Landgericht Frankenthal (Pfalz) Beschluss, 24. Nov. 2014 - 1 T 288/14
Gründe
I.
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Der Antragsteller und Beschwerdeführer ist Zahnarzt. Er war vom 23.01.1986 bis zu deren Tod am 14.07.2013 mit der Erblasserin verheiratet, die als Zahnarzthelferin in einer anderen Praxis beschäftigt war. Die Eheleute lebten im gesetzlichen Güterstand; die Ehe war kinderlos geblieben. Die Erblasserin hat zwei Geschwister, die Schwester P.V. und den Bruder R.B. Von den Eltern der Erblasserin lebt noch deren Mutter, G.B. Ein Testament ist nach eidesstattlicher Versicherung des Antragsstellers nicht vorhanden. Ein Erbschein ist bislang nicht beantragt und auch nicht erteilt. Der Antragssteller ging irrtümlich - ebenso wie die übrigen Angehörigen der Erblasserin - davon aus, er sei Alleinerbe geworden.
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Die Erblasserin hatte bei ihrer Schwester P.V. und deren Ehemann A.V. zu Lebzeiten Darlehen aufgenommen.
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Nach dem Tod der Erblasserin wurde der Antragsteller von der Schwester der Erblasserin und deren Ehemann als vermeintlicher Alleinerbe auf Darlehensrückzahlung in Höhe von 59.250 € in Anspruch genommen. Der Prozess wird vor dem Landgericht Frankenthal (Pfalz) unter dem Aktenzeichen 5 O 31/14 geführt. Das Verfahren ist im Hinblick auf die hier anhängige Beschwerde zum Ruhen gebracht worden.
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Der Antragsteller hat mit Erklärung vom 08.09.2014 seine Haftung auf den Nachlass beschränkt.
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Die Schwester sowie die Mutter der Erblasserin haben am 11.09.2014 vor dem Amtsgericht - Nachlassgericht - Speyer die Erbschaft ausgeschlagen.
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Der Antragsteller hat vorgetragen,
die Erblasserin habe die Darlehen ohne sein Wissen und ohne seine Billigung aufgenommen, da sie alle finanziellen Angelegenheiten geregelt habe, Er habe auch erst nach ihrem Tode Belege gefunden, wonach sie Schmuck zum Preis von ca. 110.000 € gekauft habe. Über dessen Verbleib wisse er nichts, außer, dass die Erblasserin im Mai 2013, als sie bereits schwer erkrankt war, den Sohn ihres Bruders habe, den Schmuckkoffer aus Krokoleder abzuholen und diesen ihrer Schwester, der Miterbin P.V., zu übergeben. Er sei von dem Tod seiner Ehefrau so in Mitleidenschaft gezogen worden, dass er seine Praxis habe schließen müssen. Im Interesse des Andenkens seiner Frau habe er mit deren Angehörigen eine vergleichsweise Regelung treffen wollen; dies sei allerdings nicht möglich gewesen. Er beantrage daher die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
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Das Amtsgericht hat den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss vom 30.09.2014 mangels Vorlage eines Erbscheines zurückgewiesen.
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Gegen diesen am 09.10.2014 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 21.10.2014.
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Der Antragsteller trägt vor,
er sei in jedem Fall Erbe geworden. Dies ergebe sich daraus, dass ein Testament nicht vorliege und er gesetzlicher Erbe sei. Lediglich die Miterben stünden noch nicht fest, da dies auch wegen der Ausschlagung unklar sei. Als Erben kämen noch der Sohn der P.V., der Bruder R.B. sowie dessen zwei Söhne J. und T.B. in Betracht. Der Nachlass sei überschuldet.
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Diesen Vortrag hat der Antragsteller am 23.10.2014 an Eides Statt versichert und die Protokolle über die Ausschlagungserklärungen der Schwester und Mutter der Erblasserin vorgelegt.
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Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie mit Beschluss vom 24.10.2014 der Kammer vorgelegt.
- 12
Mit Beschluss vom 10.11.2014 ist das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung auf die Kammer übertragen worden.
II.
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1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung der Insolvenzeröffnung ist gemäß §§ 6, 34 Abs. 1 InsO statthaft sowie gemäß § 569 ZPO form- und fristgemäß eingelegt. Der Antragsteller ist beschwerdeberechtigt.
- 14
2. Die Beschwerde ist unbegründet. Das Amtsgericht hat den Antrag zu Recht als zurückgewiesen, da die Erbfolge nach der Erblasserin derzeit ungeklärt und der Antragssteller keinen Erbschein vorgelegt hat. Zur Durchführung des Nachlassinsolvenzverfahrens wären hier umfangreiche weitere Ermittlungen hinsichtlich der übrigen Miterben erforderlich, die grundsätzlich seitens des Nachlassgerichts zu erfolgen haben.
- 15
Die Kammer erachtet daher, ebenso wie das Amtsgericht, die Vorlage eines Erbscheins als erforderlich. Soweit der Antragsteller diesen nicht zeitnah erlangen kann, kann er gemäß §§ 1960 ff BGB vor dem Nachlassgericht als sachnäherem Gericht die hier statthaften Behelfe der Nachlasssicherung oder der Nachlasspflegschaft beantragen.
- 16
3. Der Antragsteller ist, was er auch glaubhaft gemacht hat, zumindest Miterbe nach gesetzlicher Erbfolge zu 3/4, sofern kein Testament mehr aufgefunden wird. Nach dem Wortlaut des § 317 Abs. 1 InsO ist er damit grundsätzlich antragsberechtigt.
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Die Ehefrau war Miteigentümerin zu 1/2 am gemeinsamen Einfamilienhaus, das beim Erwerb einen Verkehrswert von 561.000 DM hatte. Das Haus ist mit Grundschulden von 360.000 € belastet, die voll valutiert sind. Nach Vortrag des Antragstellers herrscht Renovierungsstau, so dass der Verkehrswert die Belastung nicht erreicht. Der Koffer mit wertvollem Schmuck ist zu Lebzeiten der Erblasserin an die Schwester übergeben worden; weiteren Schmuck hat der Antragssteller nicht vorgefunden. Das Fahrzeug der Erblasserin hat wohl einen Wert zwischen 3.000 € und 4.000 €. Auf dem Girokonto waren 7.178,59 € vorhanden, von dem Beerdigungskosten in Höhe von 4.244 € abgegangen sind. Gegen den Antragsteller als vermeintlichen Alleinerben Werden aktuell 59.250 € eingeklagt, weshalb eine Überschuldung glaubhaft gemacht ist.
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4. Im vorliegenden Fall erachtet die Kammer, ebenso das Insolvenzgericht, zur Zulässigkeit des Antrags die Vorlage eines Erbscheins als erforderlich.
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4.1 Teilweise wird vertreten, zur Zulässigkeit des Antrags nach S 317 InsO sei die Vorlage eines Erbscheins nicht erforderlich (Münch-Komm. zur InsO/Siegmann, 3. Aufl. 2014, § 317 Rn 2). Gegen das Erfordernis einer Vorlage des Erbscheins spricht hier, dass der Erblasser, so lange kein Testament aufgefunden ist, nach gesetzlicher Erbfolge Miterbe ist. Auch ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift S 317 InsO nicht, dass hier ein Erbschein vorgelegt werden muss.
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4.2 Nach anderer Auffassung obliegt im Vorprüfungsverfahren als Zulässigkeitsvoraussetzung der Nachweis der Erbenstellung dem Antragsteller. Eine Amtsermittlungspflicht des Insolvenzgerichts besteht insoweit nicht, weshalb zum Nachweis der Erbenstellung die Vorlage eines Erbscheins für erforderlich gehalten wird (Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht/Böhm, 4. Aufl. 2012, S 317 InsO Rn 2; LG Köln, ZInsO 2003, 720; Uhlenbruck, InsO-Komm., 13. Aufl., Lüer, S 317 Rn 2;).
- 21
Seitens des Bundesgerichtshofs ist diese Frage bislang ausdrücklich offengelassen worden (BGH, ZEV, S. 544).
- 22
4.3 Die Kammer erachtet im vorliegenden Verfahren die Vorlage eines Erbscheins für erforderlich. Die Erbfolge nach der Erblasserin ist derzeit ungeklärt und lässt sich auch nicht mit einfachen Mitteln klären.
- 23
Bei dem Nachlassinsolvenzantrag nur eines Miterben gem. S 317 InsO sind seitens des Insolvenzgerichts auch die anderen Miterben zu hören und zu beteiligen.
- 24
Im vorliegenden Fall wäre das Insolvenzgericht gehalten, hier umfangreiche Ermittlungen zur Erbenstellung der möglichen Beteiligten anzustellen, die üblicherweise durch das sachnähere Nachlassgericht in einer anderen Verfahrensart oder in der Zivilgerichtsbarkeit zu klären sind. Zu klären ist hier die Wirksamkeit der Ausschlagung und das etwaige Nachrücken von Abkömmlingen, die dann möglicherweise ihrerseits die Erbschaft ausschlagen würden. Zwar besteht gemäß § 10 InsO auch die Möglichkeit, von einer Anhörung ausnahmsweise abzusehen. Dies setzt aber voraus, die Anzuhörenden zumindest bekannt sind, Hier müssen die Beteiligten erst ermittelt werden.
- 25
Gemäß §§ 1371, 1931 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Antragsteller Miterbe zu 3/4, soweit ein Testament nicht aufgefunden wird.
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Die Mutter der Erblasserin als überlebendes Elternteil ist nach S 1925 Abs. 1, Abs. 2 BGB als Erbin zweiter Ordnung deshalb grundsätzlich Miterbin zu 1/4. Diese hat aber mit Erklärung vom 11.09.2014 die Erbschaft ausgeschlagen, was bei Wirksamkeit der Ausschlagung dazu führen würde, dass gem. § 1953 BGB ihre Kinder, die Geschwister der Erblasserin P.V. und R.B. Miterben zu 1/8 wären.
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Die Schwester P.V. hat mit Erklärung vom 11.09.2014 ebenfalls die Erbschaft ausgeschlagen. Bei Wirksamkeit der Ausschlagung wäre daher ihr Sohn M. Miterbe zu 1/8. Der Bruder, der ebenfalls zwei Söhne hat, hat sich bislang nicht geäußert.
- 28
Die Wirksamkeit dieser Ausschlagungen ist nach Auffassung der Kammer zweifelhaft und erfordert weitere Aufklärung.
- 29
Die Ausschlagung kann nach § 1944 Abs. 1 BGB grundsätzlich nur binnen sechs Wochen erfolgen. Der Erbfall ist am 14.07.2013 eingetreten, die Erklärungen sind am 11.09.2014 abgegeben, über ein Jahr seit dem Anfall der Erbschaft. Die Frist beginnt grundsätzlich mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grunde der Berufung Kenntnis erlangt. Dies ist wiederum schwierig zu beurteilen. Grundsätzlich ist positive Kenntnis von Erbfall und Berufungsgrund erforderlich gemäß § 1942 Abs. 2 BGB. Dass hier die Ausschlagenden keine Kenntnis vom Erbfall hatten, ist abwegig, da es sich um Mutter und Schwester handelte.
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Bei dem Berufungsgrund gesetzliche Erbfolge, wie im vorliegenden Fall, muss sich die Kenntnis auf die Verwandtschaft erstrecken (Münch-Komm. zum BGB/Leipold, 6. Auf., § 1944 Rn 9). Auch das ist hier unproblematisch; die Beteiligten waren lediglich im Rechtsirrtum. Im Übrigen war die Schwester, wie sich aus der Klageschrift vom 03.06.2014 in dem Prozess vor dem Landgericht Frankenthal (Pfalz) Az.: 5 O 31/14 ergibt, anwaltlich vertreten. Es wäre deshalb zu prüfen, inwieweit ein Rechtsirrtum vorliegt und wie dieser zugerechnet wird.
- 31
Hierzu sind nach Auffassung der Kammer weitergehende Ermittlungen nötig, die richtigerweise durch das sachnähere Nachlassgericht im Erbscheinverfahren aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes nach den Vorschriften des FamFG und nicht durch das Insolvenzgericht zu führen sind. Die Kammer erachtet daher, ebenfalls wie das Insolvenzgericht, die Vorlage des Erbscheins für erforderlich.
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5. Der Erbschein gibt Auskunft über das Erbrecht und, wenn mehrere Erben vorhanden sind, über die Höhe der Erbquote und entfaltet im Rechtsverkehr umfassende Wirkungen, § 2365 BGB.
- 33
Die Vorlage eines Erbscheins ist auch gegenüber anderen Behörden, Ämtern und Gerichtsbarkeiten teilweise zwingend erforderlich. Dies gilt gegenüber dem Grundbuchamt gemäß S 35 GBO und dem Handelsregister gemäß S 12 Abs. 1 S 3 HGB. Gegenüber Steuer- und Finanzbehörden sowie anderen Gerichtsbarkeiten mit Ausnahme des Betreuungs- und Familiengerichts gilt ebenfalls eine Bindungs- bzw. gesetzliche Vermutungswirkung des Erbscheins.
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Dies muss nach Auffassung der Kammer bei einem Insolvenzantrag zumindest dann gelten, wenn wie im vorliegenden Fall die gesetzliche Erbfolge durch zweifelhafte Ausschlagungen unsicher ist und durch den bereits eingeleiteten Prozess eine streitige Auseinandersetzung zu erwarten ist, da das Insolvenzgericht nicht die Aufgabe hat, die Erbenstellung zu klären (Staudinger/Herzog, BGB - Neubearbeitung 2010, § 2365 BGB, Rn 42).
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Der Antragssteller wird durch das Erfordernis der Vorlage eines Erbscheins auch nicht rechtlos gestellt.
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Die Kammer verkennt nicht, dass die Erteilung eines Erbscheins bei zweifelhafter Erbfolge, die wie hier z.B. durch unsichere Ausschlagungen bedingt ist, längere Zeit in Anspruch nehmen kann. Der Nachlass muss auch gesichert werden, ebenso müssen Verbindlichkeiten bedient werden. Der Antragsteller hat im Prozess vor dem Landgericht seine Haftung schon auf den Nachlass beschränkt. Um den Nachlass bei unsicherer Erbfolge zu sichern, sieht das Gesetz die Nachlasspflegschaft vor, die bei den Amtsgerichten als Nachlassgerichten beantragt werden kann. Der Erbe und Antragsteller hat die Möglichkeit, einen Antrag auf Nachlasssicherung und Bestellung eines durch Nachlasspflegers zu stellen, §§ 1960, 1961 BGB.
- 37
Gemäß § 1960 BGB besteht hier ein Bedürfnis an der Nachlasssicherung bis zur Annahme der Erbschaft. Die ungewisse Annahme der Erbschaft ergibt sich hier schon daraus, dass der Lauf der Ausschlagungsfrist oder die Wirksamkeit der Ausschlagung zweifelhaft sind (Münch-Komm. zum BGB/Leipold, § 1960 Rn 9; BGH ZEV 2011, S. 544; Palandt/Weidlich, Komm. zum BGB, 72. Aufl., § 1960 Rn 7). Damit kann der Antragssteller den Nachlass sichern lassen und durch das Nachlassgericht als primär zuständigem Gericht die Erbfolge klären lassen.
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6. Die Rechtsbeschwerde wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zur Fortbildung des Rechts zugelassen gem. S 4 InsO i.V.m. 574 Abs. 2, Abs. 3 ZPO. Es ist in der Literatur umstritten und höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob bei Antragsstellung gem. § 317 InsO die Vorlage eines Erbscheins erforderlich ist.
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Urteil einreichenLandgericht Frankenthal (Pfalz) Beschluss, 24. Nov. 2014 - 1 T 288/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
Tenor
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger ein Schmerzensgeld i.H.v. 60.000 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.03.2013 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen materiellen Schaden und den weiteren nicht vorhersehbaren immateriellen Schaden aus der Behandlung vom 20.05.2010 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 2028,36 € für vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.11.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen nach einem Gegenstandswert von 101.000 € der Kläger zu 40 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 60 %.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der jeweils beizutreibenden Beträge vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger begehrt von den Beklagten Schmerzensgeld und Feststellung der weiteren Eintrittspflicht aus Anlass einer ärztlichen Behandlung vom 20. – 27. 5.2010.
3Der am 10.1.1998 geborene Kläger erlitt am 19.5.2010 auf dem Schulhof während der Pause beim Spielen eine Verletzung des rechten Ellenbogens.
4Aus diesem Grunde begab er sich am 20.5.2010 zu dem als Durchgangsarzt tätigen Beklagten zu 1) in das X-Krankenhaus O1, deren Trägerin die Beklagte zu 2) ist. Der Beklagte zu 1) fertigte Röntgenbilder beider Ellenbogen in zwei Ebenen mit dem Ergebnis, dass kein sicherer Frakturhinweis bestehe. Darüber hinaus untersuchte er den Kläger klinisch und sonographisch. Auf der Grundlage seiner Untersuchungen stellte er die Diagnose einer Verstauchung bzw. einer Zerrung des rechten Ellenbogens. Es wurde dem Kläger ein Heparin-Salbenverband mit elastischer Wickelung angelegt; darüber hinaus wurden ihm zur Schmerzlinderung vier Tabletten Paracetamol mitgegeben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Durchgangsarztbericht vom 20.5.2010 Bezug genommen.
5Für den 27.05.2010 dokumentierte der Beklagte zu 1), dass keine Schwellung und eine freie Funktion des Ellenbogens beim Kläger bestehe. Der Kläger wurde aus der ambulanten Behandlung entlassen und das berufsgenossenschaftliche Verfahren wurde abgeschlossen.
6Am 10.8.2011 stellten die Eltern den Kläger in der Orthopädischen Klinik O2 vor, weil er seinen rechten Arm nicht vollständig Durchstrecken konnte. Bei der dortigen ärztlichen Untersuchung wurde eine in Fehlstellung verheilte Ellenbogenfraktur mit Deformierung des Radiuskopfes diagnostiziert. Es wurden ein Wachstumsfugenverschluss, eine Korrekturosteotomie und Radiusverkürzung mit anschließender Osteosynthese angeraten, alternativ wurde eine Radiusköpfchenresektion empfohlen.
7Daraufhin stellten die Eltern des Klägers ihr Kind in der Abteilung für Kinderorthopädie der Y-Klinik O3 am 31.8.2011 und in der orthopädischen Abteilung der Y-Klinik O4 am 8.9.2011 vor.
8In der Zeit vom 27. bis 29.3.2012 ließ sich der Kläger stationär im Z-Kinderkrankenhaus O5 behandeln, wo am 28.3.2012 eine Ulnaverkürzungsosteotomie mit Plattenosteosynthese am rechten Ellenbogen durchgeführt wurde.
9Ein Jahr später am 27.3.2013 fand in dem vorgenannten Kinderkrankenhaus die Metallentfernung im Rahmen eines dreitägigen stationären Aufenthaltes statt.
10Vom 15. bis 18.4.2014 wurde der Kläger erneut im Z-Kinderkrankenhaus stationär behandelt, wo er sich einer Radiusköpfchenresektion mit Kapsel-Bandplastik und Epiphysiodese der distalen Ulna rechts unterzog.
11Am 17.11.2014 fand im vorgenannten Krankenhaus eine Funktionskontrolle des rechten Ellenbogengelenkes beim Kläger statt. Eine Abschlusskontrolle im 18. Lebensjahr wurde vereinbart.
12Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben die hinter den Beklagten stehende Haftpflichtversicherung vergeblich schriftlich zur Anerkennung ihrer Einstandspflicht bis zum 28.2.2013 aufgefordert.
13Der Kläger hat der A den Streit verkündet mit der Aufforderung auf seiner Seite dem Rechtsstreit beizutreten. Ein Beitritt ist nicht erfolgt.
14Der Kläger nimmt die Beklagten mit dem Vorwurf in Anspruch, der Beklagte zu 1) habe bei der Erstuntersuchung die Fraktur des Radiusköpfchens mit Beteiligung der Wachstumsfuge fehlerhaft auf dem Röntgenbild vom 20.5.2010 nicht erkannt. Er habe es zudem unterlassen, auf die eindeutigen Anzeichen einer Fraktur zu reagieren und den Kläger fehlerhaft nur mit einem Salbenverband behandelt. Zumindest aber sei der Beklagte zu 1) verpflichtet gewesen, ihn (den Kläger) zur Durchführung von Kontrolluntersuchungen bzw. einer Nachuntersuchung einzubestellen, was der Beklagte zu 1) jedoch ebenfalls pflichtwidrig unterlassen habe. Eine Wiedervorstellung habe nicht stattgefunden, auch nicht am 27.5.2010.
15Der Kläger vertritt zudem die Ansicht, die Beklagten seien passivlegitimiert, da ein D- Arzt bei der ärztlichen Erstversorgung eines Unfallverletzten nicht in Ausübung eines öffentlichen Amtes handele.
16Weiter behauptet der Kläger, durch das Übersehen der Fraktur sei diese in Fehlstellung verheilt. Aufgrund der fehlerhaften ärztlichen Behandlung habe er sich bisher drei Korrekturoperationen unterziehen müssen. Die Bewegung seines rechten Armes sei auf Dauer eingeschränkt; eine Minderung der Erwerbsfähigkeit auf Dauer sei i.H.v. 20 % festgestellt worden. Bis heute leide er unter massiven funktionellen Bewegungseinschränkungen des rechten Ellenbogengelenkes, insbesondere einer deutlichen Einschränkung der Umwendbewegung des rechten Unterarmes sowie mäßiger Einschränkung der Beuge- und Streckfähigkeit des rechten Armes, Kraft-und Belastungsminderung sowie Verschleißschäden. Am rechten Handgelenk seien Operationsnarben verblieben. Zudem stehe noch nicht fest ob verbliebene Schrauben im rechten Handgelenk operativ entfernt werden müssten.
17Durch die Folgen der Fehlbehandlung sei er in seinem Berufswunsch stark eingeschränkt. Seinen ursprünglichen Berufswunsch Polizist habe er verwerfen müssen. Auch die Ausübung eines handwerklichen Berufes scheide für ihn aufgrund der eingetretenen Gesundheitsbeeinträchtigungen aus. Darüber hinaus sei er im Bereich Sport und Freizeit erheblich eingeschränkt und dadurch von gemeinsamen Aktivitäten mit Gleichaltrigen teilweise ausgeschlossen.
18Angesichts seiner Beeinträchtigungen hält der Kläger ein Schmerzensgeld von 100.000 EUR für angemessen.
19Ferner behauptet der Kläger, die Behandlung und die Entwicklung der Schäden seien nicht abgeschlossen, weshalb er ein Interesse an der Feststellung der grundsätzlichen Eintrittspflicht der Beklagten habe. Zur Einziehung der verauslagten vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren sei er durch die Rechtsschutzversicherung ermächtigt.
20Der Kläger beantragt,
21- 22
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch i.H.v. 100.000 EUR, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1.3.2013 zu zahlen;
- 23
2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm allen materiellen Schaden und den weiteren nicht vorhersehbaren immateriellen Schaden aus der Behandlung vom 20.5.2010 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden;
- 24
3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 2924,07 EUR für vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
26die Klage abzuweisen.
27Sie bestreiten zunächst ihre Passivlegitimation und vertreten in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass es sich bei der Diagnostik eines Unfallverletzten durch den Durchgangsarzt um eine ausschließlich originär öffentlich-rechtliche Tätigkeit handele. Die durch den Beklagten zu 1) vorgenommene Diagnostik sei untrennbar mit der Frage der Notwendigkeit einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung verknüpft gewesen. Sie sei der Frage im Hinblick auf das „Ob“ einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung zwingend vorgeschaltet und stelle einen wesentlichen Bestandteil der berufsgenossenschaftlichen Aufgabenzuweisung dar. Der Kläger rüge ausdrücklich ein diagnostisches Versäumnis innerhalb dieses öffentlich-rechtlichen Pflichtenkreises des Durchgangsarztes. Eine vertragliche oder deliktische Haftung der Beklagten zu 2) komme insoweit ebenfalls nicht in Betracht. Selbst im Falle der Annahme eines zivilrechtlichen Behandlungsverhältnisses mit dem Beklagten zu 1) scheide eine Passivlegitimation der Beklagten zu 2) aus, weil im Durchgangsarztbericht als nachbehandelnder Arzt ausschließlich der Beklagte zu 1) aufgeführt sei.
28Darüber hinaus behaupten die Beklagten, die ärztliche Diagnostik durch den Beklagten zu 1) sei lege artis erfolgt. Zu Recht habe dieser anhand der Röntgenbildgebung keinen sicheren Frakturhinweis gesehen und insoweit die Verdachtsdiagnose einer Verstauchung bzw. Zerrung des rechten Ellenbogens gestellt. Diese Diagnose sei in jedem Fall vertretbar gewesen.
29Auch das Vorgehen des Beklagten zu 1) im Rahmen der klinischen Kontrolle am 27.5.2010 weise keine Fehler auf, weil sich im Rahmen der Untersuchung keine Funktionsbeeinträchtigung mehr gezeigt habe.
30Die Beklagten bestreiten darüber hinaus die vom Kläger behaupteten körperlichen Beeinträchtigungen ebenso wie einen bestehenden Zusammenhang mit der Diagnostik des Beklagten zu 1). Etwaige bestehende Einschränkungen des rechten Ellenbogens seien dem Primärtrauma geschuldet. Dieses habe auch die späteren operativen Eingriffe erforderlich gemacht.
31Mit Nichtwissen bestreiten die Beklagten die vom Kläger behaupteten Berufswünsche.
32Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
33Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen fachorthopädisch-unfallchirurgischen Gutachtens des Sachverständigen Dr. P1. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 19.5.2015 (Bl. 91 ff. der Akten) Bezug genommen. Ferner hat der Sachverständige sein Gutachten mündlich erläutert. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23.02.2016 (Bl. 181 ff. der Akten) verwiesen.
34Entscheidungsgründe
35I.
36Die zulässige Klage ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme teilweise begründet.
37Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Schmerzensgeld und Feststellung der Schadensersatzpflicht aus Vertrag nach §§ 611, 630 a, 280 Abs. 1 BGB oder aus deliktischer Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB jeweils i.V.m. § 253 Abs. 2 BGB zu.
381.
39Die Beklagten sind passivlegitimiert.
40Nach ganz einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur handelt der Durchgangsarzt bei der ihm gemäß § 34 Absatz ein SGB VII obliegenden Entscheidung, ob es erforderlich ist, eine besondere unfallmedizinische oder Berufskrankheiten-Versorgung einzuleiten, öffentlich-rechtlich. Insoweit erfüllt er nämlich eine der Berufsgenossenschaft obliegende Pflicht.
41Zwar ist den Beklagten zuzubilligen, dass die am 20.5.2010 vom Beklagten zu 1) betriebene Röntgendiagnostik der öffentlich-rechtlichen Durchgangsarzttätigkeit zuzuordnen ist. Nach Ansicht der Kammer unterfiel sie jedoch zugleich aufgrund ihrer „doppelten Zielrichtung“ mit Blick auf die daraus abgeleitete und vom Kläger beanstandete ärztliche Erstversorgung auch dem Privatrecht. Diese Rechtsauffassung der Kammer steht im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung. So hat auch das Oberlandesgericht Hamm in einem vergleichbaren Fall die Auffassung vertreten, dass ein Durchgangsarzt für das Nichtbehandeln einer im Rahmen der D- Arzt- Untersuchung verkannten Fraktur privatrechtlich einzustehen habe (vergleiche OLG Hamm, Urteil vom 9.11.2009, 3 U 103/09, AHRS 0465/319). Dies entspricht im Übrigen auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (NJW 75, 589), der darauf hingewiesen hat, dass der Amtspflichtbereich für den nicht der Durchgangsarzt, sondern der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung haftet, eng sei und dass demgemäß der Durchgangsarzt auch für Fehler bei der Erstversorgung hafte.
42Soweit sich die Beklagten auf die u.a. vom OLG Schleswig vertretene Auffassung, die durchgangsärztliche (unzutreffende) Erstversorgung und eine Fehldiagnose mit der Folge einer hierauf beruhenden unsachgemäßen Behandlung sei dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzuordnen und die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sei überholt, bezogen haben, kann diese Ansicht nicht geteilt werden. Auch der Bundesgerichtshof ist in der Revisionsentscheidung vom 4.3.2008 (BGH VI ZR 101/07-juris) dem OLG Schleswig insoweit ausdrücklich nicht gefolgt.
43Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch die Beklagte zu 2) neben dem Beklagten zu 1) passivlegitimiert. Hieran ändert der Umstand nichts, dass der Beklagte zu 1) als nachbehandelnden Arzt unter Zeile 16 des Durchgangsarztberichtes sich selbst eingetragen hat. Denn die Eintragung des Beklagten zu 1) in dem vorgenannten Bericht ist dahingehend zu verstehen, dass er zwar als Ansprechpartner des Klägers fungieren, aber ihn in seiner Tätigkeit als Angestellter der Beklagten zu 2) behandeln wollte.
442.
45Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Klage teilweise begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Schmerzensgeld von 60.000,00 Euro aus Vertrag nach §§ 611, 630 a, 280 Abs. 1 BGB und aus Delikt gemäß §§ 823 Abs. 1, 831 BGB jeweils i.V.m. §§ 253 Abs. 2, 249 BGB zu.
46a)
47Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Behandlung des Klägers durch den Beklagten zu 1) fehlerhaft war.
48Nach der Bewertung des Sachverständigen Dr. P1 in einem Gutachten vom 19.05.2015 ist dem Beklagten zu 1) am 20.05.2010 ein fundamentaler Diagnoseirrtum unterlaufen. Denn es hätten sich im Rahmen der klinischen und sonographischen Untersuchung des Klägers durch den Beklagten zu 1) am 20.5.2010 erhebliche Weichteilverletzungen mit Schwellung und Hämatomverfärbung gezeigt. Zudem hätten sich auf den Röntgenbildern deutliche Zeichen der knöchernen Verletzung des Radiusköpfchens und eine Verletzung im Bereich des Capitulum humeri mit Beteiligung der Wachstumsfuge erkennen lassen. Zusätzlich sei als Hinweis für die erhebliche Schwere der Verletzung ein typisches FAT-PAD-Sign (Fettpolsterzeichen) sichtbar gewesen.
49Diese Schwere der Verletzung habe der Beklagte zu 1) in eklatanter Weise nicht erkannt und lediglich eine Verstauchung oder Zerrung des Ellenbogengelenkes diagnostiziert.
50Bei dieser Einschätzung eines groben Diagnosefehlers ist der Sachverständige auch im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens geblieben. Nachvollziehbar hat er dargelegt, dass sich bereits aufgrund der klinischen und sonographischen Untersuchung eine derartige Schwere der Weichteilverletzungen gezeigt habe, dass mit einer weitergehenden knöchernen Verletzung zu rechnen gewesen sei. Diese knöcherne Verletzung sei ganz eindeutig auch auf den Röntgenbildern erkennbar gewesen. Dass der Beklagte zu 1) gleichwohl lediglich von einer Verstauchung oder Zerrung des Ellenbogengelenkes ausgegangen sei, hat der Sachverständige als nicht nachvollziehbar gewertet. In der Gesamtschau der erhobenen Befunde, die Dr. P1 für primär ausreichend erachtet hat, hat der Sachverständige die Diagnose des Beklagten zu 1) als fundamentalen Diagnoseirrtum qualifiziert. Denn der Beklagte zu 1) habe sämtliche Anzeichen für die Schwere der stattgehabten Verletzung in eklatanter Weise verkannt.
51Dieser Bewertung schließt sich die Kammer nach eigener Überprüfung auch aus juristischer Sicht an. Gerade der Umstand, dass verschiedene Untersuchungen Befunde unterschiedlicher Art erbracht haben, die sämtlich die Schwere der Ellenbogenverletzung beim Kläger gezeigt haben, und der Beklagte zu 1) alle Anzeichen übersehen bzw. verkannt hat, lassen seinen Diagnoseirrtum besonders schwer erscheinen. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. P1 ist plausibel und widerspruchsfrei.
52b)
53Der Beklagte zu 1) kann sich auch nicht dadurch entlasten, dass die falsche Diagnostik - nach seiner Behauptung - auf einer Fehlinterpretation der Röntgenbilder in der radiologischen Abteilung beruht habe.
54Denn zum einen steht bereits nicht fest, dass eine Befundung der Röntgenbilder durch einen Radiologen überhaupt erfolgt ist, weil sich ein derartiger radiologischer Befund nicht bei den Behandlungsunterlagen befindet. Zum anderen hat der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Gutachtenerläuterung unmissverständlich darauf hingewiesen, dass der Diagnoseirrtum des Beklagten zu 1) nicht nur auf einer Fehlinterpretation der Röntgenbilder beruhe, sondern auch die in der klinischen und sonographischen Untersuchung erkennbaren erheblichen Weichteilverletzungen falsch eingeschätzt worden seien. Darüber hinaus hätte der Beklagte zu 1) nach den Ausführungen des Sachverständigen die Röntgenbilder ohnehin selbst ansehen und bewerten müssen, selbst wenn tatsächlich eine Befundung durch die radiologische Abteilung erfolgt sein sollte.
55Dieser gut nachvollziehbaren medizinischen Auffassung des Sachverständigen, an dessen Fachkunde keine Zweifel bestehen, schließt sich auch die Kammer aufgrund eigener Überzeugungsbildung an. Denn es lag kein Fall der horizontalen Arbeitsteilung vor, in welchem der Beklagte zu 1) auf die Bewertung der Röntgenbilder durch die Radiologen hätte vertrauen können und dürfen. Vielmehr musste der Beklagte zu 1) - wie Dr. P1 festgestellt hat - im Rahmen der fachgebundenen Röntgendiagnostik die angefertigten Aufnahmen in eigener Verantwortung und unter Berücksichtigung der sonstigen klinischen und sonographischen Befunde bewerten.
56c)
57Aufgrund seiner Fehldiagnose hat der Beklagte zu 1) den Kläger lediglich mit einem Heparin-Salbenverband und Schmerzmitteln behandelt, obwohl diese Behandlung angesichts der Schwere der Verletzung nach den Ausführungen des Sachverständigen aus medizinischer Sicht völlig unzureichend war. Nachvollziehbar hat Dr. P1 der Kammer erläutert, dass der rechte Arm des Klägers am 20.05.2010 in einem Oberarmgips mit Einschluss des Handgelenkes zwingend hätte ruhig gestellt werden müssen. Desweiteren hätten in den folgenden Tagen eine weitergehende bildgebende Diagnostik in Form einer MRT- Untersuchung veranlasst und gegebenenfalls eine Reposition und Stabilisierung durchgeführt werden müssen. Wäre die Behandlung des Klägers in dieser fachgerechten Weise durchgeführt worden, so wäre die Ellenbogenverletzung nach Einschätzung des Sachverständigen vermutlich dauerhaft und ohne Folgen ausgeheilt. Dadurch, dass der Beklagte zu 1) die notwendigen Ruhigstellungsmaßnahmen aufgrund seiner Fehldiagnose nicht ergriffen habe, habe sich die Fraktur weiter verschoben und sei in Fehlstellung verheilt.
58Dieser Bewertung des Sachverständigen steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte zu 1) für den 27.05.2010 „keine Schwellung und freie Funktion“ des rechten Ellenbogens in der Ambulanzkarte dokumentiert hat. Denn Dr. P1 hat auf Nachfrage der Kammer die dokumentierte freie Funktion des Gelenkes angesichts der Schwere der Ellenbogenverletzung für sehr unwahrscheinlich gehalten und sogar selbst die Frage aufgeworfen, ob der Beklagte zu 1) den Kläger an diesem Tag tatsächlich selbst gesehen und untersucht hat.
59Sämtliche konservativen und operativen Maßnahmen, die der Kläger in der Folgezeit an seinem rechten Arm hat durchführen lassen, sowie der eingetretene Dauerschaden beruhen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auf der mit der Fehldiagnose des Beklagten zu 1) einhergehenden unterbliebenen notwendigen Ruhigstellung der Fraktur. Die Behandlungsmaßnahmen waren notwendig, um die eingetretene Fehlstellung des Ellenbogengelenkes zu korrigieren.
60Denn der Sachverständige hat bei der Erläuterung seines Gutachtens mitgeteilt, dass die schwere Ellenbogenverletzung beim Kläger bei richtiger Diagnose und entsprechender fachgerechter Behandlung vermutlich dauerhaft und ohne Folgen ausgeheilt wäre. Durch die fehlende Ruhigstellung der Fraktur habe diese sich weiter verschoben. Hierdurch sei es zu einer Fehlstellung im Ellenbogengelenk mit sekundärer Instabilität und sekundärem Fehlwachstum und Dysfunktion im Bereich des Handgelenkes gekommen. Trotz der erstmaligen gelenkerhaltenden operativen Maßnahmen vom März 2012 habe die Zerstörung des Ellenbogengelenkes mit der daraus resultierenden „Fehlmechanik“ nicht aufgehalten werden können, so dass schließlich im April 2014 eine Entfernung des Radiusköpfchens habe durchgeführt werden müssen, die letztendlich zu einer dauerhaften Funktionseinschränkung und besonders einer Einschränkung der Belastbarkeit des rechten Ellenbogens mit auch entsprechender Arthroseentwicklung geführt habe. Auch wenn durch diesen operativen Eingriff eine Verbesserung der Fehlfunktion und zur Zeit verbesserten Belastbarkeit habe erzielt werden können, sei mit erheblichen Folgeschäden, insbesondere einer dauerhaften Minderbelastbarkeit für die Kraftentwicklung und auch die Umwendbewegung dauerhaft zu rechnen. Darüber hinaus seien entsprechende Narbenbildungen im Bereich des Ellenbogens und des Handgelenkes durch die mehrfachen operativen Eingriffe beim Kläger verblieben. Mit einer Verschlimmerung sei für die Zukunft zu rechnen.
61d)
62Angesichts des vom Kläger erlittenen Schadens hält die Kammer ein Schmerzensgeld i.H.v. 60.000 € für angemessen, aber auch ausreichend.
63Dabei war sowohl das junge Alter des Klägers zu berücksichtigen, welches dazu führt, dass er unter dem Dauerschaden seines rechten Armes lange zu leiden haben wird, als auch der Umfang der von ihm erlittenen Beeinträchtigungen. So hat sich der Kläger in den Jahren 2012, 2013 und 2014 drei operativen Eingriffen zur Verbesserung der Funktion des rechten Ellenbogens nebst Nachbehandlungen unterzogen. Gleichwohl leidet er auch heute noch unter einer dauerhaften Funktionseinschränkung des rechten Ellenbogens und Einschränkung der Belastbarkeit seines rechten Armes, einschließlich der Hand. Ihm sind zudem Narben im Bereich des Ellenbogens und des Handgelenkes verblieben, die deutlich sichtbar sind. Nach den Ausführungen des Sachverständigen besteht eine dauerhafte Minderbelastbarkeit für die Kraftentwicklung und auch die Umwendbewegung, von der sich die Kammer im Rahmen der Anhörung des Klägers einen eigenen Eindruck verschafft hat. Diese Dauerfolgen bedeuten für den Kläger als Rechtshänder eine erhebliche Einschränkung in seinem Alltag, der Freizeitgestaltung, seiner Berufswahl sowie der Berufsausübung. Zudem ist mit einer künftigen Verschlechterung und entsprechender Arthrosebildung zu rechnen.
64Bei der Schmerzensgeldbemessung hat die Kammer ebenfalls die Schwere des ärztlichen Fehlers berücksichtigt.
65Insgesamt erscheint daher ein Betrag von 60.000 € für notwendig, aber auch ausreichend, um die vom Kläger erlittenen Beeinträchtigungen zu kompensieren. Dabei hat sich die Kammer auch an dem orientiert, was in vergleichbaren Fällen seitens der Rechtsprechung an Schmerzensgeld zuerkannt wurde (vergleiche Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeldbeträge, 33. Aufl. 2015, lfd.Nr. 33.86,33.87,33.89).
66Der Zinsanspruch rechtfertigt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges nach §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
672.
68Da die Schadensentwicklung am rechten Arm des Klägers noch nicht abgeschlossen ist, und eine Eintrittspflicht der Beklagten für die Schäden des Klägers dem Grunde nach besteht, ist auch der Feststellungsantrag zulässig und begründet nach §§ 630 a, 611, 280 Abs. 1 BGB sowie gemäß §§ 823 Abs. 1, 831, jeweils i.V.m. §§ 253 Abs. 2, 249 BGB.
693.
70Schließlich sind die Beklagten auch zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verpflichtet. Dass der Kläger zur Einziehung der verauslagten Gebühren im Namen seiner Rechtsschutzversicherung, welche die Rechtsanwaltskosten gezahlt hat, ermächtigt ist, haben die Beklagten nicht bestritten.
71Allerdings sind die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren nur hinsichtlich der berechtigten Klageforderung, d.h. nach einem Streitwert von insgesamt 61.000 € für den Schmerzensgeld- und den Feststellungsantrag gerechtfertigt. Die Kammer hält im Hinblick auf die Schwierigkeit der vorliegenden Arzthaftungssache eine 1,5 Geschäftsgebühr nach §§ 2, 13 RVG, Nr.2300 VV für angemessen.
72Danach errechnen sich vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren bezogen auf den Rechtsstand bis zum 31.07.2013 von insgesamt 2028,36 €.
73Die hierauf bezogenen Prozesszinsen ergeben sich aus § 291 BGB.
74II.
75Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.
(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.
(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.
(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.
(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn
(1) Zum Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über einen Nachlaß ist jeder Erbe, der Nachlaßverwalter sowie ein anderer Nachlaßpfleger, ein Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, und jeder Nachlaßgläubiger berechtigt.
(2) Wird der Antrag nicht von allen Erben gestellt, so ist er zulässig, wenn der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht wird. Das Insolvenzgericht hat die übrigen Erben zu hören.
(3) Steht die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zu, so ist, wenn der Erbe die Eröffnung beantragt, der Testamentsvollstrecker, wenn der Testamentsvollstrecker den Antrag stellt, der Erbe zu hören.
(1) Soweit in diesem Gesetz eine Anhörung des Schuldners vorgeschrieben ist, kann sie unterbleiben, wenn sich der Schuldner im Ausland aufhält und die Anhörung das Verfahren übermäßig verzögern würde oder wenn der Aufenthalt des Schuldners unbekannt ist. In diesem Fall soll ein Vertreter oder Angehöriger des Schuldners gehört werden.
(2) Ist der Schuldner keine natürliche Person, so gilt Absatz 1 entsprechend für die Anhörung von Personen, die zur Vertretung des Schuldners berechtigt oder an ihm beteiligt sind. Ist der Schuldner eine juristische Person und hat diese keinen organschaftlichen Vertreter (Führungslosigkeit), so können die an ihm beteiligten Personen gehört werden; Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend.
(1) Wird der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet, so wird der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht; hierbei ist unerheblich, ob die Ehegatten im einzelnen Falle einen Zugewinn erzielt haben.
(2) Wird der überlebende Ehegatte nicht Erbe und steht ihm auch kein Vermächtnis zu, so kann er Ausgleich des Zugewinns nach den Vorschriften der §§ 1373 bis 1383, 1390 verlangen; der Pflichtteil des überlebenden Ehegatten oder eines anderen Pflichtteilsberechtigten bestimmt sich in diesem Falle nach dem nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil des Ehegatten.
(3) Schlägt der überlebende Ehegatte die Erbschaft aus, so kann er neben dem Ausgleich des Zugewinns den Pflichtteil auch dann verlangen, wenn dieser ihm nach den erbrechtlichen Bestimmungen nicht zustünde; dies gilt nicht, wenn er durch Vertrag mit seinem Ehegatten auf sein gesetzliches Erbrecht oder sein Pflichtteilsrecht verzichtet hat.
(4) Sind erbberechtigte Abkömmlinge des verstorbenen Ehegatten, welche nicht aus der durch den Tod dieses Ehegatten aufgelösten Ehe stammen, vorhanden, so ist der überlebende Ehegatte verpflichtet, diesen Abkömmlingen, wenn und soweit sie dessen bedürfen, die Mittel zu einer angemessenen Ausbildung aus dem nach Absatz 1 zusätzlich gewährten Viertel zu gewähren.
(1) Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist neben Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen. Treffen mit Großeltern Abkömmlinge von Großeltern zusammen, so erhält der Ehegatte auch von der anderen Hälfte den Anteil, der nach § 1926 den Abkömmlingen zufallen würde.
(2) Sind weder Verwandte der ersten oder der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.
(3) Die Vorschrift des § 1371 bleibt unberührt.
(4) Bestand beim Erbfall Gütertrennung und sind als gesetzliche Erben neben dem überlebenden Ehegatten ein oder zwei Kinder des Erblassers berufen, so erben der überlebende Ehegatte und jedes Kind zu gleichen Teilen; § 1924 Abs. 3 gilt auch in diesem Falle.
(1) Wird die Erbschaft ausgeschlagen, so gilt der Anfall an den Ausschlagenden als nicht erfolgt.
(2) Die Erbschaft fällt demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall gilt als mit dem Erbfall erfolgt.
(3) Das Nachlassgericht soll die Ausschlagung demjenigen mitteilen, welchem die Erbschaft infolge der Ausschlagung angefallen ist. Es hat die Einsicht der Erklärung jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
(1) Die Ausschlagung kann nur binnen sechs Wochen erfolgen.
(2) Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt. Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen berufen, beginnt die Frist nicht vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 entsprechende Anwendung.
(3) Die Frist beträgt sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem Beginn der Frist im Ausland aufhält.
Es wird vermutet, dass demjenigen, welcher in dem Erbschein als Erbe bezeichnet ist, das in dem Erbschein angegebene Erbrecht zustehe und dass er nicht durch andere als die angegebenen Anordnungen beschränkt sei.
(1) Bis zur Annahme der Erbschaft hat das Nachlassgericht für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen, soweit ein Bedürfnis besteht. Das Gleiche gilt, wenn der Erbe unbekannt oder wenn ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat.
(2) Das Nachlassgericht kann insbesondere die Anlegung von Siegeln, die Hinterlegung von Geld, Wertpapieren und Kostbarkeiten sowie die Aufnahme eines Nachlassverzeichnisses anordnen und für denjenigen, welcher Erbe wird, einen Pfleger (Nachlasspfleger) bestellen.
(3) Die Vorschrift des § 1958 findet auf den Nachlasspfleger keine Anwendung.
Das Nachlassgericht hat in den Fällen des § 1960 Abs. 1 einen Nachlasspfleger zu bestellen, wenn die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, von dem Berechtigten beantragt wird.
(1) Bis zur Annahme der Erbschaft hat das Nachlassgericht für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen, soweit ein Bedürfnis besteht. Das Gleiche gilt, wenn der Erbe unbekannt oder wenn ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat.
(2) Das Nachlassgericht kann insbesondere die Anlegung von Siegeln, die Hinterlegung von Geld, Wertpapieren und Kostbarkeiten sowie die Aufnahme eines Nachlassverzeichnisses anordnen und für denjenigen, welcher Erbe wird, einen Pfleger (Nachlasspfleger) bestellen.
(3) Die Vorschrift des § 1958 findet auf den Nachlasspfleger keine Anwendung.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Zum Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über einen Nachlaß ist jeder Erbe, der Nachlaßverwalter sowie ein anderer Nachlaßpfleger, ein Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, und jeder Nachlaßgläubiger berechtigt.
(2) Wird der Antrag nicht von allen Erben gestellt, so ist er zulässig, wenn der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht wird. Das Insolvenzgericht hat die übrigen Erben zu hören.
(3) Steht die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zu, so ist, wenn der Erbe die Eröffnung beantragt, der Testamentsvollstrecker, wenn der Testamentsvollstrecker den Antrag stellt, der Erbe zu hören.