Landgericht Freiburg Urteil, 04. Mai 2016 - 5 O 27/16

bei uns veröffentlicht am04.05.2016

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 5.900,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.05.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Die klagenden Eheleute nehmen die beklagte Sparkasse auf Rückzahlung eines Vorfälligkeitsentgelts aus einem widerrufenen Verbraucherdarlehen in Anspruch.
Am 05.03.2008 schlossen die Parteien einen Vertrag über ein Darlehen in Höhe von 120.000 EUR zur Finanzierung einer Eigentumswohnung. Die dem schriftlichen Darlehensvertrag (Anlage K 1) beigefügte Widerrufsbelehrung lautet auszugsweise wie folgt:
Widerrufsbelehrung zu1 Darlehensvertrag Nr. ... vom 05.03.2008 über 120.000,- EUR
Widerrufsrecht
Sie können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen2 ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: (…)
Widerrufsfolgen
(…)
Finanzierte Geschäfte
Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstückes oder grundstückgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind oder wenn wir über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen. (…)
10 
Unterhalb des umrahmten Textes der Belehrung befinden sich die folgenden Fußnoten:
11 
1 Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts, z.B. Darlehensvertrag vom ...
2 Bitte Frist im Einzelfall prüfen.
12 
Im Zuge der Veräußerung der finanzierten Eigentumswohnung und der vorzeitigen Ablösung des Darlehens erklärten die Kläger mit Anwaltsschreiben vom 27.03.2015 (Anlage K 2) den Widerruf des Darlehensvertrags. Die Beklagte trat dem entgegen und stellte ein Vorfälligkeitsentgelt von 11.805,64 EUR in Rechnung, das die Kläger unter Vorbehalt bezahlten und unter Fristsetzung bis zum 15.05.2016 zurückverlangten. Einen Teilbetrag von 5.900 EUR machen sie nunmehr klageweise geltend. Außerdem verlangen sie Ersatz ihrer vorgerichtlichen Anwaltskosten.
13 
Die Kläger halten den Widerruf für wirksam. Die Widerrufsbelehrung sei missverständlich und weiche in mehreren Punkten von der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Musterbelehrung ab. Sie habe die Widerrufsfrist daher nicht in Lauf gesetzt. Dem Widerruf könne auch weder der Einwand der Verwirkung noch derjenige der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden.
14 
Die Kläger beantragen,
15 
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 5.900,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2015 zu bezahlen,
16 
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger den nicht anrechenbaren Teil der Geschäftsgebühr in Höhe von 0,75 aus einem Gegenstandswert von 11.805,64 EUR, mithin 453,75 EUR zuzüglich Auslagenpauschale in Höhe von 20 EUR zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer zu erstatten.
17 
Die Beklagte stellt den Antrag,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Sie ist der Auffassung, die Fußnoten gehörten nicht zum Text der Widerrufsbelehrung und die übrigen rein formalen Abweichungen von der Musterbelehrung seien unschädlich. Der Widerruf sei daher verspätet. Jedenfalls stehe ihm der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen, weil er durch kein schützenswertes Interesse gerechtfertigt sei. Die Kläger hätten die Befristung ihres Widerrufsrechts aufgrund der Belehrung zweifelsfrei erkennen können, davon aber keinen Gebrauch gemacht, weil sie das Darlehen zur Finanzierung der Eigentumswohnung benötigt hätten. Zudem hätten sie ihre Darlehensverbindlichkeiten sieben Jahre lang bedient, ohne erkennen zu lassen, dass sie den Vertrag übereilt geschlossen hätten oder sich von ihm lösen wollten. Zum Widerruf hätten sie sich erst nach der Veräußerung der Immobilie entschlossen, um die durch das stark gefallene Zinsniveau erhöhte Vorfälligkeitsentschädigung einzusparen. Außerdem sei das Widerrufsrecht verwirkt, weil die Beklagte aufgrund der langjährigen vorbehaltlosen Zahlungen der Kläger auf den Fortbestand des Darlehens habe vertrauen dürfen und im Rahmen der Refinanzierung selbst vertragliche Verpflichtungen eingegangen sei, so dass ihr durch den Widerruf ein unzumutbarer Nachteil entstehe.
20 
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
21 
Die zulässige Teilklage ist in der Hauptsache begründet; in den Nebenforderungen unterliegt sie teilweise der Abweisung.
22 
1. Die Beklagte ist gemäß §§ 495 Abs. 1, 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 05.03.2008 geltenden Fassung (fortan: BGB a.F.) zur Rückzahlung des Vorfälligkeitsentgelts verpflichtet, weil die Kläger den Darlehensvertrag wirksam widerrufen haben.
23 
a) Der am 27.03.2015 erklärte Widerruf ist rechtzeitig erfolgt, weil die zweiwöchige Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung noch nicht begonnen hatte (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.).
24 
Die in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung verwendete Formulierung, die Frist beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, genügt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur NJW 2010, 989, 990 f.; 2012, 3298 f. und NJW-RR 2013, 885, 886) nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F., weil sie den Verbraucher nicht umfassend, unmissverständlich und eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist und die zeitlichen Grenzen des Widerrufsrechts informiert. Denn ihr ist lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist 'jetzt oder später‘ beginnen, der Beginn des Fristlaufs also noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche Umstände es sich dabei handelt. Ob die Fußnote 2 („Bitte Frist im Einzelfall prüfen“) ebenfalls gegen das Deutlichkeitsgebot verstößt (so etwa OLG Brandenburg, Urt. v. 17.10.2012, 4 U 194/11, juris Tz. 27; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.11.2015, 6 U 296/14, juris Tz. 11 oder OLG München, Urt. v. 21.10.2013, 19 U 1208/13, juris Tz. 37 und 41) bedarf hier keiner Entscheidung.
25 
Die Beklagte kann sich auch nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoVO a.F. berufen. Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur NJW 2012, 3428 f.; 2014, 2022, 2023 und NJW-RR 2012, 183, 185) voraus, dass die erteilte Widerrufsbelehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoVO a.F. sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Unterzieht der Verwender den Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung, so kann er sich nicht auf eine mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung berufen. Das gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen inhaltlichen Änderungen, da sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll (BGH, a.a.O.).
26 
An der danach erforderlichen Identität fehlt es hier schon deshalb, weil der von der Beklagten verwendete Text im Abschnitt 'Finanzierte Geschäfte‘ insofern von der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoVO a.F. abweicht, als der Satz 2 („Dies ist insbesondere anzunehmen, … bedienen“) nicht - wie im Gestaltungshinweis (9) für den hier vorliegenden Fall eines finanzierten Grundstückserwerbs vorgesehen - durch den folgenden Satz ersetzt wird: „Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.“ Stattdessen werden beide Sätze kumulativ verwendet und der den finanzierten Grundstückserwerb betreffende Satz durch eine in der Musterbelehrung nicht vorgesehene Einleitung („Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstückes oder grundstückgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn …“) angepasst. Diese Abweichung lässt die Gesetzlichkeitsfiktion nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoVO a.F. entfallen (vgl. OLG Karlsruhe, Zivilsenate in Freiburg, Urt. v. 27.02.2015, 4 U 144/14, juris Tz. 8 mit LG Waldshut-Tiengen, Urt. v. 19.08.2014, 1 O 78/13, juris Tz. 17 ff.; ebenso OLG Hamm, ZIP 2015, 1113; OLG Frankfurt, ZIP 2016, 409, 411; OLG München, Urt. v. 21.10.2013, 19 U 1208/13, Tz. 41 sowie OLG Stuttgart, BKR 2016, 68, 70 und Urt. v. 29.09.2015, 6 U 21/15, juris Tz. 34 f.; a.A. OLG Hamburg, BKR 2016, 336, 337 und OLG Schleswig, 26.02.2015, 5 U 175/14, juris Tz. 26). Dabei kommt es nicht darauf an, ob und in welchen Fällen eine 'rein formale‘ Abweichung mit der Beklagten als unschädlich angesehen werden könnte. Denn durch die kumulative Verwendung der beiden Sätze wird die Subsumtion unter die Begriffe „finanzierter Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts“ dem Verbraucher überlassen. Die Musterbelehrung sieht aber vor, dass der Unternehmer diese Subsumtion vornimmt und entsprechend belehrt. Die von der Beklagten vorgenommene Änderung bedeutet daher einen Verlust an Deutlichkeit und ist deshalb nicht als 'rein formale‘ Abweichung, sondern als inhaltliche Bearbeitung der Musterbelehrung einzuordnen (so zutreffend OLG Stuttgart, Urt. v. 29.09.2015, a.a.O.).
27 
Ebenso verhält es sich mit den beiden Fußnoten. Sie sind als solche Bestandteil der von der Beklagten erteilten Widerrufsbelehrung, auch wenn sich ihr Text unterhalb des umrahmten Belehrungstextes befindet. Denn die innerhalb des Rahmens befindlichen Fußnotenziffern verweisen auf den Fußnotentext und beziehen ihn damit als inhaltliche Ergänzung zu der jeweils kommentierten Textpassage in die Belehrung ein. Das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoVO a.F. sieht keine Fußnoten vor und deren Verwendung kann jedenfalls bei der Fußnote 2 auch nicht als 'rein formale‘ Abweichung qualifiziert werden, weil sie zu einem Verlust an Deutlichkeit führt (vgl. etwa OLG Brandenburg, Urt. v. 17.10.2012, 4 U 194/11, juris Tz. 27; OLG München, Urt. v. 21.10.2013, 19 U 1208/13. juris Tz. 37; OLG Nürnberg, Urt. v. 11.11.2015, 14 U 2439/14 , juris Tz. 31; a..A. OLG Bamberg, Beschl. v. 01.06. 2015, 6 U 13/15 , juris Tz. 83 ; OLG Frankfurt, ZIP 2016, 409, 411 und OLG Schleswig, 26.02.2015, 5 U 175/14, juris Tz. 23). Das gilt unabhängig davon, ob der Verbraucher wegen der Fußnote 1 davon ausgehen muss, dass die Aufforderung „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ ebenfalls nicht an ihn, sondern an den Bankmitarbeiter gerichtet ist, der das Belehrungsformular auswählt und ausfüllt. Denn selbst bei dieser (keineswegs zwingenden) Auslegung kann die Fußnote 2 beim Verbraucher den bei der Musterbelehrung nicht entstehenden Zweifel hervorrufen, ob die im Text genannte Frist von zwei Wochen in seinem 'Einzelfall‘ tatsächlich zutrifft oder auf einem Irrtum des Bankmitarbeiters beruht.
28 
b) Die Kläger sind auch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht gehindert, die Rechte aus dem Widerruf geltend zu machen. Denn sie haben ihr Widerrufsrecht weder verwirkt noch ist dessen Ausübung rechtsmissbräuchlich.
29 
aa) Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH, NJW 2014, 2646, 2650). An diese Voraussetzungen sind gerade bei den verbraucherschützenden Widerrufsrechten strenge Anforderungen zu stellen. Denn die mit einer unterlassenen oder nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Nachteile hat grundsätzlich der Geschäftspartner des Verbrauchers zu tragen (so - für § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG - BGH, NJW-RR 2005, 180, 182). Daher fehlt es in derartigen Fällen regelmäßig an dem erforderlichen Umstandsmoment. Der Unternehmer kann schon deshalb kein schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nehmen, weil er die Situation selbst herbeigeführt hat, indem er den Verbraucher nicht ordnungsgemäß belehrt hat (so für das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. BGH, NJW 2014, 2646, 2650; ebenso für § 355 BGB a.F. etwa OLG Karlsruhe [17. Zivilsenat], MDR 2015, 696 f. und Urt. v. 10.02.2016, 17 U 77/15, juris Tz. 34 f.). Gegen seine Schutzwürdigkeit spricht zudem, dass er jederzeit die Möglichkeit hat, durch eine nachträglich erteilte wirksame Belehrung den Lauf der - dann auf einen Monat verlängerten - Frist in Gang zu setzen und den Schwebezustand zu beenden (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.).
30 
Gemessen daran fehlt es auch im vorliegenden Fall bereits am Umstandsmoment. Denn die Beklagte durfte aufgrund der fehlerhaften Widerrufsbelehrung nicht darauf vertrauen, dass die Kläger ihr Widerrufsrecht nicht mehr ausüben würden. Sie hat auch von der Möglichkeit einer Nachbelehrung gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. keinen Gebrauch gemacht, obwohl ihr die Unwirksamkeit der Belehrung spätestens seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. Dezember 2009 (NJW 2010, 989, 990 f.) bekannt sein musste. Ein Verhalten der Kläger, das gleichwohl ein entsprechendes Vertrauen rechtfertigen könnte, ist nicht vorgetragen. Die vorhaltlose Zahlung der vereinbarten Darlehensraten während der rund siebenjährigen Laufzeit des Darlehens genügt dafür nicht (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 180, 182; OLG Karlsruhe, Zivilsenate in Freiburg, Urt. v. 27.02.2015, 4 U 144/14, juris Tz. 16 mit LG Waldshut-Tiengen, Urt. v. 19.08.2014, 1 O 78/13, juris Tz. 24 f). Denn der Beklagten war bekannt, dass die Kläger aufgrund der von ihr erteilten Belehrung keinen Anlass hatten anzunehmen, ihnen stehe nach dem Ablauf der darin genannten Fristen noch ein Widerrufsrecht zu (vgl. BGH, NJW 2006, 497, 498). Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass sie sich im Vertrauen auf die langjährige, vorbehaltlose Zahlung der Darlehensraten so eingerichtet hätte, dass ihr durch die verspätete Durchsetzung des Widerrufsrechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde. Sie verweist lediglich auf die Entscheidung zur Refinanzierung des Darlehens. Diese ist aber nach ihrem eigenen Vorbringen schon kurze Zeit nach Vertragsschluss getroffen worden und beruhte damit gerade nicht auf den langjährigen Zahlungen der Kläger.
31 
bb) Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung. Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine erworbene Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden (BGH, NJW-RR 2005, 619, 620). So kann die Berufung auf ein individuelles Recht insbesondere rechtsmissbräuchlich und damit treuwidrig sein, wenn das Recht durch seinen institutionellen Zweck beschränkt und mit seiner Ausübung nicht dieser Zweck, sondern ein funktionsfremdes, rechtlich zu missbilligendes Ziel verfolgt wird (vgl. etwa BGH, NJW 1989, 2689, 2692; 1992, 569, 570 f.).
32 
Ein Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1 BGB a.F. wegen Rechtsmissbrauchs beziehungsweise unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) kommt aber nur ausnahmsweise - unter dem Gesichtspunkt besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers - in Betracht, etwa bei arglistigem Verhalten des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer (BGH, NJW 2010, 610 und Urt. v. 16.03.2016, VIII ZR 146/15, juris Tz. 16). Auf das Motiv für die Ausübung des Widerrufsrechts kommt es dabei nicht an. Denn wie schon das Fehlen einer Begründungspflicht (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aF) zeigt, knüpft das Gesetz die Ausübung des Widerrufsrechts gerade nicht an ein berechtigtes Interesse des Verbrauchers, sondern überlässt es allein seinem freien Willen, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft (BGH, Urt. v. 16.03.2016, a.a.O. Tz. 20; ebenso - für § 1b AbzG a.F. - bereits NJW 1986, 1679 und WM 1983, 317). Das gilt auch für das Widerrufsrecht nach § 495 BGB a.F. (vgl. OLG Frankfurt, ZIP 2016, 409, 412 f. und OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2015, 6 U 148/14, juris Tz. 43 ff.; ebenso im Ergebnis auch OLG Celle, Urt. v. 02.12.2015, 3 U 108/15, juris Tz. 53 f.; OLG Dresden, Urt. v. 11.06.2015, 8 U 1760/14, juris Tz. 36; OLG Frankfurt, Beschl. v. 02.09.2015, 23 U 24/15, juris Tz. 42; OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.02.2016, 17 U 77/15, juris Tz. 36 ff.; a.A. etwa OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.01.2016, 6 U 296/14, Tz. 21 ff., aber auch LG Freiburg [1. Zivilkammer], Urt. V. 16.01.2015, 1 O 258/14, juris Tz. 21 ff.). Dass dieses Recht den Verbraucher vor einer übereilten Bindung schützen und ihm wegen der erheblichen wirtschaftlichen Tragweite Gelegenheit geben soll, das Darlehensangebot noch einmal zu überdenken (vgl. BGH, BKR 2013, 326, 329), steht dem nicht entgegen. Denn wie bei § 312d Abs. 1 Satz 1BGB a.F. (dazu BGH, Urt. v. 16.03.2016, a.a.O. Tz. 19 f.) wird die Ausübung des an keine weiteren Voraussetzungen gebundenen Widerrufsrechts durch dessen institutionellen Zweck nicht beschränkt. Der Verbraucher kann dieses Recht daher auch zu seinem wirtschaftlichen Vorteil nutzen, ohne sich dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs auszusetzen (BGH, Urt. v. 16.03.2016, a.a.O. Tz. 17 f. und 21). Das gilt nicht nur für den Fall, dass er den Darlehensvertrag innerhalb von zwei Wochen nach ordnungsgemäßer Belehrung widerruft, um ein zwischenzeitlich erhaltenes Angebot mit günstigeren Konditionen anzunehmen, sondern in gleicher Weise für die spätere Ausübung des aufgrund fehlender oder nicht ordnungsgemäßer Belehrung fortdauernden Widerrufsrechts. Denn die fortdauernde Möglichkeit des Widerrufs ist die vom Gesetz gewollte Folge einer unterbliebenen oder fehlerhaften Widerrufsbelehrung, für die der Unternehmer verantwortlich ist, und ihre Einschränkung würde dem gesetzgeberischen Ziel zuwiderlaufen, den Unternehmer zu einer ordnungsgemäßen Belehrung zu zwingen (so - für § 1b AbzG a.F. - bereits BGH, NJW 1986, 1679 und WM 1983, 317).
33 
Danach greift der von der Beklagten erhobene Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht durch. Die Kläger haben das streitgegenständliche Darlehen zwar sieben Jahre lang in Anspruch genommen, um ihre Eigentumswohnung zu finanzieren, und den Widerruf erst nach deren Veräußerung erklärt, um das von der Klägerin verlangte Vorfälligkeitsentgelt einzusparen. Dieses eigennützige Motiv ist aber rechtlich nicht zu missbilligen, sondern von der gesetzlichen Ausgestaltung des Widerrufsrechts umfasst. Dass das Zinsniveau während der Laufzeit des Darlehens erheblich gefallen ist und der Beklagten durch den späten Widerruf ein entsprechender Nachteil entsteht, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn die mit einer nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Risiken trägt allein der Darlehensgeber. Dass sie arglistig getäuscht worden oder aus anderen Gründen besonders schutzwürdig wäre, macht die Beklagte nicht geltend.
34 
2. Die Kläger haben jedoch keinen Anspruch auf Ersatz ihrer vorgerichtlichen Kosten.
35 
Ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss aufgrund der fehlerhaften Widerrufsbelehrung (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) scheitert jedenfalls am fehlenden Verschulden der Beklagten. Denn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im März 2008 enthielt die Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 der BGB-InfoVO a.F. den in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung verwendeten Satz, die Frist beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ noch als Musterformulierung. Auch wurde die Frage der Unwirksamkeit dieser Formulierung erst durch Urteil des BGH vom 09.12.2009 (NJW 2010, 989) höchstrichterlich geklärt. Der Beklagten kann daher nicht vorgeworfen werden, dass sie diese Formulierung bei Vertragsschluss im März 2008 verwendete (vgl. nur OLG Karlsruhe, Zivilsenate in Freiburg, Urt. v. 27.02.2015, 4 U 144/14, juris Tz. 18 mit LG Waldshut-Tiengen, Urt. v. 19.08.2014, 1 O 78/13, juris Tz. 31).
36 
Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Kosten ergibt sich auch nicht aus §§ 280, 286 BGB. Denn bei der Beauftragung des klägerischen Rechtsanwalts war die Beklagte noch nicht in Verzug. Der Verzug ist vielmehr erst mit Ablauf der vom Anwalt gesetzten Frist zum 15.05.2015 eingetreten.
37 
Aus diesem Grund ist der geltend gemachte Zinsanspruch nach § 288 Abs. 1 BGB auch erst ab dem 16.05.2016 begründet.
II.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

Gründe

 
I.
21 
Die zulässige Teilklage ist in der Hauptsache begründet; in den Nebenforderungen unterliegt sie teilweise der Abweisung.
22 
1. Die Beklagte ist gemäß §§ 495 Abs. 1, 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 05.03.2008 geltenden Fassung (fortan: BGB a.F.) zur Rückzahlung des Vorfälligkeitsentgelts verpflichtet, weil die Kläger den Darlehensvertrag wirksam widerrufen haben.
23 
a) Der am 27.03.2015 erklärte Widerruf ist rechtzeitig erfolgt, weil die zweiwöchige Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung noch nicht begonnen hatte (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.).
24 
Die in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung verwendete Formulierung, die Frist beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, genügt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur NJW 2010, 989, 990 f.; 2012, 3298 f. und NJW-RR 2013, 885, 886) nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F., weil sie den Verbraucher nicht umfassend, unmissverständlich und eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist und die zeitlichen Grenzen des Widerrufsrechts informiert. Denn ihr ist lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist 'jetzt oder später‘ beginnen, der Beginn des Fristlaufs also noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche Umstände es sich dabei handelt. Ob die Fußnote 2 („Bitte Frist im Einzelfall prüfen“) ebenfalls gegen das Deutlichkeitsgebot verstößt (so etwa OLG Brandenburg, Urt. v. 17.10.2012, 4 U 194/11, juris Tz. 27; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.11.2015, 6 U 296/14, juris Tz. 11 oder OLG München, Urt. v. 21.10.2013, 19 U 1208/13, juris Tz. 37 und 41) bedarf hier keiner Entscheidung.
25 
Die Beklagte kann sich auch nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoVO a.F. berufen. Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur NJW 2012, 3428 f.; 2014, 2022, 2023 und NJW-RR 2012, 183, 185) voraus, dass die erteilte Widerrufsbelehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoVO a.F. sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Unterzieht der Verwender den Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung, so kann er sich nicht auf eine mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung berufen. Das gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen inhaltlichen Änderungen, da sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll (BGH, a.a.O.).
26 
An der danach erforderlichen Identität fehlt es hier schon deshalb, weil der von der Beklagten verwendete Text im Abschnitt 'Finanzierte Geschäfte‘ insofern von der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoVO a.F. abweicht, als der Satz 2 („Dies ist insbesondere anzunehmen, … bedienen“) nicht - wie im Gestaltungshinweis (9) für den hier vorliegenden Fall eines finanzierten Grundstückserwerbs vorgesehen - durch den folgenden Satz ersetzt wird: „Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.“ Stattdessen werden beide Sätze kumulativ verwendet und der den finanzierten Grundstückserwerb betreffende Satz durch eine in der Musterbelehrung nicht vorgesehene Einleitung („Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstückes oder grundstückgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn …“) angepasst. Diese Abweichung lässt die Gesetzlichkeitsfiktion nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoVO a.F. entfallen (vgl. OLG Karlsruhe, Zivilsenate in Freiburg, Urt. v. 27.02.2015, 4 U 144/14, juris Tz. 8 mit LG Waldshut-Tiengen, Urt. v. 19.08.2014, 1 O 78/13, juris Tz. 17 ff.; ebenso OLG Hamm, ZIP 2015, 1113; OLG Frankfurt, ZIP 2016, 409, 411; OLG München, Urt. v. 21.10.2013, 19 U 1208/13, Tz. 41 sowie OLG Stuttgart, BKR 2016, 68, 70 und Urt. v. 29.09.2015, 6 U 21/15, juris Tz. 34 f.; a.A. OLG Hamburg, BKR 2016, 336, 337 und OLG Schleswig, 26.02.2015, 5 U 175/14, juris Tz. 26). Dabei kommt es nicht darauf an, ob und in welchen Fällen eine 'rein formale‘ Abweichung mit der Beklagten als unschädlich angesehen werden könnte. Denn durch die kumulative Verwendung der beiden Sätze wird die Subsumtion unter die Begriffe „finanzierter Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts“ dem Verbraucher überlassen. Die Musterbelehrung sieht aber vor, dass der Unternehmer diese Subsumtion vornimmt und entsprechend belehrt. Die von der Beklagten vorgenommene Änderung bedeutet daher einen Verlust an Deutlichkeit und ist deshalb nicht als 'rein formale‘ Abweichung, sondern als inhaltliche Bearbeitung der Musterbelehrung einzuordnen (so zutreffend OLG Stuttgart, Urt. v. 29.09.2015, a.a.O.).
27 
Ebenso verhält es sich mit den beiden Fußnoten. Sie sind als solche Bestandteil der von der Beklagten erteilten Widerrufsbelehrung, auch wenn sich ihr Text unterhalb des umrahmten Belehrungstextes befindet. Denn die innerhalb des Rahmens befindlichen Fußnotenziffern verweisen auf den Fußnotentext und beziehen ihn damit als inhaltliche Ergänzung zu der jeweils kommentierten Textpassage in die Belehrung ein. Das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoVO a.F. sieht keine Fußnoten vor und deren Verwendung kann jedenfalls bei der Fußnote 2 auch nicht als 'rein formale‘ Abweichung qualifiziert werden, weil sie zu einem Verlust an Deutlichkeit führt (vgl. etwa OLG Brandenburg, Urt. v. 17.10.2012, 4 U 194/11, juris Tz. 27; OLG München, Urt. v. 21.10.2013, 19 U 1208/13. juris Tz. 37; OLG Nürnberg, Urt. v. 11.11.2015, 14 U 2439/14 , juris Tz. 31; a..A. OLG Bamberg, Beschl. v. 01.06. 2015, 6 U 13/15 , juris Tz. 83 ; OLG Frankfurt, ZIP 2016, 409, 411 und OLG Schleswig, 26.02.2015, 5 U 175/14, juris Tz. 23). Das gilt unabhängig davon, ob der Verbraucher wegen der Fußnote 1 davon ausgehen muss, dass die Aufforderung „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ ebenfalls nicht an ihn, sondern an den Bankmitarbeiter gerichtet ist, der das Belehrungsformular auswählt und ausfüllt. Denn selbst bei dieser (keineswegs zwingenden) Auslegung kann die Fußnote 2 beim Verbraucher den bei der Musterbelehrung nicht entstehenden Zweifel hervorrufen, ob die im Text genannte Frist von zwei Wochen in seinem 'Einzelfall‘ tatsächlich zutrifft oder auf einem Irrtum des Bankmitarbeiters beruht.
28 
b) Die Kläger sind auch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht gehindert, die Rechte aus dem Widerruf geltend zu machen. Denn sie haben ihr Widerrufsrecht weder verwirkt noch ist dessen Ausübung rechtsmissbräuchlich.
29 
aa) Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH, NJW 2014, 2646, 2650). An diese Voraussetzungen sind gerade bei den verbraucherschützenden Widerrufsrechten strenge Anforderungen zu stellen. Denn die mit einer unterlassenen oder nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Nachteile hat grundsätzlich der Geschäftspartner des Verbrauchers zu tragen (so - für § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG - BGH, NJW-RR 2005, 180, 182). Daher fehlt es in derartigen Fällen regelmäßig an dem erforderlichen Umstandsmoment. Der Unternehmer kann schon deshalb kein schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nehmen, weil er die Situation selbst herbeigeführt hat, indem er den Verbraucher nicht ordnungsgemäß belehrt hat (so für das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. BGH, NJW 2014, 2646, 2650; ebenso für § 355 BGB a.F. etwa OLG Karlsruhe [17. Zivilsenat], MDR 2015, 696 f. und Urt. v. 10.02.2016, 17 U 77/15, juris Tz. 34 f.). Gegen seine Schutzwürdigkeit spricht zudem, dass er jederzeit die Möglichkeit hat, durch eine nachträglich erteilte wirksame Belehrung den Lauf der - dann auf einen Monat verlängerten - Frist in Gang zu setzen und den Schwebezustand zu beenden (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.).
30 
Gemessen daran fehlt es auch im vorliegenden Fall bereits am Umstandsmoment. Denn die Beklagte durfte aufgrund der fehlerhaften Widerrufsbelehrung nicht darauf vertrauen, dass die Kläger ihr Widerrufsrecht nicht mehr ausüben würden. Sie hat auch von der Möglichkeit einer Nachbelehrung gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. keinen Gebrauch gemacht, obwohl ihr die Unwirksamkeit der Belehrung spätestens seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. Dezember 2009 (NJW 2010, 989, 990 f.) bekannt sein musste. Ein Verhalten der Kläger, das gleichwohl ein entsprechendes Vertrauen rechtfertigen könnte, ist nicht vorgetragen. Die vorhaltlose Zahlung der vereinbarten Darlehensraten während der rund siebenjährigen Laufzeit des Darlehens genügt dafür nicht (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 180, 182; OLG Karlsruhe, Zivilsenate in Freiburg, Urt. v. 27.02.2015, 4 U 144/14, juris Tz. 16 mit LG Waldshut-Tiengen, Urt. v. 19.08.2014, 1 O 78/13, juris Tz. 24 f). Denn der Beklagten war bekannt, dass die Kläger aufgrund der von ihr erteilten Belehrung keinen Anlass hatten anzunehmen, ihnen stehe nach dem Ablauf der darin genannten Fristen noch ein Widerrufsrecht zu (vgl. BGH, NJW 2006, 497, 498). Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass sie sich im Vertrauen auf die langjährige, vorbehaltlose Zahlung der Darlehensraten so eingerichtet hätte, dass ihr durch die verspätete Durchsetzung des Widerrufsrechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde. Sie verweist lediglich auf die Entscheidung zur Refinanzierung des Darlehens. Diese ist aber nach ihrem eigenen Vorbringen schon kurze Zeit nach Vertragsschluss getroffen worden und beruhte damit gerade nicht auf den langjährigen Zahlungen der Kläger.
31 
bb) Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung. Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine erworbene Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden (BGH, NJW-RR 2005, 619, 620). So kann die Berufung auf ein individuelles Recht insbesondere rechtsmissbräuchlich und damit treuwidrig sein, wenn das Recht durch seinen institutionellen Zweck beschränkt und mit seiner Ausübung nicht dieser Zweck, sondern ein funktionsfremdes, rechtlich zu missbilligendes Ziel verfolgt wird (vgl. etwa BGH, NJW 1989, 2689, 2692; 1992, 569, 570 f.).
32 
Ein Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1 BGB a.F. wegen Rechtsmissbrauchs beziehungsweise unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) kommt aber nur ausnahmsweise - unter dem Gesichtspunkt besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers - in Betracht, etwa bei arglistigem Verhalten des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer (BGH, NJW 2010, 610 und Urt. v. 16.03.2016, VIII ZR 146/15, juris Tz. 16). Auf das Motiv für die Ausübung des Widerrufsrechts kommt es dabei nicht an. Denn wie schon das Fehlen einer Begründungspflicht (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aF) zeigt, knüpft das Gesetz die Ausübung des Widerrufsrechts gerade nicht an ein berechtigtes Interesse des Verbrauchers, sondern überlässt es allein seinem freien Willen, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft (BGH, Urt. v. 16.03.2016, a.a.O. Tz. 20; ebenso - für § 1b AbzG a.F. - bereits NJW 1986, 1679 und WM 1983, 317). Das gilt auch für das Widerrufsrecht nach § 495 BGB a.F. (vgl. OLG Frankfurt, ZIP 2016, 409, 412 f. und OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2015, 6 U 148/14, juris Tz. 43 ff.; ebenso im Ergebnis auch OLG Celle, Urt. v. 02.12.2015, 3 U 108/15, juris Tz. 53 f.; OLG Dresden, Urt. v. 11.06.2015, 8 U 1760/14, juris Tz. 36; OLG Frankfurt, Beschl. v. 02.09.2015, 23 U 24/15, juris Tz. 42; OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.02.2016, 17 U 77/15, juris Tz. 36 ff.; a.A. etwa OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.01.2016, 6 U 296/14, Tz. 21 ff., aber auch LG Freiburg [1. Zivilkammer], Urt. V. 16.01.2015, 1 O 258/14, juris Tz. 21 ff.). Dass dieses Recht den Verbraucher vor einer übereilten Bindung schützen und ihm wegen der erheblichen wirtschaftlichen Tragweite Gelegenheit geben soll, das Darlehensangebot noch einmal zu überdenken (vgl. BGH, BKR 2013, 326, 329), steht dem nicht entgegen. Denn wie bei § 312d Abs. 1 Satz 1BGB a.F. (dazu BGH, Urt. v. 16.03.2016, a.a.O. Tz. 19 f.) wird die Ausübung des an keine weiteren Voraussetzungen gebundenen Widerrufsrechts durch dessen institutionellen Zweck nicht beschränkt. Der Verbraucher kann dieses Recht daher auch zu seinem wirtschaftlichen Vorteil nutzen, ohne sich dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs auszusetzen (BGH, Urt. v. 16.03.2016, a.a.O. Tz. 17 f. und 21). Das gilt nicht nur für den Fall, dass er den Darlehensvertrag innerhalb von zwei Wochen nach ordnungsgemäßer Belehrung widerruft, um ein zwischenzeitlich erhaltenes Angebot mit günstigeren Konditionen anzunehmen, sondern in gleicher Weise für die spätere Ausübung des aufgrund fehlender oder nicht ordnungsgemäßer Belehrung fortdauernden Widerrufsrechts. Denn die fortdauernde Möglichkeit des Widerrufs ist die vom Gesetz gewollte Folge einer unterbliebenen oder fehlerhaften Widerrufsbelehrung, für die der Unternehmer verantwortlich ist, und ihre Einschränkung würde dem gesetzgeberischen Ziel zuwiderlaufen, den Unternehmer zu einer ordnungsgemäßen Belehrung zu zwingen (so - für § 1b AbzG a.F. - bereits BGH, NJW 1986, 1679 und WM 1983, 317).
33 
Danach greift der von der Beklagten erhobene Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht durch. Die Kläger haben das streitgegenständliche Darlehen zwar sieben Jahre lang in Anspruch genommen, um ihre Eigentumswohnung zu finanzieren, und den Widerruf erst nach deren Veräußerung erklärt, um das von der Klägerin verlangte Vorfälligkeitsentgelt einzusparen. Dieses eigennützige Motiv ist aber rechtlich nicht zu missbilligen, sondern von der gesetzlichen Ausgestaltung des Widerrufsrechts umfasst. Dass das Zinsniveau während der Laufzeit des Darlehens erheblich gefallen ist und der Beklagten durch den späten Widerruf ein entsprechender Nachteil entsteht, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn die mit einer nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Risiken trägt allein der Darlehensgeber. Dass sie arglistig getäuscht worden oder aus anderen Gründen besonders schutzwürdig wäre, macht die Beklagte nicht geltend.
34 
2. Die Kläger haben jedoch keinen Anspruch auf Ersatz ihrer vorgerichtlichen Kosten.
35 
Ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss aufgrund der fehlerhaften Widerrufsbelehrung (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) scheitert jedenfalls am fehlenden Verschulden der Beklagten. Denn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im März 2008 enthielt die Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 der BGB-InfoVO a.F. den in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung verwendeten Satz, die Frist beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ noch als Musterformulierung. Auch wurde die Frage der Unwirksamkeit dieser Formulierung erst durch Urteil des BGH vom 09.12.2009 (NJW 2010, 989) höchstrichterlich geklärt. Der Beklagten kann daher nicht vorgeworfen werden, dass sie diese Formulierung bei Vertragsschluss im März 2008 verwendete (vgl. nur OLG Karlsruhe, Zivilsenate in Freiburg, Urt. v. 27.02.2015, 4 U 144/14, juris Tz. 18 mit LG Waldshut-Tiengen, Urt. v. 19.08.2014, 1 O 78/13, juris Tz. 31).
36 
Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Kosten ergibt sich auch nicht aus §§ 280, 286 BGB. Denn bei der Beauftragung des klägerischen Rechtsanwalts war die Beklagte noch nicht in Verzug. Der Verzug ist vielmehr erst mit Ablauf der vom Anwalt gesetzten Frist zum 15.05.2015 eingetreten.
37 
Aus diesem Grund ist der geltend gemachte Zinsanspruch nach § 288 Abs. 1 BGB auch erst ab dem 16.05.2016 begründet.
II.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Freiburg Urteil, 04. Mai 2016 - 5 O 27/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Freiburg Urteil, 04. Mai 2016 - 5 O 27/16

Referenzen - Gesetze

Landgericht Freiburg Urteil, 04. Mai 2016 - 5 O 27/16 zitiert 12 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 355 Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen


(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 14 Unternehmer


(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. (2) Eine rechtsfähig

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 495 Widerrufsrecht; Bedenkzeit


(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu. (2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,1.die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsv

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landgericht Freiburg Urteil, 04. Mai 2016 - 5 O 27/16 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Landgericht Freiburg Urteil, 04. Mai 2016 - 5 O 27/16 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 11. Nov. 2015 - 14 U 2439/14

bei uns veröffentlicht am 11.11.2015

Tenor 1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27.10.2014 abgeändert. 2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.015,55 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten

Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 01. Juni 2015 - 6 U 13/15

bei uns veröffentlicht am 01.06.2015

Gründe Oberlandesgericht Bamberg Az.: 6 U 13/15 2 O 415/14 LG Bamberg In dem Rechtsstreit 1) ... - Kläger und Berufungskläger - 2) ... - Klägerin und Berufungsklägerin - Prozessbevollmächtigter zu 1 u

Bundesgerichtshof Urteil, 16. März 2016 - VIII ZR 146/15

bei uns veröffentlicht am 16.03.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 146/15 Verkündet am: 16. März 2016 Vorusso, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Oberlandesgericht Hamm Hinweisschreiben, 23. März 2015 - 6 U 21/15

bei uns veröffentlicht am 23.03.2015

Tenor Es handelt sich um ein Hinweisschreiben. 1beabsichtigt der Senat, die Berufung durch Beschluss gem. § 522 II ZPO zurückzuweisen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung; eine Entscheidung nach mündlicher Verhandlung zur Fortbildung des R

Landgericht Freiburg Urteil, 16. Jan. 2015 - 1 O 258/14

bei uns veröffentlicht am 16.01.2015

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits jeweils zur Hälfte. 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Oberlandesgericht Köln Beschluss, 09. Okt. 2014 - 6 U 148/14

bei uns veröffentlicht am 09.10.2014

Tenor Der Antrag der Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem am 05.06.2014 verkündeten Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 14 O 534/13 – wird zurückgewiesen. 1G r ü n d e : 2Der Antrag des Beklagten auf

Referenzen

(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,

1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags,
2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder
3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.

(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

Tenor

Es handelt sich um ein Hinweisschreiben.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

Tenor

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27.10.2014 abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.015,55 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.07.2014 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die weitergehende Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Kläger 65% und die Beklagte 35%.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung jeweils abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

7. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.815,60 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrags und über einen Anspruch der Kläger auf teilweise Rückzahlung des zur Ablösung des Darlehens an die Beklagte geleisteten Betrages.

Die Kläger vereinbarten mit der Beklagten am 09.04.2008 ein Darlehen mit anfänglichem Festzins über einen Nennbetrag von 50.000,00 €. Die bis zum 30.04.2013 unveränderliche Verzinsung betrug nominal 6,00% und effektiv 6,17%. Die Tilgung sollte durch monatliche Raten in Höhe von 3% jährlich zuzüglich der ersparten Zinsen erfolgen. Die jährliche Leistungsrate (Zinsen und Tilgung) sollte 4.500,00 € betragen, die in jeweils am Monatsende fälligen monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 375,00 € erbracht werden sollte. Zinsen sollten erstmals an dem auf die erste Auszahlung folgenden Zahlungstermin, Tilgungsbeiträge erstmals am 30.04.2008 gezahlt werden. Als Sicherheiten sollten mehrere Grundschulden bestellt werden. Den Klägern wurde am 09.04.2008 eine von ihnen unterschriebene Widerrufsbelehrung ausgehändigt, wegen deren Inhalt und äußerer Gestaltung auf die Anlage K2 Bezug genommen wird. Eine monatliche Annuität in Höhe von 375,00 € leisteten die Kläger letztmals am 30.04.2013.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.06.2013 erklärten die Kläger den Widerruf des Darlehensvertrags. Auf der Basis einer Berechnung der Beklagten vom 19.12.2013 zahlten die Kläger ohne Anerkennung einer Rechtspflicht 40.625,33 € an die Beklagte.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, der Widerruf des Darlehensvertrags sei wirksam und der Beklagten hätte lediglich ein Anspruch auf Zahlung von 34.809,73 € zugestanden.

Die Kläger haben beantragt:

Die Beklagte zahlt an die Kläger zur gesamten Hand 5.815,60 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2013.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ihre Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß. Ein Widerrufsrecht der Kläger sei überdies verwirkt. Schließlich sei die Berechnung der Klageforderung nicht schlüssig.

Wegen des darüber hinausgehenden erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des am 27.10.2014 verkündeten Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth sowie auf die dort genannten Unterlagen Bezug genommen.

Mit diesem Urteil hat das Landgericht Nürnberg-Fürth die Klage abgewiesen. Der erst im Jahr 2014 erklärte Widerruf sei verfristet gewesen und habe den Darlehensvertrag nicht in ein Rückabwicklungsverhältnis umwandeln können.

Gegen dieses, ihrer Prozessbevollmächtigten am 7.11.2014 zugestellte Urteil haben die Kläger mit am 26.11.2014 per Telefax bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten am 02.12.2014 begründet.

Die Kläger wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Kläger beantragen:

1. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27.10.2014 (Az.: 10 O 3952/14) wird aufgehoben.

2. Die Beklagte zahlt an die Kläger zur gesamten Hand 5.815,60 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2013.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze vom 02.12.2014 (Bl. 114 ff. d. A.), 23.02.2015 (Bl. 153 ff. und 171 f. d. A.), 10.03.2015 (Bl. 174 ff. d. A.) und 25.09.2015 (Bl. 183 ff. d. A.) sowie auf die in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 23.10.2015, 02.11.2015 und 10.11.2015 enthaltenen Rechtsausführungen Bezug genommen.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Das angefochtene Urteil bedarf insoweit der Abänderung. Es lautet auf Klageabweisung, die Klage ist jedoch teilweise begründet.

Die Kläger können von der Beklagten Zahlung von 2.015,55 € verlangen. Ein dahingehender Anspruch steht ihnen aus §§ 812 I 1 Alt. 1, § 818IIBGB zu (1.). Den Klägern steht darüber hinaus eine Verzinsung des zuerkannten Betrags in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 16.07.2014 aus § 288 I 2, § 291BGB zu (2.).

1. In Höhe eines Betrags von 2.015,55 € liegt eine Überzahlung der Kläger vor, deren Wert ihnen nach § 812I1 Alt. 1 BGB, § 818IIBGB von der Beklagten zu erstatten ist.

a. Die nach dem Widerruf des streitgegenständlichen Darlehensvertrags erfolgte Zahlung der Kläger an die Beklagte in Höhe von 40.625,33 € stellt eine Leistung im Sinne des § 812I1BGB dar, die der Beklagten einen entsprechenden Vermögensvorteil verschafft hat.

b. Die Leistung erfolgte in Höhe eines Betrags von 2.015,55 € ohne rechtlichen Grund. Denn der Beklagten stand gegen die Kläger nach dem Widerruf des Darlehensvertrags (aa.) ein Anspruch auf Zahlung von 63.423,38 € (bb.) zu, den die Kläger im Wege der Aufrechnung (dd.) mit ihrem gegen die Beklagte gerichteten Anspruch in Höhe von 24.813,60 € (cc.) zum Erlöschen (§ 389BGB) bringen konnten. Nach der Aufrechnung verblieb eine Forderung der Beklagten in Höhe von 38.609,78 €, auf die die Kläger 40.625,33 € bezahlt haben.

aa. Die Kläger haben den Darlehensvertrag wirksam widerrufen.

(1) Das Widerrufsrecht der Kläger beruht auf § 355 I 1, § 495IBGB in der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags geltenden Fassung (vgl. Art. 229 § 22IIEGBGB).

(2) Die Kläger konnten ihr Widerrufsrecht auch noch mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.06.2013 ausüben. Denn die für den Widerruf geltende Frist von zwei Wochen hat nicht begonnen und ist damit auch nicht verstrichen, weil die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung nicht dem in § 355 II BGB a. F. geregelten Deutlichkeitsgebot genügt hat. Denn eine Belehrung, die sich - wie im vorliegenden Fall - hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist auf die Aussage beschränkt, dass die Frist „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung [beginnt]“, ist nicht in der erforderlichen Weise eindeutig und umfassend, weil die Verwendung des Wortes „frühestens“ es dem Verbraucher nicht ermöglicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen (BGH, Beschluss vom 10.02.2015 - II ZR 163/14, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 15.08.2012 - VIII ZR 378/11, juris Rn. 9 m. w. N.). Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf eine gerichtliche Entscheidung (OLG Bamberg, Hinweis nach § 522IIZPO mit Beschluss vom 01.06.2015 - 6 U 13/15, juris) meint, die genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfasse die Situation des Abschlusses des streitgegenständlichen Darlehensvertrags deshalb nicht, weil die Vertragserklärungen und die Widerrufsbelehrung jeweils am 09.04.2008 unterzeichnet und übergeben worden seien, folgt der Senat dem nicht. Zum einen finden sich in den genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs keine Anhaltspunkte dafür, dass es für die Beurteilung einer Widerrufsbelehrung, die die Formulierung „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung [beginnt]“ enthält, entscheidend darauf ankomme, ob die Widerrufsbelehrung bei Vertragsschluss oder erst später erfolgt. Auch in einem Fall, in dem Vertragsschluss und Widerrufsbelehrung gleichzeitig erfolgen, schafft die zitierte Formulierung Unklarheiten über den Fristbeginn. Denn die Formulierung „frühestens“ erweckt selbst dann den Anschein, dass die Widerrufsfrist auch zu einem späteren Zeitpunkt beginnen könnte, wenn dem Verbraucher die Vertragserklärungen und die Widerrufsbelehrung gleichzeitig überlassen worden sind. Die Belehrung verdeutlicht nicht, von welchen über den Erhalt der Widerrufsbelehrung hinausgehenden Voraussetzungen der Fristbeginn abhängt. Dass es zusätzlich nur auf den Erhalt der (eigenen) Vertragserklärung ankommt, findet in der verwendeten Belehrung gerade keine Erwähnung. Aus diesem Grund geht auch der Hinweis der Beklagten auf die Senatsrechtsprechung (Senat, Urteil vom 19.01.2015 - 14 U 1101/14, unter II. 2. b) bb) auf Seite 9) fehl.

(3) Die erteilte Belehrung gilt auch nicht gemäß § 14IBGB-InfoV in Verbindung mit der in § 16BGB-InfoV enthaltenen Überleitungsregelung als ordnungsgemäß. Nach dieser Bestimmung genügt die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 II BGB a. F. und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14IBGB-InfoV in Textform verwandt wird. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten entspricht dem Muster jedoch nicht vollständig. Denn dem Passus „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen [widerrufen]“ ist nach dem Wort „Wochen“ die hochgestellte Zahl „2“ beigefügt, die zu einer nach der Unterschrift des Verbrauchers am unteren Seitenrand des Formulars abgedruckten Fußnote führt, die folgenden Text aufweist: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“. Das bis zum 31.03.2008 geltende Muster der Anlage 2 zu § 14IBGB-InfoV sieht eine solche Gestaltung nicht vor. Der zu dem im Muster enthaltenen Klammerzusatz „zwei Wochen“ gehörende Gestaltungshinweis informiert darüber, dass der Klammerzusatz anders („einem Monat“) lauten müsse, wenn die Belehrung erst nach Vertragsschluss mitgeteilt wird. Über eine Prüfung der Frist „im Einzelfall“ besagt der Gestaltungshinweis dagegen nichts. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich die Fußnote nicht an den Darlehensnehmer, sondern an ihre Sachbearbeiter richte, die zu prüfen hätten, ob die Frist zwei Wochen oder einen Monat betrage. Denn für den Darlehensnehmer, dem ein Exemplar der Widerrufsbelehrung in einer der Anlage K2 entsprechenden Form überlassen wird, ist nicht erkennbar, dass sich die in der Fußnote enthaltene Aufforderung („Bitte Frist im Einzelfall prüfen“) nicht an ihn richtet. Die gewählte formale Gestaltung legt es im Gegenteil sogar nahe, dass der Darlehensnehmer sich angesprochen fühlt. Denn bei einer Fußnote handelt es sich um eine „durch eine hochgestellte Ziffer o. Ä. auf eine Textstelle bezogene Anmerkung am unteren Rand einer Seite“ (vgl. z. B. http://www.duden.de/rechtschreibung/Fusznote, abgerufen am 05.11.2015), die typischerweise textbezogene Anmerkungen, Ergänzungen, Erläuterungen oder Zusätze enthält, die bei einer anderen formalen Gestaltung ebenso gut in den Text hätten integriert werden können. Mit Hilfe der Technik der Fußnote wird deren sachlicher Inhalt zum Bestandteil des Textes, auch wenn sich die Fußnote am unteren Seitenrand oder - etwa als „Endnote“ - erst am Ende eines mehrseitigen Textes findet. Es ist auch in einem anderen Kontext kaum vorstellbar, dass sich eine Bank auf das Argument eines Kunden einlassen würde, er habe Sachinformationen - wie zum Beispiel Hinweise auf Risiken einer Anlage - deshalb nicht (als ihn betreffend) zur Kenntnis nehmen müssen, weil sie in einer auf eine bestimmte Textstelle bezogenen Fußnote enthalten wären. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung war daher geeignet, beim Darlehensnehmer den Eindruck hervorzurufen, eine (von ihm vorzunehmende) Prüfung seines Einzelfalls könnte - abhängig von ihm in der Widerrufsbelehrung nicht aufgezeigten Umständen - zur Bestimmung einer Widerrufsfrist von weniger oder von mehr als zwei Wochen führen. Dass die Beklagte mit der gewählten Gestaltung nicht dem Darlehensnehmer eine eigenverantwortliche Ermittlung der Widerrufsfrist abverlangen, sondern diesem das Ergebnis einer bereits durch den zuständigen Banksachbearbeiter durchgeführten Prüfung mitteilen wollte, wird nicht hinreichend deutlich. Die Gestaltung schafft damit unnötige Unklarheiten hinsichtlich der Länge der Widerrufsfrist und stellt damit keine nur geringfügige Anpassung, sondern eine eigene inhaltliche Bearbeitung (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 10.02.2015 - II ZR 163/14, juris Rn. 8; BGH, Urteil vom 01.03.2012 - III ZR 83/11, juris Rn. 17) der Musterbelehrung durch die Beklagte dar (ebenso OLG München, Urteil vom 21.10.2013 - 19 U 1208/13, juris Rn. 37; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 17.10.2012 - 4 U 194/11, juris Rn. 27). Soweit vertreten worden ist (OLG Bamberg, Beschluss vom 01.06.2015 - 6 U 13/15, juris Rn. 82 ff.; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 25.06.2015 - 5 U 9/15; LG Hanau, Urteil vom 29.05.2015 - 1 O 600/14; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.10.2015 - 3 U 120/15), eine der streitgegenständlichen Fußnote entsprechende Gestaltung nehme auf den Inhalt der Widerrufsbelehrung keinerlei Einfluss, macht sich der Senat dies aus den dargestellten Gründen nicht zu Eigen. Ob in der Sache anders zu entscheiden wäre, wenn dem Fußnotentext („Bitte Frist im Einzelfall prüfen“) das Wort „Bearbeiterhinweis“ vorangestellt und dadurch ein deutlicherer Adressatenbezug hergestellt wäre (vgl. LG Landshut, Urteil vom 15.01.2015 - 23 O 2511/14, juris Rn. 14, 15, 54; OLG München, Beschlüsse vom 20.04.2015 und 21.05.2015 - 17 U 709/15, juris), kann dahinstehen, weil die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung einen derartigen Zusatz nicht enthält.

(4) Die Beklagte kann sich nicht auf den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung berufen. Zwar ist die Verwirkung eines Widerrufsrechts nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Sie kommt aber abhängig von den Umständen des Einzelfalls nur in Betracht, wenn sich ein Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Betrachtung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteil vom 17.10.2006 - XI ZR 205/05, juris Rn. 24; BGH, Urteil vom 20.05.2003 - XI ZR 248/02, juris Rn. 14). Das Verhalten eines Kunden, der von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis hat, lässt keinen Schluss darauf zu, er werde von dem ihm zustehenden Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen (BGH, Urteil vom 20.05.2003 - XI ZR 248/02, juris Rn. 14). Genügende Umstände, auf die die Beklagte im vorliegenden Fall ein Vertrauen darauf hätte gründen dürfen, die Kläger würden von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch mehr machen, liegen nicht vor:

- Zwar haben die Kläger in der Zeit vom 30.04.2008 bis 30.04.2013 monatliche Zahlungen geleistet und damit ihre vertraglich eingegangenen Zahlungspflichten erfüllt. Allein die Vertragstreue ihrer Kunden hat die Beklagte jedoch nicht zu der Annahme berechtigt, jene würden in Kenntnis eines (noch) bestehenden Widerrufsrechts auch zukünftig von einem Widerruf absehen. Das in den beanstandungsfrei erfolgten Zahlungen zu sehende Indiz dafür, dass ein Darlehensnehmer den Vertrag fortführen wolle, kann erst bei Hinzutreten weiterer gewichtiger Umstandsmomente zum Tragen kommen.

- In der (vollständigen) Rückführung des Darlehens kann ein ein Vertrauen der Bank erzeugendes Umstandsmoment nicht gesehen werden, da die Rückzahlung erst nach Erklärung des Widerrufs erfolgt ist.

- Es bestand für die Beklagte die Möglichkeit der Nachbelehrung. Jedenfalls während der Laufzeit des Darlehens war es ihr zuzumuten, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, weil der Mangel der Widerrufsbelehrung aus ihrer Sphäre herrührte und sie der gesetzlichen Verpflichtung unterlag, eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen.

- Davon, dass die Kläger der Beklagten zu verstehen gegeben haben, ihr (fortbestehendes) Widerrufsrecht zu kennen, es aber nicht ausüben zu wollen, kann nach dem Parteivorbringen nicht ausgegangen werden.

- Unerheblich ist, aus welchen Gründen der Widerruf erfolgt ist, da eine Vertrauensbildung auf Seiten der beklagten Bank nicht von den - ihr auch in der Regel unbekannten - Motiven ihrer Kunden abhängen kann.

Nach alledem durfte die Beklagte auch im Hinblick auf den zwischen dem Vertragsschluss (09.04.2008) und der Erklärung des Widerrufs (24.06.2013) liegenden Zeitraum nicht darauf vertrauen, die Kläger würden nicht (mehr) widerrufen. Dass die Beklagte nicht dargelegt hat, welche Maßnahmen bzw. Dispositionen sie vertrauensbedingt vorgenommen hat, spielt für die Entscheidung daher keine Rolle mehr.

bb. Der mit dem Widerruf des streitgegenständlichen Darlehensvertrags entstandene Anspruch der Beklagten gegen die Kläger beläuft sich auf 63.423,38 €.

(1) Die vor der Schaffung des § 357aBGB maßgeblichen Rechtsfolgen, die nach einem Widerruf der auf Abschluss eines Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen eintreten, gestalten sich - übertragen auf den vorliegenden Fall - wie folgt: Die Kläger schulden der Beklagten die Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung sowie die Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta. Im Gegenzug schuldet die Beklagte den Klägern die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen sowie die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (BGH, Beschluss vom 22.09.2015 - XI ZR 116/15, juris Rn. 7 m. w. N.).

(2) Danach schulden die Kläger der Beklagten neben der Herausgabe des in Höhe von 50.000,00 € ausgereichten Darlehens einen Wertersatz für die Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta, mithin 13.423,38 €. Diese Gebrauchsvorteile sind unter Berücksichtigung der monatlichen Tilgungsleistungen der Kläger in Höhe von 3% jährlich des Darlehensbetrags zuzüglich der durch die Rückzahlung ersparten Zinsen zu ermitteln. Der Berechnung ist eine im April 2008 marktübliche Verzinsung von 5,71% zugrunde zu legen. Soweit die Kläger sich auf die in der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen Zinssätze für das Neugeschäft der deutschen Banken/Kredite an private Haushalte bezogen haben, führen sie damit zwar den ihnen nach § 346II2BGB obliegenden Nachweis, dass der Wert des Gebrauchsvorteils des Darlehens niedriger als der vertraglich vereinbarte Zins von nominal 6% gewesen ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.01.2013 - 6 U 64/12, juris Rn. 35, 36). Allerdings betrifft der von den Klägern der Statistik entnommene Zinssatz von 5,25% sonstige Kredite mit einer anfänglichen Zinsbindung von über 5 Jahren (SUD122), wohingegen dem Darlehensvertrag im vorliegenden Fall ersichtlich eine Zinsbindungsdauer von fünf Jahren zugrunde liegt (SUD121). Dass die Kläger bei einer - von ihnen schon nicht vorgetragenen - Auszahlung des Darlehens vor dem 01.05.2008 den vertraglich vereinbarten Zins für wenige Tage mehr als fünf Jahre erhalten haben würden, spielt keine Rolle und gebietet es nicht, den vorliegenden Vertrag mit den durchschnittlichen Konditionen für Kredite mit einer anfänglicher Zinsbindung von über fünf Jahren, womit häufig Zinsbindungszeiträume von bis zu fünfzehn Jahren gemeint sind, zu vergleichen. Soweit die Beklagte geltend gemacht hat, die Kläger hätten sich seinerzeit in einer wirtschaftlich angespannten Situation befunden und bei keinem anderen Kreditinstitut einen Darlehenszins von 5,25% erhalten, konnte eine weitere Sachaufklärung zu der Frage, ob die Kläger im April 2008 einen Darlehenszins von 5,71% anstelle der mit der Beklagten vereinbarten 6% hätten erhalten können, gemäß § 287IIZPO unterbleiben.

Die den Klägern nach den jeweils am Monatsende erfolgenden Tilgungsleistungen verbleibende Darlehensvaluta und der auf diese - unter Berücksichtigung des am 24.06.2013 erklärten Darlehenswiderrufs - jeweils entfallende Gebrauchsvorteil stellen sich im relevanten Zeitraum wie folgt dar:

Darlehensvaluta zum Monatsende

Gebrauchsvorteil i. H. v. 5,71%

April 2008

49.875,00 €

237,32 €

Mai 2008

49.749,38 €

236,72 €

Juni 2008

49.623,12 €

236,12 €

Juli 2008

49.496,24 €

235,52 €

August 2008

49.368,72 €

234,91 €

September 2008

49.240,56 €

243,90 €

Oktober 2008

49.111,77 €

233,69 €

November 2008

48.982,32 €

233,07 €

Dezember 2008

48.852,24 €

232,46 €

Januar 2009

48.721,50 €

231,83 €

Februar 2009

48.590,10 €

231,21 €

März 2009

48.458,05 €

230,58 €

April 2009

48.325,34 €

229,95 €

Mai 2009

48.191,97 €

229,31 €

Juni 2009

48.057,93 €

228,68 €

Juli 2009

47.923,22 €

228,03 €

August 2009

47.787,84 €

227,39 €

September 2009

47.651,78 €

226,74 €

Oktober 2009

47.515,04 €

226,09 €

November 2009

47.377,61 €

225,44 €

Dezember 2009

47.239,50 €

224,78 €

Januar 2010

47.100,70 €

224,12 €

Februar 2010

46.961,20 €

223,46 €

März 2010

46.821,01 €

222,79 €

April 2010

46.680,11 €

222,12 €

Mai 2010

46.538,51 €

221,45 €

Juni 2010

46.396,20 €

220,77 €

Juli 2010

46.253,18 €

220,09 €

August 2010

46.109,45 €

219,40 €

September 2010

45.965,00 €

218,72 €

Oktober 2010

45.819,82 €

218,03 €

November 2010

45.673,92 €

217,33 €

Dezember 2010

45.527,29 €

216,63 €

Januar 2011

45.379,93 €

215,93 €

Februar 2011

45.231,83 €

215,23 €

März 2011

45.082,99 €

214,52 €

April 2011

44.933,40 €

213,81 €

Mai 2011

44.783,07 €

213,09 €

Juni 2011

44.631,98 €

212,37 €

Juli 2011

44.480,14 €

211,65 €

August 2011

44.327,54 €

210,93 €

September 2011

44.174,18 €

210,20 €

Oktober 2011

44.020,05 €

209,46 €

November 2011

43.865,15 €

208,73 €

Dezember 2011

43.709,48 €

207,98 €

Januar 2012

43.553,03 €

207,24 €

Februar 2012

43.395,79 €

206,49 €

März 2012

43.237,77 €

205,74 €

April 2012

43.078,96 €

204,98 €

Mai 2012

42.919,35 €

204,22 €

Juni 2012

42.758,95 €

203,46 €

Juli 2012

42.597,75 €

202,69 €

August 2012

42.435,73 €

201,92 €

September 2012

42.272,91 €

201,15 €

Oktober 2012

42.109,28 €

200,37 €

November 2012

41.944,82 €

199,59 €

Dezember 2012

41.779,55 €

198,80 €

Januar 2013

41.613,45 €

198,01 €

Februar 2013

41.446,51 €

197,22 €

März 2013

41.278,75 €

196,42 €

April 2013

41.110,34 €

195,62 €

Mai 2013

41.110,34 €

156,49 €

13.423,38 €

Der Berechnung liegt zugrunde, dass die Kläger zum 30.04.2008 noch keine volle Annuität in Höhe von 375,00 € geleistet haben (können). Denn nach dem am 09.04.2008 geschlossenen Darlehensvertrag (Anlage K1) sollten Zinsen „erstmals an dem auf die erste Auszahlung folgenden Zahlungstermin, Tilgungsbeiträge erstmals am 30.04.2008 zu zahlen“ sein. Somit kann verlässlich zum 30.04.2008 nur von einer Tilgungsleistung in Höhe von 125,00 € ausgegangen werden. Zahlungen in Höhe von 375,00 € haben die Kläger anschließend in der Zeit vom 31.05.2008 bis 30.04.2013 erbracht.

cc. Der mit dem Widerruf des streitgegenständlichen Darlehensvertrags entstandene Anspruch der Kläger gegen die Beklagte beläuft sich auf 24.813,60 €.

(1) Die Beklagte schuldet den Klägern die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen, die mit 22.625,00 € zu veranschlagen sind. Soweit die Kläger unwidersprochen vorgetragen haben, sie hätten im Zeitraum vom 30.04.2008 bis 30.04.2013 monatliche Annuitäten in Höhe von 375,00 € bezahlt, woraus sich eine Gesamtzahlung in Höhe von 22.875,00 € (61 x 375,00 €) errechne, kann dies der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden (vgl. bereits oben unter I. 1. b. bb. (2) am Ende). Die Annahme der Zahlung einer vollen Annuität in Höhe von 375,00 € zum 30.04.2008 findet in dem geschlossenen Darlehensvertrag keine Grundlage, wonach Zinsen erstmals an dem auf die erste Auszahlung folgenden Zahlungstermin zu zahlen sind. In dem zwischen dem Vertragsschluss am 09.04.2008 und dem 30.04.2008 liegenden Zeitraum können selbst dann nicht die in der ersten (vollen) Annuität enthaltenen Zinsen in Höhe von 250,00 € angefallen sein, wenn eine Auszahlung des Darlehens am Tag des Vertragsschlusses erfolgt sein sollte. Da die Kläger nicht vorgetragen haben, wann das Darlehen ausbezahlt worden ist, kann nicht von einer bestimmten Zinszahlung zum 30.04.2008 ausgegangen werden. Es bleibt deshalb bei dem zu diesem Zeitpunkt fälligen Tilgungsbetrag in Höhe von 125,00 € und bei 60 Annuitäten in Höhe von 375,00 € in der Zeit vom 31.05.2008 bis 30.04.2013.

(2) Die Beklagte schuldet weiterhin die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 1.607,02 €. Es wird (widerleglich) vermutet, dass die Beklagte aus den erhaltenen Zins- und Tilgungsleistungen Nutzungen in Form einer Verzinsung in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gezogen hat. Bei Zahlungen an eine Bank besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (BGH, Beschluss vom 22.09.2015 - XI ZR 116/15, juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 10.03.2009 - XI ZR 33/08, juris Rn. 29; BGH, Urteil vom 24.04.2007 - XI ZR 17/06, juris Rn. 35). Der gesetzliche Verzugszins beträgt im vorliegenden Fall nach § 497I2BGB in der bis zum10.06.2010 gültigen Fassung bzw. nach § 503IIBGB in der ab 11.06.2010 gültigen Fassung 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Denn der Kredit war durch die Bestellung von Grundpfandrechten gesichert. Auch ergeben sich weder aus dem Darlehensvertrag noch aus dem Parteivorbringen noch aus der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank - unter Berücksichtigung einer mit dem Vertragszins möglicherweise gegebenen, aber rechtlich folgenlosen Überschreitung der (von der Deutschen Bundesbank bis zum Jahr 2003 veröffentlichten) oberen Streubreitengrenze um einen Prozentpunkt (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2007 - XI ZR 324/06, juris Rn. 29) - Anhaltspunkte dafür, dass das Darlehen zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Verträge unüblichen Bedingungen ausgereicht worden ist. Es ist daher von einem Immobiliardarlehen im Sinne des § 492 Ia 2 BGB a. F. bzw. § 503IBGB nF auszugehen. Von der für Schadenersatzansprüche einer Bank entwickelten Rechtsprechung, nach der die Bank im Rahmen der abstrakten Schadensberechnung als Verzögerungsschaden Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe geltend machen kann, ohne Angaben zur Schadenshöhe machen zu müssen, sind Realkredite ausgenommen (BGH, Urteil vom 18.02.1992 - XI ZR 134/91, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 12.05.1998 - XI ZR 79/97, juris Rn. 23). Da die zugunsten einer Bank bei der Berechnung ihres Verzugsschadens geltenden Grundsätze auch im Rahmen der Schätzung der von ihr gezogenen Nutzungszinsen Beachtung finden (BGH, Urteil vom 12.05.1998 - XI ZR 79/97, juris Rn. 24), geht es in Fällen des Realkredits nicht an, zum Nachteil der Bank eine Nutzungsziehung in Höhe des allgemeinen gesetzlichen Verzugszinses von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz (§ 288I2BGB) widerleglich zu vermuten, wenn die Bank ihrerseits in einem solchen Fall bei Kündigung des Kredits wegen Zahlungsverzugs vom Kunden nur einen Verzugszins nach § 503IIBGB nF - als abstrakt berechneten Verzugsschaden - verlangen dürfte. Die Kläger haben nicht konkret vorgetragen, dass die Beklagte Nutzungen gezogen hat, die den gesetzlichen Verzugszins des § 497 I 2 BGB a. F., § 503IIBGB nF übersteigen. Die Beklagte hat nicht konkret dargelegt, dass die von ihr gezogenen Nutzungen hinter dem gesetzlichen Verzugszins des § 497 I 2 BGB a. F., § 503IIBGB nF zurückbleiben. Die herauszugebenden, bis 24.06.2013 gezogenen Nutzungen berechnen sich auf der Grundlage der vorangegangenen Ausführungen wie folgt:

Zum Monatsende entrichtete Zins- und Tilgungsleistungen

Hierauf bezogene Nutzungen in Form einer Verzinsung in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

April 2008

125,00 €

0,61 €

Mai 2008

500,00 €

2,43 €

Juni 2008

875,00 €

4,15 €

Juli 2008

1.250,00 €

5,93 €

August 2008

1.625,00 €

7,71 €

September 2008

2.000,00 €

9,48 €

Oktober 2008

2.375,00 €

11,26 €

November 2008

2.750,00 €

13,04 €

Dezember 2008

3.125,00 €

10,73 €

Januar 2009

3.500,00 €

12,02 €

Februar 2009

3.875,00 €

13,30 €

März 2009

4.250,00 €

14,59 €

April 2009

4.625,00 €

15,88 €

Mai 2009

5.000,00 €

17,17 €

Juni 2009

5.375,00 €

11,74 €

Juli 2009

5.750,00 €

12,55 €

August 2009

6.125,00 €

13,37 €

September 2009

6.500,00 €

14,19 €

Oktober 2009

6.875,00 €

15,01 €

November 2009

7.250,00 €

15,83 €

Dezember 2009

7.625,00 €

16,65 €

Januar 2010

8.000,00 €

17,47 €

Februar 2010

8.375,00 €

18,29 €

März 2010

8.750,00 €

19,10 €

April 2010

9.125,00 €

19,92 €

Mai 2010

9.500,00 €

20,74 €

Juni 2010

9.875,00 €

21,56 €

Juli 2010

10.250,00 €

22,38 €

August 2010

10.625,00 €

23,20 €

September 2010

11.000,00 €

24,02 €

Oktober 2010

11.375,00 €

24,84 €

November 2010

11.750,00 €

25,65 €

Dezember 2010

12.125,00 €

26,47 €

Januar 2011

12.500,00 €

27,29 €

Februar 2011

12.875,00 €

28,11 €

März 2011

13.250,00 €

28,93 €

April 2011

13.625,00 €

29,75 €

Mai 2011

14.000,00 €

30,57 €

Juni 2011

14.375,00 €

34,38 €

Juli 2011

14.750,00 €

35,28 €

August 2011

15.125,00 €

36,17 €

September 2011

15.500,00 €

37,07 €

Oktober 2011

15.875,00 €

37,97 €

November 2011

16.250,00 €

38,86 €

Dezember 2011

16.625,00 €

36,30 €

Januar 2012

17.000,00 €

37,12 €

Februar 2012

17.375,00 €

37,94 €

März 2012

17.750,00 €

38,75 €

April 2012

18.125,00 €

39,57 €

Mai 2012

18.500,00 €

40,39 €

Juni 2012

18.875,00 €

41,21 €

Juli 2012

19.250,00 €

42,03 €

August 2012

19.625,00 €

42,85 €

September 2012

20.000,00 €

43,67 €

Oktober 2012

20.375,00 €

44,49 €

November 2012

20.750,00 €

45,30 €

Dezember 2012

21.125,00 €

41,72 €

Januar 2013

21.500,00 €

42,46 €

Februar 2013

21.875,00 €

43,20 €

März 2013

22.250,00 €

43,94 €

April 2013

22.625,00 €

44,68 €

Mai 2013

22.625,00 €

35,75 €

1.607,02 €

(3) Zurückzuerstatten hat die Beklagte des Weiteren die bei Vertragsschluss vereinnahmte Schätzgebühr in Höhe von 500,00 € sowie hierauf bezogene Nutzungen für die Zeit vom 01.05.2008 bis 24.06.2013 in Form einer Verzinsung in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, mithin 81,58 €.

dd. Die Kläger haben ihren Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe der erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen und der Schätzgebühr sowie des hierauf entfallenden Nutzungsersatzes gegen den Anspruch der Beklagten auf Herausgabe der Darlehensvaluta und von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta aufgerechnet. Die Aufrechnung ist mit der Klageschrift vom 30.05.2014 erklärt worden. Denn dort wurden auf Seite 15 Ansprüche der Kläger (in Höhe von 26.682,09 €) mit Ansprüchen der Beklagten (in Höhe von 61.491,82 €) verrechnet. Den Saldo in Höhe von 34.809,73 € verrechneten die Kläger anschließend mit der von ihnen geleisteten Zahlung in Höhe von 40.625,33 €, um so zu dem geltend gemachten Klagebetrag in Höhe von 5.815,60 € zu gelangen. Daraus, dass die Beklagte es versäumt hätte, eine Aufrechnungserklärung abzugeben (vgl. den Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 23.10.2015), können die Kläger kein für sie günstigeres Ergebnis herleiten. Denn ohne die von ihnen selbst erklärte Aufrechnung stünde ihrer auf § 812I1 Alt. 1 BGB gestützten Klage der Einwand entgegen, dass von ihnen geleistete Zahlungen bis zu einem Betrag von 63.423,38 € (nach der Rechnung der Kläger: 61.491,82 €) von einem Rechtsgrund gedeckt wären. Zwar ist das Gericht nicht darauf beschränkt, den geltend gemachten Anspruch nur anhand der von der Klagepartei angeführten materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage zu prüfen, so dass ohne eine Aufrechnung der Anspruch der Kläger bis zur Höhe von 24.813,60 € auf § 346IBGB zu stützen wäre. Allerdings bringt die Klageschrift gerade unter Berücksichtigung der in ihr angestellten Berechnung in Verbindung mit der ausdrücklichen Heranziehung von § 812I1 Alt. 1 BGB aus Sicht des Empfängerhorizonts der Beklagten zweifelsfrei zum Ausdruck, eine Aufrechnung im Sinne des § 388 S. 1BGB erklären zu wollen.

2. Der zuerkannte Betrag ist nach dem mit Zustellung der Klageschrift bewirkten Eintritt der Rechtshängigkeit am 15.07.2014 gemäß § 288 I 2, § 291BGB in entsprechender Anwendung des § 187IBGB ab 16.07.2014 zu verzinsen. Für die Zeit zwischen dem 01.05.2013 und dem 15.07.2015 steht den Klägern dagegen keine Verzinsung zu; die Kapitalnutzung durch die Beklagte bis zum Widerruf am 24.06.2013 ist bereits in die Ermittlung der Ansprüche der Kläger eingeflossen. Soweit die Kläger ihren Zinsanspruch auf § 818I1BGB stützen, ist zu beachten, dass ihnen aufgrund der in § 389BGB geregelten Rückwirkung der Aufrechnungserklärung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Entstehung der Aufrechnungslage zwar ab dem Zeitpunkt ihrer Zahlung der 40.625,33 € ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückerstattung des zu viel geleisteten Betrags zusteht. Allerdings haben die Kläger den genauen Zeitpunkt der Zahlung nicht vorgetragen, so dass eine Bestimmung des Zinsbeginns nicht möglich ist. Nach § 139II1ZPO kann der Senat die Klage in diesem Punkt abweisen, ohne den Klägern einen rechtlichen Hinweis erteilt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92I1 Alt. 2 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711ZPO.

III. Die Revision wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen (§ 543II1 Nr. 2ZPO), weil die in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung enthaltene und die Dauer der Widerrufsfrist betreffende Fußnote („Bitte Frist im Einzelfall prüfen“) im Sparkassenbereich häufig Verwendung gefunden hat, Gegenstand vieler gerichtlicher Auseinandersetzungen ist und von Obergerichten kontrovers beurteilt wird.

Gründe

Oberlandesgericht Bamberg

Az.: 6 U 13/15

2 O 415/14 LG Bamberg

In dem Rechtsstreit

1) ...

- Kläger und Berufungskläger -

2) ...

- Klägerin und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigter zu 1 und 2: ...

gegen

...

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigter: ...

wegen Feststellung

erlässt das Oberlandesgericht Bamberg - 6. Zivilsenat - durch den Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

am 01.06.2015

folgenden

Beschluss:

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts Bamberg vom 04.02.2015, Az.: 2 O 415/14, einstimmig gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 29.789,70 € festzusetzen.

2. Die Kläger erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bis einschließlich 19.06.2015 .

Gründe:

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts Bamberg vom 04.02.2015 im Sinne des § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO offensichtlich die Erfolgsaussicht fehlt und auch die weiteren Voraussetzungen für die Entscheidung gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO vorliegen. Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Gemäß § 522 Abs. 2 S. 3 ZPO weist der Senat die Kläger auf die beabsichtigte Entscheidung hin und gibt zugleich hierzu sowie zur avisierten Festsetzung des Berufungsstreitwerts Gelegenheit zur Stellungnahme.

Gründe:

I. Die Kläger begehren die Feststellung, dass sie zwei im Jahr 2006 mit der Beklagten geschlossene Darlehensverträge wirksam widerrufen haben, verlangen von der Beklagten die Abrechnung dieser Verträge und begehren im Weiteren die Feststellung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten aufgrund ihrer Weigerung, den Widerruf anzuerkennen.

Im Mai 2006 schlossen die Kläger mit der Beklagten zwei Darlehensverträge über 165.000,00 Euro bzw. 65.000,00 Euro mit zehnjähriger Zinsbindung und einer effektiven Verzinsung von 4,44% bzw. 4,37% (Darlehensverträge in Kopie sind Anlagen K 1 und K 4). Die Kreditaufnahme diente der Finanzierung eines Hauskaufes der Kläger. An der Veräußerung dieses Hausanwesens war die Beklagte jedoch nicht beteiligt.

Für beide Verträge erhielten die Kläger jeweils bei Vertragsabschluss von der Beklagten gleichlautende Widerrufsbelehrungen (Anlagen K 3 und K 5) mit u. a. folgendem Inhalt:

Widerrufsbelehrung zu Darlehen Nr. ...

Widerrufsrecht

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben von Gründen in Textform(z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: (Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält, auch eine Internet-Adresse).

Es folgen die Kontaktdaten der Beklagten wie Postadresse, Faxnummer, E-Mail-Adresse und Internet-Adresse ...]

Widerrufsfolgen

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung Ihrer Widerrufserklärung erfüllen.

Finanzierte Geschäfte

Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind oder wenn wir über die Zur-Verfügung-Stellung von Darlehen hinaus Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen. Können Sie auch den anderen Vertrag widerrufen, so müssen Sie den Widerruf gegenüber Ihrem diesbezüglichen Vertragspartner erklären.

Wird mit diesem Darlehensvertrag die Überlassung einer Sache finanziert, gilt Folgendes: ...“

[... Es folgen Ort, Datum, Unterschriften ...]

Hinweis: Jeder Verbraucher erhält ein Exemplar der Widerrufsbelehrung.

Unter dem 25.08.2014 widerriefen die Kläger beide Darlehensverträge gegenüber der Beklagten.

Die Kläger sind der Ansicht, dass bereits die Wiedergabe der Gestaltungshinweise unter der Fußnote 3 zu Anlage 2 der BGB-lnfoV (der Kursivtext in den vorliegenden Belehrungen) eine inhaltliche Überarbeitung der Musterbelehrung darstellt, die die vom Bundesgerichtshof angenommene Schutzwirkung zugunsten des Verwenders entfallen lassen würde. Jedenfalls durch die sich dann anschließende kumulative Beschreibung der Anforderungen für ein verbundenes Geschäft ergebe sich eine inhaltliche Überarbeitung durch die Beklagte, die einen Wegfall dieser Schutzwirkung zur Folge habe.

Die Kläger beantragten:

1. Es wird festgestellt, dass die Darlehensverträge Nummer 01 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0111) vom 13.04./04.05.2006 und Nummer 02 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0222) vom 11.05.2006 durch Rechtsanwaltsschreiben vom 25.08.2014 rechtswirksam widerrufen worden sind.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Darlehensverträge Nummer 01 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0111) vom 13.04704.05.2006 und Nummer 02 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0222) vom 11.05.2006 mit Stichtag zum 27.08.2014 unter Berücksichtigung eines Zinsanspruchs der Kläger auf alle von Ihnen gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz abzurechnen und den Klägern Auskunft über die auf beide Darlehensverträge zurückzuzahlende Darlehensvaluta zu erteilen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern den Schaden zu ersetzen, der sich aus der Weigerung gemäß Schreiben der Beklagten vom 17.09.2014, ein Widerrufsrecht für die Darlehensverträge Nummer 01 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0111) vom 13.04704.05.2006 und Nummer 02 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0222) vom 11.05.2006 anzuerkennen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.358,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass vorliegend von einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung auszugehen sei, da sich die von ihr verwendeten Widerrufsbelehrungen an dem Muster gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-lnfoV in der seinerzeit gültigen Fassung orientiert hätten.

Daneben macht die Beklagte geltend, dass die Widerrufserklärung der Kläger verfristet sei.

Des Weiteren beruft sich die Beklagte auf Verwirkung, nachdem die Kläger die Darlehensverträge selbst 8 Jahre durchgeführt hätten.

Das Landgericht hat die Klage durch Endurteil vom 04.02.2015 abgewiesen.

Vorliegend habe den Klägern kein Recht zum Widerruf der geschlossenen Darlehensverträge zugestanden.

Die Widerrufserklärung der Kläger im Jahr 2014 sei nicht mehr fristgerecht erfolgt.

Die Beklagte könne sich auf die Schutzwirkung des §14 Abs. 1 BGB-lnfoV berufen, da sie sich an der Musterbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-lnfoV in der bis zum 31.03.2008 gültigen Fassung orientiert habe. Die Beklagte sei daher so zu behandeln, als habe sie die Kläger ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt.

Es könne daher dahinstehen, ob den Klägern - wie die Beklagte meint - die Berufung auf das Widerrufsrecht nach Treu und Glauben versagt sei, nachdem diese 8 Jahre beide Verträge durchgeführt hätten.

Ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten könnten aufgrund fehlender Ansprüche in der Hauptsache nicht bestehen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Er verfolgt seine Anträge weiter.

Die Beklagte könne sich nicht auf die Schutzwirkung des § 14 I BGB-lnfoV (a. F.) berufen. Die Beklagte habe durch eigene redaktionelle, sachliche und sprachliche Änderungen in die amtliche Musterbelehrung eingegriffen bzw. diese in maßgeblicher Weise verändert. Des Weiteren seien auch die amtlichen Gestaltungshinweise nicht beachtet und die Widerrufsbelehrung zum Teil daher auch unrichtig erstellt worden.

Es sei den Klägern auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht verwehrt, sich auf die Widerruflichkeit der Darlehensverträge zu berufen. Vorliegend fehle es bereits an dem maßgeblichen „Umstandsmoment“, mithin also einem Vertrauenstatbestand auf Seiten der Beklagten. Die Beklagte sei als Unternehmerin auch nicht schutzwürdig.

Die Beklagte verteidigt das Ersturteil.

Die Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß gewesen. Im Übrigen sei das Widerrufsrecht verwirkt.

II. Die zulässige Berufung führt nach Auffassung des Senats nicht zum Erfolg. Die angegriffene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

1. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Kläger haben mit ihren jeweiligen Widerrufserklärungen vom 25.08.2014 weder den Darlehensvertrag Nummer 01 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0111) vom 13.04./04.05.2006 noch den Darlehensvertrag Nummer 02 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0222) vom 11.05.2006 innerhalb der ihnen eingeräumten Widerrufsfrist von zwei Wochen und damit nicht wirksam i. S. d. §§ 495 Satz 1, 355 BGB widerrufen, weshalb das Vertragsverhältnis nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden ist. Den Klägern stand auch kein zeitlich unbefristetes Widerrufsrecht zu, weil die durch die Beklagte erteilte Widerrufsbelehrung im Ergebnis wirksam war, insbesondere die Beklagte sich auf die Schutzfunktion des § 14 Abs. 1 BGB-lnfoV berufen kann.

Zweifelhaft könnte zwar zunächst sein, ob die in der Widerrufsbelehrung verwendete Formulierung, „die Frist beginne frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH Urt. v. 10. März 2009 -XI ZR 33/08) zureichend war und dem in § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. enthaltenen Deutlichkeitsgebot genügte.

Denn eine Belehrung, die sich - wie hier - hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist auf die Aussage beschränkt, dass die Frist frühestens mit Erhalt dieser Belehrung beginnt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht in der erforderlichen Weise eindeutig und umfassend, weil die Verwendung des Wortes „frühestens“ es dem Verbraucher nicht ermöglicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen (BGH, Urt. v. 10. März 2009 -XI ZR 33/08, Urt. vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall haben die Kläger aber unbestritten die Darlehensverträge und die Widerrufsbelehrungen zeitgleich erhalten. Auch wurden die Widerrufsbelehrungen zu diesem Zeitpunkt von den Klägern unterschrieben. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt zu dem, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.03.2009 - XI ZR 33/08 - zugrunde lag. Dort lagen nämlich zwischen Vertragserstellung, Vertragsunterzeichnung und Widerrufsbelehrung mehrere Wochen.

Letztlich bedarf die vorstehend aufgeworfene Frage im vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung durch den Senat.

Geht man auch vorliegend davon aus, dass die Widerrufsbelehrung insoweit den Anforderungen des in § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. geregelten Deutlichkeitsgebots nicht genügt, so gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Folgendes:

Dieser Mangel steht einem Erlöschen des Widerrufsrechts nicht entgegen. Die erteilte Belehrung gilt vielmehr gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV als ordnungsgemäß. Nach dieser Bestimmung genügt die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a. F. und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in Textform verwandt wird (BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11). In diesem Fall kann sich der Verwender auf die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV berufen (BGH, Beschluss vom 20. November 2012 - II ZR 264/10).

Dass der Mustertext zum 01.04.2008 geändert wurde, hindert die Beklagte nicht, sich auf die Schutzwirkung zu berufen. Denn in § 16 BGB-InfoV - der Überleitungsregelung für die Muster gemäß § 14 BGB-InfoV - wurde geregelt, dass § 14 Abs. 1 BGB-InfoV auch auf solche Belehrungen über das Widerrufsrecht anzuwenden ist, die den bis zum 31.03.2008 geltenden Mustern entsprechen und dem Verbraucher vor dem 01.10.2008 in Textform mitgeteilt worden sind. Der Verordnungsgeber hat demnach die Gesetzlichkeitsfiktion an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft.

Im Ergebnis ohne Einfluss ist dabei die Tatsache, dass die Beklagte in beiden Darlehensverträgen teils gestalterisch, inhaltlich und sprachlich von dem amtlichen Muster des Jahres 2006 abweicht bzw. vorliegend unerhebliche Textpassagen einfügt.

Es handelt sich dabei um folgende „Abweichungen“:

a) Unter der Überschrift „Widerrufsrecht“ wird in der Klammer noch einmal die Vorgabe aus Ziffer 3 der Gestaltungshinweise wiederholt

b) Unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ werden die Vorgaben zum Ausfüllen der Musterbelehrung nicht umgesetzt. Denn gemäß Ziffer 9 der Gestaltungshinweise hätte bei dem finanzierten Erwerb eines Grundstücks Satz 2 der Musterbelehrung durch den entsprechenden Hinweis

„Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zur-Verfügung-Stellung von Darlehen hinaus geht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, in dem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußertes übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt“

ersetzt werden müssen. Stattdessen war, obwohl es sich hier um ein Grundstücksgeschäft handelt, Satz 2 zur Belehrung über das finanzierte Geschäft unverändert geblieben; der vorzitierte Satz 2, wie er bei den finanzierten Erwerb eines Grundstücks in der zitierten Form hätte übernommen werden müssen, war inhaltlich und redaktionell von der Beklagten völlig überarbeitet worden. Insbesondere wurde der amtliche Mustertext in die „Wir-Form“ abgeändert.

Anstatt der vorzitierten Vorgabe aus der Musterbelehrung formulierte die Beklagte diesen Satz wie folgt vollständig um:

„(...) Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstückes oder grundstückgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind oder wenn wir über die Zur-Verfügung-Stellung von Darlehen hinaus Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen. (...)“

c) Die Belehrung der Beklagten wurde mit Fußnoten versehen:

Die Fußnote Ziffer „1“ wurde nach den Worten „Widerrufsbelehrung zu“ angebracht.

Eine zweite Fußnote wurde dann nach den Worten, die die Dauer der Widerrufsfrist („2 Wochen“) kennzeichnen, angebracht. In Erläuterung zu dieser Fußnote „2“ heißt es dort im unteren Bereich der Widerrufsbelehrung: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“.

d) Die Widerrufsbelehrungen enthalten über der Überschrift „Widerrufsrecht“ die Kopfzeile „Widerrufsbelehrung zu 1 Darlehen Nummer 0111 über nom. Euro 165.000,00“ bzw. „Widerrufsbelehrung zu 1 Darlehen Nummer 0222 über nom. Euro 75.000,00“.

e) Die Widerrufsbelehrungen enthalten am Ende, unmittelbar bevor die beiden Fußnoten erläutert werden, den Text:

„Hinweis: Jeder Verbraucher erhält ein Exemplar der Widerrufsbelehrung.“

f) Darüber hinaus belehrte die Beklagte auch noch über die Finanzierung einer Sache mittels Darlehensvertrag, obwohl es vorliegend unzweifelhaft um ein Grundstücksgeschäft ging.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a. F. grundsätzlich nur ein, wenn der Verwender ein Formular verwendet, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, ZIP 2009, 1512 Rn. 15; Urteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, ZIP 2010, 734 Rn. 20; Urteil vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, ZIP 2011, 178 Rn. 15 f.; Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, ZIP 2011, 572 Rn. 21; Urteil vom 1. März 2012 - III ZR 83/11, NZG 2012, 427 Rn. 17). Bei vollständiger Verwendung kann sich der Verwender auf die in § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a. F. geregelte Gesetzlichkeitsfiktion auch dann berufen, wenn das Muster fehlerhaft ist und den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a. F. an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht genügt (BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, BGHZ 194, 238 Rn. 14; Beschluss vom 20. November 2012 - II ZR 264/10, juris Rn. 6).

Entscheidend ist dabei, dass der Verwender den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei Abfassung der Belehrung nicht ersichtlich einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat.

Entgegen der Ansicht der Kläger verlangt der Bundesgerichtshof hierbei aber keine ausnahmslose und hundertprozentige deckungsgleiche Identität (Urteil vom 18.03.2014, Az. II ZR 109/13). Der Bundesgerichtshof hat aber festgelegt, dass die Widerrufsbelehrung keine anderen Belehrungen enthalten darf, etwa keine Zusätze oder Änderungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken (BGH, Urteil vom 09.11.2011, I ZR 123/10). Maßstab ist dabei, dass der mit dem Widerrufszweck bezweckte Schutz des Verbrauchers eine umfassende, unmissverständliche und eindeutige Belehrung erfordert (BGH Urteil vom 13.01.2009, Az. XI ZR 509/07, zit. nach juris Rz. 12: Urteil vom 10.03.2009, Az. XI ZR 33/08, zit. nach juris Rz. 14). Veränderungen oder Abweichungen hinsichtlich des Mustertextes sind nur dann schädlich im Hinblick auf die Gesetzlichkeitsfiktion, wenn es sich hierbei um sachliche sowie inhaltliche Abweichungen handelt (BGH, Beschluss vom 20.11.2012, Az. II ZR 264/10, Az. II ZR 109/13 = WM 2014, 887, 889, Rnl8 m. w. N.). Erst dann ist eine Berufung auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-lnfoV nicht möglich.

Die Widerrufsbelehrung der Beklagten hält diesen aufgestellten Grundsätzen stand. Sie hat den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei Abfassung der Belehrung nicht ersichtlich einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, insbesondere soweit es die entscheidenden Passagen betrifft.

Die vorgenommenen Abänderungen/Abweichungen in die übrigen Bereichen, das Einsetzen vorliegend unerheblicher Passagen oder die Ergänzungen führen nicht dazu, dass inhaltliche Abweichungen zu der Muster-Widerrufsbelehrung zu § 14 BGB-lnfoV bestehen. Den Klägern war es unschwer möglich, von der drucktechnisch deutlich gestalteten Widerrufsbelehrung Kenntnis zu nehmen. Die Beklagte kann sich daher auf die Regelung und damit auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 BGB-lnfoV berufen, wonach unwiderleglich von einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung auszugehen ist. Die Beklagte hat die Kläger ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt.

Im Übrigen gilt Folgendes:

Zu oben a): Der Text des Gestaltungshinweises 3 wurde wortgleich in der Widerrufsbelehrung aufgenommen. Er stellt daher keine inhaltliche Abweichung dar. Bei der Übernahme des Textes aus dem Gestaltungshinweis handelt es sich um keine inhaltliche Änderung der Widerrufsbelehrung. Der Text entspricht wörtlich dem Verordnungstext im Gestaltungshinweis 3. Das Muster sieht auch nicht vor, dass diese Angaben im Belehrungsmuster nicht enthalten sein dürfen. Zu berücksichtigen ist lediglich, dass durch diese Angabe keine Verwirrung des Verbrauchers entstehen darf oder die Deutlichkeit beeinträchtigt. Dies ist nicht der Fall. Bei der Aufnahme des Gestaltungshinweises 3 handelt es sich ersichtlich um einen verdeutlichenden Hinweis. Dieser Hinweis ist in einer Art und Weise gestaltet, die sich vom sonstigen Inhalt der Belehrung deutlich abgrenzt. Den Gestaltungshinweis 3 hat die Beklagte nicht nur in Klammern gesetzt, sondern anders als den übrigen Text innerhalb des Rahmens kursiv gedruckt. Damit ist auch für einen unbefangenen rechtsunkundigen Leser, auf den abzustellen ist (vgl. BGH NJW-RR 2005, 1217, 1218), ohne weiteres erkennbar gewesen, dass dieser Teil des Textes sich nicht an ihn unmittelbar richtet (vgl. z. B. OLG Schleswig-Holstein vom 23.02.2015, Az. 5 U 175/14; - dem Gericht zur Kenntnis beigefügt; LG Lübeck, Urteil vom 17.12.2014, Az. 3 O 76/14- ebenfalls in Kopie dem Gericht zur Kenntnis beigefügt-; LG-Nürnberg-Fürth, Urteil vom 27.10.2014 Az. 10 O 3952/14; LG Heidelberg Urteil vom 22.04.2015, Az. 2 O 284/14; LG Hanau, Urteil vom 23.04.2015, Az. 9 O 118/15; LG Aachen Urteil vom 19.02.2015; Az. l O 23/14;).

Zu oben b) und f); keine Abweichung durch die Angaben zu finanzierten Geschäften: Unbestritten handelte es sich im vorliegenden Fall um kein verbundenes Geschäft.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Ausführungen zu finanzierten Geschäften dem Willen des Gesetzgebers geschuldet sind. Danach hat die Widerrufsbelehrung grundsätzlich diesen Hinweistext zu enthalten, auch wenn kein Fall eines verbundenen Geschäfts vorliegt. Dies ergibt sich klar aus dem Gestaltungshinweis 9 des damaligen Musters, wonach diese Passage entfallen kann, wenn ein verbundenes Geschäft nicht vorliegt. Dies bedeutet, dass der Gesetzgeber grundsätzlich eine umfassende Belehrung für notwendig erachtet hat, dem Verwender jedoch freigestellt hat, auch auf diese Passage zu verzichten, wenn kein finanziertes Geschäft vorliegt. Liegt aber kein verbundenes Geschäft vor, so kann diese Passage keinerlei Wirkung entfalten, da sie schlicht gegenstandslos ist und für eine ordnungsgemäße Information des Verbrauchers über dessen Widerrufsrecht ohne Belang ist.

Durch die vorliegende Angabe zu den finanzierten Geschäften ergibt sich keine inhaltliche Abweichung zum Muster der BGB-lnfoV (OLG Bamberg Urteil vom 25.Juni 2012, Az. 4 U 262/11 OLG Frankfurt Urteil vom 07.07.2014, Az. 23 U 172/13 OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.02.2015, Az. 5 U 175/14).

Zu oben c) und d); keine inhaltliche Abweichung durch außerhalb der Widerrufsbelehrung befindliche Fußnote:

Bei der von den Klägern beanstandeten Fußnote handelt es sich um keine inhaltliche Bearbeitung der Widerrufsbelehrung, welche die Gesetzlichkeitsfiktion gem. § 14 BGB-lnfoV beseitigen würde.

Zunächst bedarf die den Klägern gegebene Widerrufsbelehrung einer objektiven Betrachtung:

In einem ersten Rahmen findet sich der deutliche 4,5 cm lange und 0,5 cm hohe Hinweis, um was es sich handelt, nämlich um eine Widerrufsbelehrung.

Es folgt ein zweites deutlich eingegrenztes Textfeld, in welchem klargestellt wird, an wen sich die Widerrufsbelehrung richtet.

Sodann erfolgt in einem dritten, mit deutlich dicker Umrahmung und grauer Unterlegung versehenen und abgegrenzten Abschnitt, die eigentliche Belehrung, welche inhaltlich in vollem Umfang dem Muster der Anlage 2 zu Art. 14 BGB-lnfoV entspricht. Diese Belehrung endet, wie dies auch die BGB-lnfoV vorsieht mit „Ihre ...“. Damit ist diese eigentliche Widerrufsbelehrung optisch so klar gestaltet, dass das Erscheinungsbild der Widerrufsbelehrung bei objektiver Betrachtungsweise von sonstigen Inhalten, etwa dem Anschriftenfeld, oder aber auch von Bearbeitungshinweisen klar und deutlich abgegrenzt ist.

Nach dieser Belehrung und deutlich außerhalb der Widerrufsbelehrung folgt der Hinweis, dass jeder Verbraucher ein Exemplar der Widerrufsbelehrung erhält. Dieser Hinweis ist erkennbar nicht mehr an den Verbraucher selbst gerichtet.

Am unteren Ende des Blattes finden sich dann zwei Fußnoten, die wiederum erkennbar nicht an den Darlehensnehmer gerichtet sind. Einmal handelt es sich um einen Ausfüllhinweis, um welches Geschäft es sich handeln soll und dann um die weiter von den Klägern beanstandete Fußnote, wonach die Frist im Einzelfall zu prüfen ist. Auch hierbei handelt sich unzweifelhaft um einen Ausfüllhinweis an den Sachbearbeiter.

aa) Ersichtlich handelt es sich bei der Angabe „Widerrufsbelehrung zu“ um keine inhaltliche Änderung des Musters. Wie sich in Anbetracht des Umstandes zeigt, dass die Kläger mehrere Darlehen bei der Beklagten abgeschlossen haben, kann nur durch einen entsprechenden Hinweis, zu welchem Vertrag diese Belehrung erteilt wurde eine konkrete Zuordnung sichergestellt werden. Dies führt aber in keiner Weise zu einer inhaltlichen Änderung der Widerrufsbelehrung (vgl. auch OLG Schleswig-Holstein, a. a. O. S. 8 unten).

bb) Entgegen der Ansicht der Kläger handelt es sich bei der von ihnen als irreführend bezeichnenden Fußnote mit der Zahl 2 um keine inhaltliche Änderung oder Abweichung zur Musterwiderrufsbelehrung.

Die klägerseits gerügte Fußnote nimmt auf den Inhalt der Widerrufsbelehrung keinerlei Einfluss. Dabei übersehen die Kläger überdies, dass auch in der Musterwiderrufsbelehrung der BGB-lnfoV ein Gestaltungshinweis mit einer in Klammern gestellten Fußnote hinter der dort in Klammer gesetzten Frist von zwei Wochen enthalten ist. Dort wurde als Ausfüllhinweis mitgeteilt, dass hier entsprechend eine Frist entweder von „zwei Wochen“ oder von „einem Monat“ eingetragen werden muss. Nichts anderes aber hat die Beklagte hier durch die hochgestellte Zahl 2 am Ende der Worte „zwei Wochen“ vorgenommen. Aus diesem Grund lässt sich schon bei rein formaler Betrachtungsweise keine Abweichung, geschweige denn eine inhaltliche Abweichung vom Verordnungsmuster entnehmen.

Zudem ist die Anmerkung „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“, wie die Kläger selbst einräumen, unterhalb der Widerrufsbelehrung angefügt und ist ersichtlich nicht mehr Bestandteil der Widerrufsbelehrung. Unbestritten wurde die Widerrufsfrist im Belehrungsteil ordnungsgemäß mit zwei Wochen angegeben. Zudem handelt es sich erkennbar um Bearbeitungshinweise, die an den Mitarbeiter der ... gerichtet sind. Dass dem so ist, zeigt sich eindeutig bereits aus dem über den Fußnotenverweisen, jedoch außerhalb des hervorgehobenen Belehrungsteils, enthaltenen Hinweis, wonach jeder Verbraucher ein Exemplar der Widerrufsbelehrung erhalten soll. Es bedarf keinerlei Ausführung, dass damit keine Aufforderung an einen Verbraucher verbunden ist, sich selbst eine Widerrufsbelehrung zu beschaffen. Gleiches ergibt sich auch aus der vorangehenden Fußnote 1, wonach das konkret betroffene Geschäft zu bezeichnen ist. Der Verbraucher darf davon ausgehen, dass diese konkrete Bezeichnung bereits vorgenommen wurde und nicht von ihm nachträglich noch einzufügen wäre. Dementsprechend war die Widerrufsbelehrung entsprechend der an den Mitarbeiter gerichteten Hinweise ordnungsgemäß ausgefüllt, so dass nicht ansatzweise ein Anlass für einen Verbraucher bestand, irgendeine Prüfung vorzunehmen. Ein Durchschnittsverbraucher, auf den vorliegend abzustellen ist (vgl. BGH NJW 2010, 989; OLG Bamberg WM 2013, 927), konnte und musste daher eindeutig erkennen, dass nicht er Adressat der Anmerkung der Fußnote ist.

Zu oben e): Der Hinweis, dass jeder Verbraucher ein Exemplar der Widerrufsbelehrung enthält, ist entgegen der Ausführung der Kläger nicht Gegenstand der Widerrufsbelehrung. Dieser Hinweis an den Sachbearbeiter findet sich klar außerhalb des deutlich eingerahmten und farblich markierten Widerrufsteils.

Somit hat die Beklagte die Kläger ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt. Aus diesem Grund ist das zweiwöchige Widerrufsrecht der Kläger erloschen.

Auf die Frage einer etwaigen Verwirkung des Widerspruchsrechts kommt es daher vorliegend nicht an.

2. Da der Senat dem Rechtsmittel aus den vorgenannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg beimisst, wird aus Kostengründen angeregt, die Berufung zurückzunehmen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 146/15 Verkündet am:
16. März 2016
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 312d, 355 Abs. 1 Satz 2 in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung;

a) Es ist dem freien Willen des Verbrauchers überlassen, ob und aus welchen Gründen
er von einem bei einem Fernabsatzgeschäft bestehenden Widerrufsrecht Gebrauch
macht.

b) Ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen Rechtsmissbrauchs oder unzulässiger
Rechtsausübung (§ 242 BGB) kommt nur ausnahmsweise - unter dem Gesichtspunkt
besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers - etwa bei arglistigem
oder schikanösem Verhalten des Verbrauchers in Betracht (Bestätigung und Fortführung
des Senatsurteils vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, BGHZ 183,
235 Rn. 17, 20).
BGH, Urteil vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15 - LG Rottweil
AG Rottweil
ECLI:DE:BGH:2016:160316UVIIIZR146.15.0

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. März 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Schneider, Dr. Bünger und Kosziol
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Rottweil vom 10. Juni 2015 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger bestellte am 14. Januar 2014 über die Website der Beklagten, die mit einer "Tiefpreisgarantie" warb, zwei Taschenfederkernmatratzen zum Preis von insgesamt 417,10 € (inklusive Lieferung). Die Matratzen wurden am 24. und 27. Januar 2014 ausgeliefert und vom Kläger bezahlt. In der Folgezeit bat der Kläger unter Hinweis auf ein günstigeres Angebot eines anderen Anbieters zum Preis von 192,06 € je Matratze (zuzüglich 10 € Versand) um Erstattung des von ihm errechneten Differenzbetrags in Höhe von 32,98 €, damit er von dem ihm als Verbraucher zustehenden Widerrufsrecht absehe.
2
Zu einer entsprechenden Einigung kam es nicht. Der Kläger widerrief den Kaufvertrag daraufhin mit E-Mail vom 2. Februar 2014 und sandte die Matratzen zurück. Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger habe widerrufen, um (unberechtigt) Forderungen aus der "Tiefpreisgarantie" durchzusetzen und sich damit rechtsmissbräuchlich verhalten.
3
Die auf Rückzahlung des Kaufpreises von 417,10 € nebst Zinsen gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Der vom Kläger erklärte Widerruf des Kaufvertrags sei wirksam, so dass ihm gegen die Beklagte der Zahlungsanspruch in Höhe von 417,10 € nebst Zinsen zustehe. Auf den Kaufvertrag fänden die §§ 312b, 312d, 355 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung in Verbindung mit § 346 BGB Anwendung. Es handele sich um einen Fernabsatzvertrag gemäß § 312b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB aF. Die formellen und materiellen Voraussetzungen des Widerrufs seien, was von den Parteien auch nicht in Zweifel gezogen werde, erfüllt.
7
Die Ausübung des Widerrufsrechts sei nicht aufgrund des mit der Einräumung eines Widerrufsrechts verfolgten Sinns und Zwecks ausgeschlossen.
Die Einräumung eines Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen beruhe auf der Erwägung, dass der Verbraucher vor dem Abschluss derartiger Verträge grundsätzlich keine Möglichkeit habe, das Erzeugnis zu sehen oder die Eigenschaften der Dienstleistung im Einzelnen zur Kenntnis zu nehmen. Darüber hinaus verfolge der Gesetzgeber das Ziel, den Verbraucher vor irreführenden und aggressiven Verkaufsmethoden im Fernabsatz zu schützen.
8
Von diesem Motiv des Gesetzgebers für die Einräumung eines Widerrufsrechts zu trennen sei jedoch die Frage, aus welchen Gründen der Verbraucher von einem ihm zustehenden Widerrufsrecht Gebrauch machen dürfe. Diesbezüglich habe der Gesetzgeber in § 355 BGB aF bewusst davon abgesehen , vom Verbraucher eine Begründung für den Widerruf zu verlangen. Hiermit hätten insbesondere auch spätere Diskussionen darüber vermieden werden sollen, ob eine vom Verbraucher gegebene Begründung für den Widerruf genügend sei oder nicht.
9
Sei der Verbraucher mithin nicht gehalten, vor Ausübung seines Widerrufsrechts eine Begründung anzugeben, so könne es ihm auch nicht zum Nachteil gereichen, wenn aus seinem übrigen Verhalten ein Motiv für die Ausübung des Widerrufs zutage trete, welches mit dem Sinn und Zweck der Einräumung des Widerrufsrechts nicht (vollständig) in Einklang zu bringen sei.
10
Dem vom Kläger erklärten Widerruf stehe auch nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Zwar könne der Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) grundsätzlich auch bei Ausübung des Widerrufsrechts gemäß § 355 BGB aF erhoben werden; insoweit seien jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Unter Abwägung sämtlicher Umstände des Falles erweise sich vorliegend die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger (noch) nicht als rechtsmissbräuchlich. Dass der Kläger mögliche Ansprüche aus der "Tiefpreisgarantie" der Beklagten habe durchsetzen wollen, könne für sich genommen nicht den Einwand unzulässiger Rechtsausübung begründen.
11
Etwas anderes folge hier auch nicht daraus, dass der Kläger die gleichen Matratzen nochmals bei einem anderen Anbieter zu einem günstigeren Kaufpreis bestellt habe. Dass der Kläger dann - unter Berufung auf die von der Beklagten abgegebene Tiefpreisgarantie - unter Hinweis auf das ihm zustehende Widerrufsrecht bei der Klägerin um Erstattung der Kaufpreisdifferenz nachgesucht und insoweit nach Ansicht der Beklagten weiter "Druck ausgeübt" habe, sei keine unzulässige Rechtsausübung.

II.


12
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen. Die Beklagte hat dem Kläger gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 1 Satz 1, § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit § 346 Abs. 1 BGB den Kaufpreis für die Matratzen zu erstatten, nachdem dieser den im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Vertrag wirksam widerrufen hat. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.
13
1. Auf den Kaufvertrag der Parteien finden, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, die vorgenannten Regelungen über das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung Anwendung. Dass der Kläger von seinem danach bestehenden Widerrufsrecht form- und fristgerecht Gebrauch gemacht hat, steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Insbesondere bedurfte der Widerruf keiner Begründung (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aF).
14
Aufgrund der Ausübung des Widerrufs ist der Kläger nicht mehr an seine auf Abschluss des Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung gebunden (§ 355 Abs. 1 Satz 1 BGB aF). Damit hat er Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises (§ 346 Abs. 1 BGB).
15
2. Ohne Erfolg rügt die Revision, dem Anspruch des Klägers stehe der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) entgegen, weil er das Widerrufsrecht in sachfremder Weise zur Durchsetzung vermeintlicher Ansprüche aus einer "Tiefpreisgarantie" der Beklagten eingesetzt habe.
16
a) Der Sinn des Widerrufsrechts beim Fernabsatzvertrag besteht darin, dem Verbraucher ein an keine materiellen Voraussetzungen gebundenes, einfach auszuübendes Recht zur einseitigen Loslösung vom Vertrag in die Hand zu geben (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, BGHZ 183, 235 Rn. 17 mwN). Nach der Rechtsprechung des Senats kommt ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen Rechtsmissbrauchs beziehungsweise unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) nur ausnahmsweise - unter dem Gesichtspunkt besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers - in Betracht, etwa bei arglistigem Verhalten des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer (Senatsurteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, aaO Rn. 20).
17
Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts zum Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit dem Widerruf ergeben sich aber keine Anhaltspunkte für ein arglistiges Verhalten des Klägers, etwa dass es ihm darauf angekommen wäre, die Beklagte zu schädigen oder zu schikanieren. Im Gegenteil hat der Kläger lediglich versucht, mit Hilfe der ihm zustehenden (Verbraucher-) Rechte für sich selbst günstigere Vertragsbedingungen auszuhandeln. Ein sol- ches Verhalten steht im Einklang mit den vorbezeichneten gesetzlichen Regelungen zum Widerrufsrecht des Verbrauchers.
18
Insbesondere ist es für die rechtliche Beurteilung ohne Bedeutung, ob der Kläger - wie die Revision geltend macht - die Nichtausübung des Widerrufs von der Gewährung eines nach der "Tiefpreisgarantie" der Beklagten nicht in voller Höhe berechtigten Nachlasses abhängig gemacht hat. Ebenso kommt es auch - anders als das Berufungsgericht offenbar meint - nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Kläger Matratzen bei einem weiteren Anbieter bestellt und dies zum Anlass von Nachverhandlungen mit der Beklagten genommen hat. Mit einem solchen Verhalten nutzt der Käufer schlicht zu seinem Vorteil das ihm eingeräumte und an keine weiteren Voraussetzungen gebundene Widerrufsrecht. Die Grenze zur Arglist oder Schikane ist dabei - offensichtlich - nicht überschritten.
19
b) Der Einwand der Revision, der Ausübung des Widerrufsrechts im vorliegenden Fall seien mit Rücksicht auf dessen (eingeschränkten) Schutzzweck nach § 242 BGB Schranken gesetzt, geht schon im Ansatz fehl. Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung beschränkt sich der Zweck des bei Fernabsatzgeschäften vorgesehenen Widerrufsrechts nicht darauf, dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, die Ware zu prüfen und bei Nichtgefallen zurückzugeben.
20
Denn das Gesetz knüpft die Ausübung des Widerrufsrechts - wie schon das Fehlen einer Begründungspflicht (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aF) zeigt - nicht an ein berechtigtes Interesse des Verbrauchers (etwa an das Nichtgefallen der Ware nach Überprüfung), sondern überlässt es allein seinem freien Willen, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft. Nur dieses Verständnis wird dem oben genannten Sinn des Widerrufsrechts beim Fernab- satzvertrag, dem Verbraucher ein einfaches und effektives Recht zur Lösung von einem im Fernabsatzgeschäft geschlossenen Vertrag an die Hand zu geben , gerecht.
21
Dass ein Verbraucher - wie hier der Kläger - nach der Bestellung Preise vergleicht und mit dem Verkäufer darüber verhandelt, bei Zahlung einer Preisdifferenz vom Widerruf des Vertrages Abstand zu nehmen, ist lediglich eine Folge der sich aus dem grundsätzlich einschränkungslos gewährten Widerrufsrecht ergebenden Wettbewerbssituation. Diese darf der Verbraucher zu seinen Gunsten nutzen, ohne sich dem Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens auszusetzen. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider Dr. Bünger Kosziol
Vorinstanzen:
AG Rottweil, Entscheidung vom 30.10.2014 - 1 C 194/14 -
LG Rottweil, Entscheidung vom 10.06.2015 - 1 S 124/14 -

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,

1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags,
2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder
3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.

(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem am 05.06.2014 verkündeten Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 14 O 534/13 – wird zurückgewiesen.


1 2 3

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits jeweils zur Hälfte.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Die Parteien streiten über die Rückabwicklung zweier Darlehensverträge infolge der Ausübung eines Widerrufsrechts.
Die Kläger schlossen am 23.07.2007 zwei Darlehensverträge mit der Beklagten. Für diese war eine Zinsfestschreibung von 10 Jahren vorgesehen. Die den Klägern erteilten Widerrufsbelehrungen enthielten die Klausel: „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen2 ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. […]“ Darüber hinaus enthielten die Widerrufsbelehrungen einen Absatz zum Widerruf finanzierter Geschäfte, in welchem der Begriff der wirtschaftlichen Einheit von Darlehensvertrag und einem anderen Vertrag sowohl allgemein als auch mit Blick auf den finanzierten Erwerb eines Grundstücks definiert wurde. Der weitere Inhalt der Belehrungen kann den Anlagen K 1 und K 2 entnommen werden. Am 30.06.2014 kündigten die Kläger die beiden Darlehen gegenüber der Beklagten und bezahlten die von der Beklagten verlangte Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von insgesamt EUR 17.734,65 wozu sie ein Darlehen bei einem weiteren Kreditgeber aufnahmen. Am 14.08.2014 widerriefen die Kläger die Darlehensverträge durch anwaltliche Erklärung gegenüber der Beklagten, nachdem vorausgegangene Bemühungen um die Erwirkung einer Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung seitens der Beklagten ohne Erfolg geblieben waren.
Die Kläger tragen vor,
ihnen habe ein unbefristetes Widerrufsrecht zugestanden. Durch den Widerruf sei ein Rückgewährschuldverhältnis begründet worden, innerhalb dessen ihnen die gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurückzugewähren und die Nutzungen der entrichteten Darlehensraten in Gestalt von Zinsen herauszugeben seien. Weil die ihnen erteilten Widerrufsbelehrungen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hätten, sei die Frist zur Ausübung eines Widerrufsrechts nicht in Gang gesetzt worden und der Widerruf am 14.08.2014 sei wirksam gewesen. Die Beklagte könne sich nicht auf die Vermutungswirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. berufen, weil die Beklagte mit den von ihr verwendeten Belehrungsformularen in mehrfacher Hinsicht von dem Mustertext aus Anlage 2 der BGB-InfoV a.F. abgewichen sei und jede Abänderung des Musters die Richtigkeitsfiktion hindere.
Die Kläger beantragen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger EUR 22.485,56 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Prozentpunkten über Basiszins seit 01.09.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, die Kläger als Gesamtgläubiger von den außergerichtlichen Anwaltskosten über EUR 3.047,35 freizustellen.
3. Darüber hinaus wird die Beklagte verurteilt, die Kläger als Gesamtgläubiger von ihren Zinszahlungsverpflichtungen freizustellen, die den Klägern seit dem 01.07.2014 auf den Betrag von 17.734,65 berechnet werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Die Beklagte trägt vor,
der am 14.08.2014 erklärte Widerruf sei unwirksam, weil zu spät erklärt. Zwar hätten die von ihr verwendeten Widerrufsbelehrungen nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. entsprochen. Gleichwohl könne sie sich aber auf die Vermutungswirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. stützen, weil die von ihr gegenüber dem Mustertext vorgenommenen Änderungen lediglich stilistischer Art seien und zudem nur die Belehrung über die Widerrufsfolgen beträfen, nicht aber diejenige über das Widerrufsrecht als solches, auf die alleine es gem. § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. ankomme. Jedenfalls sei die Ausübung des Widerrufsrechts infolge der langen Zeit, die seit dem Abschluss der Darlehensverträge vergangen ist, rechtsmissbräuchlich. Es bestehe kein Zusammenhang mehr mit dem gesetzlichen Widerrufszweck des Übereilungsschutzes. Zudem hätten die Kläger ihr Widerrufsrecht aufgrund der langen Inanspruchnahme des Darlehens verwirkt.
11 
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Die Klage ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
I.
13 
Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch aus §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. §§ 355, 495 Abs. 1, 491 Abs. 1 BGB a.F. auf Rückzahlung der bereits entrichteten Vorfälligkeitsentschädigung und Nutzungsersatz.
14 
Auf die am 23.07.2007 geschlossenen streitgegenständlichen Darlehensverträge finden gem. Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB die Vorschriften des BGB und der BGB-InfoV in der im Jahre 2007 geltenden Fassung Anwendung.
15 
1. Den Klägern stand grundsätzlich ein Widerrufsrecht gem. §§ 495 Abs. 1, 491 BGB a.F. zu. Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.08.2014 haben sie eine Widerrufserklärung i.S.d. § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. abgegeben.
16 
2. Die Frist zur Abgabe der Widerrufserklärung war zu diesem Zeitpunkt nicht abgelaufen, weil die Widerrufsfrist infolge einer mangelhaften Widerrufsbelehrung nicht in Gang gesetzt worden war. Aus diesem Grund war das Widerrufsrecht auch nicht gem. § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. erloschen.
17 
a) Wie von der Beklagten nicht in Frage gestellt wird, genügte der in der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung enthaltene Satz „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“ nicht dem in § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. vorgeschriebenen Deutlichkeitsgebot (BGH III ZR 83/11, Rn. 15), weil die Formulierung „frühestens“ im Unklaren beließ, wann genau die Widerrufsfrist zu laufen beginnt.
18 
b) Die Richtigkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. streitet nicht zugunsten der Beklagten. Die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob jede Änderung des Musters in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. die volle Überprüfung eröffnet oder ob nur inhaltlich relevante Änderungen schaden, entscheidet das Gericht im Sinne der klägerischen Auffassung. Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung setzt die Frist nur in Gang, wenn sie dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH III ZR 252/11, Rn. 15). Indem die Beklagte Fußnoten in den Belehrungstext eingefügt und den Absatz zur Belehrung über die Widerrufsfolgen um einen Textbaustein zum finanzierten Erwerb eines Grundstücks unter Verwendung anderer Parteibezeichnungen als im Mustertext vorgesehen ergänzt hat, hat sie in den ihr zur Verfügung gestellten Mustertext eingegriffen. Um dem formalisierten Wesen der Musterbereitstellung Rechnung zu tragen und um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden, die der zum Zweck des Verbraucherschutzes angestrebten größtmöglichen Rechtsklarheit und Berechenbarkeit entgegenstünden, ist der Beklagten die Schutzwirkung der Musterbelehrung zu versagen.
19 
3. Gleichwohl hat der Widerruf nicht die Rückabwicklung der Darlehensverträge vom 23.07.2007 bewirkt.
20 
a) Allerdings stand dem Widerruf nicht die zuvor erklärte Kündigung der Darlehensverträge entgegen. Zwar kann durch Widerruf nur dann ein Rückgewährschuldverhältnis herbeigeführt werden, wenn zuvor noch ein Schuldverhältnis bestanden hat, was nach wirksamer Kündigung eigentlich nicht der Fall gewesen ist. Auf diese Weise verlöre aber auch der unzureichend belehrte Kreditnehmer sein gesetzlich eingeräumtes Widerrufsrecht, ohne zwischen Kündigung und Widerruf sachgerecht gewählt zu haben. Eine vorangegangene Kündigung steht dem Widerruf deshalb nur dann entgegen, wenn eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung vorangegangen ist und der Verbraucher im Zeitpunkt der Kündigung imstande ist, die ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten zu bewerten (BGH IV ZR 52/12, Rn. 24). Dies war hier nicht der Fall.
21 
b) Die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Kläger stellte jedoch eine unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) dar. Nach Würdigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalls kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Bereitstellung eines unbefristeten und von jedem Begründungszwang gelösten Widerrufsrechts hier durch keinerlei schützenswertes Interesse der Kläger gerechtfertigt wird und dass andererseits schützenswerte Interessen der Beklagten es erfordern, den Klägern die Möglichkeit, sich von dem Vertrag durch Widerruf zu lösen, zu versagen. Die Kläger hatten ein berechtigtes Vertrauen der Beklagten darauf geweckt, dass ein Widerruf der Darlehensverträge nicht mehr erfolgen würde.
22 
Die Parteien haben die Darlehensverträge über einen Zeitraum von fast sieben Jahren beiderseits erfüllt. Weder die Umstände des Vertragsschlusses, noch der Inhalt der Darlehensverträge oder des mit diesen finanzierten Geschäfts haben den Klägern zu irgendeinem Zeitpunkt Anlass zu Beanstandungen geboten. Das im Jahr 2007 in freier Entscheidung getroffene wirtschaftliche Kalkül, insbesondere die Eingehung einer Zinsbindung von zehnjähriger Dauer, ist im Jahr 2014 aus Gründen, die mit den vorerwähnten Verträgen nichts zu tun haben, nachträglich geändert worden. Die Kläger haben diese Änderung zunächst zum Anlass genommen, nach Einholung von Auskünften zur Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung die Darlehen zu kündigen und die Vorfälligkeitsentschädigung zu entrichten. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Kläger nach dem Inhalt der von der Beklagten bereitgestellten Widerrufsbelehrungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses durchaus imstande gewesen sind, zu erkennen, dass ihnen ein Widerrufsrecht zusteht und dass dessen Ausübung fristgebunden ist, mögen sie auch über Beginn und Ablauf der Frist keine zweifelsfreie Kenntnis erlangt haben. Durch die jahrelange widerspruchslose Abwicklung der Darlehensverträge haben die Kläger vor diesem Hintergrund das Vertrauen darauf geweckt, dass sie an dem geschlossenen Vertrag festhalten wollen und dementsprechend an einem Widerruf nicht interessiert sind (vgl. OLG Frankfurt 17 W 11/14, Rn. 15).
23 
Die langjährige vertragsgemäße Abwicklung der Darlehensverträge war auch mit Blick auf den Zweck des Widerrufsrechts im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen dazu geeignet, das Vertrauen der Beklagten in den Fortbestand der Verträge zu begründen. Das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen soll dem Verbraucher eine Frist zur Prüfung des von ihm eingegangenen Darlehensvertrages gewähren und ihn vor den Folgen eines übereilten Vertragsschlusses schützen (OLG Karlsruhe 12 U 151/12, Rn. 33). Erfüllt der Verbraucher über viele Jahre seine Vertragspflichten, obwohl er Kenntnis von der Existenz eines Widerrufsrechts hat, so spricht dies, wenn er später doch noch widerruft, ohne Hinzutreten weiterer Umstände eher dagegen, dass er seine frühere Vertragsschlussentscheidung im Rückblick für übereilt hält. Im vorliegenden Fall haben die Kläger sogar erkennen lassen, dass die Rückführung der Darlehen im Zusammenhang mit dem Verkauf des durch die Darlehen finanzierten Objekts stand. Dass die Ausübung des Widerrufsrechts nicht von einem Widerrufsgrund abhängt, heißt nicht, dass im Einzelfall tatsächliche Gesichtspunkte, die Aufschluss über die Motive des Widerrufenden geben können, nicht gewürdigt werden können.
II.
24 
Ein Anspruch der Kläger aus § 280 I BGB auf Freistellung von den außergerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren und von der Zinszahlungsverpflichtung im Rahmen der Finanzierung der Vorfälligkeitsentschädigung scheitert bereits daran, dass mangels Bestehens eines Rückgewährschuldverhältnisses in der Verweigerung der Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung und der Entrichtung von Nutzungsersatz keine Pflichtverletzung seitens der Beklagten erblickt werden kann.
III.
25 
Die Entscheidung über die Kosten richtet sich nach §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.
26 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 709 S. 1, 2 ZPO.

Gründe

 
12 
Die Klage ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
I.
13 
Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch aus §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. §§ 355, 495 Abs. 1, 491 Abs. 1 BGB a.F. auf Rückzahlung der bereits entrichteten Vorfälligkeitsentschädigung und Nutzungsersatz.
14 
Auf die am 23.07.2007 geschlossenen streitgegenständlichen Darlehensverträge finden gem. Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB die Vorschriften des BGB und der BGB-InfoV in der im Jahre 2007 geltenden Fassung Anwendung.
15 
1. Den Klägern stand grundsätzlich ein Widerrufsrecht gem. §§ 495 Abs. 1, 491 BGB a.F. zu. Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.08.2014 haben sie eine Widerrufserklärung i.S.d. § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. abgegeben.
16 
2. Die Frist zur Abgabe der Widerrufserklärung war zu diesem Zeitpunkt nicht abgelaufen, weil die Widerrufsfrist infolge einer mangelhaften Widerrufsbelehrung nicht in Gang gesetzt worden war. Aus diesem Grund war das Widerrufsrecht auch nicht gem. § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. erloschen.
17 
a) Wie von der Beklagten nicht in Frage gestellt wird, genügte der in der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung enthaltene Satz „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“ nicht dem in § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. vorgeschriebenen Deutlichkeitsgebot (BGH III ZR 83/11, Rn. 15), weil die Formulierung „frühestens“ im Unklaren beließ, wann genau die Widerrufsfrist zu laufen beginnt.
18 
b) Die Richtigkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. streitet nicht zugunsten der Beklagten. Die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob jede Änderung des Musters in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. die volle Überprüfung eröffnet oder ob nur inhaltlich relevante Änderungen schaden, entscheidet das Gericht im Sinne der klägerischen Auffassung. Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung setzt die Frist nur in Gang, wenn sie dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH III ZR 252/11, Rn. 15). Indem die Beklagte Fußnoten in den Belehrungstext eingefügt und den Absatz zur Belehrung über die Widerrufsfolgen um einen Textbaustein zum finanzierten Erwerb eines Grundstücks unter Verwendung anderer Parteibezeichnungen als im Mustertext vorgesehen ergänzt hat, hat sie in den ihr zur Verfügung gestellten Mustertext eingegriffen. Um dem formalisierten Wesen der Musterbereitstellung Rechnung zu tragen und um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden, die der zum Zweck des Verbraucherschutzes angestrebten größtmöglichen Rechtsklarheit und Berechenbarkeit entgegenstünden, ist der Beklagten die Schutzwirkung der Musterbelehrung zu versagen.
19 
3. Gleichwohl hat der Widerruf nicht die Rückabwicklung der Darlehensverträge vom 23.07.2007 bewirkt.
20 
a) Allerdings stand dem Widerruf nicht die zuvor erklärte Kündigung der Darlehensverträge entgegen. Zwar kann durch Widerruf nur dann ein Rückgewährschuldverhältnis herbeigeführt werden, wenn zuvor noch ein Schuldverhältnis bestanden hat, was nach wirksamer Kündigung eigentlich nicht der Fall gewesen ist. Auf diese Weise verlöre aber auch der unzureichend belehrte Kreditnehmer sein gesetzlich eingeräumtes Widerrufsrecht, ohne zwischen Kündigung und Widerruf sachgerecht gewählt zu haben. Eine vorangegangene Kündigung steht dem Widerruf deshalb nur dann entgegen, wenn eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung vorangegangen ist und der Verbraucher im Zeitpunkt der Kündigung imstande ist, die ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten zu bewerten (BGH IV ZR 52/12, Rn. 24). Dies war hier nicht der Fall.
21 
b) Die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Kläger stellte jedoch eine unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) dar. Nach Würdigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalls kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Bereitstellung eines unbefristeten und von jedem Begründungszwang gelösten Widerrufsrechts hier durch keinerlei schützenswertes Interesse der Kläger gerechtfertigt wird und dass andererseits schützenswerte Interessen der Beklagten es erfordern, den Klägern die Möglichkeit, sich von dem Vertrag durch Widerruf zu lösen, zu versagen. Die Kläger hatten ein berechtigtes Vertrauen der Beklagten darauf geweckt, dass ein Widerruf der Darlehensverträge nicht mehr erfolgen würde.
22 
Die Parteien haben die Darlehensverträge über einen Zeitraum von fast sieben Jahren beiderseits erfüllt. Weder die Umstände des Vertragsschlusses, noch der Inhalt der Darlehensverträge oder des mit diesen finanzierten Geschäfts haben den Klägern zu irgendeinem Zeitpunkt Anlass zu Beanstandungen geboten. Das im Jahr 2007 in freier Entscheidung getroffene wirtschaftliche Kalkül, insbesondere die Eingehung einer Zinsbindung von zehnjähriger Dauer, ist im Jahr 2014 aus Gründen, die mit den vorerwähnten Verträgen nichts zu tun haben, nachträglich geändert worden. Die Kläger haben diese Änderung zunächst zum Anlass genommen, nach Einholung von Auskünften zur Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung die Darlehen zu kündigen und die Vorfälligkeitsentschädigung zu entrichten. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Kläger nach dem Inhalt der von der Beklagten bereitgestellten Widerrufsbelehrungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses durchaus imstande gewesen sind, zu erkennen, dass ihnen ein Widerrufsrecht zusteht und dass dessen Ausübung fristgebunden ist, mögen sie auch über Beginn und Ablauf der Frist keine zweifelsfreie Kenntnis erlangt haben. Durch die jahrelange widerspruchslose Abwicklung der Darlehensverträge haben die Kläger vor diesem Hintergrund das Vertrauen darauf geweckt, dass sie an dem geschlossenen Vertrag festhalten wollen und dementsprechend an einem Widerruf nicht interessiert sind (vgl. OLG Frankfurt 17 W 11/14, Rn. 15).
23 
Die langjährige vertragsgemäße Abwicklung der Darlehensverträge war auch mit Blick auf den Zweck des Widerrufsrechts im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen dazu geeignet, das Vertrauen der Beklagten in den Fortbestand der Verträge zu begründen. Das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen soll dem Verbraucher eine Frist zur Prüfung des von ihm eingegangenen Darlehensvertrages gewähren und ihn vor den Folgen eines übereilten Vertragsschlusses schützen (OLG Karlsruhe 12 U 151/12, Rn. 33). Erfüllt der Verbraucher über viele Jahre seine Vertragspflichten, obwohl er Kenntnis von der Existenz eines Widerrufsrechts hat, so spricht dies, wenn er später doch noch widerruft, ohne Hinzutreten weiterer Umstände eher dagegen, dass er seine frühere Vertragsschlussentscheidung im Rückblick für übereilt hält. Im vorliegenden Fall haben die Kläger sogar erkennen lassen, dass die Rückführung der Darlehen im Zusammenhang mit dem Verkauf des durch die Darlehen finanzierten Objekts stand. Dass die Ausübung des Widerrufsrechts nicht von einem Widerrufsgrund abhängt, heißt nicht, dass im Einzelfall tatsächliche Gesichtspunkte, die Aufschluss über die Motive des Widerrufenden geben können, nicht gewürdigt werden können.
II.
24 
Ein Anspruch der Kläger aus § 280 I BGB auf Freistellung von den außergerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren und von der Zinszahlungsverpflichtung im Rahmen der Finanzierung der Vorfälligkeitsentschädigung scheitert bereits daran, dass mangels Bestehens eines Rückgewährschuldverhältnisses in der Verweigerung der Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung und der Entrichtung von Nutzungsersatz keine Pflichtverletzung seitens der Beklagten erblickt werden kann.
III.
25 
Die Entscheidung über die Kosten richtet sich nach §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.
26 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 709 S. 1, 2 ZPO.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,

1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags,
2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder
3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.

(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

Tenor

Es handelt sich um ein Hinweisschreiben.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

Tenor

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27.10.2014 abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.015,55 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.07.2014 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die weitergehende Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Kläger 65% und die Beklagte 35%.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung jeweils abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

7. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.815,60 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrags und über einen Anspruch der Kläger auf teilweise Rückzahlung des zur Ablösung des Darlehens an die Beklagte geleisteten Betrages.

Die Kläger vereinbarten mit der Beklagten am 09.04.2008 ein Darlehen mit anfänglichem Festzins über einen Nennbetrag von 50.000,00 €. Die bis zum 30.04.2013 unveränderliche Verzinsung betrug nominal 6,00% und effektiv 6,17%. Die Tilgung sollte durch monatliche Raten in Höhe von 3% jährlich zuzüglich der ersparten Zinsen erfolgen. Die jährliche Leistungsrate (Zinsen und Tilgung) sollte 4.500,00 € betragen, die in jeweils am Monatsende fälligen monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 375,00 € erbracht werden sollte. Zinsen sollten erstmals an dem auf die erste Auszahlung folgenden Zahlungstermin, Tilgungsbeiträge erstmals am 30.04.2008 gezahlt werden. Als Sicherheiten sollten mehrere Grundschulden bestellt werden. Den Klägern wurde am 09.04.2008 eine von ihnen unterschriebene Widerrufsbelehrung ausgehändigt, wegen deren Inhalt und äußerer Gestaltung auf die Anlage K2 Bezug genommen wird. Eine monatliche Annuität in Höhe von 375,00 € leisteten die Kläger letztmals am 30.04.2013.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.06.2013 erklärten die Kläger den Widerruf des Darlehensvertrags. Auf der Basis einer Berechnung der Beklagten vom 19.12.2013 zahlten die Kläger ohne Anerkennung einer Rechtspflicht 40.625,33 € an die Beklagte.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, der Widerruf des Darlehensvertrags sei wirksam und der Beklagten hätte lediglich ein Anspruch auf Zahlung von 34.809,73 € zugestanden.

Die Kläger haben beantragt:

Die Beklagte zahlt an die Kläger zur gesamten Hand 5.815,60 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2013.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ihre Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß. Ein Widerrufsrecht der Kläger sei überdies verwirkt. Schließlich sei die Berechnung der Klageforderung nicht schlüssig.

Wegen des darüber hinausgehenden erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des am 27.10.2014 verkündeten Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth sowie auf die dort genannten Unterlagen Bezug genommen.

Mit diesem Urteil hat das Landgericht Nürnberg-Fürth die Klage abgewiesen. Der erst im Jahr 2014 erklärte Widerruf sei verfristet gewesen und habe den Darlehensvertrag nicht in ein Rückabwicklungsverhältnis umwandeln können.

Gegen dieses, ihrer Prozessbevollmächtigten am 7.11.2014 zugestellte Urteil haben die Kläger mit am 26.11.2014 per Telefax bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten am 02.12.2014 begründet.

Die Kläger wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Kläger beantragen:

1. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27.10.2014 (Az.: 10 O 3952/14) wird aufgehoben.

2. Die Beklagte zahlt an die Kläger zur gesamten Hand 5.815,60 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2013.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze vom 02.12.2014 (Bl. 114 ff. d. A.), 23.02.2015 (Bl. 153 ff. und 171 f. d. A.), 10.03.2015 (Bl. 174 ff. d. A.) und 25.09.2015 (Bl. 183 ff. d. A.) sowie auf die in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 23.10.2015, 02.11.2015 und 10.11.2015 enthaltenen Rechtsausführungen Bezug genommen.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Das angefochtene Urteil bedarf insoweit der Abänderung. Es lautet auf Klageabweisung, die Klage ist jedoch teilweise begründet.

Die Kläger können von der Beklagten Zahlung von 2.015,55 € verlangen. Ein dahingehender Anspruch steht ihnen aus §§ 812 I 1 Alt. 1, § 818IIBGB zu (1.). Den Klägern steht darüber hinaus eine Verzinsung des zuerkannten Betrags in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 16.07.2014 aus § 288 I 2, § 291BGB zu (2.).

1. In Höhe eines Betrags von 2.015,55 € liegt eine Überzahlung der Kläger vor, deren Wert ihnen nach § 812I1 Alt. 1 BGB, § 818IIBGB von der Beklagten zu erstatten ist.

a. Die nach dem Widerruf des streitgegenständlichen Darlehensvertrags erfolgte Zahlung der Kläger an die Beklagte in Höhe von 40.625,33 € stellt eine Leistung im Sinne des § 812I1BGB dar, die der Beklagten einen entsprechenden Vermögensvorteil verschafft hat.

b. Die Leistung erfolgte in Höhe eines Betrags von 2.015,55 € ohne rechtlichen Grund. Denn der Beklagten stand gegen die Kläger nach dem Widerruf des Darlehensvertrags (aa.) ein Anspruch auf Zahlung von 63.423,38 € (bb.) zu, den die Kläger im Wege der Aufrechnung (dd.) mit ihrem gegen die Beklagte gerichteten Anspruch in Höhe von 24.813,60 € (cc.) zum Erlöschen (§ 389BGB) bringen konnten. Nach der Aufrechnung verblieb eine Forderung der Beklagten in Höhe von 38.609,78 €, auf die die Kläger 40.625,33 € bezahlt haben.

aa. Die Kläger haben den Darlehensvertrag wirksam widerrufen.

(1) Das Widerrufsrecht der Kläger beruht auf § 355 I 1, § 495IBGB in der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags geltenden Fassung (vgl. Art. 229 § 22IIEGBGB).

(2) Die Kläger konnten ihr Widerrufsrecht auch noch mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.06.2013 ausüben. Denn die für den Widerruf geltende Frist von zwei Wochen hat nicht begonnen und ist damit auch nicht verstrichen, weil die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung nicht dem in § 355 II BGB a. F. geregelten Deutlichkeitsgebot genügt hat. Denn eine Belehrung, die sich - wie im vorliegenden Fall - hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist auf die Aussage beschränkt, dass die Frist „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung [beginnt]“, ist nicht in der erforderlichen Weise eindeutig und umfassend, weil die Verwendung des Wortes „frühestens“ es dem Verbraucher nicht ermöglicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen (BGH, Beschluss vom 10.02.2015 - II ZR 163/14, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 15.08.2012 - VIII ZR 378/11, juris Rn. 9 m. w. N.). Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf eine gerichtliche Entscheidung (OLG Bamberg, Hinweis nach § 522IIZPO mit Beschluss vom 01.06.2015 - 6 U 13/15, juris) meint, die genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfasse die Situation des Abschlusses des streitgegenständlichen Darlehensvertrags deshalb nicht, weil die Vertragserklärungen und die Widerrufsbelehrung jeweils am 09.04.2008 unterzeichnet und übergeben worden seien, folgt der Senat dem nicht. Zum einen finden sich in den genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs keine Anhaltspunkte dafür, dass es für die Beurteilung einer Widerrufsbelehrung, die die Formulierung „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung [beginnt]“ enthält, entscheidend darauf ankomme, ob die Widerrufsbelehrung bei Vertragsschluss oder erst später erfolgt. Auch in einem Fall, in dem Vertragsschluss und Widerrufsbelehrung gleichzeitig erfolgen, schafft die zitierte Formulierung Unklarheiten über den Fristbeginn. Denn die Formulierung „frühestens“ erweckt selbst dann den Anschein, dass die Widerrufsfrist auch zu einem späteren Zeitpunkt beginnen könnte, wenn dem Verbraucher die Vertragserklärungen und die Widerrufsbelehrung gleichzeitig überlassen worden sind. Die Belehrung verdeutlicht nicht, von welchen über den Erhalt der Widerrufsbelehrung hinausgehenden Voraussetzungen der Fristbeginn abhängt. Dass es zusätzlich nur auf den Erhalt der (eigenen) Vertragserklärung ankommt, findet in der verwendeten Belehrung gerade keine Erwähnung. Aus diesem Grund geht auch der Hinweis der Beklagten auf die Senatsrechtsprechung (Senat, Urteil vom 19.01.2015 - 14 U 1101/14, unter II. 2. b) bb) auf Seite 9) fehl.

(3) Die erteilte Belehrung gilt auch nicht gemäß § 14IBGB-InfoV in Verbindung mit der in § 16BGB-InfoV enthaltenen Überleitungsregelung als ordnungsgemäß. Nach dieser Bestimmung genügt die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 II BGB a. F. und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14IBGB-InfoV in Textform verwandt wird. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten entspricht dem Muster jedoch nicht vollständig. Denn dem Passus „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen [widerrufen]“ ist nach dem Wort „Wochen“ die hochgestellte Zahl „2“ beigefügt, die zu einer nach der Unterschrift des Verbrauchers am unteren Seitenrand des Formulars abgedruckten Fußnote führt, die folgenden Text aufweist: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“. Das bis zum 31.03.2008 geltende Muster der Anlage 2 zu § 14IBGB-InfoV sieht eine solche Gestaltung nicht vor. Der zu dem im Muster enthaltenen Klammerzusatz „zwei Wochen“ gehörende Gestaltungshinweis informiert darüber, dass der Klammerzusatz anders („einem Monat“) lauten müsse, wenn die Belehrung erst nach Vertragsschluss mitgeteilt wird. Über eine Prüfung der Frist „im Einzelfall“ besagt der Gestaltungshinweis dagegen nichts. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich die Fußnote nicht an den Darlehensnehmer, sondern an ihre Sachbearbeiter richte, die zu prüfen hätten, ob die Frist zwei Wochen oder einen Monat betrage. Denn für den Darlehensnehmer, dem ein Exemplar der Widerrufsbelehrung in einer der Anlage K2 entsprechenden Form überlassen wird, ist nicht erkennbar, dass sich die in der Fußnote enthaltene Aufforderung („Bitte Frist im Einzelfall prüfen“) nicht an ihn richtet. Die gewählte formale Gestaltung legt es im Gegenteil sogar nahe, dass der Darlehensnehmer sich angesprochen fühlt. Denn bei einer Fußnote handelt es sich um eine „durch eine hochgestellte Ziffer o. Ä. auf eine Textstelle bezogene Anmerkung am unteren Rand einer Seite“ (vgl. z. B. http://www.duden.de/rechtschreibung/Fusznote, abgerufen am 05.11.2015), die typischerweise textbezogene Anmerkungen, Ergänzungen, Erläuterungen oder Zusätze enthält, die bei einer anderen formalen Gestaltung ebenso gut in den Text hätten integriert werden können. Mit Hilfe der Technik der Fußnote wird deren sachlicher Inhalt zum Bestandteil des Textes, auch wenn sich die Fußnote am unteren Seitenrand oder - etwa als „Endnote“ - erst am Ende eines mehrseitigen Textes findet. Es ist auch in einem anderen Kontext kaum vorstellbar, dass sich eine Bank auf das Argument eines Kunden einlassen würde, er habe Sachinformationen - wie zum Beispiel Hinweise auf Risiken einer Anlage - deshalb nicht (als ihn betreffend) zur Kenntnis nehmen müssen, weil sie in einer auf eine bestimmte Textstelle bezogenen Fußnote enthalten wären. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung war daher geeignet, beim Darlehensnehmer den Eindruck hervorzurufen, eine (von ihm vorzunehmende) Prüfung seines Einzelfalls könnte - abhängig von ihm in der Widerrufsbelehrung nicht aufgezeigten Umständen - zur Bestimmung einer Widerrufsfrist von weniger oder von mehr als zwei Wochen führen. Dass die Beklagte mit der gewählten Gestaltung nicht dem Darlehensnehmer eine eigenverantwortliche Ermittlung der Widerrufsfrist abverlangen, sondern diesem das Ergebnis einer bereits durch den zuständigen Banksachbearbeiter durchgeführten Prüfung mitteilen wollte, wird nicht hinreichend deutlich. Die Gestaltung schafft damit unnötige Unklarheiten hinsichtlich der Länge der Widerrufsfrist und stellt damit keine nur geringfügige Anpassung, sondern eine eigene inhaltliche Bearbeitung (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 10.02.2015 - II ZR 163/14, juris Rn. 8; BGH, Urteil vom 01.03.2012 - III ZR 83/11, juris Rn. 17) der Musterbelehrung durch die Beklagte dar (ebenso OLG München, Urteil vom 21.10.2013 - 19 U 1208/13, juris Rn. 37; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 17.10.2012 - 4 U 194/11, juris Rn. 27). Soweit vertreten worden ist (OLG Bamberg, Beschluss vom 01.06.2015 - 6 U 13/15, juris Rn. 82 ff.; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 25.06.2015 - 5 U 9/15; LG Hanau, Urteil vom 29.05.2015 - 1 O 600/14; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.10.2015 - 3 U 120/15), eine der streitgegenständlichen Fußnote entsprechende Gestaltung nehme auf den Inhalt der Widerrufsbelehrung keinerlei Einfluss, macht sich der Senat dies aus den dargestellten Gründen nicht zu Eigen. Ob in der Sache anders zu entscheiden wäre, wenn dem Fußnotentext („Bitte Frist im Einzelfall prüfen“) das Wort „Bearbeiterhinweis“ vorangestellt und dadurch ein deutlicherer Adressatenbezug hergestellt wäre (vgl. LG Landshut, Urteil vom 15.01.2015 - 23 O 2511/14, juris Rn. 14, 15, 54; OLG München, Beschlüsse vom 20.04.2015 und 21.05.2015 - 17 U 709/15, juris), kann dahinstehen, weil die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung einen derartigen Zusatz nicht enthält.

(4) Die Beklagte kann sich nicht auf den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung berufen. Zwar ist die Verwirkung eines Widerrufsrechts nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Sie kommt aber abhängig von den Umständen des Einzelfalls nur in Betracht, wenn sich ein Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Betrachtung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteil vom 17.10.2006 - XI ZR 205/05, juris Rn. 24; BGH, Urteil vom 20.05.2003 - XI ZR 248/02, juris Rn. 14). Das Verhalten eines Kunden, der von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis hat, lässt keinen Schluss darauf zu, er werde von dem ihm zustehenden Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen (BGH, Urteil vom 20.05.2003 - XI ZR 248/02, juris Rn. 14). Genügende Umstände, auf die die Beklagte im vorliegenden Fall ein Vertrauen darauf hätte gründen dürfen, die Kläger würden von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch mehr machen, liegen nicht vor:

- Zwar haben die Kläger in der Zeit vom 30.04.2008 bis 30.04.2013 monatliche Zahlungen geleistet und damit ihre vertraglich eingegangenen Zahlungspflichten erfüllt. Allein die Vertragstreue ihrer Kunden hat die Beklagte jedoch nicht zu der Annahme berechtigt, jene würden in Kenntnis eines (noch) bestehenden Widerrufsrechts auch zukünftig von einem Widerruf absehen. Das in den beanstandungsfrei erfolgten Zahlungen zu sehende Indiz dafür, dass ein Darlehensnehmer den Vertrag fortführen wolle, kann erst bei Hinzutreten weiterer gewichtiger Umstandsmomente zum Tragen kommen.

- In der (vollständigen) Rückführung des Darlehens kann ein ein Vertrauen der Bank erzeugendes Umstandsmoment nicht gesehen werden, da die Rückzahlung erst nach Erklärung des Widerrufs erfolgt ist.

- Es bestand für die Beklagte die Möglichkeit der Nachbelehrung. Jedenfalls während der Laufzeit des Darlehens war es ihr zuzumuten, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, weil der Mangel der Widerrufsbelehrung aus ihrer Sphäre herrührte und sie der gesetzlichen Verpflichtung unterlag, eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen.

- Davon, dass die Kläger der Beklagten zu verstehen gegeben haben, ihr (fortbestehendes) Widerrufsrecht zu kennen, es aber nicht ausüben zu wollen, kann nach dem Parteivorbringen nicht ausgegangen werden.

- Unerheblich ist, aus welchen Gründen der Widerruf erfolgt ist, da eine Vertrauensbildung auf Seiten der beklagten Bank nicht von den - ihr auch in der Regel unbekannten - Motiven ihrer Kunden abhängen kann.

Nach alledem durfte die Beklagte auch im Hinblick auf den zwischen dem Vertragsschluss (09.04.2008) und der Erklärung des Widerrufs (24.06.2013) liegenden Zeitraum nicht darauf vertrauen, die Kläger würden nicht (mehr) widerrufen. Dass die Beklagte nicht dargelegt hat, welche Maßnahmen bzw. Dispositionen sie vertrauensbedingt vorgenommen hat, spielt für die Entscheidung daher keine Rolle mehr.

bb. Der mit dem Widerruf des streitgegenständlichen Darlehensvertrags entstandene Anspruch der Beklagten gegen die Kläger beläuft sich auf 63.423,38 €.

(1) Die vor der Schaffung des § 357aBGB maßgeblichen Rechtsfolgen, die nach einem Widerruf der auf Abschluss eines Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen eintreten, gestalten sich - übertragen auf den vorliegenden Fall - wie folgt: Die Kläger schulden der Beklagten die Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung sowie die Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta. Im Gegenzug schuldet die Beklagte den Klägern die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen sowie die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (BGH, Beschluss vom 22.09.2015 - XI ZR 116/15, juris Rn. 7 m. w. N.).

(2) Danach schulden die Kläger der Beklagten neben der Herausgabe des in Höhe von 50.000,00 € ausgereichten Darlehens einen Wertersatz für die Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta, mithin 13.423,38 €. Diese Gebrauchsvorteile sind unter Berücksichtigung der monatlichen Tilgungsleistungen der Kläger in Höhe von 3% jährlich des Darlehensbetrags zuzüglich der durch die Rückzahlung ersparten Zinsen zu ermitteln. Der Berechnung ist eine im April 2008 marktübliche Verzinsung von 5,71% zugrunde zu legen. Soweit die Kläger sich auf die in der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen Zinssätze für das Neugeschäft der deutschen Banken/Kredite an private Haushalte bezogen haben, führen sie damit zwar den ihnen nach § 346II2BGB obliegenden Nachweis, dass der Wert des Gebrauchsvorteils des Darlehens niedriger als der vertraglich vereinbarte Zins von nominal 6% gewesen ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.01.2013 - 6 U 64/12, juris Rn. 35, 36). Allerdings betrifft der von den Klägern der Statistik entnommene Zinssatz von 5,25% sonstige Kredite mit einer anfänglichen Zinsbindung von über 5 Jahren (SUD122), wohingegen dem Darlehensvertrag im vorliegenden Fall ersichtlich eine Zinsbindungsdauer von fünf Jahren zugrunde liegt (SUD121). Dass die Kläger bei einer - von ihnen schon nicht vorgetragenen - Auszahlung des Darlehens vor dem 01.05.2008 den vertraglich vereinbarten Zins für wenige Tage mehr als fünf Jahre erhalten haben würden, spielt keine Rolle und gebietet es nicht, den vorliegenden Vertrag mit den durchschnittlichen Konditionen für Kredite mit einer anfänglicher Zinsbindung von über fünf Jahren, womit häufig Zinsbindungszeiträume von bis zu fünfzehn Jahren gemeint sind, zu vergleichen. Soweit die Beklagte geltend gemacht hat, die Kläger hätten sich seinerzeit in einer wirtschaftlich angespannten Situation befunden und bei keinem anderen Kreditinstitut einen Darlehenszins von 5,25% erhalten, konnte eine weitere Sachaufklärung zu der Frage, ob die Kläger im April 2008 einen Darlehenszins von 5,71% anstelle der mit der Beklagten vereinbarten 6% hätten erhalten können, gemäß § 287IIZPO unterbleiben.

Die den Klägern nach den jeweils am Monatsende erfolgenden Tilgungsleistungen verbleibende Darlehensvaluta und der auf diese - unter Berücksichtigung des am 24.06.2013 erklärten Darlehenswiderrufs - jeweils entfallende Gebrauchsvorteil stellen sich im relevanten Zeitraum wie folgt dar:

Darlehensvaluta zum Monatsende

Gebrauchsvorteil i. H. v. 5,71%

April 2008

49.875,00 €

237,32 €

Mai 2008

49.749,38 €

236,72 €

Juni 2008

49.623,12 €

236,12 €

Juli 2008

49.496,24 €

235,52 €

August 2008

49.368,72 €

234,91 €

September 2008

49.240,56 €

243,90 €

Oktober 2008

49.111,77 €

233,69 €

November 2008

48.982,32 €

233,07 €

Dezember 2008

48.852,24 €

232,46 €

Januar 2009

48.721,50 €

231,83 €

Februar 2009

48.590,10 €

231,21 €

März 2009

48.458,05 €

230,58 €

April 2009

48.325,34 €

229,95 €

Mai 2009

48.191,97 €

229,31 €

Juni 2009

48.057,93 €

228,68 €

Juli 2009

47.923,22 €

228,03 €

August 2009

47.787,84 €

227,39 €

September 2009

47.651,78 €

226,74 €

Oktober 2009

47.515,04 €

226,09 €

November 2009

47.377,61 €

225,44 €

Dezember 2009

47.239,50 €

224,78 €

Januar 2010

47.100,70 €

224,12 €

Februar 2010

46.961,20 €

223,46 €

März 2010

46.821,01 €

222,79 €

April 2010

46.680,11 €

222,12 €

Mai 2010

46.538,51 €

221,45 €

Juni 2010

46.396,20 €

220,77 €

Juli 2010

46.253,18 €

220,09 €

August 2010

46.109,45 €

219,40 €

September 2010

45.965,00 €

218,72 €

Oktober 2010

45.819,82 €

218,03 €

November 2010

45.673,92 €

217,33 €

Dezember 2010

45.527,29 €

216,63 €

Januar 2011

45.379,93 €

215,93 €

Februar 2011

45.231,83 €

215,23 €

März 2011

45.082,99 €

214,52 €

April 2011

44.933,40 €

213,81 €

Mai 2011

44.783,07 €

213,09 €

Juni 2011

44.631,98 €

212,37 €

Juli 2011

44.480,14 €

211,65 €

August 2011

44.327,54 €

210,93 €

September 2011

44.174,18 €

210,20 €

Oktober 2011

44.020,05 €

209,46 €

November 2011

43.865,15 €

208,73 €

Dezember 2011

43.709,48 €

207,98 €

Januar 2012

43.553,03 €

207,24 €

Februar 2012

43.395,79 €

206,49 €

März 2012

43.237,77 €

205,74 €

April 2012

43.078,96 €

204,98 €

Mai 2012

42.919,35 €

204,22 €

Juni 2012

42.758,95 €

203,46 €

Juli 2012

42.597,75 €

202,69 €

August 2012

42.435,73 €

201,92 €

September 2012

42.272,91 €

201,15 €

Oktober 2012

42.109,28 €

200,37 €

November 2012

41.944,82 €

199,59 €

Dezember 2012

41.779,55 €

198,80 €

Januar 2013

41.613,45 €

198,01 €

Februar 2013

41.446,51 €

197,22 €

März 2013

41.278,75 €

196,42 €

April 2013

41.110,34 €

195,62 €

Mai 2013

41.110,34 €

156,49 €

13.423,38 €

Der Berechnung liegt zugrunde, dass die Kläger zum 30.04.2008 noch keine volle Annuität in Höhe von 375,00 € geleistet haben (können). Denn nach dem am 09.04.2008 geschlossenen Darlehensvertrag (Anlage K1) sollten Zinsen „erstmals an dem auf die erste Auszahlung folgenden Zahlungstermin, Tilgungsbeiträge erstmals am 30.04.2008 zu zahlen“ sein. Somit kann verlässlich zum 30.04.2008 nur von einer Tilgungsleistung in Höhe von 125,00 € ausgegangen werden. Zahlungen in Höhe von 375,00 € haben die Kläger anschließend in der Zeit vom 31.05.2008 bis 30.04.2013 erbracht.

cc. Der mit dem Widerruf des streitgegenständlichen Darlehensvertrags entstandene Anspruch der Kläger gegen die Beklagte beläuft sich auf 24.813,60 €.

(1) Die Beklagte schuldet den Klägern die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen, die mit 22.625,00 € zu veranschlagen sind. Soweit die Kläger unwidersprochen vorgetragen haben, sie hätten im Zeitraum vom 30.04.2008 bis 30.04.2013 monatliche Annuitäten in Höhe von 375,00 € bezahlt, woraus sich eine Gesamtzahlung in Höhe von 22.875,00 € (61 x 375,00 €) errechne, kann dies der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden (vgl. bereits oben unter I. 1. b. bb. (2) am Ende). Die Annahme der Zahlung einer vollen Annuität in Höhe von 375,00 € zum 30.04.2008 findet in dem geschlossenen Darlehensvertrag keine Grundlage, wonach Zinsen erstmals an dem auf die erste Auszahlung folgenden Zahlungstermin zu zahlen sind. In dem zwischen dem Vertragsschluss am 09.04.2008 und dem 30.04.2008 liegenden Zeitraum können selbst dann nicht die in der ersten (vollen) Annuität enthaltenen Zinsen in Höhe von 250,00 € angefallen sein, wenn eine Auszahlung des Darlehens am Tag des Vertragsschlusses erfolgt sein sollte. Da die Kläger nicht vorgetragen haben, wann das Darlehen ausbezahlt worden ist, kann nicht von einer bestimmten Zinszahlung zum 30.04.2008 ausgegangen werden. Es bleibt deshalb bei dem zu diesem Zeitpunkt fälligen Tilgungsbetrag in Höhe von 125,00 € und bei 60 Annuitäten in Höhe von 375,00 € in der Zeit vom 31.05.2008 bis 30.04.2013.

(2) Die Beklagte schuldet weiterhin die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 1.607,02 €. Es wird (widerleglich) vermutet, dass die Beklagte aus den erhaltenen Zins- und Tilgungsleistungen Nutzungen in Form einer Verzinsung in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gezogen hat. Bei Zahlungen an eine Bank besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (BGH, Beschluss vom 22.09.2015 - XI ZR 116/15, juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 10.03.2009 - XI ZR 33/08, juris Rn. 29; BGH, Urteil vom 24.04.2007 - XI ZR 17/06, juris Rn. 35). Der gesetzliche Verzugszins beträgt im vorliegenden Fall nach § 497I2BGB in der bis zum10.06.2010 gültigen Fassung bzw. nach § 503IIBGB in der ab 11.06.2010 gültigen Fassung 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Denn der Kredit war durch die Bestellung von Grundpfandrechten gesichert. Auch ergeben sich weder aus dem Darlehensvertrag noch aus dem Parteivorbringen noch aus der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank - unter Berücksichtigung einer mit dem Vertragszins möglicherweise gegebenen, aber rechtlich folgenlosen Überschreitung der (von der Deutschen Bundesbank bis zum Jahr 2003 veröffentlichten) oberen Streubreitengrenze um einen Prozentpunkt (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2007 - XI ZR 324/06, juris Rn. 29) - Anhaltspunkte dafür, dass das Darlehen zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Verträge unüblichen Bedingungen ausgereicht worden ist. Es ist daher von einem Immobiliardarlehen im Sinne des § 492 Ia 2 BGB a. F. bzw. § 503IBGB nF auszugehen. Von der für Schadenersatzansprüche einer Bank entwickelten Rechtsprechung, nach der die Bank im Rahmen der abstrakten Schadensberechnung als Verzögerungsschaden Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe geltend machen kann, ohne Angaben zur Schadenshöhe machen zu müssen, sind Realkredite ausgenommen (BGH, Urteil vom 18.02.1992 - XI ZR 134/91, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 12.05.1998 - XI ZR 79/97, juris Rn. 23). Da die zugunsten einer Bank bei der Berechnung ihres Verzugsschadens geltenden Grundsätze auch im Rahmen der Schätzung der von ihr gezogenen Nutzungszinsen Beachtung finden (BGH, Urteil vom 12.05.1998 - XI ZR 79/97, juris Rn. 24), geht es in Fällen des Realkredits nicht an, zum Nachteil der Bank eine Nutzungsziehung in Höhe des allgemeinen gesetzlichen Verzugszinses von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz (§ 288I2BGB) widerleglich zu vermuten, wenn die Bank ihrerseits in einem solchen Fall bei Kündigung des Kredits wegen Zahlungsverzugs vom Kunden nur einen Verzugszins nach § 503IIBGB nF - als abstrakt berechneten Verzugsschaden - verlangen dürfte. Die Kläger haben nicht konkret vorgetragen, dass die Beklagte Nutzungen gezogen hat, die den gesetzlichen Verzugszins des § 497 I 2 BGB a. F., § 503IIBGB nF übersteigen. Die Beklagte hat nicht konkret dargelegt, dass die von ihr gezogenen Nutzungen hinter dem gesetzlichen Verzugszins des § 497 I 2 BGB a. F., § 503IIBGB nF zurückbleiben. Die herauszugebenden, bis 24.06.2013 gezogenen Nutzungen berechnen sich auf der Grundlage der vorangegangenen Ausführungen wie folgt:

Zum Monatsende entrichtete Zins- und Tilgungsleistungen

Hierauf bezogene Nutzungen in Form einer Verzinsung in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

April 2008

125,00 €

0,61 €

Mai 2008

500,00 €

2,43 €

Juni 2008

875,00 €

4,15 €

Juli 2008

1.250,00 €

5,93 €

August 2008

1.625,00 €

7,71 €

September 2008

2.000,00 €

9,48 €

Oktober 2008

2.375,00 €

11,26 €

November 2008

2.750,00 €

13,04 €

Dezember 2008

3.125,00 €

10,73 €

Januar 2009

3.500,00 €

12,02 €

Februar 2009

3.875,00 €

13,30 €

März 2009

4.250,00 €

14,59 €

April 2009

4.625,00 €

15,88 €

Mai 2009

5.000,00 €

17,17 €

Juni 2009

5.375,00 €

11,74 €

Juli 2009

5.750,00 €

12,55 €

August 2009

6.125,00 €

13,37 €

September 2009

6.500,00 €

14,19 €

Oktober 2009

6.875,00 €

15,01 €

November 2009

7.250,00 €

15,83 €

Dezember 2009

7.625,00 €

16,65 €

Januar 2010

8.000,00 €

17,47 €

Februar 2010

8.375,00 €

18,29 €

März 2010

8.750,00 €

19,10 €

April 2010

9.125,00 €

19,92 €

Mai 2010

9.500,00 €

20,74 €

Juni 2010

9.875,00 €

21,56 €

Juli 2010

10.250,00 €

22,38 €

August 2010

10.625,00 €

23,20 €

September 2010

11.000,00 €

24,02 €

Oktober 2010

11.375,00 €

24,84 €

November 2010

11.750,00 €

25,65 €

Dezember 2010

12.125,00 €

26,47 €

Januar 2011

12.500,00 €

27,29 €

Februar 2011

12.875,00 €

28,11 €

März 2011

13.250,00 €

28,93 €

April 2011

13.625,00 €

29,75 €

Mai 2011

14.000,00 €

30,57 €

Juni 2011

14.375,00 €

34,38 €

Juli 2011

14.750,00 €

35,28 €

August 2011

15.125,00 €

36,17 €

September 2011

15.500,00 €

37,07 €

Oktober 2011

15.875,00 €

37,97 €

November 2011

16.250,00 €

38,86 €

Dezember 2011

16.625,00 €

36,30 €

Januar 2012

17.000,00 €

37,12 €

Februar 2012

17.375,00 €

37,94 €

März 2012

17.750,00 €

38,75 €

April 2012

18.125,00 €

39,57 €

Mai 2012

18.500,00 €

40,39 €

Juni 2012

18.875,00 €

41,21 €

Juli 2012

19.250,00 €

42,03 €

August 2012

19.625,00 €

42,85 €

September 2012

20.000,00 €

43,67 €

Oktober 2012

20.375,00 €

44,49 €

November 2012

20.750,00 €

45,30 €

Dezember 2012

21.125,00 €

41,72 €

Januar 2013

21.500,00 €

42,46 €

Februar 2013

21.875,00 €

43,20 €

März 2013

22.250,00 €

43,94 €

April 2013

22.625,00 €

44,68 €

Mai 2013

22.625,00 €

35,75 €

1.607,02 €

(3) Zurückzuerstatten hat die Beklagte des Weiteren die bei Vertragsschluss vereinnahmte Schätzgebühr in Höhe von 500,00 € sowie hierauf bezogene Nutzungen für die Zeit vom 01.05.2008 bis 24.06.2013 in Form einer Verzinsung in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, mithin 81,58 €.

dd. Die Kläger haben ihren Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe der erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen und der Schätzgebühr sowie des hierauf entfallenden Nutzungsersatzes gegen den Anspruch der Beklagten auf Herausgabe der Darlehensvaluta und von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta aufgerechnet. Die Aufrechnung ist mit der Klageschrift vom 30.05.2014 erklärt worden. Denn dort wurden auf Seite 15 Ansprüche der Kläger (in Höhe von 26.682,09 €) mit Ansprüchen der Beklagten (in Höhe von 61.491,82 €) verrechnet. Den Saldo in Höhe von 34.809,73 € verrechneten die Kläger anschließend mit der von ihnen geleisteten Zahlung in Höhe von 40.625,33 €, um so zu dem geltend gemachten Klagebetrag in Höhe von 5.815,60 € zu gelangen. Daraus, dass die Beklagte es versäumt hätte, eine Aufrechnungserklärung abzugeben (vgl. den Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 23.10.2015), können die Kläger kein für sie günstigeres Ergebnis herleiten. Denn ohne die von ihnen selbst erklärte Aufrechnung stünde ihrer auf § 812I1 Alt. 1 BGB gestützten Klage der Einwand entgegen, dass von ihnen geleistete Zahlungen bis zu einem Betrag von 63.423,38 € (nach der Rechnung der Kläger: 61.491,82 €) von einem Rechtsgrund gedeckt wären. Zwar ist das Gericht nicht darauf beschränkt, den geltend gemachten Anspruch nur anhand der von der Klagepartei angeführten materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage zu prüfen, so dass ohne eine Aufrechnung der Anspruch der Kläger bis zur Höhe von 24.813,60 € auf § 346IBGB zu stützen wäre. Allerdings bringt die Klageschrift gerade unter Berücksichtigung der in ihr angestellten Berechnung in Verbindung mit der ausdrücklichen Heranziehung von § 812I1 Alt. 1 BGB aus Sicht des Empfängerhorizonts der Beklagten zweifelsfrei zum Ausdruck, eine Aufrechnung im Sinne des § 388 S. 1BGB erklären zu wollen.

2. Der zuerkannte Betrag ist nach dem mit Zustellung der Klageschrift bewirkten Eintritt der Rechtshängigkeit am 15.07.2014 gemäß § 288 I 2, § 291BGB in entsprechender Anwendung des § 187IBGB ab 16.07.2014 zu verzinsen. Für die Zeit zwischen dem 01.05.2013 und dem 15.07.2015 steht den Klägern dagegen keine Verzinsung zu; die Kapitalnutzung durch die Beklagte bis zum Widerruf am 24.06.2013 ist bereits in die Ermittlung der Ansprüche der Kläger eingeflossen. Soweit die Kläger ihren Zinsanspruch auf § 818I1BGB stützen, ist zu beachten, dass ihnen aufgrund der in § 389BGB geregelten Rückwirkung der Aufrechnungserklärung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Entstehung der Aufrechnungslage zwar ab dem Zeitpunkt ihrer Zahlung der 40.625,33 € ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückerstattung des zu viel geleisteten Betrags zusteht. Allerdings haben die Kläger den genauen Zeitpunkt der Zahlung nicht vorgetragen, so dass eine Bestimmung des Zinsbeginns nicht möglich ist. Nach § 139II1ZPO kann der Senat die Klage in diesem Punkt abweisen, ohne den Klägern einen rechtlichen Hinweis erteilt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92I1 Alt. 2 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711ZPO.

III. Die Revision wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen (§ 543II1 Nr. 2ZPO), weil die in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung enthaltene und die Dauer der Widerrufsfrist betreffende Fußnote („Bitte Frist im Einzelfall prüfen“) im Sparkassenbereich häufig Verwendung gefunden hat, Gegenstand vieler gerichtlicher Auseinandersetzungen ist und von Obergerichten kontrovers beurteilt wird.

Gründe

Oberlandesgericht Bamberg

Az.: 6 U 13/15

2 O 415/14 LG Bamberg

In dem Rechtsstreit

1) ...

- Kläger und Berufungskläger -

2) ...

- Klägerin und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigter zu 1 und 2: ...

gegen

...

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigter: ...

wegen Feststellung

erlässt das Oberlandesgericht Bamberg - 6. Zivilsenat - durch den Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

am 01.06.2015

folgenden

Beschluss:

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts Bamberg vom 04.02.2015, Az.: 2 O 415/14, einstimmig gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 29.789,70 € festzusetzen.

2. Die Kläger erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bis einschließlich 19.06.2015 .

Gründe:

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts Bamberg vom 04.02.2015 im Sinne des § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO offensichtlich die Erfolgsaussicht fehlt und auch die weiteren Voraussetzungen für die Entscheidung gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO vorliegen. Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Gemäß § 522 Abs. 2 S. 3 ZPO weist der Senat die Kläger auf die beabsichtigte Entscheidung hin und gibt zugleich hierzu sowie zur avisierten Festsetzung des Berufungsstreitwerts Gelegenheit zur Stellungnahme.

Gründe:

I. Die Kläger begehren die Feststellung, dass sie zwei im Jahr 2006 mit der Beklagten geschlossene Darlehensverträge wirksam widerrufen haben, verlangen von der Beklagten die Abrechnung dieser Verträge und begehren im Weiteren die Feststellung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten aufgrund ihrer Weigerung, den Widerruf anzuerkennen.

Im Mai 2006 schlossen die Kläger mit der Beklagten zwei Darlehensverträge über 165.000,00 Euro bzw. 65.000,00 Euro mit zehnjähriger Zinsbindung und einer effektiven Verzinsung von 4,44% bzw. 4,37% (Darlehensverträge in Kopie sind Anlagen K 1 und K 4). Die Kreditaufnahme diente der Finanzierung eines Hauskaufes der Kläger. An der Veräußerung dieses Hausanwesens war die Beklagte jedoch nicht beteiligt.

Für beide Verträge erhielten die Kläger jeweils bei Vertragsabschluss von der Beklagten gleichlautende Widerrufsbelehrungen (Anlagen K 3 und K 5) mit u. a. folgendem Inhalt:

Widerrufsbelehrung zu Darlehen Nr. ...

Widerrufsrecht

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben von Gründen in Textform(z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: (Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält, auch eine Internet-Adresse).

Es folgen die Kontaktdaten der Beklagten wie Postadresse, Faxnummer, E-Mail-Adresse und Internet-Adresse ...]

Widerrufsfolgen

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung Ihrer Widerrufserklärung erfüllen.

Finanzierte Geschäfte

Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind oder wenn wir über die Zur-Verfügung-Stellung von Darlehen hinaus Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen. Können Sie auch den anderen Vertrag widerrufen, so müssen Sie den Widerruf gegenüber Ihrem diesbezüglichen Vertragspartner erklären.

Wird mit diesem Darlehensvertrag die Überlassung einer Sache finanziert, gilt Folgendes: ...“

[... Es folgen Ort, Datum, Unterschriften ...]

Hinweis: Jeder Verbraucher erhält ein Exemplar der Widerrufsbelehrung.

Unter dem 25.08.2014 widerriefen die Kläger beide Darlehensverträge gegenüber der Beklagten.

Die Kläger sind der Ansicht, dass bereits die Wiedergabe der Gestaltungshinweise unter der Fußnote 3 zu Anlage 2 der BGB-lnfoV (der Kursivtext in den vorliegenden Belehrungen) eine inhaltliche Überarbeitung der Musterbelehrung darstellt, die die vom Bundesgerichtshof angenommene Schutzwirkung zugunsten des Verwenders entfallen lassen würde. Jedenfalls durch die sich dann anschließende kumulative Beschreibung der Anforderungen für ein verbundenes Geschäft ergebe sich eine inhaltliche Überarbeitung durch die Beklagte, die einen Wegfall dieser Schutzwirkung zur Folge habe.

Die Kläger beantragten:

1. Es wird festgestellt, dass die Darlehensverträge Nummer 01 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0111) vom 13.04./04.05.2006 und Nummer 02 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0222) vom 11.05.2006 durch Rechtsanwaltsschreiben vom 25.08.2014 rechtswirksam widerrufen worden sind.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Darlehensverträge Nummer 01 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0111) vom 13.04704.05.2006 und Nummer 02 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0222) vom 11.05.2006 mit Stichtag zum 27.08.2014 unter Berücksichtigung eines Zinsanspruchs der Kläger auf alle von Ihnen gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz abzurechnen und den Klägern Auskunft über die auf beide Darlehensverträge zurückzuzahlende Darlehensvaluta zu erteilen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern den Schaden zu ersetzen, der sich aus der Weigerung gemäß Schreiben der Beklagten vom 17.09.2014, ein Widerrufsrecht für die Darlehensverträge Nummer 01 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0111) vom 13.04704.05.2006 und Nummer 02 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0222) vom 11.05.2006 anzuerkennen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.358,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass vorliegend von einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung auszugehen sei, da sich die von ihr verwendeten Widerrufsbelehrungen an dem Muster gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-lnfoV in der seinerzeit gültigen Fassung orientiert hätten.

Daneben macht die Beklagte geltend, dass die Widerrufserklärung der Kläger verfristet sei.

Des Weiteren beruft sich die Beklagte auf Verwirkung, nachdem die Kläger die Darlehensverträge selbst 8 Jahre durchgeführt hätten.

Das Landgericht hat die Klage durch Endurteil vom 04.02.2015 abgewiesen.

Vorliegend habe den Klägern kein Recht zum Widerruf der geschlossenen Darlehensverträge zugestanden.

Die Widerrufserklärung der Kläger im Jahr 2014 sei nicht mehr fristgerecht erfolgt.

Die Beklagte könne sich auf die Schutzwirkung des §14 Abs. 1 BGB-lnfoV berufen, da sie sich an der Musterbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-lnfoV in der bis zum 31.03.2008 gültigen Fassung orientiert habe. Die Beklagte sei daher so zu behandeln, als habe sie die Kläger ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt.

Es könne daher dahinstehen, ob den Klägern - wie die Beklagte meint - die Berufung auf das Widerrufsrecht nach Treu und Glauben versagt sei, nachdem diese 8 Jahre beide Verträge durchgeführt hätten.

Ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten könnten aufgrund fehlender Ansprüche in der Hauptsache nicht bestehen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Er verfolgt seine Anträge weiter.

Die Beklagte könne sich nicht auf die Schutzwirkung des § 14 I BGB-lnfoV (a. F.) berufen. Die Beklagte habe durch eigene redaktionelle, sachliche und sprachliche Änderungen in die amtliche Musterbelehrung eingegriffen bzw. diese in maßgeblicher Weise verändert. Des Weiteren seien auch die amtlichen Gestaltungshinweise nicht beachtet und die Widerrufsbelehrung zum Teil daher auch unrichtig erstellt worden.

Es sei den Klägern auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht verwehrt, sich auf die Widerruflichkeit der Darlehensverträge zu berufen. Vorliegend fehle es bereits an dem maßgeblichen „Umstandsmoment“, mithin also einem Vertrauenstatbestand auf Seiten der Beklagten. Die Beklagte sei als Unternehmerin auch nicht schutzwürdig.

Die Beklagte verteidigt das Ersturteil.

Die Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß gewesen. Im Übrigen sei das Widerrufsrecht verwirkt.

II. Die zulässige Berufung führt nach Auffassung des Senats nicht zum Erfolg. Die angegriffene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

1. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Kläger haben mit ihren jeweiligen Widerrufserklärungen vom 25.08.2014 weder den Darlehensvertrag Nummer 01 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0111) vom 13.04./04.05.2006 noch den Darlehensvertrag Nummer 02 (ursprüngliche Darlehensnummer: 0222) vom 11.05.2006 innerhalb der ihnen eingeräumten Widerrufsfrist von zwei Wochen und damit nicht wirksam i. S. d. §§ 495 Satz 1, 355 BGB widerrufen, weshalb das Vertragsverhältnis nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden ist. Den Klägern stand auch kein zeitlich unbefristetes Widerrufsrecht zu, weil die durch die Beklagte erteilte Widerrufsbelehrung im Ergebnis wirksam war, insbesondere die Beklagte sich auf die Schutzfunktion des § 14 Abs. 1 BGB-lnfoV berufen kann.

Zweifelhaft könnte zwar zunächst sein, ob die in der Widerrufsbelehrung verwendete Formulierung, „die Frist beginne frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH Urt. v. 10. März 2009 -XI ZR 33/08) zureichend war und dem in § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. enthaltenen Deutlichkeitsgebot genügte.

Denn eine Belehrung, die sich - wie hier - hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist auf die Aussage beschränkt, dass die Frist frühestens mit Erhalt dieser Belehrung beginnt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht in der erforderlichen Weise eindeutig und umfassend, weil die Verwendung des Wortes „frühestens“ es dem Verbraucher nicht ermöglicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen (BGH, Urt. v. 10. März 2009 -XI ZR 33/08, Urt. vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall haben die Kläger aber unbestritten die Darlehensverträge und die Widerrufsbelehrungen zeitgleich erhalten. Auch wurden die Widerrufsbelehrungen zu diesem Zeitpunkt von den Klägern unterschrieben. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt zu dem, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.03.2009 - XI ZR 33/08 - zugrunde lag. Dort lagen nämlich zwischen Vertragserstellung, Vertragsunterzeichnung und Widerrufsbelehrung mehrere Wochen.

Letztlich bedarf die vorstehend aufgeworfene Frage im vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung durch den Senat.

Geht man auch vorliegend davon aus, dass die Widerrufsbelehrung insoweit den Anforderungen des in § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. geregelten Deutlichkeitsgebots nicht genügt, so gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Folgendes:

Dieser Mangel steht einem Erlöschen des Widerrufsrechts nicht entgegen. Die erteilte Belehrung gilt vielmehr gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV als ordnungsgemäß. Nach dieser Bestimmung genügt die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a. F. und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in Textform verwandt wird (BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11). In diesem Fall kann sich der Verwender auf die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV berufen (BGH, Beschluss vom 20. November 2012 - II ZR 264/10).

Dass der Mustertext zum 01.04.2008 geändert wurde, hindert die Beklagte nicht, sich auf die Schutzwirkung zu berufen. Denn in § 16 BGB-InfoV - der Überleitungsregelung für die Muster gemäß § 14 BGB-InfoV - wurde geregelt, dass § 14 Abs. 1 BGB-InfoV auch auf solche Belehrungen über das Widerrufsrecht anzuwenden ist, die den bis zum 31.03.2008 geltenden Mustern entsprechen und dem Verbraucher vor dem 01.10.2008 in Textform mitgeteilt worden sind. Der Verordnungsgeber hat demnach die Gesetzlichkeitsfiktion an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft.

Im Ergebnis ohne Einfluss ist dabei die Tatsache, dass die Beklagte in beiden Darlehensverträgen teils gestalterisch, inhaltlich und sprachlich von dem amtlichen Muster des Jahres 2006 abweicht bzw. vorliegend unerhebliche Textpassagen einfügt.

Es handelt sich dabei um folgende „Abweichungen“:

a) Unter der Überschrift „Widerrufsrecht“ wird in der Klammer noch einmal die Vorgabe aus Ziffer 3 der Gestaltungshinweise wiederholt

b) Unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ werden die Vorgaben zum Ausfüllen der Musterbelehrung nicht umgesetzt. Denn gemäß Ziffer 9 der Gestaltungshinweise hätte bei dem finanzierten Erwerb eines Grundstücks Satz 2 der Musterbelehrung durch den entsprechenden Hinweis

„Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zur-Verfügung-Stellung von Darlehen hinaus geht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, in dem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußertes übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt“

ersetzt werden müssen. Stattdessen war, obwohl es sich hier um ein Grundstücksgeschäft handelt, Satz 2 zur Belehrung über das finanzierte Geschäft unverändert geblieben; der vorzitierte Satz 2, wie er bei den finanzierten Erwerb eines Grundstücks in der zitierten Form hätte übernommen werden müssen, war inhaltlich und redaktionell von der Beklagten völlig überarbeitet worden. Insbesondere wurde der amtliche Mustertext in die „Wir-Form“ abgeändert.

Anstatt der vorzitierten Vorgabe aus der Musterbelehrung formulierte die Beklagte diesen Satz wie folgt vollständig um:

„(...) Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstückes oder grundstückgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind oder wenn wir über die Zur-Verfügung-Stellung von Darlehen hinaus Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen machen, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen. (...)“

c) Die Belehrung der Beklagten wurde mit Fußnoten versehen:

Die Fußnote Ziffer „1“ wurde nach den Worten „Widerrufsbelehrung zu“ angebracht.

Eine zweite Fußnote wurde dann nach den Worten, die die Dauer der Widerrufsfrist („2 Wochen“) kennzeichnen, angebracht. In Erläuterung zu dieser Fußnote „2“ heißt es dort im unteren Bereich der Widerrufsbelehrung: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“.

d) Die Widerrufsbelehrungen enthalten über der Überschrift „Widerrufsrecht“ die Kopfzeile „Widerrufsbelehrung zu 1 Darlehen Nummer 0111 über nom. Euro 165.000,00“ bzw. „Widerrufsbelehrung zu 1 Darlehen Nummer 0222 über nom. Euro 75.000,00“.

e) Die Widerrufsbelehrungen enthalten am Ende, unmittelbar bevor die beiden Fußnoten erläutert werden, den Text:

„Hinweis: Jeder Verbraucher erhält ein Exemplar der Widerrufsbelehrung.“

f) Darüber hinaus belehrte die Beklagte auch noch über die Finanzierung einer Sache mittels Darlehensvertrag, obwohl es vorliegend unzweifelhaft um ein Grundstücksgeschäft ging.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a. F. grundsätzlich nur ein, wenn der Verwender ein Formular verwendet, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - XI ZR 156/08, ZIP 2009, 1512 Rn. 15; Urteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, ZIP 2010, 734 Rn. 20; Urteil vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, ZIP 2011, 178 Rn. 15 f.; Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, ZIP 2011, 572 Rn. 21; Urteil vom 1. März 2012 - III ZR 83/11, NZG 2012, 427 Rn. 17). Bei vollständiger Verwendung kann sich der Verwender auf die in § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a. F. geregelte Gesetzlichkeitsfiktion auch dann berufen, wenn das Muster fehlerhaft ist und den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a. F. an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht genügt (BGH, Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, BGHZ 194, 238 Rn. 14; Beschluss vom 20. November 2012 - II ZR 264/10, juris Rn. 6).

Entscheidend ist dabei, dass der Verwender den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei Abfassung der Belehrung nicht ersichtlich einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat.

Entgegen der Ansicht der Kläger verlangt der Bundesgerichtshof hierbei aber keine ausnahmslose und hundertprozentige deckungsgleiche Identität (Urteil vom 18.03.2014, Az. II ZR 109/13). Der Bundesgerichtshof hat aber festgelegt, dass die Widerrufsbelehrung keine anderen Belehrungen enthalten darf, etwa keine Zusätze oder Änderungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken (BGH, Urteil vom 09.11.2011, I ZR 123/10). Maßstab ist dabei, dass der mit dem Widerrufszweck bezweckte Schutz des Verbrauchers eine umfassende, unmissverständliche und eindeutige Belehrung erfordert (BGH Urteil vom 13.01.2009, Az. XI ZR 509/07, zit. nach juris Rz. 12: Urteil vom 10.03.2009, Az. XI ZR 33/08, zit. nach juris Rz. 14). Veränderungen oder Abweichungen hinsichtlich des Mustertextes sind nur dann schädlich im Hinblick auf die Gesetzlichkeitsfiktion, wenn es sich hierbei um sachliche sowie inhaltliche Abweichungen handelt (BGH, Beschluss vom 20.11.2012, Az. II ZR 264/10, Az. II ZR 109/13 = WM 2014, 887, 889, Rnl8 m. w. N.). Erst dann ist eine Berufung auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-lnfoV nicht möglich.

Die Widerrufsbelehrung der Beklagten hält diesen aufgestellten Grundsätzen stand. Sie hat den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei Abfassung der Belehrung nicht ersichtlich einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, insbesondere soweit es die entscheidenden Passagen betrifft.

Die vorgenommenen Abänderungen/Abweichungen in die übrigen Bereichen, das Einsetzen vorliegend unerheblicher Passagen oder die Ergänzungen führen nicht dazu, dass inhaltliche Abweichungen zu der Muster-Widerrufsbelehrung zu § 14 BGB-lnfoV bestehen. Den Klägern war es unschwer möglich, von der drucktechnisch deutlich gestalteten Widerrufsbelehrung Kenntnis zu nehmen. Die Beklagte kann sich daher auf die Regelung und damit auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 BGB-lnfoV berufen, wonach unwiderleglich von einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung auszugehen ist. Die Beklagte hat die Kläger ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt.

Im Übrigen gilt Folgendes:

Zu oben a): Der Text des Gestaltungshinweises 3 wurde wortgleich in der Widerrufsbelehrung aufgenommen. Er stellt daher keine inhaltliche Abweichung dar. Bei der Übernahme des Textes aus dem Gestaltungshinweis handelt es sich um keine inhaltliche Änderung der Widerrufsbelehrung. Der Text entspricht wörtlich dem Verordnungstext im Gestaltungshinweis 3. Das Muster sieht auch nicht vor, dass diese Angaben im Belehrungsmuster nicht enthalten sein dürfen. Zu berücksichtigen ist lediglich, dass durch diese Angabe keine Verwirrung des Verbrauchers entstehen darf oder die Deutlichkeit beeinträchtigt. Dies ist nicht der Fall. Bei der Aufnahme des Gestaltungshinweises 3 handelt es sich ersichtlich um einen verdeutlichenden Hinweis. Dieser Hinweis ist in einer Art und Weise gestaltet, die sich vom sonstigen Inhalt der Belehrung deutlich abgrenzt. Den Gestaltungshinweis 3 hat die Beklagte nicht nur in Klammern gesetzt, sondern anders als den übrigen Text innerhalb des Rahmens kursiv gedruckt. Damit ist auch für einen unbefangenen rechtsunkundigen Leser, auf den abzustellen ist (vgl. BGH NJW-RR 2005, 1217, 1218), ohne weiteres erkennbar gewesen, dass dieser Teil des Textes sich nicht an ihn unmittelbar richtet (vgl. z. B. OLG Schleswig-Holstein vom 23.02.2015, Az. 5 U 175/14; - dem Gericht zur Kenntnis beigefügt; LG Lübeck, Urteil vom 17.12.2014, Az. 3 O 76/14- ebenfalls in Kopie dem Gericht zur Kenntnis beigefügt-; LG-Nürnberg-Fürth, Urteil vom 27.10.2014 Az. 10 O 3952/14; LG Heidelberg Urteil vom 22.04.2015, Az. 2 O 284/14; LG Hanau, Urteil vom 23.04.2015, Az. 9 O 118/15; LG Aachen Urteil vom 19.02.2015; Az. l O 23/14;).

Zu oben b) und f); keine Abweichung durch die Angaben zu finanzierten Geschäften: Unbestritten handelte es sich im vorliegenden Fall um kein verbundenes Geschäft.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Ausführungen zu finanzierten Geschäften dem Willen des Gesetzgebers geschuldet sind. Danach hat die Widerrufsbelehrung grundsätzlich diesen Hinweistext zu enthalten, auch wenn kein Fall eines verbundenen Geschäfts vorliegt. Dies ergibt sich klar aus dem Gestaltungshinweis 9 des damaligen Musters, wonach diese Passage entfallen kann, wenn ein verbundenes Geschäft nicht vorliegt. Dies bedeutet, dass der Gesetzgeber grundsätzlich eine umfassende Belehrung für notwendig erachtet hat, dem Verwender jedoch freigestellt hat, auch auf diese Passage zu verzichten, wenn kein finanziertes Geschäft vorliegt. Liegt aber kein verbundenes Geschäft vor, so kann diese Passage keinerlei Wirkung entfalten, da sie schlicht gegenstandslos ist und für eine ordnungsgemäße Information des Verbrauchers über dessen Widerrufsrecht ohne Belang ist.

Durch die vorliegende Angabe zu den finanzierten Geschäften ergibt sich keine inhaltliche Abweichung zum Muster der BGB-lnfoV (OLG Bamberg Urteil vom 25.Juni 2012, Az. 4 U 262/11 OLG Frankfurt Urteil vom 07.07.2014, Az. 23 U 172/13 OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.02.2015, Az. 5 U 175/14).

Zu oben c) und d); keine inhaltliche Abweichung durch außerhalb der Widerrufsbelehrung befindliche Fußnote:

Bei der von den Klägern beanstandeten Fußnote handelt es sich um keine inhaltliche Bearbeitung der Widerrufsbelehrung, welche die Gesetzlichkeitsfiktion gem. § 14 BGB-lnfoV beseitigen würde.

Zunächst bedarf die den Klägern gegebene Widerrufsbelehrung einer objektiven Betrachtung:

In einem ersten Rahmen findet sich der deutliche 4,5 cm lange und 0,5 cm hohe Hinweis, um was es sich handelt, nämlich um eine Widerrufsbelehrung.

Es folgt ein zweites deutlich eingegrenztes Textfeld, in welchem klargestellt wird, an wen sich die Widerrufsbelehrung richtet.

Sodann erfolgt in einem dritten, mit deutlich dicker Umrahmung und grauer Unterlegung versehenen und abgegrenzten Abschnitt, die eigentliche Belehrung, welche inhaltlich in vollem Umfang dem Muster der Anlage 2 zu Art. 14 BGB-lnfoV entspricht. Diese Belehrung endet, wie dies auch die BGB-lnfoV vorsieht mit „Ihre ...“. Damit ist diese eigentliche Widerrufsbelehrung optisch so klar gestaltet, dass das Erscheinungsbild der Widerrufsbelehrung bei objektiver Betrachtungsweise von sonstigen Inhalten, etwa dem Anschriftenfeld, oder aber auch von Bearbeitungshinweisen klar und deutlich abgegrenzt ist.

Nach dieser Belehrung und deutlich außerhalb der Widerrufsbelehrung folgt der Hinweis, dass jeder Verbraucher ein Exemplar der Widerrufsbelehrung erhält. Dieser Hinweis ist erkennbar nicht mehr an den Verbraucher selbst gerichtet.

Am unteren Ende des Blattes finden sich dann zwei Fußnoten, die wiederum erkennbar nicht an den Darlehensnehmer gerichtet sind. Einmal handelt es sich um einen Ausfüllhinweis, um welches Geschäft es sich handeln soll und dann um die weiter von den Klägern beanstandete Fußnote, wonach die Frist im Einzelfall zu prüfen ist. Auch hierbei handelt sich unzweifelhaft um einen Ausfüllhinweis an den Sachbearbeiter.

aa) Ersichtlich handelt es sich bei der Angabe „Widerrufsbelehrung zu“ um keine inhaltliche Änderung des Musters. Wie sich in Anbetracht des Umstandes zeigt, dass die Kläger mehrere Darlehen bei der Beklagten abgeschlossen haben, kann nur durch einen entsprechenden Hinweis, zu welchem Vertrag diese Belehrung erteilt wurde eine konkrete Zuordnung sichergestellt werden. Dies führt aber in keiner Weise zu einer inhaltlichen Änderung der Widerrufsbelehrung (vgl. auch OLG Schleswig-Holstein, a. a. O. S. 8 unten).

bb) Entgegen der Ansicht der Kläger handelt es sich bei der von ihnen als irreführend bezeichnenden Fußnote mit der Zahl 2 um keine inhaltliche Änderung oder Abweichung zur Musterwiderrufsbelehrung.

Die klägerseits gerügte Fußnote nimmt auf den Inhalt der Widerrufsbelehrung keinerlei Einfluss. Dabei übersehen die Kläger überdies, dass auch in der Musterwiderrufsbelehrung der BGB-lnfoV ein Gestaltungshinweis mit einer in Klammern gestellten Fußnote hinter der dort in Klammer gesetzten Frist von zwei Wochen enthalten ist. Dort wurde als Ausfüllhinweis mitgeteilt, dass hier entsprechend eine Frist entweder von „zwei Wochen“ oder von „einem Monat“ eingetragen werden muss. Nichts anderes aber hat die Beklagte hier durch die hochgestellte Zahl 2 am Ende der Worte „zwei Wochen“ vorgenommen. Aus diesem Grund lässt sich schon bei rein formaler Betrachtungsweise keine Abweichung, geschweige denn eine inhaltliche Abweichung vom Verordnungsmuster entnehmen.

Zudem ist die Anmerkung „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“, wie die Kläger selbst einräumen, unterhalb der Widerrufsbelehrung angefügt und ist ersichtlich nicht mehr Bestandteil der Widerrufsbelehrung. Unbestritten wurde die Widerrufsfrist im Belehrungsteil ordnungsgemäß mit zwei Wochen angegeben. Zudem handelt es sich erkennbar um Bearbeitungshinweise, die an den Mitarbeiter der ... gerichtet sind. Dass dem so ist, zeigt sich eindeutig bereits aus dem über den Fußnotenverweisen, jedoch außerhalb des hervorgehobenen Belehrungsteils, enthaltenen Hinweis, wonach jeder Verbraucher ein Exemplar der Widerrufsbelehrung erhalten soll. Es bedarf keinerlei Ausführung, dass damit keine Aufforderung an einen Verbraucher verbunden ist, sich selbst eine Widerrufsbelehrung zu beschaffen. Gleiches ergibt sich auch aus der vorangehenden Fußnote 1, wonach das konkret betroffene Geschäft zu bezeichnen ist. Der Verbraucher darf davon ausgehen, dass diese konkrete Bezeichnung bereits vorgenommen wurde und nicht von ihm nachträglich noch einzufügen wäre. Dementsprechend war die Widerrufsbelehrung entsprechend der an den Mitarbeiter gerichteten Hinweise ordnungsgemäß ausgefüllt, so dass nicht ansatzweise ein Anlass für einen Verbraucher bestand, irgendeine Prüfung vorzunehmen. Ein Durchschnittsverbraucher, auf den vorliegend abzustellen ist (vgl. BGH NJW 2010, 989; OLG Bamberg WM 2013, 927), konnte und musste daher eindeutig erkennen, dass nicht er Adressat der Anmerkung der Fußnote ist.

Zu oben e): Der Hinweis, dass jeder Verbraucher ein Exemplar der Widerrufsbelehrung enthält, ist entgegen der Ausführung der Kläger nicht Gegenstand der Widerrufsbelehrung. Dieser Hinweis an den Sachbearbeiter findet sich klar außerhalb des deutlich eingerahmten und farblich markierten Widerrufsteils.

Somit hat die Beklagte die Kläger ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt. Aus diesem Grund ist das zweiwöchige Widerrufsrecht der Kläger erloschen.

Auf die Frage einer etwaigen Verwirkung des Widerspruchsrechts kommt es daher vorliegend nicht an.

2. Da der Senat dem Rechtsmittel aus den vorgenannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg beimisst, wird aus Kostengründen angeregt, die Berufung zurückzunehmen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 146/15 Verkündet am:
16. März 2016
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 312d, 355 Abs. 1 Satz 2 in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung;

a) Es ist dem freien Willen des Verbrauchers überlassen, ob und aus welchen Gründen
er von einem bei einem Fernabsatzgeschäft bestehenden Widerrufsrecht Gebrauch
macht.

b) Ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen Rechtsmissbrauchs oder unzulässiger
Rechtsausübung (§ 242 BGB) kommt nur ausnahmsweise - unter dem Gesichtspunkt
besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers - etwa bei arglistigem
oder schikanösem Verhalten des Verbrauchers in Betracht (Bestätigung und Fortführung
des Senatsurteils vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, BGHZ 183,
235 Rn. 17, 20).
BGH, Urteil vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15 - LG Rottweil
AG Rottweil
ECLI:DE:BGH:2016:160316UVIIIZR146.15.0

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. März 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Schneider, Dr. Bünger und Kosziol
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Rottweil vom 10. Juni 2015 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger bestellte am 14. Januar 2014 über die Website der Beklagten, die mit einer "Tiefpreisgarantie" warb, zwei Taschenfederkernmatratzen zum Preis von insgesamt 417,10 € (inklusive Lieferung). Die Matratzen wurden am 24. und 27. Januar 2014 ausgeliefert und vom Kläger bezahlt. In der Folgezeit bat der Kläger unter Hinweis auf ein günstigeres Angebot eines anderen Anbieters zum Preis von 192,06 € je Matratze (zuzüglich 10 € Versand) um Erstattung des von ihm errechneten Differenzbetrags in Höhe von 32,98 €, damit er von dem ihm als Verbraucher zustehenden Widerrufsrecht absehe.
2
Zu einer entsprechenden Einigung kam es nicht. Der Kläger widerrief den Kaufvertrag daraufhin mit E-Mail vom 2. Februar 2014 und sandte die Matratzen zurück. Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger habe widerrufen, um (unberechtigt) Forderungen aus der "Tiefpreisgarantie" durchzusetzen und sich damit rechtsmissbräuchlich verhalten.
3
Die auf Rückzahlung des Kaufpreises von 417,10 € nebst Zinsen gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Der vom Kläger erklärte Widerruf des Kaufvertrags sei wirksam, so dass ihm gegen die Beklagte der Zahlungsanspruch in Höhe von 417,10 € nebst Zinsen zustehe. Auf den Kaufvertrag fänden die §§ 312b, 312d, 355 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung in Verbindung mit § 346 BGB Anwendung. Es handele sich um einen Fernabsatzvertrag gemäß § 312b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB aF. Die formellen und materiellen Voraussetzungen des Widerrufs seien, was von den Parteien auch nicht in Zweifel gezogen werde, erfüllt.
7
Die Ausübung des Widerrufsrechts sei nicht aufgrund des mit der Einräumung eines Widerrufsrechts verfolgten Sinns und Zwecks ausgeschlossen.
Die Einräumung eines Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen beruhe auf der Erwägung, dass der Verbraucher vor dem Abschluss derartiger Verträge grundsätzlich keine Möglichkeit habe, das Erzeugnis zu sehen oder die Eigenschaften der Dienstleistung im Einzelnen zur Kenntnis zu nehmen. Darüber hinaus verfolge der Gesetzgeber das Ziel, den Verbraucher vor irreführenden und aggressiven Verkaufsmethoden im Fernabsatz zu schützen.
8
Von diesem Motiv des Gesetzgebers für die Einräumung eines Widerrufsrechts zu trennen sei jedoch die Frage, aus welchen Gründen der Verbraucher von einem ihm zustehenden Widerrufsrecht Gebrauch machen dürfe. Diesbezüglich habe der Gesetzgeber in § 355 BGB aF bewusst davon abgesehen , vom Verbraucher eine Begründung für den Widerruf zu verlangen. Hiermit hätten insbesondere auch spätere Diskussionen darüber vermieden werden sollen, ob eine vom Verbraucher gegebene Begründung für den Widerruf genügend sei oder nicht.
9
Sei der Verbraucher mithin nicht gehalten, vor Ausübung seines Widerrufsrechts eine Begründung anzugeben, so könne es ihm auch nicht zum Nachteil gereichen, wenn aus seinem übrigen Verhalten ein Motiv für die Ausübung des Widerrufs zutage trete, welches mit dem Sinn und Zweck der Einräumung des Widerrufsrechts nicht (vollständig) in Einklang zu bringen sei.
10
Dem vom Kläger erklärten Widerruf stehe auch nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Zwar könne der Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) grundsätzlich auch bei Ausübung des Widerrufsrechts gemäß § 355 BGB aF erhoben werden; insoweit seien jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Unter Abwägung sämtlicher Umstände des Falles erweise sich vorliegend die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger (noch) nicht als rechtsmissbräuchlich. Dass der Kläger mögliche Ansprüche aus der "Tiefpreisgarantie" der Beklagten habe durchsetzen wollen, könne für sich genommen nicht den Einwand unzulässiger Rechtsausübung begründen.
11
Etwas anderes folge hier auch nicht daraus, dass der Kläger die gleichen Matratzen nochmals bei einem anderen Anbieter zu einem günstigeren Kaufpreis bestellt habe. Dass der Kläger dann - unter Berufung auf die von der Beklagten abgegebene Tiefpreisgarantie - unter Hinweis auf das ihm zustehende Widerrufsrecht bei der Klägerin um Erstattung der Kaufpreisdifferenz nachgesucht und insoweit nach Ansicht der Beklagten weiter "Druck ausgeübt" habe, sei keine unzulässige Rechtsausübung.

II.


12
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen. Die Beklagte hat dem Kläger gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 1 Satz 1, § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit § 346 Abs. 1 BGB den Kaufpreis für die Matratzen zu erstatten, nachdem dieser den im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Vertrag wirksam widerrufen hat. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.
13
1. Auf den Kaufvertrag der Parteien finden, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, die vorgenannten Regelungen über das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung Anwendung. Dass der Kläger von seinem danach bestehenden Widerrufsrecht form- und fristgerecht Gebrauch gemacht hat, steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Insbesondere bedurfte der Widerruf keiner Begründung (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aF).
14
Aufgrund der Ausübung des Widerrufs ist der Kläger nicht mehr an seine auf Abschluss des Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung gebunden (§ 355 Abs. 1 Satz 1 BGB aF). Damit hat er Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises (§ 346 Abs. 1 BGB).
15
2. Ohne Erfolg rügt die Revision, dem Anspruch des Klägers stehe der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) entgegen, weil er das Widerrufsrecht in sachfremder Weise zur Durchsetzung vermeintlicher Ansprüche aus einer "Tiefpreisgarantie" der Beklagten eingesetzt habe.
16
a) Der Sinn des Widerrufsrechts beim Fernabsatzvertrag besteht darin, dem Verbraucher ein an keine materiellen Voraussetzungen gebundenes, einfach auszuübendes Recht zur einseitigen Loslösung vom Vertrag in die Hand zu geben (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, BGHZ 183, 235 Rn. 17 mwN). Nach der Rechtsprechung des Senats kommt ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen Rechtsmissbrauchs beziehungsweise unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) nur ausnahmsweise - unter dem Gesichtspunkt besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers - in Betracht, etwa bei arglistigem Verhalten des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer (Senatsurteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, aaO Rn. 20).
17
Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts zum Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit dem Widerruf ergeben sich aber keine Anhaltspunkte für ein arglistiges Verhalten des Klägers, etwa dass es ihm darauf angekommen wäre, die Beklagte zu schädigen oder zu schikanieren. Im Gegenteil hat der Kläger lediglich versucht, mit Hilfe der ihm zustehenden (Verbraucher-) Rechte für sich selbst günstigere Vertragsbedingungen auszuhandeln. Ein sol- ches Verhalten steht im Einklang mit den vorbezeichneten gesetzlichen Regelungen zum Widerrufsrecht des Verbrauchers.
18
Insbesondere ist es für die rechtliche Beurteilung ohne Bedeutung, ob der Kläger - wie die Revision geltend macht - die Nichtausübung des Widerrufs von der Gewährung eines nach der "Tiefpreisgarantie" der Beklagten nicht in voller Höhe berechtigten Nachlasses abhängig gemacht hat. Ebenso kommt es auch - anders als das Berufungsgericht offenbar meint - nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Kläger Matratzen bei einem weiteren Anbieter bestellt und dies zum Anlass von Nachverhandlungen mit der Beklagten genommen hat. Mit einem solchen Verhalten nutzt der Käufer schlicht zu seinem Vorteil das ihm eingeräumte und an keine weiteren Voraussetzungen gebundene Widerrufsrecht. Die Grenze zur Arglist oder Schikane ist dabei - offensichtlich - nicht überschritten.
19
b) Der Einwand der Revision, der Ausübung des Widerrufsrechts im vorliegenden Fall seien mit Rücksicht auf dessen (eingeschränkten) Schutzzweck nach § 242 BGB Schranken gesetzt, geht schon im Ansatz fehl. Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung beschränkt sich der Zweck des bei Fernabsatzgeschäften vorgesehenen Widerrufsrechts nicht darauf, dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, die Ware zu prüfen und bei Nichtgefallen zurückzugeben.
20
Denn das Gesetz knüpft die Ausübung des Widerrufsrechts - wie schon das Fehlen einer Begründungspflicht (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aF) zeigt - nicht an ein berechtigtes Interesse des Verbrauchers (etwa an das Nichtgefallen der Ware nach Überprüfung), sondern überlässt es allein seinem freien Willen, ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft. Nur dieses Verständnis wird dem oben genannten Sinn des Widerrufsrechts beim Fernab- satzvertrag, dem Verbraucher ein einfaches und effektives Recht zur Lösung von einem im Fernabsatzgeschäft geschlossenen Vertrag an die Hand zu geben , gerecht.
21
Dass ein Verbraucher - wie hier der Kläger - nach der Bestellung Preise vergleicht und mit dem Verkäufer darüber verhandelt, bei Zahlung einer Preisdifferenz vom Widerruf des Vertrages Abstand zu nehmen, ist lediglich eine Folge der sich aus dem grundsätzlich einschränkungslos gewährten Widerrufsrecht ergebenden Wettbewerbssituation. Diese darf der Verbraucher zu seinen Gunsten nutzen, ohne sich dem Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens auszusetzen. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider Dr. Bünger Kosziol
Vorinstanzen:
AG Rottweil, Entscheidung vom 30.10.2014 - 1 C 194/14 -
LG Rottweil, Entscheidung vom 10.06.2015 - 1 S 124/14 -

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,

1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags,
2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder
3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.

(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem am 05.06.2014 verkündeten Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 14 O 534/13 – wird zurückgewiesen.


1 2 3

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits jeweils zur Hälfte.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Die Parteien streiten über die Rückabwicklung zweier Darlehensverträge infolge der Ausübung eines Widerrufsrechts.
Die Kläger schlossen am 23.07.2007 zwei Darlehensverträge mit der Beklagten. Für diese war eine Zinsfestschreibung von 10 Jahren vorgesehen. Die den Klägern erteilten Widerrufsbelehrungen enthielten die Klausel: „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen2 ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. […]“ Darüber hinaus enthielten die Widerrufsbelehrungen einen Absatz zum Widerruf finanzierter Geschäfte, in welchem der Begriff der wirtschaftlichen Einheit von Darlehensvertrag und einem anderen Vertrag sowohl allgemein als auch mit Blick auf den finanzierten Erwerb eines Grundstücks definiert wurde. Der weitere Inhalt der Belehrungen kann den Anlagen K 1 und K 2 entnommen werden. Am 30.06.2014 kündigten die Kläger die beiden Darlehen gegenüber der Beklagten und bezahlten die von der Beklagten verlangte Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von insgesamt EUR 17.734,65 wozu sie ein Darlehen bei einem weiteren Kreditgeber aufnahmen. Am 14.08.2014 widerriefen die Kläger die Darlehensverträge durch anwaltliche Erklärung gegenüber der Beklagten, nachdem vorausgegangene Bemühungen um die Erwirkung einer Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung seitens der Beklagten ohne Erfolg geblieben waren.
Die Kläger tragen vor,
ihnen habe ein unbefristetes Widerrufsrecht zugestanden. Durch den Widerruf sei ein Rückgewährschuldverhältnis begründet worden, innerhalb dessen ihnen die gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurückzugewähren und die Nutzungen der entrichteten Darlehensraten in Gestalt von Zinsen herauszugeben seien. Weil die ihnen erteilten Widerrufsbelehrungen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hätten, sei die Frist zur Ausübung eines Widerrufsrechts nicht in Gang gesetzt worden und der Widerruf am 14.08.2014 sei wirksam gewesen. Die Beklagte könne sich nicht auf die Vermutungswirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. berufen, weil die Beklagte mit den von ihr verwendeten Belehrungsformularen in mehrfacher Hinsicht von dem Mustertext aus Anlage 2 der BGB-InfoV a.F. abgewichen sei und jede Abänderung des Musters die Richtigkeitsfiktion hindere.
Die Kläger beantragen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger EUR 22.485,56 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Prozentpunkten über Basiszins seit 01.09.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, die Kläger als Gesamtgläubiger von den außergerichtlichen Anwaltskosten über EUR 3.047,35 freizustellen.
3. Darüber hinaus wird die Beklagte verurteilt, die Kläger als Gesamtgläubiger von ihren Zinszahlungsverpflichtungen freizustellen, die den Klägern seit dem 01.07.2014 auf den Betrag von 17.734,65 berechnet werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Die Beklagte trägt vor,
der am 14.08.2014 erklärte Widerruf sei unwirksam, weil zu spät erklärt. Zwar hätten die von ihr verwendeten Widerrufsbelehrungen nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. entsprochen. Gleichwohl könne sie sich aber auf die Vermutungswirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. stützen, weil die von ihr gegenüber dem Mustertext vorgenommenen Änderungen lediglich stilistischer Art seien und zudem nur die Belehrung über die Widerrufsfolgen beträfen, nicht aber diejenige über das Widerrufsrecht als solches, auf die alleine es gem. § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. ankomme. Jedenfalls sei die Ausübung des Widerrufsrechts infolge der langen Zeit, die seit dem Abschluss der Darlehensverträge vergangen ist, rechtsmissbräuchlich. Es bestehe kein Zusammenhang mehr mit dem gesetzlichen Widerrufszweck des Übereilungsschutzes. Zudem hätten die Kläger ihr Widerrufsrecht aufgrund der langen Inanspruchnahme des Darlehens verwirkt.
11 
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Die Klage ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
I.
13 
Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch aus §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. §§ 355, 495 Abs. 1, 491 Abs. 1 BGB a.F. auf Rückzahlung der bereits entrichteten Vorfälligkeitsentschädigung und Nutzungsersatz.
14 
Auf die am 23.07.2007 geschlossenen streitgegenständlichen Darlehensverträge finden gem. Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB die Vorschriften des BGB und der BGB-InfoV in der im Jahre 2007 geltenden Fassung Anwendung.
15 
1. Den Klägern stand grundsätzlich ein Widerrufsrecht gem. §§ 495 Abs. 1, 491 BGB a.F. zu. Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.08.2014 haben sie eine Widerrufserklärung i.S.d. § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. abgegeben.
16 
2. Die Frist zur Abgabe der Widerrufserklärung war zu diesem Zeitpunkt nicht abgelaufen, weil die Widerrufsfrist infolge einer mangelhaften Widerrufsbelehrung nicht in Gang gesetzt worden war. Aus diesem Grund war das Widerrufsrecht auch nicht gem. § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. erloschen.
17 
a) Wie von der Beklagten nicht in Frage gestellt wird, genügte der in der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung enthaltene Satz „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“ nicht dem in § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. vorgeschriebenen Deutlichkeitsgebot (BGH III ZR 83/11, Rn. 15), weil die Formulierung „frühestens“ im Unklaren beließ, wann genau die Widerrufsfrist zu laufen beginnt.
18 
b) Die Richtigkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. streitet nicht zugunsten der Beklagten. Die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob jede Änderung des Musters in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. die volle Überprüfung eröffnet oder ob nur inhaltlich relevante Änderungen schaden, entscheidet das Gericht im Sinne der klägerischen Auffassung. Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung setzt die Frist nur in Gang, wenn sie dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH III ZR 252/11, Rn. 15). Indem die Beklagte Fußnoten in den Belehrungstext eingefügt und den Absatz zur Belehrung über die Widerrufsfolgen um einen Textbaustein zum finanzierten Erwerb eines Grundstücks unter Verwendung anderer Parteibezeichnungen als im Mustertext vorgesehen ergänzt hat, hat sie in den ihr zur Verfügung gestellten Mustertext eingegriffen. Um dem formalisierten Wesen der Musterbereitstellung Rechnung zu tragen und um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden, die der zum Zweck des Verbraucherschutzes angestrebten größtmöglichen Rechtsklarheit und Berechenbarkeit entgegenstünden, ist der Beklagten die Schutzwirkung der Musterbelehrung zu versagen.
19 
3. Gleichwohl hat der Widerruf nicht die Rückabwicklung der Darlehensverträge vom 23.07.2007 bewirkt.
20 
a) Allerdings stand dem Widerruf nicht die zuvor erklärte Kündigung der Darlehensverträge entgegen. Zwar kann durch Widerruf nur dann ein Rückgewährschuldverhältnis herbeigeführt werden, wenn zuvor noch ein Schuldverhältnis bestanden hat, was nach wirksamer Kündigung eigentlich nicht der Fall gewesen ist. Auf diese Weise verlöre aber auch der unzureichend belehrte Kreditnehmer sein gesetzlich eingeräumtes Widerrufsrecht, ohne zwischen Kündigung und Widerruf sachgerecht gewählt zu haben. Eine vorangegangene Kündigung steht dem Widerruf deshalb nur dann entgegen, wenn eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung vorangegangen ist und der Verbraucher im Zeitpunkt der Kündigung imstande ist, die ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten zu bewerten (BGH IV ZR 52/12, Rn. 24). Dies war hier nicht der Fall.
21 
b) Die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Kläger stellte jedoch eine unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) dar. Nach Würdigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalls kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Bereitstellung eines unbefristeten und von jedem Begründungszwang gelösten Widerrufsrechts hier durch keinerlei schützenswertes Interesse der Kläger gerechtfertigt wird und dass andererseits schützenswerte Interessen der Beklagten es erfordern, den Klägern die Möglichkeit, sich von dem Vertrag durch Widerruf zu lösen, zu versagen. Die Kläger hatten ein berechtigtes Vertrauen der Beklagten darauf geweckt, dass ein Widerruf der Darlehensverträge nicht mehr erfolgen würde.
22 
Die Parteien haben die Darlehensverträge über einen Zeitraum von fast sieben Jahren beiderseits erfüllt. Weder die Umstände des Vertragsschlusses, noch der Inhalt der Darlehensverträge oder des mit diesen finanzierten Geschäfts haben den Klägern zu irgendeinem Zeitpunkt Anlass zu Beanstandungen geboten. Das im Jahr 2007 in freier Entscheidung getroffene wirtschaftliche Kalkül, insbesondere die Eingehung einer Zinsbindung von zehnjähriger Dauer, ist im Jahr 2014 aus Gründen, die mit den vorerwähnten Verträgen nichts zu tun haben, nachträglich geändert worden. Die Kläger haben diese Änderung zunächst zum Anlass genommen, nach Einholung von Auskünften zur Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung die Darlehen zu kündigen und die Vorfälligkeitsentschädigung zu entrichten. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Kläger nach dem Inhalt der von der Beklagten bereitgestellten Widerrufsbelehrungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses durchaus imstande gewesen sind, zu erkennen, dass ihnen ein Widerrufsrecht zusteht und dass dessen Ausübung fristgebunden ist, mögen sie auch über Beginn und Ablauf der Frist keine zweifelsfreie Kenntnis erlangt haben. Durch die jahrelange widerspruchslose Abwicklung der Darlehensverträge haben die Kläger vor diesem Hintergrund das Vertrauen darauf geweckt, dass sie an dem geschlossenen Vertrag festhalten wollen und dementsprechend an einem Widerruf nicht interessiert sind (vgl. OLG Frankfurt 17 W 11/14, Rn. 15).
23 
Die langjährige vertragsgemäße Abwicklung der Darlehensverträge war auch mit Blick auf den Zweck des Widerrufsrechts im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen dazu geeignet, das Vertrauen der Beklagten in den Fortbestand der Verträge zu begründen. Das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen soll dem Verbraucher eine Frist zur Prüfung des von ihm eingegangenen Darlehensvertrages gewähren und ihn vor den Folgen eines übereilten Vertragsschlusses schützen (OLG Karlsruhe 12 U 151/12, Rn. 33). Erfüllt der Verbraucher über viele Jahre seine Vertragspflichten, obwohl er Kenntnis von der Existenz eines Widerrufsrechts hat, so spricht dies, wenn er später doch noch widerruft, ohne Hinzutreten weiterer Umstände eher dagegen, dass er seine frühere Vertragsschlussentscheidung im Rückblick für übereilt hält. Im vorliegenden Fall haben die Kläger sogar erkennen lassen, dass die Rückführung der Darlehen im Zusammenhang mit dem Verkauf des durch die Darlehen finanzierten Objekts stand. Dass die Ausübung des Widerrufsrechts nicht von einem Widerrufsgrund abhängt, heißt nicht, dass im Einzelfall tatsächliche Gesichtspunkte, die Aufschluss über die Motive des Widerrufenden geben können, nicht gewürdigt werden können.
II.
24 
Ein Anspruch der Kläger aus § 280 I BGB auf Freistellung von den außergerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren und von der Zinszahlungsverpflichtung im Rahmen der Finanzierung der Vorfälligkeitsentschädigung scheitert bereits daran, dass mangels Bestehens eines Rückgewährschuldverhältnisses in der Verweigerung der Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung und der Entrichtung von Nutzungsersatz keine Pflichtverletzung seitens der Beklagten erblickt werden kann.
III.
25 
Die Entscheidung über die Kosten richtet sich nach §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.
26 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 709 S. 1, 2 ZPO.

Gründe

 
12 
Die Klage ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
I.
13 
Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch aus §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. §§ 355, 495 Abs. 1, 491 Abs. 1 BGB a.F. auf Rückzahlung der bereits entrichteten Vorfälligkeitsentschädigung und Nutzungsersatz.
14 
Auf die am 23.07.2007 geschlossenen streitgegenständlichen Darlehensverträge finden gem. Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB die Vorschriften des BGB und der BGB-InfoV in der im Jahre 2007 geltenden Fassung Anwendung.
15 
1. Den Klägern stand grundsätzlich ein Widerrufsrecht gem. §§ 495 Abs. 1, 491 BGB a.F. zu. Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.08.2014 haben sie eine Widerrufserklärung i.S.d. § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. abgegeben.
16 
2. Die Frist zur Abgabe der Widerrufserklärung war zu diesem Zeitpunkt nicht abgelaufen, weil die Widerrufsfrist infolge einer mangelhaften Widerrufsbelehrung nicht in Gang gesetzt worden war. Aus diesem Grund war das Widerrufsrecht auch nicht gem. § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. erloschen.
17 
a) Wie von der Beklagten nicht in Frage gestellt wird, genügte der in der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung enthaltene Satz „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“ nicht dem in § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. vorgeschriebenen Deutlichkeitsgebot (BGH III ZR 83/11, Rn. 15), weil die Formulierung „frühestens“ im Unklaren beließ, wann genau die Widerrufsfrist zu laufen beginnt.
18 
b) Die Richtigkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. streitet nicht zugunsten der Beklagten. Die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob jede Änderung des Musters in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. die volle Überprüfung eröffnet oder ob nur inhaltlich relevante Änderungen schaden, entscheidet das Gericht im Sinne der klägerischen Auffassung. Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung setzt die Frist nur in Gang, wenn sie dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH III ZR 252/11, Rn. 15). Indem die Beklagte Fußnoten in den Belehrungstext eingefügt und den Absatz zur Belehrung über die Widerrufsfolgen um einen Textbaustein zum finanzierten Erwerb eines Grundstücks unter Verwendung anderer Parteibezeichnungen als im Mustertext vorgesehen ergänzt hat, hat sie in den ihr zur Verfügung gestellten Mustertext eingegriffen. Um dem formalisierten Wesen der Musterbereitstellung Rechnung zu tragen und um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden, die der zum Zweck des Verbraucherschutzes angestrebten größtmöglichen Rechtsklarheit und Berechenbarkeit entgegenstünden, ist der Beklagten die Schutzwirkung der Musterbelehrung zu versagen.
19 
3. Gleichwohl hat der Widerruf nicht die Rückabwicklung der Darlehensverträge vom 23.07.2007 bewirkt.
20 
a) Allerdings stand dem Widerruf nicht die zuvor erklärte Kündigung der Darlehensverträge entgegen. Zwar kann durch Widerruf nur dann ein Rückgewährschuldverhältnis herbeigeführt werden, wenn zuvor noch ein Schuldverhältnis bestanden hat, was nach wirksamer Kündigung eigentlich nicht der Fall gewesen ist. Auf diese Weise verlöre aber auch der unzureichend belehrte Kreditnehmer sein gesetzlich eingeräumtes Widerrufsrecht, ohne zwischen Kündigung und Widerruf sachgerecht gewählt zu haben. Eine vorangegangene Kündigung steht dem Widerruf deshalb nur dann entgegen, wenn eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung vorangegangen ist und der Verbraucher im Zeitpunkt der Kündigung imstande ist, die ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten zu bewerten (BGH IV ZR 52/12, Rn. 24). Dies war hier nicht der Fall.
21 
b) Die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Kläger stellte jedoch eine unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) dar. Nach Würdigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalls kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Bereitstellung eines unbefristeten und von jedem Begründungszwang gelösten Widerrufsrechts hier durch keinerlei schützenswertes Interesse der Kläger gerechtfertigt wird und dass andererseits schützenswerte Interessen der Beklagten es erfordern, den Klägern die Möglichkeit, sich von dem Vertrag durch Widerruf zu lösen, zu versagen. Die Kläger hatten ein berechtigtes Vertrauen der Beklagten darauf geweckt, dass ein Widerruf der Darlehensverträge nicht mehr erfolgen würde.
22 
Die Parteien haben die Darlehensverträge über einen Zeitraum von fast sieben Jahren beiderseits erfüllt. Weder die Umstände des Vertragsschlusses, noch der Inhalt der Darlehensverträge oder des mit diesen finanzierten Geschäfts haben den Klägern zu irgendeinem Zeitpunkt Anlass zu Beanstandungen geboten. Das im Jahr 2007 in freier Entscheidung getroffene wirtschaftliche Kalkül, insbesondere die Eingehung einer Zinsbindung von zehnjähriger Dauer, ist im Jahr 2014 aus Gründen, die mit den vorerwähnten Verträgen nichts zu tun haben, nachträglich geändert worden. Die Kläger haben diese Änderung zunächst zum Anlass genommen, nach Einholung von Auskünften zur Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung die Darlehen zu kündigen und die Vorfälligkeitsentschädigung zu entrichten. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Kläger nach dem Inhalt der von der Beklagten bereitgestellten Widerrufsbelehrungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses durchaus imstande gewesen sind, zu erkennen, dass ihnen ein Widerrufsrecht zusteht und dass dessen Ausübung fristgebunden ist, mögen sie auch über Beginn und Ablauf der Frist keine zweifelsfreie Kenntnis erlangt haben. Durch die jahrelange widerspruchslose Abwicklung der Darlehensverträge haben die Kläger vor diesem Hintergrund das Vertrauen darauf geweckt, dass sie an dem geschlossenen Vertrag festhalten wollen und dementsprechend an einem Widerruf nicht interessiert sind (vgl. OLG Frankfurt 17 W 11/14, Rn. 15).
23 
Die langjährige vertragsgemäße Abwicklung der Darlehensverträge war auch mit Blick auf den Zweck des Widerrufsrechts im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen dazu geeignet, das Vertrauen der Beklagten in den Fortbestand der Verträge zu begründen. Das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen soll dem Verbraucher eine Frist zur Prüfung des von ihm eingegangenen Darlehensvertrages gewähren und ihn vor den Folgen eines übereilten Vertragsschlusses schützen (OLG Karlsruhe 12 U 151/12, Rn. 33). Erfüllt der Verbraucher über viele Jahre seine Vertragspflichten, obwohl er Kenntnis von der Existenz eines Widerrufsrechts hat, so spricht dies, wenn er später doch noch widerruft, ohne Hinzutreten weiterer Umstände eher dagegen, dass er seine frühere Vertragsschlussentscheidung im Rückblick für übereilt hält. Im vorliegenden Fall haben die Kläger sogar erkennen lassen, dass die Rückführung der Darlehen im Zusammenhang mit dem Verkauf des durch die Darlehen finanzierten Objekts stand. Dass die Ausübung des Widerrufsrechts nicht von einem Widerrufsgrund abhängt, heißt nicht, dass im Einzelfall tatsächliche Gesichtspunkte, die Aufschluss über die Motive des Widerrufenden geben können, nicht gewürdigt werden können.
II.
24 
Ein Anspruch der Kläger aus § 280 I BGB auf Freistellung von den außergerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren und von der Zinszahlungsverpflichtung im Rahmen der Finanzierung der Vorfälligkeitsentschädigung scheitert bereits daran, dass mangels Bestehens eines Rückgewährschuldverhältnisses in der Verweigerung der Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung und der Entrichtung von Nutzungsersatz keine Pflichtverletzung seitens der Beklagten erblickt werden kann.
III.
25 
Die Entscheidung über die Kosten richtet sich nach §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.
26 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 709 S. 1, 2 ZPO.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.