, wo die möglichen Auswirkungen körperfremder Partikel beschrieben sind (vgl. Anlage B 13, S. 25 und EG S. 44). Dabei werden auch die Auswirkungen von Verschleißpartikeln von Metall- Metallpaarungen erwähnt, auch wenn die Immunreaktionen geringer sein sollen. Dass dies zudem - was entscheidend ist - in der Fachwelt bereits erwähnt worden war, ohne dass dies herrschende Meinung oder zwingend gewesen sein muss - erwähnen z.B. … (Anlage B 48 S. 2 „In der Einführung beschreibe ich in Kapitel 1.7. „Gewebereaktionen und biologische Effekte“, dass freigesetzte Abriebpartikel zu Osteolysen und letztlich zu Prothesenlockerung führen können).
196 
Den Beklagten war danach das zugrunde liegende allgemeine Fehlerrisiko bekannt oder hätte bekannt sein müssen, ihnen war lediglich nicht bewusst, dass sie die Gefahr von Metallabrieb mit den Großkopfprothesen nicht minimiert hatten, sondern dass es auch zu Abrieb an der Steckkonusverbindung kam. Die unzutreffende Annahme des Herstellers, eine bekannte Gefahr durch konstruktive Verbesserungen des bestehenden Systems behoben zu haben, reicht aber nicht aus, um einen Entwicklungsfehler anzunehmen, für den der Hersteller nicht einzustehen hat (BGH vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253). Verbleibende Unklarheiten oder Unsicherheiten hätten durch klinische Studien abgeklärt werden können und müssen. Es entlastet die Beklagten nicht, wenn sie derartige Studien in Kenntnis der Unsicherheit unterlassen haben (KG, Urteil vom 28. August 2005 - 4 U 189/11 -, Rn. 30). Die Tatsache, dass die unter B. I. 2. c) cc) dargestellten Studien, eine davon finanziert durch die Fa. …Inc., möglich waren, zeigt, dass diese Untersuchungen auch im Rahmen einer klinischen Studie vor dem allgemeinen Inverkehrbringen des Produkts hätten gewonnen werden können. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die in der Zeit ab 2005 durchgeführten Studien nicht bereits im Jahr 2003 hätten durchgeführt werden können. Die objektiven Erkenntnismöglichkeiten lagen mithin vor. Hinzu kommt die damals bestehende Möglichkeit von Gewebeuntersuchungen und Tiertests (vgl. Prot. 2 S. 14). Darauf, dass nach Angabe der Sachverständigen vor der Markteinführung von Hüftprothesen klinische Studien in der Vergangenheit nicht durchgeführt wurden (vgl. Prot. 2 S. 14), kommt es nicht an, weil alleine das objektiv zugängliche Gefahrenwissen maßgeblich ist und es auf eine Branchenüblichkeit nicht ankommt (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 16).
197 
Eine Ersatzpflicht der Beklagten ist auch nicht gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG ausgeschlossen, weil den Beklagten das Zeichen „CE Kennzeichnung“ zuerkannt worden ist. Allein der Umstand, dass der Produktfehler - die Möglichkeit des Abriebs - anlässlich der Sicherheitsüberprüfung zwecks Zuerkennung des CE-Zeichens nicht entdeckt wurde, besagt nicht, dass die potenzielle Gefährlichkeit des Produkts unter Zugrundelegung des im Zeitpunkt seiner Inverkehrgabe objektiv zugänglichen Gefahrenwissens nicht hätte erkannt werden können (vgl. Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 1 Rn. 65; BGH, Urteil vom 05. Februar 2013 - VI ZR 1/12 -, Rn. 10, juris).
198 
Das Prothesenmodell mit seinen außergewöhnlich großen Kopfdurchmessern war zudem, so die Sachverständigen (GA S. 60 f.), eine Novation, die unter strenge Bedingungen hätte getestet werden müssen. Die tatsächlich von der Beklagten durchgeführten Tests waren nicht suffizient (GA S. 55, 60 f.). Auf S. 25 und 46 des Ergänzungsgutachtens haben die Sachverständigen einen ganzen Katalog von Fragen dargestellt, die sich nach dem damaligen Stand der Technik bereits gestellt haben, aber nicht beantwortet wurden.
199 
c) Den Beklagten ist der ihnen obliegende Entlastungsbeweis somit nicht gelungen.
200 
d) Es bestand entgegen der Ansicht der Beklagten kein Anlass sich mit dem Gutachten des in anderen Verfahren tätigen Sachverständigen auseinanderzusetzen, auch wenn dies durch Bezugnahme auf die Gutachten im Parteivortrag geschieht. Dieser Sachverständige wurde im vorliegenden Verfahren für befangen erklärt. Zwar kann ein abgelehnter Sachverständiger für die von ihm festgestellten Tatsachen als Zeuge vernommen werden. Das haben die Beklagten aber nicht beantragt. Vielmehr wollen sie über die Bezugnahme auf das Gutachten dessen sachverständige Schlussfolgerungen dem Gericht vorhalten und damit die Schlussfolgerungen des gerichtlichen Gutachtens in Frage stellen. Dies würde den Schlussfolgerungen des befangenen Sachverständigen aber ein Gewicht geben, das nach seiner Ablehnung nicht vorgesehen ist. Das Gutachten eines als befangen abgelehnten Sachverständigen ist als Beweismittel grundsätzlich ungeeignet. Der Sachverständige darf daher, auch soweit er als Zeuge vernommen werden darf, nicht zu seinen Schlussfolgerungen gehört werden, die er aus den Tatsachen gezogen hat (BSG, Urteil vom 11. Dezember 1992 - 9a RV 6/92 -, juris; BGH, Urteil vom 07. Mai 1965 - 2 StR 92/65 -, BGHSt 20, 222-225). Dann können diese Schlussfolgerungen auch nicht durch Bezugnahme einer Partei ein entsprechendes Gewicht erlangen.
201 
Letztendlich kann diese Überlegung dahinstehen, da auch der andere Sachverständige in den vorgelegten Gutachten ausführt, dass
202 
- das Risiko, dass es an modularen Verbindungen zu Korrosionsprozessen und zur Freisetzung von Verschleißprodukten kommen kann, zum Zeitpunkt der Einführung des Implantatsystems grundsätzlich bekannt war (Anlagen B 50 S. 82; B 59 S. 34),
- die Einschätzung des Gutachters M., dass die Gefahr von Metallionen und Abrieb aus Konusverbindungen im Jahre 2003 bekannt war, geteilt wird: „Zusammenfassend lässt sich also schlussfolgern, dass das Risiko vom Korrosionsprozessen und die Freisetzung von Verschleißprodukten an modularen Verbindungen …grundsätzlich bekannt war“ (Anlage B 79 S. 21),
- Anlage B 50 S. 93: die OP Anweisung falsch war,
- Anlage B 50 S. 94: Metall-Metall Großkopfprothesen mehr verschleißbedingte Probleme aufweisen als Prothesen mit kleineren Köpfen,
- Anlage B 50 S. 94: der Fehlermechanismus multifaktoriell bedingt ist,
- Anlage B 79 S. 21 Auch die Einschätzung des Gutachters M., dass der Zusammenhang zwischen Design, Fügekraft, Belastung und Festigkeit der Konusverbindung bzw. Reibekorrosion bekannt war, wird geteilt.
203 
Außerdem geht der andere Sachverständige bei Frage der Kenntnis fälschlicherweise vom Jahr 2003, dem Jahr, in dem die Serie erstmals in Verkehr gebracht wurde, nicht aber - wie es zutreffend wäre - von den Jahren 2005 und 2006 aus. Und er verkennt, dass unter Erkennbarkeit des Fehlers, d.h. potenzieller Gefährlichkeit des Produkts nicht der konkrete Fehler des schadensstiftenden Produkts, sondern das zugrunde liegende allgemeine, mit der gewählten Konzeption verbundene Fehlerrisiko zu verstehen ist, und dass es dabei nicht auf eine gesicherte Meinung als Stand der Wissenschaft und Technik ankommt.
204 
5. a) Der Klägerin steht für die mit dem Einbau der fehlerhaften Prothese der Beklagen an der rechten Hüfte erlittenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen an der rechten Hüfte und deren Folgen ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 EUR zu.
205 
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes im Rahmen einer Schätzung gem. § 287 ZPO ist in erster Linie dessen Ausgleichsfunktion zu beachten. Entsprechend dem zuletzt gestellten Antrag sind dabei nur die eingetretenen und sicher feststehende Zukunftsschäden zu berücksichtigen.
206 
Dabei hat die Kammer vorliegend die unter B. I. 3. a) aa) festgestellten gesundheitlichen Folgen, insbesondere den auf den intraoperativ gefertigten Lichtbildern eindrücklich sichtbaren und vom Sachverständigen als „mottenartig“ bezeichneten Knochenfraß am Oberschenkelknochen sowie die Notwendigkeit der Revisionsoperation mit den damit einhergehenden erheblichen Beschwerden berücksichtigt. Ferner waren die mit der Entzündungsreaktion einhergehenden im Zeitraum zwischen dem Einbringen der Hüftprothese Mitte 2005 bis zur Revisionsoperation Anfang 2010 vorhandenen Schmerzen und damit in Zusammenhang stehenden Bewegungseinschränkungen zu sehen.
207 
Weiter hat die Kammer auch berücksichtigt, dass es als Sekundärschaden zu einer Clostriden- und Norovirusinfektion kam, welche stationär behandelt werden musste und zu einer Unterbrechung des Reha-Aufenthalts mit den damit einhergehenden Verzögerungen im Zuge der Rekonvaleszenz führte. Die Clostridien-Infektion wird regelmäßig im Zusammenhang mit Antibiotikagabe, wie sie nach Operationen erfolgt, festgestellt (vgl. Prot. 2 S. 30). Das Auftreten des Noro-Virus wird durch die Situation im Krankenhaus oder der Reha, wo viele Menschen auf engem Raum zusammen sind, begünstigt. Angesichts des zeitlichen Zusammenhangs und des erhöhten Risikozusammenhangs mit der Krankenhaus- und Heilbehandlung der Klägerin sieht die Kammer einen überwiegend wahrscheinlichen Zurechnungszusammenhang als gegeben an. Es handelt sich nicht bloß um die Realisierung einer vom Produktfehler unabhängigen Alltagserkrankung.
208 
Unter Abwägung sämtlicher Umstände ist daher ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 EUR zur Abgeltung auch der eingetretenen und bereits heute sicher beurteilbaren Zukunftsschäden erforderlich, aber auch angemessen.
209 
Soweit im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (Urteil vom 22. Juli 2011 - 4 U 19/10 -, juris) ein Schmerzensgeld von 8.000,00 EUR für einen erforderlichen Prothesentausch als angemessen angesehen wurde, erfolgte dort die Revisionsoperation bereits nach 5 Monaten.
210 
Im Verfahren des OLG Oldenburg (Urteil vom 12. November 1996 - 5 U 60/96 -, Rn. 32, juris) wurden 15.000,00 DM Schmerzensgeld für eine ohne Einwilligung durchgeführte Prothesenimplantation zugesprochen.
211 
Beiden Verfahren ist gemeinsam, dass sie hinsichtlich des Ausmaßes der festzustellenden gesundheitlichen Defekte nicht im Ansatz mit den bei der Klägerin eingetretenen Gesundheitsschäden vergleichbar sind. Hinzu kommt hier noch die verzögerte Rehabilitation infolge der eine Unterbrechung der Anschlussheilbehandlung verursachenden Infekte. Insoweit rechtfertigt sich ein mit der Entscheidung des OLG Nürnberg (Urteil vom 30. April 2015 - 5 U 2282/13 -, juris, OS 3) vergleichbares Schmerzensgeld von 25.000,00 EUR, auch wenn die dortigen Folgen mit einer verbleibenden Fußheber- und Fußsenkerschwäche andere waren.
212 
b) Die Klägerin hat weiter Anspruch auf Ersatz von materiellen Schäden in der geltend gemachten Höhe von 1.247,27 EUR.
213 
Das Gericht hat die Schadenshöhe gem. § 287 ZPO geschätzt und hinsichtlich der Entstehung die Klägerin angehört. Diese macht im Einzelnen folgende Schäden geltend, die zur Überzeugung des Gerichts entstanden sind und überwiegend wahrscheinlich auf das Unfallereignis zurückzuführen sind:
214 
Krankenhauszuzahlung Revisionsoperation
120,00 EUR
Zuzahlung Reha Revisionsoperation
160,00 EUR
Zuzahlung Kompressionsstrümpfe
26,00 EUR
Zuzahlung Haftpuffer
5,00 EUR
Zuzahlung Toilettensitzerhöhung,
7,77 EUR
Zuzahlung Praxisgebühr Q1/2 2010,
20,00 EUR
Taxi am 20.01.10 (RevOP)
6,20 EUR
Taxi am 11.03.10 (Beh. Orth Dr. …)
14,50 EUR
Postnachsendung Reha
15,00 EUR
Reisekosten Schwägerin
53,70 EUR
Schwägerin, Hilfestellung finanzielle Anerkennung
200,00 EUR
Reisekosten Sohn Berlin-Basel-Berlin
150,00 EUR
Reisekosten Tochter Besuch und Hilfestellung
100,00 EUR
Verordnungsgebühren KG + Gerätetr. 29.3.+20.4.+19.5.10    
146,22 EUR
Verordnungsgebühren KG + Gerätetr. 14.6.+19.7.10
97,48 EUR
Verordnungsgebühren Lymphdr. 8.4.+22.5.+10.5.10
68,16 EUR
Fotos der OP-Dokumentation
9,99 EUR
Fahrtkosten
47,25 EUR
Gesamt
1.247,27 EUR
215 
Hinsichtlich der Zahlungen an die Familienangehörigen hat die Klägerin nachvollziehbar dargetan, dass deren Unterstützung im Zusammenhang mit der Revisionsoperation bei Wechsel der Klinik und bei der Haushaltsführung erforderlich war. Dass ein alleinstehender frisch an der Hüfte operierter älterer Mensch der Unterstützung bedarf, ist offensichtlich. Die zugewandten Beträge sind nicht übersetzt.
216 
Soweit die Beklagten den Zusammenhang mit den Lymphdrainagen bestreiten, ist ein zeitlicher Zusammenhang zur Revisionsoperation gegeben. Dass im Zusammenhang mit Operationen am Bein Lymphabflussstörungen auftreten können, ist offenkundig.
II.
217 
Auch die linken Hüftprothese ist fehlerhaft.
218 
1. Auch an dieser Prothese kommt es zur Überzeugung der Kammer zu einem nicht von der Klägerin hinzunehmenden Metallabrieb, der aber derzeit noch nicht nachweisbar zu Schäden geführt hat. Ob an der linken Prothese ebenfalls Abrieb im Bereich der Steckkonusverbindung entsteht, lässt sich zwar nicht mit letzter Sicherheit feststellen, ist für die Kammer aber gleichwohl erwiesen. Auf der rechten Seite ist Metallabrieb nachgewiesen. Da die Klägerin trotz der durchgeführten Revisionsoperation rechts stetig steigende Metallionenkonzentrationen von Kobalt und Chrom im Blut aufweist, muss der hierfür verantwortliche Metallionenabrieb von der linken Seite stammen. Der Kobaltwert ist in der Zeit vom 03.11.2011 von 3,0 µg/L auf 4,65 µg/L, der Chromwert von 0,6 auf 1,25 µg/L angestiegen. Der Kobaltwert überschreitet dabei den in den Richtlinienempfehlungen aufgestellten Grenzwert von 2,0 µg/L. Andere Ursachen für den Metallionenanstieg sind nicht ersichtlich, so dass keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass Metallabrieb an der linken Hüftprothese die Quelle für den Metallionenanstieg ist.
219 
2. Bei dieser Sachlage ist es - wie rechtseitig geschehen - nicht gänzlich ausschließbar, dass es in der Zukunft zu nachweisbaren Körperschäden bei der Klägerin kommt.
220 
3. Ein Schmerzensgeld wegen der Fehlerhaftigkeit der linken Hüfte steht der Klägerin derzeit allerdings nicht zu, weil ihr keine erheblichen immateriellen Nachteile im Sinne von § 8 S. 2 ProdHaftG wegen der linksseitig implantierten Hüftprothese entstanden sind. Insoweit war die Klage daher abzuweisen.
221 
a) Geringfügige Beeinträchtigungen, etwa des seelischen Wohlempfindens oder geringfügige Verletzungen der Gesundheit lösen keinen Schmerzensgeldanspruch aus (vgl. BT-Drucks. 14/8780, S. 20; Palandt/Grüneberg, 76. Aufl. 2017, Rn. 14).
222 
b) Soweit die Klägerin psychische Beeinträchtigungen geltend macht, liegen diese nach ihrer eigenen Darstellung in einem typischen Ausmaß vor, ohne Krankheitswert zu erreichen oder eine besondere Beeinträchtigung des Alltagslebens herbeizuführen. Die nachvollziehbaren Sorgen erreichen auch nicht das Ausmaß, welches der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Landgerichts Berlin zugrunde lag (vgl. LG Berlin, Urteil vom 09. Dezember 2008 - 5 O 467/07 -, Rn. 14, juris). Der dortige Kläger hatte Sorge, seine Prothese könnte jederzeit brechen, was jegliche Form seines Alltagslebens etwa dadurch beeinflusste, dass er stets Krücken mitnahm und von einem Gefühl berichtete, er säße auf einem Stuhl mit einem angesägten Bein.
223 
c) Die Klägerin leidet im Übrigen derzeit unter keinen Beschwerden. Lockerungen der Prothese sind nicht festzustellen. Die Mühe, sich einmal jährlich einer Kontrolluntersuchung mit Blutentnahme und Röntgen zu unterziehen, ist nicht so erheblich, dass dies ein Schmerzensgeld rechtfertigt.
III.
224 
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Feststellung der Einstandspflicht für weitere materielle und immaterielle Schäden hinsichtlich beider Hüftprothesen zu.
225 
1. Ein zulässiger Feststellungsantrag ist begründet, wenn die sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs vorliegen, also ein haftungsrechtlich relevanter Eingriff gegeben ist, der zu möglichen künftigen Schäden führen kann (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 -, Rn. 8, juris; BGH, Urteil vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99 -, Rn. 11, juris; BGH, Beschluss vom 09. Januar 2007 - VI ZR 133/06 -, Rn. 6, juris).
226 
2. Hinsichtlich der rechten Hüftprothese hat die Kammer die Fehlerhaftigkeit festgestellt, zukünftige materielle und immaterielle Schäden, wie etwa eine Prothesenlockerung aufgrund des eingetretenen Knochenfraßes, sind nicht gänzlich unwahrscheinlich.
227 
3. Auch die linken Hüftprothese ist fehlerhaft und auch hier sind s.o. zukünftige Schäden nicht gänzlich unwahrscheinlich.
IV.
228 
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten stellen eine weitere Schadensposition dar. Sie waren aus dem Streitwert zu errechnen, der sich aus den zu Recht geltend gemachten Ansprüchen (26.247,27 EUR) ergibt.
C.
229 
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
D.
230 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Gründe

 
61 
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
A.
62 
Die Klage ist zulässig, auch soweit die Klägerin Feststellung wegen möglicher zukünftiger materieller und immaterieller Schäden begehrt. Die Klägerin hat diesbezüglich ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO, da die Beklagte ihre Haftung für nicht gegeben erachtet. Dies gilt auch für die linke Hüfte. Es ist unschädlich, dass die Klägerin bisher dort (noch) nicht unter körperlichen Beschwerden leidet und bisher keine Revisionsoperation durchgeführt werden musste. Denn eine Klage auf Feststellung der deliktischen Verpflichtung eines Schädigers zum Ersatz künftiger Schäden ist zulässig, wenn die Möglichkeit eines Schadenseintritts besteht. Ein Feststellungsinteresse ist nur zu verneinen, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (BGH, Beschluss vom 09. Januar 2007 - VI ZR 133/06 -, LS 1, juris). Bei der Verletzung eines absoluten Rechtsguts genügt bereits die Möglichkeit eines Schadenseintritts, um das Feststellungsinteresse zu bejahen (OLG Köln, Beschluss vom 04.06.2010 - 1 W 8/10 -, Rn. 2, juris). Die Klägerin ist bei einer möglichen zukünftigen Schadensentstehung oder -entwicklung auch nicht verpflichtet, wegen eines möglicherweise bereits eingetretenen Schadens (teilweise) Leistungsklage zu erheben (BGH, Urteil vom 21. Februar 1991 - III ZR 204/89 -, juris).
B.
63 
Der Klägerin steht hinsichtlich der mit der rechten Hüftprothese verbundenen Beeinträchtigungen ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 25.000,00 EUR und ein Anspruch auf Ersatz von materiellen Schäden in Höhe von 1.247,27 EUR (I.) zu. Ferner war die Feststellung einer Einstandspflicht für weitere und künftige materielle sowie künftige immaterielle Schäden in Bezug auf beide Prothesen auszusprechen (III.). Ein Anspruch auf Schmerzensgeld hinsichtlich der linksseitigen Hüftprothese besteht mangels erheblicher immaterieller Nachteile hingegen nicht (II.).
I.
64 
Die Beklagten sind Herstellerinnen (1.) fehlerhafter Hüftprothesen (2.), wobei der Fehler der rechten Prothese bei der Klägerin zu einer Gesundheitsverletzung geführt hat (3.). Die Haftung der Beklagten ist nicht ausnahmsweise gem. § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG ausgeschlossen (4.). Deshalb steht der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz der entstandenen Schäden in tenorierter Höhe (5.) zu.
65 
1. Die Beklagte zu 1) ist Herstellerin gem. § 4 Abs. 1 ProdHaftG. Die Beklagte zu 2) gilt wegen des Imports der außerhalb des Geltungsbereichs des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 4 Rn. 53) hergestellten Prothesen und des Vertriebs in Deutschland gem. § 4 Abs. 2 ProdHaftG als Herstellerin.
66 
2. Die von den Beklagten in Verkehr gebrachten Hüftprothesen sind fehlerhaft i.S.v. § 3 ProdHaftG (a). Bei ihrem Gebrauch entsteht Metallabrieb, der für den Patienten nachteilig ist, weil er zur Schädigung der Gesundheit führen kann (b) und der in seinem konkreten Ausmaß den berechtigten Sicherheitserwartungen an das Produkt widerspricht (c). Überdies liegen Instruktionsfehler vor (d).
67 
a) Gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es unter einem Nachteil für den Benutzer leidet, welcher dessen Sicherheitserwartungen enttäuscht und diese Sicherheitserwartungen berechtigt waren (Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 3 Rn. 4).
68 
aa) Die Sicherheitserwartungen werden aufgrund eines objektiven Maßstabs ermittelt. Maßgeblich ist, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, welche die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung, also ein durchschnittlicher Benutzer, für erforderlich hält (vgl. etwa BT-Drucks. 11/2447, S. 18; BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 12; Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl. 2017, § 3 ProdHaftG, Rn. 3).
69 
bb) Die berechtigte Verkehrsauffassung wird unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Darbietung des Produkts und des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, bestimmt, § 3 Abs. 1 ProdHaftG.
70 
aaa) Beeinflusst wird die berechtigte Sicherheitserwartung gem. § 3 Abs. 1 lit. a) ProdHaftG durch die Präsentation des Produkts in der Öffentlichkeit, in Werbung, Broschüren oder durch den Verkäufer.
71 
bbb) Sie bestimmt sich gem. § 3 Abs. 1 lit. c) ProdHaftG weiter nach dem Verwendungszweck und den objektiven Merkmalen und Eigenschaften des jeweiligen Produkts sowie den Besonderheiten der Benutzergruppe, für die es bestimmt ist (EuGH, Urteil vom 05. März 2015 - C-503/13 und C-504/13 -, Rn. 38 ff., juris).
72 
Bei Medizinprodukten ist daher der Patientenkreis maßgeblich. Im vorliegenden Rechtsstreit also Patienten, die eine Hüftprothese benötigen. Deren berechtigte Anforderungen an ihre Sicherheit sind in Anbetracht der Funktion der Produkte und der Situation besonderer Verletzlichkeit kranker oder hilfebedürftiger Menschen besonders hoch.
73 
ccc) In zeitlicher Hinsicht ist gem. § 3 Abs. 1 lit. c), Abs. 2 ProdHaftG maßgeblich, wann das konkret fehlerhafte Produkt in Verkehr gebracht wurde. Das erstmalige Inverkehrbringen der Produktreihe spielt keine Rolle (vgl. Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 3 Rn. 34 ff.). Vorliegend ist also für die rechte Hüftprothese auf das Jahr 2005 und für die linke auf das Jahr 2006 abzustellen. Neu gewonnene Erkenntnisse seit dem Jahr 2003, in welchem das Produkt erstmals auf den Markt kam, sind somit bei der Beurteilung der Fehlerhaftigkeit zu berücksichtigen.
74 
cc) Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen können aufgrund eines Konstruktions-, Fabrikations- und/oder Instruktionsfehlers verletzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 12).
75 
b) Bei der streitgegenständlichen Prothese kann es neben einem den Beklagten grundsätzlich bekannten und von ihnen in Kauf genommenen Metallabrieb im Bereich der Gleitpaarung, insbesondere im ersten Jahr (aa), auch zu einem von den Beklagten nicht vorhergesehenen deutlichen Abrieb im Bereich der Steckkonusverbindung kommen (bb), dessen Ursachen im Verantwortungsbereich der Beklagten liegen (cc) und welcher potentiell gesundheitsgefährdend ist (dd).
76 
(aa) Technisch nicht vermeidbar kommt es bei allen im Verkehr befindlichen Prothesentypen zu mehr oder weniger Abrieb in der Gleitpaarung zwischen Kopf und Pfanne. Feststellungen, welcher Abrieb tatsächlich in der konkreten Gleitpaarung entstanden ist, hat die Kammer nicht getroffen. Unstreitig ist aber, dass es in der Gleitpaarung zu Metallabrieb kommt.
77 
Dies ergibt sich bereits aus einer von den Beklagten vor Inverkehrbringen vorgenommenen Vergleichsuntersuchung in einem Simulator von Klein- (28 mm) und Großkopfprothesen (50 mm). Innerhalb des simulierten ersten Jahres, der sogenannten Einlaufphase, wurde eine Verdreifachung des Abriebvolumens in der 50 mm Gleitpaarung auf 5,1 mm³ (Gewicht: 40,80 mg) ermittelt. Als Testergebnis für den kleinen Kopf wurde ein Abriebvolumen in der Einlaufphase von 1,7 mm³ (Gewicht: 13,60 mg) gemessen (vgl. Broschüre Wissenschaftliche Information, Anlage B 13, S. 21; vgl. auch Prot. 2 S. 3 f.).
78 
Aus den gemessenen, in der Broschüre „Wissenschaftliche Information“ (Anlage B 13) veröffentlichten Werten ergibt sich zwar auch, dass dieser Mehrabrieb innerhalb eines Zeitraums von rund 2,5-10 Jahren (abhängig von der Aktivität des Patienten, vgl. Prot. 2 S. 5) wegen eines - jedenfalls nach den Simulatortests - deutlich geringeren Abriebs in der 50 mm Gleitpaarung nach Abschluss der Einlaufphase bei weiteren jeweils 106 Zyklen (50 mm: 0,05 mm³; 28 mm: 0,40 mm³) ausgeglichen wird. Dies ändert aber nichts daran, dass bei erstmaligem Inverkehrbringen der Prothese bewusst in Kauf genommen wurde, den Körper zunächst in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum mit dem dreifachen Volumen an Metallabrieb zu belasten, obwohl die Beklagten einräumen, nicht sicher positiv zu wissen, dass dieser Metallabrieb keine gesundheitlichen Auswirkungen hat. Dieser kurzfristige Anstieg kann, so die Sachverständigen, mehr schaden als ein langsames Anwachsen der freigewordenen Metallmenge (vgl. Prot. 2 S. 3).
79 
Die Kammer verkennt nicht, dass es sich hierbei um Laboruntersuchungen handelt und sich die tatsächlichen Verhältnisse günstiger darstellen können. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Inverkehrbringen entsprach dies aber dem Kenntnisstand der Beklagten, welchen die Kammer aufnimmt. Wenn im Übrigen der Einlaufverschleiß in vivo, so die Beklagten, weitaus geringer ist als im Labor, kommt für die bei der Klägerin auf Kobalt, Titan und Chrom beruhenden Schäden umso mehr der Abrieb an der Steckkonusverbindung in Betracht.
80 
(bb) An der Steckkonusverbindung der Klägerin kommt es zu Abrieb, obwohl diese grundsätzlich so hergestellt sein sollte, dass sie fest sitzt und keinen Metallabrieb oder anderen Verschleiß aufweist.
81 
(aaa) Für die Kammer steht fest, dass es bei der rechten Prothese der Klägerin zu Metallabrieb an der Steckkonusverbindung im inneren Bereich der Adapterhülse kam. Der Abrieb hatte nach den überzeugenden Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen während des Zeitraums von 2005 bis 2010 ein Volumen von ca. 8,11 mm³ (1,76 mm³/Jahr) und ein Gewicht von ca. 64,88 mg (14,08 mg/Jahr).
82 
Die Ermittlung dieser Abriebmenge erfolgte nachvollziehbar durch eine sogenannte topographische Tastschnittmessung. Hierfür wurde die Originalgeometrie auf Grundlage von Messungen im unbeschädigten Teil der Adapterhülse rekonstruiert und mit der vorgefundenen abgenutzten Konus-Kontaktfläche verglichen (vgl. GA S. 30 ff.; S. 54). Aus den Differenzen wurde die Abriebmenge errechnet.
83 
Die Kammer sieht keinen Anlass, die konkreten Messungen durch einen anderen Sachverständigen überprüfen zu lassen. Die Voraussetzungen des § 412 ZPO liegen nicht vor. Soweit die gerichtlichen Sachverständigen im Verfahren 6 O 316/10 zunächst eine um das 10-fache zu hohe Abriebmenge errechnet haben, konnten sie dies plausibel mit einem Fehler bei der Programmierung der zur Berechnung verwendeten Excel-Tabelle erklären und nachvollziehbar darlegen, dass dieser Fehler bei der vorliegenden Messung ausgeräumt ist (vgl. Prot. 1 S. 35). Bestätigt wurden die Ergebnisse der Methode bei anderen Adapterhülsen durch eigenständige Messungen des Labors … (vgl. EG S. 4 f.; Prot. 1 S. 35) und des Privatsachverständigen der Beklagten (vgl. Prot. 1 S. 36).
84 
(bbb) Hinzu kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit noch Metallabrieb am Schaftkonus, dem Gegenstück der Innenseite der Adapterhülse, wobei die genaue Menge offen ist und sich vor dessen Explantation nicht bestimmen lässt (vgl. GA S. 56, EG S. 8; Prot. 1 S. 37).
85 
(cc) Einzelne Ursachen, die zu dem von den Beklagten nicht erwarteten Metallabrieb führen, sind isoliert nicht sicher feststellbar. Die Sachverständigen haben insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass es sich um einen multifaktoriellen Vorgang handelt. Alle in Frage kommenden Ursachen liegen aber im Verantwortungsbereich der Beklagten.
86 
(aaa) An der bei der Klägerin im Rahmen der Revisionsoperation entnommenen Adapterhülse finden sich am Innenkonus „Abriebbereiche in Form von groben Drehriefen, welche vom Schaftkonus eingeprägt waren“ (GA S. 20, 23 ff.). Dies ist, so die Sachverständigen überzeugend, auf eine sogenannte galvanische Korrosion zurückzuführen (vgl. GA S. 48). Dieses chemische Phänomen tritt auf, wenn Metalle mit unterschiedlicher Potentialdifferenz in einem leitenden Medium, hier Blut sowie Gewebsflüssigkeit, miteinander verbunden sind. Die Intensität der galvanischen Korrosion hängt von der Materialkombination der jeweiligen Steckkonusverbindung ab. Ähnliche Legierungen erfahren weniger galvanische Korrosion als unähnliche; je weiter also die Legierungen in der elektrochemischen Spannungsreihe auseinanderliegen, desto größer ist der Effekt (vgl. GA S. 48 f., 52, 55).
87 
Soweit die Beklagten darauf verweisen, die Ursache der festgestellten Einprägung der Rillenstruktur des Schaftkonus am Innenkonus der Adapterhülse sei ungeklärt und mangels Reproduzierbarkeit im Labor auch nicht zu klären, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Die Sachverständigen haben überzeugend ausgeführt, dass es sich um ein bereits seit langem bekanntes und vor dem Jahr 2003 in der wissenschaftlichen Literatur zu Hüftprothesen beschriebenes Phänomen handelt (vgl. GA S. 48), das sich auch in neueren Untersuchungen zum streitgegenständlichen Prothesensystem findet (vgl. GA S. 48).
88 
Auch der Einwand der Beklagten, der im Verfahren 6 O 323/11 festgestellte geringe Abrieb stehe den Annahmen der Sachverständigen entgegen, greift nicht. Für das Auftreten einer galvanischen Korrosion reicht die Kombination von Legierungen mit geringfügigen Unterschieden aus. So wurde bei der Klägerin die Adapterhülse aus Co-Cr-Mo rechts mit einer deutlich unterschiedlichen Legierung des Schaftkonus aus Ti-Al-Nb kombiniert (vgl. GA S. 5) während der Schaftkonus links aus einer ähnlichen aber nicht identischen Co-Cr-Ni-Mo Legierung bestand. Diese Legierung kam auch im Verfahren 6 O 316/10 zur Anwendung. Der schwächere Abrieb im Verfahren 6 O 316/10 (rund 1 mm³/Jahr) stützt daher die Ausführungen der Sachverständigen. Zwischen Schaft und Adapter besteht wegen des 30%-igen Nickelanteils im Schaft eine Potentialdifferenz, die aber verglichen mit der Potentialdifferenz zur Titanlegierung geringer ist (vgl. Prot. 2 S. 11).
89 
Aufgrund der durchgeführten Tastschnittmessung konnten die Sachverständigen auch überzeugend ausschließen, dass die vorgefundene Rillenstruktur auf einer bloßen Verformung beruht. Verformungen wären im Rahmen der Tastschnittmessung sichtbar gewesen (vgl. Prot. 1 S. 37).
90 
Bei der Konstruktion wäre daher darauf zu achten gewesen, nur Materialien zu kombinieren, die zu einer möglichst geringen galvanischen Korrosion neigen (GA S. 55). Dies ist jedenfalls bei Verwendung eines Schaftkonus aus einer Titanlegierung nicht der Fall und unterfällt dem Verantwortungsbereich der Beklagten, die auch den Prothesenschaft liefert.
91 
(bbb) Mikrobewegungen, die ebenfalls Ursache des Metallabriebs sein können, stehen im direkten Zusammenhang mit der Verbindungsfestigkeit und der Beanspruchung der Steckkonusverbindung bei dem von den Beklagten eingeführten Großkopfsystem. Höhere Belastungen der Steckkonusverbindung können direkt mit einem erhöhten Risiko von Mikrobewegungen in den Kontaktflächen in Zusammenhang gebracht werden (GA S. 50). Die Sachverständigen haben dabei den großen Durchmesser der Gelenkgleitpaarung, die vorliegend verwendete lange Adapterhülse, eine unzureichende Präzision bei der Fertigung der Konuskontaktfläche und die Länge des Schaftkonus als mögliche Ursachen identifiziert, auch wenn isoliert der Einfluss einer einzelnen der genannten Ursachen mit der für eine Überzeugungsbildung des Gerichts erforderlichen Gewissheit nicht nachgewiesen werden konnte:
92 
(1) Die Steckkonusverbindung wird vorliegend möglicherweise durch die großen Durchmesser der Gelenkgleitpaarung stärker belastet als durch die vorher üblichen kleineren Durchmesser. Gleichwohl unterblieb bei der Konzeption des Prothesensystems eine Steigerung der Verbindungsfestigkeit der Steckkonusverbindung.
93 
Die Sachverständigen führen insoweit nachvollziehbar und überzeugend aus, dass große Kopfdurchmesser im Vergleich zu kleineren (z.B. 28 mm) zu einer Erhöhung des Reibmoments führen. Es ist daher ein größeres Moment erforderlich, um den Gelenkkopf zu bewegen (vgl. GA S. 49, 54; Prot. 2 S. 6). In der Einlaufphase ist das Reibmoment dabei besonders hoch. Dies ergibt sich zudem sowohl aus der wissenschaftlichen Broschüre der Beklagten als auch aus den Angaben ihres Privatsachverständigen im Termin (vgl. Anlage B 13, S. 17; Prot. 2 S. 4).
94 
Das höhere Reibmoment hat zur Folge, dass die Belastungen, welchen das Prothesensystem ausgesetzt wird, ebenfalls überproportional ansteigen. Diese Erkenntnisse konnten die Sachverständigen aus wissenschaftlichen Untersuchungen u.a. auch von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) nachvollziehbar herleiten. Dabei wurde auch der Gesichtspunkt eines entstehenden Schmierfilms berücksichtigt (vgl. Prot. 2 S. 6). Diese Erkenntnisse aus der Literatur wurden durch eigene Untersuchungen der Sachverständigen mittels einer sogenannten Finite-Elemente-Analyse plausibilisiert (vgl. GA S. 35, 49 f., 61; EG S. 18 f.; Prot. 2 S. 6).
95 
Die Beklagten durften deshalb nicht davon ausgehen, dass die erforderliche Verbindungsfestigkeit identisch ist mit der für Gelenkköpfe mit kleinen Durchmessern (vgl. Prot. 2 S. 7). Gleichwohl haben die Beklagten ausweislich der Zulassungsunterlagen (Anlagenkonvolut B15) die Verbindungsstabilität der Steckkonusverbindung nicht erhöht (vgl. GA S. 35).
96 
Aus dem Vorgesagten ergibt sich allerdings nicht mit der gebotenen Sicherheit, worauf die Beklagten zutreffend hinweisen, dass die Konusverbindung sich tatsächlich immer an der kritischen Belastungsgrenze befindet. Diesen Rückschluss lässt die durchgeführte Finite-Elemente-Analyse nicht zu. Dagegen spricht auch, dass eine Studie von Nassif et al., auf welche die Beklagten hinweisen, bei größeren Köpfen keinen Einfluss auf Reibverschleiß, Korrosion und Abrieb an der Steckkonusverbindung festzustellen vermochte. Die pauschale Aussage der Sachverständigen, es handele sich um eine Einzelmeinung (vgl. Prot. 2 S. 9), reicht bei der gegebenen Tatsachenlage mangels Feststellungen zur Belastungsgrenze nicht aus, um an diesem Punkt gesicherte entgegengesetzte Feststellungen zu treffen. Widerlegen lässt sich diese potentielle Ursache allerdings mit den Einwendungen der Beklagten (AS 1685-1691) auch nicht. Für den vorliegenden Fall ist aber entscheidend, dass es sich ggf. um eine Ursache aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten handelt.
97 
(2) Ein weiterer den Abrieb im Einzelfall begünstigender Faktor, der möglicherweise Mikrobewegungen zur Folge hat, kann aus der Verwendung einer langen Adapterhülse resultieren. Beim streitgegenständlichen Prothesensystem besteht die Möglichkeit, den Abstand zwischen Schaft und Kugelkopf mittels Adapterhülsen, die in vier Größen (S, M, L und XL) zur Verfügung stehen, anzupassen. Die Verwendung einer langen Adapterhülse (bei der Klägerin rechts XL) trägt zu einer erhöhten Belastung der Steckkonusverbindung bei, da der Hebelarm zwischen dem Gelenk-Drehzentrum und der tragenden Konuskontaktfläche verlängert wird (GA S. 50, 54; EG S. 39). Auch hier gilt allerdings, dass das Erreichen einer kritischen Belastungsgrenze nicht feststeht. Am linksseitigen Hüftgelenk liegt dieses besondere erhöhte Risiko nicht vor, weil dort eine Adapterhülse der Größe M eingebaut wurde. Unabhängig davon würde es sich um eine Ursache aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten handeln.
98 
(3) Zur sicheren Vermeidung von Mikrobewegungen müssen die Kontaktflächen exakt gefertigt sein (vgl. GA S. 54). Im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen stellten die Sachverständigen Unregelmäßigkeiten an der Oberfläche des Innenkonus einer originalverpackten, unbenutzten Adapterhülse des gleichen Implantatmodells fest, welche zur Beeinträchtigung der Verbindungsfestigkeit führen könnten. Es ist zwar nicht mit der gebotenen Sicherheit erwiesen, dass dieser Gesichtspunkt vorliegend Einfluss hatte und den Beklagten in Form eines Konstruktions- oder Fertigungsfehlers vorwerfbar ist. Der Sachverständige hat insoweit ausgeführt, dass es sich lediglich um eine von ihm getroffene Annahme handelt (vgl. Prot. 1 S. 34) und zudem ein Abgleich mit den geltenden allgemeinen Fertigungsstandards und den eigenen Produktionsstandards der Beklagten unterblieben ist (vgl. Prot. 1 S. 35). Ob dieser Umstand erwiesenermaßen die Ursache für den Abrieb ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls handelt es sich um eine Ursache aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten.
99 
(4) Die Konuskontaktflächen müssen möglichst groß sein (GA S. 54). Aufgrund der gegebenen Fertigungstoleranzen mit einer Toleranz des Konuswinkels in negativer und positiver Richtung kann die tragende Konusfläche je nach Auslieferungszustand variieren (GA S. 54). Ist der Winkel aufgrund der positiven Toleranz größer ausgefallen, kann der tragende Bereich weiter proximal liegen. Ein kleinerer Winkel würde hingegen eine weiter distal gelegene Kontaktfläche verursachen. Auch hier kann dahinstehen, ob dieser Umstand erwiesenermaßen die Ursache für den Abrieb ist. Entscheidend ist, dass es sich ggf. um eine Ursache aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten handelt.
100 
(5) Die Sachverständigen führen weiter aus, dass im Fall der Verwendung eines kurzen Schaftkonus und gleichzeitiger Verlagerung der Konus-Kontaktfläche aus dem Drehzentrum heraus hohe Beanspruchungen an das Implantatmaterial entstehen, die ebenfalls Mikrobewegungen verursachen können (vgl. GA S. 50, 52, 54). Inwieweit dies vorliegend der Fall war, ließ sich, unabhängig davon, dass links mit 14 mm kein ausgewiesen kurzer Schaft vorlag, nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen. Der Einwand des Privatsachverständigen, dass weniger die Länge des Schaftkonus als die Länge der Kontaktfläche entscheidend sei, ist für die Kammer nachvollziehbar (vgl. Prot. 2 S. 10). Darauf deuten auch die Ausführungen der Sachverständigen im Ergänzungsgutachten hin (vgl. EG S. 38 f.). Auch bei dieser potentiellen Ursache steht jedenfalls fest, dass sie aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten stammen würde.
101 
(6) Es gibt also mehrere Faktoren, die Mikrobewegungen begünstigen und damit den entstandenen Metallabrieb erklären können. Bei keinem der vorgenannten Faktoren ist ein konkreter Verursachungsbeitrag erwiesen oder ausgeschlossen. Alle genannten Ursachen fallen aber in den Verantwortungsbereich der Beklagten.
102 
(ccc) Das gleiche gilt für einen möglichen Einfluss der Pfanne auf das Versagen des Prothesensystems.
103 
Aus den Wahrnehmungen des als Zeugen vernommenen Chefarztes und den Untersuchungen der Sachverständigen an der Pfanne ergibt sich überzeugend, dass die Pfanne - anders als dies zu erwarten gewesen wäre - nicht eingewachsen ist. Sie ließ sich, so der Chefarzt glaubhaft, ohne größeren Aufwand vom Knochen lösen. Im Falle eines Einwachsens hätten sich Knochenreste an der Außenseite der Gelenkpfanne befinden müssen. Solche konnten aber weder vom Chefarzt noch von den Sachverständigen festgestellt werden. Konkrete Schlussfolgerungen aus dieser Feststellung, die für oder gegen eine Fehlerhaftigkeit des Prothesensystems sprechen, vermochten die Sachverständigen aber nicht zu ziehen (vgl. Prot. 2 S. 11 f.). Da die Sachverständigen ausgeschlossen haben, dass ein fehlerhafter Einbau durch den Chefarzt erfolgte (vgl. Prot. 2 S. 19), bleiben, wenn das fehlende Einwachsen der Pfanne doch mitursächlich war, angesichts der Tatsache, dass das Anwachsen in zahlreichen Fällen nicht erfolgte, nur Ursachen aus dem Bereich der Beklagten.
104 
(ddd) Eine weitere wesentliche Ursache für den Abrieb kann sein, dass die Steckkonusverbindung ärztlicherseits nicht suffizient zusammengefügt worden ist. Auch diese Ursache liegt aber im Verantwortungsbereich der Beklagten. Die in den Jahren 2005/2006 geltende Operationsanweisung ist unzureichend.
105 
(1) Eine niedrige Fügekraft kann, was der Beklagten aus eigenen Studien bekannt war, zu Korrosion führen (vgl. EG S. 31). Deshalb muss zur Vermeidung von Metallabrieb an der Steckkonusverbindung sichergestellt sein, dass diese intraoperativ mit ausreichender Festigkeit hergestellt wird. Die Beschreibung der erforderlichen Handgriffe zum Einschlagen des Gelenkkopfs mit Adapterhülse ist unvollständig und zu unpräzise, um eine ausreichende Verbindungsfestigkeit in standardisierter Weise herzustellen.
106 
Die in englischer Sprache verfasste und damals gültige Operationsanweisung 07/2004 schreibt vor, den Femurkopf zu positionieren, indem eine leichte Rotationsbewegung auf den Schaft-Konus ausgeübt wird und durch einen sanften Schlag auf den Kunststoff-Einschlagaufsatz den Großkugelkopf auf dem Schaft zu fixieren (vgl. Anlage B 44, englischsprachiger Anhang).
107 
Diese Operationstechnik wurde in zwei später erschienenen Anleitungen geändert. In der Ausgabe 09/2008 (Anlage SV 3) wurde die „leichte Rotationsbewegung“ durch „kräftiges Drehen“ ersetzt. Das endgültige Einschlagen auf den Schaftkonus wurde durch „mit dem Aufschlagaufsatz einen Schlag versetzen“ beschrieben (GA S. 59).
108 
In der Ausgabe 05/2009 (Anlage SV 1, Anlage B 7) soll der Hüftkopf mit Hülse „durch kräftige Drehung“ vorab sicher manuell am Konus befestigt werden. Weiter heißt es: „Dem Großkugelkopf mit dem Kunststoff-Aufschlagaufsatz und einem schweren Hammer mindestens drei kräftige Schläge versetzen, um zu gewährleisten, dass er vollständig auf dem Schaftkonus aufsitzt. Mit „kräftiger Schlag“ ist ein Schlag ähnlich dem letzten Schlag beim Einbringen eines zementlosen Schafts gemeint. Weitere Schläge können gegeben werden. Wenn die vorherigen Schläge schon kräftig waren, werden zusätzliche Schläge die Qualität der Montage nicht nennenswert verbessern. Der Einschläger darf nicht mehr als 20 Grad von der Oberschenkelhalsachse abweichen, da sonst zu viel der Einschlagkraft verloren geht.“ (vgl. GA S. 59).
109 
Bereits die Änderung der OP-Anweisung zeigt, dass die Beklagtenseite bei der erforderlichen Fügekraft erheblichen Änderungsbedarf von einem leichten Schlag hin zu mindestens drei kräftigen Schlägen sah. Hinzu kommt, dass in der ursprünglichen OP-Anweisung weder Angaben dazu enthalten sind, dass ein Hammer zu verwenden ist (vgl. EG S. 32; Prot. 2 S. 16) noch welche Größe/Gewicht dieser haben soll noch welche Schlagrichtung einzuhalten ist (vgl. Prot. 2 S. 16). Die Sachverständigen haben weiter erläutert, dass Tests der Beklagten bei einem Aufsetzen per Handschlag keine ausreichende Verbindungsfestigkeit ergaben (vgl. Prot. 2 S. 16). Soweit ein zu schwacher Schlag entscheidend war, liegt die Ursache somit im Verantwortungsbereich der Beklagten.
110 
(2) Schließlich ist die Sauberkeit der Konuskontaktfläche ein zur Herstellung der Steckkonusverbindung maßgeblicher Faktor. Die Anweisungen zum Reinigen des Schaftkonus gewährleisten aber nicht mit hinreichender Sicherheit dessen Sauberkeit.
111 
In der Operationsanweisung 07/2004 heißt es unter Ziffer 5 in englischer Sprache, den Konus des Schafts mit Kompressen von Blutresten reinigen und trocknen (Anlage B 44 englischsprachiger Anhang; Prot. 2 S. 21). Dabei muss der Operateur aber neben Blutrückständen auch mit Wasser und Fett rechnen. Es ist insoweit zudem nicht klar, wie der Operateur auch etwaig vorhandene Mikropartikel entfernen und eine ausreichende Reinigung sicherstellen soll. Alleine mit Kompressen und Wasser ist dies nicht sichergestellt. Ein medizinischer Standard, der einen entsprechenden Hinweis entbehrlich gemacht hätte, bestand und besteht insoweit - so überzeugend die Sachverständigen - nicht (vgl. Prot. 2 S. 21).
112 
Hierbei handelt es sich um einen weiteren Instruktionsmangel der dazu führen kann, dass die Steckkonusverbindung nicht fest genug hergestellt wird.
113 
Die beschriebenen Defizite, die zum fehlerhaften Vorgehen des Operateurs führen können, sind potentielle Ursachen für den Abrieb an der Steckkonusverbindung. Da die Defizite aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten stammen, geht der Einwand der Beklagten, die Steckkonusverbindung sei ärztlicherseits nicht suffizient gefügt worden, weil die Operationsanweisung nicht eingehalten worden sei, ins Leere.
114 
eee) Sonstige ärztliche Fehler, die zu Abrieb hätten führen können, liegen nach den Feststellungen der Sachverständigen nicht vor (EG S. 59 f.).
115 
fff) Soweit die Beklagten sich darauf berufen, die Adipositas der Klägerin sei für das Versagen der streitgegenständlichen Prothese mitursächlich gewesen, greift auch dieser Einwand nicht durch. Die Klägerin hatte bei den Operationen in den Jahren 2005 und 2006 ein Gewicht von 100 kg. Ein solches Gewicht hatten die Beklagten ausweislich der Operationsanweisungen zugelassen (vgl. Prot. 2 S. 17; Anlage B 44 S. 5 keine Kontraindikation; Beipackzettel Anlage B 45 keine Kontraindikation, nur als Risikofaktor, der den Erfolg der Operation beeinflussen kann „Übergewicht des Patienten, Adipositas [insbesondere bei einem Körpergewicht über 100 kg] Anlage B 37 S. 8 „für adipöse Patienten wird eine größere und für schlanke Patienten eine kleinere Schablone verwendet“). Die Prothese muss deshalb konstruktiv für ein solches Gewicht auch ausgelegt sein. Liegt die Ursache dennoch im Übergewicht der Klägerin, fällt sie gleichwohl in den Verantwortungsbereich der Beklagten.
116 
dd) Körperfremde Partikel, so auch Metallabrieb, können im Körper gesundheitsschädlich sein. Dies ist in der Medizin seit langem bekannt. Empfehlungen zu Grenzwerten für Kobaltionen im Blut, die als Hinweis auf mögliche Gesundheitsgefahren angesehen werden, sind erst nach Rechtshängigkeit des vorliegenden Rechtsstreits im Jahr 2012 herausgegeben worden.
117 
Zwar verursachen die nach Einbau der streitgegenständlichen Prothese entstehenden körperfremden Abriebprodukte in der Mehrzahl der Fälle wohl bisher keine dauerhaften negativen Folgen. Sie können aber in einer nicht unerheblichen Zahl von Einzelfällen eine biologische Abwehrreaktion, Partikelerkrankung sowie Osteolyse hervorrufen. Hierdurch kann es dann zu einer Prothesenlockerung kommen (vgl. GA S. 51 f.). Die Revisionswahrscheinlichkeit wird erhöht (vgl. Prot. 2 S. 15). Dieser seit den 50er Jahren bekannte (vgl. Prot. 2. S. 30) Zusammenhang ist heutzutage erwiesen (vgl. Prot. 2 S. 3) und es ist zwischenzeitlich auch bekannt, dass ein Zusammenhang zwischen der Kobaltionenkonzentration im Blut und einer Revisionswahrscheinlichkeit besteht (vgl. Prot. 2 S. 15).
118 
Ab welchem Umfang Abriebprodukte diese Abwehrreaktion in einem gesundheitsschädlichen Ausmaß hervorrufen und ob bestimmte Arten oder Partikelgrößen gefährlicher sind als andere, ist bisher wissenschaftlich nicht abschließend geklärt (vgl. Prot. 1 S. 36; Anlage B 13, S. 25; Prot. 2 S. 14 f.). Konkret für Metallionen konnte noch kein Grenzwert, z.B. für einen Nachweis im Blut, bestimmt werden, ab dessen Überschreitung mit einer die Gesundheit des Patienten gefährdenden biologischen Abwehrreaktion sicher zu rechnen ist (vgl. GA S. 51; Prot. 2 S. 15). Es gibt hierzu zwischenzeitlich entwickelte Konsensus-Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Endoprothetik (heute: Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik) aus dem Juni 2012. Dort wird ein vorläufiger Schwellenwert für Kobalt von 2 bis 7 µg/L für zusätzliche Bildgebung und engmaschige Nachuntersuchungen empfohlen. Im Fall einer höheren Metallionenkonzentration soll mit dem Patienten eine Schnittbilduntersuchung durchgeführt und die Wahrscheinlichkeit einer Revision besprochen werden (vgl. Prot. 2 S. 14 f.). Es gilt aber grundsätzlich, so die Sachverständigen, den Metalleintrag durch Abrieb so gering wie möglich zu halten (GA S. 51).
119 
Auch die Beklagten räumen ein, dass es zu Reaktionen auf den Metallabrieb kommen kann, meinen aber dass die Effekte nicht abschließend geklärt sind und sich keine allgemeingültigen Aussagen machen lassen (vgl. AS 1363 - 1369, Anlagen B 48 und B 49). Sie können allerdings nicht belegen, dass der Metallabrieb des streitgegenständlichen Systems immer oder in nicht nur unerheblichem Umfang ohne Reaktion bleibt.
120 
Der körperfremde Metallabrieb aus der Prothese ist danach potentiell mit erheblichen Gesundheitsgefahren verbunden, ohne dass ein genaues Ausmaß bestimmt werden könnte, ab wann und welche Folgen eintreten.
121 
Dass Metall-Metall-Großkopfprothesen verschiedener Hersteller zwischenzeitlich wohl wegen des Abriebs als problematisch gelten und deshalb vom Markt genommen wurden, ist unstreitig.
122 
c) Die berechtigten Sicherheitserwartungen an die streitgegenständliche Hüftprothese wurden enttäuscht.
123 
aa) Grundsätzlich besteht die Erwartung, dass ein Produkt so konstruiert ist, dass es unter Beachtung der Gebrauchsanleitung bei einem bestimmungsgemäßen Gebrauch gefahrlos benutzt werden bzw. dass es nur zu bekannten Gefahren kommen kann und keine unerwarteten Schäden entstehen (Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 3 Rn. 14).
124 
aaa) Einzuhaltende Mindeststandards sind dabei öffentlich-rechtliche und private Standards wie etwa DIN, VDE-Normen etc. und die ordnungsgemäße Einholung behördlicher Zulassungen. Werden diese Standards unterschritten, sind die berechtigten Sicherheitserwartungen im Allgemeinen verletzt, weil diese Normen regelmäßig eine brauchbare Konkretisierung allgemeiner Sicherheitserwartungen durch Branchenfachleute enthalten. Die Einhaltung der Normen oder eine behördliche Zulassung gewährleisten aber nicht die Einhaltung des notwendigen Sicherheitsniveaus im Einzelfall. Dies bereits deshalb, weil die betreffenden Regelungen neben Sicherheitsanliegen auch andere Zwecke haben und nicht stets dem aktuellen Stand der Technik entsprechen (BeckOK BGB/Förster, ProdHaftG, 41. Ed. Stand 01.11.2016, § 3 Rn. 25 m.w.N; Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 3 Rn. 43 ff.).
125 
bbb) Der Hersteller hat also die Sicherungsmaßnahmen einzuhalten, die nach dem im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts vorhandenen neuesten Stand der Wissenschaft und Technik konstruktiv möglich und zumutbar sind. Die Möglichkeit der Gefahrvermeidung ist gegeben, wenn nach gesichertem Fachwissen der einschlägigen Fachkreise praktisch einsatzfähige Lösungen zur Verfügung stehen (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 15 f.). Sind bestimmte mit der Produktnutzung einhergehende Risiken nach dem maßgeblichen Stand von Wissenschaft und Technik nicht zu vermeiden, ist unter Abwägung von Art und Umfang der Risiken, der Wahrscheinlichkeit ihrer Verwirklichung und des mit dem Produkt verbundenen Nutzens zu prüfen, ob das gefahrträchtige Produkt überhaupt in den Verkehr gebracht werden darf (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 17).
126 
Die Frage, ob eine Sicherungsmaßnahme nach objektiven Maßstäben zumutbar ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls beurteilen (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 18). Angesichts der Tatsache, dass es sich vorliegend um ein Medizinprodukt handelt, dass über einen langen Zeitraum im Körper des Patienten verbleiben soll, sind Gefahren in den Grenzen des technisch Möglichen und wirtschaftlich Zumutbaren auszuschalten (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 19).
127 
ccc) Maßgeblich ist vorliegend nach § 3 Abs. 1 a) ProdHaftG weiter die Darbietung des Produkts, welche die Erwartungen konkretisieren und die Einhaltung einer über den vorgenannten Mindeststandards liegende Produktsicherheit erforderlich machen kann. Wird etwa in der Werbung auf bestimmte Sicherheitsaspekte hingewiesen, dann darf der Verbraucher sie erwarten. Fehlt ein Hinweis, kann die Sicherheitserwartung gerechtfertigt sein, dass nicht angesprochene Gefahren auch nicht vorhanden sind (Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 3 Rn. 22 ff.).
128 
bb) Die Darbietung des Produkts durch die Beklagte lässt eine niedrige Menge an Abriebprodukten erwarten. Die danach zu erwartende Menge ist vorliegend überschritten.
129 
aaa) In der ärztlichen Informationsbroschüre „Wissenschaftliche Information“ (Anlage B 13) heißt es auf S. 4 „In vitro Studien und klinische Untersuchungen bestätigen die günstigen Verschleißeigenschaften von Metall-Metall Kombinationen mit größeren Femurköpfen“. Auf S. 17 wird der unvermeidliche Einlaufverschleiß angesprochen, der aber „mit einem Hüftgelenkssimulator getestet und quantifiziert werden könne“. Auf S. 21 ist unter „Verschleißeigenschaften in vitro“ die Erhöhung des Abriebvolumens in der Anlaufphase um das 3-fache im Text wie folgt beschriebt: „…Der volumetrische Verschleiß in der Einlaufphase eines großen 50 mm Artikulation lag leicht über dem eines 28 mm Artikulation…“.
130 
Diese Art der Darstellung bestätigt auch der Chefarzt, indem er angibt, es sei im Jahr 2003 eine Herstellerinformation der Herstellerin gekommen, dass die Großkopfprothese im Gelenk weniger Abrieb mache als die Kleinkopfprothese (Prot. 1 S. 12).
131 
bbb) Diese Darstellung ist so aber nicht richtig (vgl. Prot. 2 S. 15). Hierdurch wird die binnen kurzer Zeit erfolgte Zunahme des Abriebs verharmlost. Es wird nicht deutlich, dass es ca. 10.000.000 Testzyklen (ein Testzyklus entspricht einem Schritt, 1.000.000 Schritte werden innerhalb eines Zeitraums von 2 bis 12 Monaten absolviert) dauert, bis der höhere Verschleiß in der Einlaufphase ausgeglichen ist. Mit dieser hohen Konzentration von Metallpartikeln einhergehende mögliche gesundheitliche Risiken werden verdeckt. Für eine zutreffende Gefahrsensibilisierung hätte dieser Gesichtspunkt einer möglicherweise hohen Abriebmenge innerhalb einer kurzen Periode besonders herausgestellt werden müssen.
132 
ccc) Zudem ist von einem möglichen zusätzlichen Abrieb in der Steckkonusverbindung nicht die Rede, so dass berechtigterweise erwartet werden durfte, dass ein solcher nicht besteht. Er ist auch von erheblichem Umfang. Ausgehend von den Werten aus der ärztlichen Informationsbroschüre und unter Berücksichtigung des tatsächlich an der Steckkonusverbindung gemessenen Abriebs ergibt sich für die Klägerin folgende Vergleichsrechnung:
133 
Die Prothese war vom 01.06.2005 bis 21.01.2010 also 4 Jahre und 7 ½ Monate implantiert. Wäre der Klägerin eine Kleinkopfprothese (28 mm) implantiert worden, hätte sich nach der in der ärztlichen Informationsbroschüre dargestellten Vergleichsuntersuchung in einem Simulator in der Gleitpaarung in der Einlaufphase ca. im ersten Jahr ein Abrieb von 1,7 mm³ (Gewicht: 13,60 mg) und zusätzlich durchschnittlich bei jährlich 106 Zyklen 0,4 mm³, insgesamt also bei 4 Jahren und 7 ½ Monaten ein Volumen von 3,15 mm³ (= Gewicht 25,44 mg) ergeben.
134 
Bei Großkopfprothesen (50 mm) errechnet sich ein Abrieb in der Gleitpaarung im ersten Jahr von ca. 5,1 mm³ (Gewicht: 40,80 mg) und zusätzlich bei jährlich 106 Zyklen 0,05 mm³ für 4 Jahre und 7 ½ Monate ein Gesamtvolumen von 5,285 mm³ (= Gewicht 42,28 mg).
135 
Auch wenn diese Mengen, so die Beklagten, in vivo nicht erzielt wurden, lag der am Innenkonus der Adapterhülse der Klägerin mit insgesamt rund 65 mg festgestellte - an sich nicht vorgesehene - Abrieb deutlich über dem allein in der Gleitpaarung bei Großkopfprothesen und erst recht bei Kleinkopfprothesen bis zu diesem Zeitpunkt in Kauf genommenen Abrieb. Hinzu kam der tatsächliche Abrieb aus der Gleitpaarung und am Schaftkonus aus Titan und/oder an der titanbeschichteten Außenseite der Pfanne, den es ausweislich des im Blut und Gewebe der Klägerin festgestellten Titans auch noch gegeben haben muss.
136 
ddd) Schließlich haben die Beklagten offensichtlich auch den Internetauftritt der Streithelferin (vgl. Anlage B 2), den sie selbst vorgelegt haben, gekannt. Darin heißt es unter anderem, „keine Abriebzunahme bei Großkopfprothesen“ (Anlage B 2 S. 7). Weiter wird dort ausgeführt, „Großkopf Metall/Metall, Metall/Metall 15 Jahre Erfahrung“ (Anlage B 2, S. 15). Ein Hinweis, dass die Erfahrungsdauer nur für die Kleinkopfprothese gilt, fehlt.
137 
cc) Eine Beeinträchtigung der Sicherheitserwartung ist darüber hinaus darin zu sehen, dass die wissenschaftlich zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zur Vermeidung von Gesundheitsgefahren nicht ausgeschöpft wurden. Hätten die Beklagten klinische Studien durchgeführt, hätten sie erkennen können, dass es neben dem Metallabrieb an der Gleitpaarung zu Metallabrieb an der Steckkonusverbindung kommt. Beim streitgegenständlichen Prothesensystem zeigten nach Inverkehrbringen durchgeführte klinische Studien insbesondere im Vergleich mit den ebenfalls als Großkopfprothesen anzusehenden Kappenprothesen einen erheblich stärkeren Anstieg von Metallionenwerten im Blut, der auf eine größere Abriebmenge schließen lässt. Dass Abriebpartikel grundsätzlich schädlich sein können, war den Beklagten bekannt (Anlagen B 13 S. 25; B 15 S. 2), sie haben aber bei ihren Überlegungen und der Zulassung einfach die günstigeren Ergebnisse der Kleinkopfprothesen übernommen (Anlagen B 13 S. 21, 25; B 15 S. 2 Ziff. 3, S. 4 Ziff. 7, S. 16 Ziff. 14).
138 
aaa) Die Fa. ... Inc. finanzierte nach Markteinführung der Hüftprothese eine klinische Studie (vgl. Anlage SV 9), die von Juni 2005 - August 2008 durchgeführt wurde. Die Studie sollte das streitgegenständliche Prothesensystem mit Kappenprothesen der Beklagten, also zwei Großkopfprothesen miteinander vergleichen.
139 
Im Rahmen der Studie wurden bei einer Untergruppe von 30 Patienten Blutuntersuchungen durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass bei Patienten mit dem streitgegenständlichen Prothesensystem innerhalb des ersten Jahres die Metallionenanteile von Kobalt um das 46-fache und von Chrom um das 10-fache anstiegen und auch im zweiten Jahr ein weiterer Anstieg zu verzeichnen war. Demgegenüber zeigte sich bei den Kappenprothesen ein deutlich geringerer Anstieg der Kobaltwerte im ersten Jahr um das 4-fache sowie der Chromwerte um das 5,4-fache. Im zweiten Jahr erfolgte keine erhebliche Steigerung.
140 
Die bei Patienten mit der streitgegenständlichen Prothese gemessenen Kobaltwerte stiegen von präoperativ durchschnittlich 0,11 µg/L auf einen Durchschnittswert von 5,09 µg/L (3,0 - 7,5 µg/L) im ersten und auf 5,38 µg/L (3,5-7,2) im zweiten Jahr (vgl. Anlage SV 9, S.5).
141 
Bei den Kappenprothesen zeigte sich im ersten Jahr eine Erhöhung von 0,13 µg/L auf 0,51 µg/L und im zweiten Jahr auf 0,54 µg/L. Eine vergleichbare Entwicklung war bei den Chromwerten festzustellen.
142 
        
Kobalt (µg/L)
Chrom (µg/L)
        
Präop.
1. Jahr
2. Jahr
Präop.
1. Jahr
2. Jahr
Total-
endoprothese
0,11
(0,1-0,2)1
5,09
(3,0-7,5)
5,38
(3,5-7,2)
0,20
(0,1-0,3)
2,14
(0,9-3,2)
2,88
(1,1-4,0)
Kappen-
prothese
0,13
(0,1-0,2)
0,51
(0,4-0,7)
0,54
(0,4-0,7)
0,15
(0,1-0,2)
0,81
(0,5-1,3)
0,84
(0,7-1,1)
143 
1 Der Klammerzusatz zeigt den Interquartilsabstand.
144 
bbb) Eine weitere klinische Studie (vgl. Anlage SV 10), die von August 2005 - Dezember 2007 durchgeführt wurde, kam zu ähnlichen Ergebnissen:
145 
        
Kobalt (µg/L)
Chrom (µg/L)
        
Präop.
6 Monate
1. Jahr
Präop.
6 Monate
1. Jahr
Total-
endoprothese
0,11
(0,05-0,34)
1,96
(0,25-6,76)
2,21
(0,26-5,63)
0,71
(0,2-2,4)
1,27
(0,62-2,8)
1,34
(0,6-3,1)
Kappen-
prothese
 
0,15
 
0,8
 
0,67
 
0,92
 
1,89
 
1,61
146 
Es war also bei den streitgegenständlichen Prothesen ein rund dreifach höherer Kobaltwert festzustellen als bei den Kappenprothesen (vgl. GA S. 48).
147 
ccc) Nach beiden Studien zeigten sich zwei Auffälligkeiten. Die Metallionenwerte im Blut stiegen sowohl bei der Kappenprothese als auch beim streitgegenständlichen Prothesensystem um ein Vielfaches an. Im Vergleich zur Kappenprothese war der Anstieg beim streitgegenständlichen System aber noch einmal um ein Vielfaches höher (vgl. GA S. 47). Die Beklagten hätten dann die Möglichkeit gehabt, auf die Erkenntnisse zu reagieren, sei es durch Konstruktion einer abriebfreien Steckkonusverbindung, einer anderen Konstruktion des Prothesensystems oder durch ein Unterlassen des Inverkehrbringens.
148 
In einer Gesamtsituation, in welcher zufriedenstellend funktionierende Hüftprothesensysteme am Markt etabliert sind, ist es nach Auffassung der Kammer unter dem Gesichtspunkt der Produkthaftung nicht zu rechtfertigen, auf solche Tests zu verzichten.
149 
dd) Problematisch wird die Frage der Sicherheitserwartung auch dann, wenn die Kammer unterstellt, die Beklagten hätten die an der Steckkonusverbindung entstehende Abriebmenge gekannt und das aus dem Metallabrieb folgende Gesundheitsrisiko bewusst als unvermeidbar hingenommen. Zwar darf der durchschnittliche Verbraucher nur das an Sicherheit erwarten, was dem Hersteller unter Berücksichtigung der sonstigen von ihm zu erfüllenden Erwartungen nach objektiven Maßstäben zumutbar war, als er das Produkt in den Verkehr gebracht hat (Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 3 Rn. 16). Bei unvermeidbaren Risiken ist aber eine Gesamtabwägung vorzunehmen (aaa), die im Falle des an der streitgegenständlichen Prothese entstehenden nicht zu vermeidenden Metallabriebs (bbb) Anlass gegeben hätte, von einem Inverkehrbringen abzusehen (ccc).
150 
(aaa) Bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung ist zu beachten, dass es innovationshemmend wirkt, wenn zu hohe Anforderungen gestellt werden. Sind sie aber zu niedrig, wird eine mangelnde Sorgfalt bei der Entscheidung, ob ein Produkt in Verkehr gebracht werden soll, gefördert. Bei Arzneimitteln und Medizinprodukten allgemein ist stets die schwierige Abwägung zwischen dem Heilen einer Krankheit und den möglichen negativen Folgen und ungewissen Risiken der Behandlung vorzunehmen.
151 
bbb) Das gegen ein Inverkehrbringen sprechende Ergebnis der Gesamtabwägung (4) wird bereits dadurch indiziert, dass das streitgegenständliche Prothesensystem von den Beklagten vom Markt genommen wurde (1). Im Übrigen überwiegen die potentiellen Nachteile (3) die beim streitgegenständlichen Prothesensystem erwarteten Vorteile (2).
152 
(1) Das streitgegenständliche Prothesensystem wie auch Großkugelkopfprothesen anderer Hersteller wurden zwischenzeitlich vom Markt genommen, ohne dass sie durch ein Nachfolgeprodukt ersetzt worden wären. Die Hersteller sind offensichtlich zu der Überzeugung gekommen, dass die mit dem System der Großkugelkopfprothesen einhergehenden Nachteile deren Vorteile überwiegen. Dies stellt ein starkes Indiz dafür dar, dass bereits von einem Inverkehrbringen abzusehen gewesen wäre.
153 
(2) Die erwarteten Vorteile des streitgegenständlichen Prothesensystems gegenüber bei Inverkehrbringen am Markt etablierten Produkten waren eine erwartete niedrigere Revisionsrate aufgrund einer höheren Luxationssicherheit und einer längeren Haltbarkeit der Gleitpaarung sowie eine größere Beweglichkeit des künstlichen Gelenks. Sie sind deshalb, so tragen es die Beklagten selbst vor, vor allem interessant für junge, aktive Personen (vgl. AS 91). Eine Beschränkung auf diese Personengruppe findet sich aber nicht.
154 
(3) Auf der anderen Seite stehen vorliegend die aus den Metallabriebprodukten entstehenden Gesundheitsrisiken. Zwar kommt es bei nahezu allen Arten von Hüftprothesen zu körperfremden Abriebprodukten mit den bereits dargestellten Folgen, so dass diese im Grundsatz, soweit es geht, zu vermeiden sind. Beim streitgegenständlichen Prothesensystem zeigten die nach Inverkehrbringen durchgeführten o.g. klinischen Studien aber insbesondere im Vergleich mit den ebenfalls als Großkopfprothesen anzusehenden Kappenprothesen einen erheblich stärkeren Anstieg von Metallionenwerten im Blut, der auf eine größere Abriebmenge schließen lässt.
155 
(4) In einer Gesamtsituation, in welcher zufriedenstellend funktionierende Hüftprothesensysteme am Markt etabliert sind, ist es nach Auffassung der Kammer nicht zu rechtfertigen, die aus den dargestellten Blutwerten resultierenden Unsicherheiten, die bei den vor Einführung des Systems gebotenen Studien bekannt gewesen wären, in Bezug auf deren Auswirkungen in Kauf zu nehmen. Vielmehr wären weitere Untersuchungen zu erwarten gewesen, um entweder den Grund des deutlichen Metallionenanstiegs feststellen und beseitigen zu können oder zumindest daraus resultierende mögliche Gesundheitsgefahren auszuschließen. Beides ist nicht geschehen. Vielmehr wurden die Prothesen zunächst auf den Markt gebracht und dann wieder vom Markt genommen.
156 
d) Ein Instruktionsfehler liegt vor, wenn der Verwender nicht oder nur unzureichend über die Art und Weise der Verwendung des Produkts und die damit verbundenen Gefahren aufgeklärt wird. Die Fehlerhaftigkeit kann sich aus dem gänzlichen Fehlen einer Anweisung oder Gebrauchsanleitung oder aufgrund inhaltlicher Mängel der gelieferten Gebrauchsanleitung ergeben (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 23; ders. Urteil vom 18. Mai 1999 - VI ZR 192/98 -, juris; OLG Hamm, Urteil vom 19. Mai 2016 - 21 U 154/13 -, juris); MünchKomm/Wagner, BGB, 6. Aufl. 2013, § 3 ProdHaftG Rn. 34). Unrichtigkeiten einer Gebrauchsanweisung des Herstellers können grundsätzlich dessen Haftung begründen (Wellner, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 27. Aufl. 2015, 14. Kap. Rn. 277).
157 
Ein Instruktionsfehler ergibt sich danach aus den unzureichenden Anweisungen zur Erstellung der Steckkonusverbindung (Anweisungen zum Abwischen des Schaftkonus und zum Einschlagen des Gelenkkopfes auf den Schaftkonus vgl. B. I., 2., b), cc), ddd)).
158 
Außerdem haben die Beklagten es unterlassen den höheren, den Beklagten bekannten Metallabrieb in der Anlaufphase und auf den nicht geklärten Metallabrieb des konkreten Systems der neueingeführten Großkopfprothesen zutreffend hinzuweisen (vgl. B. I. 2. c) bb) aaa)). Dieses Risiko hätten die Beklagten wegen des bei Nutzung der Prothese möglichen Metallabriebs und den damit verbundenen Folgerisiken entweder durch konstruktive Maßnahmen ausschließen oder zumindest anhand ihrer Produktinformationen deutlich, vollständig und zutreffend aufzeigen müssen. Die bestehenden Risiken begründeten eine gesteigerte Informationspflicht (OLG Hamm, Urteil vom 19. Mai 2016 - 21 U 154/13 -, juris). Inhalt und Umfang der Instruktionspflichten im Einzelfall werden nämlich wesentlich durch die Größe der Gefahr und das gefährdete Rechtsgut bestimmt. Je größer die mit der Nutzung eines Produkts verbundenen Gefahren sind, desto höher sind die Anforderungen, die hinsichtlich der Warnung vor diesen Gefahren gestellt werden müssen (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 18).
159 
Wegen des Fehlens verständlicher und deutlicher Hinweise auf das tatsächlich bestehende Risiko war die Produktinformation der Beklagten inhaltlich unzutreffend und wies insoweit einen erheblichen Fehler auf. Angesichts der zu dem Zeitpunkt erst kurzen Einsatzzeit des Großkopfprothesensystems wäre, da infolgedessen noch kein relevanter Zeitraum für die Auswertung von Erfahrungen mit dessen Praxistauglichkeit zur Verfügung stand, zumindest eine Relativierung der kategorischen Aussagen beim Vergleich mit der Kleinkopfprothese durch einen Hinweis auf die geringen Praxiserfahrungen geboten gewesen.
160 
3. Die Klägerin hat infolge des Metallabriebs an der Prothese einen Gesundheitsschaden erlitten (a). Ein ärztlicher Behandlungsfehler beim Einbau der Prothese liegt nicht vor (b) und die körperliche Konstitution der Klägerin war insoweit ohne Einfluss (c).
161 
a) Zwischen dem Produktfehler und den Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin muss ein kausaler Zusammenhang bestehen, dessen Nachweis der Klägerin obliegt. Beweismaß für diese haftungsbegründende Kausalität ist grundsätzlich der Vollbeweis nach § 286 ZPO. Erforderlich ist ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteil vom 18. Juni 1998 - IX ZR 311/95 -, Rn. 28, juris m.w.N.). Steht eine Körperverletzung in diesem Sinne fest, so kann das Gericht hinsichtlich weiterer Schäden aus derselben Schädigungsursache den Maßstab des § 287 ZPO anwenden (BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 7/08 -, Rn. 7, juris m.w.N.). In diesem Fall reicht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 241/09 -, Rn. 21, juris; BGH, Urteil vom 12. Februar 2008 - VI ZR 221/06 -, Rn. 9, juris, m.w.N.).
162 
Kann der Schaden sowohl auf einem Produktfehler als auch auf hinzunehmenden Risiken des Produkts beruhen, so kommt eine Haftung nur dann in Betracht, wenn eine Mitursächlichkeit des Produktfehlers festzustellen ist. Der Hersteller muss sich in diesem Fall den gesamten Schaden zurechnen lassen, wenn nicht feststeht, dass der Produktfehler nur zu einem abgrenzbaren Teil des Schadens geführt hat (vgl. Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 4. Aufl. 2014, Rn. K 18).
163 
Hiervon ausgehend konnte die Klägerin den ihr obliegenden Nachweis führen, dass sie sich infolge des Metallabriebs der Prothese am 21.01.2010 einer Revisionsoperation mit Gelenkkopf- und Pfannenwechsel unterziehen musste, in ihrem Körper ein großes Serom am Gelenk mit einer großen gelben käsigen Masse sowie ein Pseudotumor entstanden sind und es zu einer erheblichen Osteolyse am Oberschenkelknochen kam (aa). Hinsichtlich der während der Revisionsoperation am 21.01.2010 festgestellten riesigen Bursitis trochanterica und dem von der Klägerin beklagten Frösteln, dem erhöhten CRP und der erhöhten Blutsenkungsgeschwindigkeit (bb) fehlt ein solcher Zusammenhang hingegen.
164 
aa) Die Sachverständigen haben im Ergänzungsgutachten sowie der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar ausgeführt, dass das Serom und der Pseudotumor sowie die Osteolyse anerkannte Folgen einer Gewebebelastung mit Metallionen und -partikeln sind (EG S. 56; Prot. 2 S. 27).
165 
Das Vorliegen des Seroms und des Pseudotumors lässt sich anhand der interoperativen Lichtbilder nachweisen (EG S. 57). Die von den Beklagten in Zweifel gezogene Osteolyse zeigt sich auf den Lichtbildern außergewöhnlich eindrucksvoll (EG S. 58). Der obere Teil des Prothesenschafts, der eigentlich vom Oberschenkelknochen umschlossen war, ist freiliegend im Gewebe zu sehen. Der Oberschenkelknochen wurde an dieser Stelle „mottenfraßartig“, so die Sachverständigen, aufgelöst (Prot. 2 S. 28).
166 
Freigesetzte Metallionen und -partikel kommen vorliegend als alleinige plausible Ursache in Betracht. Es ist nachgewiesen, dass es bei der Klägerin zur Freisetzung von Metallionen und -partikeln kam. Am Innenkonus der Adapterhülse ist mit insgesamt rund 65 mg ein erheblicher Abrieb entstanden. Das Blut der Klägerin wies vor der Revisionsoperation einen deutlich erhöhten Metallionenwert von 8,6 µg/L Kobalt und 2,2 µg/L Chrom auf. In der Flüssigkeit rund um die Prothese herum konnten nach den glaubhaften Angaben des Chefarztes und ausweislich des Befundberichts des medizinischen Labors Bremen vom 19.02.2010 ein Kobaltwert von 635,8 µg/L und ein Chromwert von 200,2 µg/L nachgewiesen werden. Dies zeigt, dass im gelenknahen Bereich eine deutlich erhöhte Metallionenkonzentration vorzufinden war.
167 
Wie oben gezeigt (B. I. 2. c) cc) ccc)), übersteigt bezogen auf die tatsächliche Implantationszeit von 4 Jahren und 7 ½ Monaten bereits alleine der Abrieb an der Steckkonusverbindung mit 65 mg den sich auf Grundlage der Untersuchungen der Beklagten errechnenden Abrieb von 42,25 mg um mehr als das 1,5fache.
168 
Alternative Ursachen kommen nach den überzeugenden mündlichen Ausführungen der Sachverständigen nicht in Betracht (vgl. Prot. 2 S. 28). Es bestehen weder Anhaltspunkte für Infektionen oder andere Tumore, die auch Pseudotumore hervorrufen können (vgl. Prot. 2 S. 28), noch für eine Lockerung des Prothesenschafts, was eine alternative Ursache für die Osteolyse wäre (vgl. Prot. 2 S. 28). Im Operationsbericht der Revisionsoperation wird der Prothesenstil als fest beschrieben. Wäre er nicht fest gewesen, hätte er im Rahmen der Revisionsoperation ausgetauscht werden müssen (vgl. Prot. 2 S. 28).
169 
Hatten die gerichtlichen Sachverständigen bereits keine vernünftigen Zweifel an der Ursächlichkeit (vgl. Prot. 2 S. 28), so wurde das Ergebnis noch durch die Ausführungen des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. bestätigt (AS 2155 f.), die sachlich von den Beklagten nicht angegriffen worden sind. Dieser hat das Ergebnis der Untersuchung der bei der Klägerin entnommenen Gewebeproben wie folgt sachkundig und von den Beklagten inhaltlich nicht angegriffen beschrieben:
170 
a) Histologische/immunhistochemische Methoden:
171 
Bei den Proben fällt auf, dass in den Geweben metallischer Feinabrieb als schwärzliche Partikel zu detektieren ist. Es besteht eine Häufung von Makrophagen (sogenannten Fresszellen), in denen zum Teil auch der metallische Abrieb bereits eingeschlossen ist. Es zeigen sich wenige immunologische Entzündungszellen im Sinne von T-Lymphozyten oder B-Lymphozyten. Diese treten lediglich vereinzelt auf. Wenn diese Lymphozyten auftreten, finden sie sich um vereinzelte Blutgefäße, wie sie typischer Weise bei einer metallischen Abriebreaktion und Gewebeantwort vorliegen. Es handelt sich nicht um eine allergische Reaktion im Sinne einer Hypersensitivität. Auffällig sind besonders in der Hüftgelenkkapsel deutliche Einblutungen in die bindegewebigen Strukturen.
172 
Insgesamt werte ich diesen Befund als eine adverse Reaktion auf metallischen Abrieb, wie er zum Beispiel von Natu at al oder Langton at al und unserer Arbeitsgruppe Meyer at al beschrieben wurde.
173 
b) Metallanalysen:
174 
Die Metallanalysen zeigen eine klare Verteilung der einzelnen Prothesenbestandteile. In den Proben aus 1, 2 und 3 (Seromhöhle/Pseudotumor,
175 
Gelenkkapsel, pfannennahe Gelenkkapsel) ist besonders der Anteil von Kobalt und Chrom erhöht zu finden.
176 
Es ist auffällig, dass im Bereich des Femurs/Schafteinganges und auch des Pfannenbodens große Anteile von freigesetztem Titan in den Geweben zu finden sind.
177 
Aus den mir vorliegenden Ergebnissen kann ich zusammenfassend schließen, dass die Patientin eine adverse Reaktion gegen Prothesenbestandteile im Gewebe zeigt. Dieses ist durch die histologischen Untersuchungen belegt. Unterstützt wird die Beobachtung durch den Nachweis von Kobalt bzw. Titan in den einzeln untersuchten Gewebeproben.
178 
Eine Ursächlichkeit alleine durch einen den Sicherheitserwartungen entsprechenden Abriebsumfang kann vorliegend ausgeschlossen werden. Der Patient darf erwarten, dass kein solcher Abrieb entsteht, der bei einer nicht hypersensitiven Person zu einer Gewebsreaktion des hier gezeigten Ausmaßes führt. Dies ergibt sich aus dem Vergleich zur Kleinkopfprothese. Eine solche hypersensitive Reaktion war nach den vorstehenden Ausführungen des sachverständigen Zeugen aber gerade nicht festzustellen.
179 
Außerdem folgt dies vorliegend aus der Tatsache, dass die linksseitig implantierten Prothese auch nach 10 Jahren noch nicht revisionsbedürftig geworden ist, was im Falle einer Reaktion auf einen den Sicherheitserwartungen entsprechenden Abrieb zu erwarten gewesen wäre (vgl. EG S. 60).
180 
Die Kammer ist daher davon überzeugt, dass die Revisionsoperation mit dem Austausch von Gelenkkopf und -pfanne durch die fehlerhafte Prothese veranlasst worden ist.
181 
bb) Soweit die Klägerin den vor der Revisionsoperation festgestellten erhöhten CRP Wert und die erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit auf die fehlerhafte Prothese zurückführt, gelingt ihr der erforderliche Kausalitätsnachweis ebenso wenig wie in Bezug auf die intraoperativ festgestellte Bursitis Trochanterica. Die Sachverständigen haben insoweit ausgeführt, dass es hinsichtlich der im September 2009 festgestellten Erhöhungen des CRP und der Blutsenkungsgeschwindigkeit an einem Zusammenhang fehlt (vgl. Prot. 2 S. 30). Hinsichtlich der Bursitis Trochanterica kommen als alternative Ursachen das Serom oder das Reiben der äußeren Sehne über den Rollhügel in Betracht, wenn die Sehne zu straff ist. Der Sachverständige vermochte nachvollziehbar nicht einmal eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer der beiden alternativ möglichen Ursachen festzustellen (vgl. Prot. 2 S. 29).
182 
b) Ob, wie die Beklagten zuletzt behaupteten, der Chefarzt der Streithelferin eine suffiziente Fügung der Steckkonusverbindung herbeigeführt hat, kann offen bleiben. Hat er dies getan scheidet dies als Ursache aus, hat er es nicht getan, würde wegen der dargestellten Instruktionsmängel (vgl. B. I., 2., b), cc), ddd)) eine insuffiziente Fügung nicht zu einem Entfallen der Kausalität führen. Einen sonstigen Einbaufehler der Prothese rechts konnten die gerichtlichen Sachverständigen nicht feststellen, insbesondere die erforderlichen Einbauwinkel wurden eingehalten.
183 
c) Weder die Grunderkrankung der Klägerin noch ihre Adipositas oder der intraoperativ im Rahmen der Erstoperation rechts eingebrachte corticospongiöse Span führen zu einem Entfallen der Kausalität. Dieser ist als Ursache für den Knochenschwund am Oberschenkelknochen unwahrscheinlich (vgl. Prot. 2 S. 30). Die Grunderkrankung der Klägerin alleine vermag die festgestellten Gesundheitsschäden nicht zu erklären.
184 
4. Die Haftung der Beklagten ist auch nicht gem. § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG ausgeschlossen, denn die Produktfehler hätten nach dem Stand der Wissenschaft und Technik bereits im Jahr 2003 erstmals, als das Produkt auf den Markt kam, erkannt werden können. Dies gilt erst recht für das Jahr 2005 in dem das rechte und im Jahr 2006 in dem das linke Prothesensystem im Sinne des ProdHaftG in Verkehr gebracht wurden.
185 
a) Sowohl die auf die deliktische Produkthaftung als auch die auf das Produkthaftpflichtgesetz gestützte Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn der den Schaden verursachende Fehler des Produkts im Zeitpunkt seiner Inverkehrgabe nach dem damaligen Stand von Wissenschaft und Technik nicht erkennbar war (sogenannter Entwicklungsfehler). Für die deliktische Produkthaftung ergibt sich dies daraus, dass es im Falle eines Entwicklungsfehlers an der für einen Ersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB erforderlichen objektiven Pflichtwidrigkeit des Herstellers fehlt (BGH, Urteil vom 26. November 1968 - VI ZR 212/66 -, BGHZ 51, 91-108, 105; BGH, Urteil vom 17. März 1981 - VI ZR 191/79 -, BGHZ 80, 186-199, 196 f.; BGH, Urteil vom 25. Oktober 1988 - VI ZR 344/87 -, BGHZ 105, 346-357, 354; BGH, Urteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04 -, BGHZ 163, 209-223, 222 f.; BGH, Urteil vom 11. Juni 1996 - VI ZR 202/95 -, juris). Für auf das Produkthaftpflichtgesetz gestützte Ansprüche folgt dies aus § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG (vgl. BGH, Urteil vom 09. Mai 1995 - VI ZR 158/94 -, BGHZ 129, 353-366, 359; BT-Drucks. 11/2447, S. 15).
186 
Maßgeblich ist nicht der Zeitpunkt der erstmaligen Markteinführung, sondern die Inverkehrgabe des konkreten Produkts (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253 Rn. 16, 27 f., 30; MünchKomm/Wagner, 6. Aufl. 2013, § 1 ProdHaftG Rn. 24 f., 57; Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 3 Rn. 34; BeckOK BGB/Förster, ProdHaftG, 41. Ed. Stand 01.11.2016, § 3 Rn. 19 ff., 21; Staudinger/Oechsle, Bearb. 2013, § 1 ProdHaftG Rn. 117, § 3, 51 ff.; M. Hamdan/Günes in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 1 ProdHaftG Rn. 40; Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 1 Rn. 66, § 4 Rn. 61), hier also die Jahre 2005 und 2006.
187 
Die Annahme eines haftungsausschließenden Entwicklungsfehlers setzt voraus, dass die potenzielle Gefährlichkeit des Produkts nach dem damaligen Stand von Wissenschaft und Technik nicht erkannt werden konnte (Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 1 Rn. 63), weil die Erkenntnismöglichkeiten (noch) nicht weit genug fortgeschritten waren.
188 
Dabei ist unter potenzieller Gefährlichkeit des Produkts nicht der konkrete Fehler des schadensstiftenden Produkts, sondern das zugrunde liegende allgemeine, mit der gewählten Konzeption verbundene Fehlerrisiko zu verstehen. Es kommt also im Rahmen der Feststellung eines Entwicklungsfehlers nicht auf die Erkennbarkeit des konkreten Fehlers des schadensstiftenden Erzeugnisses, sondern auf die Erkennbarkeit der potenziellen Gefährlichkeit des Produkts, d.h. des mit der gewählten Konzeption allgemein verbundenen Fehlerrisikos an (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253 Rn. 27 f.; BGH, Urteil vom 05. Februar 2013 - VI ZR 1/12 -, Rn. 10, juris). Es muss nicht erst zum konkreten Schadensfall kommen, damit ein Fehler nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erkennbar wird.
189 
Für die Erkennbarkeit maßgeblich ist das objektiv zugängliche Gefahrenwissen; auf die subjektiven Erkenntnismöglichkeiten des einzelnen Herstellers kommt es nicht an (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253 Rn. 27 f.; BGH, Urteil vom 05. Februar 2013 - VI ZR 1/12 -, Rn. 10, juris). Entwicklungsrisiken sind nur Gefahren, die von der Konstruktion eines Produkts ausgehen, aber nach dem neuesten Stand der Technik nicht zu vermeiden waren (BGH, Urteil vom 9. Mai 1995 - VI ZR 158/94, BGHZ 129, 353; Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 3 Rn. 46).
190 
Zum neuesten Stand der Technik gehören nicht nur allgemein anerkannte Regeln der Technik bzw. die allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Auch vereinzelte Erkenntnisse können den „Stand“ der Wissenschaft und Technik bestimmen (Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 1 Rn. 68 a.E.). Gerade neue wissenschaftliche Erkenntnisse verdanken sich häufig der Arbeit von Abweichlern. Käme es auf ihre Ansichten nicht an, wäre der Hersteller solange entlastet, bis sie sich allgemein durchgesetzt haben, was häufig erst der Fall ist, nachdem sich die Richtigkeit ihrer Behauptungen durch entsprechende Schadensfälle erwiesen hat. Angesichts der Vielstimmigkeit der Wissenschaft im internationalen Maßstab kann es andererseits nicht in Betracht kommen, die Entlastung nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG bereits dann zu versagen, wenn sich auch nur ein einzelner Wissenschaftler finden lässt, der vor der Gefahr gewarnt hat, denn die Vorschrift stellt auf den „Stand der Wissenschaft“ und nicht auf subjektive Meinungen einzelner ab. Deshalb ist zu verlangen, dass die abweichende Ansicht Mindestanforderungen wissenschaftlichen Arbeitens genügt, also theoretisch plausibel und wissenschaftlich nachvollziehbar ist und durch praktische Erfahrung, insbesondere durch Experimente oder Versuche belegt ist. Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, wie groß oder intensiv das von Außenseitern behauptete Gefahrenpotential ist. Je schwerwiegender die Gefahren sind, auf die von Minderheitsauffassungen hingewiesen wird, desto eher ist der Hersteller gehalten, diesen Ansichten nachzugehen (MünchKomm/Wagner, BGB, 6. Aufl. 2013, § 1 ProdHaftG Rn. 55). Dies gilt nach Auffassung der Kammer erst recht für ein Produkt mit dem - wie hier - wegen einer neuen Konstruktion technisches Neuland betreten wird (Staudinger/Oechsler, Bearb. 2013, § 1 ProdHaftG Rn. 122; LG Berlin, Urteil vom 19. September 2011 - 2 O 130/09 -, Rn. 67, juris).
191 
Die Beweislast für den Entwicklungsfehler trägt sowohl im Rahmen der deliktischen Haftung als auch im Rahmen des Produkthaftungsgesetzes der Hersteller (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 28 f.; VI ZR 1/12; Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 1 Rn. 65).
192 
b) Somit kommt es vorliegend nicht darauf an, ob korrosionsbedingter Abrieb an Steckkonusverbindungen im Jahr 2003 (entscheidend wären die Jahre 2005, 2006) allgemein gesichert bekannt war, was Ausgangspunkt der von den Beklagten als Anlage B 49 vorgelegten Arbeit des Privatsachverständigen „zum Kenntnisstand über Probleme bei Konusverbindungen zum Zeitpunkt 2003“ war. Maßgeblich ist vielmehr, ob in den Jahren 2005 und 2006 bereits einzelne Stimmen auf mögliche Gefahren hingewiesen haben. Danach reichen die Gefahrenhinweise in den vom Privatsachverständigen in der Anlage B 49 zusammengestellten Aufsätzen zu möglichem Metallabrieb und zu Korrosion auch an der Konusverbindung sowie dessen möglichen Folgen aus.
193 
Die Beklagte wusste im Zeitpunkt der Inverkehrgabe des streitgegenständlichen Prothesensystems oder hätte wissen können:
194 
- Von der Gefahr, dass es bei Metall-Metall-Gleitpaarungen zu Abrieb kommen kann. Auch die weiteren Ursachen, die zum Abrieb an der Steckkonusverbindung geführt haben, waren vom Prinzip her bekannt (EG S. 27).
- Im Jahr 2002 war bekannt, dass aus Metall-Metall-Artikulationen Metallionen austreten und dass diese negative Auswirkungen haben können (EG S. 43).
- Eine erhöhte Metallionenfreigabe aus großen Köpfen (Kappenprothese) wurde im Jahr 2003 beschrieben (EG S. 43).
- Dass Korrosion in Konusverbindungen auftreten kann, war 2003 bekannt (GA S. 48; EG S. 44).
- Der Zusammenhang zwischen Design, Fügekraft, Belastung und Festigkeit der Konusverbindung war bekannt (EG S. 46).
- Einfluss der Legierung auf die Reibemomente auch im Zusammenhang mit der Kopfgröße (vgl. GA S. 50).
195 
Auch die Möglichkeit der Gesundheitsgefährdung durch körperfremde Partikel war den Beklagten spätestens 2003 bekannt, was sich allein schon aus der Darstellung in der ärztlichen Informationsbroschüre „Wissenschaftliche Information“ ergibt, wo die möglichen Auswirkungen körperfremder Partikel beschrieben sind (vgl. Anlage B 13, S. 25 und EG S. 44). Dabei werden auch die Auswirkungen von Verschleißpartikeln von Metall- Metallpaarungen erwähnt, auch wenn die Immunreaktionen geringer sein sollen. Dass dies zudem - was entscheidend ist - in der Fachwelt bereits erwähnt worden war, ohne dass dies herrschende Meinung oder zwingend gewesen sein muss - erwähnen z.B. … (Anlage B 48 S. 2 „In der Einführung beschreibe ich in Kapitel 1.7. „Gewebereaktionen und biologische Effekte“, dass freigesetzte Abriebpartikel zu Osteolysen und letztlich zu Prothesenlockerung führen können).
196 
Den Beklagten war danach das zugrunde liegende allgemeine Fehlerrisiko bekannt oder hätte bekannt sein müssen, ihnen war lediglich nicht bewusst, dass sie die Gefahr von Metallabrieb mit den Großkopfprothesen nicht minimiert hatten, sondern dass es auch zu Abrieb an der Steckkonusverbindung kam. Die unzutreffende Annahme des Herstellers, eine bekannte Gefahr durch konstruktive Verbesserungen des bestehenden Systems behoben zu haben, reicht aber nicht aus, um einen Entwicklungsfehler anzunehmen, für den der Hersteller nicht einzustehen hat (BGH vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253). Verbleibende Unklarheiten oder Unsicherheiten hätten durch klinische Studien abgeklärt werden können und müssen. Es entlastet die Beklagten nicht, wenn sie derartige Studien in Kenntnis der Unsicherheit unterlassen haben (KG, Urteil vom 28. August 2005 - 4 U 189/11 -, Rn. 30). Die Tatsache, dass die unter B. I. 2. c) cc) dargestellten Studien, eine davon finanziert durch die Fa. …Inc., möglich waren, zeigt, dass diese Untersuchungen auch im Rahmen einer klinischen Studie vor dem allgemeinen Inverkehrbringen des Produkts hätten gewonnen werden können. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die in der Zeit ab 2005 durchgeführten Studien nicht bereits im Jahr 2003 hätten durchgeführt werden können. Die objektiven Erkenntnismöglichkeiten lagen mithin vor. Hinzu kommt die damals bestehende Möglichkeit von Gewebeuntersuchungen und Tiertests (vgl. Prot. 2 S. 14). Darauf, dass nach Angabe der Sachverständigen vor der Markteinführung von Hüftprothesen klinische Studien in der Vergangenheit nicht durchgeführt wurden (vgl. Prot. 2 S. 14), kommt es nicht an, weil alleine das objektiv zugängliche Gefahrenwissen maßgeblich ist und es auf eine Branchenüblichkeit nicht ankommt (BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08 -, BGHZ 181, 253-268, Rn. 16).
197 
Eine Ersatzpflicht der Beklagten ist auch nicht gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG ausgeschlossen, weil den Beklagten das Zeichen „CE Kennzeichnung“ zuerkannt worden ist. Allein der Umstand, dass der Produktfehler - die Möglichkeit des Abriebs - anlässlich der Sicherheitsüberprüfung zwecks Zuerkennung des CE-Zeichens nicht entdeckt wurde, besagt nicht, dass die potenzielle Gefährlichkeit des Produkts unter Zugrundelegung des im Zeitpunkt seiner Inverkehrgabe objektiv zugänglichen Gefahrenwissens nicht hätte erkannt werden können (vgl. Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl. 2010, § 1 Rn. 65; BGH, Urteil vom 05. Februar 2013 - VI ZR 1/12 -, Rn. 10, juris).
198 
Das Prothesenmodell mit seinen außergewöhnlich großen Kopfdurchmessern war zudem, so die Sachverständigen (GA S. 60 f.), eine Novation, die unter strenge Bedingungen hätte getestet werden müssen. Die tatsächlich von der Beklagten durchgeführten Tests waren nicht suffizient (GA S. 55, 60 f.). Auf S. 25 und 46 des Ergänzungsgutachtens haben die Sachverständigen einen ganzen Katalog von Fragen dargestellt, die sich nach dem damaligen Stand der Technik bereits gestellt haben, aber nicht beantwortet wurden.
199 
c) Den Beklagten ist der ihnen obliegende Entlastungsbeweis somit nicht gelungen.
200 
d) Es bestand entgegen der Ansicht der Beklagten kein Anlass sich mit dem Gutachten des in anderen Verfahren tätigen Sachverständigen auseinanderzusetzen, auch wenn dies durch Bezugnahme auf die Gutachten im Parteivortrag geschieht. Dieser Sachverständige wurde im vorliegenden Verfahren für befangen erklärt. Zwar kann ein abgelehnter Sachverständiger für die von ihm festgestellten Tatsachen als Zeuge vernommen werden. Das haben die Beklagten aber nicht beantragt. Vielmehr wollen sie über die Bezugnahme auf das Gutachten dessen sachverständige Schlussfolgerungen dem Gericht vorhalten und damit die Schlussfolgerungen des gerichtlichen Gutachtens in Frage stellen. Dies würde den Schlussfolgerungen des befangenen Sachverständigen aber ein Gewicht geben, das nach seiner Ablehnung nicht vorgesehen ist. Das Gutachten eines als befangen abgelehnten Sachverständigen ist als Beweismittel grundsätzlich ungeeignet. Der Sachverständige darf daher, auch soweit er als Zeuge vernommen werden darf, nicht zu seinen Schlussfolgerungen gehört werden, die er aus den Tatsachen gezogen hat (BSG, Urteil vom 11. Dezember 1992 - 9a RV 6/92 -, juris; BGH, Urteil vom 07. Mai 1965 - 2 StR 92/65 -, BGHSt 20, 222-225). Dann können diese Schlussfolgerungen auch nicht durch Bezugnahme einer Partei ein entsprechendes Gewicht erlangen.
201 
Letztendlich kann diese Überlegung dahinstehen, da auch der andere Sachverständige in den vorgelegten Gutachten ausführt, dass
202 
- das Risiko, dass es an modularen Verbindungen zu Korrosionsprozessen und zur Freisetzung von Verschleißprodukten kommen kann, zum Zeitpunkt der Einführung des Implantatsystems grundsätzlich bekannt war (Anlagen B 50 S. 82; B 59 S. 34),
- die Einschätzung des Gutachters M., dass die Gefahr von Metallionen und Abrieb aus Konusverbindungen im Jahre 2003 bekannt war, geteilt wird: „Zusammenfassend lässt sich also schlussfolgern, dass das Risiko vom Korrosionsprozessen und die Freisetzung von Verschleißprodukten an modularen Verbindungen …grundsätzlich bekannt war“ (Anlage B 79 S. 21),
- Anlage B 50 S. 93: die OP Anweisung falsch war,
- Anlage B 50 S. 94: Metall-Metall Großkopfprothesen mehr verschleißbedingte Probleme aufweisen als Prothesen mit kleineren Köpfen,
- Anlage B 50 S. 94: der Fehlermechanismus multifaktoriell bedingt ist,
- Anlage B 79 S. 21 Auch die Einschätzung des Gutachters M., dass der Zusammenhang zwischen Design, Fügekraft, Belastung und Festigkeit der Konusverbindung bzw. Reibekorrosion bekannt war, wird geteilt.
203 
Außerdem geht der andere Sachverständige bei Frage der Kenntnis fälschlicherweise vom Jahr 2003, dem Jahr, in dem die Serie erstmals in Verkehr gebracht wurde, nicht aber - wie es zutreffend wäre - von den Jahren 2005 und 2006 aus. Und er verkennt, dass unter Erkennbarkeit des Fehlers, d.h. potenzieller Gefährlichkeit des Produkts nicht der konkrete Fehler des schadensstiftenden Produkts, sondern das zugrunde liegende allgemeine, mit der gewählten Konzeption verbundene Fehlerrisiko zu verstehen ist, und dass es dabei nicht auf eine gesicherte Meinung als Stand der Wissenschaft und Technik ankommt.
204 
5. a) Der Klägerin steht für die mit dem Einbau der fehlerhaften Prothese der Beklagen an der rechten Hüfte erlittenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen an der rechten Hüfte und deren Folgen ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 EUR zu.
205 
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes im Rahmen einer Schätzung gem. § 287 ZPO ist in erster Linie dessen Ausgleichsfunktion zu beachten. Entsprechend dem zuletzt gestellten Antrag sind dabei nur die eingetretenen und sicher feststehende Zukunftsschäden zu berücksichtigen.
206 
Dabei hat die Kammer vorliegend die unter B. I. 3. a) aa) festgestellten gesundheitlichen Folgen, insbesondere den auf den intraoperativ gefertigten Lichtbildern eindrücklich sichtbaren und vom Sachverständigen als „mottenartig“ bezeichneten Knochenfraß am Oberschenkelknochen sowie die Notwendigkeit der Revisionsoperation mit den damit einhergehenden erheblichen Beschwerden berücksichtigt. Ferner waren die mit der Entzündungsreaktion einhergehenden im Zeitraum zwischen dem Einbringen der Hüftprothese Mitte 2005 bis zur Revisionsoperation Anfang 2010 vorhandenen Schmerzen und damit in Zusammenhang stehenden Bewegungseinschränkungen zu sehen.
207 
Weiter hat die Kammer auch berücksichtigt, dass es als Sekundärschaden zu einer Clostriden- und Norovirusinfektion kam, welche stationär behandelt werden musste und zu einer Unterbrechung des Reha-Aufenthalts mit den damit einhergehenden Verzögerungen im Zuge der Rekonvaleszenz führte. Die Clostridien-Infektion wird regelmäßig im Zusammenhang mit Antibiotikagabe, wie sie nach Operationen erfolgt, festgestellt (vgl. Prot. 2 S. 30). Das Auftreten des Noro-Virus wird durch die Situation im Krankenhaus oder der Reha, wo viele Menschen auf engem Raum zusammen sind, begünstigt. Angesichts des zeitlichen Zusammenhangs und des erhöhten Risikozusammenhangs mit der Krankenhaus- und Heilbehandlung der Klägerin sieht die Kammer einen überwiegend wahrscheinlichen Zurechnungszusammenhang als gegeben an. Es handelt sich nicht bloß um die Realisierung einer vom Produktfehler unabhängigen Alltagserkrankung.
208 
Unter Abwägung sämtlicher Umstände ist daher ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 EUR zur Abgeltung auch der eingetretenen und bereits heute sicher beurteilbaren Zukunftsschäden erforderlich, aber auch angemessen.
209 
Soweit im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (Urteil vom 22. Juli 2011 - 4 U 19/10 -, juris) ein Schmerzensgeld von 8.000,00 EUR für einen erforderlichen Prothesentausch als angemessen angesehen wurde, erfolgte dort die Revisionsoperation bereits nach 5 Monaten.
210 
Im Verfahren des OLG Oldenburg (Urteil vom 12. November 1996 - 5 U 60/96 -, Rn. 32, juris) wurden 15.000,00 DM Schmerzensgeld für eine ohne Einwilligung durchgeführte Prothesenimplantation zugesprochen.
211 
Beiden Verfahren ist gemeinsam, dass sie hinsichtlich des Ausmaßes der festzustellenden gesundheitlichen Defekte nicht im Ansatz mit den bei der Klägerin eingetretenen Gesundheitsschäden vergleichbar sind. Hinzu kommt hier noch die verzögerte Rehabilitation infolge der eine Unterbrechung der Anschlussheilbehandlung verursachenden Infekte. Insoweit rechtfertigt sich ein mit der Entscheidung des OLG Nürnberg (Urteil vom 30. April 2015 - 5 U 2282/13 -, juris, OS 3) vergleichbares Schmerzensgeld von 25.000,00 EUR, auch wenn die dortigen Folgen mit einer verbleibenden Fußheber- und Fußsenkerschwäche andere waren.
212 
b) Die Klägerin hat weiter Anspruch auf Ersatz von materiellen Schäden in der geltend gemachten Höhe von 1.247,27 EUR.
213 
Das Gericht hat die Schadenshöhe gem. § 287 ZPO geschätzt und hinsichtlich der Entstehung die Klägerin angehört. Diese macht im Einzelnen folgende Schäden geltend, die zur Überzeugung des Gerichts entstanden sind und überwiegend wahrscheinlich auf das Unfallereignis zurückzuführen sind:
214 
Krankenhauszuzahlung Revisionsoperation
120,00 EUR
Zuzahlung Reha Revisionsoperation
160,00 EUR
Zuzahlung Kompressionsstrümpfe
26,00 EUR
Zuzahlung Haftpuffer
5,00 EUR
Zuzahlung Toilettensitzerhöhung,
7,77 EUR
Zuzahlung Praxisgebühr Q1/2 2010,
20,00 EUR
Taxi am 20.01.10 (RevOP)
6,20 EUR
Taxi am 11.03.10 (Beh. Orth Dr. …)
14,50 EUR
Postnachsendung Reha
15,00 EUR
Reisekosten Schwägerin
53,70 EUR
Schwägerin, Hilfestellung finanzielle Anerkennung
200,00 EUR
Reisekosten Sohn Berlin-Basel-Berlin
150,00 EUR
Reisekosten Tochter Besuch und Hilfestellung
100,00 EUR
Verordnungsgebühren KG + Gerätetr. 29.3.+20.4.+19.5.10    
146,22 EUR
Verordnungsgebühren KG + Gerätetr. 14.6.+19.7.10
97,48 EUR
Verordnungsgebühren Lymphdr. 8.4.+22.5.+10.5.10
68,16 EUR
Fotos der OP-Dokumentation
9,99 EUR
Fahrtkosten
47,25 EUR
Gesamt
1.247,27 EUR
215 
Hinsichtlich der Zahlungen an die Familienangehörigen hat die Klägerin nachvollziehbar dargetan, dass deren Unterstützung im Zusammenhang mit der Revisionsoperation bei Wechsel der Klinik und bei der Haushaltsführung erforderlich war. Dass ein alleinstehender frisch an der Hüfte operierter älterer Mensch der Unterstützung bedarf, ist offensichtlich. Die zugewandten Beträge sind nicht übersetzt.
216 
Soweit die Beklagten den Zusammenhang mit den Lymphdrainagen bestreiten, ist ein zeitlicher Zusammenhang zur Revisionsoperation gegeben. Dass im Zusammenhang mit Operationen am Bein Lymphabflussstörungen auftreten können, ist offenkundig.
II.
217 
Auch die linken Hüftprothese ist fehlerhaft.
218 
1. Auch an dieser Prothese kommt es zur Überzeugung der Kammer zu einem nicht von der Klägerin hinzunehmenden Metallabrieb, der aber derzeit noch nicht nachweisbar zu Schäden geführt hat. Ob an der linken Prothese ebenfalls Abrieb im Bereich der Steckkonusverbindung entsteht, lässt sich zwar nicht mit letzter Sicherheit feststellen, ist für die Kammer aber gleichwohl erwiesen. Auf der rechten Seite ist Metallabrieb nachgewiesen. Da die Klägerin trotz der durchgeführten Revisionsoperation rechts stetig steigende Metallionenkonzentrationen von Kobalt und Chrom im Blut aufweist, muss der hierfür verantwortliche Metallionenabrieb von der linken Seite stammen. Der Kobaltwert ist in der Zeit vom 03.11.2011 von 3,0 µg/L auf 4,65 µg/L, der Chromwert von 0,6 auf 1,25 µg/L angestiegen. Der Kobaltwert überschreitet dabei den in den Richtlinienempfehlungen aufgestellten Grenzwert von 2,0 µg/L. Andere Ursachen für den Metallionenanstieg sind nicht ersichtlich, so dass keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass Metallabrieb an der linken Hüftprothese die Quelle für den Metallionenanstieg ist.
219 
2. Bei dieser Sachlage ist es - wie rechtseitig geschehen - nicht gänzlich ausschließbar, dass es in der Zukunft zu nachweisbaren Körperschäden bei der Klägerin kommt.
220 
3. Ein Schmerzensgeld wegen der Fehlerhaftigkeit der linken Hüfte steht der Klägerin derzeit allerdings nicht zu, weil ihr keine erheblichen immateriellen Nachteile im Sinne von § 8 S. 2 ProdHaftG wegen der linksseitig implantierten Hüftprothese entstanden sind. Insoweit war die Klage daher abzuweisen.
221 
a) Geringfügige Beeinträchtigungen, etwa des seelischen Wohlempfindens oder geringfügige Verletzungen der Gesundheit lösen keinen Schmerzensgeldanspruch aus (vgl. BT-Drucks. 14/8780, S. 20; Palandt/Grüneberg, 76. Aufl. 2017, Rn. 14).
222 
b) Soweit die Klägerin psychische Beeinträchtigungen geltend macht, liegen diese nach ihrer eigenen Darstellung in einem typischen Ausmaß vor, ohne Krankheitswert zu erreichen oder eine besondere Beeinträchtigung des Alltagslebens herbeizuführen. Die nachvollziehbaren Sorgen erreichen auch nicht das Ausmaß, welches der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Landgerichts Berlin zugrunde lag (vgl. LG Berlin, Urteil vom 09. Dezember 2008 - 5 O 467/07 -, Rn. 14, juris). Der dortige Kläger hatte Sorge, seine Prothese könnte jederzeit brechen, was jegliche Form seines Alltagslebens etwa dadurch beeinflusste, dass er stets Krücken mitnahm und von einem Gefühl berichtete, er säße auf einem Stuhl mit einem angesägten Bein.
223 
c) Die Klägerin leidet im Übrigen derzeit unter keinen Beschwerden. Lockerungen der Prothese sind nicht festzustellen. Die Mühe, sich einmal jährlich einer Kontrolluntersuchung mit Blutentnahme und Röntgen zu unterziehen, ist nicht so erheblich, dass dies ein Schmerzensgeld rechtfertigt.
III.
224 
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Feststellung der Einstandspflicht für weitere materielle und immaterielle Schäden hinsichtlich beider Hüftprothesen zu.
225 
1. Ein zulässiger Feststellungsantrag ist begründet, wenn die sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs vorliegen, also ein haftungsrechtlich relevanter Eingriff gegeben ist, der zu möglichen künftigen Schäden führen kann (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99 -, Rn. 8, juris; BGH, Urteil vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99 -, Rn. 11, juris; BGH, Beschluss vom 09. Januar 2007 - VI ZR 133/06 -, Rn. 6, juris).
226 
2. Hinsichtlich der rechten Hüftprothese hat die Kammer die Fehlerhaftigkeit festgestellt, zukünftige materielle und immaterielle Schäden, wie etwa eine Prothesenlockerung aufgrund des eingetretenen Knochenfraßes, sind nicht gänzlich unwahrscheinlich.
227 
3. Auch die linken Hüftprothese ist fehlerhaft und auch hier sind s.o. zukünftige Schäden nicht gänzlich unwahrscheinlich.
IV.
228 
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten stellen eine weitere Schadensposition dar. Sie waren aus dem Streitwert zu errechnen, der sich aus den zu Recht geltend gemachten Ansprüchen (26.247,27 EUR) ergibt.
C.
229 
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
D.
230 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 412 Neues Gutachten


(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet. (2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein S

Produkthaftungsgesetz - ProdHaftG | § 1 Haftung


(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle de

Produkthaftungsgesetz - ProdHaftG | § 3 Fehler


(1) Ein Produkt hat einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere a) seiner Darbietung,b) des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann,c) des Zeitpunkts, in dem es in den Verk

Produkthaftungsgesetz - ProdHaftG | § 4 Hersteller


(1) Hersteller im Sinne dieses Gesetzes ist, wer das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat. Als Hersteller gilt auch jeder, der sich durch das Anbringen seines Namens, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungskräftig

Produkthaftungsgesetz - ProdHaftG | § 8 Umfang der Ersatzpflicht bei Körperverletzung


Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ist Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, daß infolge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben

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Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das am 25.9.2013 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn (4 O 104/11) wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens und der Nebeninterventionen trägt die Beklagte. Das Urteil i

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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.

(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn

1.
er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat,
2.
nach den Umständen davon auszugehen ist, daß das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte,
3.
er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat,
4.
der Fehler darauf beruht, daß das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder
5.
der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.

(3) Die Ersatzpflicht des Herstellers eines Teilprodukts ist ferner ausgeschlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden.

(4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast.

(1) Hersteller im Sinne dieses Gesetzes ist, wer das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat. Als Hersteller gilt auch jeder, der sich durch das Anbringen seines Namens, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungskräftigen Kennzeichens als Hersteller ausgibt.

(2) Als Hersteller gilt ferner, wer ein Produkt zum Zweck des Verkaufs, der Vermietung, des Mietkaufs oder einer anderen Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit in den Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einführt oder verbringt.

(3) Kann der Hersteller des Produkts nicht festgestellt werden, so gilt jeder Lieferant als dessen Hersteller, es sei denn, daß er dem Geschädigten innerhalb eines Monats, nachdem ihm dessen diesbezügliche Aufforderung zugegangen ist, den Hersteller oder diejenige Person benennt, die ihm das Produkt geliefert hat. Dies gilt auch für ein eingeführtes Produkt, wenn sich bei diesem die in Absatz 2 genannte Person nicht feststellen läßt, selbst wenn der Name des Herstellers bekannt ist.

(1) Ein Produkt hat einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere

a)
seiner Darbietung,
b)
des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann,
c)
des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde,
berechtigterweise erwartet werden kann.

(2) Ein Produkt hat nicht allein deshalb einen Fehler, weil später ein verbessertes Produkt in den Verkehr gebracht wurde.

12
a) Gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, sowie des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde (vgl. § 3 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ProdHaftG), berechtigterweise erwartet werden kann. Abzustellen ist dabei nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - VersR 2009, 649 f. m.w.N.; OLG Köln, VersR 2007, 1003; OLG Schleswig, NJW-RR 2008, 691, 692; Palandt/Sprau aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Kullmann, ProdHaftG, 5. Aufl., § 3 Rn. 4 ff.). Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen beurteilen sich grundsätzlich nach denselben objektiven Maßstäben wie die Verkehrspflichten des Herstellers im Rahmen der deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - aaO; BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Staudinger/Oechsler, BGB (2009), Einl. ProdHaftG Rn. 33, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19; Müller, VersR 2004, 1073, 1074). Der im Rahmen der deliktischen Produkthaftung entwickelte Fehlerbegriff sollte durch das Produkthaftungsgesetz keine Änderung erfahren (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO; Staudinger /Oechsler, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19, 103). Dementsprechend ist auch die Unterscheidung von Fabrikations-, Konstruktions- und Instruktionsfehlern, die im Rahmen der deliktischen Produkthaftung der Kategorisierung der konkreten Verkehrspflichten dient, nicht gegenstandslos geworden (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 353, 359; MünchKomm/Wagner, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 15, § 3 ProdHaftG Rn. 3, 29; Staudinger/Oechsler, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 38 ff., § 3 ProdHaftG Rn. 1, 12, 103; Müller, aaO; Kullmann, aaO, § 3 Rn. 9 ff.). Auf sie nimmt das Produkthaftungsgesetz bei der Haftungsbegründung vielmehr Bezug (vgl. etwa für den Entwicklungsfehler § 1 Abs. 2 Nr. 5, für den Konstruktionsfehler § 1 Abs. 3 und für den Instruktionsfehler § 3 Abs. 1 lit. a ProdHaftG sowie Staudinger/Oechsler, aaO).

(1) Ein Produkt hat einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere

a)
seiner Darbietung,
b)
des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann,
c)
des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde,
berechtigterweise erwartet werden kann.

(2) Ein Produkt hat nicht allein deshalb einen Fehler, weil später ein verbessertes Produkt in den Verkehr gebracht wurde.

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a) Gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, sowie des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde (vgl. § 3 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ProdHaftG), berechtigterweise erwartet werden kann. Abzustellen ist dabei nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - VersR 2009, 649 f. m.w.N.; OLG Köln, VersR 2007, 1003; OLG Schleswig, NJW-RR 2008, 691, 692; Palandt/Sprau aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Kullmann, ProdHaftG, 5. Aufl., § 3 Rn. 4 ff.). Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen beurteilen sich grundsätzlich nach denselben objektiven Maßstäben wie die Verkehrspflichten des Herstellers im Rahmen der deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - aaO; BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Staudinger/Oechsler, BGB (2009), Einl. ProdHaftG Rn. 33, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19; Müller, VersR 2004, 1073, 1074). Der im Rahmen der deliktischen Produkthaftung entwickelte Fehlerbegriff sollte durch das Produkthaftungsgesetz keine Änderung erfahren (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO; Staudinger /Oechsler, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19, 103). Dementsprechend ist auch die Unterscheidung von Fabrikations-, Konstruktions- und Instruktionsfehlern, die im Rahmen der deliktischen Produkthaftung der Kategorisierung der konkreten Verkehrspflichten dient, nicht gegenstandslos geworden (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 353, 359; MünchKomm/Wagner, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 15, § 3 ProdHaftG Rn. 3, 29; Staudinger/Oechsler, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 38 ff., § 3 ProdHaftG Rn. 1, 12, 103; Müller, aaO; Kullmann, aaO, § 3 Rn. 9 ff.). Auf sie nimmt das Produkthaftungsgesetz bei der Haftungsbegründung vielmehr Bezug (vgl. etwa für den Entwicklungsfehler § 1 Abs. 2 Nr. 5, für den Konstruktionsfehler § 1 Abs. 3 und für den Instruktionsfehler § 3 Abs. 1 lit. a ProdHaftG sowie Staudinger/Oechsler, aaO).

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

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a) Gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, sowie des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde (vgl. § 3 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ProdHaftG), berechtigterweise erwartet werden kann. Abzustellen ist dabei nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - VersR 2009, 649 f. m.w.N.; OLG Köln, VersR 2007, 1003; OLG Schleswig, NJW-RR 2008, 691, 692; Palandt/Sprau aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Kullmann, ProdHaftG, 5. Aufl., § 3 Rn. 4 ff.). Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen beurteilen sich grundsätzlich nach denselben objektiven Maßstäben wie die Verkehrspflichten des Herstellers im Rahmen der deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - aaO; BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Staudinger/Oechsler, BGB (2009), Einl. ProdHaftG Rn. 33, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19; Müller, VersR 2004, 1073, 1074). Der im Rahmen der deliktischen Produkthaftung entwickelte Fehlerbegriff sollte durch das Produkthaftungsgesetz keine Änderung erfahren (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO; Staudinger /Oechsler, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19, 103). Dementsprechend ist auch die Unterscheidung von Fabrikations-, Konstruktions- und Instruktionsfehlern, die im Rahmen der deliktischen Produkthaftung der Kategorisierung der konkreten Verkehrspflichten dient, nicht gegenstandslos geworden (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 353, 359; MünchKomm/Wagner, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 15, § 3 ProdHaftG Rn. 3, 29; Staudinger/Oechsler, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 38 ff., § 3 ProdHaftG Rn. 1, 12, 103; Müller, aaO; Kullmann, aaO, § 3 Rn. 9 ff.). Auf sie nimmt das Produkthaftungsgesetz bei der Haftungsbegründung vielmehr Bezug (vgl. etwa für den Entwicklungsfehler § 1 Abs. 2 Nr. 5, für den Konstruktionsfehler § 1 Abs. 3 und für den Instruktionsfehler § 3 Abs. 1 lit. a ProdHaftG sowie Staudinger/Oechsler, aaO).

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 25.9.2013 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn (4 O 104/11) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und der Nebeninterventionen trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin und ihre Streithelfer vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in  Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leisten.


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a) Gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, sowie des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde (vgl. § 3 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ProdHaftG), berechtigterweise erwartet werden kann. Abzustellen ist dabei nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - VersR 2009, 649 f. m.w.N.; OLG Köln, VersR 2007, 1003; OLG Schleswig, NJW-RR 2008, 691, 692; Palandt/Sprau aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Kullmann, ProdHaftG, 5. Aufl., § 3 Rn. 4 ff.). Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen beurteilen sich grundsätzlich nach denselben objektiven Maßstäben wie die Verkehrspflichten des Herstellers im Rahmen der deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - aaO; BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Staudinger/Oechsler, BGB (2009), Einl. ProdHaftG Rn. 33, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19; Müller, VersR 2004, 1073, 1074). Der im Rahmen der deliktischen Produkthaftung entwickelte Fehlerbegriff sollte durch das Produkthaftungsgesetz keine Änderung erfahren (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO; Staudinger /Oechsler, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19, 103). Dementsprechend ist auch die Unterscheidung von Fabrikations-, Konstruktions- und Instruktionsfehlern, die im Rahmen der deliktischen Produkthaftung der Kategorisierung der konkreten Verkehrspflichten dient, nicht gegenstandslos geworden (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 353, 359; MünchKomm/Wagner, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 15, § 3 ProdHaftG Rn. 3, 29; Staudinger/Oechsler, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 38 ff., § 3 ProdHaftG Rn. 1, 12, 103; Müller, aaO; Kullmann, aaO, § 3 Rn. 9 ff.). Auf sie nimmt das Produkthaftungsgesetz bei der Haftungsbegründung vielmehr Bezug (vgl. etwa für den Entwicklungsfehler § 1 Abs. 2 Nr. 5, für den Konstruktionsfehler § 1 Abs. 3 und für den Instruktionsfehler § 3 Abs. 1 lit. a ProdHaftG sowie Staudinger/Oechsler, aaO).

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

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2. Das Berufungsgericht wird in der neu eröffneten Instanz die weiteren Rügen der Nichtzulassungsbeschwerde und insbesondere zu berücksichtigen haben, dass im vorliegenden Fall Verletzungen des Klägers infolge des Unfalls (mehrfache Brüche, aber auch Prellungen beider Schultern) zwischen den Parteien unstreitig sind. Damit aber sind Primärverletzungen, für welche die haftungsbegründende Kausalität nach § 286 ZPO festzustellen ist, vorhanden. Der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall und den Rupturen der Rotatorenmanschetten kann auch dann nach dem Maßstab des § 287 Abs. 1 ZPO festzustellen sein, wenn sich der Tatrichter bezüglich der bei einem insgesamt zu ermittelnden Kausalverlauf möglichen Folgen eine Überzeugung bilden muss. Nur der Nachweis des Haftungsgrunds (die haftungsbegründende Kausalität ) unterliegt den strengen Anforderungen des § 286 ZPO. Die Anwendung des § 287 Abs. 1 ZPO ist nicht auf Folgeschäden einer einzelnen Verletzung (hier: der Schultern) beschränkt, sondern umfasst auch die neben der feststehenden Körperverletzung (hier: "Überwurf" des P. u.a. mit Becken- und Rippenbruch ) im Sinn des § 823 Abs. 1 BGB entstehenden weiteren Schäden aus derselben Schädigungsursache (vgl. Senat, BGHZ 58, 48, 55 f.; 60, 177, 183 f.; Urteile vom 2. Dezember 1975 - VI ZR 79/74 - VersR 1976, 435, 437; vom 21. Oktober 1986 - VI ZR 15/85 - VersR 1987, 310; vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - VersR 2003, 474, 475; vom 4. November 2003 - VI ZR 28/03 - VersR 2004, 118; vom 12. Februar 2008 - VI ZR 221/06 - VersR 2008, 644; vgl. OLG Saarbrücken, HVBG-Info 2006, 473 = juris Rn. 44).
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bb) Diese Ausführungen legen nahe, dass das Berufungsgericht die Anforderungen an die Überzeugungsbildung überspannt hat. Selbst nach dem strengen Maßstab des § 286 ZPO bedarf es keines naturwissenschaftlichen Kausalitätsnachweises und auch keiner "mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit" , vielmehr genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der verbleibenden Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 256; Senatsurteile vom 9. Mai 1989 - VI ZR 268/88, VersR 1989, 758, 759; vom 18. Januar 2000 - VI ZR 375/98, VersR 2000, 503, 505; und vom 12. Februar 2008 - VI ZR 221/06, VersR 2008, 644 Rn. 11). Für den Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität kann nach dem Beweismaß des § 287 ZPO eine überwiegende, Wahrscheinlichkeit genügen (Senatsurteil vom 12. Februar 2008 - VI ZR 221/06, VersR 2008, 644 Rn. 9 m.w.N.).
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Der Patient hat grundsätzlich den Ursachenzusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem geltend gemachten Gesundheitsschaden nachzuweisen. Dabei ist zwischen der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität zu unterscheiden. Erstere betrifft die Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für die Rechtsgutverletzung als solche, also für den Primärschaden des Patienten im Sinne einer Belastung seiner gesundheitlichen Befindlichkeit. Insoweit gilt das strenge Beweismaß des § 286 ZPO, das einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit verlangt (BGHZ 53, 245, 255 f.; Senatsurteile vom 9. Mai 1989 - VI ZR 268/88 - VersR 1989, 758, 759 und vom 18. Januar 2000 - VI ZR 375/98 - VersR 2000, 503, 505; BGH, Urteil vom 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91 - NJW 1993, 935, 937). Die Feststellung der haftungsausfüllenden Kausalität und damit der Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für alle weiteren (Folge-)Schäden einschließlich der Frage einer fehlerbedingten Verschlimmerung von Vorschäden richtet sich hingegen nach § 287 ZPO; hier kann zur Überzeugungsbildung eine überwie- gende Wahrscheinlichkeit genügen (Senatsurteile vom 24. Juni 1986 - VI ZR 21/85 - VersR 1986, 1121, 1122 f.; vom 21. Oktober 1987 - VI ZR 15/85 - VersR 1987, 310; vom 22. September 1992 - VI ZR 293/91 - VersR 1993, 55 f. und vom 21. Juli 1998 - VI ZR 15/98 - VersR 1998, 1153, 1154).

(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.

(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn

1.
er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat,
2.
nach den Umständen davon auszugehen ist, daß das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte,
3.
er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat,
4.
der Fehler darauf beruht, daß das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder
5.
der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.

(3) Die Ersatzpflicht des Herstellers eines Teilprodukts ist ferner ausgeschlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden.

(4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 179/04 Verkündet am:
14. Juni 2005
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Zur Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises für eine HIV-Infektion durch die Verabreichung
von Blutprodukten (im Anschluß an BGHZ 114, 284).

b) Zur Dokumentationspflicht und zur sekundären Darlegungslast des Verwenders
von Blutprodukten hinsichtlich der Chargennummer des verabreichten Produkts.

c) Ist eine Aufklärung über die Gefahr einer HIV-Infektion bei Verabreichung von Blutprodukten
nicht möglich, ist der Patient jedenfalls nachträglich über diese Gefahr
aufzuklären und ihm zu einem HIV-Test zu raten (nachträgliche Sicherungsaufklärung
).

d) Auch ein im Behandlungszeitpunkt noch nicht bekannter Ehepartner des Patienten
ist in den Schutzbereich der Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung über
die Gefahr einer transfusionsassoziierten HIV-Infektion einbezogen.
BGH, Urteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04 - OLG Koblenz
LG Trier
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Juni 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 7. Juni 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Der Streithelfer trägt seine Kosten selbst.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 127.823 € (250.000 DM) nebst Zinsen und die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige materielle Schäden wegen einer bei ihr festgestellten HIV-Infektion. Der Beklagte ist seit 1. Februar 1986 Träger des Krankenhauses W., das zuvor vom Streithelfer des Beklagten getragen worden war.
Die Klägerin ist seit 1988 mit M., einem ehemaligen Patienten des Beklagten , bekannt und seit dem 11. August 1994 mit ihm verheiratet. Dieser erhielt nach einem Motorradunfall am 29. Juni 1985 im Krankenhaus W. Frischblut von drei Spendern sowie mehrere aus Blutspenden hergestellte Produkte (Erythrozyten-Konzentrat, GFP, PPSB und Biseko). Er wurde nach seiner zunächst bis 24. Dezember 1985 dauernden stationären Behandlung noch bis 9. Oktober 1987 mehrfach stationär im Krankenhaus W. behandelt. Im Dezember 1997 wurden in einer Blutprobe von M. HIV-Antikörper festgestellt. Im Januar 1998 stellte sich heraus, daß auch die Klägerin HIVinfiziert ist. Sie erhält seit 1998 aus der Stiftung "Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen" eine Rente von 766,94 € (1.500 DM) monatlich. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben der Beklagte und sein Streithelfer die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Kausalzusammenhang zwischen der HIV-Infektion der Klägerin und der Behandlung ihres Ehemanns mit Blutprodukten im Jahre 1985. Es bestehe ein von dem Beklagten nicht entkräfteter
Beweis des ersten Anscheins dafür, daß der Ehemann der Klägerin damals mit HIV infiziert worden sei und den Virus auf die Klägerin übertragen habe. Die Eheleute hätten weder zu den HIV-gefährdeten Risikogruppen gehört noch seien sie durch die Art ihrer Lebensführung einer (gesteigerten) Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen. Die Lebenserfahrung spreche dafür, daß die verabreichten Blutprodukte als Infektionsquelle anzusehen seien. Außerdem sei davon auszugehen, daß zumindest das verabreichte Blutprodukt PPSB der B. AG HIV-kontaminiert gewesen sei. Da der Beklagte die Chargennummern des verwendeten Produktes im Rechtsstreit nicht angegeben habe, könne die Klägerin keine näheren Einzelheiten dazu vortragen, ob das PPSB auch aus Blut HIVinfizierter Spender gewonnen worden sei und ob weitere transfusionsassoziierte HIV-Infektionen Dritter bekannt geworden seien. Zu ihren Gunsten sei daher von einer Kontaminierung des Produkts auszugehen. Die Ärzte hätten die ihnen auch gegenüber der Klägeri n obliegenden Sorgfaltspflichten verletzt, weil sie trotz der vielen 1985 verabreichten Blutprodukte bei keinem der zahlreichen späteren Krankenhausaufenthalte ihren Ehemann auf die Möglichkeit einer HIV-Infektion hingewiesen und einen HIVTest angeraten hätten. Das Risiko einer transfusionsassoziierten HIV-Infektion sei Mitte 1985 hinreichend bekannt gewesen. Diese Hinweispflicht habe ihnen auch im Interesse der Klägerin oblegen, denn die behandelnden Ärzte hätten damit rechnen müssen, daß ihr Ehemann sich nach seiner Genesung eine Partnerin suchen und heiraten werde. Der Wechsel in der Trägerschaft des Krankenhauses sei unerheblich, da der Beklagte als neuer Träger bei Übernahme des Krankenhauses alle Verbindlichkeiten aus dem Betrieb übernommen habe.

II.

Die Revision des Beklagten und seines Streithelfers hat keinen Erfolg. 1. Ohne Rechtsfehler und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht die Infizierung der Klägerin mit dem HIV-Virus als tatbestandliche Gesundheitsverletzung im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB angesehen. Darunter fällt jedes Hervorrufen eines von den normalen körperlichen Funktionen nachteilig abweichenden Zustandes; unerheblich ist, ob Schmerzzustände auftreten , ob eine tiefgreifende Veränderung der Befindlichkeit eingetreten ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 284, 289 sowie BGHSt 36, 1, 6 f. und 36, 262, 265 - zu HIV; BGHZ 8, 243, 246 und BGH, Urteil vom 14. Dezember 1953 - III ZR 183/52 - VersR 1954, 116, 117, insoweit nicht in BGHZ 11, 227 - zu Lues) oder ob es zum Ausbruch der Immunschwächekrankheit AIDS gekommen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 284, 289; BGHSt 36, 1, 6). 2. Die Klägerin ist durch ihren Ehemann infiziert worden, der seinerseits im Krankenhaus des Beklagten durch die Gabe von Blutprodukten infiziert worden war.
a) Das Berufungsgericht hat - von der Revision nicht angegriffen - aufgrund Anscheinsbeweises festgestellt, daß der Ehemann den HIV-Virus an die Klägerin übertragen hat.
b) Der Ehemann der Klägerin ist im Krankenhaus des Beklagten infiziert worden. Das Berufungsgericht hat auch dies - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nach dem Beweis des ersten Anscheins ohne Rechtsfehler festgestellt. Die Einwendungen der Revision hiergegen haben keinen Erfolg.
aa) Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist. Ein solcher typischer Geschehensablauf kann anzunehmen sein, wenn die Kontaminierung eines verwendeten Blutprodukts feststeht und keine weiteren Ursachen außerhalb des Verantwortungsbereichs der Behandlungsseite für die der Kontaminierung entsprechende Erkrankung ersichtlich sind (vgl. Senatsurteile BGHZ 114, 290; vom 29. Juni 1982 - VI ZR 206/80 - VersR 1982, 972). Bei einer HIV-Infektion nach Bluttransfusion setzt das voraus , daß der Patient weder zu den HIV-gefährdeten Risikogruppen gehört noch durch die Art seiner Lebensführung einer gesteigerten Infektionsgefahr ausgesetzt ist, aber HIV-kontaminiertes Blut oder kontaminierte Blutprodukte erhalten hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 290; OLG Düsseldorf, NJW 1995, 3060; VersR 1996, 377, 378; VersR 1996, 1240; VersR 1998, 103; OLG Hamm, VersR 1995, 709; NJW-RR 1997, 217, 218; OLG Karlsruhe, OLGR 2002, 170; s.a. im Zusammenhang mit einer Hepatitis-Infektion OLG Brandenburg, NJW 2000, 1500; OLG Celle, NJW-RR 1997, 1456; LG Nürnberg-Fürth, VersR 1998, 461 mit Anm. Bender; MüKo-BGB/Wagner, 4. Aufl., § 823 Rn. 731; Hecker/ Weimann, VersR 1997, 532, 534; a.A. OLG Koblenz, NJW-RR 1998, 167, 168). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht für den Ehemann der Klägerin bejaht. (1) Die erste Voraussetzung für die Anwendung des Anscheinsbeweises, daß der Patient weder zu den HIV-gefährdeten Risikogruppen gehörte noch durch die Art seiner Lebensführung einer gesteigerten Infektionsgefahr ausgesetzt war, hat das Berufungsgericht für den Ehemann der Klägerin festgestellt. Die Revision beanstandet das nicht. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.
(2) Das Berufungsgericht hat auch eine Kontaminierung des verabreichten PPSB festgestellt. Das begegnet aus Rechtsgründen keinen Bedenken. (a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Ärzte des Krankenhauses W. lediglich eine trockenhitzeinaktivierte, nicht pasteurisierte und damit potentiell infektiöse PPSB-Charge verwendet, die HIV-kontaminiert gewesen war. Die entsprechende Behauptung der Klägerin hat das Oberlandesgericht mangels substantiierten Bestreitens des Beklagten als unstreitig angesehen. Das ist nach Lage des Falles unter den gegebenen Umständen aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Die Klägerin hatte vorgetragen, die ihrem Ehemann verabreichte Charge PPSB sei HIV-kontaminiert gewesen. Das hatte der Beklagte nicht "substantiiert" und damit nicht ausreichend bestritten. Nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO hat eine Partei, soll ihr Vortrag beachtlich sein, auf Behauptungen des Prozeßgegners substantiiert, d.h. mit näheren Angaben zu erwidern. Eine solche Pflicht besteht zwar nicht schlechthin. Sie ist aber nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast dann zu bejahen, wenn der Beklagte - wie hier - alle wesentlichen Tatsachen kennt oder kennen muß und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. Senatsurteile BGHZ 100, 190, 196; vom 12. Juli 1983 - VI ZR 280/81 - VersR 1983, 1035, 1037 und vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97 - VersR 1999, 774, 775). Nach diesen Grundsätzen hätte der Beklagte zumindest die Nummer der verabreichten Charge näher darlegen müssen, damit die Klägerin Indizien vortragen konnte, aus denen sich eine Kontamination dieser dem Ehemann der Klägerin verabreichten Charge PPSB ergeben hätte. Der Beklagte hat hierzu jedoch nichts im einzelnen dargelegt und insbesondere auch nicht vorgetragen, daß und weshalb ihm die Angabe der Chargennummer, welche Klarheit über
die Frage des Herstellungsdatums und damit die Art der Virusinaktivierung gebracht hätte, unzumutbar oder unmöglich gewesen wäre. Angesichts der Patientenunterlagen und der nach dem Vortrag des Beklagten bestehenden Möglichkeit , aus den Apothekerunterlagen die Chargennummern der verabreichten anderen Blutprodukte vorzutragen, genügte es nicht, wenn der Beklagte sich darauf beschränkte, bei einer Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren für Daten sei es nicht verwunderlich, daß der Fall heute nicht mehr komplett nachvollzogen werden könne. Vielmehr hätte er vortragen müssen, aus welchen Gründen ihm die vom Berufungsgericht für erforderlich gehaltene Darlegung nicht möglich sei. Die Klägerin konnte die von ihr benötigten Informationen zu den Chargen nicht auf anderem Wege - insbesondere nicht aus den Patientenunterlagen ihres Ehemannes, die diese Angaben nicht enthalten - ermitteln und hatte daher ausreichend vorgetragen. (b) Die Einwendungen der Revision hiergegen greifen nicht durch. Zwar weist sie zu Recht darauf hin, daß Voraussetzung der "sekundären Darlegungslast" des Beklagten die Zumutbarkeit näherer Angaben ist. Auch mögen nähere Angaben zur HIV-Infektion der Charge dem Beklagten nicht ohne weiteres möglich gewesen sein, weil dieser das Blutprodukt nicht selbst hergestellt hat und deshalb auch nicht gehalten war, dessen Herstellung zu überwachen. Das Berufungsgericht hat jedoch im Rahmen der sekundären Darlegungslast des Beklagten lediglich die Angabe der Chargennummern, nicht nähere Angaben zu den Spendern verlangt. Die Chargennummern waren dokumentationspflichtig. Das ergibt schon ein Rückschluß aus der ausdrücklich als deklaratorisch bezeichneten Äußerung des Vorstandes der Bundesärztekammer vom 15. Oktober 1993, nach der die Pflicht des Arztes zur ordnungsgemäßen Dokumentation (vgl. Rat-
zel/Lippert, Kommentar zur Musterberufsordnung der deutschen Ärzte (MBO), 3. Aufl., § 10 Rn. 4) auch die Dokumentation der Chargennummern von Blutzubereitungen umfasse, weil dies Voraussetzung sei, Blutzubereitungen zum Empfänger später sicher zurückverfolgen zu können (AIDS-Forschung [AIFO] 1994, 39, 41). Anhaltspunkte dafür, daß eine solche Dokumentationspflicht 1985 noch nicht bestanden hätte, sind nicht ersichtlich und von der Revision auch nicht dargelegt. Die Revision meint, Rückfragen bei der B. AG und Vortrag hinsichtlich der HIV-Kontaminierung von PPSB-Produkten seien der Klägerin auch ohne die Chargennummern möglich gewesen. Deswegen müsse der Grundsatz gelten , daß keine Partei gehalten sei, dem Gegner für seinen Prozeßsieg das Material zu verschaffen, über das er nicht schon von sich aus verfüge (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1958 - II ZR 66/57 - WM 1958, 961, 962; Urteil vom 11. Juni 1990 - II ZR 159/89 - VersR 1990, 1254, 1255). Das geht fehl. Ungeachtet der Frage, ob es der Klägerin zumutbar und möglich gewesen wäre, ohne Eingrenzung auf eine bestimmte Charge von der B. AG Informationen über Fälle von HIV-Infizierung in allen Chargen von 1984 zu erlangen, hätte sie ihren Vortrag durch Anfrage ohne die Chargennummer nicht ausreichend substantiieren können. Ohne Zuordnung zu einer bestimmten Charge ist nämlich der Vortrag, daß 1984 bei B. AG infizierte PPSB-Produkte im Umlauf waren, nicht geeignet, die primär der Klägerin obliegende Darlegungslast zur Kontaminierung des bei ihrem Ehemann verwendeten Blutproduktes zu erfüllen. Für einen substantiierten Vortrag auch hinsichtlich der HIV-Kontaminierung benötigte die Klägerin die Chargennummer, zu deren Offenbarung der Beklagte - wie ausgeführt - prozeßrechtlich verpflichtet war.
Der Meinung der Revision, auch die Angabe der Chargennummer hätte der Klägerin keine näheren Angaben über die Spender ermöglicht, da wegen der Poolung der Humanplasmen bei der Herstellung des PPSB die Spenderdaten bereits nicht ermittelbar gewesen seien und zumindest wegen der abgelaufenen Zeit für die Aufbewahrung von Krankenunterlagen die Spenderdaten nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten, vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar ist es richtig, daß die Geständnisfiktion des § 138 Abs. 2, 3 ZPO nicht dazu dient, der Klägerin über Beweisschwierigkeiten hinwegzuhelfen, die sie auch gehabt hätte, wäre der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen. Der Beklagte hat jedoch die Chargennummer nicht vorgetragen, die für eine Darlegung der Kontaminierung seitens der Klägerin erforderlich gewesen wäre. Die Angabe von Spenderdaten war dagegen nicht zwingend erforderlich, um den Nachweis der Kontaminierung einer Charge zu ermöglichen. bb) Das Berufungsgericht hat - von der Revision unbeanstandet - festgestellt , daß aufgrund des bei der Erstvorstellung des Ehemanns der Klägerin in der Universitätsklinik F. im Jahre 1998 nachgewiesenen deutlichen Immundefekts und des mäßiggradig erhöhten Virussloads ein länger zurückliegender Infektionszeitpunkt von etwa zehn Jahren sehr wahrscheinlich ist und deshalb für M. andere Infektionsquellen als die 1985 verabreichten Blutprodukte ausscheiden. Der hiernach vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejahte Anscheinsbeweis wird durch die Ausführungen der Revision zu einem anderen möglichen Infektionsweg nicht erschüttert. Hierzu hätte es der konkreten Darlegung einer anderen Infektionsquelle, nicht nur einer theoretisch möglichen anderen Ursache bedurft (vgl. Senatsurteil vom 4. März 1997 - VI ZR 51/96 - VersR 1997, 835, 836; BGHZ 11, 227, 230 f.). Daß auch das verabreichte Biseko kontaminiert gewesen sein konnte, läßt die Haftung des Beklagten we-
gen der Verabreichung von kontaminiertem PPSB nicht entfallen. Soweit die Revision eine Infektionsmöglichkeit bei der Notarztbehandlung behauptet, fehlt es an jeglichem Vortrag dazu, aufgrund welcher tatsächlichen Anhaltspunkte es hier zu einer HIV-Infektion gekommen sein könnte. 3. Ohne Fehler hat das Berufungsgericht auch eine Pflicht der Ärzte des Beklagten bejaht, den Ehemann der Klägerin angesichts der zahlreichen Bluttransfusionen auf die Möglichkeit einer HIV-Infektion hinzuweisen und zu einem HIV-Test zu raten (nachträgliche Sicherungsaufklärung), was ihnen anläßlich seiner weiteren Krankenhausaufenthalte unschwer möglich gewesen wäre.
a) Eine Aufklärungspflicht über die Gefahren der Verabreichung von Blutprodukten entspricht den vom erkennenden Senat bereits früher aufgestellten Anforderungen an die Risikoaufklärung bei Bluttransfusionen (vgl. BGHZ 116, 379, 382 ff.). Die Aufklärungspflicht setzte keine sichere Kenntnis in Fachkreisen davon voraus, daß HIV-Infektionen transfusionsassoziiert auftraten; angesichts der erheblichen Beeinträchtigungen, die mit einer HIV-Infektion/AIDSErkrankung einhergehen, genügte für das Entstehen einer Aufklärungspflicht schon die ernsthafte Möglichkeit der Gefahr (vgl. Senatsurteil vom 21. November 1995 - VI ZR 329/94 - VersR 1996, 233). Daß 1985 die Möglichkeit transfusionsassoziierter HIV-Infektionen in Fachkreisen ernsthaft (wenn auch "zurückhaltend") diskutiert wurde, zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Ist eine präoperative Aufklärung wegen der Notfallbehandlung oder Unansprechbarkeit des schwer verunfallten Patienten - wie hier - nicht möglich, wandelt sich die Aufklärungsverpflichtung des Arztes gegenüber dem Patienten jedenfalls bei für den Patienten und dessen Kontaktpersonen lebensgefährli-
chen Risiken zu einer Pflicht zur alsbaldigen nachträglichen Selbstbestimmungs - und Sicherungsaufklärung. Dies liegt in der in ständiger Rechtsprechung angenommenen Pflicht von Ärzten und Krankenhausträg ern begründet, die höchstmögliche Sorgfalt anzuwenden, damit der Patient durch eine Behandlung nicht geschädigt wird. Im hier zu entscheidenden Fall kam die Pflicht hinzu dafür Sorge zu tragen, daß sich eine gefährliche Infektion nicht verbreitet (vgl. jetzt §§ 6, 7 Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen - Infektionsschutzgesetz - vom 20. Juli 2000 - BGBl. I S. 1045 ff.; Senatsurteil vom 10. November 1970 - VI ZR 83/69 - VersR 1971, 227, 229; BGHZ 126, 386, 388 ff.; schon RG HRR 1932 Nr. 1828; Deutsch, Rechtsprobleme von AIDS, 1988, 15).
b) Entgegen der Ansicht der Revision ist im vorliegenden Fall auch nicht entscheidend, ob es eine standesrechtliche Verpflichtung für Ärzte gab, die Empfänger von Blutprodukten nachträglich zu ermitteln und sie zu einem Test zu bewegen. Der Ehemann der Klägerin war fortlaufend in Behandlung der Ärzte des Beklagten, die bei den Folgebehandlungen im Besitz der vollständigen Krankenunterlagen waren und wußten, daß ihm im Krankenhaus des Beklagten zahlreiche Blutprodukte verabreicht worden waren. Die Frage der Nachermittlung ehemaliger Empfänger stellte sich hier deshalb nicht.
c) Das Berufungsgericht hat entgegen der Rüge der Revision das Fehlen ärztlicher Richtlinien zur Frage der Sicherungsaufklärung gesehen und als nicht erheblich bewertet. Es ist unter Auswertung der Ausführungen des Sachverständigen und der von diesem ausgewerteten Literatur zu der Überzeugung gelangt, daß bereits im Jahre 1985 das Risiko einer transfusionsassoziierten HIV-Übertragung bekannt war, und hat daraus den Schluß gezogen, unabhängig von der Existenz standesrechtlicher Richtlinien sei der Patient über dieses
Risiko zumindest nachträglich zu informieren gewesen. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Revision unter Hinweis auf fehlende Richtlinien zur Aufklärung und die vom Streithelfer eingereichte Bekanntmachung des Bundesgesundheitsamtes vom 6. Juni 1988 über die in Fachkreisen noch 1988 bestehende Unklarheit über die Sicherheit hinsichtlich des Risikos einer HIVInfektion bei der Anwendung von Blut oder Blutkonserven das Ergebnis des Berufungsgerichtes angreift, setzt sie ihre Beweiswürdigung an die Stelle der des Berufungsgerichtes. Das ist ihr verwehrt (§ 559 Abs. 2 ZPO). Im übrigen hat der Sachverständige hierzu ausgeführt, daß die von der Revision erwähnte Unklarheit nicht den Übertragungsweg des HIV-Erregers über die Transfusion, sondern die Virus-Sicherheit der Blutprodukte trotz entsprechender Testung betraf. Gegen die Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung spricht auch nicht das Fehlen von Richtlinien, da die Formulierung von Richtlinien notwendigerweise dem tatsächlichen Erkenntnisstand hinterherhinken muß (vgl. LG Hannover, NJW 1997, 2455, 2456). Fehler des Berufungsgerichts in der umfassenden und widerspruchsfreien Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Verhandlungen und den Beweisergebnissen oder Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze sind nicht erkennbar.
d) Das Berufungsgericht hat auch nicht gegen § 412 Abs. 1 ZPO verstoßen. Entgegen der Auffassung der Revision durfte es die Ausführungen des Sachverständigen Br. seiner Überzeugungsbildung zugrundelegen und war nicht gehalten, ein weiteres Gutachten eines Unfallchirurgen oder Transfusionsmediziners einzuholen. Ermessensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor.
Die Einwendungen der Revision gegen die Sachkunde des Sachverständigen haben keinen Erfolg. Zwar ist der Sachverständige selbst nicht Arzt, sondern Diplom-Biologe; er verfügte aber aus seiner Tätigkeit im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, das als Nachfolger des Bundesgesundheitsamts - der zentralen Anlaufstelle für das Problem der HIV-Infektionen in den achtziger Jahren - dessen Aktenbestand verwaltet (vgl. § 2 Abs. 3 Gesetz über die Nachfolgeeinrichtungen des Bundesgesundheitsamts vom 24. Juni 1994 - BGBl. I S. 1416), über die erforderliche Sachkunde hinsichtlich der 1985 aufgrund der Veröffentlichungen des Bundesgesundheitsamts zur Verfügung stehenden Informationen über transfusionsassoziierte HIV-Infektionen. Zu klären war der allgemein bzw. in der Fachpresse allen Ärzte n zugängliche Informationsstand über derartige Infektionswege. Maßgeblich war nicht die Sicht eines 1985 "in einem ländlichen Krankenhaus tätigen Unfallchirurgen", wie die Revision meint; entscheidend waren vielmehr die für Ärzte 1985 allgemein gegebenen Informationsmöglichkeiten, die der Sachverständige dargestellt hat. Daß den Ärzten des Beklagten diese Informationsmöglichkeit en nicht zur Verfügung gestanden oder daß sich aus deren Informationsmöglichkeiten andere Erkenntnisse ergeben hätten, ist nicht ersichtlich und wird von der Revision nicht vorgetragen. Ebensowenig hat die Revision Vortrag vor dem Tatrichter dazu aufgezeigt , daß ein Sachverständiger für Unfallchirurgie oder Transfusionsmedizin über überlegene Forschungsmittel oder neuere Erkenntnisse verfügt hätte, die das Berufungsgericht hätte in Anspruch nehmen müssen (vgl. Senatsurteile vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 - VersR 1980, 533 und vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98 - VersR 1999, 716, 717 f.).
4. Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner nicht nur den behandelten Patienten, sondern auch dessen zum Behandlungszeitpunkt noch nicht bekannten Ehepartner in den Schutzbereich der Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung über die Gefahr einer transfusionsassoziierten HIV-Infektion einbezogen.
a) Die gegenteilige Auffassung - insbesondere der vom Streithelfer für den Beklagten geführten Revision - wird nicht von der an sich zutreffenden Erkenntnis getragen, daß es sich bei den Ersatzansprüchen Dritter im Rahmen der §§ 844, 845 BGB um Ausnahmevorschriften handelt, deren Anwendungsbereich regelmäßig nicht auszudehnen ist. Der erkennende Senat hat bereits ausgeführt, daß es für den Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB unerheblich ist, daß der unmittelbare Schaden des Dritten durch die Verletzung einer anderen Person vermittelt worden ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 56, 163, 169). Der Grundsatz , daß für mittelbare Schäden außerhalb der §§ 844, 845 BGB deliktisch nicht gehaftet wird, gilt nur für Vermögensschäden, die aus der Verletzung eines Rechtsguts des Primärgeschädigten bei Dritten hervorgehen. Er beansprucht dagegen keine Geltung, wenn der Geschädigte - wie hier - einen Schaden erleidet, der in der Verletzung eines eigenen Rechtsguts des § 823 Abs. 1 BGB besteht und für den der Schädiger im Rahmen des Zurechnungszusammenhanges zu haften hat (vgl. von Gerlach, Festschrift für Steffen, 1995, 147, 150).
b) Soweit die Auffassung vertreten wird, es bedürfe einer personalen Sonderbeziehung um eine uferlose Ausweitung des Kreises der Ersatzberechtigten zu verhindern (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 1994, 44), sind diese Erwägungen ersichtlich im Rahmen des Schockschadens, also eines psychisch vermittelten Schadens angestellt worden (vgl. RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl.,
§ 823 Rn. 11; Soergel/Zeuner, BGB, 12. Aufl., § 823 Rn. 27). Bei derartigen Schadensfällen dient die enge personale Verbundenheit dazu, den Kreis derer zu beschreiben, die den Integritätsverlust des Opfers als Beeinträchtigung der eigenen Integrität und nicht als "normales" Lebensrisiko der Teilnahme an den Ereignissen der Umwelt empfinden. Dieser Gesichtspunkt hat keine Berechtigung in Fällen wie dem vorliegenden. Hier stehen im Vordergrund die besonderen Gefahren einer Infektion mit HIV nicht nur für den primär Infizierten, sondern - ähnlich wie bei einer Seuche wie Cholera - gerade auch für Dritte. Ebenso wie in BGHZ 114, 284 ff. nötigt die vorliegende Fallgestaltung nicht zur Entscheidung der Frage, ob jeder Dritte in den Schutzbereich der Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung fällt (vgl. BGHZ 126, 386, 393; von Gerlach aaO 154; weitergehend Staudinger/Hager, BGB, 13. Bearbeitung, § 823, Rn. B 24 f.). Jedenfalls der Ehepartner oder ein ständiger Lebensgefährte des Patienten muß in den Schutzbereich der Sicherungsaufklärung einbezogen sein (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 284, 290). Das ist vom haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang her geboten, zumal mit einer HIV-Infektion Lebensgefahr verbunden ist. Bei dieser Erkrankung trägt die Behandlungsseite in besonderem Maße Verantwortung dafür, eine Verbreitung der lebensgefährlichen Infektion möglichst zu verhindern. Hinzu kommt, daß die Ärzte des Beklagten während einer der zahlreichen stationären Nachbehandlungen mit einem einfachen Hinweis an den Ehemann der Klägerin diesen zu einem Test hätten veranlassen und so die Gefahr einer Verbreitung der Infektion unschwer hätten verringern können. 5. Das Berufungsgericht ist - von der Revision nicht beanstandet und ohne Rechtsfehler - davon ausgegangen, daß im hier zu entscheidenden Fall der Wechsel in der Trägerschaft des Krankenhauses vom Streithelfer auf den Beklagten nicht entscheidungserheblich ist. Die Frage bedarf deshalb keiner
näheren Ausführungen, zumal der zweite Krankenhausaufenthalt des Ehemanns der Klägerin zwar noch unter der Trägerschaft des Streithelfers begann, aber erst unter der Trägerschaft des Beklagten endete. 6. Das Berufungsgericht hat schließlich eine Kürzung der Ansprüche der Klägerin nach den Grundsätzen der gestörten Gesamtschuld im Ergebnis zutreffend verneint. Es kann dahinstehen, ob diese Grundsätze vorliegend überhaupt eingreifen könnten, weil es - anders als in den bisher vom erkennenden Senat entschiedenen Fällen - nicht um ein sozialversicherungsrechtliches Haftungsprivileg geht (vgl. Senatsurteile BGHZ 61, 51, 55; vom 17. Februar 1987 - VI ZR 81/86 - NJW 1987, 2669, 2670; vom 24. Juni 2003 - VI ZR 434/01 - VersR 2003, 1260, 1261 f.; vom 11. November 2003 - VI ZR 13/03 - VersR 2004, 202; vom 14. Juni 2005 - VI ZR 25/04 - z.V.b.; vgl. allerdings auch Senatsurteil vom 23. April 1985 - VI ZR 91/83 - VersR 1985, 763). Die Anwendung dieser Grundsätze würde jedenfalls voraussetzen, daß zwischen dem Beklagten und einem anderen Schädiger ein Gesamtschuldverhältnis im Sinne von §§ 421, 840 Abs. 1 BGB besteht. Hiervon kann nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts indes nicht ausgegangen werden. Zwar müßte entgegen seiner Auffassung eine Haftung der B. AG nicht an der Kausalität scheitern, von der das Berufungsgericht selbst ausgegangen ist. Indessen fehlt es nach seinen tatsächlichen Feststellungen an dem für die Annahme eines Gesamtschuldverhältnisses im Sinne des § 840 BGB erforderlichen Verschulden der B. AG bei der Herstellung des kontaminierten Blutprodukts. Erst die Erkennbarkeit eines Risikos kann Verpflichtungen des Herstellers im Sinne der Produktsicherung oder der Gefahrenabwehr auslösen. Eine nicht bekannte Entwicklungsgefahr geht im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB nicht zu Lasten des Herstellers, weil dieser nicht für unbekannte Entwicklungsfehler haftet (vgl. Kullmann/Pfister, Produzentenhaftung, Kza 1526, S. 28 zu FN 145; Kuchinke
in: Festschrift für Laufke, 1971, S. 126; vgl. LG Bonn, AIFO 1994, 419 ff. zur Produzentenhaftung bei Herstellung von PPSB). Bei dieser Sachlage kann eine Verschuldenshaftung für Virusinfektionen durch Blutprodukte erst einsetzen, wenn der Virus erkennbar war und Möglichkeiten zu seiner Abtötung gegeben waren (vgl. Deutsch, VersR 1997, 905, 908; Reinelt, VersR 1990, 565, 571). Das Berufungsgericht hat hierzu revisionsrechtlich bindend festgestellt, daß hinreichend sichere Testverfahren zur Feststellung des Virus erst im Herbst 1985 zur Verfügung standen. Daß die B. AG das 1985 bei der Herstellung von
PPSB verwandte Pasteurisierungsverfahren schon 1984 hätte anwenden müssen , kann hiernach nicht angenommen werden. Die Revision legt auch nicht dar, daß das Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerhaft Vortrag des Beklagten oder des Streithelfers zum Verschulden der B. AG übergangen hätte.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.

(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn

1.
er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat,
2.
nach den Umständen davon auszugehen ist, daß das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte,
3.
er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat,
4.
der Fehler darauf beruht, daß das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder
5.
der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.

(3) Die Ersatzpflicht des Herstellers eines Teilprodukts ist ferner ausgeschlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden.

(4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast.

12
a) Gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, sowie des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde (vgl. § 3 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ProdHaftG), berechtigterweise erwartet werden kann. Abzustellen ist dabei nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - VersR 2009, 649 f. m.w.N.; OLG Köln, VersR 2007, 1003; OLG Schleswig, NJW-RR 2008, 691, 692; Palandt/Sprau aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Kullmann, ProdHaftG, 5. Aufl., § 3 Rn. 4 ff.). Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen beurteilen sich grundsätzlich nach denselben objektiven Maßstäben wie die Verkehrspflichten des Herstellers im Rahmen der deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - aaO; BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Staudinger/Oechsler, BGB (2009), Einl. ProdHaftG Rn. 33, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19; Müller, VersR 2004, 1073, 1074). Der im Rahmen der deliktischen Produkthaftung entwickelte Fehlerbegriff sollte durch das Produkthaftungsgesetz keine Änderung erfahren (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO; Staudinger /Oechsler, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19, 103). Dementsprechend ist auch die Unterscheidung von Fabrikations-, Konstruktions- und Instruktionsfehlern, die im Rahmen der deliktischen Produkthaftung der Kategorisierung der konkreten Verkehrspflichten dient, nicht gegenstandslos geworden (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 353, 359; MünchKomm/Wagner, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 15, § 3 ProdHaftG Rn. 3, 29; Staudinger/Oechsler, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 38 ff., § 3 ProdHaftG Rn. 1, 12, 103; Müller, aaO; Kullmann, aaO, § 3 Rn. 9 ff.). Auf sie nimmt das Produkthaftungsgesetz bei der Haftungsbegründung vielmehr Bezug (vgl. etwa für den Entwicklungsfehler § 1 Abs. 2 Nr. 5, für den Konstruktionsfehler § 1 Abs. 3 und für den Instruktionsfehler § 3 Abs. 1 lit. a ProdHaftG sowie Staudinger/Oechsler, aaO).

(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.

(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn

1.
er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat,
2.
nach den Umständen davon auszugehen ist, daß das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte,
3.
er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat,
4.
der Fehler darauf beruht, daß das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder
5.
der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.

(3) Die Ersatzpflicht des Herstellers eines Teilprodukts ist ferner ausgeschlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden.

(4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast.

12
a) Gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, sowie des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde (vgl. § 3 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ProdHaftG), berechtigterweise erwartet werden kann. Abzustellen ist dabei nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - VersR 2009, 649 f. m.w.N.; OLG Köln, VersR 2007, 1003; OLG Schleswig, NJW-RR 2008, 691, 692; Palandt/Sprau aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Kullmann, ProdHaftG, 5. Aufl., § 3 Rn. 4 ff.). Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen beurteilen sich grundsätzlich nach denselben objektiven Maßstäben wie die Verkehrspflichten des Herstellers im Rahmen der deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - aaO; BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Staudinger/Oechsler, BGB (2009), Einl. ProdHaftG Rn. 33, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19; Müller, VersR 2004, 1073, 1074). Der im Rahmen der deliktischen Produkthaftung entwickelte Fehlerbegriff sollte durch das Produkthaftungsgesetz keine Änderung erfahren (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO; Staudinger /Oechsler, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19, 103). Dementsprechend ist auch die Unterscheidung von Fabrikations-, Konstruktions- und Instruktionsfehlern, die im Rahmen der deliktischen Produkthaftung der Kategorisierung der konkreten Verkehrspflichten dient, nicht gegenstandslos geworden (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 353, 359; MünchKomm/Wagner, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 15, § 3 ProdHaftG Rn. 3, 29; Staudinger/Oechsler, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 38 ff., § 3 ProdHaftG Rn. 1, 12, 103; Müller, aaO; Kullmann, aaO, § 3 Rn. 9 ff.). Auf sie nimmt das Produkthaftungsgesetz bei der Haftungsbegründung vielmehr Bezug (vgl. etwa für den Entwicklungsfehler § 1 Abs. 2 Nr. 5, für den Konstruktionsfehler § 1 Abs. 3 und für den Instruktionsfehler § 3 Abs. 1 lit. a ProdHaftG sowie Staudinger/Oechsler, aaO).

(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.

(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn

1.
er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat,
2.
nach den Umständen davon auszugehen ist, daß das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte,
3.
er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat,
4.
der Fehler darauf beruht, daß das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder
5.
der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.

(3) Die Ersatzpflicht des Herstellers eines Teilprodukts ist ferner ausgeschlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden.

(4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast.

12
a) Gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, sowie des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde (vgl. § 3 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ProdHaftG), berechtigterweise erwartet werden kann. Abzustellen ist dabei nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - VersR 2009, 649 f. m.w.N.; OLG Köln, VersR 2007, 1003; OLG Schleswig, NJW-RR 2008, 691, 692; Palandt/Sprau aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Kullmann, ProdHaftG, 5. Aufl., § 3 Rn. 4 ff.). Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen beurteilen sich grundsätzlich nach denselben objektiven Maßstäben wie die Verkehrspflichten des Herstellers im Rahmen der deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - aaO; BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Staudinger/Oechsler, BGB (2009), Einl. ProdHaftG Rn. 33, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19; Müller, VersR 2004, 1073, 1074). Der im Rahmen der deliktischen Produkthaftung entwickelte Fehlerbegriff sollte durch das Produkthaftungsgesetz keine Änderung erfahren (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO; Staudinger /Oechsler, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19, 103). Dementsprechend ist auch die Unterscheidung von Fabrikations-, Konstruktions- und Instruktionsfehlern, die im Rahmen der deliktischen Produkthaftung der Kategorisierung der konkreten Verkehrspflichten dient, nicht gegenstandslos geworden (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 353, 359; MünchKomm/Wagner, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 15, § 3 ProdHaftG Rn. 3, 29; Staudinger/Oechsler, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 38 ff., § 3 ProdHaftG Rn. 1, 12, 103; Müller, aaO; Kullmann, aaO, § 3 Rn. 9 ff.). Auf sie nimmt das Produkthaftungsgesetz bei der Haftungsbegründung vielmehr Bezug (vgl. etwa für den Entwicklungsfehler § 1 Abs. 2 Nr. 5, für den Konstruktionsfehler § 1 Abs. 3 und für den Instruktionsfehler § 3 Abs. 1 lit. a ProdHaftG sowie Staudinger/Oechsler, aaO).

(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.

(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn

1.
er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat,
2.
nach den Umständen davon auszugehen ist, daß das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte,
3.
er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat,
4.
der Fehler darauf beruht, daß das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder
5.
der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.

(3) Die Ersatzpflicht des Herstellers eines Teilprodukts ist ferner ausgeschlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden.

(4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast.

10
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Allein der Umstand, dass der vom Berufungsgericht angenommene Produktfehler - die Möglichkeit einer Explosion des Geräts aufgrund zu geringen Füllstands - weder anlässlich der Sicherheitsüberprüfung zwecks Zuerkennung des GS-Zeichens noch bei der stichprobenartigen Qualitätskontrolle entdeckt wurde, besagt nicht, dass die potenzielle Gefährlichkeit des Produkts unter Zugrundelegung des im Zeitpunkt seiner Inverkehrgabe objektiv zugänglichen Gefahrenwissens nicht hätte erkannt werden können (vgl. Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl., § 1 Rn. 65).

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Tenor

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 79.929,09 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Trägerin der orthopädischen Klinik B. ..., den Chefarzt der orthopädischen Abteilung als Operateur sowie die an der streitgegenständlichen Operation beteiligten Assistenten auf Schadensersatz in Anspruch, weil bei einer am 11.04.2011 durchgeführten Hüftprothesen - Wechseloperation Behandlungsfehler unterlaufen seien und es auch an der erforderlichen Risikoaufklärung gefehlt habe.

Die Klägerin hatte etwa 10 Jahre vor dem streitgegenständlichen Eingriff linksseitig ein künstliches Hüftgelenk (Totalendoprothese) erhalten; etwa 1 1/2 Jahre vor dem streitgegenständlichen Eingriff war entweder das rechte Hüftgelenk ebenfalls durch eine Prothese ersetzt worden oder es war dort ein Prothesenwechsel erfolgt.

Im März 2011 stellte sich die Klägerin dem Chefarzt der orthopädischen Abteilung der Beklagten zu 1), dem Beklagten zu 2), vor, weil sie seit geraumer Zeit unter Beschwerden im Bereich der linken Hüfte litt; eine klinische Untersuchung ergab zwar eine gute Beweglichkeit ohne wesentliche Schmerzhaftigkeit, jedoch wurde durch Röntgenaufnahmen eine Dezentrierung des Femurkopfes in der Pfanne im Sinne einer Polyäthylenabrieberkrankung festgestellt, weshalb der Klägerin eine Prothesenwechseloperation empfohlen wurde. In dem mit dem Beklagten zu 2) geführten Vorgespräch war allerdings nur von einem Wechsel des Hüftkopfes die Rede. Da die Klägerin unter einer endgradigen Fußheberschwäche rechts litt (möglicherweise aufgrund eines Bandscheibenvorfalles), sprach sie gegenüber dem Beklagten zu 2) die Möglichkeit einer Nervschädigung bei dem beabsichtigten Eingriff an, wurde aber vom Beklagten zu 2) dahin beruhigt, dass die betreffenden Nerven nicht im Operationsgebiet lägen und deshalb nicht gefährdet seien. Am 08.04.2011 erteilte die Klägerin schriftlich ihre Einwilligung in die für den 11.04.2011 vorgesehene Operation auf einem standardisierten Aufklärungsbogen für den „Wechsel einer Hüftgelenkendoprothese“. Dieser Aufklärungsbogen enthält eine Aufzählung möglicher Komplikationen; genannt werden auch „sehr selten Nervenverletzungen, die trotz operativer Behandlung (Nervennaht) dauerhafte Störungen wie z. B. eine Teillähmung des Beines verursachen können“. Das Aufklärungsgespräch, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, wurde vom Beklagten zu 4) geführt. Dieser vermerkte handschriftlich in dem für „ärztliche Anmerkungen zum Aufklärungsgespräch“ vorgesehenen Feld auf der letzten Seite des insgesamt 5 Seiten umfassenden Bogens „Vorgehen nach Befund“, „BLD (Anmerkung des Senats: Beinlängendifferenz)“, „Beschwerdepersistenz“, „Infektion, Wundheilungsstörung“, „Materialbruch“, „Schmerzen“.

Der Eingriff wurde plangemäß am 11.04.2011 vom Beklagten zu 2) als verantwortlichem Operateur unter Mitwirkung der Beklagten zu 3) und zu 4) als Assistenten ausgeführt. Intraoperativ zeigte sich, dass es bereits zu einem Metallabrieb im künstlichen Hüftgelenk gekommen war und dass die (mit Schrauben fixierte) Pfanne eine Instabilität im Sinne einer aseptischen Lockerung zeigte. Deshalb wurde nach entsprechendem Auffräsen des Pfannensitzes eine neue Hüftgelenkspfanne (Größe 52) eingeschlagen; weil der Operateur einen festen Sitz feststellte, verzichtete er auf eine zusätzliche Befestigung mittels Schrauben. Des Weiteren wurde der Aufsteckkopf der Femurkopfprothese ausgewechselt. Der Eingriff verlief ohne intraoperativ wahrgenommene Komplikationen, wurde allerdings als „sehr aufwendig“ bezeichnet. Unmittelbar postoperativ fiel bei der Klägerin eine Fußheber- und Kniestreckerschwäche links auf, weshalb der Verdacht einer Neuropraxie der Nervi femoralis und ischiadicus geäußert wurde. Die deswegen geplante neurologische Konsiliaruntersuchung wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, weil bei der Klägerin spätestens am 15.04.2011 erhebliche Schmerzen in dem operierten Bein auftraten, am 16.04.2011 eine Beinlängenverkürzung auffiel und bei einer daraufhin durchgeführte Röntgenuntersuchung eine Dislokation des künstlichen Hüftgelenkes festgestellt wurde, woraufhin die Klägerin, ihrem Wunsch entsprechend, zur Durchführung der nun erforderlichen Revisionsoperation in das Krankenhaus F. ... verlegt wurde, wo am 17.04.2011 der Revisionseingriff (Pfannenwechsel sowie Kopfwechsel) erfolgte. In dem Arztbrief vom 27.04.2011 ist im Zusammenhang mit dem Revisionseingriff vermerkt, dass ein Pfannendachfragment im Bereich des Nervus ischiadikus frakturiert und disloziert gewesen sei. Außerdem wurde dort eine „hochgradige/subtotale Axonotmesis des peronialen Anteils des Nervus ischiadicus“ festgestellt mit „langwieriger ungünstiger Prognose“; eine Reinnervation der Fußheber könne, falls überhaupt, in 1 1/2 bis 2 Jahren erwartet werden. In der Folgezeit besserte sich der Nervschaden nicht; durch einen operativen Eingriff am 17.04.2012 (Tibialis-posterior-Transfer) konnte zwar die Auswirkung der Fußheberschwäche verringert, die Bewegungsbeeinträchtigung jedoch nicht gänzlich behoben werden.

Nach Klageerhebung traten weitere Komplikationen im Bereich der linken Hüfte auf; die Pfanne hatte sich erneut gelockert, woraufhin am 28.02.2013 die linksseitige Endoprothese vollständig entfernt wurde, wegen eines sogenannten Low-grade-Infekts jedoch nicht sogleich ein neues Gelenk eingebracht werden konnte; dies war erst am 16.05.2013 möglich.

Die Klägerin hat dem Beklagten vorgeworfen, durch behandlungsfehlerhaftes Vorgehen die Schädigung des linksseitigen Nervus ischiadicus verursacht zu haben. Im Zuge der Operation sei eine intraoperativ nicht erkannte Fraktur verursacht worden, die zur Folge gehabt habe, dass die neu eingesetzte Gelenkpfanne nicht ausreichend fest habe verklemmt werden können; sie habe sich demzufolge gelöst; das abgebrochene Knochenfragment habe den bereits durch die Operation selbst geschädigten Ischiadicusnerv zusätzlich beeinträchtigt. Aus dem Operationsbericht des Krankenhauses F. ... vom 17.04.2011 gehe hervor, dass das dislozierte Pfannendachfragment den Ischiadicusnerv geschädigt habe. Diese Entwicklung hätte durch eine postoperative Röntgenkontrolle verhindert werden können. Zudem sei verkannt worden, dass wegen der intraoperativen Fraktur die sogenannte Pressfittechnik nicht mehr anwendbar gewesen sei. Auch hätte die Nervenlähmung bei Durchführung der gebotenen sofortigen neurologischen Untersuchung früher erkannt und dann mit besserer Aussicht auf Erfolg behandelt werden können.

Die Klage ist ferner auf ungenügende Risikoaufklärung gestützt worden. Die Klägerin hat beanstandet, nicht hinreichend über das Risiko einer Nervschädigung aufgeklärt worden zu sein. Der sehr allgemein gehaltene Hinweis auf mögliche Nervschäden in dem Aufklärungsformular genüge nicht; ein Patient könne sich allein aufgrund dieses Hinweises kein Bild von der Schwere der möglicherweise eintretenden Schäden machen. In dem mit dem Beklagten zu 4) geführten Aufklärungsgespräch sei über mögliche Nervschäden gar nicht gesprochen worden; dies sei nur in dem Vorgespräch mit dem Beklagten zu 2) geschehen, jedoch mit dem Ergebnis, dass die Klägerin mit einer Nervschädigung nicht habe zu rechnen brauchen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes (bei einer Betragsvorstellung der Klägerin von 50.000,00 €) sowie zur Zahlung eines Betrages von 4.929,09 € wegen bereits entstandener materieller Schäden beantragt; ferner sollte festgestellt werden, dass die Beklagten verpflichtet seien, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem operativen Eingriff am 11.04.2011 entstanden seien oder noch entstünden.

Wegen der Fassung der Klageanträge im Einzelnen wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt; sie haben Behandlungsfehler jeglicher Art in Abrede gestellt und behauptet, die Klägerin sei vor dem Eingriff hinreichend über das Risiko, das sich später verwirklicht habe, aufgeklärt worden. Insbesondere treffe die Behauptung der Klägerin nicht zu, intraoperativ sei es zum Ausbruch eines Knochenstückes im Bereich der Hüftpfanne gekommen; dies widerlegten die unmittelbar postoperativ gefertigten Röntgenbilder. Zudem sei eine Schädigung des Nervus ischiadicus durch ein solches Knochenfragment schon aus anatomischen Gründen nicht vorstellbar. Das Implantat habe postoperativ einen perfekten Sitz aufgewiesen. Die erst einige Tage später eingetretene Dislokation des künstlichen Gelenkes sei eine mögliche Komplikation, die in dem Aufklärungsbogen auch genannt werde; der aufklärende Arzt, der Beklagte zu 4), habe die Klägerin zudem mündlich darauf hingewiesen. Die Verletzung des Peronäusnerven sei schon am 12.04.2011 bemerkt worden; hierauf sei sachgemäß reagiert worden, eine sofortige Vorstellung bei einem Neurologen sei nicht erforderlich gewesen. Sollte entgegen der Darstellung der Beklagten von einem Aufklärungsmangel ausgegangen werden, werde eingewandt, dass die Klägerin sich auch bei zutreffender Aufklärung für die Durchführung des Eingriffs entschieden hätte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat ein fachorthopädisch-unfallchirurgisches Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. G. ... eingeholt und den Sachverständigen ergänzend angehört. Danach hat es die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. G. ... habe ein Behandlungsfehler der Beklagten nicht festgestellt werden können. Insbesondere sei eine Fraktur im Bereich des knöchernen Pfannenlagers oder ein abgesprengtes Knochenstück weder auf dem intraoperativen Durchleuchtungsbild noch auf dem postoperativ gefertigten Röntgenbild zu sehen; erst auf dem Röntgenbild vom 16.04.2011 sei die Ausbruchstelle erkennbar, und zwar an einer Stelle, die auch von den zuvor gefertigten Aufnahmen abgebildet werde, woraus zu schließen sei, dass der Ausbruch erst nach der Operation eingetreten sei. Das ausgebrochene Pfannendachfragment könne auch nicht ursächlich für die Nervenläsion geworden sein. Das folge schon aus den anatomischen Gegebenheiten, aber auch daraus, dass unmittelbar postoperativ die Nervenläsion schon vorgelegen habe, nicht aber die Pfannendachfraktur. Vielmehr handele es sich hochwahrscheinlich um einen Traktionsschaden im Zuge der notwendigen Pfannenlagerpräparation, begünstigt durch die Verringerung der Gewebselastizität aufgrund der Voroperation. Entgegen der klägerischen Behauptung sei eine vollständige Durchtrennung des Nerven auszuschließen. Deshalb sei eine Therapie mittels Nervennaht nicht angebracht gewesen. Auch sonstige Behandlungsfehler hätten nicht festgestellt werden können; es hätten sich in Gestalt der eingetretenen Komplikationen typische Operationsrisiken schicksalhaft verwirklicht.

Eine Haftung der Beklagten ergebe sich auch nicht aus einer fehlerhaften Aufklärung. Zur Überzeugung des Gerichts sei nämlich die Klägerin über die Risiken der Nervverletzung und des Knochenbruchs aufgeklärt worden. Hinreichende Aufklärung habe die Klägerin durch den Inhalt des Aufklärungsbogens erfahren. Diesen Bogen habe die Klägerin rechtzeitig erhalten, so dass sie ihn habe durchlesen können. Dass eine Nervschädigung als Folge der Hüftgelenksprothesenimplantation möglich sei, sei der Klägerin zudem deshalb bekannt gewesen, weil sie bereits bei einem früheren vergleichbaren Eingriff eine solche Schädigung erlitten habe. Zudem sei die Klägerin durch den Beklagten zu 4) hinreichend mündlich aufgeklärt worden. Dieser habe sich zwar nicht mehr an das konkrete Gespräch erinnern können, jedoch ausgeführt, dass er vor derartigen Operationen stets bestimmte Risiken anspreche, u. a. diejenigen einer Nervenverletzung, einer Prothesenlockerung und eines Knochenbruches während der Operation oder danach. Dies nehme man auch handschriftlich in den Bogen auf. Zwar habe der Beklagte zu 4) nicht erklären können, weshalb er im Fall der Klägerin das Risiko der Nervverletzung nicht handschriftlich vermerkt habe, doch bestehe keine Notwendigkeit, sämtliche im Aufklärungsbogen erwähnten Risiken auch in den handschriftlichen Anmerkungen zu wiederholen. Das Vorgespräch im März 2011 mit dem Beklagten zu 2) ändere nichts daran, dass die Klägerin hinreichend über die Möglichkeit einer Nervschädigung unterrichtet gewesen sei. Maßgeblich sei das Aufklärungsgespräch vom 08.04.2011. Bei dem Vorgespräch im März 2011 habe zudem noch nicht einmal festgestanden, dass ein Prothesenwechsel erfolgen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf das Endurteil vom 23.10.2013 verwiesen.

Dieses Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25.10.2013 zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 20.11.2013, der am gleichen Tag bei dem Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen ist, hat die Klägerin Berufung eingelegt; mit weiterem Schriftsatz vom 27.1.2014, am gleichen Tag und damit innerhalb der bis zu diesem Tag verlängerten Frist eingegangen, hat sie das Rechtsmittel begründet.

Die Klägerin verfolgt ihre erstinstanzlichen Klageanträge in vollem Umfang weiter. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die Einwilligung der Klägerin in den Eingriff vom 11.04.2011 mangels genügender Aufklärung nicht wirksam gewesen. Der Beweis, dass der Beklagte zu 4) auch im Falle der Klägerin die Risikoaufklärung so ausgeführt habe, wie er dies in vergleichbaren Fällen stets zu tun pflege, könne hier nicht schon deshalb als geführt angesehen werden, weil eine solche ständige Aufklärungsübung des Beklagten zu 4) erwiesen sei. Dagegen spreche im Fall der Klägerin der Umstand, dass gerade das Risiko der Nervschädigung nicht in den ärztlichen Anmerkungen zum Aufklärungsgespräch handschriftlich aufgeführt worden sei. Zudem sei die Aufklärung, selbst wenn unterstellt werde, dass Nervschädigungen in allgemeiner Form angesprochen worden seien, nicht hinreichend konkret gewesen, weil der gefährdete (und tatsächlich auch geschädigte) Nerv nicht erwähnt worden sei. Hier müsse auch der Umstand berücksichtigt werden, dass in dem vorhergehenden Gespräch mit dem Beklagten zu 2) der Klägerin erklärt worden sei, sie müsse eine Nervschädigung nicht befürchten, weil der Ischiasnerv von der Operation nicht berührt werde. Zudem könne eine Risikoverwirklichungswahrscheinlichkeit von mehr als 3,5%, wovon aufgrund eines zwischenzeitlich von der Klägerin eingeholten Gutachtens des Dr. H. ... auszugehen sei, nicht mehr als „sehr selten“ bezeichnet werden, wie aber in dem Aufklärungsbogen angegeben. Des Weiteren fehle es an einer Aufklärung über das Fehlschlagsrisiko, das sich hier ebenfalls verwirklicht habe. Der von der Klägerin gestellte Antrag auf Erholung eines radiologischen Zusatzgutachtens sowie eines nervenärztlichen Zusatzgutachtens sei vom Landgericht zu Unrecht abgelehnt worden.

Gestützt auf die Aussage des Privatsachverständigen Dr. H. ... sei die Klägerin weiter der Auffassung, dass bei der Durchführung der Operation ein handwerklicher Fehler unterlaufen sei; die künstliche Hüftpfanne sei nicht ausreichend fixiert worden, sonst hätte sie sich nicht alsbald lösen können. Ein weiterer Behandlungsfehler liege darin, dass die mögliche Ursache des schon am 12.04.2011 festgestellten Nervenschadens (erstmals dokumentiert schon am 11.04.2011 um 21.45 Uhr) nicht umgehend untersucht worden sei. Es seien auch Ursachen für den Nervenschaden in Betracht gekommen, die eine sofortige Behandlung unabdingbar gemacht hätten, etwa die Entwicklung eines Hämatoms, das den Nerven unter Druck gesetzt habe. Das schlichte Abwarten seitens der Beklagten sei somit fehlerhaft gewesen.

Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren:

Unter Abänderung des Endurteiles des Landgericht Amberg vom 23.10.2013, Az. 22 O 585/12 werden bzw. wird

1. die Beklagten zu 1) bis 4) verurteilt, gesamtschuldnerisch an die Klägerin wegen der Folgen einer Hüftgelenksendoprothese links am 11.04.11 ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt und welches für den Fall der Säumnis mit 50.000,00 € beziffert wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 09.05.12 zu bezahlen,

2. die Beklagten zu 1) bis 4) verurteilt, an die Klägerin 4.929,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 30.05.12 zu bezahlen,

3. festgestellt, dass die Beklagten zu 1) bis 4) verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die dieser aus den Folgen der Hüftoperation vom 11.04.11 entstanden sind und noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte, insbesondere öffentlich-rechtliche Versicherungs- und/oder Versorgungsträger übergegangen sind oder übergehen werden,

4. die Beklagten zu 1) bis 4) verurteilt, an die Klägerin 2.879,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Zustellung der Klage zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Behandlung der Aufklärungsrüge durch das Landgericht sei nicht zu beanstanden. Auf die Erörterungen der Klägerin mit dem Beklagten zu 2) im März 2011 komme es nicht an, weil damals noch nicht festgestanden habe, welche konkrete Behandlung erfolgen werde. Maßgeblich sei das Aufklärungsgespräch vom 08.04.2011; der Klägerin sei nicht nur der Aufklärungsbogen überlassen worden, vielmehr habe der Beklagte zu 4) die Klägerin auch entsprechend mündlich aufgeklärt. Dementsprechend sei die Klägerin nicht nur allgemein über „Nervenverletzungen“ unterrichtet worden, sondern auch darüber, dass ein Lähmungsrisiko bestehe.

Das Gutachten des Dr. H. ... treffe inhaltlich nicht zu. Zudem sei über die Höhe der Komplikationsrate nicht aufzuklären. Wenn ein Patient diese zu erfahren wünsche, sei eine Nachfrage zu erwarten.

Auch die Verneinung eines Behandlungsfehlers sei nicht zu beanstanden. Insbesondere treffe die Auffassung des Dr. H. ... nicht zu, aus der nachträglichen Lockerung der Hüftpfanne könne auf eine ungenügende Fixierung intraoperativ geschlossen werden. Der Einholung der von der Klägerin beantragten Zusatzgutachten habe es nicht bedurft.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat die Klägerin ergänzend angehört und den Sachverständigen Prof. Dr. G. ... erneut befragt. Auf die Sitzungsniederschrift vom 24.10.2014 wird insoweit verwiesen.

II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie rechtzeitig eingelegt und begründet worden (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). Das Rechtsmittel hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.

1. Unter dem Gesichtspunkt eines Behandlungsfehlers hat das Landgericht die Klage freilich zu Recht für unbegründet gehalten. Dies gilt auch in Ansehung der vertiefenden und durch das Gutachten des Dr. H. ... gestützten Ausführungen der Klägerin im Berufungsrechtszug.

a) Auch der Senat kann nicht feststellen, dass im Zuge der Operation vom 11.04.2011 die nach entsprechendem Ausfräsen eingebrachte neue Pfanne in vorwerfbarer Weise nicht hinreichend fest verklemmt worden sei mit der Folge, dass sie sich einige Tage später aus ihrem Sitz im Knochen habe lösen können und damit den Zweiteingriff erforderlich gemacht habe. Die hier angewendete Methode der zementfreien Implantierung ist, was auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, ein bewährtes Verfahren. Die künstliche Gelenkpfanne wird hierbei in den zuvor entsprechend ausgefrästen Hüftknochen so eingebracht, dass sie mit einer gewissen Spannung sitzt (Pressfitverfahren) und über diesen Klemmsitz eine hinreichende Primärfestigkeit erlangt, bis durch das Einwachsen in den Hüftknochen die endgültige, dann höhere Festigkeit erlangt wird. Voraussetzung für eine hinreichend feste Verklemmung ist ein geschlossener Knochenring, der hier ganz offensichtlich gegeben war. Dass bereits bei dem Einsetzen der Pfanne ein Knochenausbruch im Bereich des Pfannenrandes erfolgt ist - mit der Folge, dass der erforderliche Ringschluss nicht mehr gegeben war -, steht nicht fest; nach der Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. G. ... lässt weder das intraoperativ gefertigte Durchleuchtungsbild noch das Kontrollröntgenbild nach dem Eingriff eine Fraktur in dem Bereich erkennen, in dem später - auf dem Bild vom 16.04.2011 - der Ausbruch gesehen werden konnte. Entgegen der Auffassung des Privatgutachters Dr. H. ... in seinem Gutachten vom 08.01.2014 kann aus dem Umstand, dass es einige Tage nach der Operation zu einer Dislokation der Hüftpfanne gekommen ist, nicht ohne weiteres auf einen operationstechnischen Fehler geschlossen werden. Der Sachverständige Prof. Dr. G. ... hat dem Senat erläutert, dass die mit der sogenannten Pressfitmethode erreichbare Primärfestigkeit einer künstlichen Gelenkpfanne keine vollständige Sicherheit dafür bietet, dass die im Zuge der Mobilisation des Patienten auftretenden Kräfte im Hüftgelenksbereich ohne Auftreten eines Defekts, d. h. einer Dislokation der Pfanne, ertragen werden können. Deshalb darf der Patient anfänglich das operierte Bein nur begrenzt belasten und muss eine Reihe von Verhaltensregeln beachten, die das Entstehen übermäßiger - in bestimmte Richtungen wirkender - Kräfte auf das Gelenk verhindern sollen, bis es zum knöchernen Einwachsen der Prothese kommt. Dennoch kann eine frühzeitige Lockerung, wie sie hier eingetreten ist, nicht sicher vermieden werden. Dieses Risiko beträgt nach Einschätzung des Sachverständigen bei einer Wechseloperation wie im Fall der Klägerin etwas weniger als 1%, ist also keineswegs ganz gering. Wegen des Verbleibens dieser - nicht nur theoretischen - Möglichkeit und des Fehlens konkreter Hinweise darauf, dass bei dem Eingriff vom 11.04.2011 fehlerhaft vorgegangen worden ist, kann aus dem Eintritt der Lockerung der Schluss auf eine ungenügende Verankerung der Gelenkpfanne durch die Operateure nicht gezogen werden. Etwa zusätzlich verwendete Schrauben - auf deren Einsatz im Fall der Klägerin verzichtet worden war - hätten, so der Sachverständige, diese (Primär-)Festigkeit nicht nennenswert erhöht; der Nutzen derartiger Schrauben sei nicht erwiesen. Im Übrigen besteht insoweit kein wirklicher Widerspruch zu den Aussagen des Gutachters Dr. H. ...; dessen Schlussfolgerung, die Pfanne könne nicht korrekt eingesetzt worden sein, weil sie ansonsten nicht alsbald ausgebrochen wäre, stand unter der Prämisse, dass die „erlaubte Teilbelastung“ nicht überschritten worden sei. Das aber kann, wie ausgeführt, gerade nicht vollständig sichergestellt werden, so dass es auch im Fall der Klägerin zu einer ungewollten kurzfristigen Überlastung gekommen sein kann, die bereits genügt haben kann, um die fehlerfrei verankerte Pfanne zur Dislokation zu bringen.

Der Einholung eines radiologischen Zusatzgutachtens bedarf es insoweit auch nach Auffassung des Senats nicht. Der Sachverständige war in der Lage, aufgrund seiner Fachkenntnisse die Beweisfrage zu beantworten; es ist nicht ersichtlich, dass ein Radiologe anhand des vorliegenden Bildmaterials zusätzliche Erkenntnisse im Sinne der klägerischen Behauptungen gewinnen könnte. Im Übrigen liegt auf der Hand, dass die Festigkeit eines Klemmsitzes, also das Maß der Verspannung des Hüftknochens um die eingeschlagene Pfanne, nicht aufgrund eines Röntgenbildes eingeschätzt werden kann. Dass intraoperativ die später festgestellte Fraktur noch nicht eingetreten war, konnte der Sachverständige Prof. Dr. G. ... mit hinreichender Sicherheit anhand der Röntgenbilder feststellen.

b) Den Beklagten kann auch nicht vorgeworfen werden, nach der Feststellung der Nervschädigung eine erforderliche weitere Diagnostik unterlassen und damit zur Vergrößerung oder Verfestigung des Nervenschadens beigetragen zu haben. Zwar ist dem Privatgutachter Dr. H. ... darin zuzustimmen, dass es auch Schädigungsmechanismen gibt, die eine sofortige operative Intervention erfordern, etwa eine Druckschädigung eines Nervens durch ein Hämatom, weil durch die Entlastung des Hämatoms der fortwährende und den Nerven noch weiter schädigende Druck beseitigt werden kann. Dr. H. ... hat aber nicht berücksichtigt, dass ein derartiger Mechanismus zu einer nur allmählichen Beeinträchtigung der Nervenleitfunktion führen müsste, im Fall der Klägerin aber unmittelbar nach dem Eingriff bereits die Fußheberschwäche festgestellt worden war, was für einen bereits abgeschlossenen Schädigungsmechanismus spricht, der durch operative Intervention nicht mehr beeinflusst werden kann. Dies hat der Sachverständige Prof. Dr. G. ... dem Senat nachvollziehbar und überzeugend erläutert. Hätte man, um ein Hämatom als Schadensursache auszuschließen, eine entsprechende Diagnostik betrieben, also eine Sonographie durchgeführt oder ein Computertomogramm veranlasst, so hätte man mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gerade keinen reaktionspflichtigen Befund erhalten, wie der Sachverständige ausgeführt hat. Selbst wenn man also - entgegen der Meinung des Sachverständigen, der es für vertretbar gehalten hat, auf solche Diagnostik zu verzichten - das Unterlassen dieser weiteren Diagnostik für fehlerhaft hielte, ergäbe sich nach der Rechtsprechung zum sogenannten einfachen Befunderhebungsfehler keine Beweislastumkehr zugunsten der Klägerin; den Beweis, dass die hier gegebene Nervschädigung tatsächlich in ihrem Ausmaß durch einen unverzüglichen Eingriff noch hätte beeinflusst werden können und auch vorteilhaft beeinflusst worden wäre, kann die Klägerin aufgrund der Aussage des Sachverständigen keinesfalls erbringen. Ein sogenannter grober Befunderhebungsfehler kommt hier nicht in Betracht. Es war auch nicht fehlerhaft, die neurologische Untersuchung erst einige Tage nach der Feststellung der Nervschädigung vorzusehen, weil unter der Prämisse, dass eine vollständige Durchtrennung des Nerven nicht erfolgt war, eine elektrophysiologische Messung der Nervenleitfunktion erst nach etwa 10 Tagen zu einem aussagekräftigen Ergebnis hätte führen können. Dass eine vollständige Durchtrennung nicht vorgelegen hatte, ergab sich zweifelsfrei aus dem Umstand, dass die Nervenleitfunktion nicht vollständig ausgefallen, sondern nur beeinträchtigt war, wenn auch in erheblichem Umfang. Das von der Klägerin beantragte neurologische Zusatzgutachten braucht nicht erholt zu werden. Eine Durchtrennung des Nervus ischiadicus, etwa durch einen versehentlichen Schnitt mit einem scharfen Werkzeug im Zuge des Eingriffes, hätte, wie im schriftlichen Gutachten des Sachverständigen auf Seiten 26/27 (Bl. 116/117 d. A.) näher dargestellt, wesentlich schwerer wiegende Funktionsausfälle des betroffenen Beines zur Folge als bei der Klägerin gegeben. Sie kann daher ausgeschlossen werden. Dass ein neurologisches Zusatzgutachten insoweit zu einem anderen Ergebnis käme, schließt der Senat aus, zumal auch die im Krankenhaus F. ... durchgeführte neurologische Untersuchung (vom 21.04.2011) den Befund einer hochgradigen/subtotalen Axonotmesis des peronäalen Anteils des Nervus ischiadicus und nicht eine vollständige Durchtrennung dieses Nerven ergeben hatte.

2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich jedoch eine Haftung der Beklagten zu 1), zu 2) und zu 4), nicht aber des Beklagten zu 3), aus einer unzureichenden Aufklärung der Klägerin über das Risiko einer schwerwiegenden Nervschädigung im Zuge des Eingriffs. Die Operation am 11.04.2011 war daher rechtswidrig.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedürfen ärztliche Heileingriffe grundsätzlich der Einwilligung des Patienten, um rechtmäßig zu sein, und kann diese Einwilligung nur wirksam erteilt werden, wenn der Patient über den Verlauf des Eingriffs, seine Erfolgsaussichten, seine Risiken und mögliche Behandlungsalternativen mit wesentlich anderen Belastungen, Chancen und Gefahren im großen und ganzen aufgeklärt worden ist, um das Selbstbestimmungsrecht des Patienten und sein Recht auf körperliche Unversehrtheit zu wahren (beispielsweise BGHZ 166, 336). Für die Risikoaufklärung im besonderen gilt, dass eine exakte medizinische Beschreibung der in Betracht kommenden Risiken nicht erforderlich ist, dem Patienten aber eine allgemeine Vorstellung von dem Ausmaß der mit dem Eingriff verbundenen Gefahren vermittelt werden muss (BGHZ 90, 103). Dabei ist auch über sehr seltene Risiken aufzuklären, die im Fall ihrer Verwirklichung die Lebensführung schwer belasten und trotz ihrer Seltenheit für den Eingriff spezifisch, für den Laien aber überraschend sind. Hiervon ist auch das Landgericht zutreffend ausgegangen. Dabei genügt die Aushändigung eines Informationsblattes, das mit einem Einwilligungsformular verbunden sein kann, grundsätzlich nicht; derartige schriftliche Hinweise können das Aufklärungsgespräch vorbereiten, aber nicht ersetzen (so jetzt auch § 630 e Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB). Ein vom Arzt und dem Patienten unterzeichnetes Einwilligungsformular ist allerdings ein Indiz für den Inhalt des Aufklärungsgesprächs, und zwar sowie in positiver als auch negativer Hinsicht (BGH NJW 2014, 15, 27). Im vorliegenden Falle enthält das von der Klägerin unterzeichnete Einwilligungsformular neben zahlreichen anderen Hinweisen auf mögliche Komplikationen auch einen Hinweis auf Nervenverletzungen, die dauerhafte Störungen wie beispielsweise eine Teillähmung des Beines verursachen könnten. Die Klägerin hat dagegen bestritten, dass in dem - als solchem nicht streitigen - Aufklärungsgespräch mit dem Beklagten zu 4) das Nervschädigungsrisiko erwähnt worden sei. Der vom Landgericht hierzu angehörte Beklagte zu 4) konnte sich an das konkrete Gespräch nicht mehr erinnern. Dennoch hat das Landgericht - so versteht der Senat die Ausführungen auf Seiten 15 und 16 der Urteilsgründe - die Überzeugung gewonnen, dass die Klägerin seitens des Beklagten zu 4) auch über das Nervverletzungsrisiko unterrichtet worden ist. Maßgeblich hierfür war für das Landgericht, dass der Beklagte zu 4) „nachvollziehbar“ (gemeint wohl: glaubhaft) geschildert hatte, wie er generell Aufklärungsgespräche für vergleichbare Operationen führe; er spreche in solchen Fällen stets das Blutungsrisiko, das Risiko einer Nervenverletzung, das Thromboserisiko, das Infektionsrisiko und die Möglichkeit einer Prothesenlockerung und eines Knochenbruchs an. Diese Beschreibung der ständigen Aufklärungsübung des Beklagten zu 4) hat dem Landgericht die Überzeugung verschafft, auch im konkreten Fall der Klägerin sei das Gespräch in gleicher Weise und damit unter Einschluss der Erwähnung einer möglichen Nervenverletzung geführt worden. Diese Feststellung des Landgerichts bindet den Senat jedoch nicht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nämlich unvollständig. Zwar hat es keineswegs übersehen, dass der Beklagte zu 4) auch geschildert hatte, er nehme unter den „ärztlichen Anmerkungen zum Aufklärungsgespräch“ stets auch die Punkte auf, die er grundsätzlich dem Patienten gegenüber anspreche, im Streitfall jedoch das Risiko einer Nervenverletzung gerade nicht handschriftlich vermerkt worden war. Richtig ist auch, dass der aufklärende Arzt nicht gehalten ist, bei Verwendung derartiger Aufklärungsbögen sämtliche von ihm gegebenen mündlichen Erläuterungen stichwortartig auch noch schriftlich zu vermerken. Nicht erwogen hat das Landgericht jedoch den Umstand, dass der Beklagte zu 4) im Streitfall ersichtlich von der ständigen Aufklärungsübung, die er geschildert hatte, insofern abgewichen war, als er nicht sämtliche der von ihm üblicherweise besonders angesprochenen Punkte auch handschriftlich vermerkt hatte, so dass Zweifel begründet sind, ob das Aufklärungsgespräch am 08.04.2011 vollständig nach dem „üblichen Muster“ abgelaufen ist. Zwar kommt auch in Betracht, dass der Beklagte zu 4) entsprechend seiner ständigen Übung das Nervschädigungsrisiko tatsächlich mündlich erwähnt, die - ebenso übliche - handschriftliche Notiz bei den „Anmerkungen“ aber unterlassen hat, was für die Wirksamkeit der Aufklärung ohne Bedeutung wäre. Ebenso möglich und keineswegs von vornherein weniger wahrscheinlich ist aber auch, dass der Risikohinweis ausnahmsweise unterblieben ist und aus diesem Grund der entsprechende handschriftliche Vermerk fehlt. Aus der Sicht des Senats begründet dieser Umstand durchaus Zweifel daran, ob der Beklagte zu 4) auch gegenüber der Klägerin das Nervschädigungsrisiko angesprochen hat.

b) Dem unstreitigen Umstand, dass der Beklagte zu 2) bei dem Vorgespräch im März 2011 der Klägerin auf deren Nachfrage erklärt hatte, ein Nervverletzungsrisiko bestehe bei der in Aussicht genommenen Operation schon aus anatomischen Gründen nicht, hat das Landgericht keine Bedeutung beigemessen. Darin folgt ihm der Senat nicht. Gegenstand dieses Gesprächs war zumindest ein partieller Prothesenwechsel durch Erneuerung des Hüftkopfes. Auch wenn diese Maßnahme nur eventuell, also befundabhängig, geplant gewesen sein sollte, musste die Klägerin die vom Beklagten zu 2) gegebenen Erläuterungen zum Nervenschädigungsrisiko auch auf diesen Fall beziehen. Fasst man nur einen solchen Hüftkopfwechsel ins Auge, mögen die Ausführungen des Beklagten zu 2) medizinisch durchaus zutreffend gewesen sein. In einem solchen Fall hätte nicht die Notwendigkeit bestanden, zur Ermöglichung des Pfannenwechsels den Hüftkopf beiseite zu schieben und in dieser Position eine Zeitlang zu belassen; gerade dieses Wegdrücken des bei der Pfannenpräparation störenden Hüftkopfes kann aber, wie vom Sachverständigen ausführlich erläutert, zu der hier eingetretenen Nervschädigung führen. Der Beklagte zu 4) hat nach dem insoweit nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten die Klägerin bei dem eigentlichen Aufklärungsgespräch zur Operation am 08.04.2011 darüber unterrichtet, dass befundabhängig es auch zu einem Auswechseln der Hüftpfanne kommen werde. Gerade im Falle dieser fakultativen Operationserweiterung bestand aber das Risiko für den Nervus ischiadicus, das sich im Fall der Klägerin auch verwirklicht hat. Über diese angesichts der bei ungünstigem Verlauf zu befürchtenden erheblichen und irreversiblen Auswirkungen auf die Lebensführung der Klägerin durchaus bedeutsame Änderung des Risikospektrums wurde die Klägerin nicht unterrichtet. Der Beklagte zu 4), der vom Inhalt des von der Klägerin mit dem Beklagten zu 2) geführten Gesprächs keine Kenntnis gehabt haben dürfte, mag keinen Grund gesehen haben, hierauf besonders aufmerksam zu machen. Es liegt aber nahe, dass die Klägerin, der zuvor vom Beklagten zu 2) - immerhin dem Chefarzt der orthopädischen Abteilung des Krankenhauses - beruhigende Erklärungen hinsichtlich des Nervschädigungsrisikos gegeben worden waren, hierauf vertraut hat und die anhand eines Standardformulars erfolgende allgemeine Risikoaufklärung durch den Beklagten zu 4), auch wenn diese einen Hinweis auf ein Nervschädigungsrisiko enthalten haben sollte, insoweit nicht auf ihren besonderen Fall bezogen hat; dass gerade die vom Beklagten zu 4) angesprochene mögliche Operationserweiterung, die zuvor nicht Gegenstand der Unterredung der Klägerin mit dem Beklagten zu 2) gewesen war, die Richtigkeit der vom Beklagten zu 2) gegebenen Erläuterungen zum Nervschädigungsrisiko in Frage stellte, wenn nicht sogar vollständig entwertete, konnte die Klägerin als Nichtmedizinerin nicht wissen. Unter diesem Gesichtspunkt war zumindest die Einwilligung der Klägerin in die Auswechselung auch der künstlichen Gelenkpfanne nicht wirksam.

c) Darüber hinaus ist der Senat der Auffassung, dass die in dem verwendeten Einwilligungsformular gegebenen Hinweise zum Nervschädigungsrisiko, die der Beklagte zu 4) möglicherweise der Klägerin auch mündlich vermittelt hat, inhaltlich keine zutreffende Unterrichtung über die Risiken des beabsichtigten Eingriffs geben konnten. Zwar ist der Hinweis entgegen der Auffassung der Klägerin hinreichend bestimmt im Bezug auf die Art der möglichen Schädigung und die Schwere der Auswirkung einer solchen Komplikation; es ist nicht erforderlich, die Nerven, die bei einem bestimmten Eingriff typischerweise gefährdet sind, anatomisch exakt zu bezeichnen und die Auswirkungen einer etwaigen Nervschädigung in allen Einzelheiten darzulegen; vielmehr kommt es darauf an, dem Patienten einen zutreffenden Eindruck von der Schwere des Eingriffs und von der Art der Belastungen zu vermitteln, die für seine körperliche Integrität und Lebensführung auf ihn zukommen können (BGH VersR 2001, 592). Im Streitfall wird auf die Möglichkeit hingewiesen, dass sich eine Nervschädigung als irreversibel, d. h. auch durch eine entsprechende Behandlung nicht zu beseitigen, darstellen kann und dass sie zu einer teilweisen Lähmung des betroffenen Beines führen könne. Eine Fußheberschwäche, wie sie bei der Klägerin eingetreten ist, stellt sich als teilweise Lähmung des Fußes dar und wird deshalb von dem Hinweis auf eine mögliche „Teillähmung des Beines“ umfasst (siehe auch Urteil des Senats vom 07.10.2011, 5 U 410/11, zu einem vergleichbaren Fall, in dem allerdings ein anderer Aufklärungsbogen verwendet worden war). Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Senats vom 16.07.2004 (NJW-RR 2004, 1543) zugrunde gelegen hatte; im damals zu beurteilenden Fall hatte der Aufklärungsbogen lediglich eine Auflistung enthalten, die auch - ohne weitere Erläuterung - „Gefäß- und Nervenverletzung“ angesprochen hatte. Dennoch ist die Risikoerläuterung in dem hier verwendeten Aufklärungsbogen in zweifacher Hinsicht ungenügend. Zum einen wird der Patient nicht darüber unterrichtet, dass eine Nervenverletzung auch zu einer so erheblichen und dauerhaften Schmerzbeeinträchtigung führen kann, dass die ständige Einnahme von Schmerzmitteln erforderlich wird; so hat es sich im Fall der Klägerin verhalten, wobei der Sachverständige Prof. Dr. G. ... erläutert hat, bei einer Nervschädigung des hier gegebenen Ausmaßes sei ein derartiger Dauerschmerz durchaus typisch. Hierüber war aufzuklären. Dass eine Nervbeschädigung nicht nur - unter Umständen dauerhafte - Funktionsbeeinträchtigungen nach sich ziehen kann, wovon die Klägerin bei Unterstellung einer formblattgemäßen Aufklärung unterrichtet worden ist, sondern auch dauerhafte und erhebliche Schmerzen erzeugen kann, kann nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden; andererseits bedeutet die Chronifizierung von Schmerzen mit der Folge der Notwendigkeit dauernder Medikamenteneinnahme eine erhebliche Belastung des Betroffenen in seiner Lebensführung (BGHZ 166, 336). Unabhängig davon, mit welcher statistischen Häufigkeit eine derartige Komplikation sich verwirklicht, hätte es also eines gesonderten Hinweises auch hierauf bedurft. Der lapidare Hinweis „Schmerzen“, den der Beklagte zu 4) laut seiner handschriftlichen Eintragung der Klägerin gegeben hatte, war in dieser allgemeinen Fassung ungenügend.

Zudem stellte die formularmäßige Aufklärung bezüglich der Risikodichte eine Verharmlosung der tatsächlichen Risikoeintrittswahrscheinlichkeit dar. Zwar kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Frage, ob ein Risiko überhaupt aufklärungspflichtig ist, „nicht allein“ auf die erfahrungsgemäß zu befürchtende Komplikationsdichte an (beispielsweise BGH NJW 1980, 1905; NJW 1994, 793). Die Komplikationsdichte ist aber nicht völlig bedeutungslos, insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt einer Verharmlosung eines für sich genommen im Zuge der Aufklärung angesprochenen Risikos. Gerade für die Entscheidung des Patienten, ob er sich, wie im Streitfall, einer nicht vital indizierten Operation unterziehen oder - eventuell nach Einholung einer ärztlichen Zweitmeinung - unter Inkaufnahme gewisser Beschwerden jedenfalls zunächst von dem ihm vorgeschlagenen Eingriff absehen will, wird von erheblicher Bedeutung sein, ob gewisse, im Falle ihrer Realisierung eine erhebliche Beeinträchtigung darstellende Risiken erfahrungsgemäß sich nur sehr selten verwirklichen, so dass der Patient dies als eine eher theoretische Möglichkeit ansehen mag, oder ob ihre Verwirklichung so häufig eintritt, dass der Patient ernsthaft zu erwägen hat, ob er die Möglichkeit des Eintritts eines solchen Falles in der Hoffnung auf eine Verbesserung seines gegenwärtigen Gesundheitszustandes in Kauf nehmen will.

Der Sachverständige hat dazu ausgeführt, in der Literatur werde für das Auftreten von Nervenschäden bei Hüftprothesenoperationen eine Risikowahrscheinlichkeit von bis zu 3,5% angegeben, und dazu eine Reihe von Quellen zitiert. Gerade bei Wechseloperationen, wie im Fall der Klägerin, ist das Risiko erhöht. Allerdings, so der Sachverständige bei seiner Anhörung, handele es sich bei der genannten Prozentangabe um einen Maximalwert für Wechseloperationen. Die durchschnittliche Komplikationsrate bei Hüftoperationen sei mit 0,8% zu veranschlagen; dabei seien aber auch weniger schwerwiegende Schädigungen als im Fall der Klägerin gegeben berücksichtigt, weshalb die Wahrscheinlichkeit einer Nervschädigung der Stärke, wie sie bei der Klägerin gegeben sei, mit etwa 0,1% oder darunter einzuschätzen sei. Dem Senat sind aus einem anderen Verfahren (5 U 410/11), das einen Nervenschaden aufgrund einer primären Hüfttotalendoprothesenoperation betraf, Literaturangaben aus der damals relevanten Zeit bis zum Jahr 2007 bekannt, die sich ebenfalls zwischen 0,7% und 3,5% bewegten. In Bezug auf eine Wahrscheinlichkeit von etwas über 1,0% hat der Senat in dem damaligen Urteil (veröffentlicht in AHRS 4650/348) erhebliche Zweifel geäußert, ob eine solche Komplikationsdichte die Einstufung als „seltenes Risiko“ rechtfertige; jedenfalls könne ein solches Risiko nicht als ein „sehr seltenes“, also fast vernachlässigbares Risiko bezeichnet werden. Er hat sich dabei auf die Wahrscheinlichkeitsabstufungen bezogen, wie sie üblicherweise in Medikamentenbeipackzetteln verwendet werden. Die Frage brauchte in der damaligen Entscheidung allerdings nicht abschließend beurteilt zu werden, weil sich die Behandlungsseite mit Erfolg auf den Einwand der hypothetischen Einwilligung des Patienten berufen konnte. An der in seinem Urteil vom 07.10.2011 geäußerten Einschätzung hält der Senat für den Streitfall fest. Gerade deshalb, weil, wie von den Beklagten zutreffend betont, weitaus häufiger Medikamente verordnet und auch eingenommen werden als operative Eingriffe erfolgen, die in den Beipackzetteln verwendeten Häufigkeitsdefinitionen daher weithin bekannt sind, auch wenn nicht jeder Medikamentenverbraucher den Beipackzettel eingehend lesen wird, muss angenommen werden, dass Häufigkeitsangaben, die in Aufklärungsbögen verwendet werden, mangels gegenteiliger Hinweise ebenso verstanden werden wie sie in den Medikamentenbeipackzetteln ausdrücklich definiert werden. Es ist nicht ersichtlich, was einen Patienten zu der Annahme veranlassen sollte, die in standardisierten Aufklärungsbögen verwendeten Häufigkeitsangaben seien völlig anders zu verstehen als solche in Beipackzetteln für Arzneimittel. Die standardisierten Häufigkeitsangaben nach MedDRA definieren den Begriff „selten“ dahin, dass es sich um Nebenwirkungen handele, die bei einem bis zu 10 Behandelten von 10000 auftreten, das entspricht einer Wahrscheinlichkeit von 0,1 bis 1,0 Promille. Von einer „sehr seltenen“ Nebenwirkung wird danach erst gesprochen, wenn die statistische Wahrscheinlichkeit unter 0,1 Promille liegt. Die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Nervschädigungen nach Hüftgelenks- Wechseloperationen von 0,8% liegt um ein Vielfaches höher. Unter Zugrundelegung der Häufigkeitsdefinition nach MedDRA wäre schon fast von einer „häufigen“ Komplikation zu sprechen. Auf die geringere Wahrscheinlichkeit einer dauerhaften und ausgesprochen schwerwiegenden Nervschädigung, wie sie im Fall der Klägerin eingetreten ist, darf nicht abgestellt werden, denn in dem hier verwendeten Aufklärungsbogen werden schon die Nervenverletzungen an sich als „sehr selten“ auftretend bezeichnet, so dass der Leser dieses Aufklärungsbogens annehmen wird, der Fall, dass eine solche Nervenverletzung zu einer dauerhaften Störung wie etwa zu einer Teillähmung des Beines führe, sei noch seltener. Die Darstellung in dem Aufklärungsbogen muss daher als eine unzulässige (BGH NJW 1994, 793 m. w. N.) Verharmlosung des Operationsrisikos gewertet werden. Dass der Beklagte zu 4) die Risikowahrscheinlichkeit im Zuge der mündlichen Aufklärung der Klägerin anders dargestellt hat als im schriftlichen Aufklärungsbogen erläutert, ist nicht behauptet.

Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt sich der Senat mit dieser Einschätzung nicht in Widerspruch zu veröffentlichter obergerichtlicher Rechtsprechung. Die in der Berufungsbegründung zitierten Entscheidungen, auf die sich die Beklagten insoweit beziehen, befassen sich teilweise mit der Frage, ob über seltene Risiken überhaupt aufzuklären ist, ohne aber die Frage zu thematisieren, welche konkrete Risikodichte dem Begriff „selten“ zuzuordnen ist, teils sind sie gänzlich unergiebig. Der Senatsentscheidung vom 16.07.2004 (a. a. O.) kann insoweit nichts entnommen werden. Wenn das OLG Brandenburg in der Entscheidung vom 01.09.1999 (NJW-RR 2000, 398) bei einer Risikorate von 0,7 bis 1,7% von einem „nicht ganz seltenen“ Risiko spricht, weshalb über ein solches Risiko aufzuklären sei, entspricht das der Auffassung des Senats. Wie häufig sich ein bestimmtes Operationsrisiko statistisch verwirklichen darf, um - ohne verharmlosende Wirkung - noch als „sehr selten“ bezeichnet werden zu dürfen, ist, soweit ersichtlich, bislang noch nicht erörtert worden. Dem Senat ist auch nicht bekannt, dass ein Obergericht bislang die Auffassung vertreten hätte, für das Verständnis von Risikoklassifizierungen in ärztlichen Aufklärungsformularen könnten die standardisierten Einstufungen in Medikamentenbeipackzetteln nicht herangezogen werden.

III. Der Aufklärungsmangel bleibt nicht deshalb ohne haftungsrechtliche Folgen, weil anzunehmen wäre, im Falle zutreffender Aufklärung hätte sich die Klägerin gleichwohl für den dann durchgeführten Eingriff entschieden. Der von den Beklagten hilfsweise bereits erstinstanzlich erhobene Einwand, die Klägerin hätte sich dem Eingriff vom 11.04.2011 auch bei zutreffender Aufklärung über dessen Risiken (das Fehlen einer solchen Aufklärung unterstellt) unterzogen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich beachtlich (BGHZ 90, 103; BGH NJW 2007, 2771). Die Behandlungsseite trifft insoweit die Behauptungs- und Beweislast; sie ist mit dem Beweis für die Behauptung, der Patient hätte bei ordnungsgemäßer Aufklärung (ebenfalls) in den Eingriff eingewilligt, allerdings nur zu belasten, wenn der Patient zur Überzeugung des Gerichts plausibel macht, er hätte bei rechtzeitiger Verdeutlichung der Behandlungsrisiken vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden, wobei an die Substantiierungspflicht zur Darlegung eines solchen Konfliktes keine sehr hohen Anforderungen gestellt werden dürfen, da anderenfalls das Selbstbestimmungsrecht des Patienten unterlaufen würde (siehe dazu BGHZ 172, 1). Abzustellen ist dabei auf die persönliche Entscheidungssituation des jeweiligen Patienten, nicht darauf, was aus ärztlicher Sicht sinnvoll und erforderlich gewesen wäre und wie ein „vernünftiger Patient“ sich verhalten hätte. Der Patient braucht auch nicht darzulegen, wie er sich bei richtiger Aufklärung tatsächlich entschieden hätte (BGH MDR 1993, 516). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin bei ihrer Anhörung durch den Senat glaubhaft geschildert, dass sie aufgrund der damals nicht so ausgeprägten Beschwerdehaftigkeit der linken Hüfte - sie habe vor allem unter sogenannten Anlaufschmerzen gelitten, sei aber durchaus in der Lage gewesen, ihren Haushalt zu führen - eine ärztliche Zweitmeinung habe einholen wollen und dazu bereits andernorts einen Termin vereinbart habe, jedoch aufgrund der Darstellung des Beklagten zu 2) davon abgesehen habe; damit ist hinreichend und plausibel dargelegt, dass die Klägerin bei deutlicherer Darstellung des tatsächlichen Eingriffsrisikos unter Berücksichtigung des Umstandes, dass möglicherweise auch ein Pfannenwechsel erforderlich sein werde und zumindest dann sehr wohl eine Gefahr für den Ischiadicusnerv bestehe, wenigstens in einen ernsthaften Entscheidungskonflikt geraten wäre. Ob sie sich dann tatsächlich, wie sie erklärt hat, gegen die Durchführung des Eingriffs entschieden hätte, ist nicht maßgeblich und braucht deshalb nach den vorstehenden Grundsätzen nicht von der Klägerin bewiesen zu werden. Die Beklagten haben ihre Behauptung, die Klägerin habe präoperativ unter so erheblichen Schmerzen beim Gehen gelitten, dass nach allgemeiner ärztlicher Erfahrung in eine derartige Operation auch in voller Kenntnis der Risiken eingewilligt werde, nicht in geeigneter Weise unter Beweis gestellt. Ein Sachverständiger könnte heute nicht mehr feststellen, in welchem Umfang die Klägerin präoperativ beschwerdebehaftet war. Der bereits zitierte Arztbrief der Beklagten vom 08.04.2011, gerichtet an die Hausärztin der Klägerin, legt im Gegenteil nahe, dass die Beschwerden der Klägerin damals nur von mäßiger Schwere waren, heißt es doch unter „Anamnese“, dass die Klägerin über Beschwerden von Seiten der linken Hüfte, insbesondere unter Belastung auch mit verändertem Gangbild klage, jedoch die klinische Untersuchung der linken Hüfte eine gute Beweglichkeit ohne wesentliche Schmerzhaftigkeit ergeben habe. Einen schon damals erheblichen Leidensdruck, der die nunmehrigen Behauptungen der Klägerin als unglaubhaft und lediglich prozesstaktisch bedingt erscheinen ließe, können die Beklagten somit nicht aufzeigen.

IV. Für die Folgen des mangels wirksamer Einwilligung des Patienten rechtswidrigen Eingriffes haftet der verantwortliche Operateur, hier also der Beklagte zu 2), auch dann, wenn er selbst die Aufklärung des Patienten nicht durchgeführt hat, sondern diese Aufgabe an einen anderen Arzt, hier den Beklagten zu 4), delegiert hat. Eine solche Delegation wird zwar grundsätzlich als zulässig angesehen. Der behandelnde - hier: der operierende - Arzt, der nicht selbst aufklärt, hat aber entweder durch entsprechende Organisation dafür zu sorgen, dass die vollständige Aufklärung des Patienten anderweitig sichergestellt ist, oder sich im Einzelfall der vollständigen Aufklärung von anderer Seite zu vergewissern (OLG Karlsruhe NJW-RR 1998, 459; siehe auch BGH VersR 1984, 538). In der orthopädischen Klinik B. ... mag zwar organisatorisch sichergestellt gewesen sein, dass vor einem operativen Eingriff ein Aufklärungsgespräch erfolgte, wenn auch nicht unbedingt durch den späteren Operateur selbst; nicht sichergestellt war aber, dass diese Aufklärung auch mit dem zutreffenden Inhalt erfolgte. Das ergibt sich schon aus der Verwendung von Formblättern, die inhaltlich, wie ausführlich dargelegt, den Anforderungen nicht entsprachen. Gerade dem Beklagten zu 2) als dem Chefarzt der orthopädischen Abteilung hätte es oblegen, die in seiner Klinik verwendeten Aufklärungsformblätter auf ihre medizinische Richtigkeit zu überprüfen. Darüber hinaus hatte der Beklagte zu 2) aufgrund der von ihm selbst der Klägerin erteilten, ein Nervverletzungsrisiko als nicht gegeben darstellenden Hinweise sicherzustellen, dass diese Hinweise vor der Einwilligung der Klägerin in eine mögliche Operationserweiterung, die zu einer Verschiebung des Risikospektrums führen musste, richtig gestellt wurden. Er durfte nicht darauf vertrauen, dass der Beklagte zu 4), der vom Inhalt des im März 2011 geführten Gespräches keine Kenntnis haben konnte, die notwendigen Verdeutlichungen vornehmen werde. Der Beklagte zu 2) haftet damit der Klägerin sowohl deliktisch wie - aufgrund der getroffenen Wahlleistungsvereinbarung - vertraglich. Die Beklagte zu 1) hat als Trägerin der Klinik für die Folgen der rechtswidrigen Operation durch den Beklagten zu 2), der trotz der getroffenen Wahlleistungsvereinbarung zugleich Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1) blieb, weil diese aufgrund des abgeschlossenen sogenannten totalen Krankenhausaufnahmevertrages die ärztlichen Leistungen (auch) selbst schuldete, jedenfalls vertraglich einzustehen.

Schließlich haftet auch der Beklagte zu 4) als aufklärender Arzt; da er die ärztliche Aufklärung vor der Operation übernommen hatte, ist er mitverantwortlich dafür, dass die Einwilligung des Patienten in den Eingriff nicht wirksam war (grundlegend BGH NJW 1980, 1905). Auch unter diesem Gesichtspunkt ist zugleich die Haftung der Beklagten zu 1) begründet (BGH a. a. O.).

Unbegründet ist die Klage, soweit auch der Beklagte zu 3) in Anspruch genommen wird. Ein Behandlungsfehler ist ihm nicht unterlaufen. Als Operationsassistent traf ihn eine eigene Verpflichtung, sich der wirksamen Einwilligung des Patienten zu vergewissern, nicht. Das mag im Einzelfall anders zu beurteilen sein, wenn die Verantwortlichkeit für die Operation auch und sogar in erster Linie einen Oberarzt trifft, der zwar nur als Operationsassistent eingeteilt ist, jedoch einem Assistenzarzt assistiert (zu einer solchen Gestaltung OLG Karlsruhe NJW-RR 1998, 459; ebenso OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 798). Sollte die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 08.12.2004 (NJW-RR 2005, 798) dahin zu verstehen sein, ein bloßer Operationsassistent trage schon als solcher eine Mitverantwortung dafür, dass die Operationseinwilligung des Patienten wirksam sei, könnte der Senat dieser Auffassung allerdings nicht folgen. Er ist vielmehr der Meinung, dass sich ein Operationsassistent grundsätzlich darauf verlassen darf, dass das Vorliegen einer wirksamen Einwilligung vom verantwortlichen Operateur geprüft worden ist.

V. Der Antrag der Klägerin, die Beklagten zur Zahlung materiellen Schadensersatzes in Höhe von 4.929,09 Euro nebst Zinsen zu verurteilen, ist, abgesehen davon, dass der Beklagte zu 3) schon dem Grunde nach nicht haftet, teilweise begründet, nämlich in Höhe von 2.772,41 Euro nebst Zinsen.

1. Der Schadensberechnung der Klägerin liegt eine Kostenaufstellung für das Jahr 2011 (Anlage K 12 b) zugrunde, die zu einer Summe von 4.929,09 Euro gelangt, allerdings ist dieser Betrag wegen eines Rechenfehlers um 100,00 Euro zu hoch. Die dort im Einzelnen genannten Positionen, die sämtlich belegt sind, wobei hinsichtlich des sog. Tens-Gerätes zur Nervanregung inzwischen eine ärztliche Verordnung des Dr. I. ... vorgelegt worden ist, sind im Wesentlichen zuzusprechen. Dies gilt nicht für folgende Positionen:

Die Aufwendungen, die die Klägerin wegen eines massiven, ärztlich bestätigten Haarausfalles geltend macht, nämlich in Höhe von 31,75 Euro für ein Medikament (Pantovigar) sowie in Höhe von 232,00 Euro für eine Perücke, mögen auf die erhebliche seelische Belastung der Klägerin durch die operativen Eingriffe zurückzuführen sein; eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, die unter dem Gesichtspunkt des § 287 ZPO zur Zusprechung erforderlich wäre, kann der Senat jedoch ohne eine aussagekräftige ärztliche Bestätigung nicht feststellen.

Die Klägerin hat eine zweite Peronäusschiene angeschafft und müsste hierfür 301,47 Euro bezahlen; ihre Krankenversicherung hat eine Erstattung mit der Begründung verweigert, die bereits erstattete erste Schiene sei noch brauchbar. Zwar mag zutreffen, dass die Schiene wegen eines beschädigten oder abgenutzten Klettverschlusses einer Reparatur bedurfte. Es ist aber nicht ausreichend dargelegt, dass zur Überbrückung dieses Reparaturzeitraumes keine andere Möglichkeit bestanden habe als die Anschaffung einer zweiten Schiene.

Angesichts der erheblichen Funktionsbeeinträchtigung des linken Beines, insbesondere durch eine Fußheberschwäche, bezweifelt der Senat nicht die Notwendigkeit, das von der Klägerin zuvor genutzte Kraftfahrzeug durch ein solches mit automatischem Getriebe zu ersetzen. Dass die Klägerin ein solches Fahrzeug, nämlich einen nahezu neuwertigen Pkw vom Typ Mercedes, angeschafft hat, ist durch Vorlage der entsprechenden Rechnung belegt. Allerdings entspricht der geltend gemachte Betrag von 2.108,30 Euro den Mehrkosten für ein Neufahrzeug mit automatischem Getriebe gem. Aufpreisliste. Da die Klägerin einen Gebrauchtwagen gekauft hat, ist ein Abzug trotz der verhältnismäßig geringen Laufleistung dieses Gebrauchtfahrzeuges vorzunehmen, den der Senat mit 20% bemisst.

2. Für den Einzelzimmerzuschlag in Höhe von 390,00 Euro, den die Klägerin für ihren Aufenthalt im Krankenhaus B. ... bezahlt hat, steht der Klägerin kein Schadensersatzanspruch zu. Zwar war der Eingriff aufgrund eines Aufklärungsmangels rechtswidrig, wenn auch nicht behandlungsfehlerhaft. Dies allein führt nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 08.02.2008, MDR 2008, 554) nicht zum Entfall des ärztlichen Honoraranspruches und - folgerichtig - auch nicht zum Entfall des Anspruches des Krankenhauses auf Zahlung der Unterbringungskosten. Erforderlich wäre für den Wegfall eines Honoraranspruches, dass die ärztliche Leistung im Ergebnis für den Patienten vollständig nutzlos gewesen ist; anderenfalls stünde der Belastung des Vermögens des Patienten mit dem Honoraranspruch des Arztes der Wert der vom Arzt ausgeführten Behandlung gegenüber, so dass kein Schaden angenommen werden kann. Im vorliegenden Falle ist diese Voraussetzung allerdings erfüllt; da die Klägerin sich bereits wenige Tage nach dem streitgegenständlichen Eingriff im Krankenhaus der F. ... eine vollständig neue Totalendoprothese einsetzen lassen musste, war die im Klinikum B-. ... vorgenommene Behandlung im Ergebnis für sie ohne jeden Wert und hat sie außerdem zusätzlich geschädigt. Allerdings müsste auch feststehen, dass sich die Klägerin bei ordnungsgemäßer Aufklärung gegen den Eingriff entschieden hätte (OLG Düsseldorf, VersR 2003, 1579). Das kann hier nicht festgestellt werden.

Aus diesem Grunde kann die Klägerin auch nicht den von ihrer Kasse nicht erstatteten Teil der Honorarrechnung des Beklagten zu 2) in Höhe von 394,85 Euro zurückfordern. Möglicherweise besteht insoweit ein Rückzahlungsanspruch aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung, wenn nämlich, wie von der Krankenkasse anscheinend angenommen, die Honorarrechnung um den genannten Betrag überhöht ausgefallen ist. Dazu ist von der Klägerin aber nichts vorgetragen worden.

3. Hinsichtlich des Betrages von 150 Euro, den die Klägerin als Selbstbeteiligung trotz Bestehens einer Rechtsschutzversicherung aufwenden musste, soll die Klage nicht weiter verfolgt werden, wie dem Schriftsatz vom 11.4.2015 zu entnehmen ist.

4. Der Zinsanspruch folgt aus Verzug und beginnt hinsichtlich der einzelnen Beklagten deshalb zu unterschiedlichen Zeitpunkten.

5. Das pauschale Bestreiten der Beklagten mit einem erst im Verhandlungstermin am 27.03.2015 überreichten Schriftsatz wird, soweit es infolge seiner Pauschalität überhaupt zu beachten wäre, nicht mehr berücksichtigt. Die Klägerin war mit Beschluss vom 19.12.2014 darauf hingewiesen worden, dass ihre materiellen Schäden teilweise noch der näheren Darlegung bedürften; hierauf hat die Klägerin innerhalb der ihr hierfür gesetzten Frist mit Schriftsatz vom 14.01.2015, der umgehend den Beklagten übermittelt worden ist, näher vorgetragen. Auch wenn den Beklagten zur etwaigen Erwiderung keine Frist gesetzt war, entsprach ein erst im Verhandlungstermin erfolgtes Bestreiten nicht mehr der Prozessförderungspflicht nach § 282 Abs. 1 ZPO; da insoweit nach Auffassung des Senats grobe Nachlässigkeit vorliegt, wird das Bestreiten der Beklagten nach §§ 296 Abs. 2, 525 ZPO zurückgewiesen.

VI. Der Klägerin steht auch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aufgrund eines entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches zu; dieser erstreckt sich insbesondere auf die anwaltliche Geschäftsgebühren gem. Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG. Gegen den Ansatz einer 2,0 Gebühr bestehen keine Bedenken, erstattungsfähig ist diese Gebühr aber nur insoweit, als die Klage im Ergebnis Erfolg hatte, also in der sich bei Ansatz eines Gegenstandswertes von bis zu 30.000,00 Euro errechnenden Höhe, das sind 1.827,84 Euro aufgrund der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung des § 13 Abs. 1 RVG. Da die Prozessbevollmächtigten der Klägerin, wie mit Schriftsatz vom 14.01.2015 dargelegt, von der Rechtsschutzversicherung der Klägerin bereits 1.880,20 Euro erhalten haben und die Klägerin zur Geltendmachung ermächtigt ist (Schreiben der Rechtsschutzversicherung vom 30.8.2011), besteht in voller Höhe des soeben dargelegten Betrages ein Zahlungsanspruch; auf die mit dem genannten Schriftsatz angekündigte, wohl versehentlich jedoch in der mündlichen Verhandlung unterlassene geänderte Antragstellung kommt es deshalb nicht an.

VII. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 100 Abs. 1, Abs. 4, 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht erfüllt sind.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ist Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, daß infolge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert ist oder seine Bedürfnisse vermehrt sind. Wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann auch eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.

(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn

1.
er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat,
2.
nach den Umständen davon auszugehen ist, daß das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte,
3.
er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat,
4.
der Fehler darauf beruht, daß das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder
5.
der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.

(3) Die Ersatzpflicht des Herstellers eines Teilprodukts ist ferner ausgeschlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden.

(4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast.

(1) Hersteller im Sinne dieses Gesetzes ist, wer das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat. Als Hersteller gilt auch jeder, der sich durch das Anbringen seines Namens, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungskräftigen Kennzeichens als Hersteller ausgibt.

(2) Als Hersteller gilt ferner, wer ein Produkt zum Zweck des Verkaufs, der Vermietung, des Mietkaufs oder einer anderen Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit in den Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einführt oder verbringt.

(3) Kann der Hersteller des Produkts nicht festgestellt werden, so gilt jeder Lieferant als dessen Hersteller, es sei denn, daß er dem Geschädigten innerhalb eines Monats, nachdem ihm dessen diesbezügliche Aufforderung zugegangen ist, den Hersteller oder diejenige Person benennt, die ihm das Produkt geliefert hat. Dies gilt auch für ein eingeführtes Produkt, wenn sich bei diesem die in Absatz 2 genannte Person nicht feststellen läßt, selbst wenn der Name des Herstellers bekannt ist.

(1) Ein Produkt hat einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere

a)
seiner Darbietung,
b)
des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann,
c)
des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde,
berechtigterweise erwartet werden kann.

(2) Ein Produkt hat nicht allein deshalb einen Fehler, weil später ein verbessertes Produkt in den Verkehr gebracht wurde.

12
a) Gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, sowie des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde (vgl. § 3 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ProdHaftG), berechtigterweise erwartet werden kann. Abzustellen ist dabei nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - VersR 2009, 649 f. m.w.N.; OLG Köln, VersR 2007, 1003; OLG Schleswig, NJW-RR 2008, 691, 692; Palandt/Sprau aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Kullmann, ProdHaftG, 5. Aufl., § 3 Rn. 4 ff.). Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen beurteilen sich grundsätzlich nach denselben objektiven Maßstäben wie die Verkehrspflichten des Herstellers im Rahmen der deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - aaO; BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Staudinger/Oechsler, BGB (2009), Einl. ProdHaftG Rn. 33, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19; Müller, VersR 2004, 1073, 1074). Der im Rahmen der deliktischen Produkthaftung entwickelte Fehlerbegriff sollte durch das Produkthaftungsgesetz keine Änderung erfahren (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO; Staudinger /Oechsler, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19, 103). Dementsprechend ist auch die Unterscheidung von Fabrikations-, Konstruktions- und Instruktionsfehlern, die im Rahmen der deliktischen Produkthaftung der Kategorisierung der konkreten Verkehrspflichten dient, nicht gegenstandslos geworden (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 353, 359; MünchKomm/Wagner, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 15, § 3 ProdHaftG Rn. 3, 29; Staudinger/Oechsler, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 38 ff., § 3 ProdHaftG Rn. 1, 12, 103; Müller, aaO; Kullmann, aaO, § 3 Rn. 9 ff.). Auf sie nimmt das Produkthaftungsgesetz bei der Haftungsbegründung vielmehr Bezug (vgl. etwa für den Entwicklungsfehler § 1 Abs. 2 Nr. 5, für den Konstruktionsfehler § 1 Abs. 3 und für den Instruktionsfehler § 3 Abs. 1 lit. a ProdHaftG sowie Staudinger/Oechsler, aaO).

(1) Ein Produkt hat einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere

a)
seiner Darbietung,
b)
des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann,
c)
des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde,
berechtigterweise erwartet werden kann.

(2) Ein Produkt hat nicht allein deshalb einen Fehler, weil später ein verbessertes Produkt in den Verkehr gebracht wurde.

12
a) Gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, sowie des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde (vgl. § 3 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ProdHaftG), berechtigterweise erwartet werden kann. Abzustellen ist dabei nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - VersR 2009, 649 f. m.w.N.; OLG Köln, VersR 2007, 1003; OLG Schleswig, NJW-RR 2008, 691, 692; Palandt/Sprau aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Kullmann, ProdHaftG, 5. Aufl., § 3 Rn. 4 ff.). Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen beurteilen sich grundsätzlich nach denselben objektiven Maßstäben wie die Verkehrspflichten des Herstellers im Rahmen der deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - aaO; BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Staudinger/Oechsler, BGB (2009), Einl. ProdHaftG Rn. 33, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19; Müller, VersR 2004, 1073, 1074). Der im Rahmen der deliktischen Produkthaftung entwickelte Fehlerbegriff sollte durch das Produkthaftungsgesetz keine Änderung erfahren (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO; Staudinger /Oechsler, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19, 103). Dementsprechend ist auch die Unterscheidung von Fabrikations-, Konstruktions- und Instruktionsfehlern, die im Rahmen der deliktischen Produkthaftung der Kategorisierung der konkreten Verkehrspflichten dient, nicht gegenstandslos geworden (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 353, 359; MünchKomm/Wagner, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 15, § 3 ProdHaftG Rn. 3, 29; Staudinger/Oechsler, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 38 ff., § 3 ProdHaftG Rn. 1, 12, 103; Müller, aaO; Kullmann, aaO, § 3 Rn. 9 ff.). Auf sie nimmt das Produkthaftungsgesetz bei der Haftungsbegründung vielmehr Bezug (vgl. etwa für den Entwicklungsfehler § 1 Abs. 2 Nr. 5, für den Konstruktionsfehler § 1 Abs. 3 und für den Instruktionsfehler § 3 Abs. 1 lit. a ProdHaftG sowie Staudinger/Oechsler, aaO).

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

12
a) Gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, sowie des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde (vgl. § 3 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ProdHaftG), berechtigterweise erwartet werden kann. Abzustellen ist dabei nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - VersR 2009, 649 f. m.w.N.; OLG Köln, VersR 2007, 1003; OLG Schleswig, NJW-RR 2008, 691, 692; Palandt/Sprau aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Kullmann, ProdHaftG, 5. Aufl., § 3 Rn. 4 ff.). Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen beurteilen sich grundsätzlich nach denselben objektiven Maßstäben wie die Verkehrspflichten des Herstellers im Rahmen der deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - aaO; BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Staudinger/Oechsler, BGB (2009), Einl. ProdHaftG Rn. 33, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19; Müller, VersR 2004, 1073, 1074). Der im Rahmen der deliktischen Produkthaftung entwickelte Fehlerbegriff sollte durch das Produkthaftungsgesetz keine Änderung erfahren (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO; Staudinger /Oechsler, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19, 103). Dementsprechend ist auch die Unterscheidung von Fabrikations-, Konstruktions- und Instruktionsfehlern, die im Rahmen der deliktischen Produkthaftung der Kategorisierung der konkreten Verkehrspflichten dient, nicht gegenstandslos geworden (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 353, 359; MünchKomm/Wagner, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 15, § 3 ProdHaftG Rn. 3, 29; Staudinger/Oechsler, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 38 ff., § 3 ProdHaftG Rn. 1, 12, 103; Müller, aaO; Kullmann, aaO, § 3 Rn. 9 ff.). Auf sie nimmt das Produkthaftungsgesetz bei der Haftungsbegründung vielmehr Bezug (vgl. etwa für den Entwicklungsfehler § 1 Abs. 2 Nr. 5, für den Konstruktionsfehler § 1 Abs. 3 und für den Instruktionsfehler § 3 Abs. 1 lit. a ProdHaftG sowie Staudinger/Oechsler, aaO).

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 25.9.2013 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn (4 O 104/11) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und der Nebeninterventionen trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin und ihre Streithelfer vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in  Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leisten.


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a) Gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, sowie des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde (vgl. § 3 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ProdHaftG), berechtigterweise erwartet werden kann. Abzustellen ist dabei nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - VersR 2009, 649 f. m.w.N.; OLG Köln, VersR 2007, 1003; OLG Schleswig, NJW-RR 2008, 691, 692; Palandt/Sprau aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Kullmann, ProdHaftG, 5. Aufl., § 3 Rn. 4 ff.). Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen beurteilen sich grundsätzlich nach denselben objektiven Maßstäben wie die Verkehrspflichten des Herstellers im Rahmen der deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - aaO; BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Staudinger/Oechsler, BGB (2009), Einl. ProdHaftG Rn. 33, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19; Müller, VersR 2004, 1073, 1074). Der im Rahmen der deliktischen Produkthaftung entwickelte Fehlerbegriff sollte durch das Produkthaftungsgesetz keine Änderung erfahren (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO; Staudinger /Oechsler, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19, 103). Dementsprechend ist auch die Unterscheidung von Fabrikations-, Konstruktions- und Instruktionsfehlern, die im Rahmen der deliktischen Produkthaftung der Kategorisierung der konkreten Verkehrspflichten dient, nicht gegenstandslos geworden (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 353, 359; MünchKomm/Wagner, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 15, § 3 ProdHaftG Rn. 3, 29; Staudinger/Oechsler, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 38 ff., § 3 ProdHaftG Rn. 1, 12, 103; Müller, aaO; Kullmann, aaO, § 3 Rn. 9 ff.). Auf sie nimmt das Produkthaftungsgesetz bei der Haftungsbegründung vielmehr Bezug (vgl. etwa für den Entwicklungsfehler § 1 Abs. 2 Nr. 5, für den Konstruktionsfehler § 1 Abs. 3 und für den Instruktionsfehler § 3 Abs. 1 lit. a ProdHaftG sowie Staudinger/Oechsler, aaO).

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

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2. Das Berufungsgericht wird in der neu eröffneten Instanz die weiteren Rügen der Nichtzulassungsbeschwerde und insbesondere zu berücksichtigen haben, dass im vorliegenden Fall Verletzungen des Klägers infolge des Unfalls (mehrfache Brüche, aber auch Prellungen beider Schultern) zwischen den Parteien unstreitig sind. Damit aber sind Primärverletzungen, für welche die haftungsbegründende Kausalität nach § 286 ZPO festzustellen ist, vorhanden. Der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall und den Rupturen der Rotatorenmanschetten kann auch dann nach dem Maßstab des § 287 Abs. 1 ZPO festzustellen sein, wenn sich der Tatrichter bezüglich der bei einem insgesamt zu ermittelnden Kausalverlauf möglichen Folgen eine Überzeugung bilden muss. Nur der Nachweis des Haftungsgrunds (die haftungsbegründende Kausalität ) unterliegt den strengen Anforderungen des § 286 ZPO. Die Anwendung des § 287 Abs. 1 ZPO ist nicht auf Folgeschäden einer einzelnen Verletzung (hier: der Schultern) beschränkt, sondern umfasst auch die neben der feststehenden Körperverletzung (hier: "Überwurf" des P. u.a. mit Becken- und Rippenbruch ) im Sinn des § 823 Abs. 1 BGB entstehenden weiteren Schäden aus derselben Schädigungsursache (vgl. Senat, BGHZ 58, 48, 55 f.; 60, 177, 183 f.; Urteile vom 2. Dezember 1975 - VI ZR 79/74 - VersR 1976, 435, 437; vom 21. Oktober 1986 - VI ZR 15/85 - VersR 1987, 310; vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - VersR 2003, 474, 475; vom 4. November 2003 - VI ZR 28/03 - VersR 2004, 118; vom 12. Februar 2008 - VI ZR 221/06 - VersR 2008, 644; vgl. OLG Saarbrücken, HVBG-Info 2006, 473 = juris Rn. 44).
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bb) Diese Ausführungen legen nahe, dass das Berufungsgericht die Anforderungen an die Überzeugungsbildung überspannt hat. Selbst nach dem strengen Maßstab des § 286 ZPO bedarf es keines naturwissenschaftlichen Kausalitätsnachweises und auch keiner "mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit" , vielmehr genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der verbleibenden Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 256; Senatsurteile vom 9. Mai 1989 - VI ZR 268/88, VersR 1989, 758, 759; vom 18. Januar 2000 - VI ZR 375/98, VersR 2000, 503, 505; und vom 12. Februar 2008 - VI ZR 221/06, VersR 2008, 644 Rn. 11). Für den Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität kann nach dem Beweismaß des § 287 ZPO eine überwiegende, Wahrscheinlichkeit genügen (Senatsurteil vom 12. Februar 2008 - VI ZR 221/06, VersR 2008, 644 Rn. 9 m.w.N.).
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Der Patient hat grundsätzlich den Ursachenzusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem geltend gemachten Gesundheitsschaden nachzuweisen. Dabei ist zwischen der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität zu unterscheiden. Erstere betrifft die Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für die Rechtsgutverletzung als solche, also für den Primärschaden des Patienten im Sinne einer Belastung seiner gesundheitlichen Befindlichkeit. Insoweit gilt das strenge Beweismaß des § 286 ZPO, das einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit verlangt (BGHZ 53, 245, 255 f.; Senatsurteile vom 9. Mai 1989 - VI ZR 268/88 - VersR 1989, 758, 759 und vom 18. Januar 2000 - VI ZR 375/98 - VersR 2000, 503, 505; BGH, Urteil vom 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91 - NJW 1993, 935, 937). Die Feststellung der haftungsausfüllenden Kausalität und damit der Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für alle weiteren (Folge-)Schäden einschließlich der Frage einer fehlerbedingten Verschlimmerung von Vorschäden richtet sich hingegen nach § 287 ZPO; hier kann zur Überzeugungsbildung eine überwie- gende Wahrscheinlichkeit genügen (Senatsurteile vom 24. Juni 1986 - VI ZR 21/85 - VersR 1986, 1121, 1122 f.; vom 21. Oktober 1987 - VI ZR 15/85 - VersR 1987, 310; vom 22. September 1992 - VI ZR 293/91 - VersR 1993, 55 f. und vom 21. Juli 1998 - VI ZR 15/98 - VersR 1998, 1153, 1154).

(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.

(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn

1.
er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat,
2.
nach den Umständen davon auszugehen ist, daß das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte,
3.
er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat,
4.
der Fehler darauf beruht, daß das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder
5.
der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.

(3) Die Ersatzpflicht des Herstellers eines Teilprodukts ist ferner ausgeschlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden.

(4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 179/04 Verkündet am:
14. Juni 2005
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Zur Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises für eine HIV-Infektion durch die Verabreichung
von Blutprodukten (im Anschluß an BGHZ 114, 284).

b) Zur Dokumentationspflicht und zur sekundären Darlegungslast des Verwenders
von Blutprodukten hinsichtlich der Chargennummer des verabreichten Produkts.

c) Ist eine Aufklärung über die Gefahr einer HIV-Infektion bei Verabreichung von Blutprodukten
nicht möglich, ist der Patient jedenfalls nachträglich über diese Gefahr
aufzuklären und ihm zu einem HIV-Test zu raten (nachträgliche Sicherungsaufklärung
).

d) Auch ein im Behandlungszeitpunkt noch nicht bekannter Ehepartner des Patienten
ist in den Schutzbereich der Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung über
die Gefahr einer transfusionsassoziierten HIV-Infektion einbezogen.
BGH, Urteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04 - OLG Koblenz
LG Trier
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Juni 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 7. Juni 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Der Streithelfer trägt seine Kosten selbst.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 127.823 € (250.000 DM) nebst Zinsen und die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige materielle Schäden wegen einer bei ihr festgestellten HIV-Infektion. Der Beklagte ist seit 1. Februar 1986 Träger des Krankenhauses W., das zuvor vom Streithelfer des Beklagten getragen worden war.
Die Klägerin ist seit 1988 mit M., einem ehemaligen Patienten des Beklagten , bekannt und seit dem 11. August 1994 mit ihm verheiratet. Dieser erhielt nach einem Motorradunfall am 29. Juni 1985 im Krankenhaus W. Frischblut von drei Spendern sowie mehrere aus Blutspenden hergestellte Produkte (Erythrozyten-Konzentrat, GFP, PPSB und Biseko). Er wurde nach seiner zunächst bis 24. Dezember 1985 dauernden stationären Behandlung noch bis 9. Oktober 1987 mehrfach stationär im Krankenhaus W. behandelt. Im Dezember 1997 wurden in einer Blutprobe von M. HIV-Antikörper festgestellt. Im Januar 1998 stellte sich heraus, daß auch die Klägerin HIVinfiziert ist. Sie erhält seit 1998 aus der Stiftung "Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen" eine Rente von 766,94 € (1.500 DM) monatlich. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben der Beklagte und sein Streithelfer die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Kausalzusammenhang zwischen der HIV-Infektion der Klägerin und der Behandlung ihres Ehemanns mit Blutprodukten im Jahre 1985. Es bestehe ein von dem Beklagten nicht entkräfteter
Beweis des ersten Anscheins dafür, daß der Ehemann der Klägerin damals mit HIV infiziert worden sei und den Virus auf die Klägerin übertragen habe. Die Eheleute hätten weder zu den HIV-gefährdeten Risikogruppen gehört noch seien sie durch die Art ihrer Lebensführung einer (gesteigerten) Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen. Die Lebenserfahrung spreche dafür, daß die verabreichten Blutprodukte als Infektionsquelle anzusehen seien. Außerdem sei davon auszugehen, daß zumindest das verabreichte Blutprodukt PPSB der B. AG HIV-kontaminiert gewesen sei. Da der Beklagte die Chargennummern des verwendeten Produktes im Rechtsstreit nicht angegeben habe, könne die Klägerin keine näheren Einzelheiten dazu vortragen, ob das PPSB auch aus Blut HIVinfizierter Spender gewonnen worden sei und ob weitere transfusionsassoziierte HIV-Infektionen Dritter bekannt geworden seien. Zu ihren Gunsten sei daher von einer Kontaminierung des Produkts auszugehen. Die Ärzte hätten die ihnen auch gegenüber der Klägeri n obliegenden Sorgfaltspflichten verletzt, weil sie trotz der vielen 1985 verabreichten Blutprodukte bei keinem der zahlreichen späteren Krankenhausaufenthalte ihren Ehemann auf die Möglichkeit einer HIV-Infektion hingewiesen und einen HIVTest angeraten hätten. Das Risiko einer transfusionsassoziierten HIV-Infektion sei Mitte 1985 hinreichend bekannt gewesen. Diese Hinweispflicht habe ihnen auch im Interesse der Klägerin oblegen, denn die behandelnden Ärzte hätten damit rechnen müssen, daß ihr Ehemann sich nach seiner Genesung eine Partnerin suchen und heiraten werde. Der Wechsel in der Trägerschaft des Krankenhauses sei unerheblich, da der Beklagte als neuer Träger bei Übernahme des Krankenhauses alle Verbindlichkeiten aus dem Betrieb übernommen habe.

II.

Die Revision des Beklagten und seines Streithelfers hat keinen Erfolg. 1. Ohne Rechtsfehler und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht die Infizierung der Klägerin mit dem HIV-Virus als tatbestandliche Gesundheitsverletzung im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB angesehen. Darunter fällt jedes Hervorrufen eines von den normalen körperlichen Funktionen nachteilig abweichenden Zustandes; unerheblich ist, ob Schmerzzustände auftreten , ob eine tiefgreifende Veränderung der Befindlichkeit eingetreten ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 284, 289 sowie BGHSt 36, 1, 6 f. und 36, 262, 265 - zu HIV; BGHZ 8, 243, 246 und BGH, Urteil vom 14. Dezember 1953 - III ZR 183/52 - VersR 1954, 116, 117, insoweit nicht in BGHZ 11, 227 - zu Lues) oder ob es zum Ausbruch der Immunschwächekrankheit AIDS gekommen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 284, 289; BGHSt 36, 1, 6). 2. Die Klägerin ist durch ihren Ehemann infiziert worden, der seinerseits im Krankenhaus des Beklagten durch die Gabe von Blutprodukten infiziert worden war.
a) Das Berufungsgericht hat - von der Revision nicht angegriffen - aufgrund Anscheinsbeweises festgestellt, daß der Ehemann den HIV-Virus an die Klägerin übertragen hat.
b) Der Ehemann der Klägerin ist im Krankenhaus des Beklagten infiziert worden. Das Berufungsgericht hat auch dies - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nach dem Beweis des ersten Anscheins ohne Rechtsfehler festgestellt. Die Einwendungen der Revision hiergegen haben keinen Erfolg.
aa) Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist. Ein solcher typischer Geschehensablauf kann anzunehmen sein, wenn die Kontaminierung eines verwendeten Blutprodukts feststeht und keine weiteren Ursachen außerhalb des Verantwortungsbereichs der Behandlungsseite für die der Kontaminierung entsprechende Erkrankung ersichtlich sind (vgl. Senatsurteile BGHZ 114, 290; vom 29. Juni 1982 - VI ZR 206/80 - VersR 1982, 972). Bei einer HIV-Infektion nach Bluttransfusion setzt das voraus , daß der Patient weder zu den HIV-gefährdeten Risikogruppen gehört noch durch die Art seiner Lebensführung einer gesteigerten Infektionsgefahr ausgesetzt ist, aber HIV-kontaminiertes Blut oder kontaminierte Blutprodukte erhalten hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 290; OLG Düsseldorf, NJW 1995, 3060; VersR 1996, 377, 378; VersR 1996, 1240; VersR 1998, 103; OLG Hamm, VersR 1995, 709; NJW-RR 1997, 217, 218; OLG Karlsruhe, OLGR 2002, 170; s.a. im Zusammenhang mit einer Hepatitis-Infektion OLG Brandenburg, NJW 2000, 1500; OLG Celle, NJW-RR 1997, 1456; LG Nürnberg-Fürth, VersR 1998, 461 mit Anm. Bender; MüKo-BGB/Wagner, 4. Aufl., § 823 Rn. 731; Hecker/ Weimann, VersR 1997, 532, 534; a.A. OLG Koblenz, NJW-RR 1998, 167, 168). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht für den Ehemann der Klägerin bejaht. (1) Die erste Voraussetzung für die Anwendung des Anscheinsbeweises, daß der Patient weder zu den HIV-gefährdeten Risikogruppen gehörte noch durch die Art seiner Lebensführung einer gesteigerten Infektionsgefahr ausgesetzt war, hat das Berufungsgericht für den Ehemann der Klägerin festgestellt. Die Revision beanstandet das nicht. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.
(2) Das Berufungsgericht hat auch eine Kontaminierung des verabreichten PPSB festgestellt. Das begegnet aus Rechtsgründen keinen Bedenken. (a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Ärzte des Krankenhauses W. lediglich eine trockenhitzeinaktivierte, nicht pasteurisierte und damit potentiell infektiöse PPSB-Charge verwendet, die HIV-kontaminiert gewesen war. Die entsprechende Behauptung der Klägerin hat das Oberlandesgericht mangels substantiierten Bestreitens des Beklagten als unstreitig angesehen. Das ist nach Lage des Falles unter den gegebenen Umständen aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Die Klägerin hatte vorgetragen, die ihrem Ehemann verabreichte Charge PPSB sei HIV-kontaminiert gewesen. Das hatte der Beklagte nicht "substantiiert" und damit nicht ausreichend bestritten. Nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO hat eine Partei, soll ihr Vortrag beachtlich sein, auf Behauptungen des Prozeßgegners substantiiert, d.h. mit näheren Angaben zu erwidern. Eine solche Pflicht besteht zwar nicht schlechthin. Sie ist aber nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast dann zu bejahen, wenn der Beklagte - wie hier - alle wesentlichen Tatsachen kennt oder kennen muß und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. Senatsurteile BGHZ 100, 190, 196; vom 12. Juli 1983 - VI ZR 280/81 - VersR 1983, 1035, 1037 und vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97 - VersR 1999, 774, 775). Nach diesen Grundsätzen hätte der Beklagte zumindest die Nummer der verabreichten Charge näher darlegen müssen, damit die Klägerin Indizien vortragen konnte, aus denen sich eine Kontamination dieser dem Ehemann der Klägerin verabreichten Charge PPSB ergeben hätte. Der Beklagte hat hierzu jedoch nichts im einzelnen dargelegt und insbesondere auch nicht vorgetragen, daß und weshalb ihm die Angabe der Chargennummer, welche Klarheit über
die Frage des Herstellungsdatums und damit die Art der Virusinaktivierung gebracht hätte, unzumutbar oder unmöglich gewesen wäre. Angesichts der Patientenunterlagen und der nach dem Vortrag des Beklagten bestehenden Möglichkeit , aus den Apothekerunterlagen die Chargennummern der verabreichten anderen Blutprodukte vorzutragen, genügte es nicht, wenn der Beklagte sich darauf beschränkte, bei einer Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren für Daten sei es nicht verwunderlich, daß der Fall heute nicht mehr komplett nachvollzogen werden könne. Vielmehr hätte er vortragen müssen, aus welchen Gründen ihm die vom Berufungsgericht für erforderlich gehaltene Darlegung nicht möglich sei. Die Klägerin konnte die von ihr benötigten Informationen zu den Chargen nicht auf anderem Wege - insbesondere nicht aus den Patientenunterlagen ihres Ehemannes, die diese Angaben nicht enthalten - ermitteln und hatte daher ausreichend vorgetragen. (b) Die Einwendungen der Revision hiergegen greifen nicht durch. Zwar weist sie zu Recht darauf hin, daß Voraussetzung der "sekundären Darlegungslast" des Beklagten die Zumutbarkeit näherer Angaben ist. Auch mögen nähere Angaben zur HIV-Infektion der Charge dem Beklagten nicht ohne weiteres möglich gewesen sein, weil dieser das Blutprodukt nicht selbst hergestellt hat und deshalb auch nicht gehalten war, dessen Herstellung zu überwachen. Das Berufungsgericht hat jedoch im Rahmen der sekundären Darlegungslast des Beklagten lediglich die Angabe der Chargennummern, nicht nähere Angaben zu den Spendern verlangt. Die Chargennummern waren dokumentationspflichtig. Das ergibt schon ein Rückschluß aus der ausdrücklich als deklaratorisch bezeichneten Äußerung des Vorstandes der Bundesärztekammer vom 15. Oktober 1993, nach der die Pflicht des Arztes zur ordnungsgemäßen Dokumentation (vgl. Rat-
zel/Lippert, Kommentar zur Musterberufsordnung der deutschen Ärzte (MBO), 3. Aufl., § 10 Rn. 4) auch die Dokumentation der Chargennummern von Blutzubereitungen umfasse, weil dies Voraussetzung sei, Blutzubereitungen zum Empfänger später sicher zurückverfolgen zu können (AIDS-Forschung [AIFO] 1994, 39, 41). Anhaltspunkte dafür, daß eine solche Dokumentationspflicht 1985 noch nicht bestanden hätte, sind nicht ersichtlich und von der Revision auch nicht dargelegt. Die Revision meint, Rückfragen bei der B. AG und Vortrag hinsichtlich der HIV-Kontaminierung von PPSB-Produkten seien der Klägerin auch ohne die Chargennummern möglich gewesen. Deswegen müsse der Grundsatz gelten , daß keine Partei gehalten sei, dem Gegner für seinen Prozeßsieg das Material zu verschaffen, über das er nicht schon von sich aus verfüge (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1958 - II ZR 66/57 - WM 1958, 961, 962; Urteil vom 11. Juni 1990 - II ZR 159/89 - VersR 1990, 1254, 1255). Das geht fehl. Ungeachtet der Frage, ob es der Klägerin zumutbar und möglich gewesen wäre, ohne Eingrenzung auf eine bestimmte Charge von der B. AG Informationen über Fälle von HIV-Infizierung in allen Chargen von 1984 zu erlangen, hätte sie ihren Vortrag durch Anfrage ohne die Chargennummer nicht ausreichend substantiieren können. Ohne Zuordnung zu einer bestimmten Charge ist nämlich der Vortrag, daß 1984 bei B. AG infizierte PPSB-Produkte im Umlauf waren, nicht geeignet, die primär der Klägerin obliegende Darlegungslast zur Kontaminierung des bei ihrem Ehemann verwendeten Blutproduktes zu erfüllen. Für einen substantiierten Vortrag auch hinsichtlich der HIV-Kontaminierung benötigte die Klägerin die Chargennummer, zu deren Offenbarung der Beklagte - wie ausgeführt - prozeßrechtlich verpflichtet war.
Der Meinung der Revision, auch die Angabe der Chargennummer hätte der Klägerin keine näheren Angaben über die Spender ermöglicht, da wegen der Poolung der Humanplasmen bei der Herstellung des PPSB die Spenderdaten bereits nicht ermittelbar gewesen seien und zumindest wegen der abgelaufenen Zeit für die Aufbewahrung von Krankenunterlagen die Spenderdaten nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten, vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar ist es richtig, daß die Geständnisfiktion des § 138 Abs. 2, 3 ZPO nicht dazu dient, der Klägerin über Beweisschwierigkeiten hinwegzuhelfen, die sie auch gehabt hätte, wäre der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen. Der Beklagte hat jedoch die Chargennummer nicht vorgetragen, die für eine Darlegung der Kontaminierung seitens der Klägerin erforderlich gewesen wäre. Die Angabe von Spenderdaten war dagegen nicht zwingend erforderlich, um den Nachweis der Kontaminierung einer Charge zu ermöglichen. bb) Das Berufungsgericht hat - von der Revision unbeanstandet - festgestellt , daß aufgrund des bei der Erstvorstellung des Ehemanns der Klägerin in der Universitätsklinik F. im Jahre 1998 nachgewiesenen deutlichen Immundefekts und des mäßiggradig erhöhten Virussloads ein länger zurückliegender Infektionszeitpunkt von etwa zehn Jahren sehr wahrscheinlich ist und deshalb für M. andere Infektionsquellen als die 1985 verabreichten Blutprodukte ausscheiden. Der hiernach vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejahte Anscheinsbeweis wird durch die Ausführungen der Revision zu einem anderen möglichen Infektionsweg nicht erschüttert. Hierzu hätte es der konkreten Darlegung einer anderen Infektionsquelle, nicht nur einer theoretisch möglichen anderen Ursache bedurft (vgl. Senatsurteil vom 4. März 1997 - VI ZR 51/96 - VersR 1997, 835, 836; BGHZ 11, 227, 230 f.). Daß auch das verabreichte Biseko kontaminiert gewesen sein konnte, läßt die Haftung des Beklagten we-
gen der Verabreichung von kontaminiertem PPSB nicht entfallen. Soweit die Revision eine Infektionsmöglichkeit bei der Notarztbehandlung behauptet, fehlt es an jeglichem Vortrag dazu, aufgrund welcher tatsächlichen Anhaltspunkte es hier zu einer HIV-Infektion gekommen sein könnte. 3. Ohne Fehler hat das Berufungsgericht auch eine Pflicht der Ärzte des Beklagten bejaht, den Ehemann der Klägerin angesichts der zahlreichen Bluttransfusionen auf die Möglichkeit einer HIV-Infektion hinzuweisen und zu einem HIV-Test zu raten (nachträgliche Sicherungsaufklärung), was ihnen anläßlich seiner weiteren Krankenhausaufenthalte unschwer möglich gewesen wäre.
a) Eine Aufklärungspflicht über die Gefahren der Verabreichung von Blutprodukten entspricht den vom erkennenden Senat bereits früher aufgestellten Anforderungen an die Risikoaufklärung bei Bluttransfusionen (vgl. BGHZ 116, 379, 382 ff.). Die Aufklärungspflicht setzte keine sichere Kenntnis in Fachkreisen davon voraus, daß HIV-Infektionen transfusionsassoziiert auftraten; angesichts der erheblichen Beeinträchtigungen, die mit einer HIV-Infektion/AIDSErkrankung einhergehen, genügte für das Entstehen einer Aufklärungspflicht schon die ernsthafte Möglichkeit der Gefahr (vgl. Senatsurteil vom 21. November 1995 - VI ZR 329/94 - VersR 1996, 233). Daß 1985 die Möglichkeit transfusionsassoziierter HIV-Infektionen in Fachkreisen ernsthaft (wenn auch "zurückhaltend") diskutiert wurde, zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Ist eine präoperative Aufklärung wegen der Notfallbehandlung oder Unansprechbarkeit des schwer verunfallten Patienten - wie hier - nicht möglich, wandelt sich die Aufklärungsverpflichtung des Arztes gegenüber dem Patienten jedenfalls bei für den Patienten und dessen Kontaktpersonen lebensgefährli-
chen Risiken zu einer Pflicht zur alsbaldigen nachträglichen Selbstbestimmungs - und Sicherungsaufklärung. Dies liegt in der in ständiger Rechtsprechung angenommenen Pflicht von Ärzten und Krankenhausträg ern begründet, die höchstmögliche Sorgfalt anzuwenden, damit der Patient durch eine Behandlung nicht geschädigt wird. Im hier zu entscheidenden Fall kam die Pflicht hinzu dafür Sorge zu tragen, daß sich eine gefährliche Infektion nicht verbreitet (vgl. jetzt §§ 6, 7 Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen - Infektionsschutzgesetz - vom 20. Juli 2000 - BGBl. I S. 1045 ff.; Senatsurteil vom 10. November 1970 - VI ZR 83/69 - VersR 1971, 227, 229; BGHZ 126, 386, 388 ff.; schon RG HRR 1932 Nr. 1828; Deutsch, Rechtsprobleme von AIDS, 1988, 15).
b) Entgegen der Ansicht der Revision ist im vorliegenden Fall auch nicht entscheidend, ob es eine standesrechtliche Verpflichtung für Ärzte gab, die Empfänger von Blutprodukten nachträglich zu ermitteln und sie zu einem Test zu bewegen. Der Ehemann der Klägerin war fortlaufend in Behandlung der Ärzte des Beklagten, die bei den Folgebehandlungen im Besitz der vollständigen Krankenunterlagen waren und wußten, daß ihm im Krankenhaus des Beklagten zahlreiche Blutprodukte verabreicht worden waren. Die Frage der Nachermittlung ehemaliger Empfänger stellte sich hier deshalb nicht.
c) Das Berufungsgericht hat entgegen der Rüge der Revision das Fehlen ärztlicher Richtlinien zur Frage der Sicherungsaufklärung gesehen und als nicht erheblich bewertet. Es ist unter Auswertung der Ausführungen des Sachverständigen und der von diesem ausgewerteten Literatur zu der Überzeugung gelangt, daß bereits im Jahre 1985 das Risiko einer transfusionsassoziierten HIV-Übertragung bekannt war, und hat daraus den Schluß gezogen, unabhängig von der Existenz standesrechtlicher Richtlinien sei der Patient über dieses
Risiko zumindest nachträglich zu informieren gewesen. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Revision unter Hinweis auf fehlende Richtlinien zur Aufklärung und die vom Streithelfer eingereichte Bekanntmachung des Bundesgesundheitsamtes vom 6. Juni 1988 über die in Fachkreisen noch 1988 bestehende Unklarheit über die Sicherheit hinsichtlich des Risikos einer HIVInfektion bei der Anwendung von Blut oder Blutkonserven das Ergebnis des Berufungsgerichtes angreift, setzt sie ihre Beweiswürdigung an die Stelle der des Berufungsgerichtes. Das ist ihr verwehrt (§ 559 Abs. 2 ZPO). Im übrigen hat der Sachverständige hierzu ausgeführt, daß die von der Revision erwähnte Unklarheit nicht den Übertragungsweg des HIV-Erregers über die Transfusion, sondern die Virus-Sicherheit der Blutprodukte trotz entsprechender Testung betraf. Gegen die Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung spricht auch nicht das Fehlen von Richtlinien, da die Formulierung von Richtlinien notwendigerweise dem tatsächlichen Erkenntnisstand hinterherhinken muß (vgl. LG Hannover, NJW 1997, 2455, 2456). Fehler des Berufungsgerichts in der umfassenden und widerspruchsfreien Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Verhandlungen und den Beweisergebnissen oder Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze sind nicht erkennbar.
d) Das Berufungsgericht hat auch nicht gegen § 412 Abs. 1 ZPO verstoßen. Entgegen der Auffassung der Revision durfte es die Ausführungen des Sachverständigen Br. seiner Überzeugungsbildung zugrundelegen und war nicht gehalten, ein weiteres Gutachten eines Unfallchirurgen oder Transfusionsmediziners einzuholen. Ermessensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor.
Die Einwendungen der Revision gegen die Sachkunde des Sachverständigen haben keinen Erfolg. Zwar ist der Sachverständige selbst nicht Arzt, sondern Diplom-Biologe; er verfügte aber aus seiner Tätigkeit im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, das als Nachfolger des Bundesgesundheitsamts - der zentralen Anlaufstelle für das Problem der HIV-Infektionen in den achtziger Jahren - dessen Aktenbestand verwaltet (vgl. § 2 Abs. 3 Gesetz über die Nachfolgeeinrichtungen des Bundesgesundheitsamts vom 24. Juni 1994 - BGBl. I S. 1416), über die erforderliche Sachkunde hinsichtlich der 1985 aufgrund der Veröffentlichungen des Bundesgesundheitsamts zur Verfügung stehenden Informationen über transfusionsassoziierte HIV-Infektionen. Zu klären war der allgemein bzw. in der Fachpresse allen Ärzte n zugängliche Informationsstand über derartige Infektionswege. Maßgeblich war nicht die Sicht eines 1985 "in einem ländlichen Krankenhaus tätigen Unfallchirurgen", wie die Revision meint; entscheidend waren vielmehr die für Ärzte 1985 allgemein gegebenen Informationsmöglichkeiten, die der Sachverständige dargestellt hat. Daß den Ärzten des Beklagten diese Informationsmöglichkeit en nicht zur Verfügung gestanden oder daß sich aus deren Informationsmöglichkeiten andere Erkenntnisse ergeben hätten, ist nicht ersichtlich und wird von der Revision nicht vorgetragen. Ebensowenig hat die Revision Vortrag vor dem Tatrichter dazu aufgezeigt , daß ein Sachverständiger für Unfallchirurgie oder Transfusionsmedizin über überlegene Forschungsmittel oder neuere Erkenntnisse verfügt hätte, die das Berufungsgericht hätte in Anspruch nehmen müssen (vgl. Senatsurteile vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 - VersR 1980, 533 und vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98 - VersR 1999, 716, 717 f.).
4. Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner nicht nur den behandelten Patienten, sondern auch dessen zum Behandlungszeitpunkt noch nicht bekannten Ehepartner in den Schutzbereich der Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung über die Gefahr einer transfusionsassoziierten HIV-Infektion einbezogen.
a) Die gegenteilige Auffassung - insbesondere der vom Streithelfer für den Beklagten geführten Revision - wird nicht von der an sich zutreffenden Erkenntnis getragen, daß es sich bei den Ersatzansprüchen Dritter im Rahmen der §§ 844, 845 BGB um Ausnahmevorschriften handelt, deren Anwendungsbereich regelmäßig nicht auszudehnen ist. Der erkennende Senat hat bereits ausgeführt, daß es für den Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB unerheblich ist, daß der unmittelbare Schaden des Dritten durch die Verletzung einer anderen Person vermittelt worden ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 56, 163, 169). Der Grundsatz , daß für mittelbare Schäden außerhalb der §§ 844, 845 BGB deliktisch nicht gehaftet wird, gilt nur für Vermögensschäden, die aus der Verletzung eines Rechtsguts des Primärgeschädigten bei Dritten hervorgehen. Er beansprucht dagegen keine Geltung, wenn der Geschädigte - wie hier - einen Schaden erleidet, der in der Verletzung eines eigenen Rechtsguts des § 823 Abs. 1 BGB besteht und für den der Schädiger im Rahmen des Zurechnungszusammenhanges zu haften hat (vgl. von Gerlach, Festschrift für Steffen, 1995, 147, 150).
b) Soweit die Auffassung vertreten wird, es bedürfe einer personalen Sonderbeziehung um eine uferlose Ausweitung des Kreises der Ersatzberechtigten zu verhindern (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 1994, 44), sind diese Erwägungen ersichtlich im Rahmen des Schockschadens, also eines psychisch vermittelten Schadens angestellt worden (vgl. RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl.,
§ 823 Rn. 11; Soergel/Zeuner, BGB, 12. Aufl., § 823 Rn. 27). Bei derartigen Schadensfällen dient die enge personale Verbundenheit dazu, den Kreis derer zu beschreiben, die den Integritätsverlust des Opfers als Beeinträchtigung der eigenen Integrität und nicht als "normales" Lebensrisiko der Teilnahme an den Ereignissen der Umwelt empfinden. Dieser Gesichtspunkt hat keine Berechtigung in Fällen wie dem vorliegenden. Hier stehen im Vordergrund die besonderen Gefahren einer Infektion mit HIV nicht nur für den primär Infizierten, sondern - ähnlich wie bei einer Seuche wie Cholera - gerade auch für Dritte. Ebenso wie in BGHZ 114, 284 ff. nötigt die vorliegende Fallgestaltung nicht zur Entscheidung der Frage, ob jeder Dritte in den Schutzbereich der Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung fällt (vgl. BGHZ 126, 386, 393; von Gerlach aaO 154; weitergehend Staudinger/Hager, BGB, 13. Bearbeitung, § 823, Rn. B 24 f.). Jedenfalls der Ehepartner oder ein ständiger Lebensgefährte des Patienten muß in den Schutzbereich der Sicherungsaufklärung einbezogen sein (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 284, 290). Das ist vom haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang her geboten, zumal mit einer HIV-Infektion Lebensgefahr verbunden ist. Bei dieser Erkrankung trägt die Behandlungsseite in besonderem Maße Verantwortung dafür, eine Verbreitung der lebensgefährlichen Infektion möglichst zu verhindern. Hinzu kommt, daß die Ärzte des Beklagten während einer der zahlreichen stationären Nachbehandlungen mit einem einfachen Hinweis an den Ehemann der Klägerin diesen zu einem Test hätten veranlassen und so die Gefahr einer Verbreitung der Infektion unschwer hätten verringern können. 5. Das Berufungsgericht ist - von der Revision nicht beanstandet und ohne Rechtsfehler - davon ausgegangen, daß im hier zu entscheidenden Fall der Wechsel in der Trägerschaft des Krankenhauses vom Streithelfer auf den Beklagten nicht entscheidungserheblich ist. Die Frage bedarf deshalb keiner
näheren Ausführungen, zumal der zweite Krankenhausaufenthalt des Ehemanns der Klägerin zwar noch unter der Trägerschaft des Streithelfers begann, aber erst unter der Trägerschaft des Beklagten endete. 6. Das Berufungsgericht hat schließlich eine Kürzung der Ansprüche der Klägerin nach den Grundsätzen der gestörten Gesamtschuld im Ergebnis zutreffend verneint. Es kann dahinstehen, ob diese Grundsätze vorliegend überhaupt eingreifen könnten, weil es - anders als in den bisher vom erkennenden Senat entschiedenen Fällen - nicht um ein sozialversicherungsrechtliches Haftungsprivileg geht (vgl. Senatsurteile BGHZ 61, 51, 55; vom 17. Februar 1987 - VI ZR 81/86 - NJW 1987, 2669, 2670; vom 24. Juni 2003 - VI ZR 434/01 - VersR 2003, 1260, 1261 f.; vom 11. November 2003 - VI ZR 13/03 - VersR 2004, 202; vom 14. Juni 2005 - VI ZR 25/04 - z.V.b.; vgl. allerdings auch Senatsurteil vom 23. April 1985 - VI ZR 91/83 - VersR 1985, 763). Die Anwendung dieser Grundsätze würde jedenfalls voraussetzen, daß zwischen dem Beklagten und einem anderen Schädiger ein Gesamtschuldverhältnis im Sinne von §§ 421, 840 Abs. 1 BGB besteht. Hiervon kann nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts indes nicht ausgegangen werden. Zwar müßte entgegen seiner Auffassung eine Haftung der B. AG nicht an der Kausalität scheitern, von der das Berufungsgericht selbst ausgegangen ist. Indessen fehlt es nach seinen tatsächlichen Feststellungen an dem für die Annahme eines Gesamtschuldverhältnisses im Sinne des § 840 BGB erforderlichen Verschulden der B. AG bei der Herstellung des kontaminierten Blutprodukts. Erst die Erkennbarkeit eines Risikos kann Verpflichtungen des Herstellers im Sinne der Produktsicherung oder der Gefahrenabwehr auslösen. Eine nicht bekannte Entwicklungsgefahr geht im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB nicht zu Lasten des Herstellers, weil dieser nicht für unbekannte Entwicklungsfehler haftet (vgl. Kullmann/Pfister, Produzentenhaftung, Kza 1526, S. 28 zu FN 145; Kuchinke
in: Festschrift für Laufke, 1971, S. 126; vgl. LG Bonn, AIFO 1994, 419 ff. zur Produzentenhaftung bei Herstellung von PPSB). Bei dieser Sachlage kann eine Verschuldenshaftung für Virusinfektionen durch Blutprodukte erst einsetzen, wenn der Virus erkennbar war und Möglichkeiten zu seiner Abtötung gegeben waren (vgl. Deutsch, VersR 1997, 905, 908; Reinelt, VersR 1990, 565, 571). Das Berufungsgericht hat hierzu revisionsrechtlich bindend festgestellt, daß hinreichend sichere Testverfahren zur Feststellung des Virus erst im Herbst 1985 zur Verfügung standen. Daß die B. AG das 1985 bei der Herstellung von
PPSB verwandte Pasteurisierungsverfahren schon 1984 hätte anwenden müssen , kann hiernach nicht angenommen werden. Die Revision legt auch nicht dar, daß das Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerhaft Vortrag des Beklagten oder des Streithelfers zum Verschulden der B. AG übergangen hätte.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.

(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn

1.
er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat,
2.
nach den Umständen davon auszugehen ist, daß das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte,
3.
er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat,
4.
der Fehler darauf beruht, daß das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder
5.
der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.

(3) Die Ersatzpflicht des Herstellers eines Teilprodukts ist ferner ausgeschlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden.

(4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast.

12
a) Gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, sowie des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde (vgl. § 3 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ProdHaftG), berechtigterweise erwartet werden kann. Abzustellen ist dabei nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - VersR 2009, 649 f. m.w.N.; OLG Köln, VersR 2007, 1003; OLG Schleswig, NJW-RR 2008, 691, 692; Palandt/Sprau aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Kullmann, ProdHaftG, 5. Aufl., § 3 Rn. 4 ff.). Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen beurteilen sich grundsätzlich nach denselben objektiven Maßstäben wie die Verkehrspflichten des Herstellers im Rahmen der deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - aaO; BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Staudinger/Oechsler, BGB (2009), Einl. ProdHaftG Rn. 33, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19; Müller, VersR 2004, 1073, 1074). Der im Rahmen der deliktischen Produkthaftung entwickelte Fehlerbegriff sollte durch das Produkthaftungsgesetz keine Änderung erfahren (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO; Staudinger /Oechsler, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19, 103). Dementsprechend ist auch die Unterscheidung von Fabrikations-, Konstruktions- und Instruktionsfehlern, die im Rahmen der deliktischen Produkthaftung der Kategorisierung der konkreten Verkehrspflichten dient, nicht gegenstandslos geworden (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 353, 359; MünchKomm/Wagner, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 15, § 3 ProdHaftG Rn. 3, 29; Staudinger/Oechsler, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 38 ff., § 3 ProdHaftG Rn. 1, 12, 103; Müller, aaO; Kullmann, aaO, § 3 Rn. 9 ff.). Auf sie nimmt das Produkthaftungsgesetz bei der Haftungsbegründung vielmehr Bezug (vgl. etwa für den Entwicklungsfehler § 1 Abs. 2 Nr. 5, für den Konstruktionsfehler § 1 Abs. 3 und für den Instruktionsfehler § 3 Abs. 1 lit. a ProdHaftG sowie Staudinger/Oechsler, aaO).

(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.

(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn

1.
er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat,
2.
nach den Umständen davon auszugehen ist, daß das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte,
3.
er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat,
4.
der Fehler darauf beruht, daß das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder
5.
der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.

(3) Die Ersatzpflicht des Herstellers eines Teilprodukts ist ferner ausgeschlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden.

(4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast.

12
a) Gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, sowie des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde (vgl. § 3 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ProdHaftG), berechtigterweise erwartet werden kann. Abzustellen ist dabei nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - VersR 2009, 649 f. m.w.N.; OLG Köln, VersR 2007, 1003; OLG Schleswig, NJW-RR 2008, 691, 692; Palandt/Sprau aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Kullmann, ProdHaftG, 5. Aufl., § 3 Rn. 4 ff.). Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen beurteilen sich grundsätzlich nach denselben objektiven Maßstäben wie die Verkehrspflichten des Herstellers im Rahmen der deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - aaO; BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Staudinger/Oechsler, BGB (2009), Einl. ProdHaftG Rn. 33, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19; Müller, VersR 2004, 1073, 1074). Der im Rahmen der deliktischen Produkthaftung entwickelte Fehlerbegriff sollte durch das Produkthaftungsgesetz keine Änderung erfahren (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO; Staudinger /Oechsler, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19, 103). Dementsprechend ist auch die Unterscheidung von Fabrikations-, Konstruktions- und Instruktionsfehlern, die im Rahmen der deliktischen Produkthaftung der Kategorisierung der konkreten Verkehrspflichten dient, nicht gegenstandslos geworden (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 353, 359; MünchKomm/Wagner, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 15, § 3 ProdHaftG Rn. 3, 29; Staudinger/Oechsler, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 38 ff., § 3 ProdHaftG Rn. 1, 12, 103; Müller, aaO; Kullmann, aaO, § 3 Rn. 9 ff.). Auf sie nimmt das Produkthaftungsgesetz bei der Haftungsbegründung vielmehr Bezug (vgl. etwa für den Entwicklungsfehler § 1 Abs. 2 Nr. 5, für den Konstruktionsfehler § 1 Abs. 3 und für den Instruktionsfehler § 3 Abs. 1 lit. a ProdHaftG sowie Staudinger/Oechsler, aaO).

(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.

(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn

1.
er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat,
2.
nach den Umständen davon auszugehen ist, daß das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte,
3.
er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat,
4.
der Fehler darauf beruht, daß das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder
5.
der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.

(3) Die Ersatzpflicht des Herstellers eines Teilprodukts ist ferner ausgeschlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden.

(4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast.

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a) Gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, sowie des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde (vgl. § 3 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ProdHaftG), berechtigterweise erwartet werden kann. Abzustellen ist dabei nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - VersR 2009, 649 f. m.w.N.; OLG Köln, VersR 2007, 1003; OLG Schleswig, NJW-RR 2008, 691, 692; Palandt/Sprau aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Kullmann, ProdHaftG, 5. Aufl., § 3 Rn. 4 ff.). Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen beurteilen sich grundsätzlich nach denselben objektiven Maßstäben wie die Verkehrspflichten des Herstellers im Rahmen der deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08 - aaO; BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 3; Staudinger/Oechsler, BGB (2009), Einl. ProdHaftG Rn. 33, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19; Müller, VersR 2004, 1073, 1074). Der im Rahmen der deliktischen Produkthaftung entwickelte Fehlerbegriff sollte durch das Produkthaftungsgesetz keine Änderung erfahren (vgl. BT-Drucks. 11/2447, S. 18; MünchKomm/Wagner, aaO; Staudinger /Oechsler, aaO, § 3 ProdHaftG Rn. 13, 19, 103). Dementsprechend ist auch die Unterscheidung von Fabrikations-, Konstruktions- und Instruktionsfehlern, die im Rahmen der deliktischen Produkthaftung der Kategorisierung der konkreten Verkehrspflichten dient, nicht gegenstandslos geworden (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 353, 359; MünchKomm/Wagner, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 15, § 3 ProdHaftG Rn. 3, 29; Staudinger/Oechsler, aaO, Einl. ProdHaftG Rn. 38 ff., § 3 ProdHaftG Rn. 1, 12, 103; Müller, aaO; Kullmann, aaO, § 3 Rn. 9 ff.). Auf sie nimmt das Produkthaftungsgesetz bei der Haftungsbegründung vielmehr Bezug (vgl. etwa für den Entwicklungsfehler § 1 Abs. 2 Nr. 5, für den Konstruktionsfehler § 1 Abs. 3 und für den Instruktionsfehler § 3 Abs. 1 lit. a ProdHaftG sowie Staudinger/Oechsler, aaO).

(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.

(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn

1.
er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat,
2.
nach den Umständen davon auszugehen ist, daß das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte,
3.
er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat,
4.
der Fehler darauf beruht, daß das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder
5.
der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.

(3) Die Ersatzpflicht des Herstellers eines Teilprodukts ist ferner ausgeschlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden.

(4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast.

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Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Allein der Umstand, dass der vom Berufungsgericht angenommene Produktfehler - die Möglichkeit einer Explosion des Geräts aufgrund zu geringen Füllstands - weder anlässlich der Sicherheitsüberprüfung zwecks Zuerkennung des GS-Zeichens noch bei der stichprobenartigen Qualitätskontrolle entdeckt wurde, besagt nicht, dass die potenzielle Gefährlichkeit des Produkts unter Zugrundelegung des im Zeitpunkt seiner Inverkehrgabe objektiv zugänglichen Gefahrenwissens nicht hätte erkannt werden können (vgl. Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl., § 1 Rn. 65).

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Tenor

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 79.929,09 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Trägerin der orthopädischen Klinik B. ..., den Chefarzt der orthopädischen Abteilung als Operateur sowie die an der streitgegenständlichen Operation beteiligten Assistenten auf Schadensersatz in Anspruch, weil bei einer am 11.04.2011 durchgeführten Hüftprothesen - Wechseloperation Behandlungsfehler unterlaufen seien und es auch an der erforderlichen Risikoaufklärung gefehlt habe.

Die Klägerin hatte etwa 10 Jahre vor dem streitgegenständlichen Eingriff linksseitig ein künstliches Hüftgelenk (Totalendoprothese) erhalten; etwa 1 1/2 Jahre vor dem streitgegenständlichen Eingriff war entweder das rechte Hüftgelenk ebenfalls durch eine Prothese ersetzt worden oder es war dort ein Prothesenwechsel erfolgt.

Im März 2011 stellte sich die Klägerin dem Chefarzt der orthopädischen Abteilung der Beklagten zu 1), dem Beklagten zu 2), vor, weil sie seit geraumer Zeit unter Beschwerden im Bereich der linken Hüfte litt; eine klinische Untersuchung ergab zwar eine gute Beweglichkeit ohne wesentliche Schmerzhaftigkeit, jedoch wurde durch Röntgenaufnahmen eine Dezentrierung des Femurkopfes in der Pfanne im Sinne einer Polyäthylenabrieberkrankung festgestellt, weshalb der Klägerin eine Prothesenwechseloperation empfohlen wurde. In dem mit dem Beklagten zu 2) geführten Vorgespräch war allerdings nur von einem Wechsel des Hüftkopfes die Rede. Da die Klägerin unter einer endgradigen Fußheberschwäche rechts litt (möglicherweise aufgrund eines Bandscheibenvorfalles), sprach sie gegenüber dem Beklagten zu 2) die Möglichkeit einer Nervschädigung bei dem beabsichtigten Eingriff an, wurde aber vom Beklagten zu 2) dahin beruhigt, dass die betreffenden Nerven nicht im Operationsgebiet lägen und deshalb nicht gefährdet seien. Am 08.04.2011 erteilte die Klägerin schriftlich ihre Einwilligung in die für den 11.04.2011 vorgesehene Operation auf einem standardisierten Aufklärungsbogen für den „Wechsel einer Hüftgelenkendoprothese“. Dieser Aufklärungsbogen enthält eine Aufzählung möglicher Komplikationen; genannt werden auch „sehr selten Nervenverletzungen, die trotz operativer Behandlung (Nervennaht) dauerhafte Störungen wie z. B. eine Teillähmung des Beines verursachen können“. Das Aufklärungsgespräch, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, wurde vom Beklagten zu 4) geführt. Dieser vermerkte handschriftlich in dem für „ärztliche Anmerkungen zum Aufklärungsgespräch“ vorgesehenen Feld auf der letzten Seite des insgesamt 5 Seiten umfassenden Bogens „Vorgehen nach Befund“, „BLD (Anmerkung des Senats: Beinlängendifferenz)“, „Beschwerdepersistenz“, „Infektion, Wundheilungsstörung“, „Materialbruch“, „Schmerzen“.

Der Eingriff wurde plangemäß am 11.04.2011 vom Beklagten zu 2) als verantwortlichem Operateur unter Mitwirkung der Beklagten zu 3) und zu 4) als Assistenten ausgeführt. Intraoperativ zeigte sich, dass es bereits zu einem Metallabrieb im künstlichen Hüftgelenk gekommen war und dass die (mit Schrauben fixierte) Pfanne eine Instabilität im Sinne einer aseptischen Lockerung zeigte. Deshalb wurde nach entsprechendem Auffräsen des Pfannensitzes eine neue Hüftgelenkspfanne (Größe 52) eingeschlagen; weil der Operateur einen festen Sitz feststellte, verzichtete er auf eine zusätzliche Befestigung mittels Schrauben. Des Weiteren wurde der Aufsteckkopf der Femurkopfprothese ausgewechselt. Der Eingriff verlief ohne intraoperativ wahrgenommene Komplikationen, wurde allerdings als „sehr aufwendig“ bezeichnet. Unmittelbar postoperativ fiel bei der Klägerin eine Fußheber- und Kniestreckerschwäche links auf, weshalb der Verdacht einer Neuropraxie der Nervi femoralis und ischiadicus geäußert wurde. Die deswegen geplante neurologische Konsiliaruntersuchung wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, weil bei der Klägerin spätestens am 15.04.2011 erhebliche Schmerzen in dem operierten Bein auftraten, am 16.04.2011 eine Beinlängenverkürzung auffiel und bei einer daraufhin durchgeführte Röntgenuntersuchung eine Dislokation des künstlichen Hüftgelenkes festgestellt wurde, woraufhin die Klägerin, ihrem Wunsch entsprechend, zur Durchführung der nun erforderlichen Revisionsoperation in das Krankenhaus F. ... verlegt wurde, wo am 17.04.2011 der Revisionseingriff (Pfannenwechsel sowie Kopfwechsel) erfolgte. In dem Arztbrief vom 27.04.2011 ist im Zusammenhang mit dem Revisionseingriff vermerkt, dass ein Pfannendachfragment im Bereich des Nervus ischiadikus frakturiert und disloziert gewesen sei. Außerdem wurde dort eine „hochgradige/subtotale Axonotmesis des peronialen Anteils des Nervus ischiadicus“ festgestellt mit „langwieriger ungünstiger Prognose“; eine Reinnervation der Fußheber könne, falls überhaupt, in 1 1/2 bis 2 Jahren erwartet werden. In der Folgezeit besserte sich der Nervschaden nicht; durch einen operativen Eingriff am 17.04.2012 (Tibialis-posterior-Transfer) konnte zwar die Auswirkung der Fußheberschwäche verringert, die Bewegungsbeeinträchtigung jedoch nicht gänzlich behoben werden.

Nach Klageerhebung traten weitere Komplikationen im Bereich der linken Hüfte auf; die Pfanne hatte sich erneut gelockert, woraufhin am 28.02.2013 die linksseitige Endoprothese vollständig entfernt wurde, wegen eines sogenannten Low-grade-Infekts jedoch nicht sogleich ein neues Gelenk eingebracht werden konnte; dies war erst am 16.05.2013 möglich.

Die Klägerin hat dem Beklagten vorgeworfen, durch behandlungsfehlerhaftes Vorgehen die Schädigung des linksseitigen Nervus ischiadicus verursacht zu haben. Im Zuge der Operation sei eine intraoperativ nicht erkannte Fraktur verursacht worden, die zur Folge gehabt habe, dass die neu eingesetzte Gelenkpfanne nicht ausreichend fest habe verklemmt werden können; sie habe sich demzufolge gelöst; das abgebrochene Knochenfragment habe den bereits durch die Operation selbst geschädigten Ischiadicusnerv zusätzlich beeinträchtigt. Aus dem Operationsbericht des Krankenhauses F. ... vom 17.04.2011 gehe hervor, dass das dislozierte Pfannendachfragment den Ischiadicusnerv geschädigt habe. Diese Entwicklung hätte durch eine postoperative Röntgenkontrolle verhindert werden können. Zudem sei verkannt worden, dass wegen der intraoperativen Fraktur die sogenannte Pressfittechnik nicht mehr anwendbar gewesen sei. Auch hätte die Nervenlähmung bei Durchführung der gebotenen sofortigen neurologischen Untersuchung früher erkannt und dann mit besserer Aussicht auf Erfolg behandelt werden können.

Die Klage ist ferner auf ungenügende Risikoaufklärung gestützt worden. Die Klägerin hat beanstandet, nicht hinreichend über das Risiko einer Nervschädigung aufgeklärt worden zu sein. Der sehr allgemein gehaltene Hinweis auf mögliche Nervschäden in dem Aufklärungsformular genüge nicht; ein Patient könne sich allein aufgrund dieses Hinweises kein Bild von der Schwere der möglicherweise eintretenden Schäden machen. In dem mit dem Beklagten zu 4) geführten Aufklärungsgespräch sei über mögliche Nervschäden gar nicht gesprochen worden; dies sei nur in dem Vorgespräch mit dem Beklagten zu 2) geschehen, jedoch mit dem Ergebnis, dass die Klägerin mit einer Nervschädigung nicht habe zu rechnen brauchen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes (bei einer Betragsvorstellung der Klägerin von 50.000,00 €) sowie zur Zahlung eines Betrages von 4.929,09 € wegen bereits entstandener materieller Schäden beantragt; ferner sollte festgestellt werden, dass die Beklagten verpflichtet seien, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem operativen Eingriff am 11.04.2011 entstanden seien oder noch entstünden.

Wegen der Fassung der Klageanträge im Einzelnen wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt; sie haben Behandlungsfehler jeglicher Art in Abrede gestellt und behauptet, die Klägerin sei vor dem Eingriff hinreichend über das Risiko, das sich später verwirklicht habe, aufgeklärt worden. Insbesondere treffe die Behauptung der Klägerin nicht zu, intraoperativ sei es zum Ausbruch eines Knochenstückes im Bereich der Hüftpfanne gekommen; dies widerlegten die unmittelbar postoperativ gefertigten Röntgenbilder. Zudem sei eine Schädigung des Nervus ischiadicus durch ein solches Knochenfragment schon aus anatomischen Gründen nicht vorstellbar. Das Implantat habe postoperativ einen perfekten Sitz aufgewiesen. Die erst einige Tage später eingetretene Dislokation des künstlichen Gelenkes sei eine mögliche Komplikation, die in dem Aufklärungsbogen auch genannt werde; der aufklärende Arzt, der Beklagte zu 4), habe die Klägerin zudem mündlich darauf hingewiesen. Die Verletzung des Peronäusnerven sei schon am 12.04.2011 bemerkt worden; hierauf sei sachgemäß reagiert worden, eine sofortige Vorstellung bei einem Neurologen sei nicht erforderlich gewesen. Sollte entgegen der Darstellung der Beklagten von einem Aufklärungsmangel ausgegangen werden, werde eingewandt, dass die Klägerin sich auch bei zutreffender Aufklärung für die Durchführung des Eingriffs entschieden hätte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat ein fachorthopädisch-unfallchirurgisches Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. G. ... eingeholt und den Sachverständigen ergänzend angehört. Danach hat es die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. G. ... habe ein Behandlungsfehler der Beklagten nicht festgestellt werden können. Insbesondere sei eine Fraktur im Bereich des knöchernen Pfannenlagers oder ein abgesprengtes Knochenstück weder auf dem intraoperativen Durchleuchtungsbild noch auf dem postoperativ gefertigten Röntgenbild zu sehen; erst auf dem Röntgenbild vom 16.04.2011 sei die Ausbruchstelle erkennbar, und zwar an einer Stelle, die auch von den zuvor gefertigten Aufnahmen abgebildet werde, woraus zu schließen sei, dass der Ausbruch erst nach der Operation eingetreten sei. Das ausgebrochene Pfannendachfragment könne auch nicht ursächlich für die Nervenläsion geworden sein. Das folge schon aus den anatomischen Gegebenheiten, aber auch daraus, dass unmittelbar postoperativ die Nervenläsion schon vorgelegen habe, nicht aber die Pfannendachfraktur. Vielmehr handele es sich hochwahrscheinlich um einen Traktionsschaden im Zuge der notwendigen Pfannenlagerpräparation, begünstigt durch die Verringerung der Gewebselastizität aufgrund der Voroperation. Entgegen der klägerischen Behauptung sei eine vollständige Durchtrennung des Nerven auszuschließen. Deshalb sei eine Therapie mittels Nervennaht nicht angebracht gewesen. Auch sonstige Behandlungsfehler hätten nicht festgestellt werden können; es hätten sich in Gestalt der eingetretenen Komplikationen typische Operationsrisiken schicksalhaft verwirklicht.

Eine Haftung der Beklagten ergebe sich auch nicht aus einer fehlerhaften Aufklärung. Zur Überzeugung des Gerichts sei nämlich die Klägerin über die Risiken der Nervverletzung und des Knochenbruchs aufgeklärt worden. Hinreichende Aufklärung habe die Klägerin durch den Inhalt des Aufklärungsbogens erfahren. Diesen Bogen habe die Klägerin rechtzeitig erhalten, so dass sie ihn habe durchlesen können. Dass eine Nervschädigung als Folge der Hüftgelenksprothesenimplantation möglich sei, sei der Klägerin zudem deshalb bekannt gewesen, weil sie bereits bei einem früheren vergleichbaren Eingriff eine solche Schädigung erlitten habe. Zudem sei die Klägerin durch den Beklagten zu 4) hinreichend mündlich aufgeklärt worden. Dieser habe sich zwar nicht mehr an das konkrete Gespräch erinnern können, jedoch ausgeführt, dass er vor derartigen Operationen stets bestimmte Risiken anspreche, u. a. diejenigen einer Nervenverletzung, einer Prothesenlockerung und eines Knochenbruches während der Operation oder danach. Dies nehme man auch handschriftlich in den Bogen auf. Zwar habe der Beklagte zu 4) nicht erklären können, weshalb er im Fall der Klägerin das Risiko der Nervverletzung nicht handschriftlich vermerkt habe, doch bestehe keine Notwendigkeit, sämtliche im Aufklärungsbogen erwähnten Risiken auch in den handschriftlichen Anmerkungen zu wiederholen. Das Vorgespräch im März 2011 mit dem Beklagten zu 2) ändere nichts daran, dass die Klägerin hinreichend über die Möglichkeit einer Nervschädigung unterrichtet gewesen sei. Maßgeblich sei das Aufklärungsgespräch vom 08.04.2011. Bei dem Vorgespräch im März 2011 habe zudem noch nicht einmal festgestanden, dass ein Prothesenwechsel erfolgen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf das Endurteil vom 23.10.2013 verwiesen.

Dieses Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25.10.2013 zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 20.11.2013, der am gleichen Tag bei dem Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen ist, hat die Klägerin Berufung eingelegt; mit weiterem Schriftsatz vom 27.1.2014, am gleichen Tag und damit innerhalb der bis zu diesem Tag verlängerten Frist eingegangen, hat sie das Rechtsmittel begründet.

Die Klägerin verfolgt ihre erstinstanzlichen Klageanträge in vollem Umfang weiter. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die Einwilligung der Klägerin in den Eingriff vom 11.04.2011 mangels genügender Aufklärung nicht wirksam gewesen. Der Beweis, dass der Beklagte zu 4) auch im Falle der Klägerin die Risikoaufklärung so ausgeführt habe, wie er dies in vergleichbaren Fällen stets zu tun pflege, könne hier nicht schon deshalb als geführt angesehen werden, weil eine solche ständige Aufklärungsübung des Beklagten zu 4) erwiesen sei. Dagegen spreche im Fall der Klägerin der Umstand, dass gerade das Risiko der Nervschädigung nicht in den ärztlichen Anmerkungen zum Aufklärungsgespräch handschriftlich aufgeführt worden sei. Zudem sei die Aufklärung, selbst wenn unterstellt werde, dass Nervschädigungen in allgemeiner Form angesprochen worden seien, nicht hinreichend konkret gewesen, weil der gefährdete (und tatsächlich auch geschädigte) Nerv nicht erwähnt worden sei. Hier müsse auch der Umstand berücksichtigt werden, dass in dem vorhergehenden Gespräch mit dem Beklagten zu 2) der Klägerin erklärt worden sei, sie müsse eine Nervschädigung nicht befürchten, weil der Ischiasnerv von der Operation nicht berührt werde. Zudem könne eine Risikoverwirklichungswahrscheinlichkeit von mehr als 3,5%, wovon aufgrund eines zwischenzeitlich von der Klägerin eingeholten Gutachtens des Dr. H. ... auszugehen sei, nicht mehr als „sehr selten“ bezeichnet werden, wie aber in dem Aufklärungsbogen angegeben. Des Weiteren fehle es an einer Aufklärung über das Fehlschlagsrisiko, das sich hier ebenfalls verwirklicht habe. Der von der Klägerin gestellte Antrag auf Erholung eines radiologischen Zusatzgutachtens sowie eines nervenärztlichen Zusatzgutachtens sei vom Landgericht zu Unrecht abgelehnt worden.

Gestützt auf die Aussage des Privatsachverständigen Dr. H. ... sei die Klägerin weiter der Auffassung, dass bei der Durchführung der Operation ein handwerklicher Fehler unterlaufen sei; die künstliche Hüftpfanne sei nicht ausreichend fixiert worden, sonst hätte sie sich nicht alsbald lösen können. Ein weiterer Behandlungsfehler liege darin, dass die mögliche Ursache des schon am 12.04.2011 festgestellten Nervenschadens (erstmals dokumentiert schon am 11.04.2011 um 21.45 Uhr) nicht umgehend untersucht worden sei. Es seien auch Ursachen für den Nervenschaden in Betracht gekommen, die eine sofortige Behandlung unabdingbar gemacht hätten, etwa die Entwicklung eines Hämatoms, das den Nerven unter Druck gesetzt habe. Das schlichte Abwarten seitens der Beklagten sei somit fehlerhaft gewesen.

Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren:

Unter Abänderung des Endurteiles des Landgericht Amberg vom 23.10.2013, Az. 22 O 585/12 werden bzw. wird

1. die Beklagten zu 1) bis 4) verurteilt, gesamtschuldnerisch an die Klägerin wegen der Folgen einer Hüftgelenksendoprothese links am 11.04.11 ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt und welches für den Fall der Säumnis mit 50.000,00 € beziffert wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 09.05.12 zu bezahlen,

2. die Beklagten zu 1) bis 4) verurteilt, an die Klägerin 4.929,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 30.05.12 zu bezahlen,

3. festgestellt, dass die Beklagten zu 1) bis 4) verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die dieser aus den Folgen der Hüftoperation vom 11.04.11 entstanden sind und noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte, insbesondere öffentlich-rechtliche Versicherungs- und/oder Versorgungsträger übergegangen sind oder übergehen werden,

4. die Beklagten zu 1) bis 4) verurteilt, an die Klägerin 2.879,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Zustellung der Klage zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Behandlung der Aufklärungsrüge durch das Landgericht sei nicht zu beanstanden. Auf die Erörterungen der Klägerin mit dem Beklagten zu 2) im März 2011 komme es nicht an, weil damals noch nicht festgestanden habe, welche konkrete Behandlung erfolgen werde. Maßgeblich sei das Aufklärungsgespräch vom 08.04.2011; der Klägerin sei nicht nur der Aufklärungsbogen überlassen worden, vielmehr habe der Beklagte zu 4) die Klägerin auch entsprechend mündlich aufgeklärt. Dementsprechend sei die Klägerin nicht nur allgemein über „Nervenverletzungen“ unterrichtet worden, sondern auch darüber, dass ein Lähmungsrisiko bestehe.

Das Gutachten des Dr. H. ... treffe inhaltlich nicht zu. Zudem sei über die Höhe der Komplikationsrate nicht aufzuklären. Wenn ein Patient diese zu erfahren wünsche, sei eine Nachfrage zu erwarten.

Auch die Verneinung eines Behandlungsfehlers sei nicht zu beanstanden. Insbesondere treffe die Auffassung des Dr. H. ... nicht zu, aus der nachträglichen Lockerung der Hüftpfanne könne auf eine ungenügende Fixierung intraoperativ geschlossen werden. Der Einholung der von der Klägerin beantragten Zusatzgutachten habe es nicht bedurft.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat die Klägerin ergänzend angehört und den Sachverständigen Prof. Dr. G. ... erneut befragt. Auf die Sitzungsniederschrift vom 24.10.2014 wird insoweit verwiesen.

II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie rechtzeitig eingelegt und begründet worden (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). Das Rechtsmittel hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.

1. Unter dem Gesichtspunkt eines Behandlungsfehlers hat das Landgericht die Klage freilich zu Recht für unbegründet gehalten. Dies gilt auch in Ansehung der vertiefenden und durch das Gutachten des Dr. H. ... gestützten Ausführungen der Klägerin im Berufungsrechtszug.

a) Auch der Senat kann nicht feststellen, dass im Zuge der Operation vom 11.04.2011 die nach entsprechendem Ausfräsen eingebrachte neue Pfanne in vorwerfbarer Weise nicht hinreichend fest verklemmt worden sei mit der Folge, dass sie sich einige Tage später aus ihrem Sitz im Knochen habe lösen können und damit den Zweiteingriff erforderlich gemacht habe. Die hier angewendete Methode der zementfreien Implantierung ist, was auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, ein bewährtes Verfahren. Die künstliche Gelenkpfanne wird hierbei in den zuvor entsprechend ausgefrästen Hüftknochen so eingebracht, dass sie mit einer gewissen Spannung sitzt (Pressfitverfahren) und über diesen Klemmsitz eine hinreichende Primärfestigkeit erlangt, bis durch das Einwachsen in den Hüftknochen die endgültige, dann höhere Festigkeit erlangt wird. Voraussetzung für eine hinreichend feste Verklemmung ist ein geschlossener Knochenring, der hier ganz offensichtlich gegeben war. Dass bereits bei dem Einsetzen der Pfanne ein Knochenausbruch im Bereich des Pfannenrandes erfolgt ist - mit der Folge, dass der erforderliche Ringschluss nicht mehr gegeben war -, steht nicht fest; nach der Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. G. ... lässt weder das intraoperativ gefertigte Durchleuchtungsbild noch das Kontrollröntgenbild nach dem Eingriff eine Fraktur in dem Bereich erkennen, in dem später - auf dem Bild vom 16.04.2011 - der Ausbruch gesehen werden konnte. Entgegen der Auffassung des Privatgutachters Dr. H. ... in seinem Gutachten vom 08.01.2014 kann aus dem Umstand, dass es einige Tage nach der Operation zu einer Dislokation der Hüftpfanne gekommen ist, nicht ohne weiteres auf einen operationstechnischen Fehler geschlossen werden. Der Sachverständige Prof. Dr. G. ... hat dem Senat erläutert, dass die mit der sogenannten Pressfitmethode erreichbare Primärfestigkeit einer künstlichen Gelenkpfanne keine vollständige Sicherheit dafür bietet, dass die im Zuge der Mobilisation des Patienten auftretenden Kräfte im Hüftgelenksbereich ohne Auftreten eines Defekts, d. h. einer Dislokation der Pfanne, ertragen werden können. Deshalb darf der Patient anfänglich das operierte Bein nur begrenzt belasten und muss eine Reihe von Verhaltensregeln beachten, die das Entstehen übermäßiger - in bestimmte Richtungen wirkender - Kräfte auf das Gelenk verhindern sollen, bis es zum knöchernen Einwachsen der Prothese kommt. Dennoch kann eine frühzeitige Lockerung, wie sie hier eingetreten ist, nicht sicher vermieden werden. Dieses Risiko beträgt nach Einschätzung des Sachverständigen bei einer Wechseloperation wie im Fall der Klägerin etwas weniger als 1%, ist also keineswegs ganz gering. Wegen des Verbleibens dieser - nicht nur theoretischen - Möglichkeit und des Fehlens konkreter Hinweise darauf, dass bei dem Eingriff vom 11.04.2011 fehlerhaft vorgegangen worden ist, kann aus dem Eintritt der Lockerung der Schluss auf eine ungenügende Verankerung der Gelenkpfanne durch die Operateure nicht gezogen werden. Etwa zusätzlich verwendete Schrauben - auf deren Einsatz im Fall der Klägerin verzichtet worden war - hätten, so der Sachverständige, diese (Primär-)Festigkeit nicht nennenswert erhöht; der Nutzen derartiger Schrauben sei nicht erwiesen. Im Übrigen besteht insoweit kein wirklicher Widerspruch zu den Aussagen des Gutachters Dr. H. ...; dessen Schlussfolgerung, die Pfanne könne nicht korrekt eingesetzt worden sein, weil sie ansonsten nicht alsbald ausgebrochen wäre, stand unter der Prämisse, dass die „erlaubte Teilbelastung“ nicht überschritten worden sei. Das aber kann, wie ausgeführt, gerade nicht vollständig sichergestellt werden, so dass es auch im Fall der Klägerin zu einer ungewollten kurzfristigen Überlastung gekommen sein kann, die bereits genügt haben kann, um die fehlerfrei verankerte Pfanne zur Dislokation zu bringen.

Der Einholung eines radiologischen Zusatzgutachtens bedarf es insoweit auch nach Auffassung des Senats nicht. Der Sachverständige war in der Lage, aufgrund seiner Fachkenntnisse die Beweisfrage zu beantworten; es ist nicht ersichtlich, dass ein Radiologe anhand des vorliegenden Bildmaterials zusätzliche Erkenntnisse im Sinne der klägerischen Behauptungen gewinnen könnte. Im Übrigen liegt auf der Hand, dass die Festigkeit eines Klemmsitzes, also das Maß der Verspannung des Hüftknochens um die eingeschlagene Pfanne, nicht aufgrund eines Röntgenbildes eingeschätzt werden kann. Dass intraoperativ die später festgestellte Fraktur noch nicht eingetreten war, konnte der Sachverständige Prof. Dr. G. ... mit hinreichender Sicherheit anhand der Röntgenbilder feststellen.

b) Den Beklagten kann auch nicht vorgeworfen werden, nach der Feststellung der Nervschädigung eine erforderliche weitere Diagnostik unterlassen und damit zur Vergrößerung oder Verfestigung des Nervenschadens beigetragen zu haben. Zwar ist dem Privatgutachter Dr. H. ... darin zuzustimmen, dass es auch Schädigungsmechanismen gibt, die eine sofortige operative Intervention erfordern, etwa eine Druckschädigung eines Nervens durch ein Hämatom, weil durch die Entlastung des Hämatoms der fortwährende und den Nerven noch weiter schädigende Druck beseitigt werden kann. Dr. H. ... hat aber nicht berücksichtigt, dass ein derartiger Mechanismus zu einer nur allmählichen Beeinträchtigung der Nervenleitfunktion führen müsste, im Fall der Klägerin aber unmittelbar nach dem Eingriff bereits die Fußheberschwäche festgestellt worden war, was für einen bereits abgeschlossenen Schädigungsmechanismus spricht, der durch operative Intervention nicht mehr beeinflusst werden kann. Dies hat der Sachverständige Prof. Dr. G. ... dem Senat nachvollziehbar und überzeugend erläutert. Hätte man, um ein Hämatom als Schadensursache auszuschließen, eine entsprechende Diagnostik betrieben, also eine Sonographie durchgeführt oder ein Computertomogramm veranlasst, so hätte man mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gerade keinen reaktionspflichtigen Befund erhalten, wie der Sachverständige ausgeführt hat. Selbst wenn man also - entgegen der Meinung des Sachverständigen, der es für vertretbar gehalten hat, auf solche Diagnostik zu verzichten - das Unterlassen dieser weiteren Diagnostik für fehlerhaft hielte, ergäbe sich nach der Rechtsprechung zum sogenannten einfachen Befunderhebungsfehler keine Beweislastumkehr zugunsten der Klägerin; den Beweis, dass die hier gegebene Nervschädigung tatsächlich in ihrem Ausmaß durch einen unverzüglichen Eingriff noch hätte beeinflusst werden können und auch vorteilhaft beeinflusst worden wäre, kann die Klägerin aufgrund der Aussage des Sachverständigen keinesfalls erbringen. Ein sogenannter grober Befunderhebungsfehler kommt hier nicht in Betracht. Es war auch nicht fehlerhaft, die neurologische Untersuchung erst einige Tage nach der Feststellung der Nervschädigung vorzusehen, weil unter der Prämisse, dass eine vollständige Durchtrennung des Nerven nicht erfolgt war, eine elektrophysiologische Messung der Nervenleitfunktion erst nach etwa 10 Tagen zu einem aussagekräftigen Ergebnis hätte führen können. Dass eine vollständige Durchtrennung nicht vorgelegen hatte, ergab sich zweifelsfrei aus dem Umstand, dass die Nervenleitfunktion nicht vollständig ausgefallen, sondern nur beeinträchtigt war, wenn auch in erheblichem Umfang. Das von der Klägerin beantragte neurologische Zusatzgutachten braucht nicht erholt zu werden. Eine Durchtrennung des Nervus ischiadicus, etwa durch einen versehentlichen Schnitt mit einem scharfen Werkzeug im Zuge des Eingriffes, hätte, wie im schriftlichen Gutachten des Sachverständigen auf Seiten 26/27 (Bl. 116/117 d. A.) näher dargestellt, wesentlich schwerer wiegende Funktionsausfälle des betroffenen Beines zur Folge als bei der Klägerin gegeben. Sie kann daher ausgeschlossen werden. Dass ein neurologisches Zusatzgutachten insoweit zu einem anderen Ergebnis käme, schließt der Senat aus, zumal auch die im Krankenhaus F. ... durchgeführte neurologische Untersuchung (vom 21.04.2011) den Befund einer hochgradigen/subtotalen Axonotmesis des peronäalen Anteils des Nervus ischiadicus und nicht eine vollständige Durchtrennung dieses Nerven ergeben hatte.

2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich jedoch eine Haftung der Beklagten zu 1), zu 2) und zu 4), nicht aber des Beklagten zu 3), aus einer unzureichenden Aufklärung der Klägerin über das Risiko einer schwerwiegenden Nervschädigung im Zuge des Eingriffs. Die Operation am 11.04.2011 war daher rechtswidrig.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedürfen ärztliche Heileingriffe grundsätzlich der Einwilligung des Patienten, um rechtmäßig zu sein, und kann diese Einwilligung nur wirksam erteilt werden, wenn der Patient über den Verlauf des Eingriffs, seine Erfolgsaussichten, seine Risiken und mögliche Behandlungsalternativen mit wesentlich anderen Belastungen, Chancen und Gefahren im großen und ganzen aufgeklärt worden ist, um das Selbstbestimmungsrecht des Patienten und sein Recht auf körperliche Unversehrtheit zu wahren (beispielsweise BGHZ 166, 336). Für die Risikoaufklärung im besonderen gilt, dass eine exakte medizinische Beschreibung der in Betracht kommenden Risiken nicht erforderlich ist, dem Patienten aber eine allgemeine Vorstellung von dem Ausmaß der mit dem Eingriff verbundenen Gefahren vermittelt werden muss (BGHZ 90, 103). Dabei ist auch über sehr seltene Risiken aufzuklären, die im Fall ihrer Verwirklichung die Lebensführung schwer belasten und trotz ihrer Seltenheit für den Eingriff spezifisch, für den Laien aber überraschend sind. Hiervon ist auch das Landgericht zutreffend ausgegangen. Dabei genügt die Aushändigung eines Informationsblattes, das mit einem Einwilligungsformular verbunden sein kann, grundsätzlich nicht; derartige schriftliche Hinweise können das Aufklärungsgespräch vorbereiten, aber nicht ersetzen (so jetzt auch § 630 e Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB). Ein vom Arzt und dem Patienten unterzeichnetes Einwilligungsformular ist allerdings ein Indiz für den Inhalt des Aufklärungsgesprächs, und zwar sowie in positiver als auch negativer Hinsicht (BGH NJW 2014, 15, 27). Im vorliegenden Falle enthält das von der Klägerin unterzeichnete Einwilligungsformular neben zahlreichen anderen Hinweisen auf mögliche Komplikationen auch einen Hinweis auf Nervenverletzungen, die dauerhafte Störungen wie beispielsweise eine Teillähmung des Beines verursachen könnten. Die Klägerin hat dagegen bestritten, dass in dem - als solchem nicht streitigen - Aufklärungsgespräch mit dem Beklagten zu 4) das Nervschädigungsrisiko erwähnt worden sei. Der vom Landgericht hierzu angehörte Beklagte zu 4) konnte sich an das konkrete Gespräch nicht mehr erinnern. Dennoch hat das Landgericht - so versteht der Senat die Ausführungen auf Seiten 15 und 16 der Urteilsgründe - die Überzeugung gewonnen, dass die Klägerin seitens des Beklagten zu 4) auch über das Nervverletzungsrisiko unterrichtet worden ist. Maßgeblich hierfür war für das Landgericht, dass der Beklagte zu 4) „nachvollziehbar“ (gemeint wohl: glaubhaft) geschildert hatte, wie er generell Aufklärungsgespräche für vergleichbare Operationen führe; er spreche in solchen Fällen stets das Blutungsrisiko, das Risiko einer Nervenverletzung, das Thromboserisiko, das Infektionsrisiko und die Möglichkeit einer Prothesenlockerung und eines Knochenbruchs an. Diese Beschreibung der ständigen Aufklärungsübung des Beklagten zu 4) hat dem Landgericht die Überzeugung verschafft, auch im konkreten Fall der Klägerin sei das Gespräch in gleicher Weise und damit unter Einschluss der Erwähnung einer möglichen Nervenverletzung geführt worden. Diese Feststellung des Landgerichts bindet den Senat jedoch nicht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nämlich unvollständig. Zwar hat es keineswegs übersehen, dass der Beklagte zu 4) auch geschildert hatte, er nehme unter den „ärztlichen Anmerkungen zum Aufklärungsgespräch“ stets auch die Punkte auf, die er grundsätzlich dem Patienten gegenüber anspreche, im Streitfall jedoch das Risiko einer Nervenverletzung gerade nicht handschriftlich vermerkt worden war. Richtig ist auch, dass der aufklärende Arzt nicht gehalten ist, bei Verwendung derartiger Aufklärungsbögen sämtliche von ihm gegebenen mündlichen Erläuterungen stichwortartig auch noch schriftlich zu vermerken. Nicht erwogen hat das Landgericht jedoch den Umstand, dass der Beklagte zu 4) im Streitfall ersichtlich von der ständigen Aufklärungsübung, die er geschildert hatte, insofern abgewichen war, als er nicht sämtliche der von ihm üblicherweise besonders angesprochenen Punkte auch handschriftlich vermerkt hatte, so dass Zweifel begründet sind, ob das Aufklärungsgespräch am 08.04.2011 vollständig nach dem „üblichen Muster“ abgelaufen ist. Zwar kommt auch in Betracht, dass der Beklagte zu 4) entsprechend seiner ständigen Übung das Nervschädigungsrisiko tatsächlich mündlich erwähnt, die - ebenso übliche - handschriftliche Notiz bei den „Anmerkungen“ aber unterlassen hat, was für die Wirksamkeit der Aufklärung ohne Bedeutung wäre. Ebenso möglich und keineswegs von vornherein weniger wahrscheinlich ist aber auch, dass der Risikohinweis ausnahmsweise unterblieben ist und aus diesem Grund der entsprechende handschriftliche Vermerk fehlt. Aus der Sicht des Senats begründet dieser Umstand durchaus Zweifel daran, ob der Beklagte zu 4) auch gegenüber der Klägerin das Nervschädigungsrisiko angesprochen hat.

b) Dem unstreitigen Umstand, dass der Beklagte zu 2) bei dem Vorgespräch im März 2011 der Klägerin auf deren Nachfrage erklärt hatte, ein Nervverletzungsrisiko bestehe bei der in Aussicht genommenen Operation schon aus anatomischen Gründen nicht, hat das Landgericht keine Bedeutung beigemessen. Darin folgt ihm der Senat nicht. Gegenstand dieses Gesprächs war zumindest ein partieller Prothesenwechsel durch Erneuerung des Hüftkopfes. Auch wenn diese Maßnahme nur eventuell, also befundabhängig, geplant gewesen sein sollte, musste die Klägerin die vom Beklagten zu 2) gegebenen Erläuterungen zum Nervenschädigungsrisiko auch auf diesen Fall beziehen. Fasst man nur einen solchen Hüftkopfwechsel ins Auge, mögen die Ausführungen des Beklagten zu 2) medizinisch durchaus zutreffend gewesen sein. In einem solchen Fall hätte nicht die Notwendigkeit bestanden, zur Ermöglichung des Pfannenwechsels den Hüftkopf beiseite zu schieben und in dieser Position eine Zeitlang zu belassen; gerade dieses Wegdrücken des bei der Pfannenpräparation störenden Hüftkopfes kann aber, wie vom Sachverständigen ausführlich erläutert, zu der hier eingetretenen Nervschädigung führen. Der Beklagte zu 4) hat nach dem insoweit nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten die Klägerin bei dem eigentlichen Aufklärungsgespräch zur Operation am 08.04.2011 darüber unterrichtet, dass befundabhängig es auch zu einem Auswechseln der Hüftpfanne kommen werde. Gerade im Falle dieser fakultativen Operationserweiterung bestand aber das Risiko für den Nervus ischiadicus, das sich im Fall der Klägerin auch verwirklicht hat. Über diese angesichts der bei ungünstigem Verlauf zu befürchtenden erheblichen und irreversiblen Auswirkungen auf die Lebensführung der Klägerin durchaus bedeutsame Änderung des Risikospektrums wurde die Klägerin nicht unterrichtet. Der Beklagte zu 4), der vom Inhalt des von der Klägerin mit dem Beklagten zu 2) geführten Gesprächs keine Kenntnis gehabt haben dürfte, mag keinen Grund gesehen haben, hierauf besonders aufmerksam zu machen. Es liegt aber nahe, dass die Klägerin, der zuvor vom Beklagten zu 2) - immerhin dem Chefarzt der orthopädischen Abteilung des Krankenhauses - beruhigende Erklärungen hinsichtlich des Nervschädigungsrisikos gegeben worden waren, hierauf vertraut hat und die anhand eines Standardformulars erfolgende allgemeine Risikoaufklärung durch den Beklagten zu 4), auch wenn diese einen Hinweis auf ein Nervschädigungsrisiko enthalten haben sollte, insoweit nicht auf ihren besonderen Fall bezogen hat; dass gerade die vom Beklagten zu 4) angesprochene mögliche Operationserweiterung, die zuvor nicht Gegenstand der Unterredung der Klägerin mit dem Beklagten zu 2) gewesen war, die Richtigkeit der vom Beklagten zu 2) gegebenen Erläuterungen zum Nervschädigungsrisiko in Frage stellte, wenn nicht sogar vollständig entwertete, konnte die Klägerin als Nichtmedizinerin nicht wissen. Unter diesem Gesichtspunkt war zumindest die Einwilligung der Klägerin in die Auswechselung auch der künstlichen Gelenkpfanne nicht wirksam.

c) Darüber hinaus ist der Senat der Auffassung, dass die in dem verwendeten Einwilligungsformular gegebenen Hinweise zum Nervschädigungsrisiko, die der Beklagte zu 4) möglicherweise der Klägerin auch mündlich vermittelt hat, inhaltlich keine zutreffende Unterrichtung über die Risiken des beabsichtigten Eingriffs geben konnten. Zwar ist der Hinweis entgegen der Auffassung der Klägerin hinreichend bestimmt im Bezug auf die Art der möglichen Schädigung und die Schwere der Auswirkung einer solchen Komplikation; es ist nicht erforderlich, die Nerven, die bei einem bestimmten Eingriff typischerweise gefährdet sind, anatomisch exakt zu bezeichnen und die Auswirkungen einer etwaigen Nervschädigung in allen Einzelheiten darzulegen; vielmehr kommt es darauf an, dem Patienten einen zutreffenden Eindruck von der Schwere des Eingriffs und von der Art der Belastungen zu vermitteln, die für seine körperliche Integrität und Lebensführung auf ihn zukommen können (BGH VersR 2001, 592). Im Streitfall wird auf die Möglichkeit hingewiesen, dass sich eine Nervschädigung als irreversibel, d. h. auch durch eine entsprechende Behandlung nicht zu beseitigen, darstellen kann und dass sie zu einer teilweisen Lähmung des betroffenen Beines führen könne. Eine Fußheberschwäche, wie sie bei der Klägerin eingetreten ist, stellt sich als teilweise Lähmung des Fußes dar und wird deshalb von dem Hinweis auf eine mögliche „Teillähmung des Beines“ umfasst (siehe auch Urteil des Senats vom 07.10.2011, 5 U 410/11, zu einem vergleichbaren Fall, in dem allerdings ein anderer Aufklärungsbogen verwendet worden war). Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Senats vom 16.07.2004 (NJW-RR 2004, 1543) zugrunde gelegen hatte; im damals zu beurteilenden Fall hatte der Aufklärungsbogen lediglich eine Auflistung enthalten, die auch - ohne weitere Erläuterung - „Gefäß- und Nervenverletzung“ angesprochen hatte. Dennoch ist die Risikoerläuterung in dem hier verwendeten Aufklärungsbogen in zweifacher Hinsicht ungenügend. Zum einen wird der Patient nicht darüber unterrichtet, dass eine Nervenverletzung auch zu einer so erheblichen und dauerhaften Schmerzbeeinträchtigung führen kann, dass die ständige Einnahme von Schmerzmitteln erforderlich wird; so hat es sich im Fall der Klägerin verhalten, wobei der Sachverständige Prof. Dr. G. ... erläutert hat, bei einer Nervschädigung des hier gegebenen Ausmaßes sei ein derartiger Dauerschmerz durchaus typisch. Hierüber war aufzuklären. Dass eine Nervbeschädigung nicht nur - unter Umständen dauerhafte - Funktionsbeeinträchtigungen nach sich ziehen kann, wovon die Klägerin bei Unterstellung einer formblattgemäßen Aufklärung unterrichtet worden ist, sondern auch dauerhafte und erhebliche Schmerzen erzeugen kann, kann nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden; andererseits bedeutet die Chronifizierung von Schmerzen mit der Folge der Notwendigkeit dauernder Medikamenteneinnahme eine erhebliche Belastung des Betroffenen in seiner Lebensführung (BGHZ 166, 336). Unabhängig davon, mit welcher statistischen Häufigkeit eine derartige Komplikation sich verwirklicht, hätte es also eines gesonderten Hinweises auch hierauf bedurft. Der lapidare Hinweis „Schmerzen“, den der Beklagte zu 4) laut seiner handschriftlichen Eintragung der Klägerin gegeben hatte, war in dieser allgemeinen Fassung ungenügend.

Zudem stellte die formularmäßige Aufklärung bezüglich der Risikodichte eine Verharmlosung der tatsächlichen Risikoeintrittswahrscheinlichkeit dar. Zwar kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Frage, ob ein Risiko überhaupt aufklärungspflichtig ist, „nicht allein“ auf die erfahrungsgemäß zu befürchtende Komplikationsdichte an (beispielsweise BGH NJW 1980, 1905; NJW 1994, 793). Die Komplikationsdichte ist aber nicht völlig bedeutungslos, insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt einer Verharmlosung eines für sich genommen im Zuge der Aufklärung angesprochenen Risikos. Gerade für die Entscheidung des Patienten, ob er sich, wie im Streitfall, einer nicht vital indizierten Operation unterziehen oder - eventuell nach Einholung einer ärztlichen Zweitmeinung - unter Inkaufnahme gewisser Beschwerden jedenfalls zunächst von dem ihm vorgeschlagenen Eingriff absehen will, wird von erheblicher Bedeutung sein, ob gewisse, im Falle ihrer Realisierung eine erhebliche Beeinträchtigung darstellende Risiken erfahrungsgemäß sich nur sehr selten verwirklichen, so dass der Patient dies als eine eher theoretische Möglichkeit ansehen mag, oder ob ihre Verwirklichung so häufig eintritt, dass der Patient ernsthaft zu erwägen hat, ob er die Möglichkeit des Eintritts eines solchen Falles in der Hoffnung auf eine Verbesserung seines gegenwärtigen Gesundheitszustandes in Kauf nehmen will.

Der Sachverständige hat dazu ausgeführt, in der Literatur werde für das Auftreten von Nervenschäden bei Hüftprothesenoperationen eine Risikowahrscheinlichkeit von bis zu 3,5% angegeben, und dazu eine Reihe von Quellen zitiert. Gerade bei Wechseloperationen, wie im Fall der Klägerin, ist das Risiko erhöht. Allerdings, so der Sachverständige bei seiner Anhörung, handele es sich bei der genannten Prozentangabe um einen Maximalwert für Wechseloperationen. Die durchschnittliche Komplikationsrate bei Hüftoperationen sei mit 0,8% zu veranschlagen; dabei seien aber auch weniger schwerwiegende Schädigungen als im Fall der Klägerin gegeben berücksichtigt, weshalb die Wahrscheinlichkeit einer Nervschädigung der Stärke, wie sie bei der Klägerin gegeben sei, mit etwa 0,1% oder darunter einzuschätzen sei. Dem Senat sind aus einem anderen Verfahren (5 U 410/11), das einen Nervenschaden aufgrund einer primären Hüfttotalendoprothesenoperation betraf, Literaturangaben aus der damals relevanten Zeit bis zum Jahr 2007 bekannt, die sich ebenfalls zwischen 0,7% und 3,5% bewegten. In Bezug auf eine Wahrscheinlichkeit von etwas über 1,0% hat der Senat in dem damaligen Urteil (veröffentlicht in AHRS 4650/348) erhebliche Zweifel geäußert, ob eine solche Komplikationsdichte die Einstufung als „seltenes Risiko“ rechtfertige; jedenfalls könne ein solches Risiko nicht als ein „sehr seltenes“, also fast vernachlässigbares Risiko bezeichnet werden. Er hat sich dabei auf die Wahrscheinlichkeitsabstufungen bezogen, wie sie üblicherweise in Medikamentenbeipackzetteln verwendet werden. Die Frage brauchte in der damaligen Entscheidung allerdings nicht abschließend beurteilt zu werden, weil sich die Behandlungsseite mit Erfolg auf den Einwand der hypothetischen Einwilligung des Patienten berufen konnte. An der in seinem Urteil vom 07.10.2011 geäußerten Einschätzung hält der Senat für den Streitfall fest. Gerade deshalb, weil, wie von den Beklagten zutreffend betont, weitaus häufiger Medikamente verordnet und auch eingenommen werden als operative Eingriffe erfolgen, die in den Beipackzetteln verwendeten Häufigkeitsdefinitionen daher weithin bekannt sind, auch wenn nicht jeder Medikamentenverbraucher den Beipackzettel eingehend lesen wird, muss angenommen werden, dass Häufigkeitsangaben, die in Aufklärungsbögen verwendet werden, mangels gegenteiliger Hinweise ebenso verstanden werden wie sie in den Medikamentenbeipackzetteln ausdrücklich definiert werden. Es ist nicht ersichtlich, was einen Patienten zu der Annahme veranlassen sollte, die in standardisierten Aufklärungsbögen verwendeten Häufigkeitsangaben seien völlig anders zu verstehen als solche in Beipackzetteln für Arzneimittel. Die standardisierten Häufigkeitsangaben nach MedDRA definieren den Begriff „selten“ dahin, dass es sich um Nebenwirkungen handele, die bei einem bis zu 10 Behandelten von 10000 auftreten, das entspricht einer Wahrscheinlichkeit von 0,1 bis 1,0 Promille. Von einer „sehr seltenen“ Nebenwirkung wird danach erst gesprochen, wenn die statistische Wahrscheinlichkeit unter 0,1 Promille liegt. Die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Nervschädigungen nach Hüftgelenks- Wechseloperationen von 0,8% liegt um ein Vielfaches höher. Unter Zugrundelegung der Häufigkeitsdefinition nach MedDRA wäre schon fast von einer „häufigen“ Komplikation zu sprechen. Auf die geringere Wahrscheinlichkeit einer dauerhaften und ausgesprochen schwerwiegenden Nervschädigung, wie sie im Fall der Klägerin eingetreten ist, darf nicht abgestellt werden, denn in dem hier verwendeten Aufklärungsbogen werden schon die Nervenverletzungen an sich als „sehr selten“ auftretend bezeichnet, so dass der Leser dieses Aufklärungsbogens annehmen wird, der Fall, dass eine solche Nervenverletzung zu einer dauerhaften Störung wie etwa zu einer Teillähmung des Beines führe, sei noch seltener. Die Darstellung in dem Aufklärungsbogen muss daher als eine unzulässige (BGH NJW 1994, 793 m. w. N.) Verharmlosung des Operationsrisikos gewertet werden. Dass der Beklagte zu 4) die Risikowahrscheinlichkeit im Zuge der mündlichen Aufklärung der Klägerin anders dargestellt hat als im schriftlichen Aufklärungsbogen erläutert, ist nicht behauptet.

Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt sich der Senat mit dieser Einschätzung nicht in Widerspruch zu veröffentlichter obergerichtlicher Rechtsprechung. Die in der Berufungsbegründung zitierten Entscheidungen, auf die sich die Beklagten insoweit beziehen, befassen sich teilweise mit der Frage, ob über seltene Risiken überhaupt aufzuklären ist, ohne aber die Frage zu thematisieren, welche konkrete Risikodichte dem Begriff „selten“ zuzuordnen ist, teils sind sie gänzlich unergiebig. Der Senatsentscheidung vom 16.07.2004 (a. a. O.) kann insoweit nichts entnommen werden. Wenn das OLG Brandenburg in der Entscheidung vom 01.09.1999 (NJW-RR 2000, 398) bei einer Risikorate von 0,7 bis 1,7% von einem „nicht ganz seltenen“ Risiko spricht, weshalb über ein solches Risiko aufzuklären sei, entspricht das der Auffassung des Senats. Wie häufig sich ein bestimmtes Operationsrisiko statistisch verwirklichen darf, um - ohne verharmlosende Wirkung - noch als „sehr selten“ bezeichnet werden zu dürfen, ist, soweit ersichtlich, bislang noch nicht erörtert worden. Dem Senat ist auch nicht bekannt, dass ein Obergericht bislang die Auffassung vertreten hätte, für das Verständnis von Risikoklassifizierungen in ärztlichen Aufklärungsformularen könnten die standardisierten Einstufungen in Medikamentenbeipackzetteln nicht herangezogen werden.

III. Der Aufklärungsmangel bleibt nicht deshalb ohne haftungsrechtliche Folgen, weil anzunehmen wäre, im Falle zutreffender Aufklärung hätte sich die Klägerin gleichwohl für den dann durchgeführten Eingriff entschieden. Der von den Beklagten hilfsweise bereits erstinstanzlich erhobene Einwand, die Klägerin hätte sich dem Eingriff vom 11.04.2011 auch bei zutreffender Aufklärung über dessen Risiken (das Fehlen einer solchen Aufklärung unterstellt) unterzogen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich beachtlich (BGHZ 90, 103; BGH NJW 2007, 2771). Die Behandlungsseite trifft insoweit die Behauptungs- und Beweislast; sie ist mit dem Beweis für die Behauptung, der Patient hätte bei ordnungsgemäßer Aufklärung (ebenfalls) in den Eingriff eingewilligt, allerdings nur zu belasten, wenn der Patient zur Überzeugung des Gerichts plausibel macht, er hätte bei rechtzeitiger Verdeutlichung der Behandlungsrisiken vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden, wobei an die Substantiierungspflicht zur Darlegung eines solchen Konfliktes keine sehr hohen Anforderungen gestellt werden dürfen, da anderenfalls das Selbstbestimmungsrecht des Patienten unterlaufen würde (siehe dazu BGHZ 172, 1). Abzustellen ist dabei auf die persönliche Entscheidungssituation des jeweiligen Patienten, nicht darauf, was aus ärztlicher Sicht sinnvoll und erforderlich gewesen wäre und wie ein „vernünftiger Patient“ sich verhalten hätte. Der Patient braucht auch nicht darzulegen, wie er sich bei richtiger Aufklärung tatsächlich entschieden hätte (BGH MDR 1993, 516). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin bei ihrer Anhörung durch den Senat glaubhaft geschildert, dass sie aufgrund der damals nicht so ausgeprägten Beschwerdehaftigkeit der linken Hüfte - sie habe vor allem unter sogenannten Anlaufschmerzen gelitten, sei aber durchaus in der Lage gewesen, ihren Haushalt zu führen - eine ärztliche Zweitmeinung habe einholen wollen und dazu bereits andernorts einen Termin vereinbart habe, jedoch aufgrund der Darstellung des Beklagten zu 2) davon abgesehen habe; damit ist hinreichend und plausibel dargelegt, dass die Klägerin bei deutlicherer Darstellung des tatsächlichen Eingriffsrisikos unter Berücksichtigung des Umstandes, dass möglicherweise auch ein Pfannenwechsel erforderlich sein werde und zumindest dann sehr wohl eine Gefahr für den Ischiadicusnerv bestehe, wenigstens in einen ernsthaften Entscheidungskonflikt geraten wäre. Ob sie sich dann tatsächlich, wie sie erklärt hat, gegen die Durchführung des Eingriffs entschieden hätte, ist nicht maßgeblich und braucht deshalb nach den vorstehenden Grundsätzen nicht von der Klägerin bewiesen zu werden. Die Beklagten haben ihre Behauptung, die Klägerin habe präoperativ unter so erheblichen Schmerzen beim Gehen gelitten, dass nach allgemeiner ärztlicher Erfahrung in eine derartige Operation auch in voller Kenntnis der Risiken eingewilligt werde, nicht in geeigneter Weise unter Beweis gestellt. Ein Sachverständiger könnte heute nicht mehr feststellen, in welchem Umfang die Klägerin präoperativ beschwerdebehaftet war. Der bereits zitierte Arztbrief der Beklagten vom 08.04.2011, gerichtet an die Hausärztin der Klägerin, legt im Gegenteil nahe, dass die Beschwerden der Klägerin damals nur von mäßiger Schwere waren, heißt es doch unter „Anamnese“, dass die Klägerin über Beschwerden von Seiten der linken Hüfte, insbesondere unter Belastung auch mit verändertem Gangbild klage, jedoch die klinische Untersuchung der linken Hüfte eine gute Beweglichkeit ohne wesentliche Schmerzhaftigkeit ergeben habe. Einen schon damals erheblichen Leidensdruck, der die nunmehrigen Behauptungen der Klägerin als unglaubhaft und lediglich prozesstaktisch bedingt erscheinen ließe, können die Beklagten somit nicht aufzeigen.

IV. Für die Folgen des mangels wirksamer Einwilligung des Patienten rechtswidrigen Eingriffes haftet der verantwortliche Operateur, hier also der Beklagte zu 2), auch dann, wenn er selbst die Aufklärung des Patienten nicht durchgeführt hat, sondern diese Aufgabe an einen anderen Arzt, hier den Beklagten zu 4), delegiert hat. Eine solche Delegation wird zwar grundsätzlich als zulässig angesehen. Der behandelnde - hier: der operierende - Arzt, der nicht selbst aufklärt, hat aber entweder durch entsprechende Organisation dafür zu sorgen, dass die vollständige Aufklärung des Patienten anderweitig sichergestellt ist, oder sich im Einzelfall der vollständigen Aufklärung von anderer Seite zu vergewissern (OLG Karlsruhe NJW-RR 1998, 459; siehe auch BGH VersR 1984, 538). In der orthopädischen Klinik B. ... mag zwar organisatorisch sichergestellt gewesen sein, dass vor einem operativen Eingriff ein Aufklärungsgespräch erfolgte, wenn auch nicht unbedingt durch den späteren Operateur selbst; nicht sichergestellt war aber, dass diese Aufklärung auch mit dem zutreffenden Inhalt erfolgte. Das ergibt sich schon aus der Verwendung von Formblättern, die inhaltlich, wie ausführlich dargelegt, den Anforderungen nicht entsprachen. Gerade dem Beklagten zu 2) als dem Chefarzt der orthopädischen Abteilung hätte es oblegen, die in seiner Klinik verwendeten Aufklärungsformblätter auf ihre medizinische Richtigkeit zu überprüfen. Darüber hinaus hatte der Beklagte zu 2) aufgrund der von ihm selbst der Klägerin erteilten, ein Nervverletzungsrisiko als nicht gegeben darstellenden Hinweise sicherzustellen, dass diese Hinweise vor der Einwilligung der Klägerin in eine mögliche Operationserweiterung, die zu einer Verschiebung des Risikospektrums führen musste, richtig gestellt wurden. Er durfte nicht darauf vertrauen, dass der Beklagte zu 4), der vom Inhalt des im März 2011 geführten Gespräches keine Kenntnis haben konnte, die notwendigen Verdeutlichungen vornehmen werde. Der Beklagte zu 2) haftet damit der Klägerin sowohl deliktisch wie - aufgrund der getroffenen Wahlleistungsvereinbarung - vertraglich. Die Beklagte zu 1) hat als Trägerin der Klinik für die Folgen der rechtswidrigen Operation durch den Beklagten zu 2), der trotz der getroffenen Wahlleistungsvereinbarung zugleich Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1) blieb, weil diese aufgrund des abgeschlossenen sogenannten totalen Krankenhausaufnahmevertrages die ärztlichen Leistungen (auch) selbst schuldete, jedenfalls vertraglich einzustehen.

Schließlich haftet auch der Beklagte zu 4) als aufklärender Arzt; da er die ärztliche Aufklärung vor der Operation übernommen hatte, ist er mitverantwortlich dafür, dass die Einwilligung des Patienten in den Eingriff nicht wirksam war (grundlegend BGH NJW 1980, 1905). Auch unter diesem Gesichtspunkt ist zugleich die Haftung der Beklagten zu 1) begründet (BGH a. a. O.).

Unbegründet ist die Klage, soweit auch der Beklagte zu 3) in Anspruch genommen wird. Ein Behandlungsfehler ist ihm nicht unterlaufen. Als Operationsassistent traf ihn eine eigene Verpflichtung, sich der wirksamen Einwilligung des Patienten zu vergewissern, nicht. Das mag im Einzelfall anders zu beurteilen sein, wenn die Verantwortlichkeit für die Operation auch und sogar in erster Linie einen Oberarzt trifft, der zwar nur als Operationsassistent eingeteilt ist, jedoch einem Assistenzarzt assistiert (zu einer solchen Gestaltung OLG Karlsruhe NJW-RR 1998, 459; ebenso OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 798). Sollte die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 08.12.2004 (NJW-RR 2005, 798) dahin zu verstehen sein, ein bloßer Operationsassistent trage schon als solcher eine Mitverantwortung dafür, dass die Operationseinwilligung des Patienten wirksam sei, könnte der Senat dieser Auffassung allerdings nicht folgen. Er ist vielmehr der Meinung, dass sich ein Operationsassistent grundsätzlich darauf verlassen darf, dass das Vorliegen einer wirksamen Einwilligung vom verantwortlichen Operateur geprüft worden ist.

V. Der Antrag der Klägerin, die Beklagten zur Zahlung materiellen Schadensersatzes in Höhe von 4.929,09 Euro nebst Zinsen zu verurteilen, ist, abgesehen davon, dass der Beklagte zu 3) schon dem Grunde nach nicht haftet, teilweise begründet, nämlich in Höhe von 2.772,41 Euro nebst Zinsen.

1. Der Schadensberechnung der Klägerin liegt eine Kostenaufstellung für das Jahr 2011 (Anlage K 12 b) zugrunde, die zu einer Summe von 4.929,09 Euro gelangt, allerdings ist dieser Betrag wegen eines Rechenfehlers um 100,00 Euro zu hoch. Die dort im Einzelnen genannten Positionen, die sämtlich belegt sind, wobei hinsichtlich des sog. Tens-Gerätes zur Nervanregung inzwischen eine ärztliche Verordnung des Dr. I. ... vorgelegt worden ist, sind im Wesentlichen zuzusprechen. Dies gilt nicht für folgende Positionen:

Die Aufwendungen, die die Klägerin wegen eines massiven, ärztlich bestätigten Haarausfalles geltend macht, nämlich in Höhe von 31,75 Euro für ein Medikament (Pantovigar) sowie in Höhe von 232,00 Euro für eine Perücke, mögen auf die erhebliche seelische Belastung der Klägerin durch die operativen Eingriffe zurückzuführen sein; eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, die unter dem Gesichtspunkt des § 287 ZPO zur Zusprechung erforderlich wäre, kann der Senat jedoch ohne eine aussagekräftige ärztliche Bestätigung nicht feststellen.

Die Klägerin hat eine zweite Peronäusschiene angeschafft und müsste hierfür 301,47 Euro bezahlen; ihre Krankenversicherung hat eine Erstattung mit der Begründung verweigert, die bereits erstattete erste Schiene sei noch brauchbar. Zwar mag zutreffen, dass die Schiene wegen eines beschädigten oder abgenutzten Klettverschlusses einer Reparatur bedurfte. Es ist aber nicht ausreichend dargelegt, dass zur Überbrückung dieses Reparaturzeitraumes keine andere Möglichkeit bestanden habe als die Anschaffung einer zweiten Schiene.

Angesichts der erheblichen Funktionsbeeinträchtigung des linken Beines, insbesondere durch eine Fußheberschwäche, bezweifelt der Senat nicht die Notwendigkeit, das von der Klägerin zuvor genutzte Kraftfahrzeug durch ein solches mit automatischem Getriebe zu ersetzen. Dass die Klägerin ein solches Fahrzeug, nämlich einen nahezu neuwertigen Pkw vom Typ Mercedes, angeschafft hat, ist durch Vorlage der entsprechenden Rechnung belegt. Allerdings entspricht der geltend gemachte Betrag von 2.108,30 Euro den Mehrkosten für ein Neufahrzeug mit automatischem Getriebe gem. Aufpreisliste. Da die Klägerin einen Gebrauchtwagen gekauft hat, ist ein Abzug trotz der verhältnismäßig geringen Laufleistung dieses Gebrauchtfahrzeuges vorzunehmen, den der Senat mit 20% bemisst.

2. Für den Einzelzimmerzuschlag in Höhe von 390,00 Euro, den die Klägerin für ihren Aufenthalt im Krankenhaus B. ... bezahlt hat, steht der Klägerin kein Schadensersatzanspruch zu. Zwar war der Eingriff aufgrund eines Aufklärungsmangels rechtswidrig, wenn auch nicht behandlungsfehlerhaft. Dies allein führt nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 08.02.2008, MDR 2008, 554) nicht zum Entfall des ärztlichen Honoraranspruches und - folgerichtig - auch nicht zum Entfall des Anspruches des Krankenhauses auf Zahlung der Unterbringungskosten. Erforderlich wäre für den Wegfall eines Honoraranspruches, dass die ärztliche Leistung im Ergebnis für den Patienten vollständig nutzlos gewesen ist; anderenfalls stünde der Belastung des Vermögens des Patienten mit dem Honoraranspruch des Arztes der Wert der vom Arzt ausgeführten Behandlung gegenüber, so dass kein Schaden angenommen werden kann. Im vorliegenden Falle ist diese Voraussetzung allerdings erfüllt; da die Klägerin sich bereits wenige Tage nach dem streitgegenständlichen Eingriff im Krankenhaus der F. ... eine vollständig neue Totalendoprothese einsetzen lassen musste, war die im Klinikum B-. ... vorgenommene Behandlung im Ergebnis für sie ohne jeden Wert und hat sie außerdem zusätzlich geschädigt. Allerdings müsste auch feststehen, dass sich die Klägerin bei ordnungsgemäßer Aufklärung gegen den Eingriff entschieden hätte (OLG Düsseldorf, VersR 2003, 1579). Das kann hier nicht festgestellt werden.

Aus diesem Grunde kann die Klägerin auch nicht den von ihrer Kasse nicht erstatteten Teil der Honorarrechnung des Beklagten zu 2) in Höhe von 394,85 Euro zurückfordern. Möglicherweise besteht insoweit ein Rückzahlungsanspruch aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung, wenn nämlich, wie von der Krankenkasse anscheinend angenommen, die Honorarrechnung um den genannten Betrag überhöht ausgefallen ist. Dazu ist von der Klägerin aber nichts vorgetragen worden.

3. Hinsichtlich des Betrages von 150 Euro, den die Klägerin als Selbstbeteiligung trotz Bestehens einer Rechtsschutzversicherung aufwenden musste, soll die Klage nicht weiter verfolgt werden, wie dem Schriftsatz vom 11.4.2015 zu entnehmen ist.

4. Der Zinsanspruch folgt aus Verzug und beginnt hinsichtlich der einzelnen Beklagten deshalb zu unterschiedlichen Zeitpunkten.

5. Das pauschale Bestreiten der Beklagten mit einem erst im Verhandlungstermin am 27.03.2015 überreichten Schriftsatz wird, soweit es infolge seiner Pauschalität überhaupt zu beachten wäre, nicht mehr berücksichtigt. Die Klägerin war mit Beschluss vom 19.12.2014 darauf hingewiesen worden, dass ihre materiellen Schäden teilweise noch der näheren Darlegung bedürften; hierauf hat die Klägerin innerhalb der ihr hierfür gesetzten Frist mit Schriftsatz vom 14.01.2015, der umgehend den Beklagten übermittelt worden ist, näher vorgetragen. Auch wenn den Beklagten zur etwaigen Erwiderung keine Frist gesetzt war, entsprach ein erst im Verhandlungstermin erfolgtes Bestreiten nicht mehr der Prozessförderungspflicht nach § 282 Abs. 1 ZPO; da insoweit nach Auffassung des Senats grobe Nachlässigkeit vorliegt, wird das Bestreiten der Beklagten nach §§ 296 Abs. 2, 525 ZPO zurückgewiesen.

VI. Der Klägerin steht auch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aufgrund eines entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches zu; dieser erstreckt sich insbesondere auf die anwaltliche Geschäftsgebühren gem. Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG. Gegen den Ansatz einer 2,0 Gebühr bestehen keine Bedenken, erstattungsfähig ist diese Gebühr aber nur insoweit, als die Klage im Ergebnis Erfolg hatte, also in der sich bei Ansatz eines Gegenstandswertes von bis zu 30.000,00 Euro errechnenden Höhe, das sind 1.827,84 Euro aufgrund der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung des § 13 Abs. 1 RVG. Da die Prozessbevollmächtigten der Klägerin, wie mit Schriftsatz vom 14.01.2015 dargelegt, von der Rechtsschutzversicherung der Klägerin bereits 1.880,20 Euro erhalten haben und die Klägerin zur Geltendmachung ermächtigt ist (Schreiben der Rechtsschutzversicherung vom 30.8.2011), besteht in voller Höhe des soeben dargelegten Betrages ein Zahlungsanspruch; auf die mit dem genannten Schriftsatz angekündigte, wohl versehentlich jedoch in der mündlichen Verhandlung unterlassene geänderte Antragstellung kommt es deshalb nicht an.

VII. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 100 Abs. 1, Abs. 4, 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht erfüllt sind.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ist Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, daß infolge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert ist oder seine Bedürfnisse vermehrt sind. Wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann auch eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.