Oberlandesgericht Hamm Hinweisschreiben, 23. März 2015 - 6 U 21/15
Gericht
Tenor
Es handelt sich um ein Hinweisschreiben.
1
beabsichtigt der Senat, die Berufung durch Beschluss gem. § 522 II ZPO zurückzuweisen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung; eine Entscheidung nach mündlicher Verhandlung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich. Es sind auch sonst keine Gründe vorhanden, die die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung geboten erscheinen lassen. Die Berufung verspricht offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, denn der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, dass sich der Unfall so, wie von ihm vorgetragen, ereignet hat. Insoweit wird – zur Vermeidung von Wiederholungen – auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Die mit der Berufungsbegründung vorgebrachten Einwendungen und Argumente rechtfertigen ein anderes Ergebnis nicht.
2Gem. § 513 I ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder dass die gem. § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Diese Voraussetzungen erfüllt der zweitinstanzliche Sachvortrag des Klägers nicht.
3a) Maßgeblich für die Abweisung der Klage ist die Feststellung des Landgerichts, dass die Schäden, die der Kläger mit seiner Klage geltend macht nicht durch das von ihm behauptete Unfallereignis entstanden sein können, weil sie sich technisch nicht mit der von ihm vorgetragenen Unfallschilderung in Einklang bringen lassen. Das ist in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, denn der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch nach den §§ 7 I, 17 I, 18 I StGB, 823 I BGB i. V. m. § 115 VVG setzt voraus, dass er die von ihm behauptete Verursachung des Schadens durch das vom Beklagten zu 1) gelenkte gegnerische Fahrzeug und das Ausmaß des dadurch entstandenen Schadens darlegt und – im Falle des Bestreitens – beweist. Vorliegend fehlt es bereits an einer schlüssigen Darlegung zu den zum behaupteten Unfall führenden Umständen und des dabei entstandenen Schadens, denn der erstinstanzlich beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. P hat nachvollziehbar festgestellt, dass die am Fahrzeug des Klägers vorgefundenen Schäden nicht durch das von Kläger dargestellte Unfallgeschehen ausgelöst worden sein können.
4Soweit der Kläger meint, es reiche für die Schlüssigkeit seines Vortrages aus, dass es überhaupt zu einem Kontakt zwischen den beiden am behaupteten Unfall beteiligten Fahrzeugen gekommen sei, was durch die höhenmäßige Übereinstimmung der „frischen“ Beschädigungen an seinem PKW mit den Spuren am Hecktrittbrett des gegnerischen Transporters belegt sei, kann dem nicht gefolgt werden.
5Zum einen belegt die höhenmäßige Übereinstimmung der Schadensspuren am Fahrzeug des Klägers mit den Beschädigungen am Trittbrett des gegnerischen Transporters nicht, dass es zu der vom Kläger angegebenen Zeit an dem von ihm angegebenen Ort tatsächlich zur Berührung der beiden Fahrzeuge gekommen ist.
6Die Berührung kann vielmehr auch zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort stattgefunden haben.
7Außerdem belegt der Umstand, dass ein möglicher Kontakt zwischen beiden Fahrzeugen stattgefunden hat nicht, dass es auch zu der, dem geltend gemachten Anspruch zugrundeliegenden fahrlässigen Schadensverursachung durch den Beklagten zu 1) beim Ausparken aus einer Parklücke gekommen sein muss. Ein solcher Kontakt kann vielmehr auch dadurch zustande gekommen sein, dass der Kläger bewusst und zweckgerichtet mit gleichbleibender Geschwindigkeit am Heck des Transporters entlang geschrammt ist, um den streitgegenständlichen Schaden herbeizuführen.
8Es obliegt aber dem Kläger darzulegen und – infolge des Bestreitens der Gegenseite - zu beweisen, dass der streitgegenständliche Schaden gerade durch das von ihm dargestellte Unfallereignis herbeigeführt worden ist.
9b) Soweit sich der Kläger darauf beruft, erstinstanzlich eine unrichtige Sachdarstellung abgegeben zu haben, weil er das zeitlich erst nach der Kollision erfolgte Bremsmanöver versehentlich als zeitgleich mit der Kollision in Erinnerung gehabt habe, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden.
10Zum einen erscheint nicht nachvollziehbar, dass der Kläger das Bremsmanöver erst nach vollständigen Entlangschleifen an dem bei der Beklagten zu 2) versicherten Transporter eingeleitet haben will und nicht unmittelbar beim ersten Kontakt mit diesem. Eine derart verspätete Reaktion auf eine Kollision aus einer geringen Geschwindigkeit heraus, wie vom Kläger dargestellt, wäre ein starkes Indiz für einen absichtlich herbeigeführten Verkehrsunfall, weil es in erheblichem Widerspruch zu der auf eine Kollision auf einem Parkplatz zu erwartenden Reaktion steht.
11Zum anderen sind keine nachvollziehbaren Gründe dafür vorgetragen worden, warum sich der Kläger bei seiner Erinnerung an den Unfall geirrt haben sollte. Er hat sowohl in seiner Schadensanzeige an die Beklagte zu 2) vom 27.6.2013, als auch in seiner mündlichen Anhörung im Termin vor dem Landgericht am 19.3.2014 unmissverständlich dargelegt, dass er das Zurücksetzen des Beklagten zu 1) aus der Parklücke bemerkt und durch Bremsen und Ausweichen noch vergeblich versucht habe, die Kollision zu vermeiden. Mögliche Unsicherheiten beim Erfassen des Unfallgeschehens oder Erinnerungslücken lassen sich aus seinem Vortrag nicht entnehmen. Sie ergeben sich auch nicht aus der Natur des Unfallgeschehens selbst, denn angesichts der geringen gefahrenen Geschwindigkeiten kann davon ausgegangen werden, dass sich der Unfall nicht – wie der Kläger nach Erstellung des Sachverständigengutachtens hat vortragen lassen - in Sekundenbruchteilen ereignet hat, sondern dass der Kontakt zwischen beiden Fahrzeugen von seinem Beginn an bis zum Ende der Beschädigungen an der gesamten rechten Seite des Klägerfahrzeugs eine gewisse Zeit in Anspruch genommen hat, die konkrete Erinnerungen an das Unfallgeschehen zulässt.
12Hinzu kommt, dass durch das Ergebnis des Sachverständigengutachtens die Unfallversion des Klägers nicht nur hinsichtlich des von ihm behaupteten Bremsmanövers, sondern auch hinsichtlich des von ihm behaupteten Ausweichmanövers widerlegt ist. Danach kann der Schaden am Fahrzeug des Klägers nur dadurch zustandegekommen sein, dass der Kläger ungebremst und ohne Ausweichmanöver mit seiner gesamten rechten Fahrzeugseite an dem vom Beklagten zu 1) gefahrenen Transporter entlang gestriffen ist. Ein solches Schadensereignis lässt sich nicht nachvollziehbar mit der vom Kläger abgegebenen Darstellung eines fahrlässig herbeigeführten Unfalls durch den Beklagten zu 1) beim Ausparken aus einer Parklücke erklären, sondern spricht vielmehr dafür, dass bewusst auf ein Bremsen und Ausweichen verzichtet worden ist, um den Schaden am PKW des Klägers herbeizuführen, bzw. zu vergrößern.
13Unter diesen Umständen ist die Feststellung des Landgerichts, dass der geänderte Sachvortrag des Klägers nach Erstellung des Sachverständigengutachtens nicht glaubhaft ist, sondern lediglich dem Zweck dient, seinen Vortrag dem Ergebnis des Gutachtens anzupassen, nicht zu beanstanden. Da auch der Beklagte zu 1) die – im Ergebnis nicht zutreffende – ursprüngliche Unfallversion des Klägers im Wesentlichen bestätigt hat und weitere Zeugen für den behaupteten Unfall nicht vorhanden sind, muss davon ausgegangen werden, dass der Kläger auch in zweiter Instanz den ihm obliegenden Beweis für das dem geltend gemachten Anspruch zugrundeliegende Unfallereignis nicht wird erbringen können.
14Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17.04.2015.
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Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
- 1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder - 2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder - 3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.